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Samhain - Der Feind meines Feindes

Magister Magicae 10
von

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Die magische Nacht

Waleri kam ohne Eile hereingeschlendert, kramte mal wieder einen Ordner aus den Kartons heraus, legte diesen griffbereit auf den Kistenstapeln ab und kam dann eher beiläufig nochmal nach Victor sehen. Er stellte sich ans Gitter der Zelle, schob die Hände in die Hosentaschen und ließ den Blick ein paar Mal unzufrieden zwischen Victor und dem immer noch vollen Teller auf dem Boden pendeln. Dann seufzte er. "Du machst jetzt also ernst mit deinem scheiß Hungerstreik, ja?"

Victor saß im hinteren Teil der Zelle, mit dem Rücken gegen die Mauer gelehnt, die Arme verschränkt, und sagte nichts dazu.

"Glaub mir, zu verhungern dauert lange."

Wieder keine Reaktion.

Waleri konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. "Willst du das Zeug nicht lieber freiwillig essen, bevor Vladislav mir aufträgt, nachzuhelfen?"

"Ich sagte, ich werde nichts essen", entgegnete der Gestaltwandler endlich. Überraschend ruhig und sachlich, als gäbe es hier tatsächlich friedlichen Verhandlungsspielraum.

"Ich hab aber keine Lust, dir das Essen gewaltsam in den Hals zu stopfen. Ich hab wirklich besseres zu tun, Victor."

"Ich zwinge dich nicht dazu. Sag Vladislav einfach, dass er endlich mit mir reden soll. Dann werde ich auch essen."

Waleri schnalzte genervt mit den Zunge, zückte den Schlüssel und schloss die Gittertür auf, um sich Zugang zur Zelle zu verschaffen. Er schnappte den doch etwas erschrockenen Gefangenen am Schlawittchen, riss ihn grob auf die Beine und zerrte ihn zum Teller hinüber. Er bückte sich nach einem Stück Brötchen. Dann drückte er Victor mit einer Hand gegen das Gefängnisgitter, griff von Victors Mantelaufschlag zu Victors Gesicht um, um ihm den Kiefer aufzuhebeln, und schob ihm das Brötchen mit der anderen Hand rigoros zwischen die Zähne. Als nächstes versiegelte seine gewaltige Pranke Victors Mund, damit er das Essen nicht wieder ausspuckte.

Victor, der dem großen Muskelprotz körperlich absolut nichts entgegenzusetzen hatte, wand sich zwar in dessen Griff, sah sich aber dennoch genötigt, die Brötchenscheibe zu schlucken, wenn er nicht daran ersticken wollte. Und ehe er noch richtig zum Luftschnappen kam, hatte Waleri ihm bereits die nächste in den Mund gerammt.

Als Victor auch die zweite Brötchenscheibe notgedrungen heruntergewürgt hatte, hielt Waleri ihm vielsagend die dritte vor die Nase. "Also!", brummte der Glatzkopf herzlos. "Wenn du Spaß an diesem Spiel hast, spiele ich es gern noch ne Weile mit dir weiter. Oder du isst jetzt freiwillig."

Victor hustete noch an einem quer sitzenden Brotkrümel, griff aber mit einem beleidigten Blick gehorsam nach der Brotscheibe. "Schon gut, Mann, ich hab´s verstanden ..."

"Gnade dir Gott, wenn nicht." Waleri schubbste ihn grob zu Boden, so dass sein Gefangener fast mit dem Gesicht im Teller landete, verschwand aus der Zelle und schloss sie von außen wieder ab. Mit einem leise gemurmelten "Idiot ..." schnappte er seinen bereitgelegten Stehordner und zog damit von dannen. Er blieb nicht im Kerker stehen, um zu überwachen, dass Victor seine Zusage tatsächlich einhielt.

Missmutig griff Victor nach dem Wasserbecher und trank erstmal einen Schluck auf das trockene Brot. Er überlegte, was er jetzt machen sollte. Eigentlich hatte er Vladislav mit seinem Hungerstreik nötigen wollen, endlich auf seine Forderung nach einer Aussprache einzugehen. Das Essen jetzt einfach irgendwie verschwinden zu lassen, um es nicht essen zu müssen, war keine Option. Solange Vladislav und Waleri bloß glaubten, er habe es gegessen, war die beabsichtigte Wirkung bereits null und nichtig. Langsam kam er zu der Einsicht, dass Vladislav tatsächlich keine Veranlassung sah, ein letztes, klärendes Gespräch mit ihm zu führen. Es war sinnlos und verschwendete Zeit gewesen, sich von Vladislav fangen zu lassen. Victor würde hier nicht finden, weswegen er hergekommen war. Vielleicht war es an der Zeit, dieses Spiel langsam zu beenden.
 

Vladislav schaute aus seinem Papierkram hoch und bemerkte noch das unterschwellige, mürrische Kopfschütteln seines Schutzgeistes. "Und? Weigert er sich immer noch?"

"Nee~", machte Waleri etwas müde. "Er hat eingesehen, dass es gesünder für ihn ist, zu essen. Aber er ist schon wieder erstaunlich fit. Irgendwas geht bei dem Kerl nicht mit rechten Dingen zu, wenn du mich fragst."

"Zum Glück frage ich dich nicht", schoss Vladislav humorlos zurück und vertiefte sich wieder in seine Unterlagen.

Waleri legte ihm den mitgebrachten Ordner mit auf den Tisch. "Ich meine das ernst, Vladislav. Wir sind doch beide Boxer. Wir wissen sehr genau, wieviel jemand aushalten sollte und wieviel nicht. Victor erholt sich viel zu schnell wieder von deiner Prügel. Das ist richtig gruselig, gerade weil er so ne zierliche, halbe Portion ist."

"Kann nur gut sein. Hab ich mehr Spaß mit ihm."

"Aber nicht nach DER Tracht Prügel!? Fuck, ey, als du gesehen hast, dass er den Wasserbecher nach deinem Recorder geworfen hat ... Ich dachte, diesmal schlägst du ihn wirklich tot! Hättest du in dem Moment ne Knarre zur Hand gehabt, hättest du ihm sicher Projektile durch beide Oberschenkelknochen geballert! ... Du solltest dir seine Bannmarken wirklich mal ansehen. Ich hab das Gefühl, die werden ihn nicht mehr lange halten."

"Werden die Bannmarken schwächer?", wollte Vladislav desinteressiert wissen, ohne aus seinen Dokumenten aufzusehen. Dann begann er nebenher etwas in den Taschenrechner zu tippen.

"Das nicht. Ich hab eher den Eindruck, dass Victor regeneriert. Allein die Tatsache, dass er nach ner Weile von selber aufgewacht ist. Die Bannmarken sind noch unverändert aktiv, aber er wird langsam immun dagegen."

"Schwachsinn", entschied Vladislav nur einsilbig und erklärte das Thema damit klar und deutlich für beendet.

"Bitte schön, dann mach dir selber einen Kopf, warum er trotz deiner Unterbindungs-Zauber so stur das Essen verweigern und mit uns rumdiskutieren kann. Und behaupte hinterher nicht, ich hätte es dir nicht gesagt." Betont gleichgültig marschierte er davon und versuchte dabei die mentale Verbindung zu seinem Schützling etwas zu dämpfen, damit der nicht so deutlich mitbekam, wie sehr Waleri sich tatsächlich über dessen abfälligen Tonfall ärgerte.
 

Vladislav stand eine halbe Stunde später im Keller vor der Zelle und schaute sich Victor einen Moment lang schweigend an. Er gab es nur ungern zu, aber sein Schutzgeist hatte Recht. Der Kerl machte wirklich schon wieder einen erschreckend munteren Eindruck, dafür dass Vladislav ihn erst heute früh mit einem Holzprügel vermöbelt hatte. Verletzungen schien der wirklich besser ab zu können als andere Wesen. Aber an der Qualität seiner Bannmarken lag das nicht. An dem Kerl war ganz klar Magie zugange - trotz der aktiven Magie-Blocker. Vladislav gab Waleri einen auffordernden Wink mit einer Hand. "Hol ihn aus dem Mantel raus", verlangte er.

Obwohl Waleri den Befehlston absolut nicht leiden konnte, griff er muffig, aber ohne Protest, nach dem Schlüssel und öffnete die Zellentür. Mit einem "Du hast´s gehört, Kumpel" trat er auf Victor zu.

Seufzend quälte Victor sich in einen Kniesitz hoch und begann, seinen langen Ledermantel freiwillig aufzuknöpfen, bevor einer der beiden mit Gewalt nachhalf. Geprügelt wurde er hier auch so schon genug, ohne dass die beiden groß Gründe dafür brauchten. "Was wollt ihr damit? Der passt keinem von euch", konnte er sich nicht verkneifen, zynisch anzumerken, während er den Mantel abstreifte. Natürlich bekam er keine Antwort. Nichtmal eine Ohrfeige für die vorlaute Bemerkung. Dennoch hielt er Waleri seinen Ledermantel ohne Theater hin und verfolgte etwas unzufrieden, wie dieser damit aus der Zelle verschwand.

Vladislav hatte inzwischen vom Wasserhahn an der Wand einen Gartenschlauch herübergezogen. Der Wasserhahn war wohl dafür gedacht, dass man das Wischwasser nicht im Eimer durch die ganze Villa schleppen musste, wenn man hier unten Hausordnung machen wollte. Jedenfalls gab es direkt darunter auch einen Gulli, in den man das Wasser direkt wieder auskippen konnte.

Noch ehe Victor sich fragen konnte, wofür Vladislav wohl einen Gartenschlauch brauchen konnte, wurde er auch schon von oben bis unten abgebraust. Ihm blieb fast die Luft weg. Das Wasser war eisig. Doch als er reflexartig flüchten wollte, folgte der kalte Wasserstrahl ihm gnadenlos. Nach wenigen Sekunden kauerte er klatschnass, tropfend und fröstelnd in einer Zellenecke. Vladislav hatte ihn komplett eingeseift.

Zufrieden drehte Vladislav das Wasser ab und rollte den Gartenschlauch wieder auf. "Okay. Machen wir Feierabend für heute. Schmeiß den Mantel einfach da neben die Tür", trug er seinem Schutzgeist auf und wandte sich bereits selbst zum gehen.

"Äh~ Es ist ziemlich kühl hier unten im Keller", getraute sich Waleri zu protestieren. "Wenn du ihn so auf dem blanken Steinboden liegen lässt, wird er morgen eine Lungenentzündung haben!"

"Richtig", meinte Vladislav nur, als sei genau das seine Absicht. "Mal sehen, ob er sich davon auch auf so mysteriöse Weise erholt wie von der Prügel."

"Vladislav, das reicht jetzt langsam! Wenn du ihn umbringen willst, dann tu es endlich, und hör mit diesen perfiden Foltermethoden auf!"

"Sag mir nicht, was ich mit ihm zu tun und zu lassen habe", hielt Vladislav drohend dagegen, schon halb im Treppenaufgang verschwunden. Die diskutierenden Stimmen der beiden verhallten im oberen Stockwerk.
 

Victor gab in seiner Zelle ein wütend-empörtes Grummeln von sich, wrang seine langen Haare notdürftig aus und schlang dann zitternd die Arme um sich. Verflucht, war das kalt! Jetzt reichte es ihm. Bei nächster Gelegenheit sollte er sich was einfallen lassen, wie er hier raus kam. Er hatte da sogar schon mehrere Ideen. War ja nicht so, als ob er hier in diesem Kerker keinen Blick für´s Detail an den Tag gelegt hätte. Und, zur Hölle, Waleri hatte Recht. Er würde sich wirklich eine Lungenentzündung einhandeln, wenn er so hier sitzen blieb.

Missmutig ging er im Geiste nochmal durch, was er auf dem Grund des verbotenen Sees in dem fluchbeladenen Buch über keltische Magie gelesen hatte. Das Schöne an keltischer Magie war: für etliches davon brauchte man praktisch keine Magie. Jedenfalls keine eigene. Sie war meistens ein Selbstläufer. Das kam ihm gerade sehr zu Passe, denn Vladislavs Bannmarken unterbanden gerade jeglichen Einsatz derselben. Und was ihm noch viel gerufener kam, war der Umstand, dass heute der 31. Oktober war. Samhain, das keltische Ahnenfest. Was die Unwissenden kommerziell als Halloween feierten, stellte tatsächlich eine äußerst gefährliche Nacht dar, in der sich die Pforten zwischen den Daseinsebenen öffneten und alle möglichen, zumeist bösartigen Kreaturen schrankenlos zwischen diesen hin und her wechseln konnten. Die höhere Astralebene, auf der sich Urnue so gern herumtrieb, war dabei nur eine von mehreren. Die Nacht vom 31. Oktober auf den 01. November war von Natur aus eine magiegeschwängerte Nacht, in der man nicht viel eigenes, magisches Talent brauchte, um erstaunliche Dinge zu bewirken. Victor musste lediglich erreichen, dass sich eine solche Pforte, von denen es heute Nacht ohnehin jede Menge gab, genau hier in seiner Zelle öffnete. Dazu brauchte man nur Runen, Blut, ein bisschen Geduld und eine gute Portion Glück. All diese Zutaten sollten sich in dieser Gefängniszelle finden lassen. Insgeheim war Victor froh, für das, was er vorhatte, kein Feuer zu brauchen. An eine Kerze wäre er hier nur schwer rangekommen.
 

Eine knappe Stunde später hatte der Gestaltwandler seine Arbeit fast vollendet. Der Runenkreis, gezeichnet mit Blut, maß etwa einen Meter im Durchmesser. Sehr viel mehr Platz war hier in seiner Zelle einfach nicht, und etwas größeres wollte er hier drin auch gar nicht haben. Es war verdammt unangenehm gewesen, mit aufgerissenen, blutenden Fingern direkt auf dem Steinboden zu malen, zumal die Wunden auch immer wieder aufhörten zu bluten, und er sie dann schmerzhaft wieder neu aufreißen musste. Aber es half ja nichts. Er musste später nur aufpassen, dass sich die verschmutzten Wunden nicht entzündeten oder ähnliches.

Nachdem er, auf den Knien rutschend, die letzte Rune geschrieben und den äußeren Kreis geschlossen hatte, stand er auf, um sich sein Werk nochmal mit etwas Abstand im Ganzen anzusehen. Er spürte sofort einen sonderbaren Druckausgleich, gleich einer Vorwarnung, und ging skeptisch einen Schritt zurück. Keine Sekunde zu früh, denn einen Augenblick später wurde er beinahe von den fuchtelnden Vorderhufen eines Pferdes erschlagen. Mit einem fassungslosen "Heilige Scheiße!" wich er bis zur Kerkerwand zurück und presste sich mit dem Rücken dagegen, um nicht von den Hufen getroffen zu werden, die wie aus dem Nichts über dem Runenkreis erschienen.

Das sich aufbäumende Pferd, sehr viel größer als der Runenkreis selbst, fiel in den Vierfüßler-Stand herunter und Victor erkannte endlich auch den Reiter auf dessen Rücken. Der trug seinen Kopf zwar in der Hand, hatte aber immer noch das gleiche, halbseitig tätowierte Gesicht wie in seiner menschlichen Gestalt.

"Shaban!", keuchte Victor atemlos und immer noch arg überfordert.

"Na endlich!", brummte der kopflose Reiter, als er Victor seinerseits erkannte, und sah sich dann um, wo er hier gelandet war. "Ich versuche schon seit Tagen, zu dir durchzudringen."

"Ich-äh ... Was!?"

"Wo zur Hölle sind wir hier?"

"In Vladislavs Villa. Was tust du hier?", wollte Victor wissen. Langsam gewann er seine Fassung wieder. Er hätte sich viele Wesen vorstellen können, die von den anderen Ebenen in seinen Runenkreis hätten hineinfallen können. Aber doch nicht ausgerechnet diesen Druiden!

Shaban hielt seinen losen Kopf wieder in Victors Richtung, um ihn anzusehen. "Wie lange sitzt du schon hier drin? Hättest du mich nicht eher rufen können?"

"Eigentlich hatte ich es gar nicht auf dich abgesehen, wenn ich ehrlich bin."

"Nein, aber ich auf dich. Jeder Signal von dir hätte ich sofort mitbekommen, einfach weil ich aktiv danach gesucht habe."

"Vladislav hat mir etliche Bannmarken verpasst, mit denen ich keine Magie wirken kann. Ich konnte nur heute Nacht was ausrichten."

"Wegen Samhain, verstehe. Heute liegt genug Magie in der Umgebung, dass du nicht auf deine eigene zurückgreifen musst. ... Wie siehst du überhaupt aus, sag mal!?" Er deutete mit seiner freien Hand auf Victors nasse Haare und Kleidung. "Zieht man die Klamotten zum Duschen nicht für gewöhnlich aus?"

"Vladislav hat mich gewässert. Er spekuliert wohl drauf, dass ich mir durch Unterkühlung den Tod hole. Weil es ihm auf die Nerven geht, dass ich mich von Prügel immer so schnell wieder erhole."

Der Dullahan hätte sicher genickt, wenn sein Kopf noch auf seinem Genick gesessen hätte. "Das kommt von meinem Trank, der eigentlich für deinen Kumpel bestimmt war."

"Dachte ich mir schon", meinte Victor. Dabei versuchte er ein wenig um das gewaltige, schwarze Pferd herum zu kommen, das mit seinen zwei Metern Rückenhöhe fast die ganze Zelle ausfüllte. Er hätte trotz aller Legenden nie gedacht, dass Dullahans wirklich so riesig waren. Urnue hatte zwar mit seiner Expertise Recht gehabt: Pferd und Reiter hatten keinen festen, stofflichen Körper im eigentlichen Sinne, sondern hatten eher die Konsistenz von fettigem Öl. Der Hengst konnte ihn also nicht zerquetschen, aber trotzdem - oder gerade deswegen - wollte Victor damit nicht unbedingt in Berührung kommen. Er verstand, warum man Dullahans gemeinhin für Geister hielt. "Aber ... was tust du hier, sag mal?", fragte er nochmals nach.

"Sichergehen, dass Vladislav dich nicht kalt macht. Mir wurde zugetragen, dass er dich geschnappt und mitgenommen hat. Ich dachte, vielleicht kann man dich noch retten."

Victor überdachte das einen Moment irritiert, weil er beim besten Willen nicht wusste, was er von dieser Antwort halten sollte. Er konnte ein ungläubiges Kopfschütteln nicht unterdrücken. Es war das gleiche, komische Gefühl von Undurchschaubarkeit, das ihn schon in der Hütte im Wald so gestört hatte. "Shaban, jetzt mal ehrlich. Warum hilfst du mir? Was hast du davon? Was willst du WIRKLICH von mir?"

Der kopflose Reiter hob seinen losen Kopf in Richtung Treppe, als wolle er nachschauen, dass er nicht belauscht wurde, bevor er sich wieder Victor zuwandte. "Ich will einfach nur, dass du den Penner da oben endlich kaltstellst", meinte er und zeigte mit der freien Hand vielsagend Richtung oberes Stockwerk.

"Warum tust du es nicht selber, wenn du so versessen darauf bist? Kopflose Reiter jagen doch ohnehin Menschen!"

"Und du glaubst, an so einem starken Schutzgeist wie Waleri Konjonkow käme ich vorbei?"

"Du weichst meiner Frage aus."

"Soll ich dich jetzt aus dieser Zelle rausholen? Oder was!?", wechselte Shaban knallhart, fast ungeduldig, das Thema.

"Nein-nein, das schaff ich schon alleine. Ich bin genau da, wo ich sein will", wiegelte Victor das Angebot ab. "Aber du könntest tatsächlich was für mich tun ..."

"Na dann spuck´s schon aus."

"Du könntest mir ein paar trockene, warme Klamotten besorgen."

Shaban sah ihn lange schweigend an. Ungläubig und reaktionsunfähig. Um nicht zu sagen perplex.

"Soll ich es dir aufschreiben?", hakte Victor irgendwann humorvoll nach, um ihn wieder in die Realität zurück zu holen.

"Willst du mich auf den Arm nehmen!? Sinnvoll wären Waffen, oder der Schlüssel für deine Zellentür, oder dass ich dich von den Bannmarken befreie, oder ... keine Ahnung ..."

"Ich meine das ernst, Shaban. Diese klatschnassen Sachen sind echt ekelhaft und arschkalt!", beharrte der zierliche Gestaltwandler jedoch und zog dabei vielsagend an seinem nassen T-Shirt. "Alles andere kriege ich wirklich alleine hin. - Oh, warte, was zu essen wäre noch toll. Vladislav gibt mir seit Tagen nur trockenes Brot."

Der Dullahan seufzte unschlüssig, was mit dem Kopf in der Hand reichlich komisch aussah. Aber eigentlich sah alles reichlich komisch aus, wenn man es mit dem eigenen Kopf in der Hand machte. Dennoch, er gab sich geschlagen. "Ich könnte Urnue draußen noch eine Nachricht überbringen."

"Nein, er ist über alles im Bilde."

"Dann halt das Portal offen, bis ich wieder da bin", trug er Victor in einem Tonfall auf, als könne er selbst nicht fassen, dass er das wirklich tat. Sicherlich hatte er gehofft, etwas für Victor tun zu können, was einer Wiedergutmachung mehr gerecht wurde. Schließlich war ihm ja nicht entgangen, dass Victor sich den Jahre zurückliegenden Mordversuch aus Motus-Zeiten gut gemerkt hatte und auf Rache aus war.



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