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Und alles erwacht zu neuem Leben

von

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1. September 1991

I-1
 

Professor Severus Snape tat einen tiefen Seufzer und wandte dann den Blick von dem eifrig essenden Schülermeer ab und widmete sich seinem eigenen Teller.

„Was ist, Severus?“, fragte ihn seine Kollegin Minerva MacGonagall. „Enttäuscht, dass Gryffindor und nicht Slytherin Harry Potter bekommen hat? Oder ist es die Aussicht auf einen weiteren Weasley in deinem Unterricht, das dir die Laune verdirbt?“

Professor Snape schnaubte ungehalten. Es war der erste September, der Tag, an dem die Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei alljährlich ihren Lehrbetrieb wieder aufnahm. In diesem Jahr hatte nun in der Person von Harry Potter der Junge, der überlebte und Held der Zaubererwelt seine magische Ausbildung begonnen. Noch jetzt glaubte Severus in seinen Ohren den übertriebenen Jubel der Gryffindorschüler nachklingen zu hören, den diese angestimmt hatten, als der Sprechende Hut bei der dem Essen vorangegangenen Auswahlzeremonie Harry Potter zu einem der ihren gemacht hatte. „Potter? Ich bitte dich, Minerva, was bitte sollte ich mit einem Potter in meinem Haus wollen? Es wird schon schlimm genug sein, ihn und sein arrogantes, aufmerksamkeitsheischendes Getue im Zaubertränkeunterricht ertragen zu müssen. Da nehme ich doch eher noch einen Weasley in Slytherin in Kauf.“ Die Weasleys mit ihrer vielköpfigen Kinderschar waren zwar in seinen Augen so etwas wie eine nie endende Plage oder auch vergleichbar mit einer Hydra, wo jedes Mal, wenn ein Weasley graduiert hatte, ein neuer als Erstklässler nachwuchs, aber bei der Raupensammlung, die der Sprechende Hut dieses Jahr seinem Haus, Slytherin, zugeteilt hatte, kam es auf einen Weasley mehr oder weniger auch nicht mehr an. Potter hingegen würde dieses inhomogene Gemisch an Neuzugängen endgültig spalten. Denn genau diese Uneinigkeit in den Charakteren seiner Erstklässler, hatte Snape zu seinem Stoßseufzer veranlasst. Jedes Jahr betonte der Sprechende Hut, dass Loyalität auch ein Wesenszug von Slytherins war, aber noch nie hatte Severus so große Bedenken gehabt, was den Zusammenhalt eines Jahrgangs betraf. Dabei war es an dieser Schule geradezu überlebenswichtig, dass die Slytherins einer Klasse zusammenhielten, dem Rest der Schule eine geschlossene Front präsentierten. Das hatte weniger damit zu tun, dass der derzeitige Schulleiter von Hogwarts ein ehemaliger Gryffindor war, sondern lag darin begründet, dass Slytherins historisch gesehen auch dazu neigten, die Vorteile der sonst so verurteilten Dunklen Künste zu sehen und damit auch mit den Ideen manch größenwahnsinniger Zauberer zu liebäugeln. Unter diesem Gesichtspunkt war es wenig verwunderlich, dass während des letzten Aufstiegs eines dunklen Zauberers, Lord Voldemort, dem Dunklen Lord, die meisten seiner Anhänger ehemalige Slytherins gewesen waren. Natürlich hatte dieser Umstand nach dem Fall des Dunklen Lords nicht gerade positiv zum Ansehen des Slytherin-Hauses beigetragen und so waren auch die sonst als friedfertig bezeichneten Hufflepuffs oder Ravenclaws nicht darüber erhaben, ihre Abscheu gegenüber dem Haus mit der Schlange als Wappentier an deren schwächsten Mitgliedern auszulassen. Stellten sich jedoch die Erstklässler jedem dieser Übergriffe als geeinte Front entgegen, lernten die anderen Häuser sehr schnell, dass es eher unklug war, sich mit den kleinen Schlangen anzulegen. Dies machte Severus den Neuzugängen jedes Jahr gleich am ersten Abend bei der Hausversammlung deutlich, wobei es ihm egal war, wie sie diese Einheit bildeten, ob mit einem oder zwei Anführern, denen sich die anderen unterordneten, oder als Team, in dem jeder gleichberechtigt war. Bislang hatte das auch immer geklappt. In diesem Jahr allerdings hatte er bei den Jungen einen verzogenen Prinzen mit Anführermentalität, zwei hirnlose Mitläufer, aber auch einen Unentschlossenen und einen Individualisten. Hier hätte sich noch so etwas wie eine Einheit auf Basis eines Waffenstillstandes schmieden lassen, aber bei den Mädchen sah es noch schlimmer aus. Zwei Prinzessinnen, wobei eine Anführermentalität zeigte, die zweite aber eher zu den Individualisten neigte und sich keineswegs der ersten unterordnen würde. Und dann gab es noch den potenziellen Fußabstreifer, der von den beiden Prinzessinnen immer dann ins Vertrauen gezogen würde, wenn es einer von ihnen passte, sonst aber ignoriert oder herablassend behandelt würde. Alles in allem eine reichlich explosive Mischung, die Severus noch einige schlaflose Nächte bereiten würde.
 

I-2
 

Aufgeregt stand Millicent Bulstrode zwischen den anderen Erstklässlern. Endlich war sie in Hogwarts. Endlich würde alles gut werden, denn sie war nicht mehr anders.

Millicents Grundschulzeit war alles andere als schön für das Mädchen gewesen. Ihr Vater, obgleich selbst ein reinblütiger Zauberer, hatte darauf bestanden, dass seine Tochter die örtliche Muggelschule besuchte, denn, so Herr Bulstrode: „Es schadet nichts, wenn sie schon in jungen Jahren lernt, wie die andere Hälfte der Menschheit lebt.“ Seine Frau hatte dem nicht widersprochen und so hatte sich Millicent mit 18 anderen Grundschülern in einer Klasse wiedergefunden. Kein einziges Kind außer ihr war magisch gewesen. Und da Kinder bekanntlich grausam sein können, wurde Millicent jedes Mal gnadenlos von ihren Mitschülern und Mitschülerinnen geärgert, wenn sie versehentlich zauberte. Wie etwa gleich in ihrer ersten Woche, als die Kinder ein Bild von ihrem Zuhause hatten malen sollen und Millicent einfach den gelben Buntstift zu sich herüberschweben ließ, weil sie diesen als nächstes brauchte. Danach hatten die anderen Kinder ihr kaum noch eine ruhige Minute gelassen.

Schließlich hielt Millicent die ständigen Hänseleien nicht mehr aus und beschloss ihre Magie gegen ihre Mitschüler einzusetzen. Ein übler Fehler, wie sie am gleichen Tag zu Hause feststellte, denn während sonst die Mutter für ihre Bestrafung zuständig war, war es diesmal ihr Vater, der Millicent eigenhändig und äußerst schmerzhaft, dafür aber umso einprägsamer maßregelte. Er sagte ihr, dass sie als Hexe besser sei als diese Muggelkinder und lernen müsste über solchen Kleinigkeiten zu stehen. Dass diese Kinder es nicht wert seien, dass sie ihretwegen Magie einsetzte.

Millicent lernte aus diesem Vorfall eine wichtige Lektion: Sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass ihre Eltern ihr bei ihren Problemen helfen würden. Sie musste die Dinge alleine regeln.

Das nächste Mal nutzte Millicent dann einfach den Umstand, dass sie von Natur aus kräftiger und stämmiger war als ihre Klassenkameraden und ließ sich kurzerhand mit dem Rädelsführer auf eine Pausenhofprügelei ein, aus der sie siegreich hervorging. Das brachte ihr zwar eine Menge Ärger mit dem Lehrer ein, aber da der Vater sie für dieses Verhalten nicht wieder strafte, wusste sie nun, dass Gewalt auch einen Weg darstellte. Fortan sorgte sie dafür, dass niemand es mehr wagte, sie zu ärgern. Freunde allerdings fand sie auf diese Weise auch keine. Und so hatte über Jahre hinweg die Aussicht, mit elf Jahren nach Hogwarts zu kommen und dort als Gleiche unter Gleichen endlich Anerkennung und Freunde zu finden, den einzigen Lichtblick in ihrem Leben dargestellt.

Die ganze Fahrt mit dem Hogwartsexpress über hatte Millicent regelrecht in dem freudigen Gefühl gebadet, dass alle Kinder um sie herum auch Hexen und Zauberer waren. Nun aber, da Professor McGonagall sie in die Große Halle geführt hatte und einen alten, oft geflickten Hut nach vorne brachte, wurde sie ein wenig nervös. Sie wusste nicht genau, was auf sie zukam, aber sie ahnte, dass, was auch immer nun folgte, vermutlich in alphabetischer Reihenfolge stattfand und in ihrer alten Klasse war sie somit immer die Erste gewesen, die aufgerufen wurde.

Zu ihrer großen Erleichterung gab es aber noch ein paar Mädchen, die vor ihr aufgerufen wurden, so dass sie, als die Reihe schließlich an ihr war, sich entschlossen den Weg durch die anderen bahnte. Immerhin konnte es ja nicht allzu schlimm sein, diesen alten Hut aufzusetzen.

„Hm, ich sehe, dass du dich nach guten Freunden sehnst. Das spräche für Hufflepuff, aber da dir List auch nicht ganz fremd ist, denke ich, dass du besser aufgehoben bist in SLYTHERIN!“

Millicent war zufrieden mit der Wahl des Hutes. Sie hatte dessen Lied aufmerksam zugehört und Slytherin stand sowohl für loyale Freunde als auch dem Willen, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, ein Ziel zu erreichen. Sie würde gewiss in Slytherin glücklich werden.
 

I-3
 

Blaise Zabini wartete eher gelangweilt darauf, dass die Reihe an ihm war, den Sprechenden Hut aufzusetzen. Nervös war er nicht, kannte er doch bereits das Ergebnis. In dem Moment, als er mit den anderen Erstklässlern die Große Halle betreten hatte und sein Blick auf die Lehrer gefallen war, die an der Stirnseite der Halle an einem etwas erhöhten Tisch saßen, hatte er eine Vision über den recht mürrisch dreinblickenden, ganz in Schwarz gekleideten Mann gehabt, der neben einem kleineren Mann mit Turban saß. Es war nur ein kurzes Bild gewesen, in dem der mürrische Lehrer mit ernster Miene einer Gruppe Schüler einen Vortrag gehalten hatte, begleitet von einem Gefühl der Sicherheit. Blaise hatte gewusst, dass er zu dieser Gruppe Schüler gehört hatte, woraus er geschlussfolgert hatte, dass der grimmige Lehrer sein Vertrauens-, beziehungsweise Hauslehrer, wie es hier hieß, würde. Und anhand dessen Reaktion auf die anderen Schüler und deren Häuser, lernte Blaise, dass der Sprechende Hut ihn zu einem Slytherin machen würde.

Blaise hatte innerlich bei dieser Erkenntnis gestöhnt, bedeutete das doch, dass er dem gleichen Haus angehören würde wie Draco Malfoy. Der blonde Junge war ihm schon während der Fahrt mit dem Hogwartsexpress unangenehm aufgefallen, weil er mit seinen beiden dümmlichen Kameraden von Abteil zu Abteil gewandert war, auf der Suche nach anderen Erstklässlern oder Slytherinschülern. Dort hatte er dann sich und die beiden anderen großspurig vorgestellt und ungefragt davon zu erzählen begonnen, wie vermögend und einflussreich seine Familie doch war, seit wie vielen Generationen sie als reinblütig galt und man ihm am besten jetzt schon die Huldigung eines gottgleichen Königs entgegenbrachte, da es höchstens noch eine Frage der Zeit war, bis er Zaubereiminister oder dessen Graue Eminenz würde. Gut, letzteres hatte Malfoy zwar nicht so direkt gesagt, aber seine ganze Haltung hatte deutlich gemacht, dass er sich als einzig legitimen Anführer der Erstklässler sah und ihm auch die älteren Jahrgänge ob seines Namens Respekt schuldeten. Blaise war davon wenig beeindruckt gewesen, berief sich der andere doch allenfalls auf ererbtes Ansehen und ererbten Status. Und das zählte in Blaises Augen gar nichts, verriet es doch nichts über den Menschen vor ihm. Er zog es vor, seine Mitmenschen nach ihren eigenen Leistungen zu beurteilen, denn letztlich war das das Einzige, worauf man sich sein Leben lang verlassen konnte. Ansehen, Macht und Reichtum der Vorväter konnten einem unter den Fingern zerrinnen, wie seine Mutter ihm mit jedem neuen Stiefvater wieder erklärt hatte, oder sich gar ins Negative verkehren.

Die Aussicht, die nächsten sieben Jahre Malfoy nicht nur täglich im Unterricht ertragen zu müssen, sondern auch noch mit diesem den Schlafsaal zu teilen, ließ Blaise zum ersten Mal wünschen, seine Visionen wären nicht so unumstößlich zutreffend. Doch da diese immer nur auftraten, um ihm etwas Wichtiges über seine nahe Zukunft oder die nahe Zukunft von Menschen, die ihm wirklich nahe standen, mitzuteilen, und alle bisherigen, dergestalt angekündigten Ereignisse eingetreten waren, hatte er keinen Grund an dem Bild, das ihn als Slytherinschüler gezeigt hatte, zu zweifeln.



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