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Und alles erwacht zu neuem Leben

von

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17. Dezember 1992

II-1
 

Professor Snape hatte sich gerade einen Feuerwhiskey eingegossen, um wenigsten in Ruhe diesen ansonsten fürchterlichen Abend ausklingen zu lassen, als der Alarm in seinem Quartier losging. Frustriert stöhnte er auf.

Erst diese hirnlose Veranstaltung unter Lockharts Regie, die sich Duellierclub schimpfte und wie erwartet in einem zwangsläufigen Desaster geendet hatte. Dann eine schier nicht enden wollende Lehrerkonferenz, bei der die Geschehnisse des Clubs in epischer Länge diskutiert worden waren. Gut, immerhin hatte die Konferenz ein Gutes gehabt: Der Schulleiter hatte seine Genehmigung für den Duellierclub zurückgezogen. Und jetzt das hier... Nahm dieser Tag denn gar kein Ende?

Als er auf dem Weg zu seinem privaten Labor, wo er den Notfallkasten mit den höchstpotenten Heiltränken verwahrte, sein Büro durchquerte, stockte ihm der Atem und der Ausdruck auf seinem Gesicht schlug in Besorgnis um. Deutlich sichtbar auf seinem Schreibtisch lag ein Zauberstab. Es war also einer seiner Schüler, der den Alarm ausgelöst hatte. Und als Severus den Stab in die Hand nahm, schloss er für einen Moment gepeinigt die Augen. Er konnte nicht leugnen, dass er insgeheim damit gerechnet hatte, dass früher oder später ein Schüler dieses besonderen Jahrgangs einen derart drastischen Schritt tat, aber er hatte gehofft, dass es nicht so früh sein würde. Nun, er würde ausreichend Zeit haben, herauszufinden, was das Mädchen so weit getrieben hatte, und wie er ihr helfen konnte, um eine Wiederholung der Tat zu vermeiden. Jetzt aber galt es erst einmal den Körper zu heilen.

Den Zauberstab auf den Schreibtisch zurücklegend, hastete Snape weiter auf seinem Weg zum Sicheren Raum.
 

II-2
 

Duellieren war wie kämpfen, nur halt nach Regeln, richtig? Und bei einem Kampf war alles erlaubt, was von den Regeln nicht im Vorfeld ausgeschlossen worden war, oder? Wenn Gryffindor also zu blöd war, das zu erkennen, dann war das nicht Slytherins Problem.

Millicent grinste zufrieden, als sie an das schockierte Gesicht von Granger zurückdachte, als diese erkannt hatte, dass man sich nicht nur mit Zaubersprüchen duellieren konnte. Aber hätte sie sich auf einen reinen Kampf mit Flüchen und Verteidigungszaubern eingelassen, wäre sie der Gryffindormusterschülerin mit Sicherheit unterlegen gewesen. Und gegen Granger zu verlieren, hätte ihr nur Spott und Häme von ihren Hauskameraden eingebracht, wobei ihre eigenen Schlafsaalsgenossinnen Pansy Parkinson und Daphne Greengrass an vorderster Front mitgemacht hätten, statt sie zu verteidigen.

Millicents Hoffnungen der ersten Wochen waren einer ernüchternden Realität gewichen. Keine ihrer beiden Klassenkameradinnen war ernsthaft an einer Freundschaft interessiert. Meist duldeten sie Millicent bloß. Gut, Pansy zog häufig ihre Gesellschaft der Daphnes vor, aber das lag daran, dass Daphne hübscher war als Pansy, wohingegen Pansy in Millicents Begleitung die Hübschere war. Millicent wusste dies zwar eigentlich, zog diesen Status aber der Option ganz allein dazustehen vor. Auch hatte sie schnell eine einfach Reaktionskette erkannt:

Draco Malfoy wollte Gryffindor, allen voran Potter, Weasley und Granger, möglichst häufig unterlegen sehen.

Pansy wollte Dracos Aufmerksamkeit.

Sie, Millicent, wollte Pansys Freundschaft oder zumindest deren Anerkennung.

Wenn sie also als Pansys Verbündete (das klang eindeutig besser als bloß Helferin) der Bücher versessenen, vorlauten Gryffindor eins auf die Mütze gab, stand Pansy vor Draco gut dar und als Dank bezog Pansy Millicent dann in so Dinge wie gemeinsames Hausaufgabenmachen oder mitternächtliches Lästern mit ein, ganz so, wie es Freunde eben machten.

Entsprechend erfreut war sie also gewesen, als Professor Snape im Duellierclub darauf bestanden hatte, dass nicht nur Draco gegen Potter antrat, sondern auch sie, Millicent, gegen Granger. Zugegeben, Granger hatte nach dem ersten Schock darüber, dass Millicent sie statt mit einem Zauber mit den Fäusten angriff, sich nicht gerade als zimperlich erwiesen und auch ganz schön ausgeteilt, aber am Ende hätte Millicent sicher gewonnen, hätte Professor Snape nicht eingegriffen. Dennoch war wohl für jeden, der anwesend gewesen war, zu dem Zeitpunkt klar gewesen, dass sie eindeutig die Überlegene gewesen war. Trotz des blauen Auges, das Granger ihr verpasst hatte und wegen dessen Professor Snape sie auch erst in den Krankenflügel zu Madame Pomfrey geschickt hatte, statt wie die übrigen Slytherinschüler gleich in den Gemeinschaftraum.

Die Medihexe hatte sie zwar alles andere als wohlwollend betrachtet – Madame Pomfrey verachtete Prügeleien unter Schülern und normalerweise weigerte sie sich auch, die daraus resultierenden Blessuren mittels Magie zu heilen, sofern sie nicht lebensbedrohlich waren oder die Gesundheit des betreffenden Schülers deutlich beeinträchtigten – ihr aber letztlich doch geglaubt, dass es sich dabei um einen Unfall im Duellierclub gehandelt hatte. In Millicents Augen war es tatsächlich ein Unfall gewesen, denn sie hatte keineswegs vorgehabt, Granger einen derartigen Treffer landen zu lassen.

Jetzt befand sie sich auf dem Weg zurück zum Slytherinkerker, voller Vorfreude über die Kompliment, die Pansy ihr sicher machen würde, weil sie es Gryffindor wieder einmal gezeigt hatten.

Als sie im Gemeinschaftsraum weder Pansy noch Daphne entdeckte, stieg sie lächelnd die Treppe zu den Mädchenschlafsälen empor. Sie wollte gerade die Tür zu dem Zimmer öffnen, das sie mit den anderen beiden Mädchen teilte, als Pansys Stimme sie innehalten ließ. Es war jener gehässige Tonfall, der sonst Kommentaren über Gryffindor vorbehalten war.

„Millicent ist so ein Troll! Total unterbelichtet! Kein Wunder, dass sie wie ein Urzeitmuggel auf Granger losgegangen ist. Ugga, ugga! Milli Fäuste nutzt, um Gryff zu schlagen! Ugga!“

Das glockenhelle Lachen, das darauf folgte und kein Ende zu nehmen schien, gehörte Daphne, die sich offenbar köstlich amüsierte. Bald darauf mischte sich auch Pansys meckernde Lache darunter.

Millicent stand da wie angewurzelt. Sie hatte gewusst, dass keine von beiden ihre Freundin war, aber zu hören, wie sie wirklich von ihr dachten, tat unbeschreiblich weh.

Eine Ewigkeit schien zu vergehen, ehe sich die beiden Mädchen hinter der Tür wieder beruhigten. „Sicher erwartet sie nachher wieder, dass wir sie für ihr peinliches Verhalten loben“, meinte Daphne angewidert.

„Ehrlich, wenn ihre Gegenwart meine kleinen Fehler nicht so herrlich kaschieren würde, so dass diese Draco nicht auffallen, würde ich mich erst gar nicht mit ihr abgeben“, erwiderte Pansy geringschätzig. „Ugga!“

Wieder brachen beide Mädchen in hilfloses Gekicher aus.

Heiße Tränen stiegen in Millicent auf und rannen ihr über die Wangen. Umsonst! Es war alles umsonst gewesen. Ihr Hoffen, ihr Bemühen.

Die Wut, die sie zuerst bei den Worten ihrer Klassenkameradinnen verspürt hatte, schlug in Verzweiflung um, der Impuls, in den Schlafsaal zu stürmen und Pansy und Daphne zu verprügeln, erstarb. Denn was würde sie damit gewinnen? Damit würde sie doch allenfalls deren Meinung über sie bestätigen!

Alles umsonst! Alles falsch! Und nichts würde daran etwas ändern! Gar nichts! Und besser würde auch nichts werden! Nie! Wieso es also noch weiter versuchen? Es weiter erdulden? Alles umsonst! Alles sinnlos! Sinnlos! Sinnlos!

Wie einem Mantra gleich, wiederholte sich dieses Wort in ihrem Kopf immer und immer wieder, während Millicent wie in Trance die Treppen hinunterstieg, den Gemeinschaftsraum durchquerte und den Weg zum Astronomieturm einschlug. Irgendwo in ihrem Unterbewusstsein wusste sie, dass sie dort um diese Zeit allein wäre, war es doch noch zu früh für den nächtlichen Unterricht von Professor Sinistra.

Der Klassenraum im obersten Stock war zwar abgeschlossen, aber im Vorraum, wo die Schüler für gewöhnlich auf die Lehrerin warteten, befand sich ein Fenster, welches groß genug war und sich zudem leicht öffnen ließ.

Tief atmete Millicent die kühle Nachtluft ein, die sie einladen umfing. Sie schwang sich auf den Fenstersims, stellte sich aufrecht hin und tat dann einen Schritt nach vorn...
 

II-3
 

Blaise genoss die Ruhe, die ausnahmsweise einmal im Slytheringemeinschaftsraum herrschte. Fast das ganze Haus war geschlossen zu dem Treffen des neugegründeten Duellierclubs gegangen. Wie üblich hatte Draco versucht, zu bestimmen, dass sie all gemeinsam dorthin gingen, aber während Theodore sich hatte schließlich breitschlagen lassen, war Blaise standhaft geblieben. Nicht, dass ihn Duellieren generell nicht interessiert hätte. Das war es nicht. Er hatte nur früher am Tag zufällig gehört, wie Professor Lockhart Professor Snape versucht hatte, zu überzeugen, ihm bei dem Duellierclub zu assistieren, und Blaise war sich sicher, dass ein Club unter der Regie von Lockhart, der sich nicht mit dem richtigen Posieren für wirkungsvolle Photos beschäftigte, nur im Chaos enden konnte. Aber das behielt er für sich, kannte er doch seine Klassenkameraden mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass diese bei der Aussicht auf ein Lockhart-Tohuwabohu erst recht hingehen würden. Stattdessen gab er vor, den Abend nutzen zu wollen, noch einmal Verwandlung zu üben. In der Tat war Verwandlung sein schwächstes Fach und etwas freie Zeit, wo er nicht Dracos Angebereien ausgesetzt war, die durch den Umstand, dass dieser es geschafft hatte, in das Quidditch-Team aufgenommen zu werden, neue Höhen erreicht hatten, tat ihm da sicher gut.

Früher als er erwartet hatte, hörte er seine Hauskameraden den Kerkergang entlangkommen. Offenkundig war das Chaos noch größer gewesen, als Blaise vermutet hatte, konnte er doch bereits durch die geschlossene Tür die aufgeregten Stimmen der anderen Slytherinschüler hören, die etwas von einer Riesenschlange erzählten, und dass Potter wohl ein Parselmund war. Blaise stöhnte leise. Wenn Potter im Gespräch war, dann war leider die Wahrscheinlichkeit, dass Malfoy mit was für einer Aktion auch immer damit in Zusammenhang stand etwas zu tun hatte, enorm groß. Und egal wie miserabel der blonde Junge im Vergleich zu dem Gryffindor in Wirklichkeit abgeschnitten hatte, Draco schaffte es immer wieder, alles so zu drehen, dass er in seiner persönlichen Darstellung als unangefochtener Sieger da stand.

Rasch warf Blaise einen Blick auf die Uhr. Es war noch nicht einmal neun Uhr, aber die Aussicht auf Dracos Prahlerei ließ ein frühes Zubettgehen richtig verlockend erscheinen. Und so raffte er hastig seine halbfertigen Verwandlungshausaufgaben und die übrigen Schulbücher zusammen und eilte hinauf in den Schlafsaal.



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