Zum Inhalt der Seite

Und alles erwacht zu neuem Leben

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

2. Oktober 1993

2. Oktober 1993
 

III-1
 

Zaubertränke unterrichten, sein Haus betreuen, allerlei Heiltränke brauen, Helfen, das Schloss gegen ein erneutes Eindringen von Black zu sichern, die Dementoren im Schach halten und jetzt auch noch Vertretungslehrer spielen? Was zum Henker sollte er denn bitte schön noch alles machen?

Professor Severus Snape trug einen so mürrischen Gesichtsausdruck zur Schau, als er das Büro des Schulleiters verließ – weit mürrischer als es sonst der Fall war -, dass alle Schüler, die ihn auf seinem Weg in den Kerker von Weitem kommen sahen, spontan und überaus freiwillig einen anderen Weg einschlugen. Auch wenn das eventuell einen Umweg über diverse Stockwerke und Nebenkorridore bedeuteten, ehe sie an ihr ursprüngliches Ziel gelangten. Doch sogar die Slytherinschüler wussten, dass nicht gut Kirschen essen war, wenn ihr Hauslehrer so finster dreinblickte und seine Robe sich geradezu infernalisch beim Gehen bauschte.

Unter normalen Umständen hätte Professor Snape vermutlich mit Freuden das Angebot von Professor Dumbledore angenommen, Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu unterrichten. Aber erstens war es nur vertretungsweise – der Schulleiter hatte es zu Beginn des Schuljahrs einmal mehr abgelehnt, ihm den Posten dauerhaft zu übertragen – und zweitens sollte er ausgerechnet Lupin vertreten, weil der mit seinem haarigen Problem nicht in der Lage war, zu unterrichten. Allein schon die Widersinnigkeit, ausgerechnet einen Werwolf, eine Kreatur, die selbst Bestandteil des Unterrichts war, Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten zu lassen, war für Severus Grund genug, seinem diesjährigen Kollegen für dieses Fach ablehnend gegenüber zu stehen. Aber im diesem Fall kam noch hinzu, dass Remus Lupin früher eng mit dem flüchtigen Massenmörder Sirius Black befreundet gewesen war und Snape nicht ausschließen konnte und wollte, dass Lupin Black kürzlich nicht doch geholfen hatte, in das Schloss einzudringen. Schließlich war Black Lupins letzter noch lebender Freund aus der gemeinsamen Rumtreiberzeit. Die Rumtreiber waren ein weiterer Grund, warum Severus Lupin ein Dorn im Auge war, handelte es sich doch bei diesen um ein Gryffindorquartett, dass Snape während seiner Schulzeit wieder und wieder drangsaliert hatte. Der Gipfel dessen, was er durch die Rumtreiber hatte erleiden müssen, war gewesen, als Black ihn seinerzeit in einen Geheimgang hatte locken wollen, in dem Lupin in Werwolfgestalt ihm dann aufgelauert hätte. Gut, vielleicht hatte Lupin nichts von der Absicht seines Freundes gewusst, aber alles in allem hatte Severus Snape keinen Grund, seinen neusten Kollegen zu mögen. Weshalb er nun etwas von einem ‚räudigen, nichtsnutzigen Flohpelz’ murmelnd wütend zu seinem Büro stapfte.

Dabei hätte er beinahe eine etwas nervös dreinblickende Slytherinschülerin über den Haufen gerannt. Das Mädchen quiekte erschrocken auf, ein Laut, der eigentlich nicht recht zu ihrer sonst eher robusten Statur passen wollte, und wandte sich eilig zum Gehen.

Der Professor, durch diesen Beinahezusammenprall aus seinen finsteren Gedanken gerissen, hielt sie zurück und fragte mit seiner ruhigen, präzisen Stimme: „Und wo bitte wollen Sie hin, Miss Bulstrode?“

„Ich... ich dachte... vielleicht hätten Sie es sich anders überlegt und wollten das Treffen verschieben...“

Snape unterdrückte den Impuls, mit den Augen zu rollen, zwang sich einmal tief durchzuatmen – schließlich konnte die Schülerin nichts für seine schlechte Laune – und sagte dann: „Nein, ich habe nicht vor, unser Treffen zu vereinbaren. Im Gegenteil. Denn es wäre äußerst schwierig, einen neuen Termin mit St. Mungos zu vereinbaren.“
 

III-2
 

Millicent wusste nicht, was sie davon halten sollte, als sie an der Seite ihres Hauslehrers das magische Hospital im Herzen Londons betrat. Weshalb waren sie hier? War der Professor mit ihren Fortschritten nicht zufrieden und wollte sie daher mit einem professionellen Seelenheiler zusammenbringen?

Seit ihrem Selbstmordversuch im vergangenen Jahr hatte Millicent das manchmal durchaus zweifelhafte Vergnügen gehabt, jede Woche einmal eine Stunde mit Professor Snape zu verbringen, um darüber zu reden, was sie dazu gebracht hatte, die Ursachen und die tieferen Hintergründe zu erforschen und andere Wege zu finden, mit ihren Ängsten und ihrer Unsicherheit klarzukommen. Und auch wenn die Zweifel und die Traurigkeit nicht gewichen waren, hatte sie es zumindest geschafft, die Trostlosigkeit zu besiegen.

„Ah, Professor Snape, schön zu sehen, dass Sie wie immer pünktlich sind.“ Ein Heiler, etwas jünger dem Aussehen nach als der Slytherinlehrer, begrüßte sie, als sie in den ersten Stock gestiegen waren. „Und das ist wohl die junge Dame, wegen der Sie um diesen Termin gebeten haben?“

Die ehrlich freundliche Art, mit der der Lehrer den Heiler begrüßte, ließ Millicent ein wenig aufatmen, bedeutete sein Verhalten zumindest, dass die schlechte Laune, die er beim Verlassen von Hogwarts gehabt hatte, nichts mit ihr oder diesem ominösen Termin zu tun zu haben schien. Dennoch minderte dies nichts an ihrer Nervosität, da sie keine Ahnung hatte, was heute auf sie zukam.

Der Termin entpuppte sich als ein verhältnismäßig kleiner Raum, der jedoch über und über mit Büchern gesäumt war.

„Das ist unser Raum des Lernens“, erklärte Heiler Bell. „Eigentlich ist es eine Forschungseinrichtung für die Heiler des Krankenhauses, aber für gute Freunde machen wir gerne mal eine Ausnahme.“ Der Heiler zwinkerte dem Professor zu, doch dieser ging nicht auf die vertrauliche Geste ein, sondern wandte sich beruhigend an Millicent.

„Keine Angst, Miss Bulstrode. Gehen Sie einfach in den Raum und denken Sie klar und deutlich an das, was Sie sich wirklich zu lernen wünschen. Es gibt dabei keine falschen Lernwünsche, der Raum urteilt nicht.“

„Sie können den Wunsch auch laut aussprechen, wenn Sie sich damit wohler fühlen“, warf der Heiler ein.

Erst da ging Millicent auf, dass sie diesen sonderbaren Raum alleine betreten sollte. Sie hatte schon längst gelernt, dass es so etwas wie Kneifen bei Professor Snape nicht gab und auch wenn sie ihn am Anfang manchmal gehasst hatte, wenn er sie gezwungen hatte, ihre Gedanken ehrlich auszusprechen, hatte sie recht schnell erkannt, dass er sie nie für ihre Ansichten verurteilte. Das Vertrauen, das daraus entstanden war, sorgte jetzt dafür, dass sie lediglich noch einmal tief durchatmete und dann durch die Tür trat.

Zunächst schien der Raum einzig von Stille erfüllt zu sein, doch dann begannen verschiedene Bücher in den Regalen zu vibrieren. Ein Flimmern ging durch die Reihen, Titel und Einbände flackerten auf, verschwanden und wurden durch andere Bände ersetzt.

Nicht ganz sicher, wie sie sich verhalten sollte, beschloss Millicent schließlich, ihren innersten Wunsch auszusprechen: „Ich möchte lernen, aus mir selbst Kraft zu schöpfen, damit mich die Meinung anderer nicht mehr angreifen kann.“

Eines der wichtigsten Dinge, die der Professor ihr beizubringen versuchte, war, sich nicht länger über andere zu definieren. Es sei ihr Leben und deshalb sollte sie auch niemand anderem die Macht darüber überlassen. Mit Rachegedanken oder dem Wunsch nach Beliebtheit räumte sie aber eben diese Macht anderen ein.

Die Bücher waren zum Stillstand gekommen. Nur ein einziger Band glühte in einem leicht grünlichen Schimmer. Neugierig machte Millicent einen Schritt auf das Buch zu, doch da kam es schon aus dem Regal zu ihr hinüber geschwebt. ‚Plantimagi’ stand in altmodischen Lettern auf dem schon leicht rissigen, braunen Leder des Einbands.

Als Millicent es vorsichtig an sich nahm und aufschlug, verschlug es ihr förmlich den Atem. Das Werk stammte aus der Feder von niemand geringerem als Merlin persönlich und handelte von der Kunst sich in eine Pflanze zu verwandeln.
 

III-3
 

Verwandlung! Immer wieder war es Verwandlung, womit Blaise sehr zu seinem Leidwesen die Aufmerksamkeit und den Spott seiner Kameraden auf sich zog. Insbesondere Draco Malfoy ging ihm diesbezüglich gehörig auf den Geist, nicht selten so sehr, dass Blaise sich wünschte, ihn einfach in etwas Nützliches verwandeln zu können wie etwa einen Schuhlöffel. Aber angesichts seiner Defizite in diesem Fach würde jeder Versuch kläglich scheitern, weshalb Blaise schweren Herzens davon absah.

„Und in Alte Runen hat er dann wieder total freundlich getan, als wären wir die besten Freunde. Bloß weil ich neben ihm der einzige Slytherin bin, der das Fach belegt hat, und er weiß, dass er es sich nicht leisten kann, alleine dazustehen. Dafür hat er sich mit seinem Benehmen zu viele Feinde unter den anderen Schülern gemacht. Gut nur, dass es unter der Würde eines Malfoys ist, Muggelkunde zu belegen. Immerhin in dem Fach habe ich meine Ruhe vor ihm.“

„Möiip?“

„Theodore? Keine Ahnung, wie er es schafft, dass Malfoy ihn meist links liegen lässt. Wenn ich es wüsste, könnte ich vielleicht das Gleiche tun und hoffen, dass es das gleiche Ergebnis bewirkt. Aber vermutlich liegt das eher daran, dass Teds Vater in der gleichen politischen Arena gespielt hat wie Dracos Vater. Und da die Zabinis es vorgezogen haben, neutral zu bleiben, muss ich wohl mit der Situation leben.“

„Miep mijöb.“

„Du hast Recht. Ich könnte schlimmer dran sein. Ich könnte ein Mädchen und somit gezwungen sein, drüben im Klapperschlangennest zu schlafen. Aber jetzt muss ich dich rasch wegpacken. Ich höre die unverkennbaren Schritte von Crabbe und Goyle draußen auf der Treppe. Ich hoffe, es stört dich nicht, in der Nachttischschublade zu wohnen.“

Damit verstaute Blaise die Porzellantasse mit dem Goldrand und dem purpurnen Dekor am Fuß behutsam in der Schublade, aus der noch ein leises „Mieb“ zu hören war.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück