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Between Light and Darkness

-Zwischen Licht und Dunkelheit-
von

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Prolog

PROLOG
 

„Juudai.. Juudai...“ hallte eine Stimme durch die tiefe Dunkelheit und die schwarze Nacht. Juudai drehte sich um, und sah nichts weiter als die Finsternis. Keine Seele war anwesend, keiner außer ihm. Und doch hörte sich die Stimme seltsam bekannt an, so vertraut. „Juudai...“, echote sie durch die Unendlichen Weiten des dunklen Nichts. Eine Stimme voller Sehnsucht und voller Liebe, als ob sie sich nur nach ihm sehnen würde, nach Juudai.
 

Und dann tauchte sie vor ihm auf, ein Wesen von enormer Größe. In ihr Gesicht fielen Strähnen hellgrauen und lilanen Haars und ihre zweifarbigen Augen leuchteten in der Dunkelheit, das rechte orange und das linke meerblau. Ihr Gesicht war von eigentümlicher Farbe, ein helles purpur, auf ihren hellblauen Lippen ein sanftes Lächeln. Aber auch der Rest ihre Körpers machte sie attraktiv: sie trug einen hautengen Anzug aus schwarzen Leder, so kurz, dass es gerade mal ihre rechte weibliche Brust bedeckte – komischerweise hatte sie nur eine solche Brust die andere war flach wie die eines Mannes. Ihr Bauch blieb ebenfalls unbedeckt, und zeigte einen langen Nabel. Ihre langen Beine offenbarten ebenfalls eine zwittrige Natur, das eine war weiblich geformt, lang, mit einem hochhackigem Schuh, das andere war muskulöser, und endete in einer Vogelkralle. Von beeindruckender Größe waren aber ihre Flügel, ein dunkles Lila mit schwarzen Stangen die die Flügel aufspannten. Diese waren es die ihre wahre Herkunft verrieten. Sie sah aus wie eine Dämonin aus der Hölle, gefährlich, dennoch anmutig. Sie war Yubel, der Drache, diejenige, die ihr Herz für immer an Juudai gebunden hatte...
 

"Juudai, wir sind eins geworden... und gemeinsam werden wir von nun an gegen das Licht der Zertsörung kämpfen... der Tag, an dem wir unsere Bestimmung erfüllen, wird bald kommen. Aber dennoch fürchte ich diesen Tag...Juudai, wird dieser Tag, wenn er anbricht, uns endgültig trennen? Oder werde ich trotzdem immer noch bei dir sein können??" Diese Frage hallte durch den Raum, die Leere, die Stille, und Juudai war nicht fähig irgendeine Antwort darauf zu geben...
 

Yubel hielt Juudais Körper immer noch fest in ihren Armen, und hatte ihn die ganze Zeit über nicht losgelassen. Seit sie ihren Kampf unterbrochen hatten und hinaus ins All geflogen waren, hatte Juudai sich kein bisschen bewegt, weil sein Körper nun seelenlos war. Sollte sie ihn so in das Universum bringen? War es vielleicht ein wenig überstürzt gewesen, dass sie mit ihm verschwunden war? Seine Freunde machten sich bestimmt sehr große Sorgen um ihn... Yubel sah auf sein schönes Gesicht, das nun sanft zu schlafen schien. Sehr viel mehr Zeit hatte sie nicht, und sie musste eine Entscheidung treffen. Denn sollte Juudai nicht sehr bald eíne Seele in seinem Körper vorfinden, so würde der Körper sterben. Noch fühlte er sich ganz warm an, und Yubel musste sich eingestehen, dass sie seine Wärme mehr als alles andere genoss.

Das Licht der Zerstörung.... irgendwo in diesem unendlichen Universum schien es noch immer...

wie benebelt hatte sie das Geühl der Liebe, das mit ihrer Vereinigung so plötzlich über sie gekommen war, sie übermannt hat. Aber Juudai in ihr schwieg noch immer, so sehr dass sie sich schon Sorgen machte, ob es ihm in ihrer Seele gut ging. "Halte durch, Juudai! Ich werde dich beschützen! Ich lasse nicht zu, dass dir etwas passiert..." Und dennoch hatten sie eine Mission zu erfüllen, eine Mission die jahrtausendelang geruht hatte, dessen Erfüllung schon lange überfällig war.
 

Sie mussten es finden - Das Licht der Zerstörung. Nicht nur es, sondern auch die Person, die es in sich trug.

Juudais Rettung

KAPITEL 1: JUUDAIS RETTUNG
 

„Yubel... keine Sorge, du bist nicht alleine. Wir werden dir den Weg weisen, den du zu gehen hast... hasse uns nicht dafür, denn es ist unsere Bestimmung, Juudai zu helfen, so wie die deine ist, über seine Seele zu wachen, die er dir sogar selbst anvertraut hat.“

Yubel sah auf, als sie ihren Namen hörte, inmitten der farbigen Dunkelheit des Universums. Sterne schienen überall, strahlten ihr Licht aus, immer noch, selbst nachdem ihr Leben schon längst ausgehaucht war. Sie hielt inne, als sie diese Stimme vernahm, ihr kam sie mehr als bekannt vor.

Und dann erschien eine Gestalt vor ihr, ein helles Strahlen, dass sie fast blendete.

„Neos!“ „Yubel...wir wissen genau was passiert ist. Juudai ist in deiner Seele, aber noch ist die Zeit für eure Vereinigung nicht gekommen. Denn das Licht der Zerstörung ist immer noch da draußen...“ „Neos..“, flüsterte Yubel besorgt, „Wie kann ich Juudai helfen?? Warum antwortet er mir nicht wenn ich in meiner Seele nach ihm rufe??!!“ „Alles mit seiner Zeit. Yubel, du musst mir erst folgen. Juudai's Körper braucht seine Seele zurück. Und ihr beide müsst euch erholen. Ihr habt tiefe Wunden in eurem gemeinsamen Kampf erlitten, die es zu heilen gilt. Ihr könnt eure Mission nicht erfüllen, wenn ihr so verwundet seid. Ihr müsst euch stärken, oder das Licht der Zerstörung wird ein leichtes Spiel mit euch haben.“ Yubel nickte, verstand die Ausführungen Neos sehr gut. Alles was sie wollte, war, dass es Juudai gut ging, also blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als Neos zu folgen und ihm zu vertrauen, auch wenn es ihr schwerfiel, so kurz nach dem Kampf gegen Juudai und all dem Hass den sie vor kurzem noch gespürt hatte.

Sie folgte Neos in den Neoweltraum.

Liebe regte sich in ihr, als sie verspürte, dass seine Seele erwachte. Juudai öffnete seine Augen und fand sich auf einmal neben Yubel wieder. Sein Körper war verschwunden, er selbst durchsichtig wie ein Geist. „Yubel... was ist mit mir passiert?“, fragte er.

„Juudai...“, kam es aus Yubel hervor, als sie seine Stimme vernahm. Sie drehte sich um, nur um dann die Seele ihres Geliebten neben sich schweben zu sehen. Er sah verwirrt aus, wohl wegen seinem Aussehen, aber noch mehr, als er sah, wo sie sich befanden.

Sie hatten mittlerweile festen Boden unter den Füßen und reisten nicht mehr durch die unendlichen Weiten des Weltraums. Yubel saß auf der warmen, weichen Erde eines unbekannten Planeten, der Horizont war nicht blau gefärbt, wie es auf seiner Erde der Fall war, sondern in bunten Regenbogenfarben, die sich immer abwechselten, so wie die Nordlichter am Nordpol. Ihr gegenüber saß Neos, der Elementarheld, ebenfalls auf dem Boden, und sah Juudai an. Dann begriff er endlich wo er war, aber sein Zustand war immer noch unbegreiflich für ihn. „Juudai..“, flüsterte Yubel glücklich, „ich dachte schon, du würdest dich in mir überhaupt nicht wohl fühlen...oder dass dir etwas passiert sei...“ „Wir müssen uns beeilen, bevor dass der Fall sein wird“, sagte Neos. „Neos... sind wir hier, wo ich denke, dass wir sind? Ist das der Neoweltraum?“ „Ja, Juudai, und ich freue mich, dich hier begrüßen zu dürfen. Auch wenn es auf diese Weise sein muss.“ „Ich denke ich muss erstmal verarbeiten, was passiert ist. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich die Super-Fusion ausgespielt habe, und ich mit Yubel verschmolz, an alles weitere kann ich mich nicht mehr erinnern.“ „Ja, das stimmt, Juudai. Du hast meine Seele mit mir fusioniert, aber er hier ist der Meinung, dass es so hätte nicht sein sollen“, meinte Yubel und deutete auf Neos. „Wieso denn nicht? Ich hatte keine andere Idee, um dich zu Vernunft zu bringen, Yubel. Oder um deine Wunden zu heilen...“ „Ich weiß, ich weiß, aber erzähl das ihm!“ Der Junge sah zu dem Elementarhelden und

dieser nickte. „Ich sehe, ich muss euch beiden einiges erklären. Nicht nur darüber was passiert ist, sondern auch, was ihr von nun an zu tun haben werdet.“ Er stand auf, sah beide ernst an und fuhr fort: „Nun, ihr habt eure Seelen fusioniert, soviel wisst ihr ja. Aber ihr müsst auch wissen, welche Konsequenzen das haben wird, oder? Juudai, Yubel, ihr wisst nun, da ihr euch an eure gemeinsame Vergangenheit erinnern könnt, wieder von eurer Mission. Yubel erst recht, weil sie sich für diese Mission und durch ihre Liebe zu Haou hat zu dem machen lassen was sie ist. Und diese Mission ist „Licht der Zerstörung“ zu finden und zu vernichten, damit die sanfte Dunkelheit weiterhin geschützt ist. Denn ist es nicht das, was du gerufen hast, als du Juudai in deinen Armen hieltest? Dass ihr beide gegen das Licht kämpfen werdet? Nun ist eure Gelegenheit dazu gekommen, denn das Licht ist wieder aufgetaucht.“ „Also willst du uns helfen, das Licht der Zerstörung zu finden, damit wir gegen es kämpfen?“, fragte Yubel. „Wo ist es denn?“ „Eben das ist die Schwierigkeit. Wir wissen nicht genau wo das Licht ist, aber es ist eine Frage der Zeit, bis das Licht auf den Auserwählten der Dunkelheit trifft, und das ist nun mal unser Juudai hier. Das Licht wird nichts unversucht lassen, um Juudai zu schaden, also muss er zu Kräften kommen und beschützt werden, so gut wie möglich.“ Yubel sah auf, und ihre Augen weiteten sich vor Schreck, denn die Worte Neos ließen sie wieder an das erinnern, was schon in einem früheren Leben einmal passiert war, als es ihre Aufgabe war, dass sie Juudai beschützte. Doch sie hatte versagt und es sich nie wieder verziehen. Würde sie nochmal versagen und er wieder sterben?

„Nun ist es jedoch so, dass wir ein anderes Problem haben, und das ist sein Körper hier.“ Neos gab den Blick frei auf Juudais Körper, der seelenlos auf dem Boden lag. Juudai erschrak. Es war doch ein viel zu großer Schock für ihn, sich selbst so zu sehen, mehr als er vermutet hatte. Die ganze Situation erschien ihm unwirklich, fast wie in einem schlechten Film. Yubel sah Juudai besorgt an, und fragte dann Neos: „Was sollen wir tun?“ „Nun, Juudai muss zurück auf die Erde. Er muss zurück zu seinen Freunden, denn das Licht ist bereits dort. Es wäre besser, wenn er für diese Mission seinen Körper zurückbekommen würde, da er einen Teil von Juudais Macht beherbergt. Doch dafür müssen wir die Fusion, die euch zusammen gebracht hat, wieder auflösen, und das wird sehr schwierig werden. Wir brauchen dafür eine spezielle Macht, aber es wir gefährlich werden, sie zu bekommen. Ihr werdet ein großes Risiko eingehen müssen.“ „Wir werden es tun!“, rief Juudai, „wenn das Licht tatsächlich wieder auf der Erde ist, dann müssen wir es aufhalten, bevor wieder jemand wie Satorius unter ihren Einfluss kommen kann. Ich will nicht, dass jemand wie Edo nochmal unter den Auswirkungen dieses Lichtes leiden muss!“ „Das ist sehr ehrenhaft von dir und aus dir spricht ein echter Held, das respektiere ich sehr.“, meinte Neos. „Ich werde mein möglichstes tun, damit ihr wohlbehalten wieder auf der Erde ankommt. Nun hört mir beide zu. Die Macht, die ihr braucht, damit Juudai wieder in seinen Körper zurückkehren kann, liegt im Teil des Neoweltraums, der vom Licht der Zerstörung einst bedroht worden ist. Ich kann euch den Weg weißen, aber ihr müsst den Rest des Weges alleine schaffen. Es wird also gleichzeitig ein Test sein, wie gut ihr beide zusammen arbeiten werdet.“ „Was meinst du damit?“ „Juudai, du hast Yubel nicht weniger als deine kostbare Seele anvertraut. Damit hast du bewiesen, wie sehr du ihr vertraust. Nun ist es an ihr zu beweisen, wie sehr sie dir vertraut. Ihr müsste gemeinsam durch diesen Test gehen, weil es eure gemeinsame Bestimmung ist, gegen das Licht zu kämpfen. Es ist eine wichtige Mission in eurer beider Leben. In deinem, Yubel, weil du dazu erschaffen worden bist, Juudai davor zu schützen, und in deinem, Juudai, weil du die Macht der Dunkelheit hast, die das Licht am Ende hoffentlich besiegen wird“, erklärte Neos mit einer ruhigen Stimme. Er stand auf und machte deutlich, dass auch Yubel aufstehen sollte, was sie auch sofort tat. Neos nahm den Körper Juudais, und legte ihn in ihre Arme, und sofort drückte sie seinen Körper eng an sich. „Keine Sorge, Juudai, ich werde dich beschützen und nicht noch einmal versagen. Ich werde dir zeigen, dass du mir vertrauen kannst“, flüsterte sie leise. Juudai wurde rot, als er sah, wie zärtlich Yubel seinen Körper hielt. Noch mehr verlegen machte ihn die Tatsache, dass er die Gefühle Yubels genau spüren konnte, er wusste also ganz genau von dem fiebrigen Gefühl der Liebe, das just in diesem Moment von ihr Besitz ergriffen hatte. «Das also fühlt sie für mich?» dachte er verwundert. „Yubel... ich weiß es doch. Ich vertraue dir vollkommen. Wir werden es schon hinbekommen, keine Sorge. Du musst auch keine Angst haben, dass mir etwas zustößt. Mit dir an meiner Seite wird nichts geschehen.“ Yubel nickte Juudais Seele zu. „Das hoffe ich doch sehr. Ich könnte es mir nie verzeihen, solltest du nochmal sterben.“ „Nein, im Körper der unangreifbaren Yubel doch niemals.“ „Ts“, machte Yubel, „du hast einen unvergleichlichen Charme, Juudai,“ gab sie zu. Dann folgten sie Neos, der sie an eine Klippe führte, und sie gingen vorbei an unzähligen Schluchten und Wäldern auf ihrem Weg zu ihrer ersten Prüfung.
 

„Wie viel Zeit haben wir, bis Juudai wieder in seinem Körper sein muss?“ Neos sah auf und blickte gen Himmel. „Sobald der vierte Mond dort untergegangen ist“, meinte er und zeigte auf einen großen Himmelkörper, „bis dahin müsst ihr es geschafft haben, oder Juudai wird als Seele in dir weiterleben müssen, bis in alle Zeit.“ «So schlimm würde ich mir das gar nicht vorstellen » dachte sich Yubel. „Yubel... ich würde aber trotzdem gerne meinen Körper wieder zurück haben!“, sagte Juudai im vorwurfsvollen Unterton. Die Dämonin zog einen Flunsch. „Mensch, Juudai, so sehr ich es auch genieße, dich in mir zu haben, so langsam finde ich es ein wenig nervig zu wissen, dass du über alles was ich denke sofort Bescheid weißt“, gab sie zu. „Das ist doch wohl die logische Konsequenz aus der Fusion, oder? Wenn du in mir wärst, wäre es auch nicht anders.“ „Ja, wahrscheinlich hast du recht. Die völlige Preisgabe aller geheimsten Gedanken war ja wohl zu erwarten gewesen. Aber sag mal, Neos. Was genau ist es denn, dass wir suchen? Und wo finden wir es?“ „Ihr werdet merken, was es ist, wenn diese Macht euch begegnet.“ „Na toll, das ist ja wirklich sehr hilfreich.“ „Nein, Scherz. Es ist ein magisches Artefakt, welches ihr finden müsst. Ein großer Kristall, ballrund und von schillernden Farben. Er muss sich irgendwo in diesem Gebiet befinden“, sagte Neos und holte mit einer weiten Armbewegung aus, um ihnen die Weite zu zeigen, die unter ihnen lag. Yubel stockte der Atem. Und all das sollten sie absuchen, um etwas so kleines zu finden? Das war ja beinahe unmöglich, aber aufgeben konnte sie alleine Juudai zuliebe schon gar nicht. Was blieb den beiden also anderes übrig, als da durch zu gehen?

„Ich verstehe. Dann beeilen wir uns. Wir werden das schon schaffen.“, sagte Yubel und versuchte dabei so optimistisch wie möglich zu klingen, doch Neos winkte ab: „Yubel, so lange du innerlich den Wunsch hegst, mit Juudai in dir zu leben, wirst du ihn nicht retten können. Ich hoffe das ist dir klar.“ Dann drehte er sich um und wandte sich zum Gehen. „Nichtsdestotrotz habe ich Vertrauen darin, dass ihr eure jetzige Mission erfolgreich hinter euch bringen werdet. Viel Glück euch beiden“ Und damit verschwand der Elementarheld und ließ beide alleine zurück.
 

Juudai genoss das Gefühl mit Yubel durch das weite Land zu fliegen. Sie hatte ihre Flügel in voller Spannweite aufgespannt, um noch schneller fliegen zu können, da ihnen nicht viel Zeit blieb und sie noch nicht einmal genau wussten wo sie anfangen sollten zu suchen. Yubel hielt Juudais Körper immer noch sicher in ihren Armen und sie sagte zu seiner Seele: „Juudai, uns bleibt nicht mehr viel Zeit! Ich vertraue dir und deinen Fähigkeiten. Ich weiß, dass wir es mit deiner Hilfe schaffen können. Sag mir bitte Bescheid, wenn dir etwas auffällt, und ich tue das ebenfalls.“ „Alles klar Yubel.“ Juudai versuchte etwas zu erkennen und sein Herz zu öffnen, damit er etwas erkennen konnte, vielleicht etwas was nur Seelen sehen konnten. Eine Zeit lang zweifelte er daran, dass es ihm gelingen würde, überhaupt etwas seltsames ausfindig zu machen...Und dann spürte er doch etwas.

„Yubel... bitte warte kurz“, meinte Juudai leise und Yubel hielt kurz in der Luft inne. „Hast du etwas entdeckt?“, fragte Yubel ihn neugierig. „Ja“, meinte Juudai und sah sich suchend um. Er bemerkte eine Höhle, nicht weit unter ihnen und so seltsam es ihm vorkam, so konnte er doch eine seltsame Macht aus dieser Höhle heraus spüren. „Dort unten in der Höhle scheint etwas zu sein!“, sagte der Braunhaarige und deutete darauf. „Bist du sicher?“, fragte der Hermaphrodit nach. „Ja, ganz sicher. Spürst du nichts? Es ist eine seltsam bedrohliche Aura. Vielleicht ist es das was Neos gemeint hat. Diese seltsame Kraft des Lichtes, die in diesem Teil des Neoweltraums ihr Unwesen treiben soll.“ „Stimmt“, meinte Yubel nachdenklich, als sie sich wieder an die Worte des Elementarhelden erinnerte. Das gelbe dritte Auge auf ihrer Stirn leuchtete auf, als Yubel sich konzentrierte und sie nickte entschlossen. „Du hast recht, da unten ist etwas ganz seltsames. Der Kristall den wir suchen, könnte dort unten in der Höhle versteckt sein.“ Sie flog mit ihm nach unten und landete kurz vor dem Eingang der Höhle, sie scheute sich jedoch noch, einfach hineinzugehen. „Ich weiß nicht, was uns dort erwartet, aber mich beschleicht ein ungutes Gefühl...“ „Bleibt uns denn eine andere Wahl, Yubel? Wir müssen da durch...“ „Ich weiß, ich weiß“, flüsterte Yubel, strich gedankenverloren durch das Haar des leblosen Juudai in ihren Armen, atmete tief ein und schritt langsam auf den Eingang der Höhle zu.

In der Seelenhöhle

KAPITEL 2: In der Seelenhöhle -
 

Sofort empfing sie tiefe Dunkelheit, so tief, das selbst Yubel für einige wenige Momente nichts erkennen konnte. Doch dann rief Juudai: „Sieh da!“ Und er zeigte auf einen Weg vor ihnen, der sich abzuzweigen schien. Tatsächlich konnte Yubel nun durch die Dunkelheit erkennen, dass direkt vor ihnen zwei Eingänge zu sehen waren. „Juudai, was sollen wir tun? Welchen Weg sollen wir wählen?“ „Wir können irgendeinen versuchen, oder? Vielleicht den linken?“ „Ha, und was machen wir wenn wir uns verlaufen?“ „Dann laufen einfach wieder zurück und nehmen den anderen Weg.“ Yubel lächelte erst und kicherte dann, weil sie es schon irgendwie süß fand, wie naiv Juudai manchmal war. „Juudai, das kann nicht dein Ernst sein. Glaubst du wirklich, dass wir so einfach zurückfinden können, wenn wir erst einen Weg gewählt haben? Wenn es eine Falle ist, und das ist es ganz sicher, dann können wir nicht damit rechnen, dass wir später wieder zurückfinden.“ Die Seele des Jungen schwebte nachdenklich neben Yubel. Er nickte: „Stimmt, du hast recht. Aber was sollen wir dann tun?“

Doch Yubel konnte auf diese Frage keine Antwort mehr geben, denn urplötzlich blendete sie beide ein unglaublich helles Licht und eine seltsame Stimme, die nicht aus dieser Welt zu kommen schien, sprach mit ihnen. „Ich habe bereits auf euch beide gewartet, dem Auserwählten der Dunkelheit und seinem Beschützer. Ich kenne euer Begehren, und doch wird euch dieser Wunsch nur gewährt werden, wenn ihr diesen Test besteht und gemeinsam dem Licht, meiner Macht, trotzen könnt...“ „Wer bist du?“, rief Yubel durch das Licht hindurch, doch erhielt sie keine Antwort auf diese Frage – das Licht wiederholte nur hohl seine Worte, erinnerte sie daran, was sie gerade eben noch gehört haben. „Wählt einen Weg. Das Licht wird in eurem Herzen scheinen, und eure Seelen erleuchten. Das Licht wird euch erfüllen, und die Dunkelheit eures Herzens verdrängen.“ Dann erstarb die Stimme, genauso wie das Leuchten, und Yubel fiel es schwer, in der Dunkelheit etwas zu erkennen, so kurz nachdem das Licht sie so geblendet hatte. Juudai neben ihr sah mehr als entschlossen aus, doch Yubel fühlte sich mit einem Mal schwach und müde. „Juudai, was meinst du? Was sollen wir tun?“ „Wählen wir einen Weg, Yubel. Auch auf die Gefahr hin, dass es der falsche Weg war, was bliebe uns dann anderes übrig, als weiter zu gehen? Wir können nicht zurück. Unser Leben ist wie eine Einbahnstraße.“ Überrascht, so einen Vergleich von ausgerechnet Juudai zu hören nickte Yubel und ging langsam auf eine der beiden Abzweigungen zu. „Dann wähle ich die linke Hälfte.“ Juudais Seele nickte. „Ich vertraue dir und deiner Auswahl.“ „Gut.“ Und zusammen gingen sie die ersten vorsichtigen Schritte ins Nichts.
 

Wenn sie doch nur nicht diesen Fehler begangen hätte. Yubels Augen fühlten sich so schwer an, und sie fühlte sich zu schwach, um sie überhaupt zu öffnen, flach lag sie mit ihrem Körper auf der kalten Erde, und es fiel ihr schwer, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren, es kostete zuviel Kraft, ihren Geist auf das zu fokussieren, was jetzt kommen sollte. Was war passiert? Was ist mit Juudai? Juudai...

Der Gedanke an ihn richtete sie wieder auf, und plötzlich kehrte genug Kraft zu ihr zurück, dass ihre drei Augen öffnen, und wieder sehen konnte. Plötzlich hatte sie genug Kraft, dass sie sich vom Boden abstoßen und sich wieder aufrichten konnte, zwar nur sitzend, aber immerhin. Geschwächt, aber dennoch gestärkt durch den Gedanken an ihren Liebsten sah sie auf – und sah in das fließende Gesicht eines Lichtwesens, dass direkt vor ihr saß und den ganzen steinernen Raum in warmes, gelblich-orangenes Licht tauchte. Ein leises „Wer bist du?“ verließ erstaunt ihre blaue Lippen und das Wesen vor ihr, das keine richtige Gestalt zu haben schien, ja noch nicht mal ein richtiges Gesicht, lachte leise bei dieser Frage. „Erinnerst du dich nicht?“, meinte es leise in seiner verführerischen Stimme. „Yubel, wie kannst du dich nicht mehr an mich erinnern, wo wir uns doch schon vor so vielen Millenia einmal begegnet sind? Oder willst du mir sagen, dass ein Wesen wie du, mehr als ein menschliches Wesen, dazu fähig sich an sein früheres Leben zu erinnern, tatsächlich auch einmal vergesslich werden könnte?“ Yubel verwirrte das, doch sie beschloss sich nichts anmerken zu lassen, ihr Gesicht wurde hart und entschlossen. „Ich erinnere mich nur an die wichtigen Dinge, unbekanntes Wesen“, erwiderte sie heftig. Das Wesen kicherte nur noch mehr, offensichtlich mehr als amüsiert über Yubels Gebaren. „Du hast also wirklich vergessen, Yubel... unsere erste Begegnung in den Tiefen der Dimensionen, in denen du rastlos schwebtest, auf der verzweifelten Suche nach deinem Geliebten... weißt du noch? Jahrtausendelang warst du unterwegs gewesen, bis wir einander begegnet sind und ich dir deinen weiteren Weg geebnet habe... ich schien in dir, in deiner Seele, und gab dir Kräfte, von denen du noch nicht einmal zu träumen wagen könntest, selbst wenn du diesen undurchdringbaren Schild hast, Yubel, und diese Kräfte des Drachen, die durch deine Adern pulsieren...“ Yubels Augen verengten sich, als sie sich langsam wieder zu erinnern begonnen hatte. In der Zeit zwischen den Dimensionen... in der Zeit noch vor Juudais Geburt... da war sie nur einem begegnet, und dann wieder, als sie den Tiefen des Universums schwebte, erneut weggeworfen vom Schicksal, doch dieses zweite Mal von Juudai selbst.

„Hikari...“, stieß sie aus. „Hikari, du bist das? Das Licht der Zerstörung... Hikari no hado...“ Das Wesen vor ihr lächelte sanft. „Siehst du, es geht doch... du erinnerst dich doch wieder an mich. Wäre doch auch schade gewesen wenn du mich vergessen hättest... wo ich dir doch deinen Weg gewiesen habe...“ „Hikari, wo ist Juudai? Was hast du mit ihm gemacht?“, stieß Yubel aus, als sie merkte, dass sie völlig alleine mit dem Wesen in einem Raum war. „Juudai... ach ja, du meinst den Auserwählten der Dunkelheit... er ist nicht hier, denn ich wollte zunächst alleine mit dir sprechen, ohne dass er uns beide stört.“ „Was hast du schon mit mir zu bereden, Hikari? Wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Wir sind Feinde und vergiss nicht, dass es meine und Juudais Mission ist, dich ein für alle Mal zu vernichten!!! Ich würde an deiner Stelle aufpassen, denn es kann durchaus sein, dass deine Vernichtung sogar hier und jetzt passiert.“ Der glühende Humanoide lachte leise auf. „Das will ich sehen“, erwiderte er, „ich bin das Licht, Yubel. Ich kann nicht vernichtet werden, außer von der Dunkelheit, und auch nur, wenn die Dunkelheit in den Herzen aller Menschen ist. Aber das ist unmöglich. Das Universum ist groß, und es wird folglich immer jemanden geben, der willig ist, mich in sein Herz zu lassen. So wie du willig warst. Oder Saiou.“ Er stand auf, und noch mehr Licht schien von ihm auszugehen, als er das tat. „Yubel... ihr könnt es ruhig versuchen, aber ich glaube nicht, dass es euch heute und jetzt gelingen wird. Das bezweifle ich schon alleine dadurch, dass ich eigentlich nur eine Runde mit euch spielen will. Ich will nur sehen, ob ihr würdig seid, mir jetzt schon gegenüber zu treten. Unser wahrer Kampf...“, und nun wurde seine Stimme beinahe tödlich und ließ Yubel vor Angst erzittern, „wird erst später richtig beginnen.“ „Wo ist Juudai??“ „Ha, immer noch machst du dir nur Sorgen um diesen Jungen. Du bist wirklich unverbesserlich. Solltest du dir nicht noch mehr Sorgen um dich selbst machen? In deiner Situation würde ich das eher tun!“ „Was meinst du?“ „ha... haha, du hast es immer noch nicht bemerkt? Dass du in größerer Gefahr schwebst als du glaubst. Unser Spiel hat längst begonnen, Yubel, noch während wir hier sprechen. Mal sehen, wie ihr euch schlagt – und ob ihr fähig seid, wieder heil hier herauszukommen, und eure Seelen retten könnt, sodass sie nicht zu meinen Ehren geopfert werden“ „Was zur Hölle meinst du??“, schrie Yubel auf, doch da verschwand Hikari auch schon und löste sich ins Nichts auf. „Du wirst schon sehen, Yubel... du wirst es schon sehen. Und wenn nicht hier, dann werden du und der Auserwählte der Dunkelheit schon bald auf den Auserwählten des Lichts treffen und der finale Kampf ausgetragen werden. Aber bis dahin, versuch erstmal hier rauszukommen. Aus der Seelenhöhle!!“, lachte er als er verschwand. „Was?“ Aber dann bemerkte Yubel es: sie war ganz alleine, und weit entfernt von Juudai, und als ob das nicht schon genug wäre, bemerkte sie, dass sie sich irgendwie anders anfühlte. Nicht mehr fest... so als ob sie keinen eigenen Körper hätte... „Verdammt, was ist hier passiert?? Wo ist Juudai?“ Als sie versuchte, sich vom Boden abzustoßen um sich aufzurichten, sah sie, wie ihre Hände in den Boden verschwanden. Da realisierte sie, was passiert war. Sie hatte ihren Körper nicht mehr und war nur noch eine bloße Seele. Genau wie Juudai. Doch wieso war dann Juudai nicht bei ihr?
 

Schwarze Dunkelheit erfüllte seine Seele und ließ ihn nichts mehr wahrnehmen – doch dann durchbrach ein helles Licht die Dunkelheit, ohne jedoch die bisher unausgesprochene, ungefühlte Erkenntnis zu nehmen, dass er nun völlig alleine war, nicht mehr unter der Obhut seiner Beschützerin. Juudai öffnete seine Augen und merkte, dass er alleine am Abgrund einer riesigen Klippe schwebte, und dann, als er sich nach Yubel umsah, dass auch ihr Körper nicht mehr in seiner Nähe war. Irgendwie mussten ihre Seelen voneinander getrennt worden sein, aber wie wenn sie diesen besagten Edelstein noch gar nicht gefunden hatten? Er hatte jedenfalls schon ewig nicht mehr ihre Gedanken gehört. Es war ihm deshalb sofort aufgefallen, als er wieder erwacht war. Doch was war in der Zwischenzeit passiert, und wieso war Yubel nicht mehr bei ihm? Wo war dann sein Körper, der doch unter ihrer Obhut gestanden hat?

„Yubel!!! Wo bist du?“, schrie er, als er sich entschloss, sie vielleicht mit seinen Rufen finden zu können. Doch er konnte nicht wissen, dass er damit ein anderes Wesen anlocken würde, und damit nicht unbedingt seine Beschützerin.

Plötzlich blendete ihn ein Licht und er schrie vor Schmerzen auf, als ihn etwas durchbohrte, und er fragte sich gleichzeitig wie es sein konnte, dass er überhaupt Schmerzen empfinden konnte, wenn er doch nun körperlos war. Ein leises Kichern ließ ihn erschaudern. „so, habe ich dich endlich auch gefunden. Tut mir leid, wenn ich dich habe lange warten lassen, Auserwählter der Dunkelheit. Ich wollte aber zuerst mit deiner kleinen Freundin reden.“ „Wer bist du?“, keuchte Juudai. „haha, sag mir nicht, dass auch du vergessen hast, wer ich bin? Wir haben schon einmal gegeneinander gekämpft, in deinem zweiten Schuljahr. Nur hatte ich da einen Wirt für mich gefunden, der mich in sich aufnahm, und das mehr als bereitwillig.“ Juudai dachte nach. Zweites Schuljahr? Wirt für eine Macht? Konnte es sein? „Dann musst du wohl... das Licht der Zerstörung sein..“, schnaufte er. Das Licht vor ihm materialisierte sich zu einem leuchtenen Humanoiden und sein schrilles Lachen klang in den Ohren des Braunhaarigen nach. „Ja, der bin ich. Und wie du nun siehst, habe ich dich endlich in meiner Gewalt, weit weg von deiner Beschützerin. Ich frage mich nur, ob ich mich jetzt schon dafür rächen sollte, dass du es gewagt hast, meine Pläne mit dem Militärsatelliten zu durchkreuzen. Wenn ich dich jetzt ausradiere, dann habe ich später weniger Probleme.“ „Was hast du mit Yubel gemacht?“ „hm... nun sag mir bloß nicht, dass du dir Sorgen um sie machst? Ihr geht es gut - noch. Aber wie ich ihr schon gesagt habe, du solltest dir mehr Sorgen um dich selbst machen. Denn hier endet nun dein Leben, und ich kann dir definitiv sagen, dass der Tod einer Seele weitaus schmerhafter und schlimmer ist, als wenn du in deinem Körper sterben würdest. Umso mehr Freude wird es mir machen wenn ich dich so leiden sehen würde.“ Und der Humanoide setzte bei diesen Worten zu einem nächsten Angriff auf Juudai an, und der Braunhaarige versuchte wieder zu seiner Kraft zurück zu finden, was ihm aber in den wenigen Sekunden, in denen er reagieren konnte, wohl nicht mehr gelingen konnte.

Ein gleißender Strahl flog auf Juudai zu, doch plötzlich spürte er eine Welle von Dunkelheit, die das Licht von ihm abwendete. Er öffnete seine Augen, nur um die Seele von Yubel vor sich schweben zu sehen und er konnte Hikaris verächtliches Schnauben hören, als er sah, dass er gescheitert war.

„Yubel!“, hörte sich Juudai überrascht sagen als sie ihr Gesicht zu ihm umdrehte und ihn anlächelte. „Keine Sorge, Juudai, ich werde dich beschützen, so wie ich es dir geschworen habe.“ „Wie kann es sein, dass du dich aus deinem Gefängnis befreien konntest?“, schrie Hikari wütend. „Ha, kommst du nicht darauf? Ich bin eine Seele, und als solche mit Juudai verbunden. Ich werde immer dort sein wo seine Seele ist – denn das ist das Schicksal der Fusion die wir beide erfahren haben.“ Das Licht lachte auf. „In der Tat, dass ist wahrlich das Schicksal der Fusion. So wie es euer Schicksal ist, dass ihr vor mir untergehen werdet, so wie es einst schon einmal passiert ist. Aber Yubel... habe ich euch beiden nicht geschworen, dass ihr eure Dunkelheit hier einbüßen werdet? Mal sehen wie du ohne sie zurecht kommst!!“

„AAAHHH!“ Yubel schrie auf, als eine Welle von Licht sie durchdrang und alle ihre Dunkelheit aus ihr herausbrachte. Sie wich zurück und fiel zu Boden, direkt vor dem schockierten Juudai, der nichts anderes tun konnte, als zuzusehen. „Yubel!“, schrie er auf und schüttelte sie, „Yubel, bitte steh auf! Yubel, was ist mit dir??“ „Mit ihr ist nichts schlimmes los, außer dass sie ihre wichtige Lebensessenz verliert“, erklärte Hikari, „ohne Dunkelheit in ihrem Herzen ist sie ein Nichts, und leicht zu töten – und das obwohl immer behauptet wird, dass sie unbesiegbar sei...“ Juudais Augen weiteten sich vor Furcht, und noch mehr, als er sah, wie Yubel versuchte ihre Augen zu öffnen und sich wieder aufzurichten. „J...Juu..Juudai...“, flüsterte sie schwach, als sie haltlos zu zittern begann, „du musst dich in Sicherheit bringen...“ „Nein!“, schrie er, „ich kann nicht zulassen, dass das Licht dir auch etwas antut!“ Und mit einem Mal wurde es klar, was er zu tun hatte und worin der erste Test in Wirklichkeit bestand. Er musste seinen Mut beweisen. Beweisen, dass er die Macht des obersten Königs, des Haous, die Dunkelheit in seinem Herzen nutzen konnte. Und wenn es auch nur dazu war, das Licht auch nur für eine kurze Zeit zurückzuhalten. „Hikari...“, flüsterte er, als er aufstand, „es ist noch zu früh für dich uns beide jetzt schon zu besiegen.“ Als er seine Augen öffnete, glitzerten sie golden auf. Doch noch mehr passierte: Dunkelheit schien von Juudai auszugehen, sammelte sich um seine Füße wie ein leichter Nebel und schien ihn immer mehr zu umhüllen. Schließlich wurde die Macht seiner Dunkelheit so stark, dass das Licht zurückweichen musste und dem nicht mehr länger standhalten konnte. So stark dass sie sowohl Yubel als auch Juudai umhüllte und sie beide im Nichts verschwinden ließ, weit weit weg von dem aggressivem Licht.
 

Doch das Licht, Hikari, wusste bereits, dass es so passieren würde und kicherte nur leise, als er sie gewähren ließ. Sollten sie nur fürs Erste verschwinden, es wusste bereits, dass sie sich wieder sehen würden. Der finale Kampf würde eines Tages kommen. Ganz sicher. Denn der Auserwählte des Lichts würde bald erwachen.

Und noch etwas stimmte das Licht zuversichtlich: Ihm war es gelungen, neue Zweifel zu säen und in einer neuen Seele erneut zu scheinen.

„Wir werden uns wieder sehen... aber diesmal wird es nicht ein Kampf zwischen Seelen sein. Denn ich habe die Macht, eurer Schicksal zu ändern, und ich werde euch voneinander trennen. Erst körperlich, dann seelisch. Ihr seid so menschlich, und damit mit menschlichen Fehlern behaftet. Mit Fehlern, die euch am Ende das Leben kosten werden.“
 


 

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Juudai brauchte eine Weile, bis er wieder klar denken konnte und seine Erinnerungen wieder zu ihm zurückgekehrt waren. Er fand sich vor dem Eingang der Höhle wieder, aber nicht mehr als bloße Seele, sondern mit einem festen Körper. Er hielt sich eine Hand an die Stirn, und atmete tief ein, als er versuchte, das eben erlebte zu verarbeiten. Was war passiert? Sie hatten doch nicht eben wirklich das Licht der Zerstörung wieder getroffen, das Licht, dass er schon vernichtet zu haben geglaubt hatte, oder? Und wieso hatte er plötzlich seinen Körper wieder und war vor einigen wenigen Momenten noch eine bloße Seele gewesen? Was zur Hölle war nur passiert?

Aber er konnte nicht wirklich darüber nachdenken, denn schon passierte wieder etwas.
 

„Juudai!“, schrie Yubel auf und rannte zu ihm, nur um ihn in ihre Arme zu nehmen und fest an sich an sich zu drücken. „Yubel...“flüsterte Juudai überrascht, als er plötzlich die Wärme ihres Körpers um seinen spürte, ein ungewöhnliches Gefühl, nachdem er körperlos gewesen war, erst recht, nachdem er sich schon langsam begonnen hatte daran zu gewöhnen, keinen eigenen Körper mehr zu haben und stattdessen in Yubel zu leben. Er legte zögerlich seine Arme um sie, und drückte sie noch mehr an sich, als er bemerkte, dass sie zu schluchzten angefangen hatte, ihre Muskeln in wilden unkontrollierten Zuckungen gefangen, in der leisen Hoffnung, dass seine Umarmung ihre Schmerzen in dem Augenblick etwas lindern konnten. Was auch immer sie für Schmerzen in dem Moment empfinden haben mochte. Er wusste es nicht. War es Freude, war es Trauer? Was davon machte mehr Sinn? Und er merkte auf einmal, wie sehr es ihm manchmal an Einfühlungsvermögen mangelte und diese Erkenntnis machte ihn noch mehr verlegen.

„Yubel...“, fragte er leise durch ihr Schluchzen hindurch, „was ist mit dir? Yubel?“ Er nahm beide Hände und legte sie sanft an ihre Wangen, um ihr zu Boden gerichtetes Gesicht zu seinem aufzurichten, sodass sich ihre beiden Blicken treffen konnten. Zweifarbige, mit Tränen benetzte Augen sahen traurig in sein Gesicht, und Juudai fuhr mit einem Mal ein Stich in sein Herz, ohne dass er sagen konnte wieso. Dann merkte er es. Er wollte sie nicht so traurig sehen. Es war dieselbe Trauer, wie sie ihm gegenüber schon einmal gezeigt hatte, als sie gegeneinander gekämpft hatten, und er sie vernichten wollte, dasselbe flehende, leise um Vergebung und Mitleid heischende Gesicht. Dasselbe Gesicht von damals, als sie ihn fragte, ob er Johan mehr lieben würde als sie und wie es sein könnte, dass er alle Liebe, ihr versprochen, nun ihm widmete.

Und er wischte sanft ihre Tränen beiseite, gefangen in einem neuen Gefühl, dem seltsamen Gefühl, dass es schon einmal so passiert war, dass er sie so in seinen Armen hielt wie gerade eben. Eine alte Erinnerung durchströmte ihn, und ließ ihn das tun, was er gerade tat.

Und langsam legte er zärtlich seine Lippen auf die blauen Yubels. Ihr Augen weiteten sich erst vor Schreck, doch dann schloss die Augen, als sie den bereits vor ewigen Zeiten nicht mehr erlebten Geschmack seiner Lippen wieder spüren durfte. Den gleichen Geschmack wie damals...wie konnte es sein, dass manche Dinge sich über viele Jahrtausende nicht verlieren konnten? Das sie genauso sind, wie in früheren, längst vergangenen Tagen?

Juudai löste den Kuss, als er merkte was er da tat, als er einsah, dass er gerade seinen ersten Kuss an Yubel verschenkt hatte. Er errötete vor Scham, und drehte sich von ihr weg, um sie vor ihr zu verstecken, und auch der Hermaphrodit wurde rot, gefangen in den Erinnerungen an den gerade eben erlebten Kuss. „Juudai...“, flüsterte sie leise, „du...hast mich geküsst?“ „Ja“, gab der Braunhaarige verschämt zu, und realisierte dann, dass es wenigstens einen guten Effekt hatte, den Yubel war schlagartig ruhig geworden und ihre Tränen waren versiegt. Als er das bemerkte, war er sogar ein bisschen stolz darauf, dass es ihm gelungen war sie zu trösten. Yubel ließ ihn los und sah ihn erstaunt an. Es verging eine Weile, bis sie bemerkte: „Tja, nun haben wir unsere erste Mission heil überstanden, also können wir doch zurück, oder?“ „Ja, das stimmt... aber ich verstehe immer noch nicht ganz, was passiert ist“, meinte Juudai und ließ sich auf den Boden vor der Höhle niedersinken. „Jedenfalls habe ich meinen Körper wieder, und du deinen auch, also hat es doch etwas Gutes.“ Yubel schwieg daraufhin nur, und da stellte Juudai ihr eine Frage: „Yubel, wieso warst du so außer dir, gerade eben? So habe ich dich nie zuvor erlebt...“ „Es war nichts, wirklich... ich war einfach nur glücklich dich wieder heil zu Gesicht bekommen zu haben. Ich habe mir einfach große Sorgen um dich gemacht.“ Doch noch während sie diese Worte sprach, merkte sie in ihrem Innersten, dass sie eigentlich nur deshalb geweint hat, weil sie sich nach einer endgültigen Vereinigung mit Juudai sehnte, und eigentlich niemals von ihm getrennt werden wollte, denn diese Fusion mit ihm war ein Segen gewesen – und nun sollte es vorbei sein? Einfach so?

Doch es musste voran gehen. Die Begegnung mit Hikari no Hado, dem Licht, machte ihr irgendwie Angst, und doch war sie sich sicher, dass sie es mit Juudai an ihrer Seite irgendwie schaffen würde, diese Mission zu erfüllen, selbst wenn das Risiko zu scheitern enorm hoch war. Immerhin hatten sie es jetzt erstmal hinter sich, und noch mehr haben sie geschafft: sie hatten ihre Körper wieder, und er hatte sie sogar geküsst. Bei diesen Gedanken streichte sie gedankenverloren über ihre blauen Lippen, bis Juudai ihr neugierig ins Gesicht sah und sie angrinste, sodass sie hochschreckte. „Juudai!!“ „Yubel, warum so gedankenverloren??“ Der Hermaphrodit lächelte und griff nach seiner Hand, als sie aufstand und hob ihn auch hoch. „Komm, Juudai. Du willst doch auch sicher nach Hause, oder? Zu deinen Freunden? Sie vermissen dich schon wahnsinnig, oder? Lass uns nach Hause gehen...“, flüsterte sie sanft, als sie Juudai an sich drückte, „halte dich gut an mir fest!“ „Ja“, nickte der Braunhaarige, und hielt sich an Yubel fest so gut er konnte. Sie spannte ihre Flügel zu voller Spannweite auf und erhob sich mit kräftigen Flügelschlägen in die Luft. Juudai konnte nicht beschreiben wie schön das Gefühl war, diese Schwerelosigkeit, zu sehen wie alles unter ihm immer kleiner wurde, als sie immer höher stiegen. Er lachte auf, zusammen mit Yubel, als sie in den Himmel verschwanden. Unten sah ihnen ein Elementarheld zu, und er nickte zufrieden, während sie zu einer Sternschnuppe wurden, die sich auf den langen Weg zur Erde machte, um dort nieder zu gehen.

Rückkehr in die Duellakademie

-Kapitel 3: Rückkehr in die Duellakademie -
 

„Juudai! Du bist zurück!!“ Sho konnte sein Glück kaum fassen, als er in der Dunkelheit und dem nachlassendem Licht tatsächlich seinen großen Bruder erkennen konnte. Doch er war nicht alleine zurückgekommen, noch eine Person war neben ihm zu erkennen. Sho erschrak.

Es war eine große Gestalt mit langen Dämonenflügeln. Yubel, diejenige, die sie alle so hat leiden lassen. Diejenige, die alle seine Freunde hat verschwinden lassen.

Als sie Sho bemerkte, streckte sie ihre Flügel aus und flog davon. Juudai sah ihr fragend hinterher, doch er verstand sie. Wahrscheinlich wollte sie ihm nur die Zeit geben, seine Freunde wieder zu sehen, vielleicht wollte sie sie auch nicht gleich an das vor kurzem erlebte erinnern, denn es war für alle zu schmerzlich gewesen. „Juudai... Aniki...“ Er drehte sich zu Sho um. „Hallo Sho... heute abend gibt es doch fried shrimps, oder?“ „Jah! Na klar!“ Heftig stürzte er sich in die Arme seines Aniki. „Wow, Sho, immer langsam!“, lachte Juudai. „Ich bin nur so froh dich wieder zu sehen, Aniki!“ Freudentränen liefen seine Wangen hinunter, und hastig wischte er sie am seinem langen Ärmel weg. „Aber sag mal, war das da nicht gerade..“ Juudai wusste nicht, ob er Sho direkt die Wahrheit sagen sollte oder nicht. Aber er war sein kleiner Bruder, er musste es tun, und er würde es nur schwer vor ihm verheimlichen können. „Ja. Das war Yubel. Ich war mit ihr auf einer langen Reise gewesen und bin nun erst wieder zurück.“ „Aber wieso...? Ich dachte, dass du sie vernichten wolltest?“ Juudai schüttelte den Kopf. „Nein, das konnte ich nicht, dazu wäre ich nicht fähig gewesen. Sie war einfach nur verzweifelt. Ich habe ihr wehgetan, und nun... sagen wir mal, wir haben alle Differenzen aus dem Weg geschafft und uns wieder vertragen.“ „hm, aber da gibt es immer noch einige Dinge, die ich nicht verstehe...alles ist so schnell passiert..“ „Die kann ich dir ja beim Abendessen erklären, oder? Komm schon, Sho, sonst bleibt nicht mehr viel für uns übrig!“ Sho lachte und war froh, Juudai wieder so zu sehen, anscheinend war er ganz der alte geblieben. Essen war immer noch das was er am liebsten tat. Und heute Abend wohl besonders, da ja sein Lieblingsgericht auf der Karte stand.
 

Yubel sah die beiden in Richtung der Duellakademie verschwinden. Sie beschloss, heute Abend nochmal bei Juudai vorbeizuschauen, um herauszufinden, wie es ihm geht. Vielleicht auch weil sie sich jetzt schon nach ihm sehnte. Auch nur ein paar Sekunden von ihm getrennt zu sein kostete sie ein unglaubliches Maß an Überwindung und sie wunderte sich mit einem Mal, wie sie es geschafft hatte, zehn Jahre im All ohne ihren Geliebten auszukommen. Und selbst jetzt noch, dieser Moment, er erschien ihr noch immer irreal. Surrealistisch. Juudai hatte ihr verzeihen können. Juudai, der schon ihre Vernichtung beschlossen hatte, weil sie ihm im Weg stand, nur weil sie von ihm forderte was ihr schon vor Ewigkeiten versprochen wurde. Juudai, der sie so lange hat leiden lassen, und der sie qualvoll sterben lassen wollte. Und letzten Endes lagen sie sich doch in den Armen, und vereinigten ihre Seelen miteinander. Letzten Endes haben sie beschlossen, von nun an zusammen zu leben und gemeinsam ihre Mission zu erfüllen.

Der Gedanke an die bevorstehende Mission erfüllte Yubel mit Unruhe, denn was für eine Macht hätte das Licht eigentlich noch auf sie? Wäre es wirklich wieder in der Lage, ihr Herz zu vergiften? Ein weiteres Mal ihr Gedanken zu trüben und die sanfte Dunkelheit in ihrem Herzen zu vertreiben? Doch wieso müssen sich Dunkelheit und Licht immer wieder bekämpfen? Dieser Kampf, er währte schon an seit Anbeginn der Zeiten...

Yubel lächelte in sich hinein, als sie merkte wie ihre Gedanken ins Unendliche abschweiften, zu Fragen, die sie noch nicht beantworten konnte. Sie dachte wieder an Juudai und lächelte noch mehr, als sie von dem Ast auf dem Baum aufstand und eine Hand an die Rinde legte. Sie sah hoch zum Vollmond. Wer hätte gedacht, dass sie sich jemals so glücklich und zufrieden fühlen könnte? Ihr Augen glitzerten, als der Wind sanft mit ihren Haaren spielte und sie flüsterte verliebt Juudais Namen.
 

Juudai setzte sich in der Kantine mit mindestens zwei vollen Tellern zu Sho. Gerade, als er sich niedergelassen hatte, kamen auch schon Kenzan, Fubuki ,Rei, Asuka und Johan herein. Juudai strahlte vor Glück als er sie erkannte und sah, dass sie wohlauf waren. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seitdem Yubel sie alle entführt hatte, sie nicht mehr zusammengewesen waren, was eine ganz schön lange Zeit her war. Seine Freunde strahlten ebenfalls, als sie Juudai wohlauf sahen. Er stand auf und alle lagen sich sofort in den Armen. „Juudai! Meine Güte, bin ich froh, dass es dir gut geht!“, sagte Kenzan. „Wir haben dich so vermisst!“ „Ja, ich euch auch!“ „Wo warst du denn gewesen??“ „Das ist eine lange Geschichte“, gab Juudai zu. Alle setzten sich und auf einmal fiel Juudais Blick auf einen Jungen mit türkisfarbenen Haaren, der noch in der Tür stand und auf Juudai starrte, Freude in seinem Gesicht. „Johan!“ „Juudai... ich kann es nicht glauben... du bist wirklich zurück...“ Er ging langsam auf ihn zu. „Ich freue mich so darüber. Wir alle haben uns so furchtbare Sorgen um dich gemacht. Tagelang haben wir überlegt, wohin du verschwunden sein könntest, aber nun da du wieder da bist, können wir alle wieder beruhigt schlafen“, lachte er. Auf einmal spürte Juudai, wie er von Johan umarmt wurde. „Vor allem ich“, flüsterte er. Er löste die Umarmung wieder und setzte sich ebenfalls dazu. „Aniki, willst du uns nicht endlich erzählen, was in der Zeit passiert war, in der du weg warst? Und vor allem wo du überhaupt warst? Was ist denn mit Yubel passiert?“ „...“ Juudai zögerte, weil er nicht wusste ob er es ihnen allen jetzt schon sagen sollte. Sollte er ihnen erzählen, dass er Yubel am Ende doch nicht vernichtet hatte, dass ihre Seelen sogar eins gewesen sind? Dass sie hier war? Und dass er weg war, um zu sich selbst zu finden, um genug Stärke zu erlangen, weil eine weitere Mission vor ihm lag und er erneut die Welt retten muss? Ihm behagte der Gedanke nicht, dass er noch eine Bestimmung zu erfüllen hatte. Wie gerne würde er einfach nur das Leben an der Duellakademie genießen, an der Seite der Freunde, die ihm so wichtig waren. Trotzdem muss er die Augen offenhalten, wie jemand, der sich permanent verfolgt fühlt. Wie jemand, der nie zur Ruhe kommt. Er war aber zu erschöpft, um weiter Ausschau zu halten. Er wollte sich einfach nur ausruhen, sich zurücklehnen, aber .. er konnte dennoch nicht. Denn würde das nicht am Ende seine Freunde wieder in Gefahr bringen?

Diese deuteten seine Stille falsch. „Ich denke, wir sollten ihn lieber sein Abendessen genießen lassen“, erwiderte Asuka, „es ist verdammt viel passiert, und wir brauchen Zeit, um alles zu verarbeiten. Vor allem... die Erfahrungen, die wir in der dunklen Welt gemacht haben...“ „Ach, Asuka, fang bitte nicht schon wieder damit an!“, ermahnte sie Fubuki. „Ich will gar nicht mehr daran denken!“ „Stell dich nicht so an, derjenige, der sich beschweren sollte, ist ja wohl Johan, immerhin ist er entführt worden und sein Körper wurde zweckentfremdet und nicht deiner!“ „Hört doch auf damit! Setzt euch doch und genießt, dass wir alle wieder zusammen sind!“, meinte Sho, „wir haben lange genug auf diesen Augenblick gewartet, nicht?“ Alle nickten zustimmend. „Habt ihr heute Abend schon etwas vor? Wenn nicht, dann könnten wir ja eine Wiedersehensparty bei den Slifern feiern!“, schlug Kenzan vor. Juudai, der wieder aus seinen Gedanken erwacht ist, schüttelte den Kopf. „nein, das geht nicht. Ich möchte lieber noch eine Zeit lang alleine sein. Tut mir leid...“; entschuldigte er sich mit einem Kopfnicken und seinen unschuldigen Augen, „aber...“ „Schon gut“, sagte Johan. „Ich verstehe was du durchmachen musstest und auch, dass du uns noch nicht alles darüber erzählen kannst. Ruh dich erstmal so richtig aus, du wirst es brauchen“, sagte er mit einem Lächeln, „vor allem, weil du morgen wieder in den Unterricht musst!“ „Oh nein!! ich habe keine Hausaufgaben gemacht!“, stellte Juudai daraufhin fest. „Keine Sorge“, meinte Asuka, „du wirst sie bestimmt noch nicht machen müssen, aber es ist klar, dass du das wiederholen musst, was wir bis jetzt im Unterricht behandelt haben. Spätestens für die Klausur wirst du es brauchen!“ „Oh nein....!“, murrte Juudai. „Aber sollte man nicht noch schnell zum Direktor gehen und ihm melden, dass er wieder da ist?“, fragte Rei. „Stimmt. Wollen wir alle dahin, oder sollen wir jemanden schicken, der ihm Bescheid sagt?“ „Nein, ich gehe schon selbst hin“, sagte Juudai und stand auf, „ich denke wir haben bestimmt noch einige zu besprechen. Wir sehen uns dann morgen im Unterricht wieder. „ Er lächelte seine Freunde glücklich an und fand, dass Worte gar nicht beschreiben konnten, wie zufrieden er war, sie alle wieder gesehen zu haben. Dann machte er sich auf den Weg zu Samejima.

„Herr Direktor, Mister Yuki ist hier und möchte Sie sprechen“, tönte es aus den Lautsprechern. Samejima sah überrascht auf. „Lassen Sie ihn nur hereinkommen.“ Die Tür ging auf und Juudai kam ins Zimmer. „Direktor, ich wollte Sie sprechen.“ „Komm nur herein und setze dich. Ich habe ein paar dringende Fragen an dich zu stellen.“ Juudai tat wie ihm geheißen. „Also, Juudai, wie ich sehe, bist du wieder zurück und ich bin höchsterfreut darüber. In dieser Schule sind seit geraumer Zeit merkwürdige Dinge passiert, die ich selbst noch nicht ganz verstehe, aber ich hoffe, du kannst sie mir bei Gelegenheit mal erklären.“ Juudais Augen weiteten sich vor Schreck. Musste er sich etwas dafür rechtfertigen, dass die gesamte Schule in eine andere Dimension verschwunden war und er selbst eine Zeit lang unauffindbar? Der Direktor lächelte. „Nein, keine Sorge, ich verlange keine Rechtfertigung oder derlei. Ich hatte höchstens gehofft, dass du mir Hinweise geben könntest, wo die restlichen verschwundenen Studenten sind.“ „Sind etwa nicht alle wieder aus der Dimension zurückgekehrt?“, kam es aus Juudai hervor. „Leider nein. Es sind noch einige verschwunden, wie Amon und einige wenige andere. Ich als der Schuldirektor trage die Verantwortung für meine Schüler und würde gerne wissen, was aus ihnen geworden ist.“ „Es tut mir leid, aber... ich weiß darüber leider nichts. Weder wo sie sind, noch was mit ihnen passiert ist.“ Samejima wirkte nachdenklich. „Nun, und Misawa?“ „Der ist freiwillig in einer der zwölf Dimensionen verblieben.“ „Verstehe... nun, wenigstens bist du wieder da. Es ist nun recht spät, und ich denke, du solltest wohl besser in dein Haus zurückkehren. Du musst ausgeschlafen sein für den Unterricht morgen – und für die Begrüßungszeremonie.“ „Begrüßungszeremonie?“ „Ja, morgen werden die neuen Schüler des nächsten Jahrgangs begrüßt. Ich hoffe dich ausgeschlafen auf der Zeremonie wieder zu finden!“ „Ja, Herr Direktor, das werde ich.“ „Dann wünsche ich dir gute Nacht, Juudai.“ „Ihnen auch.“
 

Juudai ging ruhigen Schrittes zurück zu seinem Haus bei den Slifern. Als er in der Dunkelheit der Nacht sein Haus wiedersah, konnte er mit Worten gar nicht beschreiben, wie froh er war, wieder hier sein zu dürfen. Denn dieser Ort war etwas ganz besonderes für ihn – sein Zuhause. Der Ort an dem er lebte.. der Ort, an den er sich zurückziehen konnte, wenn er es brauchte.

Dennoch ging ihm ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf. Der Direktor hatte ihm erzählt, dass nicht alle Studenten wieder aus der fremden Dimension zurückgekehrt sind. Juudai an sich war von der festen Meinung ausgegangen, dass Yubel ihr Versprechen gehalten und alle wieder nach Hause gebracht hat. Doch dem konnte nicht so sein, wenn immer noch nicht alle Studenten wieder zurück gekehrt sind, oder? Wo waren sie dann? Hat Yubel sie vergessen? Würde sie sie befreien und zurückbringen, wenn er sie nur darum bitten würde? Oder sind sie alle genauso unterwegs wie Juudai und würden wieder auftauchen, genauso plötzlich wie er selbst?

„Juudai... du scheinst so in Gedanken versunken...“ Er schreckte hoch und spürte, wie Yubel neben ihm aufgetaucht war und eine Hand auf einer Schulter ruhen ließ. „Juudai, ich weiß, wir waren nicht sehr lange vereinigt, aber dennoch war das lange genug für mich, damit ich weiß, worüber du nachdenkst.“ „Das weißt du auch so durch dein drittes Auge.“ „Stimmt. Umso mehr solltest du wissen, dass du mir deine Fragen ruhig stellen kannst, egal welche“ Juudai seufzte. „Yubel... wo soll ich anfangen?? Ich habe gerade erfahren, dass immer noch einige Studenten fehlen und ich wollte wissen.... naja... wie drücke ich es am besten aus...?? Ob du nicht vielleicht weißt was mit ihnen passiert ist, vor allem weil du diejenige warst, die sie hat verschwinden lassen.“ Yubel schmollte daraufhin. „Das klingt ja fast so, als würdest du mir immer noch zutrauen, dass ich böse sein kann, oder?“ Juudai lief es eiskalt den Rücken runter und sofort entschuldigte er sich: „Nein, so habe ich das nicht gemeint!“ „Soso... naja, was ich dazu sagen kann ist... ja, an sich habe ich alle befreit, die ich gefangen gehalten habe, auch die fehlenden Studenten. Ich weiß nicht genau wo sie sind, aber ich war mir sicher sie würden ebenfalls hier landen...“ Sie wirkte nachdenklich. „Vor allem weil alle anderen auch hier sind.“ „Also weißt du es selbst auch nicht??“ Sie schüttelte nur den Kopf. „nein... aber das würde doch heißen, dass....“ Sie musste den Satz nicht beenden, weil Juudai auch so wusste, was sie sagen wollte. „Du glaubst also, dass die Macht des Lichtes hier schon zugeschlagen hat?“ „Es wäre zumindest denkbar. Aber machen wir uns darum noch keine Sorgen. Geh erstmal schlafen, du wirst es brauchen. Morgen fängt der Schulalltag für dich wieder an.“ „Yubel, was ist denn mit dir? Wo schläfst du denn?“ „Mach dir keine Sorgen um mich, ich komme schon zurecht.“ „Nein, Yubel... willst du nicht kurz mit mir mitkommen??“ Damit packte Juudai Yubels linke Hand und zog sie hinter sich mit, bis vor die Treppen zum Slifer Red Haus. Er ging sie hoch, zusammen mit Yubel und stieß dann glücklich die Tür zu seinem Zimmer auf. Dann ließ er Yubels Hand los, tanzte durch Zimmer und ließ sich auf sein Bett nieder und lächelte Yubel an, die noch immer verblüfft in der Tür stand und sich im Zimmer umsah. Juudai so zu sehen, wie er auf dem Bett lag, er sah so süß aus... Sie wurde rot.

Er blickte sie fragend an. „Wieso kommst du nicht herein? Keine Angst, dir passiert hier nichts.“ Der Hermaphrodit zögerte, ging aber dann doch herein, und betrachtete beinahe ehrfürchtig die Zimmereinrichtung. „Warum hast du mich hierher gebracht?“ Juudai lachte: „Ist das nicht offensichtlich? Ich wollte dir den Ort zeigen an dem ich lebe. Das hier ist mein Zimmer, das ich übrigens mit Sho teile. Dem kleinen hellblau-haarigen Jungen“, fügte er noch hinzu, als Yubel ihn mit einem fragenden Blick ansah. „ach so, der der mich bemerkt hat...“, flüsterte sie. Schlagartig wurde Yubel bewusst, wie wenig sie eigentlich vom Leben Juudais mitbekommen hatte. Sie hatten für eine kurze Zeit lang ihre Erinnerungen miteinander geteilt, aber... selbst das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, wie viele Jahre sie nicht mit Juudai verbringen konnte und wie viel sie von seinem Leben verpasst hat. Nichts konnte die verlorene Zeit, die sie mit ihm gehabt hätte, wenn sie nicht im All gewesen wäre jemals zurückbringen...Sie wurde ganz traurig bei diesem Gedanken.

Juudai ging auf sie zu und umarmte sie fest. Yubel sah überrascht zu ihm herunter und legte dann ebenfalls ihre Arme um ihn, genoss seine Wärme. „Yubel... ich weiß, dass du traurig bist... und auch warum....“ „Juudai...“ „Nein, nein... ich weiß, es ist meine Schuld, ich habe dich einfach aus meinem Leben verbannt, obwohl alles was du wolltest war, bei mir zu sein. Wir haben so viel nachzuholen, so viel voneinander zu lernen. Aber zählt es denn nicht, dass wir wieder zusammen sind?? Jetzt, in diesem Augenblick?“ „Oh Juudai... ja...“ Sie lächelte und beide taumelten durch das Zimmer, bis sie sich beide aufs Bett warfen, Yubel über Juudai. Sie umarmte Juudai fest und bedeckte ihn mit ihren großen Flügeln, und liebkoste ihn sanft. Beide blickten sich in die Augen und Yubel fragte zögernd: „Darf ich dich küssen, Juudai?“ Er nickte: „Ja, nur zu.“ Sie senkte ihr Gesicht über seins und berührte zärtlich und sanft seine Lippen. Dann erhob sie sich wieder, sah ihn an, und wandte sich um. Juudai war verblüfft, wieso sie sich auf einmal so benahm und sah ihr überrascht hinterher. Sie drehte sich zu ihm um. „Wieso willst du denn schon gehen? Bleib doch noch ein wenig.“ Yubel sah ihn mit einem Blick voller Verlangen an, und ihr Gesicht war immer noch rot. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht. Du weißt, dass das hier dein Zuhause ist, dass du zudem nicht alleine für dich hast. Deine Freunde werden bald hierher kommen, nicht wahr? Wenn sie dann da sind, wäre es besser, wenn ich vorher schon längst verschwunden wäre.“ „Hm... schon... aber ..ich hätte trotzdem lieber, wenn du länger bleiben könntest“, sagte Juudai und sah weg während auch er rot wurde. Yubel sah auf. Sollte das etwas bedeuten?

„Keine Sorge, Juudai, ich werde dich auch im Schlaf noch beschützen. Ich werde immer in deiner Nähe sein, soweit es mir möglich ist.“ „ha, also heißt dass, das du unter dem Fenster schlafen wirst?“ „naja, wenn es sein muss, dann selbst so. Aber jetzt ist es wirklich spät... du solltest schlafen gehen... vor allem wenn morgen diese Feier stattfindet.“ „Woher weißt du denn davon?“ „haha, du weißt doch, dass ich Gedanken lesen kann, oder?“ „Aber... offensichtlich nicht alle...“ Yubel wurde noch röter: „So, wie du redest, könnte man meinen, dass du etwas von mir willst...“ Bei diesen Worten zuckte sie zusammen, da sie ihr schneller aus dem Mund hervor kamen, als sie sie durch gedacht hatte. Juudai lächelte daraufhin noch mehr, und in seine rehbraunen Augen sahen sie sanft an. „Oh, dann habe ich meinen Freunden völlig umsonst gesagt, dass ich sie heute abend hier nicht sehen will, weil ich alleine sein möchte.“ „Tja, du bist dann auch alleine, oder? Ich gehe jetzt nämlich auch. Juudai, ruh dich aus, wirklich...“, sie kam zu ihm und streichelte seine Wange, „du weißt, dass bald sehr anstrengende Dinge auf uns warten. Du musst völlig ausgeruht sein, um dem gewachsen zu sein.“ Der Junge legte sich zurück und seufzte auf: „Ja, ich weiß... aber... Yubel, es ist verdammt nochmal nicht so leicht, zu wissen, dass man für etwas großes bestimmt ist. Ich will nicht mehr... und ich habe das Gefühl, dass ich auch nicht mehr kann.“ „Eben darum solltest du dich erstmal zurücklehnen. Nicht deine Vorsicht aufgeben, aber dich ausruhen. Das ist erstmal das Wichtigste.“ Er seufzte wieder. „Dann ist wohl nichts zu machen, oder? Ich werde wohl nie ein Leben in Ruhe führen können.“ „nein, zumindest jetzt nicht. Aber, Helden führen bekanntlich nie ein allzu ruhiges Leben, oder irre ich mich da?“ Juudai lachte auf. „Stimmt“, meinte er grinsend. Yubel lächelte, beugte sich runter zu Juudai und gab ihm einen kurzen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange. „Schlaf gut, und denk nicht zuviel über alles nach“, sagte sie, streichte ihm die Haare von der Stirn und ging durch die Tür, die sie sorgfältig hinter sich schloss. Juudai sah ihr hinterher, ließ sich nach hinten fallen und schloss müde seine Augen.

Wieso benimmt Yubel sich so komisch? Er hatte gedacht, dass, nun da sie alles zwischen sich geklärt haben, alles wieder zur Normalität zurückkehren konnte. Oder waren die Wunden beiderseits immer noch so tief, dass sie sich nicht mehr davon erholen konnten? Vielleicht müsste doch noch mehr Zeit vergehen?

Hinzu kam, dass Juudai verwirrt war. Was fühlte er für Yubel? Was für Johan? Freundschaft oder gar Liebe? Was für wen der beiden? Wieso wollte er Yubel heute abend bei sich haben und wieso hat sich der Kuss, den sie ihm gab so schön angefühlt? Oder die Umarmung von Johan, als er zurückkehrt war?

Jah, vielleicht würde die Zeit mehr Aufschluss geben...

Mit diesen und vielen anderen Gedanken schließlich schlief Juudai ein, wohl wissend, dass er unter der Obhut von Yubel sicher war. Zumindest fürs erste.

Die Einführungzeremonie

-Kapitel 4: Die Einführungzeremonie -
 

Dunkelheit war um ihn, doch auf einmal verschwand sie und zog sich zurück unter dem Einfluss des hereinbrechenden Lichts. Er konnte Yubel sehen, mit einem sanften Lächeln, aber gleichzeitig einen leidenden Gesichtsausdruck. Auf einmal krümmte sie sich, wie unter Schmerzen und ihre Augen bekamen diesen Leere. Dann änderte sich die Szenerie und auf einmal erkannte er etwas im gleißenden Licht dass ihn auf einmal blendete. Ein Mädchen mit langen blonden Haaren, mit geschlossenen Augen und einer erhabenen Pose. Das Licht schien von ihr auszugehen. Und als sie die Augen öffnete...

Dann traf Juudai ein Kissen mitten im Gesicht.

Er schreckte hoch, nur um dann das Gelächter von Kenzan und Sho zu hören, die ihn auf diese Weise geweckt hatten. Beide sahen in mit einem Grinsen im Gesicht an. „Aniki, wach auf, wir haben nicht mehr genug Zeit!“, rief Sho, „die Eröffnungszeremonie fängt gleich an!“ Juudai gähnte, und reckte seine Hände in die Luft, nur um sich wieder hinzulegen und genüsslich die Augen zu schließen. „Nur noch ein paar Minuten mehr...“, flüsterte er leise. „Das geht nicht“, meinte Sho, als er sich seine Schuluniform anzog und seine Schultasche zusammenpackte, unter den Blicken von Kenzan. „Mach schon, Juudai!“, drängte er ihn wieder. Widerwillig setzte dieser sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Puh, wenn ich nicht so früh aufstehen müsste, dann wäre ich ganz froh über die Schule“, meinte er. Er stand auf, und ging ins Bad, um sich frisch zu machen und dann seine Sachen zu packen. Sho und Kenzan warteten schon draußen auf den Treppen auf ihn, während Yubel einen kurzen Blick durch das Fenster wagte, um eventuell einen Blick auf ihren geliebten Juudai zu erhaschen. Doch es gelang ihr nicht, denn er war bereits mit seiner Schultasche zur Tür hinaus, um seinen ersten richtigen Schultag seit langem zu beginnen. Hoffentlich würde er ohne große Zwischenfälle stattfinden.

Juudai gesellte sich zu Johan, der ihn sofort in Empfang nahm. „hallo, Juu! Du bist ja echt früh dran für deine Verhältnisse!“, grinste er. Alle standen in einer großer Schülerschar direkt vor den Toren der Duellakademie und warteten auf den Einlass in den großen Hörsaal, wo die Eröffnungszeremonie stattfinden sollte. „Sie werden doch wieder traditionell die neuen Schüler mit einem Duell begrüßen, oder?“, fragte Sho. „Natürlich. Oh, da werden Erinnerungen an mein erstes Duell hier wach“, schwelgte Johan gedankenverloren. „Ja, und dein erstes Duell war ausgerechnet gegen mich! Du hattest damals noch gar nicht deinen Regenbogendrachen und wir haben uns durch Ruby und Kuriboh das erste Mal getroffen...“, erzählte Juudai, „es kommt mir vor als wäre es gestern gewesen.“ „War es doch auch... irgendwie...“, meinte Johan mit einem Achselzucken. Die Menge vor ihnen begann sich in Bewegung zu setzen und so unterbrachen sie für einige Zeit das Gespräch bis sie drinnen waren und sich gute Plätze zum Zusehen gefunden haben. Nicht lange nachdem sie Platz genommen haben kamen auch Rei, Jun, Asuka und Fubuki dazu. „Was meint ihr, wie stark sind wohl die neuen Studenten?“, fragte Asuka in die Runde. „naja, ich bin mir fast sicher, dass nicht viele von ihnen zu Obelisk Blue kommen werden.“ „Das ist eh klar. Ich bin gespannt darauf, mit welchen Decks sie wohl spielen werden.“ „Pst, da kommen die neuen Schüler ja.“ Das angespannte Murmeln im Saal verstummte jäh mit dem Auftauchen der neuen Studenten, die alle schon einen äußerst nervösen Gesichtsausdruck hatten, weil sie nicht wussten, was ihnen bevorstand, oder aber weil sie ungern vor so großen Publikum duellierten. Unter ihnen waren junge Menschen mit verschiedenem Aussehen, aber ein Mädchen war es, das Juudai sofort auffiel.

Sie hatte lange platinblonde Haare, die ihr bis zu den Füßen reichten. Sie hatte einen anmutigen und geschmeidigen Gang und ihre Augen glitzerten dunkelblau. Sie trug eine Uniform, aber noch nicht die typische Uniform, die es an der Akademie gab. Später müsste sie eh die, die sie trug, durch eine von der Schule ersetzen.

Er wusste nicht wieso, aber er dachte, er hätte das Mädchen irgendwann schon einmal gesehen. Dann fiel es ihm wie Schuppen aus den Augen. War das nicht das Mädchen, von dem er heute Nacht erst geträumt hatte? Was hatte es zu bedeuten, dass sie auf einmal hier an der Akademie war?

„Johan“, flüsterte er und stupste ihn sanft an, „das Mädchen dort, siehst du es? Was hältst du von ihr?“ „Ihr da?“, fragte er zurück, „naja, sie sieht schon ganz süß aus. Mal sehen wie sie so spielt.“ „ach, hat Juudai sich unter den Neulingen schon eine Freundin rausgesucht?“, wollte Fubuki wissen. „Nein, das darf er gar nicht, er weiß doch, dass er mir gehört!“, gab Rei ihm als Antwort zurück. «Ha... lass das bloß nicht Yubel hören..» , dachte sich Juudai darauf und konnte sich schon beinahe vorstellen, wie Rei und Yubel um ihn kämpfen. Er schüttelte den Gedanken ab und sah wieder zu dem Mädchen, das mittlerweile ihren Kopf umdrehte und zu Juudai herüber sah. Als ihre Blicke sich trafen, war es, als ob Juudai ein Speer aus Eis getroffen hätte. Irgendetwas an diesem Mädchen war seltsam. Sie lächelte jedoch nur, und wandte den Blick wieder von ihm ab.

Dann betrat der Direktor der Schule die Bühne, nachdem alle neuen Schüler sich sorgfältig hinter ihm eingereiht hatten. Samejima nahm das Mikro in die Hand und sprach nun seine Eröffnungsrede. „An euch alle hier, die ihr euch heute hier versammelt habt. Willkommen zurück an der Duellakademie, meine lieben Schülerinnen und Schüler. Ich bin froh und glücklich zu sehen, dass ihr alle wohlauf seid und hoffe, dass ihr alle ein wundervolles neues Schuljahr hier an dieser Akademie zubringen werdet. Wir hatten in der Vergangenheit mit allen möglichen Zwischenfällen zu kämpfen, umso mehr hoffe ich, dass dieses Jahr einigermaßen ruhiger sein wird. Und wie in jedem neuen Jahr an jeder Schule auf der Welt, so kommen auch heute neue Schülerinnen und Schüler an die Akademie. Ich hoffe, dass ihr sie alle willkommen heißen werdet und ihnen helfen werdet, den steinige Weg eines Duellanten etwas erträglicher zu machen. Denn wie in jedem ehrenhaften Sport ist es Teamwork und die Erfahrung, gemeinsam etwas durchgestanden zu haben, was uns zusammen wachsen lässt. Nun.. wie es unserer Tradition entspricht, beginnen wir nun mit den ersten offiziellen Duellen in diesem Jahr. Gleichzeitig werden mit diesen Duellen der Status der neuen Studenten festgesetzt und entschieden, in welche Häuser sie kommen. Keine Sorge“, wandte er sich an die Neuen, „ihr müsst nicht nervös sein oder Angst haben. Genießt die Duelle. Und herzlich willkommen an der Duellakademie!“ Ein Raunen und Applaus ging durch die Menge, nachdem der Direktor seine Ansprache beendet hatte. Alle sahen auf die Monitore über der Bühne, auf der für gewöhnlich die Kampfpaarungen angezeigt wurden, Namen und Bild der entsprechenden Personen, die kämpfen sollten. Gleich zu Beginn tauchte da der Name und das Bild des Mädchens auf, das Juudai aufgefallen war. „Siraj Nikoume“ hieß sie also. Ein sehr ungewöhnlicher Name. Kämpfen musste sie gegen einen Jungen namens „Shiro Kuza“, einen dunkelhaarigen im hellen T-shirt und langen Hosen. In seinen grünen Augen blitze der Kampfgeist auf, als er seine Duelldisk für den Kampf startete, und Siraj ging die ganze Sache mehr als locker an und schien bei ihrem Auftritt vor allem auf Anmut zu setzen.

Siraj spielte eine Art neue Deckart, über die bis jetzt nicht viel bekannt war, die so genannten „Lichtverpflichteten“, während Shiros Taktik eher auf ein Finsternisdeck basierte. Also ein spannender Kampf Licht gegen Dunkelheit.
 

Mehrere Kämpfe liefen parallel, damit man die ungeheure Anzahl an neu hin zugekommenen Studenten schneller einteilen konnte. Nachdem die offiziellen Einweihungsduelle vorbei waren, kam der Direktor erneut auf die Bühne, um eine weitere Ankündigung zu machen. „Nun da alle spannenden Duelle vorbei sind, möchte ich noch eine letzte Ankündigung machen, bevor es in den heute verkürzten Unterricht geht. Ich freue mich, einen neuen Lehrer an dieser Schule begrüßen zu dürfen, Herr Koouzima!“ Bei diesen Worten betrat ein Herr in langem weißem Umhang die Bühne, er hatte dunkelblaues Haar und hellblaue Augen. Demütig verbeugte er sich vor dem Publikum, während Samejima fortsetzte. „Er ist der neue Lehrer für Duellkunst an dieser Akademie. Begrüßt ihn mit dem gebührenden Respekt und Ihnen wünsche ich eine erfreuliche Zusammenarbeit mit unseren Studenten.“ Herr Koouzima ergriff das Mikro und sprach in einer recht ungewöhnlichen melodiösen Stimme: „Ich freue mich persönlich sehr, hier an dieser Akademie arbeiten zu dürfen und auch auf die zahlreichen Schüler, die ich in meinen Kursen sehen werde. Ich hoffe, wir werden zusammen eine gute Zeit haben.“
 

Juudai und die anderen gingen wenig später durch die Gänge des Schulgebäudes zu ihrer ersten Schulstunde in diesem neuen Jahr und tauschten rege ihre Eindrücke über die Neulinge genauso wie über ihren neuen Lehrer. „Also, ich finde der neue Lehrer sieht zumindest nicht schlecht aus“, meinte Rei, „ich finde ihn richtig süß!“ „Naja, hoffentlich bekommen etwas richtiges beigebracht“, sagte Asuka. „Wie fandet ihr denn die Duelle der Neulinge?“, fragte Johan, „also ich fand diesen Shiro nicht übel.“ Juudai war tief in Gedanken versunken und hörte kaum zu, als er auch schon in jemanden hineinlief und plötzlich zu Boden gestoßen wurde. Er hörte einen Aufschrei, und war verwirrt, als er sich auf einmal auf dem Boden wiederfand. „hey, kannst du nicht mal aufpassen?“, fragte ihn eine weibliche Stimme. Er sah auf und in das Gesicht von Siraj Nikoume. Johan und seine Freunde stürzten sich sofort auf Juudai und Johan half ihm sanft wieder auf die Beine zu kommen. Juudai hatte allerdings nur Augen für das Mädchen, das geduldig wartete. „Hey, du bist doch diese Siraj, oder?“ „Ja“, meinte sie, „und du bist Juudai Yuki. Ich habe schon viel von dir gehört. Aber noch mehr von dem berühmten Johan Anderson und seinen Kirstallungeheuern.“ Sie verbeugte sich anmutig vor den beiden Duellanten, während Juudai peinlich berührt aussah und Johan einfach nur grinste. „Nett, deine Bekanntschaft zu machen“, sagte er und streckte dem Mädchen eine Hand aus, um ihr die Hand zu schütteln, die sie dankbar annahm. „Freut mich ebenfalls. Ich bin Siraj Nikoume.“ „Ich weiß, wir haben bei deinem Duell zugesehen. War echt spannend“, sagte Johan, „ich wusste gar nicht, dass die „Lichtverpflichteten“ schon von einem Duellanten gespielt werden.“ „Ja, nun weißt du es und auch noch von wem genau!“, lachte Siraj. Nun stellten sich die anderen vor. „Ích bin Asuka, das da ist Jun, das ist Rei und das dort sind Sho und Kenzan.“ „Freut mich sehr auch euch alle kennen zu lernen.“ Wieder verbeugte sie sich vor ihnen. „Aber, sag mal Siraj, wieso gehst du nicht in den Unterricht?“, fragte Juudai sie. „Dummerchen, sie muss doch erst sehen, was für Kurse sie bekommt“, sagte Asuka, „weißt du nicht mehr, wie es bei deinem ersten Schuljahr war? Erst muss sie in Erfahrung bringen, in welches Haus sie kommt und dann erfährt sie die Kurse und muss natürlich noch in ihr Haus umziehen. Sie hat eh heute dafür frei, um sich in ihr Haus einrichten zu können.“ „Oh Mann, ich will auch frei haben.“ „Nun jammere nicht Juudai, so schlimm wird der Tag doch nicht werden“, sagte Johan optimistisch und klopfte ihm auf die Schulter. „Immerhin haben wir schon einmal jemanden von den Neuen kennen gelernt.“ Dann wandte er sich an Siraj. „Wenn du magst, kannst du den Rest des Tages mit uns verbringen, wir haben heute sowieso verkürzten Unterricht, also könnten wir dir das Schulgelände zeigen und dir beim Umzug helfen.“ „Das ist eine wirklich wunderbare Idee!“, jauchzte Rei. „Wir sind dabei, Soldat! Guter Vorschlag“, sagte Kenzan und nickte zustimmend. Siraj lächelte glücklich, wenn auch scheu, weil es für sie ungewöhnlich war, so schnell schon neue Freunde gefunden zu haben. Dennoch nickte sie. „Also gut, ich verbringe den Tag mit euch.“ „das ist schön und gut, nur kommen wir jetzt zu spät! Beeilt euch!“, drängte Asuka sie und stürzte in den Klassenraum. Dr. Chronos drehte sich wütend zu ihnen um. „Ihr seid schon wieder zu spät, und das ausgerechnet an eurem ersten Tag!“, polterte er.
 

Später führte Johan sie alle um das Schulgelände und Siraj bekam die ein oder andere Anekdote erzählt, die sie mit dem oder dem Ort verbanden. Da gab es die verlassene Unterkunft, über die Fubuki und Asuka einiges zu erzählen wussten, oder die Kantine, die natürlich Juudais Spezialgebiet war, oder die Ausgrabungsstätte, über die Kenzan am besten Bescheid wusste. Doch Siraj musste eine weitere Verlängerung des Rundganges leider abbrechen: „Tut mir leid, aber ich habe ein wichtiges Treffen für alle Neulinge, dass ich auf keinen Fall verpassen darf, denn es werden uns die Ergebnisse mitgeteilt und ich erfahre, in welches Haus ich komme!“ „Ja, dann geh nur. Du findest doch den Weg zum Raum, oder? Oder ich kann dich begleiten, was hälst du davon?“ „Danke Asuka“, sagte Siraj erleichert, und Asuka verabschiedete sich von den anderen: „ Ich komme gleich wieder, ok?“ Dann verschwand sie mit Siraj. Die anderen Freunde fingen an sich zu fragen, was sie mit dem Abend anfangen sollen. „Habt ihr heute schon etwas vor?“ „Das nicht, aber übermorgen soll doch die Neulingsparty sein, oder? Der Eröffnungsball...“, erinnerte sich Kenzan. „Ach ja... mist, da muss ich zusehen, dass ich etwas schickes finde“, meinte Fubuki, „aber ansonsten habe ich heute abend noch nichts vor, nein.“ Johan allerdings zögerte nicht lange und fragte Juudai: „Was hälst du davon, wenn wir uns alle heute abend treffen und mal reden? Über alles, und uns einander nichts mehr verschweigen? Auch nicht, was in der dunklen Welt passiert ist. Ich will nicht mehr länger darüber schweigen...“ Doch Juudai zeigte sich dem Vorschlag gegenüber sehr verhalten. „Ich weiß nicht, Johan. Ich habe nichts dagegen, dass wir uns heute abend alle treffen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich darüber bereits reden kann.“ „Mach dir keine Sorgen darüber, Aniki!“, sagte Sho, „wir können auch über andere Dinge reden wenn du magst!“ „Sho hat recht, Juudai. Und, was meinst du?“ „Na gut“, stimmte er schließlich zu, „gerade dir kann ich gar nichts abschlagen, Johan!“ Juudai lachte und sah in den Himmel. Wie sollte sich das alles klären? Was sollte er seinen Freunden sagen und was sollte er als Geheimnis zwischen ihm und Yubel behalten? Ach ja, Yubel... er sollte vielleicht mal nachsehen, wie es ihr wohl geht. „Entschuldigt mich bitte, aber ich habe noch kurz eine Sache zu erledigen. Wir sehen uns dann heute abend in Slifer Red, ok?“ „Ja, bis dann!“ Er winkte ihnen noch kurz zu, dann rannte er in Richtung Kantine.
 

„Yubel... da bist du ja!“, meinte Juudai glücklich, als er sie schließlich hinter dem Haus von Slifer Red fand, als sie sich gerade etwas sonnte. „Hallo Juudai!“, jauchzte sie glücklich, „ich bin so froh dich wieder zu sehen!“ „ach, so lange war ich gar nicht weg gewesen.“, sagte er mit einem Achselzucken. „Schon, für mich... war es aber wie eine Ewigkeit.“ Juudai wurde bei ihren Worten rot. „Hör mal Yubel...“, meinte er, als er eine Tasche von seiner Schulter herunter gleiten ließ, „Ich habe bemerkt, dass ich dir gestern Abend nichts zum essen angeboten habe, du musst doch bestimmt wahnsinnig hungrig sein, oder? Ich habe dir deshalb etwas aus der Kantine mitgebracht.“ Aus der Tasche holte er auf einmal in Aluminiumfolie gewickelte Brötchen. „Hier, probiere mal die hier!“, sagte er mit einem süßen Lächeln und drückte eine davon in Yubels Hand. Sie blickte erstaunt auf das Brötchen, und sah dann Juudai an, dann wieder das Brötchen. So sehr sie das rührte, aber es gab da ein Problem. Wie erklärte sie ihm das nur? „ehm, Juudai... weißt du was? Ich glaube ich muss dir etwas erzählen..“ „Ja, nur zu“, antwortete er und setzte sich zu Yubel, „aber iss erstmal.“ „Ok“, meinte sie, wickelte das Brötchen aus, und nahm sich einen Bissen. Es schmeckte ganz gut, besser als erwartet. „Was wolltest du mir sagen?“, fragte Juudai sie als sie so stillschweigend war. „ach nur, dass ich eigentlich nichts essen muss, und ich trotzdem nicht verhungere. Ich bin kein menschliches Wesen, Juudai. Ich kann nicht von dem leben, was ihr Menschen zu euch nehmt, euer Essen nährt mich nicht. Ich brauche Dunkelheit, sie alleine nährt mich.“ „Dunkelheit? Reicht die Dunkelheit, wie du sie nachts siehst?“ „Ja, aber je reiner die Dunkelheit, desto besser für mich. Wenn der Mond scheint, oder die Sterne, dann ist es von Licht verunreinigte Dunkelheit, und die nährt mich nicht so gut wie wirklich lichtfreie Dunkelheit.“ „Ach, deswegen hast du also in der Vergangenheit die Dunkelheit in den Herzen der Menschen gesammelt.“ „Ja“, sagte sie und nickte. Yubel hielt kurz inne und sah Juudai an, der ein besorgtes und nachdenkliches Gesicht machte. „Was ist denn los, Juudai? Du siehst so besorgt aus.“ „Yubel, ich muss mit dir über etwas wichtiges reden. Ich weiß ehrlich nicht, wie es weiter gehen soll.“ Er seufzte kurz und hielt inne bevor er fortfuhr: „Ich weiß nicht, ob ich es ihnen nicht einfach sagen soll.“ Der Hermaphrodit brauchte eine Weile bis sie verstand, was er meinte: „Du meinst sicher deine Freunde, nicht wahr? Nun, wenn du es für richtig hältst, dann sag es ihnen. Sag ihnen, dass das Licht der Zerstörung hier ist und sie sich in Acht nehmen müssen. Wenn du glaubst, es würde sie so besser schützen, dann musst du es ihnen sagen.“ „Aber ich kann das nicht!“, schrie Juudai auf und stand auf einmal auf seinen Beinen; Yubel zuckte zusammen. „Ich will sie nicht damit belasten, schon gar nicht so kurz nachdem wir das alles in der dunklen Welt noch gar nicht richtig verarbeitet haben. Ich sehe doch, wie sehr sie es vergessen wollen, alles was dort passiert war. Ich wünschte ich könnte es auch vergessen...“, murmelte er gedankenverloren. „Und ich bin schuld daran....“, flüsterte Yubel düster, als Juudai sich ruckartig zu ihr umdrehte und sah wie sie leidend auf den Boden starrte. „Juudai, sag mir, wirst du mir jemals dafür vergeben können? Werden deine Freunde mir vergeben können? Wird Sho es tun können, der mich gesehen hat?“ „Ich weiß es nicht.“ Er wusste es nicht, wirklich nicht. Und schon gar nicht, ob sich Yubel jemals seinen Freunden zeigen konnte. „Heute Abend wollen sie hierher kommen, und wir wollen alle einfach mal reden“, erzählte Juudai. „Dann wünsche ich euch viel Spass.“, meinte Yubel gekränkt und wandte sich ab. Der braunhaarige Junge wollte sie gerade noch festhalten, aber sie hatte sich schon mit ihren mächtigen Schwingen in die Luft erhoben. Er rief ihr noch hinterher: „Warte Yubel!!! Bleib doch hier!“ Doch sie war schon Richtung Wald verschwunden und hinterließ einen verdutzten Juudai. Er sah auf seine Hand, die er gerade noch nach Yubel ausgestreckt hatte. So sehr ihn die Erfahrungen in der dunklen Welt auch zugesetzt haben mögen und so sehr ihn das Wissen, dass er bald dem Licht gegenüber stehen würde auch erdrücken mögen, so hatte er ehrlich gesagt bis dahin gar nicht gedacht, wie sich Yubel bei alledem fühlen mag. Sie muss auch darunter leiden, was sie erlebt hat, oder? Aber vor allem Dingen muss das Wissen, dass ihr nicht so leicht vergeben werden kann sie unendlich belasten. Juudai wusste genau, dass die Seelenfusion und die anschließende Trennung von Juudais Seele ihr ebenfalls zugesetzt haben mussten. Wie enttäuscht muss sie wohl darüber gewesen sein, als sie dazu gezwungen wurde, ihre Seele von der Juudais zu trennen? Es hieß für sie ihren Lebenstraum aufzugeben für eine Mission, die nur schwer zu erfüllen ist. Es hieß für sie, ihren Platz an Juudais Seite aufzugeben und sich der Gefahr auszusetzen, ihn erneut verlieren zu können.

„Yubel...“, flüsterte Juudai leise, „ich weiß, wie du dich fühlen musst. Wir hatten unsere Seelen vereinigt, wie kannst du da nur denken, dass ich nicht weiß wie du dich fühlst?“

Der Wunsch nach Vergebung

-Kapitel 5: Der Wunsch nach Vergebung -
 

Juudai kam völlig nachdenklich und aufgewühlt die Treppe zu seinem Zimmer bei Slifer Red hoch, als Sho ihn am Ende der Treppe überraschte. „Aniki, wo warst du?“ „Sho! Ich...“ „Was ist denn los?“ Sie sahen sich beide in die Augen und Sho wurde auf einmal klar, was vorgefallen sein könnte. „Du warst bei Yubel, oder?“ Juudai erschrak und ihm wurde auf einmal bewusst, dass Sho ja wusste, dass Yubel hier war. Also gab er es gleich zu: „Ja, es stimmt.“ „Und?“, fragte der kleine Blauhaarige nach: „Was ist denn passiert?“ „Ich...“ Doch Juudai stockte das Wort. Was sollte er schon sagen? Mit den Gedanken war er weit weg, in der fernen Zukunft, vor der er sich so fürchtete. „Aniki..“ Sho ging zu ihm und legte eine Hand auf seine Schulter, „komm erstmal herein. Dann reden wir erstmal. Du weißt doch, dass du mir alles erzählen kannst.“ Sho leuchtende Augen, als er seinen Bruder ansah, trösteten Juudai irgendwie und er musste lächeln. Sho zog seinen großen Bruder sanft in ihr gemeinsames Zimmer herein, schubste Juudai sanft aufs Bett und setzte sich selbst auf einen freien Stuhl. „Also, erzählst du mir jetzt was los ist?“, fragte er mit einem Grinsen. „Hm, ok..“, meinte Juudai und begann zu erzählen: „Du weißt ja, dass Yubel hier ist, weil sie mich nach hause begleitet hat... nun, ich kann dir sagen, dass sie ziemlich wütend auf mich ist...“ „Aber wieso?“ „hm... nun... das ist schwer zu erklären... Sho, ich muss dich etwas fragen..“ Juudai zögerte, war doch die folgende Frage, die er seinem kleinen Bruder stellen wollte alles andere als leicht, denn sie zu stellen war es wovor er sich die ganze Zeit gefürchtet hatte. „Sho... wie denkst du darüber, dass Yubel auch hier ist? Belastet es dich irgendwie, zu wissen, dass sie hier ist?“ „hm...“Sho überlegte kurz, dann sagte er: „Ich weiß es nicht. Aber wenn du in der Lage warst, ihr zu vergeben und ihr euch wieder vertragen habt, so wie du es mir erzählt hast, dann verstehe ich nicht, wieso Yubel sich nicht längst mal hier gezeigt hat. Wenn du es für richtig hältst, Aniki, dann halte ich es auch für richtig. Wenn du in der Lage bist ihr zu vergeben, dann bin ich es auch. Und schließlich sind wir am Ende doch alle hier, oder? Nun sitzen wir doch hier, obwohl all diese schrecklichen Dinge passiert sind. Also werden wir auch in der Lage sein, ihr zu vergeben... nur braucht es dazu wahrscheinlich etwas mehr....Zeit....“ Juudai sah Sho überrascht an. Er hatte eine Antwort von ihm erwartet, aber das was er da gerade zu hören bekommen hat, war nicht, was er erwartet hatte, und es war eine positive Überraschung. Aber seine Freude bekam einen Dämpfer, als er an Johan dachte. Wäre er denn dazu fähig Yubel zu vergeben? Ihm hat sie am meisten angetan.

„Liegt es daran, dass ihr euch gestritten habt?“, fragte Sho auf einmal. Der Braunhaarige schreckte auf und gab sofort zu: „Ja...Yubel tut es schrecklich Leid, was sie getan hat, aber sie ist sich sicher, dass ihr nicht vergeben werden kann. Und da gibt es noch etwas, noch ein Problem dass wir zu bestehen haben....“ „Und das wäre?“ „Das kann ich dir nicht sagen... noch nicht...“ „Ich verstehe... aber wenn du das nächste Mal mit Yubel redest, dann sag ihr, dass ich zumindest nichts dagegen habe, wenn sie hier vorbeikommt.“ Der kleine Blauhaarige stand auf, holte sich Kekse aus der Küche und bot Juudai welche an, und er nahm sich dankbar einen aus der Dose. „Aniki... ich mache mir Sorgen um dich... du bist so anders geworden, seit du zurück gekommen bist, du bist so viel nachdenklicher und zurückgezogener als früher. Irgendetwas muss dich sehr belasten. Lass es lieber raus, bevor es dich zu sehr belastet, wirklich...“ „Wann kommen denn die anderen?“ „oh, in ein paar Minuten. Aber bis dahin...“ Juudai stand auf, und sah aus dem Fenster, in der Hoffnung vielleicht Yubel in der Dunkelheit der Nacht zu erspähen. Aber er wurde bitter enttäuscht. Er wusste nicht warum, aber irgendwie wollte er sie in seiner Nähe haben, jetzt in diesem Augenblick, sie wissen lassen, dass wenigstens einer seiner Freunde bereit war, ihr zu vergeben. Vielleicht würde sie das etwas aufmuntern. Er wollte doch gar nicht so klingen, als ob er ihr für alles noch immer die Schuld geben würde, es war ein Versehen gewesen. Auf einmal hatte er das Bedürfnis, in den Arm genommen zu werden.

Und plötzlich spürte er eine Umarmung von hinten. Es fühlte sich so warm an, und als er sich umdrehte, fand er sich den Armen von Johan wieder, der nun zufrieden lächelte. „Hallo, Juu!“, grinste er, „du siehst so traurig aus, was ist nur mit dir los?“ „Ich war gerade dabei, das herauszufinden“, meinte Sho beiläufig, „aber ich bin nicht sehr erfolgreich gewesen.“ Juudai spürte, wie es ihm heiß und kalt dem Rücken hinunterlief. Die Berührung von Johan ließ ihn erzittern, und er konnte sich nicht erklären warum, und auch nicht, wieso er sich wünschte, dass er ihn am besten nicht mehr loslässt. Er legte auf einmal seine Arme um Johan, und sah wie sein Kuriboh und Ruby die beiden neugierig und zufrieden anschauten und sich auch gegenseitig zulächelten. „Tja, mal sehen, ob ich mehr Erfolg habe“, lachte Johan, sah Juudai in die Augen, und lächelte noch mehr. „Mir wirst du doch alles verraten, oder?“ Juudai lächelte zurück. „Wer weiß?“, meinte er glücklich. „Ich denke wir sollten endlich wieder mal ein Duell spielen, ich hatte ja bisher noch gar keine Gelegenheit, mit meinem Regenbogendrachen gegen dich zu spielen.“ „Stimmt, seit du ihn bekommen hast, hast du ihn noch im Duell gegen mich ausgespielt.“ „Ja, aber wen wunderts, wenn wir bisher nicht gegeneinander spielen konnten? Wir waren einfach zu lange voneinander getrennt, sogar durch verschiedene Dimensionen...“ Johan löste seine Umarmung von Juudai und sein Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. „Juudai, du hast uns noch gar nicht erzählt, was mit Yubel geschehen ist.“ „Das würden wir auch gerne wissen!“, sagten noch ein paar andere Stimmen, als Asuka, Rei, Kenzan, Jun und Fubuki hereinkamen. „wow, Leute, schön euch alle zu sehen!“ Als Juudai sie alle begrüßte, merkte er, wie noch jemand gekommen war, ein verschüchtertes Mädchen, Siraj. Sie sah sich nervös um, als ob ihr alles unangenehm wäre und sie gar nicht erst hatte herkommen wollen. Juudai begrüßte sie zuerst, indem er ihr seine Hand hinhielt. „Willkommen in der Unterkunft von Slifer Red!“ Sie sah überrascht auf ihn und auf seine Hand, dann nahm sie an und schüttelte seine. „Danke sehr, Juudai. Und sorry, wenn ich so nervös bin...“ „Macht doch nichts, Siraj. Fühl dich einfach ganz wie zuhause.“ „Ich versuche mein Bestes.“ Er führte sie in das Zimmer herein, wo alle anderen bereits Platz genommen haben. Sho stand auf und drehte etwas Musik auf, während die anderen Knabbergebäck auspackten, einfach alles, was man sonst für eine Party oder ein lustiges Zusammensein brauchte. „So, nun da ihr alle startbereit seid...“ „Also, Juudai, wirst du uns endlich diese Frage beantworten? Was ist denn aus Yubel geworden? Und wo warst du gewesen?“ „Nun, das ist eine lange Geschichte... ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll...“ „Fang einfach dort an, wo wir sie nicht mehr mitbekommen haben. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir verschwunden waren.“ „Und ihr habt noch mitbekommen, was aus O`Brien und Jim passiert ist oder das ich der oberste König gewesen bin?“ „Ja“, meinte Sho, aber die anderen verneinten das mit einem Kopfschütteln. „Dann kann ich ab da anfangen, oder?“, fragte Juudai nach. Aber Siraj sah ihn nur mit einem verständnislosen Blick an, weil sie nicht verstehen konnte, wovon sie alle eigentlich sprachen, denn sie hat das alles auch nicht miterlebt. „Könnt ihr mir sagen, von was zum Kuckuck ihr da alle redet?“ Rei klärte sie auf: „Nimm es einfach als eine Art Geschichte an. Wir haben alle ein Abenteuer erlebt und bis heute nicht alles mitbekommen. Unser Juudai hier weiß wie sie weitergeht, und wir nicht, also versucht er sie uns zu erzählen.“ „Und was zur Hölle ist dann der oberste König? Und was ist ein Yubel?“ „Nicht ein Yubel, Yubel!“, korrigierte Juudai sie, „sie ist eine Person.“ „Ach“, machte Siraj und beschloss, erstmal zuzuhören. Und dann begann Juudai sie zu erzählen,. Seine Geschichte des Leidens und der Schuld. Aber er war nicht alleine in diese Schuld verstrickt, sondern noch Johan, und alle seine Freunde. Der Feind in dieser Geschichte war ein Hermaphrodit namens Yubel, die noch mehr war als ein Mensch, denn irgendwie war sie sowohl menschlich, als auch drachenähnlich, als auch wie eine Dämonin. Alle hörten gespannt zu, als er sich langsam dem Ende der Geschichte nährte.

„Und dann, gerade als ich dabei war zu gewinnen, sah ich auf einmal ihre Erinnerungen von früher. Und...“ „Was und? Erzähl weiter!!“ Juudai stockte, wusste er nicht, ob er so etwas persönliches preisgeben wollte, aber war die Macht der Worte den nicht dazu fähig, ihm zu helfen, alles zu umschreiben? „Ich erinnerte mich wieder an die Zeiten, die ich mit ihr verbracht habe, und aus ihren Erinnerungen wurde mehr als deutlich, dass sie alles nur aus Liebe zu mir getan hat. Sie wollte wieder bei mir sein, und mich glücklich sehen, hat aber durch ihre Zeit im Weltall gedacht, dass ich nur glücklich sein kann wenn ich leide, weil auch sie glücklich war als sie oben durch mich litt.“ „Ha!“, machte Johan, „ich wusste, dass sie mehr als krank ist!“ „Nein“, meinte Juudai, „ich war doch in erster Linie schuld daran, weil ich sie weggeschickt habe oder? So wie ich schuld daran war, dass ich euch so etwas angetan habe.“ „Nein, mach dir keine Vorwürfe, Juudai!“, sagte Johan, „du warst es doch nicht, der uns das angetan hat, sondern Yubel!“ Juudai machte es verärgert, dass Johan nicht sehen wollte, dass es wirklich seine Schuld war, und nicht die des Hermaphroditen. „Egal, wessen schuld es war, aber was ist aus Yubel geworden?“ „Nun, sie...sie... sie lebt auf jeden Fall noch und ... lebt nun glücklich und zufrieden in der anderen Dimension.“ Alle schauten überrascht und entsetzt auf. Asuka räusperte sich und sagte: „Juudai, versuche uns nicht für dumm zu verkaufen, lass die Scherze und sag endlich die Wahrheit!“ „Nein, wirklich, ich weiß nicht wo sie ist, aber ich weiß, dass ich sie am Leben gelassen habe.“ „Tja, da sieht man mal wieder, du bist einfach zu sanft!“, meinte Jun, „Wenn ich sie in die Finger bekommen hätte, dann wäre ich nicht so gnadenvoll gewesen.“ „Aber... wenn sie noch am Leben ist, dann heißt es doch, dass sie jederzeit wieder hier auftauchen und wieder für Ärger sorgen kann!“, flüsterte Rei entsetzt. „Moment mal!“, erwiderte Siraj: „ihr habt mir doch erzählt, dass alles sei nur eine Geschichte gewesen!“ „Ja“, grinste Johan, „eine Geschichte basierend auf einer wahren Begebenheit!“ Siraj sah sie alle entsetzt an, dann jedoch hämisch: „Ihr seid doch alle krank! Von wegen andere Dimension! Von wegen weggesperrt in anderen Welten! Ihr gehört doch alle in die Klapse!“ Juudai sah sie an, genauso wie alle anderen, dann sagte Asuka: „Ja, es mag sich für dich so anhören, als wären wir alle krank, aber für uns ist es alle bittere Realität. Das alles ist erst vor kurzem passiert und wir sind noch nicht darüber hinweg.“ „Da gibt es aber eine Menge über das ihr hinwegkommen müsst!“, meinte Siraj leise und stand auf: „Ich sehe schon, es ist reine Zeitverschwendung gewesen, hierher zu kommen. Stattdessen hätte ich mich auf den Schultag morgen vorbereiten können. Nichtsdestotrotz hat es mir Spass gemacht. Juudai, du kannst wirklich gute Geschichten erzählen, nur bitte... du solltest aufhören daran zu glauben, dass sie wahr sind. Und vor allen Dingen deinen Freunden Glauben zu machen, dass sie es sind.“ Damit nahm sie ihre Jacke vom Ständer und wollte in die Dunkelheit der Nacht hinausgehen, als Rei sie mit der Frage aufhielt: „In welches Haus bist du denn eigentlich gekommen?“ Siraj drehte sich um: „Ich bin in Obelisk Blue!“ Johan ließ einen Pfiff vernehmen: „wow, Obelisk Blue, nicht schlecht!“ Das Mädchen wurde rot: „Danke schön.“ „Bleibe doch noch ein wenig!“, bat sie Rei. „Nein, wirklich, ich muss gehen, ich habe noch etwas wichtiges zu erledigen. Wer weiß, vielleicht machen wir wieder so einen lustigen Abend? Nur versprecht mir bis dahin, nicht mehr so sehr an eure Geschichten zu glauben. Ihr riskiert damit eure psychische Gesundheit.“ Sie machte eine letzte höfliche Verbeugung vor allen und ging dann zur Tür hinaus.

„wow, endlich mal jemand, der ausspricht, was ich schon immer gedacht habe!“, meinte Jun, „ich habe euch auch immer für verrückt gehalten.“ „Ach, vergiss nicht, dass du auch zu unserem verrückten Haufen hier gehörst!“, sagte Asuka, „wobei Siraj nicht unrecht hat, es klingt alles hanebüchen für jemanden, der das alles nicht selbst miterlebt hat. Ich hätte es an ihrer Stelle wohl auch nicht geglaubt.“ „Und ich wünschte, es wäre alles einfach nicht passiert!“, meinte Juudai bitter, „mir ist jetzt noch viel klarer geworden, wie ungewöhnlich mein Leben doch ist.“ „Nicht nur deines“, sagte Johan.
 

Yubel atmete tief durch und ging gedankenverloren durch den Wald der Insel. Sie wusste nicht wie es weiter gehen sollte. Sie konnte nicht die ganze Zeit bei Juudai sein, um ihn zu beschützen und schon das alleine regte sie auf. Was wollte sie eigentlich wirklich? Vergebung für ihre Sünden, das war es was sie am liebsten wollte. Damit sie wieder bei Juudai sein konnte, unbehelligt und sich nicht schlecht fühlen musste. Obwohl, war es nicht einfach lächerlich wie sie dachte? Wenn sie bei ihm sein wollte, sollte sie einfach zurück gehen und durch die Tür zu seinem Zimmer spazieren, immerhin war das ihr gutes Recht! Erst recht, wenn das Licht der Zerstörung hinter Juudai her war, denn da muss sie wirklich ihr möglichstes tun, damit ihrem Geliebten nichts passiert.

Yubel sah auf. Sie war am Rande der Insel, und eine Klippe ging steil ins Meer. Sie ging langsam an den Rand der Lichtung als ihr auf einmal ein seltsames Leuchten auffiel. Ein Licht schien dort hinter den Bäumen ganz hell. Ihre Augen verengten sich. War es nicht das Licht der Zerstörung?

Vorsichtig ging sie nahe ran, doch das Licht verblasste schnell und verschwand ins Leere und als sie genau hinsah, fand sie nichts. Yubel beunruhigte das, aber solange dieses Licht nicht in die Nähe von Juudai kam, war alles gut. Sie beschloss, sofort zu Slifer Red zurück zu gehen. Sie bemerkte nicht, wie eine Person in den Bäumen auf sie hinunter blickte, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. „Yubel, der traurige Drache, habe ich dich endlich gefunden“, flüsterte die Person leise.
 

„Juudai, warte!“ Johan lief Juudai hinterher, der gerade in der Dunkelheit der Nacht zu einem Spaziergang aufbrechen wollte. „ich finde, du solltest nicht alleine durch die Nacht gehen“, meinte der türkishaarige Junge, „mir behagt der Gedanke nicht, was wäre wenn Yubel plötzlich auftaucht und dir etwas antut?“ „Johan, du musst dir keine Sorgen machen, wirklich! Alles ist gut.“ „Nein, nichts ist gut! Was soll das? Du musst besser auf dich aufpassen, erst recht da wir wissen, dass Yubel noch am Leben ist!“ Juudai drehte sich ruckartig zu Johan um: „Jetzt hör aber auf! Yubel ist am Leben, ja, aber sie würde mir niemals schaden wollen! Wir haben alles zwischen uns geklärt!“ „Bist du sicher, Juudai?“ Der Braunhaarige schnaufte. „Ja, ganz sicher. Ich brauche keine Angst mehr vor ihr zu haben.“ Johan nickte schweigend, fuhr aber nach einer Pause fort: „Und wieso scheinst du dann so unter Druck zu stehen? Juudai, leugne nicht. Irgendetwas ist doch los, und du sagst es mir einfach nicht. Obwohl du ganz genau weißt, dass du mir alles anvertrauen kannst.“ „Johan...ja, ich weiß es doch, und ich sage es dir gewiss nicht, weil ich dir nicht vertraue oder so. Ich... sagen wir einmal, du wüsstest, dass du in der nächsten Zeit höllisch aufpassen musst, weil sonst etwas schlimmes passiert. Du möchtest nicht, dass deinen Freunden etwas zustößt, also hast du keine andere Wahl, als das Geheimnis für dich zu bewahren...“ Doch Juudai schreckte zurück, als er merkte, dass er bereits zu viel verraten hatte, denn Johan sah ihn erschrocken und besorgt an. „Was weißt du, was wir nicht wissen dürfen? Juudai, wird etwa etwas passieren? Ist ein neuer Feind aufgetaucht? Wenn ja, dann müssen wir ihn gemeinsam bekämpfen! Juudai, du weißt doch, dass ich immer bei dir sein werde. Genauso wie alle deine Freunde. Wir alle werden dir beistehen!“ „Nein! Ihr könnt mir dabei nicht beistehen. Es ist etwas, was nur ich tun kann. Ich möchte euch außerdem nicht in Gefahr bringen. Bitte, haltet euch da raus, es ist zu eurem Besten. Ich könnte es nämlich nicht ertragen, wenn euch noch so etwas wie in der dunklen Welt passiert. Das ihr verletzt und dazu benutzt werdet, nur weil ihr mir nahesteht. Besonders du.“ „Und dieser Feind ist nicht Yubel?“ „Nein.“ „Da wundere ich mich aber wo sie ist, wenn sie dir ewige Liebe geschworen hat.“, meinte Johan geringschätzig und sah sich gespielt nach ihr um. „Es sei denn sie ist schon längst hier.“ Juudai sah weg, noch immer besorgt und traurig. Aber Johan munterte ihn auf: „Aber danke, dass du es mir wenigstens etwas gesagt hast. Ich werde in Zukunft auch die Augen aufhalten, und wenn mir etwas verdächtiges auffällt, dann sage ich dir Bescheid, ok? So, aber nun muss ich zurück zu Obelisk Blue. Wir sehen uns morgen im Unterricht wieder, ja? Und jetzt geh wieder zu Sho zurück. Steh hier nicht zu lange in der Dunkelheit herum.“ Johan winkte ihm zu und lief Richtung Obelisk Blue.

Yubel sah gerade noch, wie Johan weggegangen war, als sie aus dem Unterholz heraus auf Juudai zukam. Er drehte sich zu ihr um und bemerkte sie. Yubel schwieg nur, als sie Juudai anschaute, doch dann fragte sie leise in ihrer weiblichen Stimme: „Das war doch Johan, nicht?“ Juudai nickte: „Ja, das war er.“ „Und worüber habt ihr geredet?“ Der Braunhaarige schwieg und Yubel deutete dieses Schweigen falsch. „Bestimmt über eure Gefühle füreinander, oder?“ Sie sah weg und wandte sich zum Gehen, „dann störe ich dich besser nicht.“ Juudai hielt sie jedoch am Arm fest und hinderte sie so am Weggehen. „Warte, Yubel!! Von was zum Teufel sprichst du da?“ „Oh Juudai, du hast mich schon richtig verstanden. Willst du mich für dumm verkaufen? Ich weiß doch, dass ihr beide etwas füreinander empfindet!“ Ihr Blick war erst verärgert und wütend, wurde dann aber traurig. „Nun, ich kann dich nicht daran hindern mit ihm zusammen zu kommen, wenn du das wirklich willst...“ „Yubel, nein!! Warte, hör mir doch bitte zu!!“, flehte Juudai verzweifelt, doch Yubel versuchte sich von seinem Griff zu lösen. „Lass mich los!“ „Nein, Yubel!“, schrie Juudai auf und warf sich in die Arme der verblüfften Yubel, „ich habe nach dir gesucht, weil ich mir Sorgen um dich mache und ich werde nicht zulassen, dass du jetzt gehst!!“ „Juudai, oh Juudai...“, machte Yubel und legte ihre Arme um ihn, um ihn noch mehr an sich zu drücken. Der Junge ließ das alles schweigend zu und presste sich noch mehr an sie, um ihr noch näher zu sein. Er wusste nicht warum, aber ihre Wärme zu spüren verursachte bei ihm ein warmes Gefühl, dasselbe Gefühl, das er zuvor gespürt hatte, als Johan in seiner Nähe war und ihn umarmt hatte. Was war das nur für ein Gefühl? Er erinnerte sich daran, so etwas schon einmal gespürt zu haben, doch wo und wann war das gewesen?

Yubel seufzte auf und ließ ihn wieder los, doch Juudai verspürte dabei mit einem Mal das Bedürfnis, noch länger in ihren Armen zu verweilen. „Du solltest in dein Haus zurückkehren, Juudai.“, meinte Yubel nur, „es ist spät und du solltest schlafen gehen.“ „Nein, noch nicht. Nicht bevor ich dir nicht noch etwas wichtiges gesagt habe. Du kannst die Nacht nämlich heute bei uns verbringen. Ich habe mit Sho geredet, und er hat gesagt, dass du ruhig kommen kannst.“ Das erstaunte den Hermaphroditen sehr. „Und es geht wirklich in Ordnung? Ich meine, ich werde ihn nicht stören?“ „Nein und außerdem fühle ich mich wohler, wenn ich weiß, dass du bei uns bleiben kannst und nicht draußen in der kalten Nacht schlafen musst.“ Yubel sah ein, dass es eine gute Idee sein könnte, weil sie ihn dann besser beschützen kann, also beschloss sie, Juudais Vorschlag anzunehmen.

An der Tür zu ihrem Zimmer klopfte es und Sho sah von seinem Schulheft auf, um „Herein!“ zu rufen. Als die Tür aufging, standen dort Juudai, aber noch eine Person hinter ihm. Shos Augen weiteten sich, als er eine etwas verschüchtert aussehende Yubel erblickte, die demütig an Juudais Seite durch die Tür ging. Juudai lächelte breit und meinte nur: „So, Sho.. ich habe sie mitgebracht, so wie du gesagt hast. Sie wird die Nacht hier verbringen.“ Sho konnte nicht anders, als noch verblüffter zu schauen, als er Juudais Worte hörte. Er hatte es also tatsächlich getan und seinen Vorschlag so ernst genommen, dass er ihn sofort in die Tat umgesetzt hatte?

Yubel sah den Kleinen Blauhaarigen an, machte dann eine Verbeugung vor ihm und sagte leise: „Ich danke dir, dass du es erlaubst, die Nacht hier bei Juudai zu verbringen. Das bedeutet mir sehr viel. Insbesondere weil ich weiß, dass ich dir und deinen Freunden so viel Schlimmes angetan habe. Was mit deinem Bruder passiert ist tut mir ebenfalls leid. Ich hoffe du kannst mir vergeben, aber ich weiß auch, dass es nicht so einfach und vor allem nicht so schnell gehen wird.“ Sho sah abwechselnd auf den grinsenden Juudai und die schüchterne Yubel und der Anblick kam ihm unwirklich vor. Dann stand er vom Bett auf, und ging auf Yubel zu, um ihr seine Hand zu reichen. Der Hermaphrodit sah auf und nahm seine Hand an. Sho lächelte auf. „Willkommen, Yubel. Ich bin Sho, falls du es nicht schon längst weißt. Ich habe nichts dagegen, wenn du die Nacht hier verbringen willst, aber du hast Recht mit dem was du bereits gesagt hast: ich werde dir nicht so schnell vergeben können für das was geschehen ist, aber wenn du bereit bist, etwas länger zu warten, dann könnte es eines Tages so weit sein.“ Yubel lächelte ebenfalls auf. „Ich kann dir nicht genug für deine Güte danken, Sho“, sagte sie glücklich. Juudai sah sich die ganze Szene schweigend an und konnte nicht anders als sich in dem Moment glücklich zu fühlen. Sein bester Freund und sein Seelenpartner freundeten sich an. Es sah ganz nach einem Neubeginn für alle aus.

Der neue Lehrer

-Kapitel 6: Der neue Lehrer-
 

„Aber Juudai, du musst doch zugeben, dass wir nicht genug Platz für drei Leute hier haben.. wo bitte schön soll Yubel schlafen?“, fragte Sho zweifelnd, als er sich im Zimmer nach einem möglichen Platz umsah. „Oder willst du mir sagen, dass du mit ihr in einem Bett schlafen willst?“ Juudai errötete bei diesen unerwarteten Worten seines kleinen „Bruders“ völlig. Yubel sah sie neugierig an, und wurde auch leicht rot bei dem Gedanken, und ehrlich gesagt hätte sie nichts dagegen gehabt. Doch sie erwiderte, wohl weil sie daran gewöhnt war, Juudai so wenig Probleme wie möglich zu bereiten: „Es ist schon ok, ich kann einfach hier auf dem Boden schlafen. Macht euch keine zu großen Umstände, ich komme schon zurecht. Es reicht mir, dass ich überhaupt hier sein darf. Mehr brauche ich nicht.“ „Meinst du wirklich, Yubel?“ Sie nickte: „Ja Juudai. Ich bin kein Mensch und somit kann ich behaupten, dass ich nicht unbedingt die Segen der Zivilisation brauche, so wie ihr. Ich brauche kein warmes Bett zum Schlafen, mir reicht fester Boden.“ „Aber es ist einfach unhöflich und zeugt nicht von Gastfreundlichkeit.“, meinte Sho. „Nein, nein, macht euch keine Gedanken um mich. Geht lieber schlafen.“ „Na gut, wenn du meinst Yubel... komm Sho, putzen wir uns noch schnell die Zähne.“ „Gut.“ Beide gingen hinaus, und Yubel sah ihnen neugierig hinterher und setzte sich dann schweigend auf den Boden. Wenig später kamen sie zurück, bereits in Nachthemden angezogen, und bereit zum Schlafen. Yubel hat es sich so gut es ging auf dem Boden zurecht gemacht, und ihre Flügel so aufgespannt, dass sie sie als warme Deck benutzen konnte. Sie schien schon zu schlafen, weil sie ihre Augen geschlossen hatte, aber dann traf sie etwas schweres, und doch weiches und weckte sie wieder. Sie öffnete ihre drei Augen und sah Juudai und Sho mit Decken in den Händen. Juudai lachte, und Yubel stellte fest, dass das was sie gerade getroffen und geweckt hatte, eine warme Decke war. „Yubel, wir können dich doch nicht einfach so auf dem Boden schlafen lassen. Hier, nimm die!“ Sie blickte sie verdutzt an. „Danke“, flüsterte sie leise. Sho löschte das Licht, als sie in ihre Betten krochen und Yubel damit fertig war, sich aus einem Kissen und den Decken auf dem Boden ein Bett zu machen. „Gute Nacht ihr beiden!“, meinte Sho. „Gute Nacht!“, wünschten Yubel und Juudai zurück.

Es dauerte nicht lange, dass Sho und Juudai eingeschlafen waren. Yubel jedoch konnte nicht schlafen, stand auf und ging langsam auf Juudais Bett zu, um einen Blick auf ihre schlafenden Geliebten zu erhaschen. Als sie ihn so sah, wie er schlief, tief gefangen im Reich seiner Träume, fühlte sie Wehmut, aber doch gleichzeitig Glück. Wehmut, da es sie an vergangene Tage erinnerte, als er noch klein war, und sie ihn genauso beobachtete, wenn er schlief, in diesem Leben wie schon in dem davor, immer hatte sie so über seinen Schlaf gewacht. Glück spürte sie, wenn sie daran dachte, dass sie schon seit zehn Jahren diesen Anblick nicht mehr hatte genießen dürfen, es aber jetzt wieder konnte. Ihren Juudai so zu sehen...

Yubel lächelte und strich sanft durch Juudais Haar, genauso wie sie es schon in der Vergangenheit oft getan hatte.

Juudai schnarchte laut auf.
 

Am nächsten Morgen wachte Sho auf, nachdem er von seinem Wecker aus dem Schlaf geklingelt wurde. Er rieb sich seine verschlafenen Augen, und taumelte aus seinem Bett, um dann der gut gelaunten Yubel zu begegnen, die gerade ihre Decken und Kissen vom Boden aufsammelte um aufzuräumen. „Guten Morgen, Sho!“, begrüßte sie ihn, „das Bad ist noch frei, also kannst du rein und dich frischmachen. Ich versuche in der Zwischenzeit Juudai zu wecken.“ Sho, verblüfft über Yubels freundliches Verhalten, kicherte nur leise bei ihren Worten. „Lass es lieber gleich sein, Juudai lässt sich nur schwer wecken, er ist ein echter Morgenmuffel. Und wenn du es versuchen willst, damit er nicht zu spät in den Unterricht kommt, dann kannst du es auch sein lassen. Bis jetzt gab es nicht einen Tag an dem er NICHT zu spät gekommen ist.“ „Tja, dann wird es sich ab jetzt ändern, nun wo ich da bin!“, tönte Yubel, „unter meiner Obhut kommt Juudai garantiert nicht zu spät!“ „Na, mal sehen. Kenzan und ich sind bis jetzt auch immer daran gescheitert, Juudai aus den Federn zu kriegen. Lass ihn einfach noch ein wenig schlafen.“ Damit taumelte Sho erstmal rüber ins Bad, während Yubel sich vor Juudai aufrichtete, und versuchte ihn zu wecken – erst dadurch, dass sie ihm sanft über die Wange streichelte, dann dadurch, dass sie ihn wachschütteln wollte, was aber ebenfalls nicht gelang. „Dann muss ich wohl zu härteren Mitteln greifen!“, dachte sie, und überraschte Sho im Bad, als sie sich beherzt einen Eimer nahm, ihn mit kalten Wasser füllte, und ihn dann kurzerhand über Juudai ausleerte.

Der Braunhaarige prustete und sprang sofort aus dem Bett, brauchte allerdings ein,zwei Sekunden, bevor er verstand was passiert war. Entsetzt sah er den Hermaphroditen an, und konnte nur ein hämisches Gesicht vor sich sehen und er kreischte auf: „Yubel, was hast du gemacht?!!“ „Oh, dich nur geweckt, Juudai. Guten Morgen!“ „Na toll, musste das sein? Du hast jetzt den ganzen Boden und mein Bett geflutet.“ „Keine Sorge, ich mache das später schon sauber, ich wollte nur sichergehen, dass du endlich mal nicht zu spät zum Unterricht kommst.“ „Ah, also hat Sho dir schon alles erzählt?“ „Ja, so wie es aussieht. Aber beeil dich. Zieh dich um, ich möchte nicht, dass du dir noch eine Erkältung holst. Und schlafe gefälligst nicht im Unterricht!!“ Der kleine Blauhaarige sah Yubel verblüfft aus der Badezimmertür an, und musste wieder grinsen, als er den Befehlston in Yubels Stimme heraushörte und sah, wie sie sich darum bemühte, sofort Ordnung in das chaotische Leben von Juudai Yuki zu bringen. Aber ob dieses mütterliche Verhalten Juudai nicht eher dazu bringen würde, dass er schnell das Weite vor ihr suchen möchte? „Jaja!“, meinte er, als er sich sich ins Bad stürzte.

Nach kurzer Zeit fand sich Juudai neben Sho auf dem Weg zum Klassenraum. „Puh, ich wusste gar nicht, dass Yubel auch so eine Seite hat“, seufzte Juudai. „Du hast es vielleicht noch nicht gewusst, weil wir noch nicht lange mit ihr zusammenleben, oder Aniki? Wie lange warst du überhaupt mit ihr zusammen gewesen, dass du nicht gewusst hast, dass sie auch sie reagieren kann?“ „Offensichtlich nicht lange genug. Wenn dir ein paar Tage genügen, um einen kennen zu lernen...obwohl, eigentlich sollte ich sie tatsächlich besser kennen...“ «Vor allem nach der Fusion» beendete er in Gedanken. „Hm, aber wenigstens finde ich es jetzt viel lustiger, nun da sie bei uns lebt!“, kicherte Sho. „Ja, das schon, aber kannst du mir etwas versprechen??“, fragte Juudai schnell, als ihm etwas eingefallen war. „Ja, was denn?“ „Ich möchte nicht, dass die anderen jetzt schon von Yubel erfahren, also kannst du es für die nächste Zeit geheim halten, dass sie bei uns lebt? Ich bin schon froh, dass du sie bei uns leben lässt, aber den anderen kann ich noch nicht zumuten, dass sie sie akzeptieren. Schon gar nicht nach den letzten Ereignissen.“ Sho nickte zustimmend. „Ich verstehe und ich verspreche dir, dass es vorerst unser Geheimnis bleiben wird.“ „Du musst es schwören, bei unserem brüderlichen Bund!“ „Ich schwöre es bei unserem brüderlichen Bund!“, wiederholte Sho und Juudai seufzte glücklich auf. „Danke Sho!“ „Keine Ursache! Außerdem freue ich mich irgendwie, ein Geheimnis nur mit dir zu haben, wovon noch nicht einmal Kenzan etwas weiß.“ Beide sahen schon die anderen vor dem Klassenraum stehen, und sie drehten sich mit verblüfften Gesichtern zu ihnen um. „Hey, Juudai, wie kann es sein dass du schon so früh hier bist?“, meinte Johan, „es ist doch nicht etwa ein plötzlicher Einfall von dir, in diesem Schuljahr besser zu werden, oder?“ „hey, warum nicht?“, sagte Asuka, „wenn das wirklich der Grund ist, warum er so früh hier ist, dann finde ich das mehr als vorbildlich!“ Juudai kratzte sich verschämt am Hinterkopf. „Naja, ich wollte es zumindest einmal versuchen.“ Damit sahen ihn alle skeptisch an. „Aber egal, warum steht ihr den immer noch hier vor dem Klassenzimmer?“ „Naja, der Lehrer ist noch nicht da, und wir haben ja heute gleich in der ersten Unterrichtsstunde diesen ominösen neuen Lehrer Professor Koouzima. Mal sehen, wie sein Unterricht ist.“ Kaum hatte sie die Worte gesagt, als sie auch die Schülerschar trennte, um den Weg für den neuen Lehrer frei zu machen, damit dieser die Tür zum Klassenraum öffnen konnte. Der Lehrer war in einen langen weißen Umhang gekleidet, und trug überhaupt nur weiße Sachen. Juudai sah ihn skeptisch an – irgendetwas an dem Outfit erinnerte ihn an vergangene Tage, aber was? Stimmt, Saiou selbst hatte auch so eine ähnliche Kleidung getragen. Und war denn nicht Viper auch einer mit finsteren Plänen gewesen? Genauso wie Saiou? Wenn alle neuen Lehrer etwas Böses vorhaben, wer kann denn dafür garantieren, dass Herr Koouzima das nicht hat? Aber vielleicht litt Juudai schon ein wenig zu lange unter einer Paranoia.

Er schloss die Tür auf, ging hinein, legte seine Tasche auf den Tisch und wartete schweigend, bis alle Schüler im Klassensaal ihre Plätze eingenommen hatten und sich beruhigt haben. Dann stellte er sich nochmals vor.

„Guten Morgen, meine lieben Schüler. Ich bin Herr Koouzima, euer neuer Lehrer für Duellkunst an dieser Akademie. Bei mir lernt ihr die ästhetische Kunst des Kämpfens mit euren Deck und auch was für eine Bedeutung die Kunst für die Duellkarten hat. Wir werden verschiedene Kartenbilder analysieren, und lernen wie ihr eure Karten harmonisch miteinander kombinieren könnt. Nun, da es das erste Mal ist, dass wir eine Unterrichtsstunde zusammen haben, wäre es für den Anfang nicht schlecht, wenn ihr euch nacheinander vorstellt, damit ich einen ersten Eindruck von euch gewinnen kann. Und außerdem würde ich euch bitten, dass wir uns dann so aufstellen, dass ich Photos von euch schießen kann.“ „Herr Professor, wieso das denn?“, rief ein Mädchen überrascht aus. Koouzima griff nach seiner Tasche und suchte darin nach einer Polaroid Kamera, die er auch sofort fand und heraus nahm. Dann wandte er sich der Schülerin zu und sagte mit einem lockeren Lächeln: „Mir fällt es ehrlich gesagt schwer, mir neue Gesichter zu merken, ich komme besser zurecht und lerne eure Namen so schneller. Dann braucht ihr keine Namensschildchen!“ Die Klasse sah erst überrascht aus, dann brach sie in Gekicher aus, und der Lehrer lachte sogar mit. „wow, er scheint ja echt locker zu sein, was meinst du, Aniki?“ flüsterte Sho Juudai zu als er ihn anschubste. „Na, ich weiß nicht, die Klasse scheint jedenfalls begeistert von ihm zu sein...“, flüsterte er zurück, beschloss dann aber, dem Unterricht weiterhin zu folgen, auch wenn es ihm zugegebenermaßen sehr viel Überwindung kostete, denn normalerweise würde er jetzt wieder im Unterricht schlafen oder gar nicht zuhören, also warum sollte er plötzlich sich dazu entscheiden, anders zu handeln, als es seiner Natur entspricht? Nacheinander bat Herr Koouzima seine Schüler vor die Tafel, damit sie sich ihm vorstellen konnten und er auch gleich ein Photo von ihnen machen konnte, das er sich sogleich in ein Album steckte und sich den Namen der entsprechenden Schüler darunter schrieb, weil es ihm ja angeblich helfen sollte. Als er mit der Prozedur fertig war, wandte er sich wieder an die Klasse: „Vielen Dank für die Photos! Das wird mir sehr behilflich sein.“ „Das haben wir gerne gemacht, Herr Professor!“, meinte Asuka mit einem Lächeln und alle Mädchen im Saal nickten zustimmend bei diesen Worten. „Sehr schön“, meinte der Lehrer, „aber wie gesagt, nun da ich endlich diese Photos von euch habe, können wir ja mit dem Unterricht fortfahren. Ihr seid meine erste Klasse und bereits in eurem vierten Schuljahr, und laut dem Lehrplan fangen wir erstmal damit an, die Monsterkartenbilder zu interpretieren. Keine Sorge, ich möchte nicht von euch hören, dass ihr diese Bilder nach meinem Geschmack interpretiert, sondern mir sagt was IHR wirklich darüber denkt, was ihr in ihnen seht. Also“, meinte er als er sich an einem Dia-Projektor zu schaffen machte und das erste Bild einlegte: „Was könnt ihr mir dazu sagen? Meldet euch bitte, wenn ihr etwas darüber äußern möchtet. Was auch immer euch dazu einfällt, ob Informationen zu dem angegebenen Monster, oder was auch immer.“ Das erste Bild erschien an der Wand und schon gingen die ersten Hände in die Höhe. „Ja.. eh, Akiri?“ „Ja, also, das Monster auf diesem Bild ist ganz klar der Vampirlord, wahrscheinlich inspiriert durch die zahllosen Vampirgeschichten die wir heutzutage kennen. Wenn ich noch etwas über ihn sagen kann, dann finde ich, dass er auch recht ästhetisch aussehen kann.“ „Sehr gut“, lobte Koouzima, „und was haltet ihr von diesem Monster?“
 

Es klingelte gerade zur 15-Minuten Pause nach dem Unterricht, als alle zusammen mit Juudai im Schulhof waren, und über die gerade erlebte Unterrichtsstunde diskutierten. „Also, ich finde den Lehrer zumindest für den Anfang nicht schlecht“, meinte Asuka zufrieden und die anderen nickten zustimmend. „Naja, es ging“, meinte Juudai dazu nur, „es fällt mir doch zugegebenermaßen schwer, mich wieder an normalen Unterricht zu gewöhnen, erst recht nachdem wir alle ein Abenteuer wieder hinter uns haben.“ „ja, die neuen Hausaufgaben müssen wir nun trotzdem machen.“ „Bitte erinnert mich nicht daran!“ „Es sind aber trotzdem noch nicht alle Dinge aufgeklärt, auch wenn jetzt alles langsam wieder zur Normalität zurückkehrt. Ich habe gehört, dass noch nicht alle Schüler aus der anderen Dimension zurückgekehrt sind, und unter den Vermissten ist doch auch dein Bruder, Sho...“, sagte Asuka, als sie sich an einen Baum lehnte. „Ja, ist er, aber ich habe die Hoffnung, dass er vielleicht genauso plötzlich wieder zurückkehrt, wie Aniki!“ „Ja...warten wir noch ein wenig...“

Als sie wieder schwiegen, dauerte es nicht lange, bis ein Mädchen mit Obelisk-Uniform auf sie zugelaufen kam. „Hallo Leute!“, rief sie fröhlich aus. „Oh, Siraj!“, meinte Asuka angenehm überrascht, „wie fandest du den Unterricht denn bis jetzt an deinem ersten Schultag?“ Das Mädchen lächelte sie alle an, bis sie zugab: „Ja, eigentlich ganz okay. Mit gefällt es an dieser Schule wirklich wahnsinnig gut bis jetzt.“ „Na, das ist doch schön zu hören.“ „Ich freue mich zumindest schon sehr auf den Ball morgen abend!“ „Ts, stimmt, der findet ja auch noch statt“, meinte Juudai recht geringschätzig. „Klingt so, als hättest du keine Lust hinzugehen“, sagte Asuka besorgt, „geht es dir zurzeit nicht gut, Juudai?“ „Nein, nicht wirklich, aber ich komme schon damit klar“, sagte dieser und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Du weißt doch, wieso, oder Asuka?“ Siraj sah sie wieder alle mit demselben skeptischen Blick an wie an dem Abend an dem sie sich alle getroffen hatten. „Ihr redet doch nicht etwa wieder über diese Geschichte, die Juudai mal erzählt hat, oder? Glaubt ihr etwa immer noch alle daran?“ „Eh... nein, nein“, schüttelte Asuka den Kopf. „Nein, ich habe zurzeit andere Probleme, nichts mit all dieser Geschichte“, log Juudai. Siraj schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein. „Ich dachte schon, ich will nämlich wirklich nicht, dass ihr eure psychische Gesundheit aufs Spiel setzt...aber was auch immer du für Probleme hast, du kannst immer damit zu mir kommen, ok? Auch wenn du mir vielleicht noch nicht ganz vertraust, weil wir uns gerade eben erst kennen gelernt haben...“ Dann tönte auch schon die Pausenglocke und zeigte an, dass es schon in die nächste Unterrichtsstunde ging. Siraj nahm ihre Tasche wieder und sprintete los, sobald sie die Glocke hörte, und winkte ihren Kameraden zu als sie ging.
 

Sho wartete auf Juudai, der ein wenig langsam und müde hinter ihm her lief. Der kleine Blauhaarige hielt inne, und drehte sich zu Juudai um: „Der erste Tag war doch gar nicht mal so übel, oder?“ „Naja, wie man es nimmt... ich jedenfalls muss mich erstmal aufs Ohr legen, und eine Mütze Schlaf holen, Yubel hat mich heute morgen einfach viel zu früh geweckt...“ Sho kam zur Tür, drehte den Schlüssel im Schloss um und öffnete sie, als sogleich ein großes Geschöpf um seinen Hals fiel und ihn umarmte: „Oh Juudai, du bist wieder daaa!!!“ „Ah, lass mich los! Ich bin's Sho!!“, schrie er als er versuchte sich von Yubels Umarmung zu befreien. Juudai sah sie nur grinsend an, als sie Sho auch schon wieder gehen ließ. „Tut mir leid.“ „ach, macht doch nichts...“, meinte er, „ich sehe ja jetzt schon wie innig euer Verhältnis ist...“ Yubel und Juudai wurden beide wie auf Stichwort ein wenig rot, bis Yubel die kurze unangenehme Stille unterbrach und Juudai hereinließ. „Und, wie war der Tag heute?“ Er legte sich sofort aufs Bett. „ach, an sich ganz in Ordnung.. aber du musst mir versprechen, mich nie wieder so früh zu wecken. Ich bin einfach nicht daran gewöhnt, so früh aufzustehen.“ „Das kann ich dir nicht versprechen, Juudai. Ich fände es besser, wenn du in der Schule deine Zensuren etwas aufbessern würdest. Als oberster König so miese Zensuren zu haben ist doch eine Schande!“ „Aber Zensuren sagen doch noch längst nicht alles, oder?“ „Nein, tun sie nicht...ich liebe dich trotzdem so wie du bist und das weißt du auch“, gab sie offen und ehrlich zu. Sho, der im Regal nach seinen Schulsachen kramte und jedes einzelne Wort mithören konnte, dass sie miteinander sprachen, und der sich zwar bemüht hatte nicht zuzuhören, aber dieser Versuchung leider unterlag, konnte seinen Ohren nicht trauen, als er Yubel von Liebe hatte sprechen hören. Es war zwar nicht so gewesen, dass er das alles nicht mitangehört hatte, als sie in der anderen Dimension gegeneinander gekämpft hatten, aber das jetzt bei sich zu Hause auf der Duellakademie hören zu müssen war schon etwas anderes. Als er weiter nach seinem Mäppchen suchte, fragte er die beiden: „Seid ihr etwa jetzt ein Liebespaar? Wieso hast du mir denn noch nichts davon erzählt, Aniki?“ „Sind wir gar nicht!“, rief Juudai aus, und Yubels Lächeln verschwand schlagartig aus ihrem Gesicht und sie schmollte. Juudai sah das und versuchte sie zu beruhigen: „Ich meine... zumindest... eh...“ Aber ihm fehlten leider die Worte. Eine Zeit lang sagte keiner etwas, dann meinte Sho nur: „Also wenn du das damit gemeint hast, als du sagtest, ihr hättet euren Streit beigelegt, ich habe nichts dagegen. Es ist nur komisch zu sehen, dass du jemals eine Freundin haben würdest, das ist alles. Vielleicht.... ja, vielleicht ist es auch bei mir und den Schwarzen Magier Mädchen eines Tages auch soweit!“ Bei diesen Worten bekam Sho einen verträumten Ausdruck in seinem Gesicht, während er sich an seinen Schreibtisch setzte und etwas zu schreiben anfing. Juudai kuschelte sich an Yubel, die er vorher sanft mit auf sein Bett zog, und legte seinen Kopf in ihren Schoss, während Yubel zu ihm heruntersah. Juudai schloss die Augen und bewegte sich nicht mehr, und seine Atmung wurde ruhiger, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er gleich eingeschlafen war. Yubel streichelte ihm sanft durch sein Haar, bevor sie sich an Sho wandte: „Habe ich ihn wirklich zu früh geweckt?“ „Aber hallo!“, meinte Sho nur, „für seine Verhältnisse so richtig. Aber sag mal... seid ihr denn jetzt wirklich ein Paar, oder nicht?“ Yubel zuckte die Schultern: „Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass ich ihn abgöttisch liebe, aber was er für mich fühlt weiß ich nicht. Ich wüsste es selbst nur zu gerne.“ „Yubel?“ „Hm?“ „Wir müssen uns bei Gelegenheit einmal etwas näher kennen lernen. Wenn du schon bei uns lebst, aber erst recht weil ich dich nur als eine böse Person kennen gelernt habe. Das hat mir nicht die Chance gegeben, dich nicht zu bevorurteilen und das will ich einfach nicht. Und wenn du einen Neuanfang wagst, dann müssen wir auch etwas dafür tun.“ „Ja, du hast recht, Sho. Auch wenn es etwas ungewöhnlich für mich ist.“ „Inwiefern?“ Der Hermaphrodit zögerte kurz, weil sie nach den richtigen Worten suchte. „Ich hatte noch niemals Freunde gehabt. Ich hatte mein ganzes Leben lang nur Juudai gehabt, nur ihn alleine. Keine anderen Freunde. Ich... wahrscheinlich liegt es daran, wenn ich niemanden so richtig in mein Herz lassen kann.“ „Wieso warst du denn immer alleine? Hat keiner dich gemocht?“ „Nein, niemand außer Juudai. In unserem früheren gemeinsamen Leben war er der einzige der mir seine Hand gereicht hat. Ich war ein Kriegskind und wäre jämmerlich gestorben, wenn er nicht gewesen wäre. Ich wollte schon nicht mehr leben, weil ich niemanden hatte, für den es sich weiter zu leben gelohnt hätte. Und weil er es war, der mich an seine Hand nahm, schwor ich ihn immer zu beschützen. Für ihn wurde ich zu dem was ich heute bin.“ Sho schwieg als er die traurige Geschichte Yubels hörte, und wischte sich heimlich eine Träne aus seinem Gesicht. „Das konnte ich gar nicht wissen... tut mir so leid für dich, Yubel...“ flüsterte er ergriffen. Yubel wurde leicht rot und sah aus dem Fenster. „Das muss es nicht, Sho... aber... ich danke dir für dein Mitleid...“ Und während sie aus dem Fenster sah, fragte sich Yubel, was für ein Gefühl das war, das von ihr Besitz ergriffen hatte. Wieso ist es ihr nur so leicht gefallen, diesem kleinen Jungen zu erzählen, was sie als ihr eigenes Geheimnis aufbewahrt hatte? Warum erfreute sie es zu wissen, dass sie außer Juudai noch jemanden hatte, der ihr zuhörte, jemanden, der ihr gegenüber so freundlich war? Jemanden, den sie so gequält hatte, der ihr aber trotzdem noch freundlich gesinnt war? Bei diesem Gedanken schnürte ihr sich die Kehle zu.

„Sho, ich muss ... ich muss mich bei dir entschuldigen...“, flüsterte Yubel leise, „es tut mir so leid, was ich dir angetan habe. Ich fühle, dass ich es gar nicht verdient habe, dass du mir jetzt zuhörst oder mich überhaupt bei euch wohnen lässt... ich...ich...“ „Yubel, sag so etwas nicht. Du hast es dir verdient, weil jeder eine zweite Chance verdient hat, auch du! Und keine Sorge, ich habe doch schon einmal gesagt, dass wenn Aniki fähig ist dir zu verzeihen, dann bin ich es auch.“ Und Sho sah ihr dabei in die zweifarbigen Augen, in denen nun Erstaunen, dann Dankbarkeit aufblitzte. „Danke Sho... ich kann dir gar nicht genug für deine Güte danken und für deine Freundlichkeit.“ „Keine Ursache wirklich. Denn das ist, was Freundschaft ist, Yubel.“ „Freundschaft... ja, langsam verstehe ich was Juudai mit Freundschaft wahrscheinlich gemeint hat...“, flüsterte sich leise und gedankenverloren, nur für sich selbst. „Dann bist du von nun an mein Freund, Sho... der erste den ich außer Juudai jemals gehabt hatte.“ „Dann ist es mir eine Ehre!“, lachte dieser.

„Aber du hast mir noch nicht erzählt, warum du überhaupt hier bist.“ „Na, wieso wohl? Um ihn zu beschützen!“ „Ja, aber wovor denn? Als ich Aniki gefragt habe, wollte er mir darauf keine Antwort geben.“ „Ich weiß nicht, ob ich dir die in dem Fall die Antwort einfach so sagen kann, Sho. Ich meine, wenn Juudai nicht will, dann kann ich doch nicht...“ Doch auf einmal unterbrach die beiden etwas bei ihrem Gespräch. Ein lautes Klopfen an der Tür, und jemand rief: „Sho, Juudai, seid ihr da? Kommt raus, ich muss unbedingt mit euch reden!“ Sho war sofort auf seinen Beinen, Panik in seinem Gesicht. „Augenblick!“, rief er noch in Richtung Tür, „Warte noch ein paar Sekunden, bevor du reinkommst!!! Hier ist es total... eh.. unordentlich!!“ „Ach was, ich weiß doch, wie es immer bei euch aussieht. Ich komme rein!“ „NEIN!!“, schrie Sho wieder, rannte zur Tür und presste sich mit allem Gewicht dagegen. Yubel sah panisch auf Juudai, der mit seinem ganzen Gewicht auf ihr lag, und es ihr unmöglich machte, möglichst schnell zu entkommen. Dann nahm sie beherzt den schlafenden Juudai in ihre Arme auf, versuchte mit ihm im Arm das Fenster zu öffnen, was ihr aber erst nicht gelang. Der Schrank als möglicher Fluchtort kam ebenfalls nicht in Frage, weil sie viel zu groß für ihn war, erst recht mit ihren Flügeln, und selbst durch das Fenster würde sie nur mit Mühe durch passen. Aber ja!! Vielleicht konnte sie ja ins Bad flüchten!

Sho wurde von der sich öffnenden Tür zurückgestoßen und fiel hin, als auch schon Kenzan herein kam. „Sho, was soll das? Wo ist denn Juudai?“ Sho rieb sich sein Hinterteil. „Aua, Kenzan, kannst du nicht aufpassen?“ „Verheimlichen du und Aniki etwa etwas vor mir?“ „Nein, nein, Juudai schläft noch, aber... naja, ich hatte gerade etwas Wichtiges zu tun. Aber weshalb bist du denn hier?“ Kenzan sah sich suchend im Zimmer um, antwortete aber dann: „Naja, wir haben doch morgen diesen Einführungsball und suchen noch händeringend Helfer für den Aufbau der Party, als bin ich hierher gekommen um dich und Aniki zu fragen, ob ihr uns und dem Komitee nicht helfen wollt.“ „ah ja, dieser Ball... ja, ich helfe gerne und Juudai bestimmt auch. Nur schläft er wie gesagt gerade im Augenblick.“ „Aber wo ist er dann?“ Sho sah verblüfft auf das leere Bett, in dem Juudai gerade noch vor wenigen Sekunden gelegen hatte. „Oh, ich dachte er würde schlafen, aber wahrscheinlich ist er wohl doch noch draußen auf einem Spaziergang...“ Kenzan sah ihn skeptisch an, ließ es dann aber auf sich beruhen. „Danke dass ihr uns helfen wollt. Heute Abend ist Treffpunkt bei den Yellows, um 6 Uhr, versucht pünktlich zu kommen.“ Damit ging er wieder aus der Tür raus und winkte Sho bei Abschied zu.

Sho atmete erleichtert aus und sah sich dann nach Juudai und Yubel um, die er im Bad wiederfand.

„Oah, das war wirklich knapp...“, keuchte er. „Das kannst du aber laut sagen... vor allem mit Juudai auf dem Schoss, da konnte ich doch gar nicht fliehen.“ „Und da hast du ihn gleich wieder mitgenommen?“ „Was blieb mir anderes übrig??“ Ein lautes Gähnen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Juudai, der sich gerade in den Armen Yubels verschlafen die Augen rieb. „Leute, könnt ihr nicht etwas leiser sein? Ich möchte noch etwas schlafen...“ Beide sahen ihn verblüfft an, und dann fingen Sho und Yubel auch schon an herzlich zu lachen. Juudai blickte sie nur verwirrt an: „Was ist denn los?? Habe ich etwas verpasst??“ „Oh ja, allerdings“, keuchte Yubel, der es schwer fiel, wieder Luft zu bekommen, weil sie seit Ewigkeiten nicht mehr so gelacht hatte, wahrscheinlich sogar noch nie in diesem Leben. Sho wischte sich die Lachtränen weg: „Das sieht urkomisch aus, wie du es dir in ihren Armen bequem machst..“ „HEY!!“, schrie Juudai auf, „es ist aber ziemlich gemütlich hier, und mein persönlicher Platz.“ Damit warf er sich wieder in Yubels Arme zurück und lächelte sie an. „Oder was meinst du??“ „Was weiß ich wie sehr es dir gefällt? Aber wenn wir kein Paar sind, dann solltest du es auch nicht zu oft tun.“ „nun ja, jedenfalls hast du keine Zeit dich weiter auszuruhen. Während du geschlafen hast, war Kenzan hier, und er hat uns gebeten, dass wir ihm bei der Vorbereitung für den Ball morgen Abend helfen sollen. Wir sollen uns um 6 Uhr bei den Yellows treffen.“ Juudai sah auf die Uhr. „Also in einer halben Stunde? Okay. Ich helfe gerne mit.“ „Wartet, ihr geht doch nicht wirklich?“, warf Yubel ein, „was soll ich denn ohne euch hier tun? Juudai... du kannst doch nicht alleine mit Sho gehen, es könnte zu gefährlich sein!“ Juudai stand auf, packte seine Uniform und zog sie sich über. „Keine Sorge, Yubel, es wird schon nichts passieren.“ „Hm, du scheinst zu vergessen... ich dachte, dass du etwas vernünftiger geworden bist, wenn du dich schon so von deinen Freunden fernhälst, aber das scheinst du nicht zu sein!!!“ „Wovon redet ihr beiden eigentlich? Darf ich das wissen?“, schritt Sho zwischen die beiden ein. „Schon gut, Sho, es ist nichts“, dann wandte er sich an Yubel, „Yubel... ich verstehe dich ja... aber wie willst du denn bitte mitkommen, und mich beschützen, wenn dich dann jemand entdeckt?“ „Da mach dir mal keine Sorgen, ich kenne einige Wege das möglich zu machen. Ich komme mit!“ Juudai nickte. „Einverstanden. Ich fühle mich sowieso wohler, wenn du bei mir bist, und ich dich nicht alleine hier zurücklassen muss. Komm Sho – könntest du bitte die Tür hinter uns abschließen?“ „Ja, gerne“, meinte er verwundert, weil er diesen kleinen Streit zwischen den beiden nicht ganz nachvollziehen konnte. Alle drei schritten hinaus in den Sonnenuntergang.

Der Regenbogen der dem Licht begegnet

Kapitel 7: Der Regenbogen der dem Licht begegnet -
 

Es wurde langsam schon dunkel, und Juudai und Sho schritten schon langsam zu der Unterkunft von Ra Yellow, die schon bald in Sichtweise war. Ganz in ihrer Nähe, getarnt durch die Gebüsche und dem Unterholz, das glücklicherweise reichlich auf ihrem Weg vorhanden war, war auch Yubel, die immer ein Auge auf besonders Juudai hatte, aber sich seltsamerweise auch Sorgen um Sho zu machen begonnen hatte. Sie hielt inne, als auch Juudai und Sho stehen blieben. „Juudai...“, meinte Sho, „was sollte das mit Yubel eigentlich gerade?“ Aber Juudai ignorierte seine Frage und stellte seinerseits eine neue: „Wo wollte Kenzan uns treffen?“ „Gleich hier vorne, vor dem Eingang zu seiner Unterkunft.“ Juudai níckte, und kaum hatte er das getan, hatte sie auch schon jemand, lief auch schon Kenzan zu ihnen herüber. „Guten Abend Aniki! Ich freue mich euch beide hier zu sehen, und danke dass ihr uns helfen wollt!“ „Ist Rei auch schon hier?“ „Na Klar, sie und ich haben die Hauptplanung des Festes vorgenommen. Das heißt, wir müssen auch das meiste organisieren.“ „Wo genau habt ihr die Party denn geplant? Doch bestimmt nicht hier oder in einer der anderen Unterkünfte, oder?“, fragte Juudai. „Nein, dafür sind sie nicht groß genug, und wir haben hunderte von neuen Studenten hier, die auf die Party wollen inklusive der älteren Jahrgänge, die auch kommen werden. Wir werden die Party im großen Hörsaal veranstalten müssen. Daher muss ich euch bitten, mit mir dort hinzugehen. Und helft mir bitte beim Tragen, wir haben eine ganze Menge an Material, das wir dorthin bringen müssen! Folgt mir!“ Und Kenzan schritt voran, auf die gelbe Unterkunft zu, und führte sie darin in eine Art Lagerraum, der über und über mit Kisten vollgestellt war. Sho staunte nicht schlecht, während Juudai nur bereitwillig nickte. „Und das sollen wir alles dort hin bringen?!“, fragte Sho ungläubig. „Ja“, grinste Kenzan, „aber keine Sorge, ich helfe euch, und wir haben noch einige andere Helfer organisieren können, also wird das sehr schnell gehen.“ Bei diesen Worten schritten noch einige weitere Schüler in den Raum, und nahmen sich die nächsten Kisten mit. „Wenigstens müssen wir den Job nicht alleine machen“, nickte Juudai, „und bei so viel Hilfe wird das schneller gehen, da hast du recht, Kenzan.“ Sho ging hin und nahm sich eine Kiste, aber sie war etwas zu schwer für ihn, weshalb er ein wenig zusammensackte. „Uh, was ist denn eigentlich in den Kisten drinnen?“ „Naja, Dekoration, Tische, Stühle, alles was man für eine größere Party eben braucht!“, meinte Kenzan mit einem Achselzucken, „aber nur keine Müdigkeit vorschützen, Soldaten! An die Arbeit!“ Und damit nahm auch er sich eine Kiste und schritt mit gutem Beispiel voran. „Als eines muss man ihm lassen, Kenzan hat sich wirklich zu einer echten Führungspersönlichkeit entwickelt...“, sagte der kleine Blauhaarige erstaunt und bewundernd. „Ja, allerdings, aber ich habe es ihm eigentlich schon immer zugetraut. Aber Sho, wenn dir die Kiste zu schwer ist, dann gib sie mir, und du nimmst dir eine leichtere, ok?“ „Gut.“
 

In der Halle, in der die Party stattfinden sollte, war über und über von Kisten voll gestellt, und Studenten, die zwischen ihnen hin und her liefen, Tische und Stühle aufbauten und Listen mit Inventar abglichen. Als Juudai und Sho die Halle betraten, konnten sie sogleich ihre Freunde in dem scheinbaren Durcheinander ausmachen. Rei gab gerade einigen anderen Studenten Anweisungen, was als nächstes zu tun sei, und selbst Siraj was anwesend, und hängte gerade die Girlanden an die Decke der Halle. Johan dekorierte gerade einen der gerade aufgestellten Tische, als er Juudai erblickte, schnell fertig dekorierte und dann zu ihm ging. „Hallo Juudai. Schön dich hier auch zu sehen. Also hat Kenzan euch auch gefragt?“ „Ja“, meinte Juudai, „und wie ich sehe auch dich und die anderen.“ „Logo, dass ich helfe wenn ich von einem Freund gefragt werde und ich wusste auch dass du ebenfalls kommen wirst. Du kannst deine Freunde auch nie im Stich lassen.“ Juudai wurde etwas rot bei diesem Kommentar von Johan, obwohl er nicht wusste wieso er gerade das nicht von Johan hören wollte. Oder war es ihm peinlich, dass er fast alles für Johan aufgegeben hatte, und er ihm für eine kurze Zeit lang sogar wichtiger war als seine anderen Freunde?re Dieser Gedanke ließ ihm noch mehr Hitze ins Gesicht steigen, aber Johan schien das gar nicht zu bemerken, denn er hatte immer noch dasselbe Lächeln auf dem Gesicht, unverändert. Juudai schüttelte den Kopf, fing sich wieder, und fragte dann: „Und habt ihr euch schon ein Outfit für morgen ausgesucht?“ „Oh, ich noch nicht, aber mal sehen was ich im Schrank habe.“ „also, ich habe ein spezielles Kleid für diese Gelegenheit gekauft“, gab Siraj zu, die auf einmal neben ihnen war, die nächsten Girlanden in den Händen haltend. „Ich auch!“, meinte Rei, als sie freudig zu Juudai hüpfte. „Und du?“, fragte sie ihn aufdringlich neugierig und sah ihm in seine Augen. Juudai wich zurück, überrascht von ihren plötzlichen Auftauchen und auch weil er fürchtete, dass sie ihn im nächsten Moment einfach anspringen würde. Er kratzte sich nervös am Hinterkopf. „Ich weiß nicht... wahrscheinlich werde ich einfach meine Schuluniform tragen.“ „Nein, so geht das nicht! Du musst unbedingt so gut wie möglich aussehen!“, meinte Fubuki, der auch auf einmal da war und die nächste Kiste abstellte. „Wenn er daran liegt, dass du zu wenige Sachen hast, dann kannst du später mit mir mit kommen und dir etwas von mir ausleihen, was dir für den Abend passen dürfte.“ „eh, nein, Fubuki, das ist wirklich nicht nötig!“ „hm... wenn du meinst, aber du könntest es mal versuchen“, meinte er mit einem Achselzucken. „Aber wie ich sehe geht es ganz gut mit der Party-Vorbereitung voran, du scheinst einen echt guten Job zu machen!“, lobte Juudai Rei, die bei diesem Lob etwas rot wurde. „Ich tue was ich kann!“, rief sie optimistisch aus und lächelte Juudai wieder süß an.
 

Die Vorbereitung war schon fast abgeschlossen, und die meisten der Studenten, die mitgeholfen hatten, wandten sich schon zum Gehen, und Kenzan sowie Rei bedankten sich bei ihnen für die tatkräftige Unterstützung. Am Ende waren fast alle gegangen, nur noch Juudais Freunde blieben am Ende übrig, um die letzten Dinge zu richten und selbst Hand anzulegen. „Also, ich denke für heute sind wir endgültig fertig“, meinte Rei, als sie sich die Haare aus dem Gesicht strich. „Für heute können wir hier schließen. Ich hoffe euch alle morgen dann hier zu sehen, vor allem dich, Juudai-sama!“ „Gut, dann wünsche ich euch Gute Nacht!“, rief Siraj. Kenzan winkte sie alle aus der Halle hinaus, und schloss sorgfältig die Tür hinter ihnen ab. Als Juudai, Sho und Johan hinaus schritten, tippte Johan Juudai kurz an die Schulter. „Kann ich kurz mit dir reden, Juudai?“ „Ja sicher“, sagte Juudai erstaunt und hielt an, „worum geht es denn?“ „Wäre es möglich wenn ich alleine mit ihm reden könnte, Sho?“, wandte sich Johan kurz an den Blauhaarigen kleinen Jungen. „Sicher“, antwortete dieser, „wir sehen uns dann in der roten Unterkunft wieder, okay, Aniki?“ Juudai nickte nur und wandte sich an Johan, der nun Juudais Hand packte und ihn mit sich weg zog, in die Dunkelheit der Nacht und in die Nähe der nahestehenden Bäume. Juudai wunderte sich, was Johan denn vorhatte, und gleichzeitig konnte er geradezu den kritischen Blick von Yubel hinter sich spüren, da er genau wusste, dass sie hier draußen in der Kälte die ganze Zeit auf ihn gewartet hatte und ihn bestimmt in genau diesem Moment heimlich beobachtete. So alleine mit Johan hier draußen zu sein, machte ihn verdammt nervös, vor allem, wenn Yubel hier war. Denn, wenn Johan wirklich das tun wollte, was er ahnte das er tun wollte, dann würde Juudai bald einen sehr wütenden Drachen zu beruhigen haben.

Und Johan schloss Juudai in seine Arme. Der Braunhaarige schaute verdutzt, als er sich auf einmal in Johans Armen wiederfand. „Juudai, ich muss dir etwas gestehen..“, fing Johan an, als er den stillen Jungen einige Zeit lang in seinen Armen gehalten hatte. „Was ist es denn?“ „Juudai, ich... ich habe dich so unendlich vermisst in der Zeit in der du weg gewesen bist, und ich hatte, als du wieder aufgetaucht bist, auch bisher keine Gelegenheit dazu gehabt, alleine mit dir zu sprechen um dir zu sagen, wie ich empfinde.“ Juudai machte sich daraufhin von der Umarmung von Johan los, und schaute erstaunt in die grünen Augen des Norwegers. „Was willst du mir damit sagen?“ Aber Johan vermied einen direkten Blickkontakt, blickte stattdessen auf den Boden, während seine Wangen leicht erröteten, das Haar in sein Gesicht fiel und er schwieg, bis er die Kraft fand, weiter zu reden. „Ich hatte bisher keine Gelegenheit gehabt, dir zu sagen, wie viel es mir bedeutet, dass du mich aus den Fängen von Yubel gerettet hast. Während du weg warst, habe ich von den anderen außerdem gehört, dass du alles dafür getan hättest, mich wieder zu finden. Sie haben mir erzählt, dass du mehr als wild entschlossen warst mich wieder zu finden, und dass du traurig und niedergeschlagen warst, als du mich im Kampf gegen Yubel in der anderen Dimension zurückgelassen hast.“ Nun schwieg Johan eine Weile, und in Juudais Kopf ratterte es. Was wollte er damit denn nur sagen? Juudai wurde rot, als er langsam immer mehr zu verstehen begann was er ihm mitteilen wollte. Also ist es ihm auch aufgefallen? Dass die beiden schon von Anfang an, von ihrem ersten Treffen an gemerkt haben, dass sie seelenverwandt waren?

„Johan... ich verstehe immer noch nicht...“, meinte er unsicher. „Juudai... ich bin mir doch selbst nicht sicher... aber ich scheine mehr für dich zu empfinden, als nur bloße Freundschaft.“ Als Juudai das hörte, weiteten sich seine Augen vor Schreck. Also doch... was er nur geahnt hatte, meinte Johan wirklich. Aber in Juudai schwirrten gerade tausende Gedanken durcheinander. Die Frage wieso es ihm so wichtig gewesen war, Johan zu retten war nur eine von ihnen gewesen. Ja, genau, wieso war es denn so wichtig für ihn gewesen? Sogar so sehr, dass es Juudai zeitweise egal war, was aus seinen anderen Freunden werden würde, was aus jenen werden würde, die ihn unbedingt begleiten wollten. „Johan...“, flüsterte Juudai leise als er den Mut fand, etwas darauf zu antworten, „ich glaube, ich verstehe was du meinst. Dass wir uns von Anfang an so gut verstanden haben, dass wir von Anfang an ...seelenverwandt waren. Und ich denke... dass du wissen solltest, dass auch ich dasselbe denke wie du.“ Johan sah auf und in die Augen von Juudai. „Du meinst..?“ „Ja“ Dann drehte sich Juudai weg von ihm. „Aber egal was auch immer wir fühlen mögen, ich bitte dich dennoch aufzupassen. Wie ich es dir schon einmal gesagt habe, ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt, nur weil du mir nahestehst, weißt du noch?“ „Aber warum hälst du dich dann noch zurück? Es scheint fast so, als ob du deine Gefühle unterdrücken würdest.“ „Tue ich das wirklich? Wenn ja, dann nur, weil ich mir Sorgen mache, so wie auch du um mich, weshalb auch du es gerade nicht aussprechen kannst, oder?“ Johans Finger berührten zaghaft seine eigenen Lippen bei diesem Ausspruch Juudais. „Mag sein“, antwortete er während er nickte. „Irgendwelche Pläne für den Ball?“, fragte der Norweger dann um das Thema zu wechseln und wieder freudig zu grinsen, etwas was er immer gerne tat. „Was meinst du denn damit?“ „Na, ob du schon eine Freundin zum Ball eingeladen hast?“ „Nein, ich denke ich gehe alleine hin, und außerdem werde ich doch dir und den anderen garantiert dort begegnen, also wieso sollte ich ein Mädchen zu dem Ball einladen?“ „Ah, ich dachte dass du vielleicht Asuka einladen würdest. Ich glaube fast, dass sie auch etwas von dir will.“ Juudai zeigte sich ziemlich überrascht bei diesen Worten, musste dann aber selbst grinsen, als ihm auch etwas aufgefallen war: „Haha, und ich dachte, du könntest Siraj einladen, sie scheint meiner Meinung nach auch Interesse an dir zu zeigen.“ Johan streckte seine Arme in die Höhe, und sah auf. „Meinst du? Mir ist das bisher auch noch nicht wirklich aufgefallen.“ Juudai musste dabei ziemlich lachen. „Haha, naja, wir sehen uns dann morgen wieder im Unterricht, nicht wahr? Und wenn nicht dort, dann sehen wir uns spätestens auf dem Ball wieder.“ „Wann genau kommst du denn?“ „Ich versuche mal so früh wie möglich da zu sein. Also, ich wünsche dir eine gute Nacht!“, winkte Juudai Johan zu, als er ihn verließ.

Der Türkishaarige sah ihm hinterher, als Juudai verschwand, und er seufzte auf. Er blieb noch eine Weile länger und erwartete nichts Aufregendes zu sehen, als auf einmal ein Leuchten hinter den Bäumen in seiner Nähe erschien und wieder verschwand. Erst dachte er, es wäre jemand mit einer Taschenlampe gewesen, vielleicht ein Schüler der sich verirrt hatte, vielleicht ja einer der Neulinge, der seinen Weg zurück zur Unterkunft nicht finden konnte. In der Hoffnung, dem Verirrten helfen zu können, entschloss er sich, nachzusehen und ging hinter die Bäume, doch dann klammerte er sich beinahe hilfesuchend an die Rinde des Baumes, hinter dem er sich gerade noch verstecken konnte. Er konnte nicht glauben was er da sah.

Ein Humanoide stand da, ein Lichtwesen, umgeben von einem sehr schwachen Leuchten, ohne ein richtiges Gesicht. Was auch immer es war, es schien aus fließendem Licht zu bestehen, hatte keinen Mund, auch keine Augen, gar keinen Ausdruck. Es schien sich nach etwas umzusehen, als wäre es unsicher, ob es am richtigen Ort war. Unsicher, ob es überhaupt die Fähigkeit zu sprechen hatte, so konnte Johan doch schwache Worte flüstern hören, als das Wesen zu sich selbst sprach.

"Wo bin ich hier? Ja... ich bin mir sicher... das muss der Ort sein, wo er sich befindet... mein Auserwählter... nun muss ich nur noch tun was möglich ist, um ihn zu finden... aber alles wird gut, und mein Plan ist schon im vollen Gange...“ Die Lichtgestalt hielt inne, als sie bemerkte, dass sie nicht ganz alleine war. Langsam drehte sie ihren Kopf in Richtung des Baumes, hinter dem der Norweger stand, hinter dem er sich noch mehr zusammen gekauert hatte, vor allem in der Erkenntnis, dass es vielleicht dieses Wesen war, vor dem sich Juudai so fürchtete und vor dem er ihn gewarnt hatte. Er kniff seine Augen zusammen, und nahm eine Fötushaltung ein, wieso er das tat wusste er selbst nicht so genau, sondern nur, dass etwas an diesem Wesen ihm furchtbare Angst einjagte. Mochte es noch so menschlich aussehen, oder einen Menschen auf jämmerliche Weise imitieren, es kam nicht aus dieser Welt. Und es konnte erst recht nichts menschliches empfinden. Was aber suchte dann dieses Wesen hier? Einen Auserwählten? Wozu auserwählt? Johan wusste nicht was er tun sollte, ob weglaufen oder da bleiben eine bessere Möglichkeit wäre, aber er blieb trotzdem. Vielleicht war das ein Fehler, denn das Lichtwesen kicherte nur leise, als es ein paar Schritte auf den Baum zuging. Jede Sekunde fürchtete Johan, entdeckt zu werden, doch dann hielt das Wesen wieder inne. „Ich spüre...ein Wesen, das mir nicht ganz unähnlich ist... Jemanden mit einem Hang zum Licht.“ Es pausierte, um sich dann indirekt an Johan zu wenden. „Wer oder was auch hier ist... meinen Plan wird es eh nicht stören...“ Damit drehte sich das Wesen wieder um, und machte kehrt. Das Verhalten dieses Wesens interessierte Johan, also wagte er es, ihm einen Blick hinterher zu werfen als es sich immer weiter von ihm zu entfernen drohte. Es lächelte leise vor sich hin, als es sich sicher war, die Aufmerksamkeit Johans zu haben, und flüsterte einige letzte Worte. „Der Eröffnungsball...“

Urplötzlich blendete ein helles Licht Johan so sehr, dass nicht einmal die Hände die er sich aus Schutzreflex vor seine Augen hielt noch etwas Schutz bieten konnten. Das Licht flutete ihn, gnadenlos umgab es ihn, bis er das Bewusstsein verlor und nicht mehr mitbekam wie das Wesen vor seinen Augen einfach in dem Licht verschwand, eins mit ihm wurde.

Es war immer noch dunkel als er wieder erwachte, schweißgebadet und sich wundernd, ob das alles gerade eben nicht einfach nur ein Albtraum war. Doch wieso zitterte er dann, wieso waren diese gerade erlebten Bilder noch so lebendig in ihm? Je mehr Sekunden vergingen, umso sicherer war sich Johan, dass genau dieses Wesen es war, vor dem Juudai ihn indirekt gewarnt hatte. Aber noch etwas beunruhigte Johan. Das Wesen hatte den morgigen Eröffnungsball erwähnt... hieß dass, das es dort wieder auftauchen und dann erst recht Gewalt und Zerstörung hinterlassen würde? Dann musste es wirklich der Feind sein, der Juudai so nervös machte, dass er sich immer mehr zurückzog. Er konnte trotzdem den Gedanken immer noch nicht loswerden, dass Yubel in die ganze Sache irgendwie mit verwickelt war.

Joahn richtete sich wieder auf, wischte sich den Schweiß von seiner Stirn, stand auf, und lehnte sich an den Baum, hinter dem er sich versteckt hatte, als er diese seltsame Beobachtung gemacht hatte. Was auch immer das Ganze bedeutete, so sollte er unbedingt Juudai davon in Kenntnis setzen. Aber der simple Fakt, dass Juudai sich jetzt schon so komisch benahm, und darunter litt, dass etwas da draußen auf ihn lauerte, hinderte Johan daran, zu Juudai zu laufen und es ihm sofort zu erzählen. Stattdessen beschränkte sich der Norweger darauf, es ihm morgen zu erzählen. Am besten nach dem Unterricht.
 

„Yubel... bitte, hör auf damit!“, schrie Juudai, als er versuchte Yubel zu beruhigen, die gerade mit Kissen durch das Zimmer nach Juudai warf. „NEIN!“, schrie sie zurück, „was machst du auch hinter meinem Rücken mit jemand anderem herum!!“ Sho sah den beiden zu, wie sie durch das eigentlich recht enge Zimmer liefen, Juudai nach Schutz suchend, während Yubel sich darum bemühte, ihrer Wut auf eine möglichst ungefährliche Art und Weise freien Lauf zu lassen. Gott sei dank, dachte sich Sho, warf sie nicht mit etwas Gefährlicherem als nur Kissen. Messer, Drachenfeuer oder Granaten wären viel schlimmer gewesen. Viel schlimmer. In seinen Augen sah es eigentlich eher danach aus, als ob Yubel die Kissenschlacht genießen würde, genauso wie Juudai, doch als Yubel abrupt stehen blieb, ihren Kopf niedersinken ließ, um ihren wütenden Blick vor Juudai und Sho zu verbergen, da merkte er wie ernst es ihr eigentlich war. Juudai blieb stehen, mit einem schuldigen Blick, als er den Ernst der Lage erkannte, und ein kurzes leises Schluchzen von Yubel hören konnte, das jedoch so kurz war, das man es auch bestenfalls als kurze Halluszination abtun konnte. Juudais Herz setzte bei diesem Geräusch kurz aus, und er ging behutsam auf Yubel zu, um sie zu beruhigen. „Yubel... es tut mir leid, was auch immer ich getan habe... aber es ist nicht so wie du denkst... du hast da etwas missverstanden...“ „Ah Ja??“, rief sie wütend, als sie seine Hand wegschlug, „Ich denke eher nicht. Juudai, du verstehst aber auch gar nichts!!!“ Damit rannte sie durch die Tür nach draußen, alle Vorsicht fahren lassend. Sie hinterließ einen schmollenden Juudai und einen äußerst verwirrten Sho.

„Aniki, was hast du nur gemacht?“ „Weißt du doch selbst... ich habe mit Johan geredet, nichts weiter...“ Sho nickte nur stumm dabei und meinte dann daraufhin: „Und du verstehst immer noch nicht was Yubel so verletzt hat? Dann bin ich hier derjenige der sie besser versteht.“ Damit stand er auf. „Keine Sorge Aniki, ich werde sie beruhigen.“ Er grinste seinen großen Bruder an, als er Yubel hinter her lief um mit ihr zu reden. Juudai blickte schuldbewusst zu Boden, als nun auch Sho ihn verließ, wohl wissend, wieso Yubel sich so benahm, aber er weigerte sich immer noch es sich einzugestehen.

„Yubel!!“, rief der kleine Blauhaarige durch die Nacht, doch er fand sie gleich unter den Treppen zu seiner Unterkunft. Sie sah einfach nur da, und wischte sich leise eine Träne weg, als Sho auf sie zu kam. „Lass mich in Ruhe“, bat sie ihn, „ich möchte alleine sein.“ „Yubel.. man redet mit seinen Freunden wenn man sich schlecht fühlt, damit es dann einem selbst besser geht. Diese Möglichkeit möchte ich dir nun geben, indem ich dir zuhöre“, erklärte Sho ihr als er sich zu ihr setzte. „Und weil wir gerade eben erst Freunde geworden sind, ist es besonders wichtig, dass auch du dich mir öffnest. Also, was war denn gerade eben los? Wieso warst du so wütend, als du wieder zurück gekommen bist?“ „Das würdest du nicht verstehen, Sho.“ „Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?“ Yubel sah auf, und in Shos Augen. „Woher willst du das wissen?“, gab sie zurück. „Du musst auf Johan eifersüchtig sein, sonst wärst du nicht so wütend nur weil Aniki kurz mit ihm geredet hat.“ Damit hatte er Yubel, die ehemals so mächtige und starke Yubel, eiskalt erwischt. Sie erwiderte nichts, sondern schaute wieder weg und vermeidete Blickkontakt, was für Sho zeigte, dass er Recht hatte. „Und wenn schon“, gab sie leise zurück. „Aber dann verstehe ich nicht warum du eifersüchtig bist. Gibt es denn einen guten Grund dazu? Ich meine, du lebst doch hier bei uns, zusammen mit Juudai, Johan tut das nicht. Du kannst nach dem Unterricht immer mit Juudai zusammen sein, wenn du magst, also was ist dein Problem? Oder... kann es sein, dass...“, Sho war ruhig geworden, als er anfing nachzudenken und ein weiterer Gedanke ihm durch den Kopf schoss. Naiv wie er war, sprach er einfach aus was er dachte. „Oder kann es sein, dass du Hinweise dafür hast, dass die beiden sich lieben?“ Yubels Augen verengten sich und sie zuckte zusammen, dann sah sie Sho wütend in die Augen. „Lass das!“, kreischte sie, „Erwähne niemals was du eben gesagt hast in meiner Gegenwart!!! Ich will das nicht hören!“ „Also doch... was hast du denn gesehen, als du Johans Körper übernommen hast? Du musst da die meisten Hinwiese bekommen haben...“, bohrte Sho neugierig nach, „Oh Mann, dann fühlen sie ja doch etwas füreinander...“ „Bitte... Sho... Hör auf!“ Sho sah Yubel mitleidig an, als er merkte, dass er sie eigentlich eher damit quälte, als ihr zu helfen. „Tut mir leid, Yubel... tut mir leid, manchmal mangelt es mir auch an Feingefühl...“ Yubel stöhnte, als sie sich beruhigte, und sich eine Hand an die Stirn hielt. „Schon gut“, murmelte sie, „ich habe es eben gemerkt. Aber es ist nicht nur das, was du schon erwähnt hast. Es macht mich wahnsinnig, zu sehen, dass es da etwas mehr als Freundschaft zwischen den beiden gibt, das stimmt. Aber noch wütender macht mich die Tatsache, dass ich nicht bei Juudai sein kann, die ganze Zeit bei ihm sein kann. Ich sehne mich so sehr danach. Ich möchte ihn auch im Unterricht begleiten können, und am meisten wünschte ich mir...“, sie sah hoch in den Nachthimmel, verträumt, „am meisten wünschte ich mir, ich könnte morgen Abend mit ihm auf dem Ball zusammen tanzen.“ Sho sah zu, wie Yubel in den Himmel starrte, ein sanftes Lächeln auf dem Gesicht, als sie sich vorstellte, wie es wohl wäre, mit ihren Geliebten zu tanzen, endlose Kreise zu drehen inmitten von anderen Menschen, die vielleicht ihre Innigkeit bewundern würden. Nie hätte er gedacht, dass ausgerechnet Yubel, die so böse und sadistische Yubel, ein Hermaphrodit, ein halber Mann, so einen mädchenhaften Traum hegen könnte. Aber Sho selbst konnte nicht anders, als er Yubel so lächeln sah, als Sympathie für sie zu fühlen. Sie hatte ihm anvertraut, was sie sich im Moment am meisten wünschte. Das brachte auch ihn dazu zu lächeln. „Wer weiß“, sagte er, „vielleicht wird es eines Tages soweit sein. Vielleicht nicht morgen, Yubel, aber irgendwann. Vielleicht sogar hier, unter diesem dunklen Himmel, unter der Slifer Red Unterkunft. Wäre es dir denn egal, wo es sein würde, wenn du mit Aniki tanzen könntest?“ „Ja, ich denke schon. Aber Musik und ein paar Menschen mehr will ich schon haben“, gab sie zu. Sho musste dabei lachen und sogar Yubel stimmte ein. „Dann musst du aber dabei sein, Sho!“ „He? Ja, gerne!“ Eine Weile noch saßen sie da, als Sho sich dann erhob, sich den Sand aus seinen Hosen klopfte, und sagte: „so, aber jetzt muss ich wieder rein. Du kannst noch etwas hier bleiben wenn du magst, aber komm dann rein, wenn du schlafen willst, ok? Du weißt wo du die Decken findest?“ „Ja Sho. Gute Nacht.“ Und sie blieb tatsächlich noch eine Weile draußen, hüllte sich in Dunkelheit, die sie zum Leben brauchte.

Wachsende Zweifel

Kapitel 8: Wachsende Zweifel-
 

Sie träumte diese Nacht, und es war das erste Mal seit unendlich langer Zeit, dass sie wieder träumte, denn für viele Jahre hatte sie das Träumen aufzugeben versucht, weil es sie immer wieder an ihre Schmerzen erinnert hatte. Und doch konnte sie ihre Träume nicht vollständig fernhalten, und sie kamen durch, mit immer denselben Bildern quälten sie sie. Mit den Bildern ihrer Vergangenheit, mit den Bildern der Person nach der sie sich am meisten sehnte.

Immer wieder mal, in unregelmäßigen Abständen brachen die Bilder ihres Juudai durch, drangen in ihr Herz und erfüllten es mit noch mehr Kälte und Schmerz. Als sie noch im All war, und es geschafft hatte, sich gänzlich in die Welt ihrer Selbst zurückzuziehen, so konnte sie verhindern, dass diese Erinnerungen in ihr Herz drangen und sie innerlich zu vernichten drohten. Es verhinderte dass ihr Herz vor Trauer zersprang, verhinderte, dass sie sich vor Wut selbst verletzte. Dennoch konnte sie niemals gänzlich sicher davor sein, dass sie ihre Erinnerungen und Sehnsüchte nicht doch irgendwie erreichten – denn wenn man etwas leugnet oder versteckt, umso mehr will es heraus brechen, und so war es dann auch bei ihr.

Juudai erschien im Traum vor ihr, lächelte sie sanft an, und streckte seine Hand nach ihr aus, berührte sanft ihr Wange, und nährte sein Gesicht an ihres, als seine Lippen die ihrigen berührten, aber doch konnte sie nichts spüren. „Sei nicht traurig, Yubel... ich bin bei dir, ich werde immer bei dir sein, so wie es dir versprochen habe...“ Noch gefangen in dem Gefühl der Liebe, die ihr diese Illusion gab, brach dann doch die Wahrheit zu ihr durch und sie schrie: „Du Lügner! Warum, warum hast du mir das angetan!!!??? Du hast mich doch hierher geschickt!!! Du bist nicht wirklich hier, ich wünschte mir nur du wärst es... ich wünschte es... so ...sehr...“ Wann immer sie diese Illusion durchschaute, die ihre Träume ihr vorgaukelten, so traf sie die Wahrheit mit voller Wucht, einem Gewicht, das größer zu sein schien als die Erde oder das Universum. Ein Schmerz, der ihr so wehtat, dass sie sich zu sterben wünschte, dass sie sich sehnte, sanft zu entschlafen, nur um den bohrenden Gedanken zu entkommen, denn der Tod würde in diesem Fall Erleichterung bedeuten. Und er wäre sinnvoll, selbst wenn das sie ebenfalls von der Seele ihres Geliebten weit entfernen würde. Aber war es in diesem Fall nicht völlig egal? Sie war doch jetzt schon weit weit weg von der Seele Juudais, weggeschickt von ihm selbst, ohne Hoffnung jemals zu ihm zurückkehren zu können, und selbst der Tod könnte sie nicht noch weiter von ihm entfernen als ohnehin schon.

Doch wann kam ihr der Gedanke, der ihr alles leichter machte und bei ihr wirkte wie eine Beruhigungsspritze, der Gedanke, der sie so ruhig stellte, und von der Verzweiflung heraus holte, dass sie endlich wieder klar denken, und sogar neue Hoffnung schöpfen konnte? Die Dunkelheit war ihr natürliches Element, aber vor ihrer Zeit im Exil hatte sie nie geahnt, was es hieß, Dunkelheit in seinem Herzen zu haben. Mit dem Gedanken daran, dass Juudai sie nur aus Liebe leiden ließ, drang zum ersten Mal Licht in ihr Herz ein, das Licht der Hoffnung, eine Kraft, vor der sie sich erst gefürchtet hatte, die sie dann aber annahm, weil sie der endlosen Trauer leid war und sie leben wollte, leben wollte für ihren Geliebten. Sie wollte zu ihm zurückkehren, und sah ein, dass es möglich war. Das Licht zeigte es ihr. Am Ende war ihr Wille stärker gewesen als ihr Selbstmitleid, nur dank dem Licht, das ihr die Kraft spendete, der Dunkelheit ihres Herzens zu entsagen. Und doch konnte sie niemals von der Dunkelheit loskommen, brauchte es immer noch zum Leben. So wie sie nun das Licht brauchte, um die Kraft zu schöpfen nicht aufzugeben bis sie hatte was sie wollte. So kam es, dass sie Hikari wieder traf, und zwischen Licht und Dunkelheit ihren Weg bahnte. Ihren Weg zurück zu Juudai Yuki, ihrem Geliebten.
 

Ein gleißendes Licht tauchte neben ihr auf, als sie sich erinnerte, und erhellte die Dunkelheit mit seinem strahlenden Licht ein wenig. Yubel drehte sich zu dem Licht um, wohl wissend, wer es war der ihr einen Besuch abstattete, obwohl es sie doch verwunderte wie er einen Weg zu ihr finden konnte. „Yubel, bist du schon wieder in Gedanken versunken...“ „Hikari... was machst du hier? Ich dachte, wir hätten dich im Neo-Weltraum zurückgelassen.“ Hikari kicherte leise. „Was für ein naiver Drache du bist, Yubel. Ich kann es gerne noch einmal für dich wiederholen, Yubel. Ich bin das Licht und kann überall sein wo ich es wünsche.“ „Ich frage mich trotzdem wie du es schaffen konntest hierher zu kommen, wenn ich doch ein Wesen der Dunkelheit bin.“ „Das... ist mein Geheimnis. Aber sag... du machst dir große Sorgen um deinen Geliebten, nicht wahr? Hast du Angst, Yubel, dass ihm etwas passieren wird, oder eher Angst davor, dass er dich alleine zurücklässt, und wieder verlässt, dass er dich ins Weltall schickt? Dass er wieder jemand anderen dir vorzieht?“ Yubel schwieg einige Momente lang, sah Hikari einfach nur an. „Was soll das? Ich weiß, dass ich für Juudai wichtig bin. Er hatte sogar seine Seele mit mir fusioniert. Er lässt mich bei sich leben. Und eines Tages werden wir wieder zusammen sein, so wie einst.“ „Humbug!“, wisperte Hikari leise, aber bestimmt, „mich wundert wie mädchenhaft und naiv du wirklich bist, wenn du in der Nähe dieses Jungen bist. Was ist nur aus der starken Yubel geworden, die sich um niemanden scherte, die opfern konnte und Schmerzen über alles genießen konnte? Du bist furchtbar weich geworden in letzter Zeit. Und dankbar nimmst du alle Illusionen in dir auf, die dir dieser kleine Junge mit Brille und hellblauen Haaren gerade noch aufgetischt hat. Dabei weißt du tief in deinem Inneren selbst ganz genau, das er gelogen hat. Juudai verliebt sich langsam aber sicher in Johan, und du kannst nichts dagegen tun. Und wenn die beiden erst einmal zusammen kommen, dann ist es für dich und deine Träume vorbei. Dann wird er dich erneut ins All schicken, weil du für ihn völlig nutzlos geworden bist, so wie du es schon für ihn geworden bist, als du dein Menschsein gegen das eines Drachens ausgetauscht hast. Du erinnerst dich doch sicher noch daran, wie frustriert Haou war, oder? Ihr konntet damit nicht mehr in eurem früherem Leben zusammen sein. Und jetzt erst recht nicht. Eure Zeit wird niemals kommen.“ „HÖR AUF!“, schrie Yubel, fasste sich an den Kopf und schüttelte ihn heftig, weil die Worte Hikaris eine empfindliche Stelle bei ihr trafen. Sie fing an immer mehr zu zweifeln, und das Licht in ihrem Herzen schien es sich zu Nutzen zu machen. Sie konnte das nicht zulassen, und dennoch festigten sich diese Zweifel immer mehr. Denn hatte Hikari nicht recht? Früher konnten sie nicht zusammen sein, weil es schon Gerüchte am Hof gab, nach ihrer Wiedergeburt war Juudai zu jung gewesen, um ihre tiefe Liebe überhaupt verstehen zu können, und nun gab es so viel Schmerz zwischen Ihnen, den sie erst zu überwinden hatten. „Lass mich! Du hast Unrecht! Wir sind zusammen. Wir werden es immer sein“, murmelte Yubel, in einem recht unüberzeugten Ton. „Verstehe. Noch bist du im Stadium des Leugnens, aber eines Tages wirst du die Wahrheit sehen, und dann wirst du mich um Hilfe bitten. Denn Yubel... du magst denken, das ich hier bin um dich zu quälen, aber das stimmt nicht, ich will dir nur helfen.“ Das brachte Yubel zum Kichern: „Du, mir helfen? Ich bin nicht die einzige, die hier leugnet. Du willst mich nur für deine Zwecke missbrauchen, damit du leichter Zugang zu Juudai hast. Aber ich als seine Beschützerin werde das nicht zulassen.“ „Haha... du musst wirklich ein kurzes Gedächtnis haben. Ich habe dir bereits schon zweimal geholfen, weißt du nicht mehr? An ein Mal hast du dich gerade eben erinnert. Aber nun denn... wenn du noch leugnest, so wird doch bald der Tag kommen, an dem du gänzlich verstehen wirst. Dann wirst du zu mir kommen, und ich werde dir helfen, Juudai für immer dein zu machen, so wie ich es einst schon einmal getan habe.“ Auf Hikaris fließendem Gesicht zeigte sich kurz ein hämisches Grinsen, als er sich umdrehte und verschwand. Yubel seufzte auf, als sie ihn hatte verschwinden sehen und dachte nach. Tausende Gedanken schwirrten in ihrem Kopf durcheinander, und ein schreckliches Gefühl machte sich in ihr breit – Zweifel. Langsam wusste sie nicht, wem sie mehr Glauben schenken sollte, ob Juudai ehrlich zu ihr war, ob Sho oder Hikari sie anlog. Und wieso um Himmels willen sollte Hikari, wenn er ihr doch angeblich nur helfen wollte, erst ihre Fusion mit Juudai auflösen und ihr dann die Zweifel, sie schon in ihr vorhanden waren, noch weiter stärken? „Nein... Hikari will mich doch nur benutzen, dass ist alles. Ich darf nicht darauf herein fallen. Ich habe Juudai an meiner Seite, und ich werde ihn beschützen, mit allem was ich habe. Genauso habe ich Sho, und solange ich die beiden habe, Hikari, wirst du mir nichts tun können. HÖRST DU, DU WIRST KEINE CHANCE HABEN!!!“
 

Etwas schüttelte sie, und langsam kam sie wieder zu sich, als sie spürte, wie etwas ihre Arme umfasst hatte und sie versuchte im leisen Flüsterton zu beruhigen. „Yubel, Yubel, bitte wach auf! Du hattest nur einen Albtraum!“ Sie sah Sho, der besorgt in ihr Gesicht blickte, und gleich neben ihm Juudai, ebenfalls mit einem besorgten Gesicht. „Was..ist passiert?“, fragte Yubel verwirrt, als sie sich aufrichtete. „Du hattest wahrscheinlich einen Albtraum, glaube ich. Jedenfalls hast du auf einmal angefangen zu schreien, und wie wild um dich zu schlagen“, sagte Sho „Oh“, machte Yubel, der es schlagartig peinlich war, „es tut mir leid.“ „Nein, das braucht es nicht“, sagte Juudai, der ihre Hände in seine nahm, und dann Yubel umarmte, „ich weiß selbst wie es einst war als ich noch solche Albträume hatte und du versucht hattest mich zu beruhigen.“ „Juudai...“, flüsterte Yubel immer noch verschämt, merkte aber, dass er recht hatte, nur dass es diesmal umgekehrt war und er sie beruhigen musste, weil sie einen Albtraum hatte und nicht er. „Yubel, was hast du geträumt?“, fragte Juudai neugierig aber vorsichtig durch die Umarmung hindurch. Der Hermaphrodit zögerte, ob sie es ihm erzählen sollte, wohlwissend, dass sie Juudai nicht beunruhigen wollte, aber auch, weil sie selbst nicht wusste, ob es nur Traum oder eine andere Wirklichkeit gewesen war. Sie entschied sich für die sicherere Variante. „Ich ...weiß es nicht mehr so genau...“, meinte sie und hielt sich wieder den Kopf, kuschelte sich dann aber näher an Juudai, als sie merkte das sie die Situation ausnutzen konnte, um Juudai näher zu sein und er ließ es auch zu. Eine Weile blieben sie alle stumm, während Juudai wortlos durch Yubels wirren Haare strich, bis Yubel sich wieder beruhigen konnte und wieder in ihre Pflichten zurückfiel. „Aber sagt mal, ihr musst alle wieder schlafen gehen! Husch, husch, ins Bett! Vor allem du, Juudai, ich weiß doch wie sehr du Schlaf brauchst.“ „Das würde eh nichts mehr bringen“, meinte Sho nur, als er mit einem Kopfnicken auf das Fenster deutete, durch das bereits die aufgehende Sonne herein schien. Juudai seufzte auf, und hielt sich noch länger in der Umarmung von Yubel, da sie fast schon so weich und warm war wie die Bettdecke die er um die Zeit normalerweise immer noch brauchen würde. Sho stand auf, und beschloss, sich für den Schultag fertig zu machen, während Yubel aufstand, um den eingeschlafenen Juudai in sein Bett zu tragen, die Bettdecke über ihn auszubreiten und sich dann an die Bettkante zu setzen um über seinen Schlaf zu wachen. Sho kam aus dem Bad zurück und fragte: „Wirst du ihn dann gleich wieder wecken, damit er nicht zu spät in den Unterricht kommt?“ „Ich weiß nicht. Ich will ihn nicht belasten, und wenn er einen etwas längeren Schlaf braucht... aber ich werde ihn schon rechtzeitig wecken, damit er nicht zu spät in den Unterricht kommt.“ Wortlos ging Sho seine Schulsachen durch. „Aber du hast noch nicht mit ihm geredet, oder?“ „Worüber geredet?“ „Na, über deine Gefühle, darüber, was du dir am meisten von ihm wünschst. Dass du ihn am liebsten begleiten willst, und dass du mit ihm tanzen möchtest.“ „Nein, das konnte ich bis jetzt nicht, es war doch bereits spät abends als wir miteinander gesprochen haben, und jetzt muss er sich erst auf die Schule konzentrieren.“ „Hast du Angst, es ihm zu sagen?“, kicherte Sho leise. „Nein!“, meinte Yubel in gereiztem Ton, „ich weiß nur nicht, wie ich es ihm sagen soll, und vor allem wann. Heute Abend ist bereits der Ball auf dem ich mit ihm tanzen will...“ Es stimmte sie traurig, daran zu denken, dass es ihr verwehrt bleiben würde, direkt an den Feierlichkeiten teilnehmen zu dürfen; Sho bemerkte das und versuchte sie zu trösten. „Hey, Yubel, hör mal. Rede am besten mit ihm in der Pause darüber. Wenn du ihm sagst, wie du dich fühlst, wird er Rücksicht auf deine Gefühle nehmen können. Aber wenn du schweigst, kannst du nicht erwarten, dass Juudai weiß, was du denkst, denn er hat kein drittes Auge, das ihm das offenbaren kann, noch hat er genug Erfahrung in Gefühlsdingen und das wissen wir beide nur zu gut, oder? Also, wenn du magst, sag ich ihm vor der ersten großen Pause Bescheid, dass ich mit ihm über etwas wichtiges auf der Wiese reden möchte, dann kommt er hoffentlich dorthin, und dann hast du deine Gelegenheit mit ihm offen sprechen zu können, was hältst du davon?“ Überrascht über Shos Fähigkeit, so schnell einen solchen Plan zu fassen, stimmte Yubel schließlich zu. „Danke, Sho. Du.. bist ein wahrer Freund.“ „Immer gerne Yubel. Ich frage mich nur langsam auch, was Aniki wirklich denkt.“ „Ich kann zwar manchmal Gedanken lesen, aber nicht Gefühle, also wüsste ich das nur auch allzu gerne.“
 

Es dauerte nicht lange, da weckte Yubel Juudai auf und schickte ihn abermals in die Schule, wieder zu verfrüht für Juudais Geschmack, aber immerhin mit nicht so rabiaten Mitteln wie beim letzten Mal. Trotzdem tat das Juudais Müdigkeit keinen Abbruch, im Gegenteil, es wurde immer schlimmer damit. „Was weckt sie auch einen Langschläfer wie mich so früh auf?“, fragte Juudai seinen kleinen Bruder, „ich will endlich mal so lange schlafen wie ich möchte.“ „Da musst du aber bis zum Wochenende warten, dann kann dich Yubel mal Samstag und Sonntag länger schlafen lassen. Ist ja eh nicht mehr lange, wir haben gerade mal Donnerstag.“ Auf dem Weg zum Unterricht fanden sie rasch die anderen vor, die vor einem Plakat standen und lasen. „Was ist denn hier los?“, fragte Juudai Asuka in einem neugierigen Ton, als er sie in der Schülerschar entdeckte. „Oh, Guten Morgen, Juudai-kun. Sie haben nur gerade die Liste für die unterschiedlichen Klubs ausgehängt. Es gibt eine neue Theater-AG, genauso wie eine Art Kunstklub, gegründet von unserem neuen Lehrer.“ „Und du gedenkst, an einer der AGs teilzunehmen, Asuka?“ Das dunkelblond-haarige Mädchen kicherte. „Ja, das gedenke ich in der Tat zu tun. Wisst ihr, ich hatte seit Ewigkeiten vorgehabt, in einem der Klubs mitzumachen, aber bis jetzt einfach keine Zeit dazu gefunden. Nun, da wir fast unsere Schulzeit beendet haben werden, möchte ich es versuchen, um nichts zu bereuen“, gestand sie den beiden. „Vielleicht wollt ihr auch in einen der Klub beitreten?“ „Na, ich weiß nicht. Ich bezweifle, dass es etwas interessantes für mich gibt“, sagte Juudai dazu. „Das ist schade, ich dachte wir alle könnten gemeinsam einem dieser Klubs beitreten.“ „Asuka, wer weiß, vielleicht finden wir bald einen Klub in dem wir wirklich alle mitmachen können“, sagte Sho zuversichtlich. „Ja, wer weiß. Vielleicht... aber jetzt kommt, wir müssen gleich in den Unterricht.“ „Ja“ Damit folgt Sho Asuka, aber Juudai blieb an der Liste stehen und warf einen kurzen Blick darauf. *Also hat Herr Koouzima einen eigenen Klub gegründet...ich frage mich, ob dort alles mit rechten Dingen zugeht* Doch er verschwendete nicht viel mehr weitere Gedanken daran und folgte schließlich seinen beiden Freunden.

Asuka machte sich auch zunehmend Sorgen um Juudai. Normalerweise würde er begeistert mitmachen wollen, bei allem was sie vorzuschlagen hatte, und sie hatten bis jetzt so viele Dinge gemeinsam erlebt, ob gefährliche Abenteuer, oder auch normale Alltagdinge. Aber nun war er wie verwandelt. Er sprach nicht mehr viel, er lachte sogar weniger als früher, er schien sogar versuchen zu wollen ihnen allen aus dem Weg zu gehen. Als all diese Gedanken ihr durch den Kopf schossen, konnte sie sich nicht mehr so ganz auf den Unterricht konzentrieren. Stattdessen kramte sie nach einem alten Photo, das sie in ihrem Mäppchen wiederfand. Auf dem Bild zu sehen war Juudai, mit einem breiten Grinsen, dass nun verschwunden war. Wird es jemals wieder kommen? Wird sie es jemals wieder sehen?

Es klingelte zur großen Pause, als Juudai, Sho und Asuka aus dem Unterricht kamen, und Rei im Gang zusammen mit Siraj an der Hand zu ihnen stieß. „Hallo! Juudai-sama!!!“, kreischte sie fröhlich aus. „Wie geht es dir so?“ „Oh, ja, ganz gut“, meinte Juudai verlegen. „Und euch beiden?“ „Ja, auch nicht schlecht. Zumindest haben wir noch keine Tests beschrieben, also bin ich ganz zufrieden“, meinte Siraj nur, „aber Rei scheint irgendwie jetzt schon wegen dem Ball heute abend aufgeregt zu sein. Und sie wundert sich, ob du schon eine Begleitung hast.“ „Genau!“, rief Rei aus, „und ich wollte fragen, was du davon hälst, mit mir auszugehen, falls du nicht schon eine Begleitung hast!“ „Eh...“ Das machte den Braunhaarigen Jungen sprachlos. Da standen nicht ein, sondern gleich drei Mädchen vor ihm, die gerne mit ihm zu diesem Ball gehen würden, aber er sah nicht ein, wieso er eine von ihnen unbedingt dazu einladen müsste. „Muss ich denn eine Entscheidung treffen? Ich meine, ihr geht doch sowieso alle hin, oder? Wieso muss ich dann eine von euch dazu extra einladen?“ Asuka zog einen Flunsch und schüttelte dann ungläubig den Kopf. „Mann, Juudai, ich hätte nicht gedacht, dass du so naiv bist!“ „Was denn?“, fragte er zurück, „ich habe doch Recht oder? Was habe ich denn da nicht verstanden?“ Siraj kicherte leise, fragte dann aber Rei und Asuka: „Ist er immer so?“ „Ja, meistens“, bestätige Asuka mit einem Kopfnicken. „Verstehe“, meinte die blondhaarige Schülerin des ersten Jahrganges und ging auf Juudai zu, um ihn mit ihren blauen Augen ins Gesicht zu blicken. „Ich erzähle dir jetzt mal etwas über Mädchen, Juudai. Mädchen wollen gerne von Jungs zu einem Ball eingeladen werden, selbst wenn es selbstverständlich so ist, dass sie auch von alleine auf den Ball kommen würden.“ „Aber wieso denn?“ „Na, weil es so viel romantischer ist. Und mal nebenbei...“, flüsterte Siraj ihm jetzt hinter vorgehaltener Hand zu, „Ich glaube fast, die beiden da stehen auf dich.“ Damit ging sie einen Schritt zurück, um ihm ein breites Grinsen zu schenken. Alle drei sahen ihn gespannt an, aber das war zuviel für Juudai. Wütend schloss er die Augen, schnaubte kurz auf, winkte Sho zu, und ging langsam weg, hinterließ eine besorgte Asuka, eine verständnislos schauende Rei, sowie eine überraschte Siraj.

„Warte, Juudai!“, rief Sho aus, als er versuchte den hastigen Schritten seines Anikis zu folgen. „Ich habe da eine Bitte an dich!“ „Ja, was ist denn?“, fragte Juudai, als er stehen blieb. „Ich möchte, dass du auf die Wiese gehst, an den Baum.“ „Wieso das denn?“ Sho zuckte mit den Schultern. „Ach, einfach so. Mach es einfach, okay, Aniki?“ „Und was erwartet mich da? Ein Date? Bitte Sho, wenn es so etwas ist, dann lass mich bitte damit in Ruhe.“ „Nein, Juudai, keine Sorge. Es ist etwas anderes, und es ist sehr wichtig! Aber beeile dich bevor die Pause um ist!“ Sho gab Juudai einen leichten Schubs Richtung Ausgang, und Juudai verstand. Er traute seinem kleinen Bruder, also tat er worum dieser ihn gebeten hatte und machte sich auf dem Weg zur Wiese.
 

Yubel saß schon unruhig auf dem Baum, zu dem gleich Juudai kommen sollte, falls Sho es ernst gemeint hat, und seinen Plan wirklich in die Tat umgesetzt hat. Noch nie hat sie sich vor einem Treffen mit Juudai so nervös gefühlt, dabei lebte sie doch sogar mit ihm zusammen. Auch wenn sie es in letzter Zeit beide erfolgreich vermieden hatten, miteinander ehrlich zu reden. Nun war die Gelegenheit dazu gekommen, aber sie zweifelte, dass sie den Mut dazu finden würde, ihm alles das zu sagen, was sie bereits Sho erzählt hatte. Weil sitzen ihr zu anstrengend war, stand sie auf, und schon sah sie Juudai von weitem auf ihren Baum zulaufen. Doch dann bemerkte sie, wie Juudai inne hielt, dann sah sie wie ein Junge mit türkisfarbenen Haaren auf ihn zuging.
 

„Juudai, wo läufst du hin?“ „Johan! Was machst du hier? Ich dachte du hängst mit den anderen aus deinem Haus ab?“ „Ne, wieso sollte ich? Ich muss allerdings mit dir reden...“ „Was gibt’s denn?“ Johan's Lächeln erstarb und er blickte Juudai besorgt an. „Weißt du noch, wie wir an diesem einen Abend miteinander geredet hatten, und ich dir versprach, dir Bescheid zu sagen, sollte mir irgendetwas verdächtiges auffallen?“ „Ja...“, meinte Juudai zögerlich, „das ist in der Tat so, ich erinnere mich. Was ist passiert?“ „Es ist gestern Abend passiert, kurz nachdem du mich verlassen hattest. Ich blieb noch eine Weile alleine stehen, als ich auf einmal ein Leuchten sah. Erst dachte ich, es wäre vielleicht einer der Neulinge, der sich verirrt hat und mit einer Taschenlampe den Weg zurück sucht, aber als ich hinsah, wollte ich meinen Augen nicht trauen. Ich sah auf der Lichtung ein Wesen... ah, es ist schwer zu beschreiben... ein Wesen das fast genauso aussah wie damals, als wir das erste Mal in diese fremde Dimension geschleudert worden sind, weißt du noch? Als Kobra Selbstmord beging?“ „Ja“, flüsterte Juudai, „du meinst ein leuchtender Humanoide?“ Johan nickte daraufhin, und der Braunhaarige hielt gespannt den Atem an. „hat er dir etwas angetan?“, fragte er nach, und packte Johans Hand. Dieser schüttelte den Kopf. „Nein, hat es nicht. Mir geht es gut, wobei ich zugeben muss, dass ich mich in der Gesellschaft dieses Wesens alles andere als wohl gefühlt habe. Es hat allerdings...“ „Was??“ „Ich habe das Gefühl, dass es auf dem Eröffnungsball erscheinen wird. Das Wesen.... es konnte reden...und hat den Eröffnungsball heute Abend erwähnt.“

Juudai wurde schlagartig bleich im Gesicht und ganz still, während Johan sich noch im selben Augenblick fragte, ob er es Juudai vielleicht doch nicht hätte erzählen sollen. „Juudai, was ist mit dir?“, fragte er als er mit seinen Händen die von Juudais umschloss, „du bist so bleich geworden, fühlst du dich nicht gut?“ Juudai schüttelte den Kopf. „Mir geht es gut, aber... du musst mir versprechen, dass du nicht zu diesem Ball heute Abend gehst!“ „Warum nicht? Ist es wegen diesem Wesen?“ Juudai wagte es nicht, in die durchdringenden Augen Johans zu blicken, aber dass er seinen Blicken auswich, hieß nur eines für Johan: „Also ist dieses Wesen der Grund dafür, dass du dich in letzter Zeit so verändert hast. Also ist es der neue Feind?“ Der Braunhaarige ließ nach, nickte dann. „Ja. Dass dieses Wesen hier aufgetaucht ist, verheißt nichts Gutes, glaube mir.“ „Wenn dem so ist, dann wird es nichts bringen, wenn wir von der Party fernbleiben. Wir müssen dort sein, um unsere anderen Freunde zu schützen. Und wir müssen auch an die denken, die sonst noch auf dem Ball anwesend sein werden. Wir können nicht einfach allen sagen, dass dieser Ball ausfällt, nur weil wir etwas vermuten, wofür wir keinerlei Beweise haben.“ „Schon aber... ich weiß nicht, was wir ausrichten könnten!“ „Noch weiß ich es, aber wir werden schon sehen. Keine Sorge, ich bin bei dir! Und wir könnten wenigstens den anderen Bescheid sagen, dass sie heute Abend auf sich Acht geben sollen, was hälst du davon?“ Juudai nickte etwas erleichtert. „Ja, ich denke das hilft mir. Danke Johan. Danke, dass du es mir erzählt hast. Aber ich muss weiter.“ „Gut“, nickte der Norweger, „treffen wir uns etwas früher bevor der Ball beginnt?“ „Ja!“, rief Juudai, als er weiter lief.
 

Yubel konnte es nicht glauben. Juudai hat wieder mit ihm geredet. Wenn er nur wüsste wie sehr sie es hasste, ihn in der Nähe dieses Norwegers zu sehen. Aber wenigstens war er nun endlich auf dem Weg zu ihr.

Und kaum hatte sie diesen Gedanken beendet, sah sie schon Juudai am Fuße des Baumes stehen und sich umsehen. „Hallo?“, rief er, „Wartet hier jemand auf mich?“ „Ja“, sagte eine Stimme von oben. Juudai sah hoch und erblickte seine Beschützerin Yubel, die zu ihm herunter sprang. „wow, Yubel! Ich hätte nicht gedacht, dich hier zu treffen. Also wolltest du mit mir reden?“ Sie nickte: „Ja, das wollte ich. Juudai, ich muss dir so vieles erzählen...und weiß nicht wo ich anfangen soll...“ „Ich habe auch etwas zu sagen“, meinte Juudai hastig, „Johan hat mir gerade eben etwas erzählt, was ich nicht erwartet hätte!!“ „Und das wäre?“, fragte Yubel kühl, „wenn es etwas mit eurem Gefühlsleben zu tun hat, will ich es gar nicht wissen.“ „Nein, es hat gar nichts damit zu tun. Sondern mit dem Ball. Und mit unserem gemeinsamen Feind.“ „Was hat Johan dir erzählt?“ „Er hat eine Beobachtung gemacht, die von höchstem Interesse ist. Er hat Hikari gestern Abend gesehen. Und dieser will heute Abend auf dem Ball wahrscheinlich zuschlagen.“ Was auch immer Yubel gedacht hatte, das Juudai sagen könnte, das war es sicher nicht. Überrascht sah sie ihn an. „Wenn das wahr ist, dann will ich nicht, dass du zu diesem Ball gehst!“, rief sie aus. „Ich kann nicht, Yubel! Du weißt, dass ich hierher zurück gekehrt bin, damit ich meinen Freunden helfen kann, damit ich sie vor diesem Feind beschütze!“, schrie Juudai zurück, und Yubel wich zurück. „Sind sie dir immer noch so wichtig, dass du dein Leben für sie riskierst?“ „Ja, so wie du dein Leben für meines hingeben würdest.“ „Ja. Und eben deshalb will ich nicht, dass dir etwas passiert. Juudai... wenn das stimmt.... lass mich heute Abend bei dir sein!“ „Natürlich. Ich... würde nicht ohne dich hingehen wollen...“, gab er zu und Yubel fragte sich, ob es nur wegen der drohenden Gefahr so war. „Aber wahrscheinlich nur, weil diese Gefahr dort lauert, oder?“ Juudai wich ihrem Blick aus, als er zugab: „Nein... nicht nur deswegen...ich würde mit dir dort hingehen wollen, auch wenn es diese Gefahr nicht gäbe...“ Er wurde rot im Gesicht, und Yubel spürte bei seinen Worten eine Welle des Glücks durch ihren Körper jagen – auch sie wurde rot. Nach einer kurzen Pause, in denen beide nichts sagten, brach Yubel das Schweigen, indem sie zugab: „Ich verstehe dich schon. Ich würde auch... Sho beschützen wollen. Weil er ein Freund ist.“ Juudai sah in Yubels Gesicht, erfreut. „wow... Yubel! Ich wusste doch, dass es eine gute Erfahrung für dich sein würde, wenn du dich mit Sho anfreundest!“ „Ja, da hast du recht“, gab sie verschämt zu, „ er ist wirklich sehr nett und hilft mir wenn ich Probleme habe. Und er hat mir sogar geholfen, indem er dich hierher beordert hat.“ „So sehr wolltest du mit mir reden? Worüber denn?“ „Ich...wollte dich fragen, ob wir nicht auf dem Ball miteinander tanzen könnten..“ „Miteinander tanzen?“, fragte Juudai überrascht. „Ja... ich wünschte es mir so sehr. Ich will mit meinem Geliebten tanzen. Und, Juudai, du bist dieser Geliebte für mich. Ich mag zwar ein Hermaphrodit sein, aber ich hege dennoch diesen Traum von dem wohl alle Mädchen derzeit in deiner Schule träumen. Ich will mit dir tanzen.“ Juudai wusste nicht, was er daraufhin sagen sollte, zu sehr hatte ihn dieser Wunsch überrascht. Immer noch die Röte im Gesicht, in seinen Augen spiegelte sich das hoffnungsvolle Gesicht Yubels, des Wesens, das ihm ihre ewige Liebe geschworen hat und dem er auch denselben Eid geleistet hat. Ganz schwach erinnerte er sich plötzlich wieder an etwas: An einen Jungen, mit dem er eines abends einfach in den Garten geschlichen ist, um mit ihm zu tanzen. Das blaue Haar fiel in sein Gesicht, und seine grünen Augen leuchteten wie Smaragde in dem schwachen Licht der Fenster. Er erinnerte sich wie sehr die beiden gelacht haben, und merkte, dass dieser Junge von damals die Yubel war, die ihm gerade eben dieselbe Frage stellte. Dieselbe Aufforderung zum Tanz. Schließlich nickte Juudai. „Ja, Yubel, ich verspreche dir, wir werden heute abend tanzen.“ Yubel strahlte vor Glück. „Wirklich? Danke Juudai!“ Sie fiel ihm in seine Arme, drückte ihn ganz fest an sich, und gab ihm schließlich einen Kuss auf die Lippen. Als sie ihn wieder losgelassen hatte, taumelte Juudai nach hinten, bevor er sich wieder fing, weil er keine so heftige Reaktion von Yubel erwartet hatte. Aber es machte ihn dennoch glücklich, dass sie glücklich war.

Er konnte die Schulklingel hören, also verabschiedete er sich von Yubel, und lief zurück zum Schulhaus, während die Dämonin ihm verliebt hinterher blickte.
 

Und dennoch, obwohl er ihr dieses Versprechen gegeben hatte... was wollte sie gegen seine Bindung zu Johan tun? Hatte Hikari am Ende nicht doch recht? Würde sie ihn am Ende doch verlieren, den Menschen den sie am meisten liebt? Und wieso hatte sie ihm nicht von dem Albtraum erzählt den sie heute morgen hatte, nichts davon, dass sie schon einmal ein verdächtiges Leuchten hier auf der Insel wahrgenommen hatte, oder von ihren wachsenden Zweifeln?
 

Denn bevor sie es endgültig wahrnahm, fürchtete sie, hatte das Licht bereits wieder in ihr zu scheinen begonnen...

Verhüllt im Garten

-Kapitel 9 : Verhüllt im Garten-
 

Juudai starrte besorgt aus dem Fenster seiner Unterkunft bei Slifer Red, versuchte sich etwas vor dem bevorstehenden Ball zu beruhigen, doch er konnte es nicht. Immer wieder kreisten seine Gedanken um seine Freunde, und um das, was dort geschehen könnte, sollte er dort auftauchen. Sollte Johan die Wahrheit gesagt und das Wesen, das er gesehen und gehört hatte, nicht gelogen haben, dann würde das Licht der Zerstörung heute abend auftauchen und seine Freunde gefährden. Was Juudai nicht verstand war, wie es passieren konnte, dass das Licht der Zerstörung wieder da war, wo er doch bereits in seinem zweiten Schuljahr gegen es gekämpft hatte. Er erinnerte sich noch lebhaft an die Predigten, die ihm das Licht gehalten hatte. Von Schicksal hatte es geredet, davon, dass alles schon vorher feststeht, dass es die Zukunft aller Menschen kenne, und das Leiden liebt. Es hatte Saious Körper übernommen, und fast die gesamte Welt zerstört. Bis Juudai ihm zeigte, dass das Schicksal auch selbst in die Hand genommen werden konnte.

Und von dem, was er über Yubel wusste, und was tief in seinem Innersten vergraben war, wusste er, dass es damals nicht das erste Mal war, dass er diesem Licht begegnet ist. In seinem ersten Leben hatte ihn dasselbe Licht den Weg ins Jenseits gewiesen.

Einerseits war er zuversichtlich, dass er Hikari nochmals die Stirn bieten konnte, doch wenn sich Juudai daran erinnerte, was in der Seelenhöhle passiert war, war er sich dem nicht mehr so sicher.

Und noch etwas schien langsam in Juudai hoch zu kommen: eine schreckliche Erinnerung, die Erinnerung an den letzten Moment seines Lebens – als die Dunkelheit wich, um dem Licht Platz zu machen. Noch war das Bild nicht ganz klar in seinem Kopf, aber er konnte in seinen Träumen Fetzen dieses Augenblickes sehen: Ein lautes Schreien, ein Weinen, das den Himmel auseinander zu brechen versucht, Flammen, ein helles, weißes Leuchten, ein Wesen mit großen Flügeln, Tränen in seinen Augen und an den Wangen...

Er konnte ein Knacken an der Tür hören, als Sho durch die Tür herein kam und er sah auf. „Sho, wo bist du denn gewesen?“, fragte Juudai ihn. Sho sah seltsam traurig aus, antwortete ihm aber trotzdem: „Ich musste kurz auf ein Wort zu Samejima und Professor Chronos.“ „Hast du etwa Nachsitzen bekommen?“ „Nein, nein, wie kommst du darauf?“ „Na, weil du so ein trauriges Gesicht machst?“ Sho schüttelte kurz den Kopf und setzte dann ein Lächeln auf. „Nein, es ist nichts. Wirklich, Aniki, mir geht es gut!“ Ein Flattern von Flügeln erregte die Aufmerksamkeit der beiden. „Ihr müsst euch langsam für den Ball fertig machen, er ist bereits in zwei Stunden.“ „Danke für den Hinweis, Yubel“, meinte Juudai nur, stand auf, und machte nachdenklich seinen Schrank auf. „Vielleicht hätte ich mir doch etwas von Fubuki leihen sollen.“ „Wieso, Aniki, hast du etwas nichts passendes?“ „Nein, eigentlich wollte ich in meiner Schuluniform gehen, aber nun da ich darüber nachdenke, finde ich, es könnte nicht so recht passen.“ „Ha, da hättest du früher daran denken sollen. Ich habe etwas passendes für den Anlass, aber ich brauche es selbst, und außerdem würde es dir wahrscheinlich nicht passen, weil du viel größer bist als ich.“ Sho nahm sich seine Anzug, und ging ins Bad, um sich anzuziehen, während Juudai eine Weile nachdachte, dann aber mit den Achseln zuckte und die ganze Sache auf sich beruhen ließ. Immerhin, da war er sich sicher, würde Yubel auch nichts anderes zu dem Anlass anziehen, oder? Und ihm war eh nicht danach, er mochte seine normale Alltagskleidung viel zu sehr, darüber hinaus könnte ein Anzug mit Fliege nur stören, sollte wirklich der Ernstfall eintreten. Yubel lag gemütlich auf Juudais Bett und sah ihrem Geliebten zu, was er machte, fragte sich aber gleichzeitig was mit Sho los gewesen war, als er herein gekommen ist. Sie sah, wie wortlos und ernst Juudai geworden war, als er sich auf den freien Stuhl in der Nähe des Bettes, auf dem sie lag, setzte. „Juudai... ich weiß du machst dir Sorgen, aber versuche dich wenigstens ein wenig zu beruhigen...“, sprach sie ihm zu. „Wie soll ich denn?“ „Bitte, versuche es wenigstens...“ Yubel legte ihre Arme um Juudai, und konnte spüren, wie seine angespannten Muskeln unter ihrer Berührung langsam entspannten. Er sah hoch in ihr Gesicht, und konnte ihre beiden Augen glitzern sehen, wie zwei Edelsteine funkelten sie ihn an. Er wusste nicht wieso, aber ihre Anwesenheit gab ihm in diesem Augenblick sehr viel Kraft und nahm ihm die Nervosität.

Kurz darauf kam Sho wieder heraus, fertig angezogen mit weißer Fliege und schwarzem Anzug. Yubel und Juudai staunten nicht schlecht über die Aufmachung. „Wow, Sho, du siehst super aus! Wenn doch nur dein Aniki auch so etwas Schickes anziehen würde, ich könnte mich nicht mehr zurückhalten“, kommentierte Yubel. „Lass das!“, meinte Juudai, „ich habe doch schon gesagt, ich habe nichts dergleichen für den Ball da um es anzuziehen!“ „Was wirklich schade ist, Juudai-kun.“

„Also“, fragte Sho die beiden, „kommt jetzt Yubel auch mit? Und wenn ja, wie will sie denn mitkommen?“ „Oh!“, machte Juudai, „darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht!“ „Aber ich!“, sagte Yubel, stand vom Bett auf, und hob von einer der Ecken des Zimmers einen langen schwarzen Umhang auf. „Ich werde das hier tragen und euch beide zumindest bis vor den Eingang zum Fest begleiten. Danach gehe ich selbst herein, und mische mich unter die Leute. Und ich werde auf dich warten, Juudai, damit wir tanzen können, so wie du es mir versprochen hast.“ Juudai nickte stumm, aber dennoch behagte ihm ein Gedanke nicht: „Aber was ist, wenn sie dir versuchen, die Kapuze abzunehmen, um zu sehen, wer drunter ist?“ „Nein, keine Sorge, dass lasse ich nicht zu. Ich werde vorsichtig sein und mich so gut wie möglich von deinen Freunden fern halten. Immerhin sollen sie ja nicht wissen, dass ich hier bin.“ „Also, seid ihr nun alle bereit zu gehen?“, fragte Sho die beiden. „Augenblick noch!“, sagte Yubel, als sie sich den langen Umhang anzog, und die Kapuze über ihr Gesicht streifte. Sie prüfte noch einmal ihren Sitz, dann nickte sie und stellte sich neben Juudai, während Sho voran durch die Tür schritt, gefolgt von Juudai. Dieser schloss die Tür ab, nachdem alle draußen waren.

„Johan hat mich gebeten ihn vorher noch zu treffen.“ „Gut, aber was ist eigentlich mit dir los, Aniki? Warum bist du die ganze zeit so nervös? Hast du dich etwa mit einem Mädchen verabredet?“ „Nein, du weißt ja, ich habe Yubel hier versprochen mit ihr zu tanzen.“ Yubels Umhang raschelte bei jedem Schritt von ihr und sie sagte in einem ärgerlich unterdrückten Ton: „Aber wieso willst du dich schon wieder mit Johan treffen?“ Juudai sah zu Yubel herüber und blieb aprupt stehen. „Was soll das, Yubel? Kann es sein, dass du etwas gegen Johan hast?“ „Wie kommst du nur darauf? Nein, hab ich gar nicht“, log sie, aber innerlich zog sich etwas in ihr zusammen, und ihr wurde plötzlich schlecht als sie sich an ihren Traum erinnerte und an ihre Zweifel, die sich langsam aber sicher immer mehr zu bestätigen schienen. Aber vielleicht reagierte sie nur über? Ja, genau, vielleicht sollte sie sich erstmal etwas entspannen, immerhin hatte sie noch den Tanz, den Juudai ihr versprochen hatte. Dieser Gedanke heiterte sie wieder auf. Juudai warf ihr indess einen kurzen skeptischen Blick zu, als er sich dann an Sho wandte, um ihn einzuweihen: „Sho, hör mir zu. Wenn wir den anderen begegnen, müssen wir ihnen sagen, dass sie unbedingt vorsichtig sein sollen. Etwas wird an diesem Abend passieren, aber nur falls die Hinweise die ich bekommen habe, stimmen.“ „Was meinst du Aniki? Du sprichst in Rätseln, kannst mir nicht konkret sagen, was los ist?“ „Ich...“ „Juudai, was ist nur los? Dass du nervös bist und du dich geändert hast und du dir jetzt Sorgen machst, das hat doch alle miteinander zu tun, oder?“ „Ich werde es schon noch sagen... finden wir zuerst Johan!!“ „Nun gut, Aniki, aber dann will ich endlich Antworten haben, auch weshalb wir eine geheime Mitbewohnerin haben. Denn die will mir auch nichts sagen“ Die drei spurteten los, und sahen schon in der Nähe des Eingangs zum großen Hörsaal, in dem die Party stattfinden sollte, die ersten Gäste eintreten. Am Eingang selbst standen einige der Helfer des Kommitees, und in der Nähe zum Eingang konnte Juudai Johan ausmachen, der sich für die Party auch besonders angezogen hat. Juudai ging etwas näher zu Johan heran, bedeutete Sho und Yubel kurz zu bleiben wo sie waren. Er sprach kurz mit Johan, und kam dann mit ihm zurück zu den beiden Wartenden. Johan begrüßte Sho freundlich mit einem „Hallo!“, aber wurde etwas skeptischer bei dem Anblick von Yubel im Umhang. „Juudai, wer ist das?“ „Das ist... eh, ein Bekannter von mir.“ „Und wieso ist er so verhüllt?“ „Das ist doch egal. Lass uns lieber über die Party reden!“ „Nun gut“, nickte Johan, „aber dir ist klar, dass du uns jetzt einweihen musst, oder?“ Juudai atmete schwer aus, als er einsehen musste, dass Johan recht hatte. Aber konnte er wirklich jetzt, in der kurzen Zeit die ihnen blieb, bis die Party im vollen Gange war, alles erzählen? Wenigstens etwas musste er aber jetzt sagen, nun da diejenigen um ihn versammelt waren, denen er wenigstens etwas von dem anvertraut hat, was er am liebsten totgeschwiegen hätte. Und nur eine von ihnen kannte die volle Wahrheit.

„Also, sagst du uns jetzt was los ist?“ „Gut“, sagte Juudai schweren Herzens, „es geht nicht mehr anders, und vor allem wenn du recht hast mit dem was du gesehen hast. Ihr habt recht, wenn ihr denkt, dass ich nervös bin, weil eine Art neuer Feind aufgetaucht ist.“ „Was?“, hauchte Sho, „also deshalb...“ Unbemerkt streifte sein Blick die umhüllte Yubel und er verstand auf einmal wieso sie hier war. „Jedenfalls“, führte Juudai fort, „hat Johan eine Beobachtung gemacht, die mich vermuten lässt dass dieser Feind heute hier auftaucht, und ich mag gar nicht daran denken, was geschieht wenn es wirklich passiert...“ „Was ist das für ein Feind, Aniki?“ „Ich... Sho..“ Juudai blickte in die Augen seines kleinen Bruders als ihm einfiel, dass Sho es längst wissen würde wenn er es ihm nur sagen würde. „Sho, es ist das Licht der Zerstörung! Es ist zurück gekehrt!“ Shos Augen weiteten sich, als ihm klar wurde, was Juudai da gerade gesagt hat. „Aber... wie kann das sein? Du hast es doch schon einmal besiegt!“ Johan, der nichts von diesen Ereignissen wusste, da er erst seit dem dritten Schuljahr dabei war, und Yubel, die Saiou und die Geschichte mit dem Licht der Zerstörung nie zuvor gehört hatte, zumindest nicht alle Einzelheiten, sahen beide auf, und während Yubel schwieg, fragte Johan: „Du weißt also auch, wer der Feind ist, den Juudai meint?“ „Ja“, nickte Sho, „du kannst nichts davon wissen, immerhin warst du damals nicht dabei, als es passiert ist. Es passierte im zweiten Schuljahr an dieser Akademie, als dieser Feind sich bemerkbar machte. Es ist eine lange Geschichte, aber sagen wir einfach mal, dass es eine Art fieser Alien war, der die Zerstörung dieser Welt wollte, um eine neue aufbauen zu können.“ Johan nickte, als er verstand, was Sho meinte. Ein Alien also. Ein nicht menschliches Wesen, das ihm auch das Gefühl gab, dass es nicht menschlich sein kann. So wie das komische Lichtwesen, das er vor kurzem gesehen hatte.

„Ich habe dieses komische Licht der Zerstörung gesehen“, gab Johan zu, und Sho sah noch erschrockener aus. „Wie du hast es gesehen?“, fragte er hastig nach, „bist du dir da ganz sicher?“ „Ja“, nickte er zur Antwort. „Wie kann das sein, wenn das Licht bisher dazu tendiert hat sich Wirte zu suchen? So wie bei Saiou?“ „Das weiß ich nicht, Sho. Ich weiß nicht, wie es sein kann, dass es jetzt eigenständig handeln kann, aber ich weiß, dass es nun stärker als zuvor ist. So stark, dass ich fürchte, dass ich mir nicht umsonst Sorgen mache.“ Sho legte beruhigend eine Hand auf Juudais Schulter. „Aber Aniki... wieso hast du es mir nicht vorher gesagt? Ich hätte mir sehr viel weniger Sorgen gemacht. Und außerdem verstehe ich auch wovon du redest, da wir genau diesen Feind schon einmal besiegt hatten!“ „Ja, ich weiß... aber...ich weiß nicht was mich dazu geritten hat, es so lange zu verschweigen...“ „Vielleicht ist es eine Tendenz dazu, seit du aus der dunklen Welt zurück gekehrt bist? Ich sehe doch, dass du dich dahin gehend verändert hast, dass du weniger Hilfe annimmst und alles alleine auf dich nehmen willst, weil du glaubst, unsere Hilfe könnte uns schaden. Aber das stimmt nicht. Unsere Freundschaft ist stark genug auch das zu überstehen, du wirst sehen!“, sagte Johan als er Juudai beruhigend in seine Augen sah. Juudai fühlte sich auf einmal viel wohler, fast war es als ob ein großes Gewicht von seinen Schultern abgefallen wäre. Dieses neue, wieder gewonnene und sehr alte Gefühl, weil es das war, was ihm seit damals fehlte, ließ ihm beinahe Tränen in die Augen steigen und er schloss heftig seine Augen, als er sie sich rieb. „Es tut mir leid, Leute. Es tut mir leid, dass ich es euch nicht früher gesagt habe. Ich habe es nicht getan, weil ich euch nicht vertraue, sondern weil ich mir schreckliche Sorgen um euch mache...“ „Keine Sorge, das wissen wir“, lächelte Sho ihn an und Johan nickte hastig. Sie so zu sehen, ihre freundlichen Augen und dieses Vertrauen, dass sie ihm nach allem immer noch entgegenbrachten machte Juudai noch glücklicher, sodass er erneut gegen die Tränen kämpfen musste. Als sie es sahen, mussten Johan und Sho lachen, und Yubel ließ einen leichten Seufzer vernehmen. „Aber nun da wir wissen, was es ist, müssen wir die anderen finden und es ihnen sagen“, meinte Johan. „Gehen wir rein und versuchen wir sie zu finden!“ „Aber habt ihr überhaupt eine Ahnung, was das Licht hier vorhat?“, warf Sho ein, und die anderen hielten wieder kurz inne. „Ich weiß es nicht, aber ich glaube komischerweise kaum, dass es die Leute freundlich zu einem Duell herausfordern wird. Immerhin wollte es schon einmal die Welt zerstören! Nichts mehr und nicht weniger!“, sagte Juudai. „Aber was sucht es dann hier? Es hat nicht genug Macht dazu, seine Pläne umzusetzen und das wissen wir.“ „Ich habe keine Ahnung, Bruder, wenn ich es wüsste, müsste ich mir wirklich keine Sorgen mehr machen.“ Und doch wusste Juudai was das Licht suchte.

Bald schon wird der finale Kampf ausgetragen werden, zwischen dir und meinem Auserwählten...

das waren die letzten Worte Hikaris, die Yubel gehört hatte bevor die beiden wieder auf die Duellakademie zurückkehrten.
 

„Egal, verschwenden wir nicht noch mehr Zeit und lasst uns endlich rein gehen.“ Bei diesen Worten ging Juudai zu Yubel und nahm ihre Hand in seine. Man konnte ihre Hände nicht sehen, da der lange Umhang sie ebenfalls verdeckte, was recht gut war, wenn man ihre Identität geheim halten wollte. Als Juudai sie hinter sich her zog, warf Johan ihr abermals einen skeptischen Blick zu. Wieso hatte Juudai noch nicht einmal gesagt, wer sich unter diesem Umhang verbirgt? Warum hat diese Person bis jetzt kein einziges Wort gesprochen? Wenn er es nicht besser wüsste, hätte die Gestalt hinter dem Umhang ebenso das Licht der Zerstörung sein, aber er bezweifelte, dass Juudai einen solchen Fehler begehen konnte, erst recht wenn er sich solche Sorgen um seine Freunde machte, dass er sich komplett von ihnen zurückzog. Johan beschloss, es erstmal auf sich beruhen zu lassen. Sie hatten sich um wichtigere Dinge zu kümmern.
 

Die Party in der Halle war bereits im vollen Gange, als sie hineintraten. Überall waren Leute, genau wie Kenzan es vorher gesagt hatte, auch Leute der älteren Jahrgänge, die gemeinsam mit den Neulingen feiern wollten. Da es so viele Menschen waren, die noch nicht einmal alle in den großen Hörsaal passten, wurde der Raum für die Party bis in den Garten vor dem Hörsaal ausgeweitet. Bei den Festlichkeiten draußen war der Garten über und über mit leuchtenden Girlanden geschmückt und bot ein schönes Bild und einen idealen Ort für verliebte Paare, die alleine sein wollten. Drinnen ging die eigentliche Party ab – auf einer eigens dafür aufgebauten Bühne spielte eine Band, auf der großen Tanzfläche tanzten bereits die ersten Menschen, während andere sich schon am Büffet gütlich taten. Sofort als sie sich mitten in der Party befanden, fingen sie an, sich nach ihren Freunden umzusehen, was aber gar nicht so leicht war bei der Menschenmenge und auch weil sie gleich zwei Orte hatten, an denen sie suchen konnten. „Was machen wir jetzt?“, fragte Sho unsicher und sah hoch in Juudais und Johan Gesicht. „Teilen wir uns am besten auf. Treffen wir uns hin und wieder hier am Eingang, ganz besonders wenn wir sie gefunden haben.“ „Gute Idee. Ich gehe mit ihm in den Garten“, sagte Juudai und deutete auf Yubel im Umhang. „Ich gehe ans Büffet!“, sagte Sho. „Gut, dann sehe ich mich auf der Tanzfläche um. Wir sehen uns dann später wieder hier!“ Damit zerstreuten sich die Freunde auf der Suche nach den anderen.
 

Juudai und Yubel hielten erst an, als sie sich im wesentlich stilleren Garten befanden. In den zahlreichen Hecken, die rund herum lagen, darunter auch ein kleines Gartenlabyrinth. Juudai blieb dann stehen, und Yubel tat es ihm nach. „Warum sind wir hier?“, fragte ihn der Hermaphrodit in seiner weiblichen Stimmlage. „Weil ich erstmal vermeiden will, mit dir in der größeren Menschenmenge zu sein. Ich bin schon froh, dass du dich in der Nähe von Johan aufhalten konntest ohne zu sehr auszufallen oder aufzufliegen.“ „Und du glaubst, dass wir hier jemanden von deinen Freunden finden werden?“ „Wer weiß, vielleicht Asuka. Oder Rei. Einen von den Mädchen vielleicht, die lieben doch Blumen wenn ich mit recht entsinne, oder?“ „Das stimmt. Ich selbst liebe auch Blumen – falls es dir nicht schon bei unserem Kampf aufgefallen ist.“ „Doch, das ist mir aufgefallen. Du hast doch auch in unserer Vergangenheit schon einmal Blumen geliebt. Ich erinnere mich da ganz schwach an eine Art Schlossgarten, über und über mit allen möglichen Blumen bewachsen, und dich in der Mitte des Ganzen... in deiner menschlichen Gestalt...“ „Also erinnerst du dich doch noch an etwas.“ „Ja, aber wie gesagt nur ganz schwach.“ Yubel kicherte leise. „Es macht mich trotzdem glücklich zu wissen, dass du wenigstens etwas noch weißt, aus unserem Leben früher...“ Juudai wurde etwas rot. „Ja, mag sein, aber...“ „Was?“ „Ich frage mich, ob ich immer noch dasselbe für dich empfinde wie damals.“ Yubel war etwas enttäuscht von diesem Kommentar Juudais. „Was soll das, Juudai? Ich dachte du wüsstest wie es um dein Gefühlsleben steht.“ *Und vor allem, dass alleine mich liebst, wie du es mir versprachst, Juudai..*, dachte sich Yubel bitter. Er stand also doch mehr auf Johan als auf sie. Er würde also doch sein Versprechen wieder nicht halten. Was machte sie dann hier überhaupt? Was hatte sie sich erhofft? Dass er wirklich mit ihr tanzen würde? Wie naiv von ihr...

„Yubel, was ist denn mit dir?“, fragte Juudai nach als sie eine Weile lang nichts sagte. „Juudai... also... gibt es jemanden, den du ... in den du... verliebt bist?“, fragte ihn Yubel leise und bereute es sogleich, dass sie diese Frage gestellt hatte. Der Braunhaarige wurde rot und schüttelte den Kopf. „Nein... zumindest... ich..“, stotterte er verwirrt. Was sollte die Frage? Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. „Du willst also wissen, ob ich etwas für dich empfinde?“ Yubel wurde knallrot und schob sich Kapuze ihres Umhangs noch weiter übers Gesicht, damit er nicht sehen konnte welche Hitze von ihr Besitz ergriffen hatte. Doch gerade als er ihr darauf antworten wollte, trat ein Mädchen mit blauen Augen, blondem Haar und einem türkisen langem Kleid zu ihnen.
 

Beide drehten sich zu ihr um, Yubel wie immer darauf bedacht, dass ihr die Kapuze nicht vom Kopf flog. Als Juudai das Mädchen sah, erinnerte er sich auf einmal schlagartig an seine Vision, an den komischen Traum den er hatte, kurz bevor er ihr zum ersten Mal begegnet war. Siraj.

„Hallo Juudai!“, sagte sie vergnügt, als sie näher zu ihm hintrat. „Was machst du hier im Garten? Wer ist deine Begleitung?“, fragte sie im Anblick der Verhüllten. „Oh hallo Siraj!“, sagte Juudai verblüfft, „Mann, du hast mich ganz schön erschreckt, als du hier so plötzlich aufgetaucht bist!“ „Habe ich euch beide etwas gestört?“ „Was? Eh, nein, nein, schon okay...“ Juudai blickte zwischen Siraj und Yubel hin und her. Ein seltsames Gefühl hat von ihm Besitz ergriffen, das seltsame Gefühl, schon einmal Siraj und Yubel in seiner Nähe gehabt zu haben, was aber gar nicht sein konnte, wenn er Siraj doch erst vor kurzem kennen gelernt hat. Er sagte nichts, als Siraj ihn neugierig anblickte, konnte aber spüren, dass Yubel ihrerseits Siraj ausgiebig zu mustern schien. „Und was machst du hier, Siraj? Ich meine, ich bin wenigstens in Begleitung hier, aber du scheinst nicht gerade auf einem romantischen Abenteuer hier zu sein, oder?“ Sie schüttelte den Kopf. „Stimmt, ich bin alleine hier und versuche die anderen zu finden. Ich finde es etwas schade, dass mich niemand zu dem Ball eingeladen hat, aber man kann ja nicht alles haben, oder? Immerhin können wir Mädchen, wie du schon richtig bemerkt hattest, alleine hierher kommen. Aber sag, deine Begleitung... ist das zufällig deine Freundin? Aber wenn ja, wieso ist sie dann so verhüllt? Etwa aus religiösen Gründen?“ „Eh..ja!“, stimmte Juudai zu, „da hast du vollkommen recht!“ „Oh, das ist aber grausam gegenüber einem Mädchen, sie dazu zu zwingen, sich zu verhüllen“, sagte Siraj und schritt ein wenig näher an Yubel heran. „Hallo! Ich bin Siraj, eine Freundin von Juudai!“, sagte sie, als sie sich vor ihr verbeugte und ihr ihre Hand reichte. Yubel war sich nicht sicher wie sie reagieren sollte, sprach dann aber in ihrer weiblichen Stimme, da Juudai bereits angegeben hatte, dass sie weiblich war. „Nett dich kennen zu lernen, Siraj! Ich heiße...“ Yubel stockte kurz, um sich eine Art Decknamen zu überlegen, „mein Name ist Yuuka.“ Sie nahm Siraj Hand an, jedoch ohne dass ihre Hände von dem zu langen Ärmeln wirklich sichtbar wurden. Der Gedanke, wie dieses blonde Mädchen wohl reagieren würde, wenn sie wüsste, dass sie gerade ein nicht menschliches Wesen kennen gelernt hatte, schoss Yubel kurz durch den Kopf, ebenso wie wahrscheinlich auch Juudai, denn sofort musste er leicht grinsen. Dann wandte sich Siraj wieder an den braunhaarigen Jungen. „Aber sag, Juudai, ist dieses Mädchen da, deine feste Freundin?“, fragte sie ihn, während sie ihn leicht anstupste. „Meine was?“, fragte Juudai schockiert, „nein, nein, zumindest... eh.. nein, ist sie nicht...“ „Verstehe...“, meinte Siraj mit einem vielsagendem Blick. „Aber kann ich dich nicht mal ohne diesen Umhang sehen, Yuuka?“ „Nein, das geht nicht“, antwortete sie, „ich kann mich dir zumindest heute nacht nicht unverhüllt zeigen. Ist Tradition so, weißt du.“ Bei der Antwort Yubels musste sich Juudai ein plötzliches Loslachen ganz schön verkneifen, denn es sah einfach nur urkomisch aus, die beiden so zu sehen, und die Begründung Yubels klang mehr als hanebüchen, vor allem für die Ohren einer so skeptischen Person wie Siraj. Aber sie, wohl, weil sie gegenüber fremden Menschen etwas unsicherer war, billigte es dieses Mal komischerweise einfach, obwohl sie Juudai und seinen Freunden zu gerne einredete, dass ihre Abenteuer in der Isekai alles Illusionen waren und sie an so etwas wie Duellgeister nur schwerlich glauben würde, es sei denn sie täte es als schwere Psychose ab. Aber sehr viel mehr wusste Juudai auch nicht über sie – nichts über ihre Hobbies, nichts über ihre Vergangenheit oder warum sie überhaupt an die Duellakademie gekommen war oder wie sie sonst noch so war. Sie kannten sich immer noch kaum, und selbst wenn sie jetzt auf der Hut sein sollten auf dieser Party, konnte Juudai nicht anders, als diese Gelegenheit wahrzunehmen, um sie etwas näher kennen zu lernen. „Siraj, weißt du was mir auffällt?“, meinte Juudai auf einmal. „Ja, was denn?“ „Ich weiß nicht viel über dich, obwohl wir uns vor wenigen Tagen angefreundet haben. Es wäre schön, wenn du mir etwas mehr über dich erzählen könntest.“ Das blonde Mädchen nickte lebhaft. „Du hast recht, ich habe dir nicht viel über mich erzählt, aber ich bin ja auch erst eine sehr kurze Zeit hier, oder? Naja vielleicht liegt es daran, dass ich soviel mit Asuka und Rei unternehme, die beiden sind sehr nett. Ich sollte vielleicht mehr mit euch Jungs machen, mit Johan, Sho, Kenzan und Jun...aber irgendwie scheine ich mich leichter mit Mädchen als mit Jungs anzufreunden.“ „Naja, bei mir macht das keinen so großen Unterschied ob Mädchen oder Junge.“ „Ich weiß, habe da so einiges von Asuka gehört.“ „Ja, aber sag mal, wieso bist du eigentlich auf die Akademie gekommen? Was sind deine Hobbies? Was hast du in deiner Vergangenheit gemacht?“ „Oh eigentlich ist in meiner Vergangenheit nichts besonderes passiert. Ich bin einfach ein ganz normales Mädchen mit normalen Eltern. Ich habe mal einige Jahre lang in Tokio gelebt, bevor ich nach Osaka umgezogen bin. Ich bin ganz normal auf die Grundschule gegangen, bevor ich mich dazu entschied auf diese Akademie zu kommen, weil ich Profi-Duellantin werden wollte, aber ich hätte auch nichts dagegen, Lehrerin zu werden. Ich weiß noch nicht genau, was ich davon jetzt machen werde, aber ich bin ja erst in ersten Jahr, also habe ich noch Zeit das für mich auszuloten.“ Sie lächelte kurz, fragte dann aber: „Du, Juudai, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mir kurz ein Glas Punsch holen gehen würde? Ich komme dann gleich wieder zurück, dann können wir weiter reden.“ „eh, ja, klar“, stimmte Juudai zu, als er sich nicht bewusst war, dass er damit vielleicht die erste Freundin seiner Clique wohl gerade wieder in der Menschenmenge verloren hat. Siraj ging weg und er verlor schon bald die Sich auf sie. Erneut war er mit Yubel allein.

Eine Stimme erinnerte ihn wieder genau daran. „Juudai, wieso hast du sie gehen lassen? Wir sollten sie doch zu unserem Treffpunkt mitnehmen!“ „Tut mir leid, Yubel, habe ich völlig vergessen.“ „Naja, hoffen wir dann einfach mal, dass sie wieder hierher findet.“ Dann herrschte erneut eine kurze Stille zwischen den beiden, bevor Juudai auf einmal los lachte, und Yubel ihn verwirrt anblickte. „So belustigt habe ich dich lange nicht mehr gesehen, Juudai...“ „sorry, ich kann nicht anders, es ist nur...es war nur so lustig, wie ihr beide da standet! Und Siraj ist nicht die Person, die eine billige Ausrede einfach so annimmt. Ich habe sie viel kritischer kennen gelernt.“ Yubel zuckte nur mit den Schultern. „Wenigstens lachst du mal wieder, das wurde aber auch höchste Zeit. Besonders auf dieser Party. Aber was das Mädchen angeht habe ich ein komisches Gefühl.“ „Was meinst du?“ „Ich weiß nicht genau, aber etwas an ihren Zügen kommt mir so bekannt vor...als hätte ich sie schon einmal irgendwo gesehen...“ „Dir also auch? Ich hatte dasselbe Gefühl.“ Dann musste Juudai wieder losprusten. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „Dein neuer Name, Yuuka-chan!“, lachte Juudai, und Yubel sah ihn verwirrt an. „hey, ich musste mir etwas überlegen lassen, immerhin kann ich wohl kaum sagen dass ich Yubel bin, sonst sprichst es sich wahrscheinlich schneller herum als es dir lieb ist“, ermahnte sie ihn. „Ja, ja, ich weiß, mir fällt nur gerade auf, dass es fast klingt wie mein Nachname... Yuuka...Yuki...das ist echt witzig!“ „Oh, es ist halt das erstbeste was mir eingefallen ist, und wenn ich zu lange bei dem Namen gezögert hätte, dann hätte sie das erst recht verdächtig gefunden.“ „Stimmt auch wieder“, nickte er, nachdem er sich einige Lachtränen weggewischt hatte. „Aber nun komm, wir könnten uns jetzt entweder umsehen, oder hier auf sie warten. Was sollen wir tun?“ „Oh, ich denke, das Mädchen kommt schon wieder, nur haben wir noch reichlich Zeit, denke ich. Sehen wir uns um, so finden wir vielleicht die anderen von deinen Freunden.“ Damit nahm Yubel Juudais Hand und schritt weiter durch den Garten, in Gedanken immer noch über die mögliche Antwort Juudais versunken, die sie möglicherweise gehört hätte, wenn dieses Mädchen nicht zufälligerweise zu ihnen gestoßen wäre

Shos Gedanken

-Kapitel 10: Shos Gedanken -
 

Sho sah sich am Büffet nach den anderen um, war aber immer noch in Gedanken versunken und erinnerte sich an das Gespräch, zu dem ihn sowohl Samejima als auch Chronos gebeten hatten – und nein, er war nicht traurig gewesen, weil er Nachsitzen bekommen hätte oder so, sondern weil er eine Nachricht erhalten hatte, die alles in seinem jetzigen Leben ändern würde. Und er muss es bald auch Juudai und vor allem Yubel gestehen, doch er war sich nicht sicher, wann er es tun könnte. Er könnte es ihnen genauso gut auch jetzt sagen, aber im Augenblick war es ein denkbar schlechter Zeitpunkt, nicht nur wegen dieser Party und der drohenden Gefahr, sondern auch weil sie erstmal den Kampf gegen das Licht erneut zu gewinnen hatten...
 

Jemand schreckte ihn aus seinen Gedanken, und als er aufsah, konnte er ein blondhaariges Mädchen mit dunkelblauen Augen in einem türkisen Kleid erkennen – es war Siraj, und sie hielt ein Glas Punsch in ihrer Hand. „Was ist los, Sho? Du scheinst mir angestrengt über etwas nachzudenken, was ist es denn?“ „Oh Siraj!! Gut, dass du hier bist, ich habe dich auch schon überall gesucht!“, lenkte Sho vom Thema ab. „Was, meinst du mich? Und wieso hast du mich gesucht?“ „Johan hat mich gebeten ihm dabei zu helfen alle Freunde zusammen zu bringen, wir sollen uns am Eingang treffen.“ „Wirklich? Gut, dann komme ich mit dir mit, aber erst nachdem du mir gesagt hast, was mit dir los ist!“, sagte Siraj mit einem etwas herrischen Ton, „also, was ist?“ „Nein, es ist nichts, wirklich, Siraj. Alles ist in Ordnung!“ „Hm, ich sehe, du bist wirklich stur... na gut, lassen wir es, wenn du es mir nicht sagen willst.“ Sho atmete erleichtert aus, als er merkte, dass Siraj ihn wirklich in Ruhe ließ und er ihr deshalb nicht sagen musste, was ihn bedrückte, und er würde es ihr auch nicht wirklich sagen wollen, weil er fühlte, dass die ersten die sein Geheimnis erfahren sollen, seine beiden Mitbewohner Juudai und Yubel sein sollten. Er dachte wieder an seine Mission und in dem Gedanken, dass sie vielleicht wissen könnte, wo die anderen sind, fragte er Siraj: „Weißt du zufälligerweise, wo die anderen sind?“ Das Mädchen überlegte kurz: „Also, ich weiß dass Juudai und eine gewisse Yuuka im Garten sind, außerdem weiß ich dass Rei und Kenzan sich irgendwo auf der Party im Hintergrund rumtreiben müssen, sie sind schließlich als Komitee-Mitglieder für den reibungslosen Ablauf der Festlichkeiten verantwortlich. Wo der Rest ist, ich habe keine Ahnung.“ „Yuuka?“, dachte Sho laut und skeptisch nach, „wer soll das denn bitte schön sein?“ „Das frage ich mich auch, aber weißt du was? Das arme Mädchen muss ja ganz verhüllt herumlaufen, das ist so gemein ihr gegenüber, sie dazu zu zwingen!“ Mit dieser Aussage Sirajs musste Sho kurz nicken. Also hatte Yubel sich kurzerhand einen Decknamen zugelegt. Naja, auf Dauer wäre das keine so schlechte Idee, denn nun könnten Juudai und Sho auch in der Öffentlichkeit über sie reden, ohne gleich ihre wahre Identität zu verraten.
 

„Ja“, nickte Sho zustimmend, „ich finde es auch nicht fair, ein Mädchen zu so etwas zu zwingen.“ „Aber sag, kennst du dieses Mädchen? Sie wollte sich mir eigenartigerweise nicht zeigen.“ „Yuuka? Nein, nicht wirklich, aber ich habe sie gesehen, als Juudai zum Fest kam, sie war die ganze Zeit bei ihm gewesen.“ „Ach wirklich? Dann könnte durchaus etwas zwischen den beiden laufen!“ Sho musste auflachen, als er in Gedanken all die Momente zwischen Yubel und Juudai, bei denen er dabei gewesen war, wieder aufleben ließ. Ihm persönlich schienen die beiden tatsächlich jetzt schon wie ein Paar, auch wenn sie es leugneten, besonders sein Aniki, aber er hatte von Liebe wohl immer noch viel zu wenig Ahnung, also hätte er auch nichts anderes von ihm erwartet. Trotzdem war es spannend für ihn zu sehen, ob sie am Ende doch miteinander zusammen kommen würden oder nicht. Siraj fragte ihn, als Sho kurz kichern musste: „Was ist denn so lustig?“ „Ach nichts, ich denke nur nicht, dass Juudai wirklich derjenige ist, der eine Affäre mit einem Mädchen begehen würde. Weißt du, er ist furchtbar naiv was Herzensdinge betrifft. Und wenn ein Mädchen auf ihn steht ignoriert er das meistens erfolgreich.“ „Ja, das habe ich gemerkt. Die arme Asuka...“ „he? Was hat denn Asuka damit zu tun?“ Damit klatschte sich das blondhaarige Mädchen eine Hand an die Stirn. „Gott, Sho, Juudai scheint mir bei weitem nicht der einzige Junge zu sein, der Probleme mit der Liebe hat. Ich meine,... Leute, ihr seid doch wohl schon im vierten Schuljahr und habt immer noch kein Mädchen geküsst? Wahrscheinlich steht ihr aber eh viel mehr auf weibliche Monster auf den Duellkarten, oder?“ Sho wurde bei den Worten knallrot im Gesicht, was mehr als eine Bestätigung für Siraj war, die nun bis über beide Ohren hinaus grinsen musste. „Also doch“, sagte sie leise, „vielleicht sollte ich euch besser mal die Vorteile echter Mädchen näher bringen, was meinst du?“ „Wie willst du das anstellen?“, fragte der kleine Blauhaarige peinlich berührt und mit einem mulmigen Gefühl in seinem Bauch, „uns etwa nacheinander alle küssen?“ Sie schüttelte nur den Kopf dabei. „Nein, ich mache doch nicht mit allen herum, so eine bin ich nicht. Ich könnte dich aber küssen, wenn du es wirklich willst, nur damit du mal die Erfahrung machst wie es ist ein echtes Mädchen zu küssen, anstatt von weiblichen Monstern zu träumen.“ Sho war diese ganze Unterhaltung mehr als peinlich, und er wollte möglichst schnell das Thema wechseln... aber konnte er nicht irgendwie etwas Spaß daraus gewinnen? „Siraj...“, fragte er in einer naiven Stimmlage, „hast du denn jemanden, den du magst? Ich meine damit, ob dir schon einer unserer Jungs gefällt?“ „Wa..was???“ Die Frage überraschte das Mädchen und holte sie mehr als einfach von ihrem hohen Ross herunter. „Das geht dich eigentlich nichts an, aber da ich meinen Spaß gehabt hatte, sollst du auch deinen haben... nur sag es niemandem weiter, okay? Ich glaube mir gefällt Johan so ziemlich.“ Sho musste etwas kichern, fing sich aber wieder. „Verstehe... aber naja, jeder darf ja wohl von jemandem träumen, oder?“ „Ja, das stimmt“, stimmte das Mädchen zu. „Aber wo wir gerade von Johan reden, wo ist er denn?“ „Der?? Er hat mir gesagt er wolle sich auf der Tanzfläche umsehen.“ „Oh gut! Dann gehe ich mal dorthin, falls es dir nichts ausmacht. Oder magst du mitkommen?“ „Ich komme mit, warte mal!“ Damit holte sich Sho ein letztes Glas Punsch und folgte Siraj durch das dichte Gedränge auf die Tanzfläche. Es war alles andere als einfach sich durch die vielen umstehenden Leute zu zwängen, aber sie hatten weitaus mehr Schwierigkeiten damit, irgendjemanden auf der Tanzfläche zu entdecken, den sie kennen. Johan fanden sie schließlich, als er gerade mit einer Gruppe von Erstklässern tanzte, und er nebenbei mit ihnen über verschiedene Witze zu lachen schien, da sowohl sein als auch ihre Gesichter belustigt aussahen. Als Siraj mit Sho im Schlepptau zu ihnen stieß, bemerkte er sie recht schnell und lachte ihnen zu. „Sho, Siraj, schön euch zu sehen!“ „Johan!“, meinte Sho, „wie ich sehe, hast du schon einige von unseren Neulingen kennen gelernt!“ „Das stimmt!“, lachte dieser und diejenigen die bei ihm standen ebenfalls. Dann deutete er auf sie um sie nacheinander vorzustellen. „Das da ist Keiza, das ist Sagat, und das ist Keiko. Keiza ist vom roten Haus, Sagat ist vom blauen und Keiko ist von den gelben.“ „Nett euch alle kennen zu lernen“, sagte Sho und verbeugte sich höflich vor den dreien, die seine Verbeugung wiederholten. Die drei Schüler sahen alle zusammen recht sympathisch aus. Keiko hatte lange schwarze Haare, zu einem Zopf gebunden und blaue Augen und sie trug ein rotes Kleid, Sagat hatte kurze, rote Haare und grüne Augen und trug einen schwarzen Anzug und Keiza kurze braune Haare und graue Augen und trug das gleiche wie Sagat. „Ich bin Sho und das ist Siraj,“stellte Sho sich nun seinerseits bei ihnen vor. „Das wissen sie, schließlich haben wir zusammen Unterricht“, warf Siraj dabei ein, „aber ich denke, darauf wärst du nicht gekommen?“ „Dass sie auch Erstklässler sind wie du heißt noch lange nicht, dass sie auch dieselben Kurse haben wie du!“, warf der kleine Blauhaarige ein, und sie alle fingen an zu kichern. „Das stimmt allerdings“, meinte Keiko, „ich kenne Siraj, sie geht sogar zusammen mit mir in den Unterricht, nicht wahr?“ „Stimmt, wir reden immer miteinander, auch über die Hausaufgaben.“ „Oder über peinliche Situationen.“ „Ja, das stimmt auch“, nickte das blondhaarige Mädchen und Johan fragte sie alle: „Und ihr habt euch schon recht gut hier eingelebt, nicht wahr?“ „Und wie, dabei sind erst wenige Tage vergangen, seit wir hierher gekommen sind, aber ich bin froh, dass es so nette Leute wie dich hier gibt. Ich war anfangs recht nervös was die neuen Menschen betrifft, auf die ich auf dieser Akademie treffen würde, aber nun mache ich wesentlich weniger Sorgen“, erzählte Keiko. „Gut zu hören!“, sagte Johan, „aber nun muss ich leider weg. Ich hoffe natürlich, dass ihr den Rest des Abends genießen werdet und wünsche euch noch viel Spass!“ Damit winkte er ihnen zu, als er sich Siraj und Sho anschloss. Die drei Mitschüler nickten und verabschiedeten sich von den dreien, bevor sie in der Menge verschwanden.
 

„Johan, du scheinst ja trotz allem noch Spass an diesem Abend zu haben“, meinte Sho nachdenklich. „Ja, wieso auch nicht? Mag sein, dass es Probleme geben könnte, aber das heißt noch lange nicht, dass man diesen Abend nicht ungenutzt verstreichen darf und er ist nun einmal eine sehr gute Gelegenheit dazu, neue Leute kennen zu lernen, und das habe ich nun eben getan.“ „Deine gute Laune hätte ich gerne in einer solchen Situation.“ „Wovon sprecht ihr denn eigentlich?“, fragte Siraj die beiden. „Ach, wir machen uns nur Gedanken darüber, was passiert, wenn diese Party nicht ganz glatt verlaufen könnte, nichts weiter.“ „Da würde ich mir keine solchen Sorgen machen, ich bin sicher, dass das Komitee für die Sicherheit sorgen wird, die wir brauchen. Oder habt ihr etwa einen Grund daran zu zweifeln?“, fragte Siraj nach. „Nein, das nicht“, sagte Johan, „aber man muss immer damit rechnen, dass etwas passieren könnte, nicht nur das alles sicher ist.“ Dann wandte er sich an den ungewöhnlich stillen Sho, der schweigend neben ihnen herlief. „Aber irgendetwas scheint unseren Freund hier zu beschäftigen“, sagte der Norweger und stupste das Mädchen spielerisch an, die nur leise und nervös dabei kicherte und bejahte: „Ich weiß, er war vorher auch so gewesen.“ „Wirklich? Sho, was ist mit dir los?“ „Ach nichts“, sagte Sho mit einem Kopfschütteln, „mir geht es gut, wirklich!“ „Bist du sicher? Du kannst es uns beiden erzählen, keine Sorge.“ Sho schwieg eine Weile und ließ es sich durch den Kopf gehen, ob er es den beiden wirklich erzählen sollte, was seiner Meinung nach eigentlich sein Aniki zuerst hören sollte, weil es direkt ihn und seine heimliche Mitbewohnerin betraf und nicht unbedingt Johan. Dann aber fiel ihm ein, wie viel Überwindung es Juudai gekostet hatte, bis er ihnen endlich die ganze Wahrheit über seine Sorgen gestanden hatte. Wer weiß, vielleicht war das ja die Nacht der enthüllten Geheimnisse? Eine Nacht, bei der alles gestanden werden würde, was noch geheim war? Und wenn dem so war, wieso sollte Sho seine Gedanken dann noch länger für sich behalten? Hinzu kam noch, dass er beim besten Willen nicht wusste, wie er es Juudai erzählen sollte, also könnte er ja Johan um Rat bitten, wie er es ihm am besten gestehen könnte. „Nun... es... es geht darum...dass...“, fing Sho zögerlich an und die beiden blickten ihn neugierig an, was es umso schwerer für Sho machte, weiter zu reden und nicht zu stocken. Doch dann nahm dieser seinen ganzen Mut zusammen und sprach es aus. „Chronos und Samejima haben mir mitgeteilt, dass ich nun zu Obelisk Blue wechseln werde. Ich werde bald von Juudais und meinem gemeinsamen Zimmer ausziehen müssen, nachdem mir als Ra Yellow noch erlaubt worden war, bei ihm zu wohnen.“ Johan war erstaunt und gratulierte ihm: „wow, Sho, das sind doch wundervolle Neuigkeiten! Was ist denn daran so schlimm?“ „Du verstehst das nicht!“, schrie Sho zornig, „ich will nicht von dort ausziehen, es lebt sich dort ganz gut, mit meinem Aniki!“ Siraj und Johan fuhren zusammen, und Sho merkte, dass er bei seinem Tonfall wohl etwas zu weit getrieben hatte, als redete er mit wesentlich ruhigerer Stimme weiter: „Ich möchte einfach bei ihm bleiben, weil ich nicht gewohnt bin, dass sich etwas ändert...ich meine, ich durfte doch vorher auch noch mit ihm ein Zimmer teilen, wieso wird mir das nicht mehr erlaubt, nur weil ich jetzt ein Obelisk Blue werde?“ „Es hat wohl mit den Gründen des Status zu tun, oder aber auch damit, dass die Schulleitung beschlossen hat, mehr Ordnung hierher zu bringen“, sagte das blondhaarige Mädchen, und der Norweger legte sanft eine Hand auf Shos Schulter. „Ich weiß, wie du dich fühlen musst, aber nur weil du ausziehst, heißt es noch lange nicht, dass du kein Freund mehr von Juudai bist. Auch als Obelisk Blue kannst du immer noch sein Freund sein.“ „Das weiß ich doch, aber darum geht es mir nicht...ich hasse nur Veränderungen, das ist alles... und...wer weiß, vielleicht wird dann dasselbe von mir erwartet wie von meinem großen Bruder, wenn ich erstmal gewechselt habe? Ich möchte das aber nicht!!“ Alle schwiegen zunächst, bevor Johan versuchte ihn aufzumuntern. „Hör mal, ich denke nicht, dass es so werden wird wie du es dir ausmalst. Du bist Sho und du wirst es immer bleiben. Du bist nicht Ryou und keiner wird von dir erwarten, dass du so wirst wie er, denn das bist du nicht. Und zu den Veränderungen: sie gehören nun einmal zum Leben dazu, und wir müssen lernen mit ihnen zurecht zu kommen. Sie sind es, die das Leben erst so kostbar machen, und sich ihnen zu verschließen bringt nichts, denn es macht alles nur noch schlimmer. Nimm es wie es ist, Sho, und mach das Beste daraus. Siehe es als eine Art Neuanfang, besonders nach dem was wir gemeinsam durchgestanden haben.“ Sho nickte stumm, als er diese recht weisen Worte von Johan gehört hatte. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, dann hatte Johan recht mit dem was er sagte – Veränderungen gehörten zum Leben dazu, aber konnte er wirklich so schnell mit ihnen fertig werden? Denn.. anderen Menschen schien es wesentlich leichter zu fallen, sich an neue Umstände zu gewöhnen, doch Sho war definitiv keiner von ihnen. Und doch hatte er sich erstaunlich schnell daran gewöhnt, dass nun ein Hermaphrodit bei ihm und Juudai lebte, doch lange mussten sich die beiden wohl nicht mehr Gedanken darüber machen, wo Yubel wohl schlafen könnte, denn sobald er ausgezogen wäre, dann würde ein Bett für sie frei werden. Bei dem Gedanken an Yubel musste er feststellen, dass er sie wohl nicht mehr oft zu Gesicht bekommen würde, wenn er erstmal ausgezogen ist, aber vielleicht würden sie immer noch einander oft genug besuchen kommen. „Ryou ist immer noch nicht gefunden worden, oder?“ „Nein“, sagte Sho, „aber ich hoffe immer noch, dass er wieder auftaucht.“ „Also ist dein Bruder verschollen?“, fragte Siraj nach. „Ja, er ist nach einem Unfall einfach verschollen, und wie ich gesagt habe, ich hege immer noch die Hoffnung, dass er wiedergefunden wird.“ „Dann hoffe ich, dass er bald gefunden wird.“ „Danke Siraj.“
 

Bei dem Gedanken an seinen Bruder fing er sich an zu fragen, was wohl aus ihm geworden war. Ob Yubel wohl wüsste, wo er war, doch Juudai hatte ihm schon einmal erzählt, dass er sie danach gefragt hatte und sie es tatsächlich nicht wüsste. Was war dann aber los, und wo sollte er jetzt hin sein? Wieso um Himmels willen war er nicht auf dieser Insel? Oder war er wirklich gestorben, in dieser anderen Dimension, an seinem Herzleiden?

Aber er musste sich jetzt auf seine Mission konzentrieren und seinem Aniki dabei helfen, das Licht der Zerstörung auf dieser Feier zu finden.

„Siraj, weißt du ob Juudai immer noch im Garten ist?“ „Juudai, ja, kann sein, ich habe ihm gesagt, dass er dort warten soll, bis ich wieder auftauche, aber ich glaube eher nicht, dass er das tut.“ „Nein, er ist ein kleiner Streuner, manchmal...“, sagte Johan mit einem Lachen. „Aber wir sollten erstmal noch Ausschau nach den anderen halten, es ist gar nicht so leicht, sie alle hier zu finden.“ Eine neue Stimme meldete sich zu Wort und ließ sie alle aufschrecken. „Wen sucht ihr denn genau?“ Alle blickten sich um, und sahen dann auf einmal Rei in einem festlichen rotem Kleid vor ihnen stehen und lächeln. „Habt ihr etwa mich gesucht?“ „Oh Rei, du siehst aber gut aus“, meinte Johan erstaunt. Das Mädchen lächelte noch zufriedener, als sie dieses Kompliment hörte, und fragte dann: „Also glaubst du dass es Juudai gefallen wird?“ „Ja, ich denke schon. Aber sag, bist du nun von deinen Pflichten für einen Moment befreit?“ „Ja, wieso? Akiza hat gesagt, dass sie mich kurz vertreten würde, damit ich auch unter das Fest komme, also habe ich den Vorschlag gerne angenommen, und indem wir ab und zu tauschen, kommt jeder vom Komitee auch zum Zuge.“ „Verstehe, das ist eine gute Idee. Weißt du auch, ob Kenzan jetzt kurz kommen kann?“, hakte Johan nach. „Ich denke eher nicht. Er ist gerade dabei, draußen alles im Blick zu haben, zusammen mit den Lehrern die sich für das Fest bereit erklärt haben, aufzupassen.“ „Na, diese Aufgabe passt sehr gut zu ihm“, meinte Sho in einem kleinen beiläufigem Ton, „vor allem wenn er so kräftig gebaut ist und gerne einen auf militärisch macht...“ „Das stimmt allerdings auch wieder“, meinte Rei, „aber ich finde ihn lustig so.“ „Hehe, heißt dass, du stehst ein wenig auf ihn?“, hakte Siraj nach, aber Rei wehrte heftig ab: „Nein, auf keinen Fall, du weißt doch dass ich offensichtlich auf Juudai stehe, oder hast du das nach allem was ich versuche immer noch nicht mitbekommen?“ „Doch, es ist nicht zu übersehen, nur haben diese Jungs hier nicht so ein großes Interesse an Mädchen, wie ich vorhin festgestellt habe.“ „Ja, leider“, seufzte das dunklehaarige Mädchen, „aber sie können sich nicht ewig verstecken oder? Aber nun lasst uns Juudai-sama finden, ich will unbedingt wissen, was er zu meinem Kleid sagt!“ „Gut, dann lasst uns in den Garten gehen, dort habe ich ihn zuletzt gesehen!“
 

Im Garten standen immer noch Juudai und Yubel, unsicher, was sie als nächstes tun sollten. Yubel allerdings nahm die Chance wahr, die sich ihr dadurch bot, dass sie noch alleine waren, bevor Juudai wieder an seine Aufgabe oder an Hikari zu denken beginnt. Gewiss, er tat es sicher die ganze Zeit schon, aber wie sollte sie das auch ändern? Andererseits wollte sie nicht zulassen, dass dieser Abend völlig ungenutzt verstrich und Juudai kein bisschen Spaß daran gefunden hat. Wenn er erst einmal vorbei war, war es damit zu spät.

„Juudai?“, fragte sie mit einer unsicheren Stimme und gewann sofort seine Aufmerksamkeit, als er ihr in die Augen blickte, die versteckt unter dem Umhang leuchteten. „Was ist, Yubel?“ „Du scheinst gerade zu überlegen, was du als nächstes machen willst, weil du fürchtest, dass Hikari bald hier auftauchen wird. Ich weiß, dass du dir furchtbare Sorgen machst, aber gleichzeitig will ich nicht, dass du diesen Abend verschwendet lässt, und er wäre verschwendet, wenn du nicht wenigstens ein wenig Spaß hättest.“ Juudai war recht unsicher was das betraf, und er lachte nervös: „Meinst du wirklich, Yubel?“ „Ja, ich bin mir sogar sehr sicher. Außerdem hast du mir etwas versprochen, und jetzt haben wir die Gelegenheit dazu, dass du dieses Versprechen einlöst.“ Juudai sah sie erstaunt an, bevor er sich wieder daran erinnern konnte, was genau dieses Versprechen war.

„Ach ja, ich habe ja versprochen, heute mit dir zu tanzen.“ Dann lächelte er auf einmal und nahm ihre Hand in die seinige. „Gut, dann lass uns tanzen, Yubel...“ Der Hermaphrodit lächelt ebenfalls, sah sich noch ein letztes Mal um, und nahm dann zumindest die Kapuze ihres Umhanges ab, damit Juudai besser in ihre Augen blicken konnte, die nun vor Freude schimmerten wie Edelsteine in der tiefen Dunkelheit. Beide drehten zusammen ihre Kreise, zu der Musik die leise von der Festhalle zu ihnen herüber wehte. Sie tanzten nicht sehr rhythmisch, schienen vergessen zu haben wie es damals in ihrem früheren Leben gewesen ist, und dennoch schien auch Juudai es zu genießen, weil auch er lachte, als er schließlich in Yubels Armen lag, als sie nach ihrem Tanz kurz inne hielten. In Yubel schwirrten tausende von Gedanken durcheinander, alte Erinnerungen von damals, vermischt mit dem was sie gerade eben erlebt hatte, doch sie behielt ihre Gedanken für sich, um nicht den Moment für Juudai kaputt zu machen, der sich anscheinend nicht so gerne an ihre Vergangenheit erinnerte, entweder weil er es nicht konnte, oder weil er es nicht wollte. Als Juudai in ihren Armen ruhte, konnte er spüren, wie sie sich noch etwas mehr an ihn presste, und er ließ es einfach zu, wohl auch weil er es genoss, aber auch, weil er sich in ihrer Nähe so wohl fühlte. Beide blieben still, als sie hörten, wie nach einer kurzen Pause wieder Musik gespielt wurde, und sahen sich gegenseitig in die Augen, als Yubel langsam und sanft ihre Lippen auf die Juudais legte. Juudai, obgleich es nicht der erste Kuss war, den sie tauschten, war ziemlich überrascht, aber wehrte sich nicht, stattdessen hatte ein seltsames Gefühl der Wärme von ihm Besitz ergriffen, sodass auch er Yubel den Kuss zurückgab, als sie ihren löste, sehr zu ihrer Überraschung. „Juudai...“, flüsterte sie leise als sie sich eingestehen musste, dass Juudai vielleicht doch etwas für sie zu fühlen schien.

Und sie lebt tatsächlich noch

Kapitel 11: Und sie lebt tatsächlich noch
 

Gerade als Juudai den Kuss von Yubels Lippen löste, hörten die beiden schon, wie wieder jemand zu ihnen trat. Gerade noch rechtzeitig zog sich Yubel ihre Kapuze über ihr Gesicht zurück, und Juudai stellte sich vor ihr, um ihr eventuell noch ein paar wenige Sekunden mehr Zeit dafür zu geben. Diejenigen, die gerade ihm begegneten, waren Asuka, und ihre beiden Freundinnen Junko und Momoe. „Hallo, Juudai!“, begrüßten die drei ihn. „Was machst du denn hier draußen? Ich hatte eher vermutet, dass du drinnen tanzt oder am Büffet bist, du magst es doch so sehr zu essen.“ „Nein, Asuka, mir war einfach nicht danach. Ich mag keine großen Menschenmassen.“ „Und seit wann denn das?“, fragte sie und seufzte dann auf. „Juudai, du hast dich wirklich sehr verändert.“ Junko und Momoe merkten, dass Asuka lieber mit Juudai alleine sein wollte, und so neugierig sie auch schauten, als sie die komplett verhüllte Gestalt hinter Juudai erkannten, entschlossen sie sich doch erstmal für einen kleinen Rückzug. Auch Yubel entschied sich dafür, als sie sah, wie Asuka Juudai nicht mehr aus den Augen ließ und sie beide schwiegen. Außerdem wäre es doch irgendwie besser, wenn nicht allzu viele sie bemerkten, erst recht nach dieser faulen Ausrede Siraj gegenüber. Noch jemanden so etwas erzählen wäre zu riskant und würde sie neugierig machen, vielleicht sogar so sehr, dass man ihr die Kapuze vom Kopf riss, und das musste sie unbedingt verhindern. Also machte Yubel einige Schritte rückwärts, und blieb dann stehen, weil ihr ein völliger Rückzug von Juudai unmöglich war, da sie es nicht mit sich vereinbaren konnte. Sie hatte versprochen immer an seiner Seite zu sein und ihn zu beschützen, und das würde sie auch tun, komme was wolle.
 

„Asuka, es tut mir leid, aber es hat sich nach dem Vorfall einiges geändert...“ „Ja“, meinte sie traurig, „das habe ich auch gemerkt. Wir alle machen uns Sorgen um dich, aber du scheinst das noch nicht einmal zu bemerken.“ Juudai sagte daraufhin nichts, wohl weil ihm nichts besonders Gutes oder Beschwichtigendes einfiel. „Asuka, mir geht es gut, wirklich.“ Sie sah auf. „Ach wirklich?“, fragte sie in einem gespielt überraschtem Unterton. Der braunhaarige Junge merkte, dass es sie nicht so ganz überzeugt hat, und seufzte, als ihm eine Idee kam, wie er am besten zeigen konnte, dass er immer noch der alte war, auch wenn er sich längst nicht mehr so fühlte. Er rannte plötzlich auf sie zu, und nahm ihre Hand in seine, als er sie fragte, was sie denn von einem kurzen Tanz halten würde. Asuka war sichtlich überrascht, als sie diese Frage von Juudai hörte, aber vor allem von dem Ton in dem er diese Frage stellte, denn er klang schon wieder wie ganz der alte. Yubel sah die beiden an, und langsam stieg in ihr eine heftige Wut auf, ein Gefühl der Eifersucht, als sie hörte, wie Juudai einfach so Asuka zu einem Tanz aufforderte, während sie zunächst so gezögert hatte, ihn überhaupt zu fragen. Andererseits verstand sie, dass es eine Art Ablenkungsmanöver war. Trotzdem stellte es sich als ein nicht gerade Gutes heraus, als sie bemerkte, wie Asukas Blick sie streifte und an ihr hängen blieb. „Juudai, wer ist denn deine Begleitung?“, fragte das dunkelblond-haarige Mädchen, doch Juudai antwortete nicht sofort darauf. Einige Sekunden vergingen, in denen sich Yubel fragte, ob Juudai sie jetzt wohl einfach verleugnen und sagen würde, dass er sie nicht kenne, doch da täuschte sie sich, als er sagte: „Das da ist Yuuka, aber sie möchte so verhüllt bleiben, aus welchen Gründen auch immer.“ Asuka sah das verhüllte „Mädchen“ noch ein zwei Sekunden lang an, bevor sie sich an Juudai wandte. „Juudai... ich merke doch, dass du nicht wirklich mit mir tanzen willst, weil dich wahrscheinlich etwas anderes beschäftigt. Was es auch ist, ich hoffe du wirst es mir bald sagen können...“ „Willst du denn nicht mit dir tanzen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich will nicht wirklich, mir ist irgendwie die Lust dazu vergangen...“ „Ist das meine..?“ „Nein, es ist nicht deine Schuld. Mir gehen nur gerade tausende Gedanken durch den Kopf, das ist alles.“ Asuka lächelte ihn schwach an, als sie sich wieder zum Gehen wandte. „Ich denke, ich gehe lieber wieder.“ „Warum denn das?“, fragte Juudai erstaunt. „Weil ich fürchte, dass da jemand kommt, den ich lieber vermeiden möchte...“, erwiderte sie mit einem leichten Kichern, „sag ihm aber nicht, dass ich hier war.“ Dann verschwand sie wieder, und während er noch eine Weile nachdachte, was sie gemeint hatte, kam auch schon der Grund für ihr plötzliches Verschwinden gleich um die Ecke.

„Juudai, hast du sie irgendwo hier gesehen?“, fragte eine Jungenstimme ihn, und als er sich umdrehte, erblickte er Jun Manjoume, der in einem schwarzen und sehr feinen Anzug gekleidet war, fast schon zu förmlich für den Abend. „Wen meinst du?“, fragte Juudai verwirrt, doch Jun schnitt ihm sofort das Wort ab. „Tu nicht so als ob du nicht wüsstest wen ich meine! Tenjoin-kun! Wo ist sie hingegangen?!!“ „Ach, du meinst also Asuka? Keine Ahnung, ich habe sie jedenfalls hier nicht gesehen..“, log er, als er erkannte, wieso die von Jun Gesuchte wohl davon gelaufen war. „Kann gar nicht sein“, schrie Jun, „ich habe doch gesehen, wie sie zusammen mit ihren beiden Freundinnen hier entlang gelaufen war, in deine Richtung!“ „Was weiß ich wo sie hin ist? Vielleicht hat sie auch einen anderen Weg durch den Garten genommen, oder? Überleg doch mal...“ Dadurch beruhigte sich Jun zunächst etwas, als er dann entschloss es auf sich beruhen zu lassen. „Nun gut... aber du sagst mir Bescheid, wenn du sie findest, okay?“ „Ja, geht klar“, stimme Juudai zu und sah, wie Jun wenige Sekunden danach ebenfalls verschwand, so wie zuvor schon Asuka. Also war wenigstens Jun so geblieben wie vor dem Vorfall, der so vieles verändert hatte, besonders für ihn, Juudai. Ungebrochen wie eh und je war also die Vorliebe Juns für Asuka, und sie zog es immer noch vor, sich lieber schnell zurück zu ziehen, als ihm zu begegnen, nur um sein Werben nicht ertragen zu müssen. Juudai musste kurz lächeln, als er daran dachte. Fast schon hätte er vergessen, was er tun wollte, als Yubel sich wieder zu Wort meldete, als sie neben ihn trat. „Juudai, jetzt haben wir schon wieder zwei von deinen Freunden einfach so vorbei ziehen lassen. Wenn wir so weiter machen, dann schaffen wir es nie, sie an einem Ort zu versammeln, bevor etwas passiert. Schlimmstenfalls finden wir sie alle an einem Ort, wenn etwas passiert.“ „Ah!“, schrie Juudai enttäuscht auf, „verdammt, du hast recht!“ Da musste Yubel gehässig lächeln. „Du scheinst nicht gerade gut im Einhalten von Plänen zu sein, oder?“ „Nein, nicht wirklich“, meinte Juudai verlegen, als er sich am Hinterkopf kratzte, „aber was tun wir jetzt?“ „Vielleicht lassen wir einfach diesen Plan fallen, wenn es dir so schwer fällt, ihn umzusetzen?“ „Nein, das kann ich nicht tun, er ist trotzdem wichtig.“ „Ja, ich weiß... aber hast du schon daran gedacht, was passieren würde, wenn alles an diesem Abend schief läuft?“ „Du musst mir wirklich nicht noch mehr Angst machen, Yubel. Ich habe mir das alles schon durch den Kopf gehen lassen, aber so richtig ausmalen mag ich es mir auch wieder nicht. Schon weil ich fürchte, dass es dann wahr wird, so wie ich es mir gedacht hatte...“ „Juudai...“ „Ja?“ „Was würde passieren, wenn man herausfindet, dass ich hier bin? Wenn es heute Abend herauskommt, dass ich an deiner Seite bin? Wirst du dann zu mir stehen?“ Der braunhaarige Junge hielt inne und überlegte kurz, aber er kam für seine Verhältnisse recht schnell zu einer Anwort.

„Ich werde immer zu dir halten, Yubel. Mag sein, dass es schlimm war, was du uns angetan hast, aber ich glaube an dich, und daran, dass du von nun an Gutes tun wirst.“ Den Hermaphroditen berührten diese Worte sehr, weil sie ihr zeigten, wie sehr Juudai ihr vertraute, und darauf das alles gut wird. Ein warmes Gefühl ergriff von ihr Besitz, und sie fühlte sich auf einmal so töricht, dass sie es zugelassen hatte, dass Zweifel ihr Herz vergiften. Er vertraute ihr, und das war alles was sie von ihm wollte...

Und was wenn doch etwas dieses Vertrauen zerstören würde?
 

Ein helles Strahlen erregte plötzlich die Aufmerksamkeit Juudais und er schrie auf: „Yuuka, dort drüben!“ Er zeigte in die Richtung in die kurz zuvor Asuka und ihre Freundinnen verschwunden waren. Sie folgte ihm sofort aufgeregt, und das nicht ohne Grund – ein wildes Schreien hallte durch die Nacht und in die Richtung in die sie liefen, kamen ihnen hunderte von Schülern der Duellakademie entgegen, mit angsterfüllten Gesichtern. Ein paar hundert Metern vor ihnen war durch ein helles Leuchten nicht klar zu erkennen was vor sich ging, und doch wusste Juudai in dem Augenblick, dass Johan recht gehabt hatte. Das Licht war tatsächlich aufgetaucht, und das in dem Moment in dem er insgeheim angefangen hatte zu glauben, dass der Ballabend doch noch ruhig und ohne Zwischenfälle verlaufen würde.

Das laute Schreien eines Mädchens ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren, genauso wie der Anblick des Wesens, das nun vor ihm zu erkennen war. Dort stand Hikari, so wie er ihn bereits im Neo-Weltraum kennen gelernt hatte, und er hielt ein Mädchen fest in seinem Griff. Um den Hals des Mädchens krallte sich eine klauenbewehrte Hand und schnitt sich tiefer in ihn, und mit Schrecken musste Juudai feststellen, dass es Asuka war, die sich im Griff des Lichtes befand.

„Hikari!!!“, schrie er auf, um die Aufmerksamkeit des Wesens auf sich zu lenken. Das Lichtwesen bemerkte ihn sofort, und blickte in seine Richtung bevor er sich zu Juudai umdrehte. „Willkommen, Auserwählter! Wie ich sehe, hast du den Weg zu mir gefunden.“ „Lass sofort Asuka los!“ „Keinen Schritt weiter, Auserwählter, sonst wirst du es bereuen.“, zischte Hikari gefährlich, und Juudai konnte sehen, wie sich seine Krallen tiefer in Asukas Fleisch bohrten, und sie vor Angst aufkeuchte. Wohl aus Furcht und um sicher zu gehen, dass er ihr wirklich nichts antat, wich Juudai vorsichtshalber noch einen Schritt zurück und nahm eine ruhige Haltung ein. Um die beiden herum standen einige wenige Schaulustige, Menschen, die mutig genug waren, zu bleiben als sie so plötzlich bei den Festlichkeiten gestört worden sind. Juudai konnte spüren, wie sich alle ihre Blicke auf ihn und Hikari richteten, aber auch auf das verhüllte Wesen, dass nun neben Juudais Seite trat um ihm Mut zu machen und seiner Aufgabe als Beschützer Juudais nachzukommen. Hikari ließ sie gewähren, und ein Lächeln formte sich auf seinem sonst fließendem Gesicht, als er Yubel erblickte, wohl weil er von ihren Zweifeln wusste und sie ihrerseits nicht ahnte, was für eine wichtige Rolle sie in seinem Plan noch spielen würde.
 

„Was willst du von uns?“, fragte Juudai leise, aber bestimmt, gleichzeitig daran bemüht, das Wesen vor ihm weder zu verärgern noch zu provozieren, da er wusste, dass es für Asuka sonst das Ende bedeuten würde. Sie selbst schien genau zu ahnen, in welcher Gefahr sie sich befand, da sie sich nicht übermäßig rührte und sich darauf beschränkte, möglichst ruhig im Griff des seltsamen Wesens zu verbleiben. Stattdessen, und das wurde Juudai innerhalb weniger als einer Sekunde bewusst, musste sie sich darauf beschränken, sich vollkommen auf Juudai zu verlassen, darauf, dass er ihr das Leben retten würde. Und das ausgerechnet der Junge, der sich so geändert hatte... hoffentlich hat er wenigstens nicht sein übermäßiges Talent verloren, ein echter Held in Angesicht der Gefahr zu sein. Innerlich betete sie schon, dass er wenigstens darin noch ganz der Alte war und auch, dass sie diese Sache unbeschadet überstehen würde.

„Ich will nichts wirklich besonderes, sondern nur kurz mit dir reden...“, sagte Hikari in einem verspielten Tonfall und fixierte seinen Blick auf Juudai. Dieser blieb ruhig und antwortete darauf: „Dazu hättest du nicht gleich meine Freunde bedrohen sollen, Hikari no hado.“ „Das nicht, da hast du recht, aber so macht es einfach mehr Spaß findest du nicht? Außerdem haben wir noch eine Rechnung miteinander offen, und ich finde wir sollten sie endlich begleichen, meinst du nicht?“ „Was meinst du nun wieder damit?“ „Hör auf den Dummen zu spielen, du weißt genau was ich meine!“, zischte das Licht, „es geht darum, dass du meinen Plan mit dem Militärsatelliten zunichte gemacht hast! Ich habe meine Rache dafür immer noch nicht ausgelebt, also sollte ich das vielleicht hier und jetzt an dem Mädchen nachholen, was hälst du davon?“ „NEIN! LASS SIE BLOß IN RUHE!!! ICH WARNE DICH!!“, schrie Juudai auf, und wollte schon einen Schritt nach vorne gehen, als er von Yubel zurückgehalten wurde, die eine Hand auf seiner Schulter ruhen ließ. „Lass dich nicht provozieren“, riet sie ihm, „Hikari macht das extra, nur um einen Grund zu haben, dem Mädchen wirklich zu schaden. Versuche dich noch etwas zurück zu halten.“ „Aber Yu...ich... wir müssen doch etwas tun!!“ „Ich würde auf sie hören, Auserwählter, sie hat nicht ganz unrecht. Du stehst unter meiner Gewalt, und musst tun, was ich will oder du riskierst ihr Leben“, unterbrach das Licht die beiden. Juudai keuchte verzweifelt auf, da er sich noch niemals zuvor so hilflos gefühlt hatte und er war es ehrlich gesagt leid, sich so nutzlos zu fühlen und zusehen zu müssen, dass einer seiner Freunde wieder bedroht wird. Er kniff seine Augen zusammen und blickte dann das Licht mit einem finsteren Blick an. Kurzzeitig leuchteten seine Augen in einem goldfarbenen Ton auf, der das Licht nicken und die Menschen um ihn herum kurz aufkeuchen ließ. Selbst Yubel war von diesem kurzen Anblick fasziniert gewesen. Sie hätte nicht gedacht, dass er jetzt schon bereit wäre, die Kräfte des Haou in ihm zu verwenden, und offensichtlich dachte das Licht genauso, denn es sagte: „Ich verstehe...du wärst jetzt schon bereit, die Macht die in dir schlummert, frei zusetzen...aber noch ist es zu früh.“ Juudai atmete tief ein und aus, um die Ruhe zu bewahren, aber er sah das Licht immer noch so finster an wie in dem Moment, in dem sich die Macht Haous fast wieder gezeigt hätte. „Ich frage dich noch einmal, Hikari no Hado, was willst du von uns? Warum bedrohst du mich und unsere Freunde? Wenn es dir um Rache alleine gehen würde, dann müsstest du nicht gleich sie als Köder benutzen. Du musst noch etwas anderes wollen.“ Das Licht schwieg daraufhin beharrlich und schien diese für Juudai, Asuka und alle umstehenden quälenden Minuten aus vollstem Herzen zu genießen. Noch bevor das Licht auf diese Frage antworten konnte, hörte Juudai wie weitere Menschen hinter ihm angelaufen kamen, und er drehte sich um, als er das Aufschreien Sirajs und Reis hörte. Da standen Johan, Sho, Jun, Chronos, Kenzan, die beiden Mädchen, und der Bruder der Betroffenen, Fubuki. Dieser wollte sich sofort auf das Licht stürzen um seine Schwester zu retten, wurde aber von Chronos und Johan festgehalten, und auch Jun wollte sofort dasselbe tun, doch Rei, Siraj und Kenzan hielten auch ihn auf. „Lasst mich los! Ich kann nicht zulassen dass sie Tenjoin-kun etwas antun!!!“, schrie er laut auf, „Juudai, wenn ihr durch dir etwas passiert, weiß ich nicht, was ich mit dir machen werde!!!“ Juudai nickte nur schweigend, und stimmte in seinem Inneren Jun voll zu. Ja, er selbst würde nicht wissen, wie er sich vergeben könnte, sollte das Schlimmste wirklich passieren. Das Lichtwesen starrte alle immer noch beharrlich an, vor allem aber fixierte sich sein Blick auf Johan, demjenigen, von dem er schon eingeschätzt hatte „dass er in seiner Natur ihm ähnlich ist“. So sehr es auch die Reaktion all dieser Menschen genoss, langsam aber sicher wurde ihm etwas langweilig. „Also, Auserwählter... was machen wir jetzt? Was würdest du tun, um dieses Mädchen zurück zu bekommen?“ Juudai richtete seinen Kopf zu Boden, als ob er eine Niederlage eingestehen würde: „Was auch immer dazu nötig ist. Was auch immer du von mir willst... du sollst es bekommen.“ „Haha, weißt du was das ist? Es wäre nichts weniger als dein Leben, das ich hier fordere.“ Yubel sowie alle seine Freunde keuchten schockiert auf, als sie diese völlig unmöglich einzulösende Forderung hörten. Doch Juudai blieb ruhig, blickte nochmals alle seine Freunde an, die hinter ihm standen. Also sollte das nun sein Ende sein? Wenn ja, dann hoffte er, dass er wenigstens dadurch ihr Leben rettete, denn er würde nichts mehr bereuen, als die Tatsache, dass er nicht alles getan hätte um sie zu schützen, und sei es eben auch mit seinem Leben. Er lächelte sie alle an, und sie verstanden seinen Blick, denn sie sahen ihn schockiert an, vor allem aber Siraj, die das was hier geschah nicht verkraften konnte, weil es allem widersprach woran sie glaubte. Es widersprach ihrem Bild einer heilen Welt, in der es solche Wesen wie Hikari sicherlich nicht gab, genauso wenig wie die Isekai oder Yubel – und doch waren sie alle bittere Realität. So wie nun diese Situation. Alle warteten darauf, dass Juudai etwas sagte, wenigstens einige Worte des Abschieds, aber er lächelte sie nur an mit diesem naiv kindlichen Gesicht. „Tu es nicht!“, schrie Asuka in der Hand des Wesens auf, „ich möchte nicht, dass du dich für mich opferst!“ „Sei still!“, zischte Hikari ihr zu und verfestigte seinem Griff um ihren Hals, was sie hörbar nach Luft ringen ließ. „Wir wollen doch sicher beide, dass er seine Entscheidung freiwillig trifft, oder?“, redete er mit einer weichen Stimme auf sie ein, bevor er sich wieder an den Braunhaarigen wandte. „Juudai!“, schrien alle auf, und er nickte ihnen zu bevor er sich an Hikari wandte. „Gut, ich werde dir mein Leben für ihres geben. Nur bitte verschone sie.“ Das Licht lachte bei dieser Bemerkung laut auf, während Yubel in ihrer weiblichen Stimme Juudai anschrie, als sie ihn packte und näher zu sich zog. „Ist dir klar, was du da sagst?? Dein Leben...ich werde das nicht zulassen, ich kann es einfach nicht!!!“ Doch Juudai befreite sich aus dem Griff von Yubel, die vor Schock und Angst ihn bei ihrem Griff zu verletzen ihn nicht fest genug gehalten hat, und er schritt einige wenige Schritte auf das Lichtwesen zu, streckte seine Arme in die Weite aus, um anzuzeigen, dass er es wirklich ernst meinte und sich bei seinem Angriff auch nicht wehren würde.
 

Und dann passierte es innerhalb einiger weniger Sekunden. Helles, weißes Licht blendete ihn, als er sanft die Augen schloss, in der Erwartung des Todes, doch dann ließ ihn ein Aufschreien beide Augen wieder öffnen. Mehrere Szenen auf einmal flossen langsam in seine Seele. Ein Umhang wehte durch die hell erleuchtete Nacht, als er weggeworfen wurde und er konnte weißgraues und blaues Haar wehen sehen, die ungläubigen geweiteten Augen seiner Freunde, als sie das Wesen sahen, dass nun seine Tarnung aufgab, konnte sehen, wie sich jemand vor ihn stürzte, um den hinterhältigen Angriff des Lichtwesens zu blocken. Er sah jemanden an sich vorbei laufen, als das Licht auf einmal nicht mehr so stark blendete. Er hörte das laute Aufschreien Asukas, sah wie ihr Körper zur Erde fiel, und sie sich den Hals hielt, er hörte, wie seine Freunde aufschrien, allen voran Jun und Fubuki und sie auf das Mädchen zustürzten. Er sah wie Hikari mit einem Mädchen rang, wie er ihre langen hellblonden Haare festhielt und an ihnen zog, in der Hoffnung sich von ihrem Griff zu befreien. Doch dann sah er nichts mehr, als alles um ihn schwarz wurde, als die Dunkelheit seiner Seele ihren Tribut forderte.
 

Er wachte auf, als er spüren konnte, wie jemand versuchte ihn sanft durch Rütteln zu wecken. Als er seine Augen langsam öffnete, sah er in Johans Gesicht, dessen ernsten Züge sich nun zu viel freundlicheren wandelten, als er erkennen konnte, dass es seinem Seelenverwandten gut ging. Juudai realisierte innerhalb einer Sekunde, dass es nicht lange her war, dass diese Bilder passiert sind, und dass sie auch kein Albtraum oder dergleichen waren, sondern durchaus real. Menschen um ihn herum schrien panisch auf, und er konnte das Getrappel von ihren Füßen hören. „Johan, was..?“ „Keine Sorge, Juudai, alles ist gut!“, versuchte der Norweger ihn zu beruhigen, aber Juudai ließ sich nicht. „Was ist mit Asuka?“ „Sie...“ Johan zögerte, und das war für den Japaner Grund genug um sich möglichst schnell aufzurichten, und sie zu finden. Er war zwar noch etwas wackelig auf den Beinen, doch weit musste er nicht gehen: Nur ein paar Meter von ihm entfernt, dort wo zuvor noch ein helles Lichtwesen sein Leben forderte, war eine große Ansammlung von Menschen. Sanitäter, so stellte sich beim näheren Anblick heraus, versorgten das verletzte Mädchen so gut es ging, und seine restlichen Freunde versuchten gemeinsam mit einigen wenigen anderen Schülern, Schaulustige von der wichtigen Arbeit der Sanitäter abzuhalten, damit sie möglichst zügig arbeiten konnten. In wenigen Sekunden, so schien es, nahmen Träger Asuka auf einer Trage mit und schrien, dass man ihnen den Weg frei machen sollte, und die Umstehenden gehorchten bereitwillig. Zurück blieben ein geschockter Fubuki und ein wild schreiender Jun, der darauf bestand, dass er mitkommen sollte, weil Asuka seine Freundin sei. Die anderen sahen ebenfalls geschockt aus, und schließlich hielten es die beiden nicht mehr aus, und liefen den Sanitätern hinterher. Rei schniefte leise, als sie Juudai erkannte und sah wie er vor Schwäche auf die Knie fiel. Ihm kamen die Worte seltsam stockend aus dem Mund, als er sie alle fragte: „Was ist mit Asuka? Ist sie schwer verletzt?“ Keiner von ihnen antwortete ihm, und das ließ sein Herz schmerzhaft zusammen krampfen. Aber noch mehr verkrampfte sich sein Herz, als er sah, wie Yubel einige Meter von ihm entfernt dastand, mit einem Blick in ihrem Gesicht, das er bisher noch nie gesehen hatte. Inmitten all dieser Menschen stand sie, um sie herum Juudai, der bei seinem Freunden war, und nicht bei ihr. Er konnte in ihren Gesichtern lesen, dass sie weder verstanden, was sie hier zu suchen hatte, noch wie sie hierher gekommen war oder den ganzen Abend lang nicht von Juudais Seite gewichen war. Aber es war nicht das einzige was er in den Gesichtern dieser Menschen lesen konnte, denn er sah auch Hass und Ekel im Angesichte dieses Monsters, dieses nicht menschlichen Wesens. Sie rührte sich kein bisschen, und ihre zweifarbigen Augen leuchteten matt in der Dunkelheit, als sie sich langsam etwas aufrichtete, und ihren Blick auf Juudai richtete. Langsam bewegten sich ihre hellblauen Lippen, an denen rotes Blut runter tropfte, als sie leise, aber noch hörbar genug in Juudais Richtung hauchte: „Nun ist es raus, oder Juudai? Glaubst du mir jetzt, als ich sagte, dass ich dich beschützen werde, mit allen was ich habe??“

Warum wolltest du lieber sterben?

-Kapitel 12: Warum wolltest du lieber sterben? -
 

Sie sahen sich stumm an, und sagten nichts, mitten in der Nacht, inmitten eines Kreises von Menschen. Yubel stand in der Mitte, verletzt, mit ihrem eigenen Blut verschmiert, mit Blut, das auch von den Lippen tropfte. Juudai starrte sie entsetzt an, aber noch entsetzter, und vor allen Dingen noch erstaunter und schockierter sahen die Menschen aus, denen sich Yubel letzten Endes offenbart hat, weil sie Angst um Juudai hatte. Juudai, schockiert und besorgt um den Zustand von Asuka, wurde noch besorgter, als er den Ärger in den Gesichtern der Umstehenden erkennen konnte, ihr Unverständnis, was so jemand wie Yubel hier verloren hätte. Nichts war in diesem Moment erdrückender als die Stille und innerlich flehte Juudai schon, dass einer sie unterbrechen möge, die quälenden Sekunden, Minuten, Stunden. Yubel war dann diejenige, die es tat: „Juudai... was passiert jetzt?“, fragte sie unsicher. Bis Johan dann auf einmal leise doch ernst genug fragte: „Was macht Yubel hier?“ Er stand auf, und wollte zu ihr gehen, um sie aus der Nähe zu betrachten, doch Juudai stand von seinen Knien auf und stürzte sich zu Yubel herüber, noch vor Johan. Da realisierte dieser etwas Schmerzhaftes. „Also hast du es die ganze Zeit gewusst? Gewusst, dass sie hier ist?“ Der Braunhaarige nickte: „Ja, ich habe es gewusst. Deswegen konnte ich so sicher sagen, dass sie mir nichts tun würde. Denn wenn sie es wollte, dann hätte sie es schon längst getan!“ Johan antwortete nicht darauf, doch blieb seine Miene seltsam unbewegt, als er ihn wieder etwas fragte. „Und ... wo hat sie dann gelebt? Etwa auch bei dir?“ „Hör auf!“, schrie Sho auf und ging zwischen die beiden, auch wenn sie keinerlei Anstalten machen, sich irgendwie anzuspringen oder aufeinander los zu gehen. „Asuka ist verletzt worden, von einer Macht von der wir wissen, dass sie jederzeit wieder genauso zuschlagen könnte. Yubel ist das letzte worüber wir uns Sorgen machen müssen!“ „Stimmt...“, nickte der Norweger, und gerade als er das tat, öffnete sich hinter ihm die Menschenmenge, um den Direktor der Schule und einige Lehrer vorbei zu lassen, worunter unter anderem Professor Chronos, sowie Professor Koouzima zählten. Koouzima sah sich interessiert um, vor allem aber als er Yubel erblickte, vereengten sich kurz seine Augen und bekamen fast einen freudigen Glanz, den Juudai zwar bemerkte, aber wieder als Belanglosigkeit abtat. Samejima ging zielstrebig auf Juudai, Johan und Sho zu, drehte sich dann um, um den Umstehenden etwas Wichtiges mitzuteilen: „Heute Abend sind einige seltsame Vorfälle aufgetreten, doch kann ich Ihnen allen hier versichern, dass wir alles unter Kontrolle haben, sodass Panik fehl am Platze ist. Zurzeit untersuchen wir noch, was genau geschehen ist, aber dazu wäre es besser, wenn alle Umstehenden den Tatort hier verlassen würden. Bitte folgen sie den umstehenden Lehrern, die Ihnen auf dem Rückweg alles weitere erklären werden.“ Unter dem ansteigenden Murmeln der Umstehenden, die den Anweisungen ihres Schuldirektors Folge leisteten und sofort den Lehrern folgten. Samejima wartete zusammen mit Chronos und Koouzima bevor der größte Teil der Menge verschwunden war, bevor er sich wieder mit ernstem Gesicht zu Juudai wandte. „Ich hätte gerne eine Erklärung was hier passiert ist“, sagte er nur mit einer leisen Stimme. „Das wüssten wir auch nur zu gerne, Direktor“, meinte Johan dabei leise, und Juudai sah, wie sich die Augen aller seiner Freunde auf ihn und Yubel hinter ihm richteten. Chronos erschrak, als er Yubel erkannte. „Das ist doch das Monster, das für das Verschwinden der Studenten verantwortlich ist!“, rief er aus und zeigte panisch mit dem Zeigefinger auf Yubel, die das Treiben mit müden Augen ansah. „Also ist das die Person, die auch dafür verantwortlich ist, dass unsere Schule in einer anderen Dimension verschwunden ist...“ Samejima schien nachdenklich zu wirken, als ihn Juudai unterbrach: „Wissen Sie, wie es Asuka geht? Ist sie schwer verletzt?“ „Juudai, hör auf, dem Direktor solche Fragen..“ Doch Samejima stoppte Chronos mit einer leichten Handbewegeung. „Juudai... willst du die Wahrheit wissen...sie versuchen, sie zu retten. Aber mehr weiß ich noch nicht, weder, ob sie es schafft, noch sonstiges.“ Eine kurze eiskalte Stille folgte, bevor Juudai aussprach, worüber er sich noch Sorgen machte. „Was passiert denn jetzt mit uns?“ Denn obwohl er genau wusste, wie freundlich Samejima bisher war, so wusste er ebenfalls, dass auch seine Freundlichkeit irgendwann seine Grenzen erreicht haben könnte. Und tatsächlich sah der Direktor nachdenklich aus, bis ihn Professor Koouzima unterbrach. „Ich würde vorschlagen, dass wir die vor allem erst einmal die beiden befragen, vor allem aber... dieses Wesen... was eigentlich hier passiert ist.“ Nach einer Weile nickte der Direktor. „Ja, das scheint mir eine gute Idee zu sein. Juudai, du und das Wesen hinter dir kommen erst einmal mit. Deine Freunde können sich erst einmal von dem Schock erholen. Du natürlich auch, du musst keine Angst haben, dass ich dir etwas vorwerfe, nur ist das erneut ein seltsamer Vorfall, den wir der Chronik der Schule hinzufügen können, und ich mag ihn nur ungern ungeklärt lassen. Das verstehst du doch sicher. Oder?“ Juudai war erleichtert als er hörte, dass ihm nichts Schlimmes drohte, und nickte bereitwillig. „Ja, das verstehe ich nur zu gut.“ Dann wandte er sich an Yubel, die ihn immer noch mit matten Augen anstarrte. „Yubel...“, sagte er als er ihre Hände in die seine nahm, und ihr dann mit einer Hand das Blut von den Lippen wischte, „ist dir etwas passiert? Geht es dir gut?“ Doch sie sagte nichts, sah ihn nur an, also erklärte Juudai ihr in einer sanften Stimme: „Yubel, macht es dir etwas aus, wenn wir jetzt mit dem Direktor mitgehen? Yubel... was ist mit dir?“ Doch Yubel sagte nichts, bis sie endlich einmal reagierte. „Juudai...“, sagte sie mit schwacher Stimme, die dann aber mehr und mehr an Kraft gewann je mehr sie sagte, „ich bin bereit, mitzukommen... aber... ich kann nicht glauben, dass du... dass du so töricht gewesen wärest... wolltest du wirklich sterben? Mich alleine zurück lassen??!“ Dann schließlich schrie sie ihn an: „Du wolltest für deine Freunde sterben, und mich, die dich so liebt, alleine zurück lassen??!“ Sie erhob schon die Hand zum Schlag in sein Gesicht, er schloss verängstigt die Augen und seine Freunde zuckten in der Erwartung des Kommenden zusammen, doch dann hielt Yubel inne, als sie realisierte, dass sie gerade denjenigen, den sie über alles liebte fast geschlagen hätte. Dieser Gedanke machte sie noch niedergeschlagener als die Tatsache, dass er sein Leben eher für seine Freunde geopfert hätte, als weiterhin für sie zu leben. Juudai öffnete wieder seine Augen als er merkte, dass der Schmerz den er erwartet hatte, nicht eingetroffen war, und seine Freunde sahen die beiden verwundert an, vor allem Johan mit einem seltsamen ernsten Gesicht.
 

„Gut, nun da wir das geklärt haben.. aber wir haben noch mehr Verletzte hier..“, bemerkte Rei auf einmal und wandte ihr Gesicht zu dem Ort einige Meter von ihnen entfernt, auf dem das Lichtwesen aufgetaucht war und Asuka festgehalten hatte. Denn genau an dieser Stelle lag noch ein Mädchen auf dem Boden, sie sich mit den Händen durch ihr langes blondes Kopfhaar fuhr, und leise vor sich hin fluchte. Rei lief zu ihr hin, sprach kurz mit ihr, und ging dann mit ihr an der Hand ein, zwei Meter, bis sich die meisten von Juudais Freunden entschieden, zu ihr zu laufen und sich nach dem Zustand des Mädchens zu erkundigen. „Siraj, geht es dir gut? Bist du irgendwo verletzt?“ „Nein, nein, alles in Ordnung. Aber...“ Und sie bekam bei den nächsten Worten einen erschrockenen Ausdruck in ihren Augen. „Gegen was für ein Wesen habe ich denn gerade eben gekämpft?“ Mit einem „Das wissen wir auch nicht“ versuchte Rei ihr zu zeigen, dass sie nicht wahnsinnig geworden war, was sie jetzt ganz sicher tun könnte. Vor allem für jemanden, der nicht an übernatürliche Dinge glaubt, wie sie, war dieses Erlebnis bestimmt ein Trauma. Und vor allem Juudai konnte es besonders nachfühlen, wie so etwas ist, denn auch er war mehr als traumatisiert gewesen, nach allem, was er bisher erlebt hatte und mit einem Mal begann er sich zu fragen, ob er wirklich noch alle seine Sinne beisammen hatte und nicht verrückt war. Siraj war auch recht ruhig geworden, als sie sich immer noch durch ihr Haar strich. „Was auch immer dieses Wesen war, es hat verdammt weh getan, als es mir an meinen Haaren gezogen hat“, maulte sie. „Es war aber mehr als mutig gewesen, was du da getan hat“, lobte sie Kenzan, „wenn auch sehr gefährlich.“ „Ja, ich weiß, aber ich konnte nicht mehr zusehen, als ich sah, dass dieses Wesen damit drohte, einen von uns zu töten. Da wusste ich dass ich etwas tun musste, egal was.“ „Ja, das schon, aber es wäre besser, wenn du so etwas nicht noch einmal machst. Dein Leben so aufs Spiel zu setzen, das solltest du lassen“, ermahnte Johan sie. Gerade als Johan sie ermahnte, wurde sie etwas rot im Gesicht vor Scham. „Es tut mir leid. Aber wie geht es Juudai?“ „Ihm geht es gut“, erklärte ihr Direktor Samejima, „wie ich von eurem Gespräch gehört habe, hast du dich dafür eingesetzt, dass nicht noch mehr Menschen zu schaden kommen, auch unter Einsatz deines Lebens. Das finde ich bemerkenswert, trotzdem muss ich Mister Anderson zustimmen, mit dem was er sagt.“ Das blonde Mädchen nickte. „Ja, ich verstehe, Herr Direktor.“ „Trotzdem finde ich persönlich das im höchsten Maße bemerkenswert...“, meinte Koouzima mit Blick auf Siraj. „In der Tat“, nickte auch Chronos. „Gut, aber was ist denn jetzt mir Juudai?“ Alle machten die Sicht auf Juudai frei, und sie schritt in ihrem teilweise zerfetztem türkisen Abendkleid zu Juudai. Bis sie inne hielt, weil sie ein Wesen entdeckte, dass hinter Juudai saß. Das Wesen schien menschlich, hatte aber doch eine andere Hautfarbe und riesige Flügel, aber vor allem auch zwei Augenfarben. Siraj sah es gebannt an, als auf einmal plötzlich ein Schmerz ihren Kopf durchzuckte.

Sie sah ein verschwommenes Bild in ihrem Kopf. Ein Gesicht, dessen Züge sie nicht klar erkennen konnte. Sie konnte nur dieses Augenpaar sehen, auf sie gerichtet, dieselben zweifarbigen Augen, nur so leer, als wären sie seelenlos geworden...
 

Juudais Stimme holte sie wieder zurück in die Wirklichkeit. „Siraj, was ist denn mit dir?“ „Was? Ach nichts... das wollte ich eigentlich von dir wissen“, lachte sie, „das Wesen hat dich nicht etwa verletzt, oder?“ Er schüttelte den Kopf „Nein, hat es nicht, mir geht es gut.“ „Bin ich erleichtert...“ Habe ich mich getäuscht, oder... hast du dich wirklich auf das Wesen gestürzt? Ich habe fast nichts erkennen können, zumindest nicht, als ich in Ohnmacht fiel...“ „Ja, doch, ich habe das wirklich getan. Halte mich ruhig verrückt deswegen, aber ich konnte einfach nicht mehr länger zusehen...aber wer ist das denn hinter dir?“ „Das kann ich dir noch nicht erzählen“, sagte Juudai nur, „ich muss jetzt leider weg. Mit dem Direktor sprechen. Ich kann es dir irgendwann erzählen.“ „Okay“, nickte sie, und der Braunhaarige stand auf, hielt seine Hand Yubel hin, die dann ebenfalls mit ihm aufstand. Hand in Hand gingen sie zu Samejima und den drei Lehrern, die nickten und sich ebenfalls in Bewegung setzten. „Ich wünsche euch noch einen schönen Abend. Und keine Sorge, Juudai ist in guten Händen.“ „Das wissen wir, Direktor. Wir wünschen Ihnen ebenfalls einen guten Abend“, antwortete Johan stellvertretend für alle, die zustimmend nickten. Nur Siraj sah Juudai und diesem komischen Wesen neugierig nach. Denn etwas an den beiden kam ihr bekannt vor, selbst an Juudai, den sie doch schon ganz zu Beginn ihrer Schulzeit an der Akademie kennen gelernt hatte, schien sie noch etwas zu entdecken. So als ob sein Anblick etwas lange vergessenes in ihr wieder wach rufen würde. Aber vor allem bei diesem Wesen bei ihm war dieses Gefühl besonders stark.
 

Juudai und Yubel schritten neben Samejima und den Lehrern in die Richtung des Sprechzimmer des Direktors. „Setzt euch doch alle hin.“ Damit bot Samejima ihnen allen eine Sitzgelegenheit an, die auch alle bis auf Yubel annahmen, die es vorzog, einfach neben Juudai stehen zu bleiben. Doch der Direktor bedeutete sie, dass auch sie sich hinsetzen möge, was sie dann auch tat und sich neben Juudai in einen Stuhl setzte. „Ich wollte, dass ihr beide herkommt, weil ich aufklären will, was genau heute Abend geschehen ist. Soviel ich von unseren beiden Lehrkräften Professor Chronos und Koouzima erfahren konnte, ist heute Abend auf dem Erstlingsball ein Lichtwesen aufgetaucht, dass damit gedroht hatte, Menschen umzubringen. Eine unserer Schülerin liegt schwer verletzt auf der Intensivstation und das Wesen, dass für das Verschwinden unserer Schule in eine andere Dimension verantwortlich ist, taucht ebenfalls am selbigen Abend auf...“ „Das hat doch nichts mit dem einen zu tun!“, unterbrach Juudai ihn lautstark. „Yubel hat nichts getan, außer dass sie mich zu dem Ball begleitet hat. Und auch was mit der Schule und in der anderen Dimension passiert ist, kann ich ihnen gerne erklären. Auch wenn es womöglich sehr lange dauern würde...“, gab er zu, „weil die Geschichte zwischen mir und Yubel sehr lange zurück reicht.“ „Das ist mir durchaus bewusst.“ „Wie meinen Sie das?“ „Ich glaube, ich muss dir ein Geständnis machen. Ich habe schon sehr lange gewusst, wer Yubel ist, und was in eurer Vergangenheit geschehen ist, zumindest damals, als du noch ein Kind warst. Gleich nach dem ersten Auftauchen von Yubel ließ ich Nachforschungen anstellen, und wurde fündig. Ich fand heraus, dass du sie als Kind als Karte geschenkt bekommen hattest, und auch, dass es dir nachgesagt worden ist, du seist verflucht, und würdest die Leute ins Koma schicken und ihnen schaden, obwohl Yubel an der ganzen Misere verantwortlich war. Du hattest sie schon als Kind sehr geliebt, doch hast du sie ins All geschickt, als die Übergriffe einfach nicht aufhören wollten.“ „Sie... woher... wie haben Sie?“ Wie unschwer zu erkennen war, hatte Juudai alles erwartet, nur nicht, dass der Direktor über alles Bescheid wusste, schon gar nicht von diesen höchst persönlichen Dingen. Ihm war es höchst unangenehm, dass er ihm das alles erzählte, aber noch schlimmer war es, dass ausgerechnet Chronos und Koouzima ihm zuhörten, und offensichtlich war es gerade Koouzima, der an der ganzen Geschichte sehr interessiert schien – sein Gesichtsausdruck verriet es nur zu deutlich und er konnte seinen Blick nicht von Yubel ablassen, aber so richtig böse konnte man ihm nicht sein, weil nicht viele Menschen behaupten können, jemals ein Duellmonster aus Fleisch und Blut gesehen zu haben.
 

Yubel, die die ganze Zeit still zugehört hatte, meldete sich dann ebenfalls mit ihrer weiblichen Stimme zu Wort. „Also haben Sie die ganze Zeit von uns beiden gewusst... was aber hat es mit dem zu tun, was heute Abend geschehen ist? Ich habe lediglich meine Pflicht erfüllt, als ich an Juudais Seite durch diesen Ballabend gegangen bin.“ „Ist dem so? Nun, mit der Vergangenheit erstmal außer Acht gelassen, was hat es mit dieser ominösen Lichtgestalt auf sich?“ „Warten Sie, mehr wollen Sie nicht wissen? Gar nichts zu den Vorfällen mit dem Verschwinden der Schule?“, fragte Juudai überrascht. Der Direktor nickte. „Wie gesagt, ich bin erst einmal daran interessiert, heraus zu finden, was HEUTE Abend passiert ist, alles weitere lässt sich später ebenfalls noch klären, nur finde ich es wichtiger, eventuelle neue Gefahren jetzt schon im Keim zu ersticken, als der Vergangenheit hinterher zu trauern. Trotzdem hoffe ich natürlich auch, dass sich die Sache mit dem Verschwinden unserer Schule und den vermissten Schülern geklärt wird, doch was am heutigen Abend geschehen ist und ihre Aufklärung hat absoluten Vorrang.“ „Verstehe..“, setzte Juudai langsam an, „ich kann Ihnen dann erklären, dass das was heute Abend passiert ist, mit dem zu tun hat, was in meinem zweiten Schuljahr geschehen ist.“ „Mit deinem zweiten Schuljahr?“ „Sie wissen, was passiert ist, als die Gesellschaft des Lichtes hier gegründet wurde? Das Lichtwesen, das damals die Kontrolle über Saiou gewonnen hatte, ist dasselbe Wesen, das heute Abend angegriffen hat.“ Das erstaunte Samejima sehr. „Also ist es das sogenannte Licht der Zerstörung? Das ist höchst interessant. Bist du sicher, dass es dasselbe Wesen ist?“ Der braunhaarige Junge nickte lebhaft. „Ganz sicher. Und ich habe noch etwas zu sagen. Saiou und DD waren nicht die einzigen Opfer, die von dem Licht beeinflusst worden sind, als sie ihre Taten begingen. Auch Yubel wurde von dem Licht beeinflusst.“ „Hm.. das erklärt in der Tat so einiges...was wisst ihr noch darüber? Wisst ihr vielleicht, was für Ziele dieses Licht verfolgt, warum es an die Akademie zurück gekehrt ist, obwohl du es doch schon einmal besiegt hattest?“ „Das wissen wir nicht“, antwortete Yubel kühl an Juudais Stelle. „Wie wundern uns selbst was es hier verloren haben könnte, alles was wir wissen ist, dass es auf der Suche nach etwas ist, das es hofft hier zu finden. Was genau es ist, können wir ebenfalls nicht sagen.“ „Aber ihr könnt ausschließen, dass es etwas mit den heiligen Karten zu tun hat, die wir hier versiegelt in der Schule halten?“ „Wir können das nicht ausschließen. Ebenfalls nicht wann es zu neuen Angriffen kommen und kann und überhaupt.“ Wieder nickte der Direktor, bevor er dann sagte: „Gut. Ich bin froh, dass ich euch beide befragt habe, denn ihr scheint am meisten Bescheid zu wissen. Ich danke euch, dass ihr uns etwas aufklären konntet.“ „Heißt es, das war es schon? Ich dachte.. Ich meine, ich würde gerne wissen, wie es jetzt weiter geht. Vor allem, was mit Yubel ist.“ Der Direktor stand von seinem Sessel auf und ging nachdenklich an das Fenster, in dem man sehen konnte, wie dunkel und still es draußen war. Nach einiger Zeit des Schweigens drehte er sich wieder zu Juudai um und fragte stattdessen zurück: „Was meinst du denn? Erzähl mir einmal, wie du denkst, dass es weiter gehen könnte.“ Juudai sah den Direktor überrascht an, bevor dieser lächelnd weitersprach. „Ich dachte, du wolltest Yubel wieder mit zu dir nach Hause nehmen, oder nicht?“ „D..doch, natürlich!“, antwortete Juudai hastig, zu überrascht von dieser Antwort, die ihm aber gleichzeitig alle Sorgen nahm und er lachte sogar dabei auf. Selbst Yubel sah überrascht auf, lächelte dann aber leicht, als sie sagte: „Dann ist es mir erlaubt, bei Juudai zu bleiben? Sehr schön. Das dürfte so einiges einfacher machen.“ „Nun“, meinte der Direktor, „es ist dir durchaus erlaubt zu bleiben, vorausgesetzt, dass du nicht wieder dasselbe tust, wie vorher. Keine Teleportationen in eine andere Dimension, soll das heißen.“ „Keine Sorge, da kann ich Sie beruhigen. Ich habe das alles getan, um bei Juudai zu sein, und nun da ich bei ihm bin, habe ich nichts derartiges mehr vor.“ „Dann verstehen wir uns gut. Allerdings hätte ich noch eine allerletzte Frage, bevor ich euch beide gehen lasse, und diese Frage gilt dir, Yubel.“ „Was ist es?“ „Ich möchte wissen, was mit den anderen fehlenden Studenten geschehen ist. Leider Gottes sind an dieser Schule schon zahlreiche Schüler verschwunden, von denen ich gerne den Aufenthaltsort wissen würde.“ „Ich... kann Ihnen leider nicht sagen wo die Schüler sind, die ich habe verschwinden lassen“, gab Yubel recht kleinlaut zu, „Ich habe nach dem Vorfall alle Studenten wieder frei gelassen, also müssten sie alle hier an der Schule angekommen sein. Juudai hat mir bereits erzählt, dass dem nicht so sei und einige wenige immer noch fehlen würden. Leider kann ich nicht sagen wo sie sind, weil sie eigentlich alle hier hätten auftauchen sollen...“ Yubel wurde still als sie merkte, dass es sich etwas so anhörte, als wäre es eine Art faule Ausrede, und so sahen auch alle Gesichter mit Ausnahme Juudais auch aus, doch dann kam er ihr zu Hilfe. „Yubel vermutet, dass ebenfalls das Lichtwesen dafür verantwortlich sein könnte, dass nicht alle wieder hier zurückkehren konnten.“ „Verstehe...gut, ihr könnt jetzt gehen. Nochmals vielen Dank, dass ihr uns geholfen habt.“ Juudai und Yubel standen auf und nahmen sich an die Hand, als sie sich beide höflich vor den Anwesenden verbeugten, ihnen eine Gute Nacht wünschten und zusammen aus dem Büro hinaus schritten.
 

Sie gingen draußen noch einige Meter Hand in Hand, als sie beide auf einmal auf ihre eng umschlungenen Hände blickten uns sich losließen, als hätte sie Feuer berührt. Juudai lief knallrot an, doch Yubel selbst blieb still, in Gedanken an diesen Abend versunken. Sie war erleichtert, dass anscheinend wenigstens einer es ihr zugestehen würde, dass sie bei Juudai bleiben konnte, aber was würden seine Freunde dazu sagen? Sie konnte sich an die ernsten Gesichter von ihnen erinnern und als sie daran dachte, dass Juudai ernsthaft gesagt hatte, er würde lieber sterben wollen, als weiterhin leben zu wollen, wurde ihr schlagartig schlecht. Wie konnte Juudai es nur wagen, sie einfach so verlassen zu wollen? Wollte er nicht mit ihr zusammen sein, wollte er sich nicht von ihr beschützen lassen? Wieso wollte er nicht einsehen, dass er dringend ihren Schutz brauchte?

Juudai merkte, dass Yubel sehr still geworden war, blickte in ihr Gesicht, und sah, wie traurig sie aussah. „Was ist denn los? Ich dachte du bist glücklich, weil du nun offiziell bei mir sein darfst.“ „Was? Oh.. ja, darüber bin ich auch glücklich. Aber... wenn... ich... wenn ich daran denke, dass du lieber dein Leben geopfert hättest als leben zu wollen... Juudai... wolltest du wirklich sterben? Warum wolltest du lieber sterben?“ Abrupt blieb er stehen, als er diese komischen Fragen hörte und er sah sie mit einem ernsten Blick an. „Du glaubst also ernsthaft, dass ich sterben wollte? Ich will mein Leben nicht wegwerfen, dafür hänge ich zu sehr daran. Aber wenn es um meine Freunde geht... dann könnte ich es mir nicht verzeihen, wenn ich sie nicht mit wirklich allem beschützen könnte, was ich habe. Und sei es mit meinem Leben.“ „Das.. JUUDAI!“, schrie Yubel auf, „immer schon waren deine Freunde wichtiger als ich! Für sie würdest du alles tun, aber für mich? Für mich würdest du nicht einmal weiter leben wollen und dich von mir beschützen lassen wollen!!“ Sie keuchte wütend auf und funkelte ihn mit einem bösen Blick an, ähnlich wie den Blicken die sie ihm zuwarf, als sie gegeneinander gekämpft hatten. Juudai zuckte erschrocken zusammen, denn so eine wütende Reaktion von der nun immerzu lieben Yubel hatte er nicht erwartet. Trotzdem machten ihn ihre Worte ebenfalls wütend, denn sie konnte doch nicht ernsthaft von ihm verlangen, dass er nur an sie dachte! Er hatte schon geglaubt, dass sich alles zwischen ihnen geändert hatte und dass sie es angenommen hatte, dass seine Freunde für ihn immer wichtig waren und es bleiben werden. Als er realisierte, dass dem nicht so war, verhärteten sich seine Gesichtszüge ebenfalls und er schrie Yubel an: „Und ich dachte, du hättest begriffen wie viel mir meine Freunde bedeuten!“ „Ach ja?“, entgegnete sie, „dann geh doch zu deinen tollen Freunden!“ „ja, weißt du was, das werde ich machen!“, rief er zurück, und wandte sich zum Gehen, „und dich will ich erstmal gar nicht sehen!“ Damit rannte Juudai davon, in die Richtung, in der sich höchstwahrscheinlich der Krankenflügel befand. Damit wusste Yubel, dass er das verletzte Mädchen Asuka besuchen wollte. Also waren ihm seine Freunde doch viel wichtiger als sie. Sie hatte es immer heimlich gewusst, musste sie sich eingestehen, nur wollte sie es niemals zugeben. Er konnte sie gar nicht lieben. Er war nicht mehr derjenige, der ihr das Versprechen unsterblicher Liebe gegeben hatte. Nun war er nur noch jemand, dessen Freunde für ihn wichtiger waren, als sie selbst, der er geschworen hatte, dass er nur sie und einzig sie lieben würde.
 

Eine einzige Träne lief ihr langsam die Wange hinunter, als für sie feststand, dass Hikari wahrscheinlich doch recht hatte, mit dem was er in diesem Traum gesagt hatte. Ihre Zeit wird niemals kommen. Nie hätte sie gedacht, dass sie ihre Verwandlung zum Drachen bereuen würde. Denn hätte sie sich vielleicht nicht verwandelt, so wäre Juudai wirklich wenigstens einmal mit ihr zusammen gewesen.

„Hikari... mir ist nun alles egal...vielleicht... vielleicht hattest du recht mit dem was du gesagt hattest. Vielleicht mag unsere Zeit niemals kommen. Aber wenn dem so ist... dann kann ich diese Wahrheit nicht ertragen. Es zerreißt meine Seele innerlich und macht das Loch, dass Juudai hinterlassen hat, als wir unsere Seelen wieder getrennt hatten, nur noch größer. Ich will ihn dabei doch nur... wenigstens einmal für mich haben...“

„Dann lass mich dir helfen. Lass mich die Wunden deiner Seele heilen, indem ich dir erfülle, was dein Herz am meisten begehrt. Zusammen werden wir dafür sorgen, dass Juudai dir gehört, für immer und ewig, so wie er es dir einst versprach...“

Ohne Geheimnisse

Kapitel 13: - Ohne Geheimnisse -
 

Juudai betrat leise und still den Raum, in dem Asuka lag. Um ihr herum standen auch schon alle ihre Freunde, aber besonders Jun und Fubuki mit besorgten Gesichtern. Als sie hörten, wie er den Raum betrat, drehten sie sich alle zu ihm um, und er merkte auf einmal, dass noch nicht alles zwischen ihnen geklärt war, auch dass sie noch nicht wussten, was im Büro des Direktors besprochen worden war. Trotzdem wollte Juudai endlich wissen, was mit Asuka los war. „Geht es ihr gut? Ist sie durchgekommen?“ Johan stand von seinem Sitz auf, ging auf Juudai zu, und nahm seine Hände in seinige. „Ihr geht es endlich wieder viel besser“, beruhigte er ihn, „allerdings braucht sie noch sehr viel Ruhe, weshalb wir gleich besser alle hier heraus gehen sollten“ Das sagte er vor allem im Hinblick auf Jun und Fubuki, denen er mehr Zeit bei Asuka schenken wollte, und die anderen merkten, was Johan damit meinte und erhoben sich ebenfalls von ihrem Sitzen. „Wir sehen und dann später wieder, okay?“, ermunterte Siraj Fubuki und Jun, „sitzt nur nicht hier zu lange herum. Asuka ist in guten Händen.“ „Genau das ist sie“, meinte auch Rei zu ihnen und Sho gab ihnen einfach einen warmen Händedruck kurz bevor er ging, während Kenzan ihnen kurz auf die Schultern klopfte. Jun sagte nichts, sondern blickte die ganze Zeit nur Asuka an, während Fubuki ihnen leise ein Dankeschön zumurmelte. Juudai war beruhigt, nun da er wusste, dass es Asuka tatsächlich besser ging, aber er wusste auch, dass er besser wieder aus dem Zimmer trat, um besonders Fubuki etwas Zeit mit seiner Schwester zu geben. Gleichzeitig fühlte er sich schuldig für das, was ihr geschehen war. Denn hätte er nicht getrödelt, und nicht gezögert, oder seinen ursprünglichen Plan auch wirklich in die Tat umgesetzt, dann wäre das alles vielleicht gar nicht passiert. Er verließ als letztes das Zimmer wieder, nachdem er sich kurz vor Fubuki und Jun zum Abschied wortlos verbeugte.
 

Gerade als er wieder aus dem Zimmer heraustrat, merkte er, dass alle anderen draußen auf ihn gewartet hatten. Die Blicke seiner Freunde streiften ihn ausnahmslos alle, und blieben an ihm hängen. Und sie sprachen Bände, sodass selbst so jemand wie Juudai genau sagen konnte, was sie alle nun von ihm wissen wollten. „Aniki..“, begann Sho leise, „es ist schrecklich, was heute Abend passiert ist...“ „Aber noch schlimmer dass du uns nicht wirklich alles erzählt hast“, beendete Johan mit ernsthafter Stimme, die Juudai wundern ließ, ob er ihm böse war, weil er ihm nichts davon erzählt hatte, dass Yubel schon längst hier war, obwohl Johan es bereits die ganze Zeit über heimlich zu ahnen schien. Aber wie hätte er es ihm sagen können? Er hatte die Ablehnung Johans gefürchtet, sollte er wirklich die volle Wahrheit wissen; er hatte gefürchtet, dass Johan es ihm nie vergeben könnte, wenn er herausfinden würde, dass er der Person, die ihm so viel Schaden zugefügt hatte, so einfach verzeihen konnte und ihr damit eine Absolution für ihre Verbrechen gab. „Es tut mir so leid...“, krächzte Juudai mit gebrochener Stimme, „aber ich konnte euch nichts davon erzählen. Ihr... ihr hättet es womöglich nicht verstanden...“ „In der Tat“, sagte Kenzan leise, „wir verstehen es nicht, also erkläre es uns bitte, Aniki.“ „Ich...“ „Lasst ihn in Ruhe!“, sagte Sho einfach nur, „er muss nichts erklären, wenn er nicht mag, ich kann euch stattdessen alles erklären, was ihr wissen müsst. Aber nur wenn es dir recht ist, Aniki.“ Juudai ließ es sich kurz durch den Kopf gehen, wohl wissend, dass Sho tatsächlich über alle Bescheid wusste und auch Yubel mittlerweile recht gut kannte, auch weil sie sogar zusammen redeten wenn sie Probleme hatten. „Wollt ihr so sehr wissen, wieso Yubel hier ist?“, fragt er zweifelnd. „Yubel??!“, unterbrach sie Siraj laut, „das ist doch diejenige, die in deiner Erzählung vorkam!“ „Ja“, erwiderte er verblüfft, „das stimmt, das ist Yubel. Du hast sie hinter mir wahrscheinlich bei mir gesehen, als ich wegging, nicht wahr?“ „Ja... ja.. aber... ich dachte, sie würde Yuuka heißen. Das war doch die Person, die unter dem Umhang war, diejenige, die sich mir so vorgestellt hatte, oder? Dieselbe Person!“ Juudai, völlig perplex, verstand dann aber, dass es wohl ein Schock für Siraj sein würde, wenn sie auch noch erfahren würde, dass Yubel nicht nur Yuuka, sondern ein nicht menschliches Wesen war – denn noch hätten sie sich eventuell damit herausreden können, dass sie nur so komisch aussah, weil sie sich für eine Art Cosplay verkleidet hatte. Aber er schuldete ihr und den anderen eine Antwort.
 

„Yuuka war nur ein Name, den sie sich ausgedacht hatte, damit sie an diesem Abend bei mir sein konnte, ohne gleich bei euch aufzufallen. Denn wenn du aufmerksam an diesem Abend, an dem wir alle miteinander geredet haben, zugehört hast und dich noch an die Details der Geschichte erinnern kannst, dann weißt du, was sie mir und meinen Freunden für schlimme Dinge angetan hat.“ „Also...“, keuchte sie aus, „also ist alles das wirklich wahr? So wie Johan es gesagt hatte, eine Geschichte basierend auf wahren Begebenheiten?“ „Ja, und deswegen wollen sie nun alle eine ernsthafte Antwort von mir, auf alle ihre Fragen.“ Er wandte sich dann an alle anderen. „Ihr wollt sicher wissen, wieso Yubel hier ist und was sie an diesem Abend getan hat. Gleichzeitig wollt ihr bestimmt wissen, was dieser Vorfall damit zu tun hat dass sie hier ist. Und auch wieso nun Asuka drinnen im Krankenflügel liegt.“ Juudai atmete schwer aus. Er war nicht sehr gut darin, ein Geheimnis einfach so aufzudecken und breit zu erzählen, und er wünschte sich auf einmal schlagartig, sich nicht mit Yubel gestritten zu haben. Denn wenn sie vielleicht jetzt bei ihm sein würde, könnte sich eine Chance für einen Neuanfang auftun. Ganz bestimmt musste er auf jeden Fall ab jetzt neu anfangen, sei es im Guten oder im Bösen, er hatte keine Wahl mehr und musste ihnen alles gestehen. Doch fürchtete er den Hass seiner Freunde auf sich zu ziehen. Tja, sollte das eben so passieren, hatte dann Yubel nicht recht gehabt mit dem was sei damals gesagt hatte, als sie meinte, dass ihre Liebe alleine stärker sei als die seiner Freunde zu ihm?
 

„Juudai...“, sagte Johan leise, „ich will hören, was du uns zu sagen hast, aber ich möchte gleichzeitig klar stellen, dass wir dir keinerlei Vorwürfe deswegen machen. Du hast dich dazu entschieden, sie mit hierher zu bringen, also hattest du dir dabei etwas gedacht. Ich mache dir zumindest keine Vorwürfe.“ Er schritt langsam auf den überraschten Jungen zu, und nahm seine kalten Hände in seine. Juudais zweifelnder Blick wich einem dann gänzlich einem überraschtem, als die Worte des Norwegers endgültig zu ihm durchdrangen. „Du.. machst mir keine Vorwürfe, Johan? Gerade du sagst das? Dir hat Yubel am meisten angetan. Ich dachte... ich dachte, du und die anderen... ihr würdet mich hassen, wenn ihr die volle Wahrheit wüsstet..“, brachte Juudai mit tränenerstickter Stimme hervor. „Ich dachte ihr würdet mich hassen, wenn ihr wüsstet, dass ich ihr vergeben konnte und es getan habe!!!“ „Wir können dich nicht hassen, Aniki! Ich hasse dich dafür doch nicht!“, sprach Sho ihm Mut, als er an seiner Seite auftauchte und ihm am Arm festhielt. „Du weißt doch...wenn du ihr vergeben konntest, Aniki, dann kann ich es auch!“ Juudai erinnerte sich an diese Worte Shos ganz zu Beginn, als er mit Yubel an seiner Seite in der roten Unterkunft aufgetaucht war. Die Worte seines kleinen Bruders ließen den Tränen, die sich in seinen Augen bereits zu sammeln begonnen hatten, freien Lauf. Er schluchzte auf, und wurde stutzig, als er sich in den Armen von Johan wiederfand, doch legte er seine eigenen Arme um den Norweger, als er weiter schluchzte. „Ich wollte gar nicht, dass so etwas passiert...“, flüsterte er leise. „Das wissen wir“, sprach Johan ihm zu, „wir wissen, dass du uns nie etwas Böses wolltest.“ Alle warteten ab und tauschten besorgte Blicke, bis sich Juudai wieder einigermaßen beruhigt hatte, nachdem Johan ihn weiterhin beruhigen konnte, indem er zugab: „Ich bin dir nicht böse dafür, dass sie hier ist, aber ich will nur wissen, wie es dazu gekommen ist, was für einen Beweggrund sie dazu hat.“ „Das kann ich dir auch sagen, Johan. Es hat mit dem Licht der Zerstörung zu tun.“ „WAS?! Mit dem Licht der Zerstörung?“, fragten alle Umstehenden erstaunt. Kenzan, der dabei gewesen war, als Hikari und Juudai in seinem zweiten Schuljahr um das Schicksal der Welt gekämpft hatten, verstand sofort, was das bedeutete. „Also war das Wesen, das heute hier aufgetaucht war, dasselbe wie im zweiten Jahr?“ „Genau, Kenzan. Dasselbe Wesen, dass Edo mal bedroht hat. Und auch dasselbe Wesen, dass ironischerweise auch Asuka dazu gebracht hat, sich der Gesellschaft des Lichtes anzuschließen.“ „Hm, wenn das Jun nur wüsste, aber er sitzt immer noch drinnen bei Asuka.“ „Dann erzählen wir es ihm einfach später“, meinte Sho mit einem Achselzucken, „dennoch, was ich euch noch sagen kann ist, dass...“ Doch er wurde von Juudai unterbrochen, der nun lieber alleine weitersprechen wollte. „Yubel ist hier, weil sie mich vor dem Licht der Zerstörung beschützen möchte.“ Allen stockte der Atem, während Siraj nur verwirrt aussah, weil sie nichts begriff, und Rei, die auch erst verwirrt war, weil sie dank dem Genex Turnier nichts von dem ganzen mitbekommen hatte, was sich zwischen Hikari und Juudai damals abgespielt hatte – also hatte zumindest das geplante Ablenkungsmanöver von Samejima wie geplant funktioniert.
 

„Sie ist hier, um dich zu beschützen?“; fragte Johan nach, von dessen Armen sich Juudai mittlerweile erhoben hat. Er nickte. „Ja...ihr wisst sicher alle, dass sie mich unbedingt wieder haben wollte, weil sie mich so liebt. Auch, oder gerade wenn sie mir schadete, dachte sie, dass sie mir dadurch ihre wahre Liebe zeigen würde. Doch wie sich herausstellte, war das Licht der Zerstörung daran schuld, dass sie so dachte. Denn so wie Saiou oder Edo war auch sie ein Opfer der verführerischen Kraft des Lichtes geworden. Das Licht gab ihr diese Kräfte, nur so konnte sie unsere Schule in ihre Dimension bringen. Als ich das erkannte, war ich in der Lage, ihr zu helfen, das Licht von ihr zu bannen ... und es brachte mich auch dazu, zu sehen, dass sie nicht ganz alleine daran schuld ist, dass sie so gehandelt hat, wie sie es getan hat. Das Licht hat sie dazu gebracht. Und auch ironischerweise mein eigenes Verhalten in unserer Vergangenheit.. denn ich habe sie als...“ „Du hast sie als kleines Kind ins All weggeschickt. Das wissen wir.“, meinte Kenzan, „Samejima hat es uns berichtet, gleich nachdem wir von der anderen Dimension zurück waren.“ „Was? Also hat er euch gleich von seinen Nachforschungen erzählt?“ Er schnaubte auf, als er merkte, dass der Direktor ihm ein winziges Detail nicht erzählt hatte. „Toll, und erst jetzt erfahre ich davon, dass er es euch erzählt hat?“ „Sei nicht wütend, es hilft uns jetzt doch alles besser zu verstehen!“ „Nun gut... jedenfalls... war Yubel so glücklich, als sie merkte dass ich ihr vergeben habe, dass sie geschworen hat, mich immer zu beschützen.“ „Aber woher hast du denn gewusst, dass das Licht bereits hier sei?“, fragte Johan nach, „denn du scheinst es schon ganz zu Beginn gewusst zu haben, denn du warst sofort so anders.“ „Wir waren ja mindestens eine Woche weg gewesen. In dieser Zeit waren wir im NeoSpace und Neos hat uns beide gewarnt, dass das Licht auf der Suche nach etwas sei und hier auf die Erde kommen würde, und mir und Yubel würde die Aufgabe zukommen, dass Licht zu bannen. Im NeoSpace sind wir diesem Lichtwesen bereits begegnet, und ich konnte nur entkommen, weil Yubel mich beschützt hat. Hätte sie es dort schon nicht getan, wäre ich wahrscheinlich jetzt nicht hier.“ „Also schulde ich ihr ja etwas“, murmelte Johan, „also bist du mit ihr zusammen zurück gekehrt, und hast es vorgezogen, uns erstmal nichts von allem zu erzählen? Was hast du dir nur dabei gedacht?“
 

Scham stieg in dem Jungen auf, als er Johans Worte hörte. Ja, warum hat er es ihnen bereits nicht gesagt? Und wenn sich schon alles an diesem Abend lüften sollte, warum hat der verschwiegen, dass Yubel und er sich bereits aus einem früheren Leben kannten, dass sie ihre Seelen fusioniert hatten und dass Yubel, er und Hikari mehr gemeinsam hatten, als auch nur irgendeiner der Umstehenden ahnen konnte?

Und er kam auch zu dem schmerzhaften Schluss, dass er es tatsächlich ihnen etwas früher hätte erzählen sollen, dann wären alle viel besser darauf vorbereitet gewesen.
 

„Es.. tut mir so leid. Aber ich wollte nicht, dass euch wieder etwas zustößt. Dass euch etwas passiert, nur weil ihr mir nahe steht, weißt du noch Johan?“ Der Norweger nickte stumm. „Trotzdem, du hättest uns aufklären und um Hilfe bitten können. So etwas großes kann niemand alleine in Angriff nehmen, und sei er doch zu zweit. Oder zu dritt, nicht wahr, Sho?“ „he, was meinst du?“ „Ach, tu nicht so, als ob du von nichts wüsstest. Yubel muss in eurer Unterkunft gewesen sein, oder?“ „Ja“, gab der kleine Blauharrige zu, „das war sie. Aber eines kann ich euch mit Sicherheit sagen. Yubel ist nicht mehr die schlechte Person, die sie einst war. Sie ist sogar so etwas wie meine Freundin geworden.“ Johan lächelte leicht, als er den freudigen Ton aus Shos Stimme heraushörte, als er von Yubel erzählte. „So wie du klingst, muss sie sich wirklich gebessert haben. Oder was kannst du dazu sagen, Juudai?“ „Hm, ja, sie ist wirklich anders als früher. So freundlich wie ich sie als Kind gekannt hatte. Bevor diese schrecklichen Dinge geschahen.“ Danach wurde Juudai ganz still, als er an den dummen Streit mit Yubel denken musste, kurz bevor er hierher gekommen war um nach Asuka zu sehen. Der Gedanke daran verfestigte sich noch, als Johan schließlich fragte: „Und wann stellst du sie uns vor?“ Juudai sah entsetzt in sein Gesicht, kniff seine Augen zusammen, und rannte zu der Tür nach draußen. Johan, der diese Reaktion Juudais nicht einordnen konnte, sah ihm verwirrt hinterher, und Sho beschloss ihm zu folgen, als er von Kenzan an der Schulter davon abgehalten wurde. „Lass ihn, er hat wahrscheinlich schon genug an dem Abend erlebt.“ „hm... das stimmt.“ Und doch wollte er gehen, um Yubel zu finden, und nach ihr zu sehen, denn bestimmt war das was sie heute Abend alles erlebt hatte, ein Schock nach dem anderen.
 

„Ihr entschuldigt mich bitte kurz, oder? Ich muss kurz weg, aber ich komme wieder zurück, wenn ihr wollt.“ „Nein, ich denke, dass es nicht mehr nötig ist, Sho. Du kannst ruhig gehen, ich denke, das sollten wir alle tun. Siraj hat es schon längst gemacht“, fügte der Norweger mit einem Grinsen hinzu, und Rei sah sich auf einmal nach ihrer Freundin um, die tatsächlich weg war. „Und ich habe noch nicht einmal gemerkt, dass sie weg ist! Wo ist sie nur hin?“ „Vielleicht zurück in der Unterkunft. Jedenfalls wünsche ich euch allen eine gute Nacht!“ „Nacht Sho!“ „Bis morgen, Soldat!“
 

Siraj ging wütend in der Dunkelheit in Richtung der Unterkunft, in der sie lebte. Sie schnaubte, als sie wieder an diese ganze Sache dachte. Sie hatte das ganze Gerede einfach nicht ertragen können, von wegen schon wieder über andere Dimensionen zu reden. Warum machten ihre vermeintlichen Freunde nur so etwas? Etwa extra, um sie zu verwirren? Doch konnte sie ihre Gedanken nicht ganz von vor allem der Person weg bekommen, die sich ihr als Yuuka vorgestellt hatte. Yubel hieß sie also wirklich. Wenn sie in allen komischen Erzählungen Juudais vorkam, dann muss er ja tatsächlich einen Narren an ihr gefressen haben. Doch das ist nicht der Grund gewesen, wieso sie selbst von ihr so fasziniert gewesen war. In ihrem Innersten ließ sie noch einmal die Momente revue passieren. Sie sah, wie Yubel ihren Umhang wegwarf, sich entblößte und Juudai zur Hilfe eilte. Diese Yubel hatte in dem Moment eine solche Eleganz besessen, dass es Siraj immer noch fesselte, wenn sie nur daran dachte. Und je mehr sie darüber nachdachte, fragte sie sich, wieso sie ihr so verdammt bekannt vorkam, und ob es sein könnte, dass sie diese Yubel irgendwo schon einmal gesehen hatte. Doch sie schüttelte den Kopf, als sie darüber nachdachte. Nein, dass ist eine echt verrückte Idee, sie kennen lernen zu wollen. Bestimmt ist es eine verrückte Cosplayerin, oder wieso hatte sie diese riesigen Flügel und diese komische Hautfarbe, diese wirren Haare und zweifarbigen Augen gehabt? Vielleicht hatte es etwas mit dem „Duellgeistertag“ zu tun, von dem man ihr schon erzählt hatte – das würde passen, denn an diesem Tag verkleideten sich die meisten Schüler in Duellmonster, auch wenn es sie stutzen ließ, dass Yubel sich anscheinend viel zu früh für diesen Tag verkleidet hatte.

Doch was wenn es wirklich andere Welten gab? Quatsch, sie kann doch nicht jetzt schon auch noch anfangen, an so etwas zu glauben...

Sie hielt sich eine Hand an ihren schmerzenden Kopf. Sie war extra etwas früher gegangen, als sie schon wieder angefangen hatten, über andere Welten zu reden, weil sie so etwas nicht hören wollte. Trotzdem fragte sie sich, wieso ihre Freunde nur immer wieder auf das gleiche Thema zurück kamen. Selbst Johan, den sie so intelligent findet, leugnet nicht, dass er daran glaubt, dass es so etwas wirklich gibt.

Mittlerweile hatte sie ihre blaue Unterkunft erreicht, rannte so schnell wie möglich in ihr Zimmer, und ließ sich müde und erschöpft aufs Bett fallen. Nach nur wenigen Sekunden schlief sie noch in ihrer Kleidung einfach ein.
 

Sho lief in der Dunkelheit ziellos auf der Suche nach Yubel umher, aber als er sie nicht fand, beschloss er erst einmal zurück in die rote Unterkunft zu laufen, in der Hoffnung, dass sie bereits dort wieder zurück gekehrt war. Und tatsächlich, er konnte schon von weitem sehen, als er auf die Unterkunft zulief, wie eine große Gestalt direkt davor stand und nachdenklich hochblickte.

Yubel drehte sich langsam um, als sie sah, wie jemand auf sie zulief. Halb fragte sie sich schon, ob es vielleicht Juudai war, und in ihr keimte die Hoffnung auf, dass er gekommen war, um sich bei ihr zu entschuldigen, doch diese Hoffnung wurde im Keim erstickt, als sie sah, dass es nur der kleine Sho war, der keuchend direkt vor ihr stehen blieb. „Yubel...“, sagte er, als er wieder genug Luft zum Sprechen gefunden hatte, „ich bin gekommen, um dich zu fragen, wie es dir geht...“ Yubel, berührt davon, dass wenigstens Sho sie das fragte, entschloss sich, die Gelegenheit zu nutzen, und mit wenigstens ihm über das zu reden, was sie beschäftigte, zumal er... zumal er wirklich ihr Freund war. Er war wirklich jemand, mit dem sie ihre Nöte und Sorgen teilen konnte. Jemand, der sich dafür interessierte, wie es ihr ging und wie sie sich fühlte. Er war ein echter Freund.

„Du musst bestimmt sehr durcheinander sein, Yubel.“ „Das bin ich“, gab sie sofort zu, „vor allem nachdem ich mit Juudai gestritten habe.“ „Was? Ihr habt euch sogar gestritten? Aber worüber denn?“ „Nichts wichtiges...es ist nur, dass ich einmal mehr nicht weiß, wie es weiter gehen soll.“ „Hat man denn dir verboten, hier bei Juudai zu bleiben?“, fragte der kleine Blauhaarige besorgt nach. „Nein, nein.. nachdem wir beim Direktor waren, wurde mir tatsächlich erlaubt, bei Juudai zu bleiben, sofern ich nicht wieder die ganze Schule in eine andere Dimension wegteleportiere“, erklärte Yubel mit einem schwachen Lächeln in ihrem Gesicht, als sie sich an die Worte des Schuldirektors erinnerte. „Aber das sind doch tolle Neuigkeiten!“, rief Sho erleichtert aus, „du musst bestimmt glücklich sein!“ „Ich wünschte wirklich es wäre so...“, flüsterte Yubel nur leise. „Was meinst du?“ „Gut, ich vertraue dir an, was ich mir denke. Ich bin am Überlegen, ob ich nicht einfach gehe.“ Das erstaunte Sho sehr, eigentlich so sehr, dass er nur erstaunt ausatmete. „Warum? Warum solltest du gehen wollen?“ „Ich weiß nicht, was ich hier noch verloren hätte. Juudai will lieber mit euch zusammen sein und ich weiß auch nicht, ob ich wissen will, was seine anderen Freunde von mir halten. Deswegen glaube ich, dass ich...“ „Hör auf!“, unterbrach Sho sie, „was gibst du nur für Müll von dir? Gerade wenn alles sich aufklärt und gut wird, gerade dann willst du gehen?“ „Wird denn wirklich alles gut? Für mich fühlt es sich eher so an, als würde alles immer schlimmer werden.“ „Nein, dieser Eindruck täuscht! Ich weiß, es ist schrecklich, was heute Abend passiert ist, aber sollte das denn nicht Grund genug sein, gerade deswegen bei Juudai und mir zu bleiben? Ich dachte, du bist hier, weil du Juudai beschützen willst, und nun sagst du mir, dass du gehen willst... heißt dass, du willst vor deinen Pflichten als sein Beschützer zurücktreten und Juudai dem Licht aussetzen?“ Der Hermaphrodit, hart getroffen von den Worten des Kleinen, realisierte, was für giftige Gedanken bereits von ihr Besitz ergriffen hatten und es schmerzte sie umso härter, dass sie gerade eben für einige Minuten wirklich daran gedacht hatte, ihren Geliebten, den, den sie geschworen hatte für immer zu beschützen, beinahe wirklich verlassen hätte. Nur weil sie sich schwach fühlte. Und sie merkte auch, dass es zum Plan des Lichtes gehören muss, sie so von ihrem Weg abzubringen, was sie erst recht nicht zulassen durfte. Doch so sehr sie das auch wusste und sich vornahm, nicht darauf herein zu fallen, so schwer fiel es ihr das auch einzuhalten, weil sie verletzt war. Immer noch verletzt war von den Wunden im Exil, immer noch verletzt davon, dass sie nicht wusste, was Juudai für sie fühlte, und weil sie sich vor dem nächsten Morgen fürchtete.
 

Ja, sie empfand Furcht. Etwas, was sie, ein unbesiegbares Wesen nur recht selten fühlen durfte.
 

Doch Sho nahm sie schließlich in seine Arme, als sie für einen Moment still und unbeweglich wurde, in der Hoffnung, ihr die Zweifel damit nehmen zu könne, um ihr zu zeigen, dass er nicht wollte, dass sie ging. Yubel, die bis jetzt von niemandem außer Juudai so umarmt worden war und generell nicht an einen solchen körperlichen Kontakt von anderen Menschen außer Juudai gewöhnt war, überraschte die plötzliche Handlung Shos sehr. Er ließ sie recht bald wieder los, weil er nicht wollte, dass sie dachte, er empfinde etwas für sie, und als ihn dieser Gedanke streifte, wurde er tatsächlich etwas rot im Gesicht und blickte auf den Boden, damit Yubel das nicht merkte. Doch sie lächelte nur schwach dabei, als sie merkte, dass sie wirklich wichtig für Sho war und er wirklich nicht wollte, dass sie so sang und klanglos einfach verschwindet.

„Du hast recht, Sho. Ich werde bleiben. Was habe ich mir nur dabei gedacht, verschwinden zu wollen...?“ Sho blickte auf und lächelte sie an, als er das hörte. „Wie schön... ich bin so froh darüber...“, brachte er nur heraus, und machte einige erste Schritte die Treppe hinauf. „Komm, willst du nicht etwas trinken? Warten wir zusammen auf Aniki, er müsste gleich wieder hierher kommen.“ „Gut. Aber wenn er kommt, hast du nicht dagegen, wenn ich mich dann verstecke. Ich will ihm zumindest für heute aus dem Weg gehen.“ „Aber du versprichst mir, dass du dann nicht sofort wegläufst?“ „Ich werde nicht weglaufen. Ich werde in eurer Nähe bleiben und euch beschützen, versprochen.“

Was sind das nur für Gefühle?

-Kapitel 14: Was sind das nur für Gefühle?-
 

Licht war überall um sie herum. Es war helles Strahlen, und löste so viele Gefühle und Gedanken auf einmal in ihr aus. Sie fühlte sich einerseits geborgen in diesem Licht, andererseits aber auch befremdlich, bedroht.

Als sie auf das Lichtwesen zulief, und diesem Strahlen immer näher kam, fühlte sie sich gleichzeitig, als hätte sich damit ein Schicksal erfüllt, dass schon lange überfällig war.

Doch erreichte sie das Wesen nicht, als sie ihre Hand nach ihm ausstreckte, denn da verblasste es einfach wieder und verschwand, hinterließ einfach nur Dunkelheit um sie herum. Sie ließ sich auf die Knie fallen, in das weiche Gras, als sie zusah wie es verschwand, wie langsam sein Licht verblasste, und ihre helle Haut und ihr blondes Haar in den tiefblauen Schatten der Dunkelheit tauchte. Leicht lächelte sie, als die Dunkelheit sie schließlich wieder hatte und ihre tiefblauen Augen glitzerten, als sie an die Schönheit des Lichtes dachte, die sie gerade eben noch hatte erblicken dürfen.
 

Das blonde Mädchen erwachte von diesem Traum, und hielt sich ihren schmerzenden Kopf. Was für eine seltsamer Traum das nur gewesen war. Und dieses Lichtwesen erst, war es nicht dasselbe, dass sie an diesem einen Abend aufgehalten hatte? Welches ihr so kräftig an ihren langen Haaren gezogen hatte? Und wenn das Wesen wirklich so feindlich war, wieso träumte sie dann auf diese Weise von ihm? Denn als sie erwacht war, fühlte sie sich so warm und weich, tief in in ihrem Herzen und es war ein Gefühl, dass sie bis dahin noch nicht gekannt hatte. Ein ähnliches Gefühl bekam sie sonst nur, wenn sie an Johan dachte, den sie schon ein wenig mochte. Okay, nicht nur ein wenig. Sie fand zumindest, dass er sehr gut aussah.

Es war noch stockfinster in ihrem Zimmer, als sie sich erhob und in ihr Badezimmer ging, um in sich das Gesicht mit kalten Wasser zu kühlen und ihren Gedanken ein wenig mehr nachzuhängen.

Als sie das Wasser aufdrehte, ihr Gesicht darunter hielt und dann in den Spiegel sah, bemerkte sie das Zeichen auf ihrer linken Wange. Ein feiner blauer Strich, ein Dreieck, fast wie ein Pfeil, war darauf zu sehen, ein wenig unter ihrem dunkelblauen Auge. Sie strich sich über dieses Zeichen, und wunderte sich mit einem Mal, woher sie es eigentlich hatte. Unter ihrem Fingern fühlte es sich nicht anders an als der Rest ihrer weichen Haut, gar nicht wie ein Fremdkörper, sondern wie Ganz ein Teil ihrer Selbst. Vielleicht ein Tattoo, aber sie hatte dieses Zeichen auf ihrer Wange gehabt so lange sie sich erinnern konnte. Und wenn sie jemand fragen würde, woher sie es hätte, sie hätte ihm keine Antwort darauf geben können. Vielleicht könnte sie einmal ihre Mutter oder ihren Vater danach fragen, sie hätten bestimmt eine Antwort darauf. Sie könnte sie auch einmal anrufen, denn das hatte sie nicht getan seit sie hier angekommen ist. Nicht weil sie ihre Eltern nicht mochte, aber wenn sie sich in etwas hineinsteigerte, drohte sie manchmal alles andere zu vergessen.

Sie entschloss sich ihre Eltern anzurufen, wenn es heller werden würde, und drehte sich um, um sich wieder kurz ins Bett zu legen.
 

Doch gerade dann ging die Tür zu ihrem Zimmer auf und ihre Freundin Rei sprang herein, mit einem lauten Guten-Morgen-Gruß auf ihren Lippen. „Hey, Siraj, schon wach?“, fragte sie neugierig. Siraj seufzte nur kurz, da sie immer noch müde war und irgendwie keine Lust hatte, schon morgens von Rei genervt zu werden, die als Freundin manchmal besonders schwierig zu handhaben war, besonders mit ihrer Hyperaktivität, da Siraj selbst ein sehr ruhiges Mädchen war, die gerne ihre Ruhe hatte. Das blonde Mädchen saß sich auf die Bettkante und lehnte sich wieder zurück, immer noch müde und mit zufallenden Augen, als sie Rei antwortete: „Ich bin noch müde und will noch ein wenig länger schlafen, Rei.“ „Verstehe“, flüsterte sie, als die Fröhlichkeit komischerweise von ihr abfiel, „ich frage mich nur wie du einfach so schlafen konntest. Ich konnte das nämlich nicht.“ „Hm? Wieso?“ Rei sah kurz besorgt aus, doch dann lächelte sie das blonde Mädchen wieder an. „Ach es war eigentlich nichts. Ich mache mir nur ein wenig Sorgen um Juudai-sama.“ „Hm.. Sorgen machen hilft doch nichts. Man muss sich auch ausruhen können, wenn man etwas schweres hinter sich hat. Ich hatte jedenfalls keine Probleme damit. Aber vielleicht lag es daran, dass ich nicht viel... nicht viel über diese Yubel weiß. Ihr scheint sehr geschockt darüber gewesen zu sein, als ihr herausgefunden habt, dass sie hier ist.“ Das dunkelhaarige Mädchen setzte sich zu Siraj. „Ja, aber du hast doch gehört, was damals passiert ist, als wir Yubel begegnet sind.“ Siraj musste dabei kurz kichern, machte ein lautes „Ts“, als sie darauf sagte: „Rei, bitte hör auf damit. Ich habe euch doch schon mehrmals gesagt, dass ihr damit aufhören sollt. Es tut eurer Gesundheit nicht gut, wenn ihr an so etwas glaubt. Es kann nicht sein, dass ihr alles das wirklich erlebt habt. Ihr habt euch das alles entweder ausgedacht oder zu viele Drogen genommen. Jedenfalls... bitte verschone mich damit, Rei.“ „Ich verstehe dich einfach nicht, Siraj-chan. Ich verstehe ja noch, dass du anfangs nicht daran glauben wolltest, aber mittlerweile solltest du vielleicht in Erwägung ziehen, dass wir recht gehabt hatten. Yubel, von der du gedacht hattest, dass sie der Fantasie Juudai-samas entstammt, ist auf einmal auch hier aufgetaucht. Ist das nicht Beweis genug, dass unsere Geschichte wahr ist?“ Das blonde Mädchen schnaubte. „Und wenn schon... diese Yubel, sie kann auch einfach nur in dieser Geschichte vorgekommen sein, weil Juudai sie von früher her kennt oder einen Narren an ihr gefressen und sie daher in seine Fantasiegeschichten mit eingebaut hat.“ „Nein, hat er nicht! Es ist alles wahr, wirklich!“, versicherte Rei ihr mit soviel Überzeugung in ihrer Stimme wie möglich und sie setzte dann noch grinsend ein weiteres unschlagbares Argument drauf, dass Siraj bestimmt nicht widerlegen konnte, „und außerdem kannst du diese sämtlichen Vorfälle in den Archiven der Schule finden! Wenn das alles nur Fantasiegeschichten wären, dann würden sie wohl kaum in den offiziellen Archiven sein, oder?“ Siraj blickte überrascht auf. „Ist das dein Ernst? Diese seltsamen Vorfälle sind in euren Archiven?“ Rei nickte nur energisch, als noch hinzufügte, „außerdem kannst du auch den Direktor danach fragen, wenn du magst. Auch wenn er es dir vielleicht nicht direkt erzählen würde...“, meinte sie nachdenklich und hielt sich einen Finger an ihr Kinn, „denn er hätte es lieber, wenn nicht viele Schüler davon erfahren würden. Es war auch genauso gewesen mit der geheimen blauen Unterkunft.“ „Geheime blaue Unterkunft?“ „Oh, habe ich dir immer noch nicht davon erzählt? Tut mir leid..“, lachte Rei und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, „aber das hole ich gerne nach. Willst du es jetzt wissen?“ „Nein, nicht wirklich. Aber erzähl mir mehr von diesen Archiven. Wenn diese Vorfälle dort dokumentiert sind, und der Direktor sie geheim halten will, hat man dann einfach so Zugriff darauf?“ „Oh, das weiß ich nicht genau. Ich weiß wenigstens davon, dass die Fälle dokumentiert sind. Aber nicht viele Schüler gehen gerne einfach mal so ins Archiv, musst du bedenken.“
 

Siraj war nachdenklich geworden, sehr nachdenklich. Wenn es wirklich so war, dass diese Vorfälle dokumentiert waren, dann hatten sie alle die ganze Zeit recht gehabt und nicht gelogen. Sie verspürte auf einmal den Drang, einmal einen Blick in diese Archive zu werfen, aber von dem was Rei ihr erzählt hatte, konnte es genauso gut sein, dass sie diese ominösen Beweise niemals zu Gesicht bekommen könnte, erst recht, wenn der Schuldirektor selbst das große Interesse hegte, diese Informationen möglichst verdeckt zu lassen. Aber gerade das machte diese Sache für sie noch interessanter als ohnehin schon. Denn sie wollte auf einmal die Wahrheit wissen, wollte wissen, ob diese Geschichten wahr sind, und ob sie Juudai und seinen Freunden wirklich daraufhin gehend vertrauen konnte. Vielleicht würde das auch die Frage danach klären, was dieses Lichtwesen denn genau war und was am Abend eigentlich passiert war, denn so richtig begreifen konnte sie das immer noch nicht und ihr Verstand, ihre Vernunft wehrte sich immer noch vehement gegen diese Wahrheit ihrer Freunde. Eben weil es allem widersprach, woran sie sonst glaubte. Und gerade deshalb fürchtete sie sich davor, die endgültige Wahrheit herauszufinden, so neugierig sie das auch machte. Aber die Archive, die Archive... sie konnten vielleicht alle ihre Zweifel beseitigen. Sie beschloss, auch mal einen Blick dort hinein zu werfen, aber erstmal musste sie in Erfahrung bringen, wo sich diese Archive denn befanden.
 

„Rei, weißt du denn wo diese Archive sich befinden?“ „Leider nein, ich habe sie noch niemals zuvor aufgesucht, aber wenn du vielleicht jemanden der älteren Jahrgänge fragst, könnten sie es dir sagen. Frag Asuka, die weiß ziemlich viel.“ „Danke, Rei.“ „Haha, nichts zu danken, wie ich sehe, habe ich dein Interesse geweckt.“ „Nein, ich will nur wirklich wissen, ob ich euch glauben kann, dass ist alles.“ Rei sah sie gespielt beleidigt an. „Meinst du etwa, dass ich dich anlügen würde?“ Siraj lachte darauf nur herzlich. „Nein, niemals, du bist doch eine meiner besten Freundinnen!“ Sie blickte kurz auf und sah im reich verzierten Fenster, dass die Sonne schon langsam aufging. „Du kannst dich von mir aus ruhig auf meinem Bett kurz ausschlafen, ich gehe gleich die Schulsachen noch durch und rufe dann noch meine Eltern an.“ Sie stand von ihrem Bett auf, während Rei sich niedersinken ließ und anscheinend nicht mehr hörte, was Siraj ihr gerade eben erzählt hatte, da sie sofort mit geschlossenen Augen eingeschlafen war. Das blonde Mädchen drehte sich verblüfft um, aber lächelte, als sie sah, wie schnell ihre Freundin eingeschlafen war. Sie nahm sich ein Notizbuch und schrieb mit einer schönen Schrift hinein, was sie für heute alles geplant hatte.
 

Juudai erwachte am Morgen mit einem schmerzenden Kopf und hielt sich die Hand an die Stirn. Er war sofort eingeschlafen, als er am Abend in die Unterkunft zurück gekehrt war, bevor er hoch gelaufen war und sich die Tränen hastig aus dem Gesicht gewischt hat. Als er angekommen war, hatte er seinen kleinen Bruder Sho natürlich sofort nach Yubel gefragt, doch der hatte nur gemeint, er wisse nicht, wo sie sich befinden würde, dass er aber sicher sei, dass sie hier irgendwo in der Nähe war, pflichtbewusst wie sie war, immer dabei ihre Bestimmung gegenüber Juudai zu erfüllen. Juudai hatte es ihm nur zu gerne geglaubt, hätte aber gleichzeitig nur zu gerne Yubel gefunden, ihr gesagt, wie leid es ihm tat, und weil er ihr versichern wollte, dass er wirklich zu ihr halte. Aber da war noch etwas was es ihm am Abend zum ersten Mal in seinem Leben schwer gemacht hatte, so schnell einzuschlafen wie immer.

Er fing sich langsam an zu fragen, was er wirklich für sie empfand. Sie hatten sich geküsst, nicht nur einmal sondern bereits mehrmals und bei ihrem ersten Kuss war sogar er es gewesen, der die Führung übernahm und sie küsste, sehr zu ihrer Überraschung.

Er erinnerte sich nicht an besonders vieles aus ihrer so langen Vergangenheit und er tat es nicht besonders gerne, aus welchen Gründen auch immer. War es vielleicht, weil er sich vor den Untaten von damals fürchtete? Wieso hatte er aber dann Yubel seine Seele gegeben? Wieso konnte er seine Seele mit ihrer fusionieren, wenn er sie doch eigentlich gar nicht liebte? Er versuchte sich zu erklären, wieso er es getan hatte, wollte sich einreden, dass er diese Fusion nur eingegangen war, weil ihm keine andere Wahl geblieben war, und auch, weil es ihm so unendlich leid getan hatte, wie er sie hat leiden lassen, oben in den unendlichen Weiten des Weltalls. Und doch, was wäre wenn mehr dahinter steckte, mehr als er es sich selbst eingestehen wollte?

Und sie wollte es wissen, wollte wissen was er für sie fühlte, sie hatte ihm im Garten danach gefragt, kurz bevor Siraj die beiden in dem für Juudai peinlichen Moment glücklicherweise unterbrach.

Und Johan? Johan, er hatte ihm wirklich verziehen, dass Yubel hier war. Nun war für ihn kein Grund mehr, wieso er sich darum Sorgen machen musste, was er davon halten würde, wenn er wüsste das Yubel hier ist, denn er wusste es jetzt sowieso. Und nach allem, was Yubel ihm angetan hatte, nachdem, dass Juudai seine Seele mit derjenigen vereint hatte, die ihm weh getan hatte, hatte Johan ihm wirklich verziehen. Johan, er war immer schon so gewesen... hatte ihm wirklich alles durchgehen lassen. Hatte Juudai alles verziehen, was immer er auch getan hatte, in seiner unendlichen Güte ihm gegenüber. Genau das mag der Grund sein, wieso Juudai sich zu ihm hingezogen fühlt. Wegen seiner freundlichen Art, wegen seines kristallklaren Lachens und seiner Seele, die wie ein Regenbogen am dunklen Horizont erscheint. Ja, er fühlte sich ganz klar hingezogen zu ihm, zu Johan, obwohl er ein Junge war. Und das dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit basierte, dass konnte Juudai ganz genau sagen, denn das Gespräch, dass sie in der Dunkelheit geführt hatten, war mehr als aufschlussreich gewesen, auch wenn sie beide sich geweigert hatten, ihre wahren Gefühle füreinander preiszugeben.
 

Juudai öffnete müde seine Augen und sah auf Sho, der schon seinen Rucksack schulterte, und seinen großen Bruder anlächelte. Juudai fragte daraufhin nur müde: „Was, beginnt schon wieder der Unterricht?“ „Ja, Bruder, in ein paar Minuten, du hast noch ein wenig Zeit, aber ich gehe etwas früher raus, okay? Bleib nur nicht zu lange liegen, oder du kommst zu spät.“ Damit verließ Sho ihr gemeinsames Zimmer leise, während Juudai nur mit halb offenen Augen auf die Decke starrte, immer noch in den Gedanken versunken, die ihm vorher schon in seinem Kopf herum geisterten und auf die er einfach keine allzu leichte Antwort hatte. Er beschloss, tatsächlich noch ein wenig länger im Bett zu bleiben, auch wenn er Gefahr laufen würde, zu spät in den Unterricht zu kommen, was würde es denn schon groß ausmachen? Schon fast hoffte er, dadurch, dass er etwas zu lange liegen blieb, Yubel auf den Plan zu rufen, die ihn dann mit einem Eimer kalten Wassers übergießen und hämisch angrinsen würde, nur damit er rechtzeitig in den Unterricht kommt, doch während er klammheimlich darauf wartete, dass es wirklich passierte, musste er sich eingestehen, dass er sich langsam aber sicher noch mehr Sorgen um sie machte, weil sie nicht kam. Und je mehr Zeit verstrich umso klarer wurde es, dass sie nicht mehr kommen würde.

„Yubel, wo bist du nur?“, flüsterte Juudai leise, „bist du immer noch wütend auf mich, wegen gestern?“ Er konnte ja verstehen wieso sie dann nicht da war. Denn er war nicht bei ihr gewesen, als sie der Kreis der Menschen so hasserfüllt angestarrt hatte. Er war nicht bei ihr gewesen, obwohl er ihr kurz zuvor versprochen hatte, zu ihr zu stehen. War es ein Bruch des Versprechens gewesen? Mal wieder?

Und er verspürte eine Drang wie noch nie zuvor, einfach liegen zu bleiben, einzuschlafen, und die Welt um ihn herum einfach ihren Lauf sein zu lassen.
 

„Hey, pass auf, hast du Sho nicht gehört? Du kommst sonst wirklich noch zu spät“, weckte ihn eine tief weibliche Stimme auf. Der Braunhaarige öffnete schlagartig seine Augen, und sah Yubel, die sich über ihn gebeugt hatte. Er erwiderte nichts, und da fuhr Yubel schon fort: „Wie wäre es, wenn ich einen Eimer eiskalten Wassers zur Verfügung stelle, damit du schneller aufwachst?“ „Nicht nötig!“, erwiderte Juudai hastig, „ich stehe ja schon auf.“ „Gut, das will ich auch hoffen.“ Sie verfiel wieder in Schweigen, als sie Juudai anblickte, ein paar Schritte zurückging und sah, wie er von seinem Bett aufsprang, und sich seine rote Schuluniform über sein schwarzes Hemd zog. Sie konnte nicht anders, als ihn in diesem Moment zu bewundern, seinen schlanken jugendlichen Körper und diese süßen schokoladenbraunen Augen, und dieses weiche Haar. Juudai, erst mit sich selbst beschäftigt, bemerkte diesen eingehenden Blick von Yubel, konnte erraten oder von ihrem Gesicht ablesen, was sie wohl dachte, errötete leicht, als er ihren Blick bemerkte und wandte sich um, sodass sie es nicht sah. Warum wurde er jetzt nur rot, was war das für eine Hitze die von ihm Besitz ergriffen hatte? Ihm wurde schwindelig, sodass er sich kurz die Hand an die Stirn hielt und versuchte sich zu beruhigen. Yubel war sofort an seiner Seite und nahm seine Hand weg, legte ihre eigene darauf, wohl um zu prüfen ob er Fieber hatte und als sie merkte, dass dem nicht so war, seufzte sie erleichtert auf. „Zum Glück, ich dachte schon du hättest Fieber“, meinte sie nur, als sie ihm tief in die Augen sah. Juudai zuckte leicht zusammen, als sie anfing, mit ihren Händen sanft durch sein Haar zu streichen. Dass sie ihm so nahe war, half ihn in diesem Moment sehr wenig, und als er seinen Blick nicht von ihren edelsteingleichen Augen losreißen konnte, spürte er, wie Yubel tatsächlich langsam ihre blauen Lippen auf die seinen legte.

Er wehrte sich nicht, es fühlte sich so warm und weich an, fast so als ob er fliegen würde. Er wollte schon seine Arme um Yubel legen, als sie den Kuss wieder löste und ihn noch einmal kurz anblickte, ehe sich wegschritt, jedoch ohne den Blick von ihm zu lassen. Juudai fühlte sich auf einmal noch unwohler in seiner Haut, den dieser Kuss half seinem Gefühlschaos nur wenig. Doch war ihm plötzlich bewusst geworden, dass er wirklich etwas für Yubel zu empfinden schien...
 

Die schöne Dämonin hob seine Tasche auf und gab sie ihm in seine Hand, während sie ihn fragte: „Ich weiß, die Frage mag dir schon auf die Nerven gehen, Juudai-kun, aber wie geht es jetzt weiter?“ „Was meinst du?“ „Ich meine, man hat mir zwar erlaubt, bei dir zu bleiben, doch ich weiß nicht, ob es mir erlaubt ist, dich auch endlich in den Unterricht zu begleiten.“ „Hm... dann versuche es doch wenigstens. Ja, genau, begleite mich, dann werden wir wissen, ob du darfst oder nicht.“ „Ich... ich weiß nicht...“, erwiderte Yubel nur, als ihr klar wurde, dass es bedeuten würde, dass sie seinen Freunden damit begegnen musste. „Yubel, kannst du dich mal entscheiden? Du musst keine Angst haben! Ich weiß nicht, ob du es schon weißt, aber sie sind auch bereit, dir eine zweite Chance zu geben, meine Freunde.“ Yubel schwieg nur nachdenklich, aber nickte dann. „Gut, ich komme mit.“ Sie nahm Juudai an der freien Hand, da er in der anderen noch seine Schultasche festhielt. Mit einer kurzen Bewegung schulterte er sie, eher er auf die eng umschlungenen Hände blickte und er merkte an der Festigkeit des Griffs, dass Yubel nicht so schnell vorhatte, ihn wieder loszulassen. Dann erweckte ein Ruf von draußen ihre Aufmerksamkeit.
 

„Hey, Aniki! Aniki, bist du noch da?“ Plötzlich wurde die Tür zu ihrer Unterkunft aufgerissen und herein stürzte Kenzan, der plötzlich innerhielt, als er auf einen verblüfften Juudai und eine überraschte Yubel blickte. Sofort fielen ihm natürlich die eng umschlungenen Hände auf. Er musste grinsen. „Hey, Aniki, wie ich sehe, hast du dir ja eine nette Freundin geangelt!“, sagte Kenzan und stupste Juudai gespielt in die Seite. Der Braunhaarige kratzte sich dabei nur am Kopf, als er Kenzans Namen nuschelte. „Kenzan, bitte....es ist nicht so wie es aussieht...“ „Und wie ist es dann? Hä?? Na komm schon...“ „Lass das!“ Dann wandte er sich an Yubel. „Hallo Yubel, ich bin Kenzan.“ Er hielt ihr eine Hand hin, die sie dankbar mit ihrer freien Hand annahm und kurz schüttelte. „Ehm.. nett dich kennen zu lernen, Kenzan.“ Sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Schließlich kannte sie Kenzan ja bereits, aber wusste nicht gerade viel über seine Persönlichkeit, besonders weil sie ihn bisher nur sehr materialistisch betrachtet hatte, als sie ihn als Opfer und Lockvogel für Juudai benutzt hatte. Gerade im Anbetracht dessen wunderte sie sich umso mehr, wie er nur mit dieser offenen, herzlichen Art auf sie zukommen konnte.

„Warum bist du eigentlich hier?“ „Ach, ich dachte nur ich schaue mal vorbei...“ Juudai blickte ihn kurz skeptisch an. Natürlich wollte Kenzan vorbei kommen... erst recht wenn er unterwegs gesehen hat, dass Sho sich mal ausnahmsweise ohne Juudai aufhielt, musste Kenzan sich wohl seine Chance auf einige Momente alleine mit seinem Aniki gefreut haben. Denn Sho und Kenzan führten seit jeher einen erbitterten Kampf um die Gunst Juudais, einen Kampf, der meist sehr lustig war, aber den Juudai überraschenderweise immer kindischer fand. „Nun ja, jedenfalls, wie du siehst, wollte ich mich gerade auf den Weg in den Unterricht machen.“ „Was ziemlich früh für deine Verhältnisse ist. Aber da war Yubel wohl daran schuld, oder?“ „Allerdings“, nickte Juudai, „sie kommt übrigens heute mal mit, sie will sich auch mal den Unterricht ansehen, nicht wahr?“ „Eh..ja, genau.“ „Gut, dann lasst uns gehen.“ Kenzan hüpfte durch die Tür nach draußen, gefolgt von Yubel und Juudai und zusammen machten sich die drei auf den Weg in den Unterricht.

Heimliche Neugierde

-Kapitel 15: Heimliche Neugierde -
 

Ein mulmiges Gefühl stieg in ihr auf, als sie zusammen mit Juudai durch die Gänge des Schulgebäudes auf dem Weg zum Unterricht durchschritt. Ausnahmslos alle Blicke der anderen Schüler im Gang richteten sich auf sie, und sie sahen sie alle erstaunt an, und man konnte in ihren Gesichtern lesen, dass nicht wenige sie vom letzten Abend her noch erkannten und sich auch anfingen zu wundern wer oder besser was sie eigentlich war. Einige Schüler wichen den riesigen Flügeln Yubels aus, denn obwohl sie sie eingeklappt hatte, waren sie immer noch riesig genug, dass sie andere im Gang streifen konnte, weshalb sie tierisch aufpassen musste, dass sie niemanden verletzte. Sie bewunderte dabei doch gleichzeitig Juudai aufmerksam, als sie merkte, dass ihm das ganze Getuschel um ihn herum rein gar nichts auszumachen schien, und Kenzan schien dasselbe zu denken, als er seinen Aniki fragte: „Wieso bist du nur so ruhig?“ Doch der Braunhaarige fragte nur verwirrt zurück: „Was meinst du?“ „Er meint dass ganze Getuschel, dass dir gar nicht aufzufallen scheint“, gab Yubel ihm zur Antwort, doch Juudai lachte nur: „Ach das?? Es wäre nicht das erste Mal, man gewöhnt sich dran, Yubel.“ „Nicht das erste Mal?“, fragte sie erstaunt zurück. „Ja“, sagte Kenzan, „wenn du wüsstest, wie oft sie alle hier schon über Juudai gesprochen haben... er ist eine kleine Berühmtheit.“ Gleich nachdem er das gesagt hatte musste er bis über beide Ohren grinsen, und Yubel war noch überraschter. Doch konzentrierte sie sich auf die beiden eng umschlungenen Hände von ihr und Juudai und beschloss sich nur an die Wärme von ihnen zu denken, um sich abzulenken. Sie wusste nicht viel über die Schule und ihre sozialen Strukturen, aber das ganze Getuschel nervte sie, und es erinnerte sie an einige sehr schmerzhafte Erlebnisse aus der Vergangenheit. Als man am Hof angefangen hatte über sie zu tuscheln, weil sich die übrigen Schlossbwohner zu fragen begannen, wieso der Prinz jede freie Minute mit Yubel verbrachte.
 

Ein Mädchen jedoch sprang ganz kurz in den Weg von Yubel, und bewirkte, dass sie und Juudai stehen blieben, während Kenzan kurz einige Schritte weiter ging, bevor er inne hielt, als er merkte, dass sein Aniki plötzlich fehlte und zurück geblieben war. Das Mädchen fragte Yubel: „Wie heißt du denn? Und wie hast du denn so ein schönes Kostüm gemacht? Ist das für den Duellgeistertag?“ Anhand der vielen Fragen und dem neugierigen Blick des recht jung wirkenden Mädchens war es leicht zu sehen, dass sie wohl eine der zahlreichen Neulinge war, und Yubel starrte sie nur perplex an, als Juudai dann für sie antwortete: „Ja, das ist ein tolles Kostüm, nicht wahr? Es ist tatsächlich für den Duellgeistertag, nur wollte meine Freundin hier es vorher anprobieren, um zu prüfen, ob es ihr passt und richtig sitzt.“ „Wirklich? Es ist wirklich toll.“ Dann hüpfte das Mädchen weg und ging wieder zurück zu ihren Freundinnen, die schon auf sie gewartet hatten und sich angestrengt zu unterhalten anfingen, sobald sie wieder bei ihnen war. Juudai seufzte nur auf, beugte sich zu Yubel, und flüsterte ihr leise zu: „Tun wir einfach so, als ob es ein Kostüm wäre, okay?“ Sie nickte nur stumm, dankbar für diese gute Ausrede und weil er jetzt gerade eben an ihrer Stelle geantwortet hatte, als sie es nicht konnte.
 

Ein paar Schritte weiter kamen schon Juudais Freunde alle in Sicht. Er konnte Sho ausmachen, der ihn anlächelte, aber dann überrascht war, ausgerechnet Yubel hier zu sehen. Die anderen blickten ebenfalls auf, als sie Juudai bemerkten, und ihr Lächeln schwand ihnen aus dem Gesicht, als sie auch Yubel entdeckten. Doch Juudai schien das nicht weiter zu bemerken, oder nicht sehen zu wollen. Er ließ Yubels Hand los und lief freudig zu seinen Freunden herüber, während Yubel langsam auf sie zuschritt, und bei Sho stehen blieb, dem einzigen ihr bekannten freundlichem Gesicht. Alle Freunde begrüßten natürlich zuerst Juudai bevor eine unangenehme Stille entstand, in der alle Yubel anblickten, bevor Juudai sie alle dazu brachte, dass sie auch ihr Guten Tag wünschen sollen, was sie nur sehr zögerlich taten. Kenzan, der sich recht schnell an sie gewöhnt hatte, grinste nur, aber als Johan sie anblickte, hätte sie sterben können wenn Blicke tödlich wären, so ernst schaute er sie an. Endlich bemerkte der Braunhaarige, dass etwas mit seinen Freunden nicht stimmte, und er fragte sie direkt: „Ist etwas?“ „Nein, wir wundern uns nur, wieso du Yubel hierher gebracht hast, nichts weiter“, antwortete Johan, nun wieder mit einem Grinsen in seinem Gesicht. „Du, Aniki, ich weiß nicht, ob es eine gute Idee von dir war..du weißt doch, dass Chronos...“ „Ach was, Sho! Der wird schon nichts dagegen haben!“ Juudai blickte auf, als er merkte, dass Yubel immer noch nichts sagte, sondern in Gegenteil sehr nervös zu sein schien, was er an ihr noch nicht erlebt hatte. Und diese Nervosität konnte auch nicht nachlassen, als plötzlich ein aufbrausender junger Mann mit schwarzen wirren Haar zu ihnen schritt, mit seinem schwarzen Mantel, der hinter ihm herwehte.

„Das ist doch diese Yubel, die mich mit den nervigen Ojamas in diese komische Dimension eingesperrt hat!“, schrie er wütend auf, als er Yubel erblickte, „die hat Nerven hierher zu kommen, nach dem, was sie uns angetan hat!“ Er schritt direkt auf den Hermaphroditen zu, auf eine direkte Konfrontation aus, doch Juudai schritt zwischen ihn und Yubel, und konnte gerade noch seine Hände packen, die sich nach Yubel ausstreckten. „Dir werde ich es geben! Juudai selbst mag nicht dazu fähig gewesen sein, dich zu vernichten, aber ich werde das hier und jetzt nachholen!“ „Nein, hör auf, Jun!“, bat Juudai ihn, „Yubel will dir und uns nichts tun!“ Doch Jun Manjoume wollte nicht auf den Braunhaarigen hören, sondern riss wütend seine Hände aus seinem Griff, um dann seine Hand zu einem Schlag gegen Juudai zu erheben. Doch bevor er etwas tun konnte, zuckte Jun plötzlich zusammen und ließ seine Hand schmerzhaft sinken. Als Juudai das sah, blickte er Yubel an, die einen wütenden Gesichtausdruck hatte. Hatte sie gerade eben tatsächlich wieder einmal einen seiner Freunde geschadet, auf diesselbe Weise wie sie es damals mit Osamu gemacht hat? Mit ihren geheimen Kräften? Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, keuchte Jun wütend auf, blickte Yubel hasserfüllt an, bevor er sagte: „Gut, ich werde nichts weiter dazu sagen. Sie soll nur wissen, dass ich ihr niemals dafür vergeben werde, was sie uns in der anderen Dimension angetan hat. Dafür dass sie uns hat in der Hölle schmoren lassen, dafür wird sie noch früh genug büßen.“ „Wie kannst du nur so etwas sagen?“, fragte Sho entsetzt und versuchte auf Yubel einzureden: „Keine Sorge, höre nicht auf das was Jun sagt, er ist einfach so... naja, er ist sehr nachträglich.“ Yubel, der es eiskalt den Rücken herunter gelaufen war, als sie die Worte Juns gehört hatte, bekam einen weicheren Blick als sie Sho anblickte, der sie freundlich und zugleich besorgt anblickte. „Mach dir keine Sorgen um mich, Sho.“ Dann tippte sie Juudai an der Schulter an, bevor sie sagte: „Du, Juudai, ich glaube, ich gehe lieber. Ich denke, ich bin hier fehl am Platz. Pass nur bitte auf dich auf, okay? Wenn du mich brauchst, rufe mich und ich bin sofort zur Stelle.“ Juudai konnte nur überrascht nicken, denn schon schritt Yubel an ihm und seinen Freunden vorbei, auf den Ausgang nach draußen zu – mit immer noch allen Blicken auf sich gerichtet.
 

Yubel musste einfach nach draußen gehen, nur weg von diesen Menschen, nur weg von all diesen Blicken, vor allen den feindseligen, die es ihr nicht erlauben würden, an Juudais Seite zu bleiben. Aber im Grunde genommen hatte sie nicht wirklich etwas anderes erwartet, als den Hass der anderen auf sich zu ziehen – sie hatte es schon ganz zu Anfang geahnt, und was sie ahnte, bewahrheitete sich leider meistens auch, vielleicht, weil sie ein gewisses Talent darin hatte, die Zukunft zu sehen, denn ihr drittes Auge erlaubte es ihr, durch Illusionen zu sehen, aber manchmal, wenn sie sich genug konzentrierte, auch in die Zukunft.

Sie floh sich in die Bäume in der Nähe des Hörsaals in dem sich Juudai aufhielt, damit sie trotzdem noch in seiner Nähe sein konnte, falls etwas geschah. Doch gerade, als sie Juudai durch das große Fenster beobachtete, rief sie eine Stimme von unten. Als sie nach unten blickte, sah sie ein Mädchen in blauer Obelisk-Blue Uniform, die lange blonde Haare trug, blaue Augen hatte, und auch ein seltsames Zeichen an ihrer linken Wange hatte, dass dem ihren an der rechten Wange sehr ähnlich war. Yubel erkannte nach kurzem Überlegen dieses Mädchen als Siraj, diejenige, die sie gestört hatte, als sie Juudai gerade nach seinen Gefühlen gefragt hatte, und die sie auch seltsam angestarrt hatte, nachdem der Angriff Hikaris vorbei gewesen war. Mochte das Mädchen es auch selbst nicht wissen, Yubel hatte durchaus bemerkt, mit welch intensiven Blicken sie sie angesehen hat, als sie mit Juudai und Samejima in sein Büro gegangen waren.

„Was willst du von mir?“, fragte Yubel sie und sprang zu dem Mädchen herunter, „solltest du nicht im Unterricht sein, Kleine?“ „Ja schon, wenn ich nicht gerade eine kleine Pause hätte.“, erwiderte Siraj kokett. „Ich bin hier, weil ich dich etwas fragen muss, Yuuka.“ „Ich bin nicht Yuuka, sondern Yubel. Und was gibt es so dringendes, dass du mich fragen musst?“
 

Siraj war eigentlich hierhergekommen, um diese ominöse Yubel zu treffen und sie zu fragen, was es mit all den Geschichten auf sich hatte, die sie bereits schon so oft von Juudai und ihrer besten Freundin Rei gehört hatte. Sie wollte Klarheit, Klarheit darüber, ob es wirklich sein kann, dass jemanden solche Dinge widerfahren können, wie es ihren neuen Freunden offensichtlich schon mehrmals in ihrer Vergangenheit widerfahren ist. Auch wenn es ihr Angst machte, die Wahrheit heraus zu finden. Es bewirkte, dass ihr eiskalte Schauer den Rücken herunterliefen, die Möglichkeit, dass es wirklich so etwas übernatürliches gab – eine Furcht, wie sie die Menschen schon seit Urzeiten hatten. Genauso wie ihr schon eiskalte Schauer den Rücken herunterliefen, als sich Yubel vor ihr zu voller Größe aufrichtete und einfach mal so ihre Flügel weit spreizte, um sie dann wieder einzuziehen.
 

„Also, was ist?“, fragte die Gestalt vor ihr noch einmal nach. Doch Siraj konnte nicht anders, als sie nur anzustarren, besonders als sie sah, dass sie ihre Flügel so richtig bewegen konnte. Deswegen vergaß sie ihre eigentliche Frage und sagte stattdessen: „Warte! Hast du gerade einfach mal so deine Flügel bewegt?“ „Hm? Meinst du die hier?“, fragte Yubel mit einem Blick auf ihrem Körper und ihre großen Flügel, die sie wieder spreizte. Siraj blickte sie immer noch erstaunt an, aber lachte dann. „Ich weiß nicht, wie du das machst, aber es ist wirklich gut geworden!“ „Was meinst du?“ „Na, dein Cosplay-Kostüm! Es ist für den Duellgeister-Tag, oder?“ „Aber das ist kein...“ Doch Yubel hielt sich zurück und hörte mitten im Satz auf. Was fällt ihr ein? Sie würde doch nicht einfach so einem armen Neuling erzählen, dass sie ein echtes Monster war, oder? Mal abgesehen davon, dass es ihre Chancen mit Juudai endgültig ruinieren würde, wenn sie überhaupt welche mit ihm hatte. „Naja, aber was ich eigentlich wissen wollte...“, fing das blonde Mädchen vor Yubel wieder an, „ist... ob du weißt, wo das offizielle Schularchiv sich befindet.“ Doch der Hermaphrodit musste nur mit dem Kopf schütteln. „Tut mir leid, ich habe keine Ahnung, da musst du wohl jemand anderen fragen.“ „Schade“, seufzte das Mädchen enttäuscht, „dann muss ich wohl Asuka fragen..“ „Asuka... ist das das Mädchen, das bei diesem Angriff...?“ „Ja, genau die. Kennst du sie?“ „Nein, nur flüchtig. Weißt du, ob es ihr besser geht, nach dem Angriff?“ „Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es. Ich hatte vor, sie heute zu besuchen“, meinte Siraj nachdenklich, „aber naja, ich habe dich ja jetzt gefragt, was ich wissen wollte, also kann ich jetzt wieder gehen...“ Sie wandte sich um und schritt los, jedoch nicht ohne ihren Blick immer noch an Yubel zu heften, die es langsam aber sicher nervig fand, von allen so angestarrt zu werden. Schließlich lief das blonde Mädchen wieder los, als es klingelte. Yubel seufzte nur wieder, und fragte sich innerlich, was das gerade eben nur sollte. Oder warum das Mädchen nicht einfach zugibt, dass sie nur neugierig danach war, was genau Yubel eigentlich ist.
 

Im Unterricht hatten sie nicht viel mit Juudai gesprochen, auch weil er mal wieder mittendrin eingeschlafen war, also sprachen sie ihn darauf an, als sie in der Eingangshalle saßen und ihre Pausenbrote zusammen aßen. Johan war ebenfalls gekommen, und setzte sich ganz in die Nähe von Juudai, Sho hatte auch direkt neben seinem Aniki Platz genommen, und auch Rei schwirrte aufgeregt um ihren Schwarm umher. Jun lehnte sich an der Wand und gab in einem unterdrückt wütenden Ton heraus: „Ich weiß ehrlich nicht, wieso du versucht hast, sie sogar zum Unterricht mitzuschleppen..“ „Ich dachte halt es wäre eine gute Idee...sie wollte es einfach immer heimlich, nicht wahr, Sho?“ Der kleine Blauhaarige nickte: „Ja, das ist allerdings wahr.“ Johan wirkte umso nachdenklicher. „Ich weiß, wir sollten sie vielleicht alle noch einmal näher kennen lernen, besonders wenn sie sich geändert hat, aber..“ „Sie kennen lernen?“, brach es aus Jun hervor, „Wieso zur Hölle sollten wir das tun?“ „Um ihr eine Chance zu geben“, erwiderte der Norweger, „immerhin, sie hat Juudai beschützt, als dieses Lichtwesen ihn angegriffen hat – vielleicht sollten wir ihr gerade deshalb eine Chance geben.“ Er sagte das mit immer noch leichtem Zweifel in seiner Stimme und Juudai kaute nur nachdenklich an seinem Pausenbrot, und irgendwie schmeckte ihm das Essen nicht so gut wie sonst immer. Er machte sich zunehmend Sorgen um Yubel, besonders aber ihr Verhalten. Als sie anfangs an die Duellakademie zurück gekehrt waren, war sie noch voller Hoffnung und sehr freundlich, wohl weil sie glücklich war, wieder bei Juudai zu sein, doch dann änderte sie sich. Auch obwohl sie nun in Sho einen Freund gefunden zu haben scheint, so schien sie dennoch auf irgendetwas wütend oder verbittert zu sein. Erst wird sie eifersüchtig, nur weil er mit Johan spricht, dann fragt sie ihn neugierig nach seinen Gefühlen, bekommt komische Alpträume, von denen sie schreiend erwacht, und nun fing sie anscheinend auch noch an, ihre alten Kräfte aus alten Kindertagen wieder zu zeigen. Als seine Gedanken diesen Vorfall streiften, spürte er eine Gänsehaut aufkommen. Was wäre, wenn sie wirklich wieder so würde wie sie einst war, als er sie ins Weltall schicken musste, damit ihre Übergriffe aufhören konnten? So wenig er es mochte über seine Gefühle zu sprechen, so sehr wusste er auch, dass es manchmal nötig war, besonders jetzt. Er musste herausfinden, was Yubel dachte und fühlte, denn wenn es etwas war, dass sie damals trennte, dann war es ihr Schweigen beiderseits. Sie hatte ihm nie erzählt, dass sie sich eigentlich innerlich die ganze Zeit Vorwürfe für seinen Tod in ihrem früheren Leben machte, und deshalb fürchtete, dass er wieder verletzt werden könnte und sie ihre Pflicht vernachlässigte und er hatte ihr nie gesagt, dass er das alles nur tat, weil er hoffte, es würde ihr helfen, wenn er sie wegschickte, weil er hoffte, es würde ihr alles leichter machen. Stattdessen hat er ihr so viel Schmerz zugefügt, so wie sie auch ihm, vor nicht allzu langer Zeit, in der Isekai.
 

„Juudai, du isst ja gar nichts? Stimmt etwas nicht mit dir?“, fragte Johan nach als er ihm ins Gesicht blickte. Als Juudai Johans Gesicht wieder bewusst wahrnahm, lächelte er leicht und schüttelte den Kopf. „Nein, mir geht es gut, danke“, sagte er in möglichst überzeugter Stimme, „ich habe nur gerade an Asuka gedacht, vielleicht sollten wir später im Krankenflügel besuchen gehen, was meint ihr?“ „Das ist eine gute Idee, es müsste ihr viel besser gehen, hoffe ich doch“, meinte Sho, „also gehen wir alle danach mal zu ihr hin?“ Alle nickten zustimmend, selbst, oder gerade Jun wollte sie sehen, genauso wie Fubuki. Obwohl Juudai gelogen und gerade nicht an sie gedacht hatte, so fiel ihm auf einmal ein, dass es auch seine Schuld war, dass Asuka verletzt worden war, und dieser Gedanke machte ihn noch trauriger. Hoffentlich ging es ihr wirklich besser, und wenn ja, dann schuldete er auch ihr eine Erklärung für alles, was passiert war. Selbst wenn er alles andere als gut darin war, die richtigen Worte zu finden.
 

Als er sich von seinen Freunden kurz verabschiedete und sich zum Gehen wandte, musste er nicht lange gehen, als er schon Yubel am Baum auf der Wiese stehen sah. Sie blickte ihm nicht direkt in die Augen, sondern hatte ihm ihren Rücken zugewandt, an denen ihre starken Flügel befestigt waren. Juudai, der völlig alleine war, und nicht gedacht hätte sie hier zu treffen, schritt langsam auf sie zu. Es begann schon langsam, dunkel zu werden, jedenfalls ging am Horizont langsam die Sonne unter. Er flüsterte nur leicht ihren Namen, doch sie konnte ihn deutlich genug hören, sodass sie sich umdrehte. „Juudai...“ Ihre beiden Blicke trafen sich, und ihrer wurde weich, als sie in seine schokoladenbraunen Augen blicken konnte. „Erinnerst du dich daran, wie es war, als wir an diesem Sonnenuntergang waren?“ Juudai nickte. „Ja, es war das erste woran ich mich erinnern konnte, als ich deine Erinnerungen sah. Der Tag an dem ich dir dieses Versprechen gab...“ Beide schwiegen nur, doch dann meinte Juudai nur, als er sich nervös am Hinterkopf kratzte: „Tut mir leid wegen heute, vor allem für das Verhalten von Jun, es war wirklich nicht in Ordnung wie er sich verhalten hat. Und auch, dass dich die Leute alle so angestarrt haben, das muss wirklich unangenehm für dich gewesen sein...“ „Schon gut, ich habe auch nichts anderes erwartet, weder von deinen Freunden, noch von den anderen Menschen. Ich meine, ich bin schließlich ein Monster, was soll ich da erwarten? Dass mich alle sofort akzeptieren? Ich bin zugegebenermaßen eher an den Gedanken gewöhnt, dass nur du und Sho mich so nehmen wie ich wirklich bin. Du, weil du mich schon so lange kennst, und Sho, weil er so etwas wie mein Freund geworden ist.“ „Sag so etwas nicht, ich bin sicher, dass dich die Leute um mich herum eines Tages so akzeptieren wie sie sollten.“ Yubel lächelte, als Juudai ihr das so sagte. „Du bist wirklich naiv, Juudai...“ „Nein, ich meine das wirklich so wie ich sage!“, wiederholte der Braunhaarige mit mehr Nachdruck. Doch gerade als er Yubel so sah, wurde ihm klar, dass wirklich etwas mit ihr nicht stimmte, auch wenn er weder sagen konnte, was genau ihm dieses Gefühl gab, oder welchen Grund sie dazu haben könnte. Wieder sagte sie nichts, als sie plötzlich fragte: „Juudai... was denkst du über das Licht und die Dunkelheit?“ „Wie bitte?“ „Was denkst du darüber... über den endlosen Kampf, den ausgerechnet wir führen müssen? Kommt es dir nicht unfair vor, wenn du daran denkst, dass du soviel hattest opfern müssen, für etwas, was sich niemals erfüllen wird, egal wie sehr du es dir ersehnst?“ Sie sah ihm nicht wirklich in die Augen, als sie das fragte, sondern blickte nur weit in die Ferne, in ihrem Innersten versunken. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte, noch was sie damit sagen wollte. „Wir haben eine Mission zu erfüllen und wir dürfen nicht aufgeben, egal wie viel wir leiden müssen, mussten und es noch werden. Und doch... fühle ich mich manchmal einfach so danach, einfach aufzugeben...“ „Wovon redest du? Wir können nicht aufgeben, Yubel! Wir sind doch schon so weit gekommen!!“, schrie Juudai auf, doch der Hermaphrodit blieb ruhig. „Ach ja? Wie weit denn? Wir wissen noch nicht einmal, wo der Auserwählte des Lichtes ist, das was Hikari sucht, noch wissen wir, was das Licht als nächstes plant. Wir können so nicht weiter machen wie bisher.“ Juudai keuchte auf, als er merkte, dass Yubel recht hatte. Denn was war bisher alles passiert? Hikari hatte sie mehrmals angegriffen, aber ob das Lichtwesen wusste, wo es war, was er suchte, oder wie es plante, zu bekommen, was er wollte, dass wussten sie nicht, und wenn sie es nicht bald herausfinden würden, dann könnten sie wirklich genauso gut aufgeben.
 

Ihre Blicke trafen sich wieder, diesmal konnte Juudai wilde Entschlossenheit in den Augen Yubels glitzern sehen, und er konnte in diesem Augenblick nicht anders, als diesen Blick in ihren Augen zu bewundern. Wie zwei Edelsteine leuchteten sie in dem Sonnenuntergang.

Er blieb für einige Momente sprachlos, bis Yubel ihm erzählte, was sie weiterhin für ihre gemeinsame Mission plante. „Nun, da wir erst am Anfang sind, wäre es nicht schlecht, wenn wir uns einen Plan zulegen, um dem Licht zuvorzukommen. Hast du irgendeine Idee, ich wäre dankbar sie zu hören.“ Juudai überlegte kurz, aber dann viel ihm etwas ein. „Wir... wir haben es mit dem Licht der Zerstörung zu tun, und ich bin ihm schon einmal in meinem zweiten Schuljahr begegnet, also...könnte ich dir darüber erzählen. Außerdem...“, und er hielt seinen Atem an, als ihn dieser Gedanke streifte, „außerdem könnte ich versuchen Kontakt aufzunehmen zu jemanden, der damals vom Licht ausgenutzt wurde. Er könnte erzählen, was das Licht plant, und wenn er das nicht weiß, dann vielleicht, was seine Methoden sind und wie es sich verhält.“ Yubel nickte. „Das ist schon einmal etwas, jedenfalls besser als nichts. Und... ich denke wir sollten auch Ausschau danach halten, wer der Auserwählte sein könnte. Wenn Hikari hier ist, dann heißt es, dass der Auserwählte hier auch ist. Irgendjemand hier muss die Macht des Lichtes in seinem Herzen tragen. Und diesen Jemand gilt es zu finden.“ „Und wenn wir ihn gefunden haben? Was machen wir dann?“ „Ich weiß es nicht, Juudai... wenn ich es nur wüsste. Was ich weiß ist, dass es dann von ihm und dir davon abhängt, was mit der Welt wie du sie kennst geschehen wird.“ Der braunhaarige Junge blickte nur hinaus in Richtung des Meeres, als der aufkommende Wind sanft mit seinem Haar spielte. Was auch immer die Zukunft für die beiden bringen würde, er wusste, dass Yubel immer bei ihm sein würde – und das gab ihm die Kraft weiter zu machen, auch wenn er noch so sehr leiden müsste.

Asukas Geständnis

-Kapitel 16: Asukas Geständnis -
 

Der braunhaarige Junge begleitete Yubel noch, nachdem die Sonne untergegangen war und sie noch weitere Pläne schmiedeten, was sie tun könnten, um Hikari zuvor zu kommen. Letzten Endes vergaß Juudai allerdings nicht, dass er noch etwas zu erledigen hatte, und er bat Yubel, dass sie ihn bis kurz vor den Krankenflügel begleiten sollte.
 

Juudai schritt in Richtung des Krankenflügels, an dem er sich mit seinen Freunden verabredet hatte, um gemeinsam Asuka zu besuchen. Er erkannte, dass seine Freunde schon auf ihn warteten. Johan blickte auf, Kenzan grinste ihn nur an, Sho lächelte freundlich, genauso wie Fubuki, während Jun ihm einen kühlen Blick zuwarf und dann wieder so tat, als wäre er gar nicht da. Rei blickte ihren Juudai-sama verträumt an, während Siraj ihn nur neutral ansah. „Also, Leute, ihr seid ja wirklich alle hier!“, meinte Juudai nur. „Ja, aber du bist zu spät, Soldat“, bemerkte Kenzan nur, „was hat dich aufgehalten? Wir waren schon vor fünfzehn Minuten hier verabredet gewesen.“ „Ach, es war nichts“, log Juudai, „ich.. musste nur etwas erledigen.“ Niemand sagte etwas, aber es war klar, dass alle wussten, dass er bei Yubel gewesen ist. „Und wie geht es deiner Freundin?“, scherzte Johan nur, als er Juudai spielerisch auf die Schultern klopfte. „Ehm..ja, ganz gut“, meinte Juudai nur verlegen, doch Jun schnaubte nur wieder. „Also, ich finde es keine gute Idee, dass du die auch noch hier halten willst. Reicht dir dein Winged Kuriboh nicht als Gefährte aus?“ „Das hat doch nichts damit zu tun!“, sagte Juudai nur, „sie ist hier, weil wir beide gegen das Licht kämpfen wollen, das weißt du doch!“ „Ja, das wissen wir schon, nachdem du es uns erzählt hast. Allerdings sehe ich nicht ein, wieso sie dazu nötig ist, denn schließlich hast du es doch im zweiten Schuljahr alleine geschafft.“ „Trotzdem... ich glaube schon, dass ihre Hilfe hier noch ganz nützlich sein wird...“ „Hmpf, das werden wir noch sehen. Solange sie sich von mir fernhält und uns in keine fremden Dimensionen mehr einsperrt, soll es mir recht sein“, erwiderte Jun, als er seine Kopf in die Höhe streckte und Juudai einen Seitenblick zuwarf. „Aber wer kann das schon garantieren?“

Der braunhaarige Junge warf daraufhin einen besorgten Blick in die Runde und erkannte ein gewisses Unbehagen in den Gesichtern seiner Freunde, dass er leicht damit erklären konnte, dass sie sich alle immer noch nicht richtig an den Gedanken gewöhnt hatten, dass Yubel nun hier war und ihnen keine Schaden mehr zufügen wollte. Angeblich, denn seine Angaben reichten ihnen offensichtlich noch lange nicht aus. Und er selbst begann langsam daran zu zweifeln, ob alles mit Yubel stimmte.

Doch dann klackte die Tür zu Asukas Krankenzimmer, und sie öffnete zögerlich die Tür.
 

Sie schritt aus ihr heraus, als sie Juudai erkannte, und ging geradewegs auf ihn zu, bis sie wenige Meter vor ihm stehen blieb. Auf Juudais Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, als er erkannte, dass sie schon wieder auf den Beinen war und auch sie lächelte ihm zu, bevor sie sagte: „Juudai... mir geht es schon viel besser.“ „Ich sehe es. Ich bin so froh darüber, Asuka.“ Als er sie anblickte, bemerkte er, dass sie eine Halskrause trug, und außerdem hatte sie mehrere Pflaster und Verbände an. Juudai wunderte sich auf einmal wegen der Anzahl der Verletzungen und fragte sich wie es sein konnte, dass sie sich diese alle auf einmal zugezogen hat. „Woher hast du denn so viele Verletzungen auf einmal?“ Asuka kicherte nur daraufhin. „Ich weiß, wir haben einiges zu bereden, Juudai. Setzen wir uns erstmal, was sagst du dazu?“, meinte das dunkelblonde Mädchen nur und wies auf eine Bank im Gang des Flügels, wo dann alle um sie herum Platz nahmen. „Weißt du denn, was genau passiert ist, Asuka?“, fragte Rei sie neugierig, „alles ist so plötzlich passiert, dass wir es fast gar nicht mitbekommen haben.“ „Ich habe auch nicht wirklich mitbekommen, wie genau es geschehen ist, aber ich war auf einmal in der Hand dieses Wesens, und es war nicht gerade angenehm.“ Sie blickte auf einmal Juudai direkt in die Augen. „Und dennoch hatte ich schon für dich das schlimmste befürchtet“, flüsterte sie nur leise mit einem besorgten Blick auf ihm. Der Junge bemerkte in dem Augenblick, was für schreckliche Angst das Mädchen neben ihm wohl um ihn gehabt haben musste, und sie bestätigte das noch indem sie sagte: „Ich hätte nicht gewollt, dass du dich für mich opferst...Juudai...“ Er schwieg, bevor er leise antwortete: „Ich weiß...aber mir ist nichts besseres eingefallen, um dich zu beschützen...“ Asuka wurde leicht rot dabei, als sie hörte, wie Juudai zugab, dass er versucht hatte, sie auf diese Weise zu beschützen, denn insgeheim hegte sie schon lange Gefühle ihm gegenüber, die sie nie so richtig preisgegeben hat. Doch Rei unterbrach sie, als sie sagte: „Ja, aber Juudai-sama ist nicht der einzige, der so leichtsinnig ist, denn auch Siraj-chan hat sich mutig dazwischen geworfen, nicht wahr?“ „Das mag sein, aber... das spielt hier keine Rolle. Es war höchst dumm von mir, genauso wie von Juudai-kun, was wir getan hatten, aber wir wussten nicht anders zu handeln. Wir haben Glück, dass niemandem etwas schlimmeres passiert ist, und dass es Asuka wieder sehr viel besser geht. Was auch immer das Wesen eigentlich war, es war bereit zu töten, und das dürfen wir nicht außer Acht lassen.“ Siraj blickte auf, als sie merkte, dass sie mehr zu sich sprach, und merkte, dass alle Blicke sich auf ihr geheftet hatten, und vor allem Asuka besorgt schaute, und da wurde das blonde Mädchen leicht rot, und sagte nichts mehr, bis ihr etwas einfiel: „Aber, naja, wir werden schon damit zurecht kommen!“ Wo auch gleich Asuka daraufhin ansetzte und erwiderte: „Ich bin mir nicht sicher, ob das so einfach werden wird, aber das ist ein Punkt, über den ich mit euch allen sprechen wollte. Ich hatte mir so einige Gedanken machen können, als ich hier im Krankenflügel war, und ihr müsste davon wissen...es betrifft nicht nur Juudai, sondern euch alle. Ich will nicht, dass ihr euch selbst in Gefahr begebt und euch verletzt, oder euer Leben riskiert, erst recht, wenn wir es mit einem Feind wie diesem zu tun haben.“
 

„Reden wir nicht darüber“, meinte Juudai leise, „ich bin hergekommen, um zu sehen, wie du dich fühlst, Asuka, nicht, um darüber zu reden, was wir als Nächstes planen oder nicht.“ „Aber Juudai! Tue nichts unüberlegtes, ich will das nicht!“, schrie Asuka und ihr Ton wurde dann eine ganze Spur sanfter, „ich möchte nicht, dass dir etwas passiert, und ich kann es noch einige Male wiederholen bis du es verstanden hast. Juudai, glaube nicht, wir haben es nicht bemerkt...“, sagte sie und erntete ein lebhaftes Nicken von allen außer Jun, „dass du alles alleine machen willst, weil du Angst hast, dass uns etwas zustoßen könnte. Wir können auf uns aufpassen, und wir als deine Freunde werden an deiner Seite sein.“ Juudai blickte auf den Boden, als er hörte, was sie sagte. Er wusste sie hatten recht, und dass sie es nur zusammen durchstehen könnten, wenn sie alle zusammen arbeiteten...aber er wollte nicht, dass so etwas wie jetzt mit Asuka noch einmal passiert. Erst recht wo sie doch vor kurzem erst alle in einer anderen Dimension verschwunden waren, und anscheinend tot. Doch dieses Mal ist das anders, denn Hikari würde, anders als Yubel, nicht zögern sie wirklich zu töten.

„Ich kann nicht!“, erwiderte er, „Dieses Mal ist es anders! Dieses Mal könnt ihr wirklich getötet werden! Wir sind hier nicht mehr in der Isekai, ihr habt gar keine Ahnung, was mit euch passiert, solltet ihr euch darin einmischen!!!“, schrie er aus voller Kehle heraus, „Ich will nicht, dass ihr sterbt! Lieber hätte ich in dem Fall, dass es mich erwischt!“ „Bist du des Wahnsinns, Juudai?“, rief Johan schockiert aus, „ich weiß, dass du den Kampf anscheinend zusammen mit Yubel kämpfst, aber bist du wirklich so naiv zu glauben, dass wir einfach so wegsehen werden, wenn du drohst, daran zu zerbrechen? Ich werde das gewiss nicht tun! Ich werde an deiner Seite sein!“ „Nein, bitte... bitte haltet euch da raus!“ „Wir können das nicht! Wenn Yubel hier ist, und dich beschützt, aus eigenem Antrieb heraus, wieso lässt du sie an deiner Seite sein, und nicht uns? Du musst einsehen, dass du uns endlich einweihen musst. Du musst dich uns öffnen, oder wir werden auf lange Sicht keine Chancen haben und es würde im schlimmsten Fall mehr Schaden angerichtet, als du es dir vorgestellt hättest!“, fügte der Norweger hinzu. „Juudai... ich weiß nichts von alledem, nichts von deinen Problemen“, meinte Siraj nur leise, „aber ich sehe, dass du Probleme hast und ich will dir helfen, aber dafür... gerade weil ich nichts weiß, musst du sagen, was genau deine Probleme sind. Und, dass wir dir helfen sagt noch lange nicht aus, dass wir in diesem Prozess auch sterben können. Wir können dir auch damit helfen, dass wir einfach herausfinden, was das Licht sucht, ohne dass wir uns körperlich in Gefahr begeben. Ich meine im Sinne von Recherchen. Dass wir uns umhören.“ „Das stimmt, Aniki, so könnten wir dir auch helfen!“ Juudai erwiderte nichts mehr, sondern bläute ihnen daraufhin nochmal ein: „Gut, dagegen kann ich nichts sagen, aber ich bitte euch nochmal, passt auf euch auf.“ „Sehr gut“, lachte Siraj, „das hört sich fast nach einer Erlaubnis an! Ich wollte, um ehrlich zu sein, schon damit beginnen mich umzuhören. Aber ich habe bis jetzt nicht herausfinden können, wo genau. Ich muss dich daher etwas fragen, Asuka.“ „Ja,was ist es?“ „Ich habe von Rei-chan gehört, dass es Archive gibt, die alle Vorkommnisse der Schule dokumentieren. Ich habe mir gedacht, dass ich dort etwas nützliches herausfinden kann, aber das geht nur, wenn ich weiß, wo ich sie finde.“ „Verstehe, du willst wissen, wo sich diese Archive befinden? Ich kann es dir sagen, aber du wirst nicht einfach herein können, nicht ohne die Erlaubnis eines Lehrers, besser wäre aber sogar noch die Erlaubnis des Schuldirektors selbst.“ „Ich glaube schon, dass wir sie bekommen“, meinte Juudai nur daraufhin, „immerhin hat er signalisiert, dass er versuchen würde, uns die nötigen Mittel an die Hand zu geben, die wir bräuchten, um diese Gefahr abzuwenden. Zumindest versuchen sie zurzeit selbst, darüber so viel herauszufinden wie möglich ist.“ „hm, gut, dann haben wir einen Ansatz“, meinte Asuka, „komm her, Siraj, ich sage dir, wo sich diese Archive befinden.“ Und dann gab sie ihr eine Wegbeschreibung, mit der sie leicht das Archiv finden konnte. „Aber wie gesagt, du brauchst eine Erlaubnis, um dort hereinzukommen.“ „Ja, ich werde sie schon besorgen.“ „Gut, nun, da das geklärt ist, was ist eigentlich damit-... wenn wir versuchen Saiou oder Edo wieder hierher zu bringen? Sie über das Licht zu fragen?“, schlug Kenzan vor. „Das habe ich mir auch schon gedacht, und es auch Yubel vorgeschlagen, und wir denken, es wäre eine brauchbare Idee, weitaus besser als gar nichts. Daher... dachte ich mir, dass ich zu Samejima gehe, um ihn zu fragen, ob er etwas zum gegenwärtigen Aufenthaltspunkt von Saiou weiß, oder etwas über Edo sagen kann.“ „Sehr gut, Soldat!“, meinte Kenzan selbstsicher und zufrieden und klopfte Juudai optimistisch auf die Schulter, „ich wusste doch, dass wir zusammen etwas reißen würden!“ „Freu dich nicht zu früh“, dämpfte Jun diese Freude, „noch haben wir gar nichts erreicht.“ „Ja, noch nicht, aber es wird schon“, sagte Johan.
 

Danach herrschte eine Stille zwischen allen Beteiligten, aus denen man eine gewisse Unsicherheit der Zukunft gegenüber herauslesen konnte, wenn man nur gewollt hätte. Doch dann unterbrach Juudai sie, nun beruhigt, dass er wenigstens einen kleinen Plan dafür hatte, was er als nächstes tun wollte: „Ich kann euch nicht genug dafür danken...“ Und mit Blick auf Asuka fügte er noch hinzu: „Und es tut mir leid, dass wir gerade bei deinem Krankenbesuch über so ernste Themen reden.“ „Das macht nichts“, schüttelte sie den Kopf, „es ist ja wichtig. Und danke, dass ihr hier wart.“ „Hat denn der Arzt gesagt, wann genau du jetzt wieder herauskommst?“ „Vielleicht morgen schon, aber man wird sehen.“ „Das ist schön. So, aber jetzt sollten wir alle wieder gehen, nicht wahr?“ „Hm stimmt. Also, mach es gut, Asuka!“ „Wir sehen uns!“ Alle standen auf und gingen, bis auf Juudai der ein wenig herumtrödelte, was Asuka auch bemerkte. Schließlich waren alle gegangen und nur noch die beiden übrig, und gerade als Juudai sich zum Gehen wandte, schaffte es Asuka noch seine Hand zu packen und ihn am Gehen zu hindern.
 

„Asuka?“, fragte er überrscht auf, „gibt es etwas, was du mir noch sagen willst?“ „Ehm...“ Asuka blickte ihn etwas verschämt an, doch dann wurde ihr Blick wieder entschlossen, und sie forderte ihn auf sich zu setzen, was er tat. „Ja, da gibt es einiges, was ich mit dir unter vier Augen besprechen wollte, und nicht unbedingt vor den anderen.“ „Hm? Worum geht es?“ „Ich...muss dich etwas fragen. Ist Yubel wirklich hier?“ „Eh ja, ist sie, wieso?“ „Hm, nur so. Also war sie das unter dem Umhang, als ich dich im Garten getroffen habe.“ „Ja, das war sie“, gab Juudai ohne Umschweife einfach zu, gespannt darauf, worauf Asuka eigentlich hinaus wollte, doch sie wurde nur nervös. Was wollte sie ihm sagen?

Sie unterdessen fragte sich, wie sie es ihm sagen sollte. Wie sollte sie ihm sagen, dass es sie berührt hat, dass er sich für sie geopfert hätte? Wie sollte sie ihm sagen, dass sie ihn eigentlich insgeheim heimlich liebte? Und sie fragte sich, was genau es zu bedeuten hatte, dass Yubel nun bei Juudai lebte, so wie Sho es ihr erzählt hatte. Denn nur kurze Zeit nachdem es den anderen erlaubt worden war, sie zu besuchen, hatte sie bereits Besuch von ihren Freunden bekommen, unter anderem von Sho, der ihr, Jun und Fubuki erzählte, was sie nicht mitbekommen hatten: Dass Yubel hier war, dass sie Juudai beschützen will, und dass sie es mit einem neuen alten Feind zu tun hatten, nämlich dem Licht der Zerstörung, und dass es dieses Licht war, dass ihr diese körperlichen Wunden zugefügt hatte. Doch etwas störte sie daran, dass Yubel hier war, denn Sho hatte noch mehr erzählt, und sie hatte noch mehr gehört an dem einen Abend, an dem sie alle zugehört hatten, als Juudai geschildert hatte, was genau in der Welt der Isekai eigentlich geschehen ist. Dass Yubel offensichtlich in Juudai verliebt war, und keine Hehl daraus machte, dass sie es war. Genauso wie auch Rei keinen Hehl machte, und sie beschlich ebenfalls das Gefühl, dass auch Johan etwas von Juudai zu wollen schien. Angesichts all dieser Konkurrenz, wieso sollte sie nicht auch ihre Gefühle endlich preisgeben? Es würde nichts schaden, sondern ihr höchstens im besten Fall gute Chancen bei Juudai geben.
 

Während sie so nachdachte, blickte Juudai sie immer noch verwirrt an. „Asuka, was wolltest du mir sagen?“ Das Mädchen hustete kurz, bevor sie sich endlich entschloss etwas zu sagen. „Nun, Juudai...ich... ich muss dir etwas sagen, was ich schon seit längerem hätte tun sollen. Etwas was mir nicht leicht fällt angesichts... der drohenden Gefahren, aber vielleicht gerade deshalb...sollte ich es dir sagen....“ Sie wurde knallrot, als sie sich dem alles entscheidenden Moment näherte, und schließlich kamen die sorgfältig zurecht gelegten Worte über ihre Lippen.
 

„Juudai, ich... ich liebe dich. Ich habe mich in dich verliebt, als ich dich das erste Mal sah. Ich fand dich schon von Beginn an interessant...“
 

Diese Worte hatten nicht die ersehnte Wirkung. Keine Umarmung, keinen Kuss. Doch konnte sie sehen, wie sich Juudais Augen verengten, und er knallrot wurde, und nicht wusste, was er sagen sollte, denn er kratzte sich verschämt am Hinterkopf, eine seinerseits sehr typische Reaktion. Er versuchte sich normal zu geben, aber innerlich stürzte er in ein erneutes Gefühlschaos, dass er nur mühsam zurück halten konnte. Also liebte ihn auch Asuka... aber liebte er sie? Nein, anders als bei Johan, oder Yubel waren da keine weiteren Gedanken, die bei ihm das auslösten, was in ihm geschah, wenn er an die beiden dachte. Für ihn war Asuka nur eine gute Freundin, mehr nicht und das konnte er ganz genau sagen. Selbiges galt auch für Rei. Oder Siraj. Alles Mädchen, und nur gute Freunde, mehr nicht. Hieß dass allerdings auch nicht im Umkehrschluss, dass er anders war, wenn er sich zu einem Jungen und einem Hermaphroditen mehr hingezogen fühlte, als zu einem Mädchen?
 

Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte, ob er ihr sagen sollte, dass er nichts als Freundschaft für sie empfand, denn er wollte auch nicht ihre Gefühle verletzen. Doch als er ihr in ihre Augen sah, und sie einen sanft traurigen Ausdruck annahmen, wusste er, dass sie es auch bereits wusste, ohne dass er etwas zu sagen brauchte. Und sie sprach es auch offen aus: „Also bin ich für dich nichts weiter als eine Freundin?“ „Asuka, ich... ja, ich gebe es zu... ich fühle nichts weiter für dich als Freundschaft... ich... ich...“ „Nein, Juudai, du musst nichts sagen. Ich verstehe dich auch so.“ Trotzdem musste sie schwer schlucken, und als sie ihre Worte sagte, dann fühlte sie, wie ihr ganzer Körper taub geworden war. Es war ein harter Schlag für sie, aber was hatte sie anderes erwartet? Dass er ihr seine Liebe gestehen würde? Ausgerechnet Juudai, der sonst keine Ahnung von Gefühlsdingen hatte? Als sie das dachte, musste sie lächeln, denn er schien in der Sache anscheinend etwas erwachsener geworden zu sein, wenn ihr so eine Antwort geben konnte.
 

Juudai blickte sie nur traurig an, als er dann leise sagte: „Es tut mir leid, Asuka... unendlich leid...“ „Nein, nein, das braucht es nicht. Ich habe es dir doch gesagt. Es.. fällt mir schon schwer, dass jetzt von dir gehört zu haben, aber ich komme schon klar damit.“ Damit sah Asuka durch das dunkle Fenster, in Gedanken versunken. „Aber, es liegt bestimmt daran, dass du schon in jemanden verliebt bist, oder?“ Juudai wurde knallrot, als sie das erwähnte, und Asuka blickte ihn wieder lächelnd an. „Magst du mir sagen, wer die oder der Glückliche ist?“ „Warte mal, woher willst du wissen, dass es auch ein Junge sein kann??“, schrie Juudai auf, „ich habe nichts davon erwähnt!!“ „ah“, machte Asuka nur, „ich habe da einen Gedanken gehabt... ich habe doch gesehen, wie gut du dich mit Johan verstehst, und da dachte ich, dass es manchmal den Anschein hatte, dass schon lange mehr zwischen euch laufen könnte.“ „W..wirklich?“, fragte der Braunhaarige verschämt und das Mädchen bestätigte es ihm nur mit einem Nicken. „Also seid ihr nicht zusammen, du und Johan?“ „Nein, sind wir nicht. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich für ihn fühle, denn... denn...ich glaube fast, dass...“ „Du auch in jemand anderes verliebt sein könntest?“, beendete Asuka den Satz für ihn, und er nickte – widerstrebig zwar, aber er nickte. „Wer ist die zweite Person denn?“ „Asuka, ich möchte das lieber für mich behalten wenn du nichts dagegen hast.“ „Oh ja... natürlich...“, sagte das Mädchen nur, und wandte sich verschämt von ihm ab. „Zumindest hast du mir gesagt, wie du wirklich fühlst, und das schätze ich sehr an dir. Auch wenn es hart für mich ist, du bist wenigstens ehrlich zu mir gewesen, als du mir deine wahren Gefühle preisgegeben hast. Nicht viele Jungs würden so sein. Das mag auch ein Grund sein, wieso du so einzigartig bist, und wieso ich mich in dich verliebt habe...“ Eine unangenehm lange Pause zwischen den beiden entstand, in der Juudai nicht wusste, was er sagen sollte oder nicht. Es tat ihm leid, dass sie ausgerechnet jetzt über dieses Thema sprachen, wo sie sich doch noch auskurieren sollte, gerade jetzt, wenn sie wieder gesund werden sollte.

Es war Asuka, die letzten Endes diese Stille unterbrach. „Nun denn... das war es eigentlich schon , worüber ich mit dir sprechen wollte. Du kannst jetzt gehen wenn du magst.“ „Asuka... bevor ich gehe, wollte ich dir sagen, dass... es tut mir leid, dass ich dich so vor den Kopf stoße gerade wenn du dich erholen solltest.“ „Mach dir keinen Kopf, Juudai. Ich war es, die damit angefangen hat.“ „Trotzdem ist es nicht fair von mir... dass ich dir so dein Herz gebrochen habe, nur weil ich ehrlich zu dir war, so wie du es gesagt hast.“ Juudai stand auf, und wandte sich trotzdem langsam zum Gehen, doch insgeheim ein wenig erleichtert darüber, dass er jetzt gehen konnte. Er wollte an die frische Luft, und atmen. Er wollte alleine sein, er hoffte er konnte es. Er wollte niemanden sehen, niemandem begegnen. Er wollte die frische kalte Luft der Nacht einatmen, damit sie seine Gedanken betäuben konnten.

Er wandte sich noch ein letztes Mal an Asuka. „Egal, was du mir gesagt hast, du bist auf jeden Fall immer noch meine Freundin. Du wirst es immer sein, du wirst immer jemand sein, für den ich, wenn es nötig ist, mit meinem Leben einstehen werde. Auch wenn ich dich nicht so lieben kann wie ich in die zwei Personen verliebt bin, die mir gerade die ganze Zeit durch den Kopf gehen... so bist du für mich wichtig genug, dass ich mein Leben dafür geben würde, dass es dir gut geht. Vergiss das nicht, okay?“ Asuka sah ihn verwundert an, aber lächelte als sie sah, dass er sie nun anlächelte. „Gotcha! Ich wünsche dir eine gute Nacht, Asuka! Erhol dich!“ Und damit lief er hinaus in die Dunkelheit der Nacht.
 

Das dunkelblonde Mädchen sah ihm hinterher, wohl wissend, dass er es ernst damit meinte. Denn schließlich hatte er sie beschützt, als sie seinen Schutz gebraucht hatte.

Doch trotzdem schmerzte etwas in ihr, und sie wusste erst nicht, was genau es war, bis sie es schließlich doch wusste. Eine einzelne Träne rann ihr die Wange hinunter, als sie einen Finger nahm, um ihn sich abzuwischen.

Sie wusste, sie würde eine Zeit lang brauchen, um das zu verarbeiten, und dass es weh tun würde, aber sie wusste auch, dass sie Juudai nicht komplett verloren hatte, dass sie stark genug war, auch ohne ihn weiter zu machen. Und es war eigentlich nur das Wichtigste, dass er glücklich wurde, egal mit wem. Es war nur so unendlich bitter, dass es nicht sie war, die ihm dieses Glück geben konnte.
 

Juudai atmete schwer, als er draußen angekommen war, und kurz innehielt um die frische Luft gierig einzuatmen. Doch es half ihm nicht, die Gedanken zu betäuben, die nun in ihm auftauchten. Also hatte er Asuka gerade eben gestanden, dass er sie nicht liebte. Und wenn Asuka ihn schon fragte, würde es auch nicht lange dauern, bis ihn auch Rei fragen würde. Doch wenn er nun von Johan gefragt werden würde, oder von Yubel, was würde er vor allem ihnen antworten?

Er wusste, dass auch für Rei keine derartigen tiefen Gefühle da waren, aber bei Yubel und Johan sah es da anders aus, denn... es waren ausgerechnet die beiden, für die er etwas mehr fühlte, aber ob das Liebe war, das konnte er nicht sagen. Vor allem Yubel war er schon so nahe gekommen wie nicht zuvor. Er küsste sie immerhin ab und zu, aber vielleicht lag das auch schlichtweg daran, dass sie einfach nicht die Finger von ihm lassen konnte. Und wenn er sich letzten Endes für jemanden entscheiden sollte... wer würde das sein? Yubel, oder Johan? Wen würde er noch vor den Kopf stoßen müssen außer Asuka und Rei? Wem würde er noch das Herz brechen müssen?

**Zweiteilen müsste man sich schon können**, schoss es Juudai durch den Kopf und er musste dabei etwas grinsen. Ja, das Leben wäre wirklich einfacher, würde man das können. Vor allem das Liebesleben.

Das Wangenzeichen

Kapitel 17: Das Wangenzeichen
 

„Meister, sind sie sich sicher, dass er Plan so funktionieren wird?“ „Ja, ganz sicher. Wir haben keine andere Wahl, wir müssen den Auserwählten des Lichtes so schnell wie möglich finden.“ „Doch wie gedenken Sie das zu tun, Meister?“ „Nur gemach, wir haben keinen Grund, uns zu beeilen, im Gegenteil... je mehr Zeit wir dafür brauchen, desto besser ist es auch. Es ist klar, dass wir nicht ewig warten können: allerdings kann ich sagen, dass ich schon einen Verdacht habe, wer der Auserwählte sein könnte.“ „Wirklich?“ Die Person im weißen Umhang sah überrascht auf seinen Meister, der vor ihm stand, und durch das leere Fenster blickte, offensichtlich in Gedanken versunken, die etwas mit dem Plan zu tun hatten. „Ja“, bestätigte ihm sein Meister nur. „Es gibt bekanntermaßen gewisse Anzeichen, die nur der Auserwählte des Lichtes haben kann. Der Auserwählte muss etwas mit seiner elementaren Kraft, des Lichtes, zu tun haben, auf eine Weise mit ihm verbunden sein, einen Hang dazu haben. Es wäre eine enorme Erleichterung, wenn wir herausfinden würden, welche Personen dafür in frage kämen.“ „Verstehe. Lassen Sie mir diese Aufgabe zukommen, Meister.“ „Gerne. Stelle nur sicher, dass du mich regelmäßig über den aktuellen Stand der Dinge informierst.“

Ein Flattern des Umhangs sagte ihm, dass sein Diener sich umgedreht hat, um aus dem Zimmer zu gehen und seinen Pflichten nachzukommen.

Ein leises Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Nicht mehr lange, und sie werden die Macht des Lichtes frei setzen können. Wenn erst der Auserwählte gefunden ist, dann wird die wahre Macht endlich freigesetzt werden können, und die Wiedergeburt stünde bevor.

Und sie mussten sich nicht damit beeilen, den Auserwählten zu finden. Ihr oberster Herr, das Licht selbst, hatte bereits den Behälter seiner größten Macht gefunden, das letzte Puzzlestück, dass am Ende die ganze Welt reinigen würde, wenn es nur im rechten Moment in das große Ganze eingesetzt werden würde. Ein leidendes Herz, am Ende des Weges, am Abgrund geopfert, würde die Wiedergeburt einleiten.
 

Juudai erwachte erst gegen 12 Uhr morgens, nach einem langen und gesunden Schlaf. Es war Samstag, und Beginn des Wochenendes, und irgendetwas sagte ihm, dass er von nun an das Wochenende weitaus mehr schätzen würde als jemals zuvor, denn es schien, seit Yubel hier war, die einzige Zeit in der Woche zu sein, bei der er solange schlafen konnte, wie er nur wollte. Als er sich langsam aus dem Bett hievte, konnte er Yubel sehen, wie sie an seinem Schreibtisch saß, und eine Tasse in der rechten Hand hielt. „Guten Morgen, Juudai. Wie ich sehe, hast du gut geschlafen, nicht wahr?“ „Ja, das ist wahr.. ich hatte das einfach gebraucht, nach der Woche. Aber sag mal, was trinkst du da?“ „Ach das hier?“, fragte Yubel zurück, „das ist nur Kaffee, oder so, wie auch immer ihr Menschen das nennt. Das Zeug schmeckt recht gut.“ Juudai wusste nicht, was er sagen sollte, aber er musste nicht lange nachdenken, als auf einmal sein Magen laut hörbar knurrte, was Yubel ein ironisches Lächeln entlockte. „Ich glaube fast, du musst etwas essen.“ „In der Tat. Weißt du wo Sho ist? Dann könnten wir zusammen in die Kantine gehen.“ „Keine Ahnung, wo er ist. Er hat gemeint, er müsse kurz weg“, meinte Yubel nur, als sie aufstand, um näher zu Juudai heran zu treten. „Was aber nicht unbedingt schlecht ist, denn dann können wir ein wenig Zeit alleine und miteinander verbringen, meinst du nicht, Juudai?“ „eh... naja, wie man es nimmt...“ Er kratzte sich verschämt am Hinterkopf, als es dann auf einmal an der Tür klopfte. Juudai, erleichtert, dass etwas diese peinliche Stille und die Zweisamkeit mit Yubel störte, ging hin und öffnete sie, nur um dann Johan zusammen mit Siraj vor sich zu erblicken.
 

„Hi Juudai! Wir wollten mal vorbei schauen und sehen wie es dir geht.“ „Hm, trifft sich gut, kommt doch herein.“ Sofort ließ er Johan und Siraj vorbei, und blickte auf, als er sah, wie Johan inne hielt, als er Yubel erblickte. Sie erstarrte sofort, als sie erkannte, wer da gerade ihren gemeinsamen Lebensraum mit Juudai betrat, aber gab sich so ruhig wie möglich, und zog sich zurück, auch wenn es ihr schwer fiel. „Ich gehe dann mal raus. Wenn ihr fertig seid, sag Bescheid, okay Juudai?“ „Aber wohin gehst du denn?“ „Nur kurz weg, keine Sorge. Ich bleibe in deiner Nähe.“ Damit verschwand sie schon durch die Tür nach draußen, und Siraj, unschlüssig, ob sie nun bleiben sollte, oder nicht, blieb noch ein Weilchen. Johan blickte nur auf und seufzte. „Nur weil ich hier bin, heißt es noch lange nicht, dass sie verschwinden muss, oder? Ich beiße nicht.“ „Das nicht“, sagte Juudai, „aber du kennst sie. Sie hat dich noch nie so wirklich gemocht, obwohl du mir vom Charakter her sehr ähnlich bist.“ „Hm, ich weiß..“ Beide verfielen in Schweigen, und Juudai wurde leicht rot, als ihm ein sehr guter Grund für Yubels Verhalten einfiel, denn sie war es, die es die ganze Zeit bereits aussprach, was er noch leugnete. Dass Juudai in Johan verliebt ist, und sie deswegen eifersüchtig ist. Johan war eine Gefahr für Yubel und ihren innigsten Wunsch, und das war der wichtigste Grund, wieso sie nicht miteinander auskamen – und es auch nicht werden, bis Juudai endlich jemanden erwählt hat.
 

Das blonde Mädchen stieß Johan leicht in die Seite. „Johan, vergiss nicht, wieso wir hier sind!“, sagte sie. „Ach ja, stimmt. Es gibt einen Grund, wieso wir vom blauen Haus heute hierher gekommen sind.“ „Was gibt es denn?“ „Nun“, sagte Siraj, „wir haben uns so einige Gedanken gemacht, was dein Problem angeht. Ich habe versucht, heute in die Archive zu kommen, was leider... nicht geklappt hat, denn offensichtlich braucht man wirklich die Erlaubnis eines Lehrers dazu. Aber das ist nicht der Punkt“, erzählte Siraj. „Was sie damit meint“, erzählte Johan weiter, „ist, dass es gut wäre, wenn wir vielleicht die neu gegründeten Klubs im Auge behalten.“ „Hm? Was würde das bringen?“ „Wir haben uns von Kenzan erzählen lassen, was im zweiten Schuljahr passiert ist. Dass diese Organisation auf einmal aufgetaucht ist. Und es kann sein, dass es nun wieder passiert, und es diesmal auf Klubaktivitäten basieren kann.“ „Aber...zugegeben, das ist eine gute Idee, so an sich, aber ob derselbe Trick zweimal funktionieren würde wage ich zu bezweifeln.“ „Trotzdem kann es nicht schaden, wenn wir mal die Klubs auskundschaften, und uns einigen von ihnen anschließen, jeder in einem anderen. Wenn dort nichts ungewöhnliches passiert, dann können wir danach überlegen, was der Feind anderes denn vorhaben könnte. Besonders dieser Koouzima kommt mir seltsam vor.“ „Hm, mir auch, ich verdächtige ihn zumindest. Aber auch nur, weil er neu ist, und das bisher nie gut war – ich erinnere nur an Saiou und Kobra.“ „Hm, von dem, was ich über diesen Saiou gehört habe, und wenn man da noch die Sache mit Kobra dazu rechnet, dann verstehe ich natürlich, wieso du so denkst“, meinte Johan nur. „Also, tragen wir uns dann in diese Klubs ein? Und wenn ja, in welche?“ „Keinen blassen Schimmer.“ „Also ich...“, meinte Siraj nachdenklich, „hatte eher gedacht, dass ich mich in den Kunstclub von Professor Koouzima einschreibe. Wenn einer von euch mitmachen will, dann ist er hiermit herzlich dazu eingeladen, sich mir anzuschließen.“ „Mal sehen, ich glaube dass besprechen wir am Montag, wenn wir uns dann eintragen wollen. Ich habe jedenfalls nichts gegen diese Idee“, sagte Juudai. „Du warst noch nicht beim Direktor, um ihn nach der Nummer von Edo zu fragen? Oder wegen Saiou?“ „Nein, noch nicht, aber ich hatte es vor.“
 

Doch gerade dann rumorte etwas im Magen von Juudai, und Johan konnte sich da ein Lächeln einfach nicht verkneifen. „Wie es aussieht, musst du vorher noch etwas anderes erledigen. Magst du nicht einfach mit mir in die Kantine gehen, essen holen?“ Juudai sah sich noch kurz im Zimmer um, und als er sah, dass es tatsächlich keine Spur von Sho gab, blickte er wieder auf Johan und nickte entschlossen. Er zog sich schnell noch seine rote Schuluniform an, bevor er Johan an die Hand nahm und mit ihm herausschritt. Siraj blickte die beiden überrascht an, als sie lebhaft über Duellekarten zu diskutieren anfingen und sie einfach so zurückließen. Mit einem Schulterzucken beschloss sie zumindest einmal zu gehen und die Tür zu schließen, wobei sie keine Ahnung hatte, was sie jetzt tun sollte. Als sie die Treppen herunterstieg, begegnete sie Yubel, die unten mit verschränkten Armen stand und zu schmollen schien. Das blonde Mädchen wunderte sich zunehmend, wieso sie Yubel eigentlich ständig in dieser Monsterform sah, und niemals als normales Mädchen. Warum zur Hölle trägt sie eigentlich ständig dieses Cosplay-Kostüm?
 

„Willst du nicht mit den beiden mitgehen?“, fragte sie Yubel schüchtern, die nur einen entnervten Blick für sie übrig hatte, als Siraj sich ihr seitlich näherte und neugierig stehen blieb, um ihr Kostüm zu bewundern. „Nein, ich habe keinen Hunger. Warum gehst du denn nicht mit ihnen mit, Kleine?“, meinte Yubel mit einem geringschätzigen Blick auf Siraj. „Habe auch keinen Hunger. Aber sag mal... was mir gerade auffällt... ich kenne dich eigentlich gar nicht so wirklich und naja... ich dachte mir, dass ich vielleicht... ein wenig neben dir stehen bleiben kann?“ „Ts, nur zu, Kleine. Ich beiße nicht.“ „Letzens, als ich dich beim Hörsaal auf dem Baum gesehen habe...erinnerst du dich daran?“ „Hm ja... du warst anscheinend ziemlich neugierig. Wobei ich gerne jetzt wissen will worauf du hinaus willst.“ „Naja, ich will wissen... wieso du eigentlich ständig in einem Cosplay Kostüm herumläufst.“ „...“ Yubel sagte nichts dazu, sondern blickte sie nur verwundert an. Glaubte sie immer noch den Schwachsinn, dass es nur ein Kostüm sei?

„Es ist kein Kostüm. Es ist mein wahres Aussehen.“ „Bwahahahaha!!!“ Siraj brach in Lachen aus, aus dem sie sich nur schwerlich wieder befreien konnte, „dein wahres Aussehen... ja klar, du sieht ganz normal wie Yubel auf der Monsterkarte aus, weil du wirklich Yubel bist, nicht wahr?“ „In der Tat, neben dir steht Yubel, leibhaftig und in voller Größe.“ „Hahahaha!!“

Das brachte Siraj entgültig dazu sich an die Wand zu lehnen, da sie ansonsten sich selbst auf den Boden geworfen und dort weitergelacht hätte. Sie hielt sich vor Lachen ihren freien Bauch, und Yubel blickte sie nur verärgert an, als ihr auf einmal etwas auffiel.
 

In ihrem Gesicht, auf ihrer linken Wange hatte das Mädchen einen zarten blauen Strich, fast wie ein Dreieck. Sie wusste nicht, was es zu bedeuten hatte, dass sie dieses Zeichen hatte, oder warum sie es hatte – denn es war dasselbe, dass sie selbst auf ihrer allerdings rechten Wange trug. Es hatte dieselbe Farbe, und dieselbe Form.
 

Siraj bemerkte den intensiven Blick von Yubel ,folgte ihm, um dann zu merken, dass sie wohl ihr Zeichen auf dem Gesicht bemerkt hatte. „Was ist denn?“, fragte sie trotzdem nochmal nach, und Yubel meinte daraufhin nur: „Nichts. Ich frage mich gerade nur, woher du dieses Zeichen an deiner Wange hast.“ „Oh, ach das... nun, ich kann es dir nicht sagen.“ „Ist es so ein großes Geheimnis?“ „Nein, ich weiß nur nicht mehr woher ich es habe. Ich habe es schon gehabt seit ich denken kann. Es ist keine Gesichtsbemalung, keine Schminke und auch kein Tattoo. Es ist... ja, es ist fast wie ein Muttermal.“ Nachdenklich strich sich das Mädchen über ihr Zeichen, als sie merkte, dass Yubel unmerklich ihr eigenes Zeichen anfasste, und da wurde ihr klar, dass Yubel auch dasselbe zu haben schien.

„Du hast... es auch?“, fragte sie erstaunt, und Yubel nahm ihre Hand weg, um ihr die Sicht darauf nicht zu verdecken. Siraj streckte eine Hand danach aus, und legte sanft einen Finger auf dieses Zeichen. Sie strich drüber, um zu sehen, ob es sich unter ihrer Berührung irgendwie rauh anfühlen würde, aber Fehlanzeige. Wie ihr eigenes fühlte sich auch dieses hier nicht wie ein Fremdkörper an.
 

Yubel wich erstaunt zurück, als sie die Berührung von Siraj spürte. Ein unangenehmes Gefühl hatte von ihr Besitz ergriffen, und es bewirkte, dass ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Sie hielt sich auf einmal den Kopf, als ein Schmerz sie durchzuckte und sie zusammensackte, sich aber noch aufrecht halten konnte. Siraj, verdutzt was los war, hielt Yubel fest, um sie vor dem Kollaps zu bewahren. „Yubel, was ist?“

Doch Yubel sagte nichts, sondern atmete nur schwer. In ihrem Innersten sah sie etwas, Bilder vor ihrem inneren Auge, und fast machte es den Anschein, als ob es Siraj war, die das in ihr ausgelöst hatte.
 

Ein weißer Nebel, sie selbst neben Haou, der in seiner schwarzen Rüstung zum Kampf bereit stand.

Ein helles Leuchten, direkt vor ihnen, eine unheimliche Stimme, die nicht von dieser Welt schien, aber die sie schon oft gehört hatte und deshalb sehr gut kannte. In dem Leuchten, eine Gestalt, menschlich, mit langen Haaren, die ihr bis zu den Füßen reichten.
 

Und dann hörte es plötzlich auf und sie sah nur noch Siraj vor sich, mit einem besorgten Gesicht. „Mir... mir geht es gut, keine Sorge“, sagte sie, als sie sich aufrichtete. „Bist du sicher?“ „Ja, bin ich.“ „Vielleicht sollten wir trotzdem zum Campus-Arzt, er könnte dich mal durchchecken.“ „Nein, das ist nicht nötig.“ „Oder vielleicht würde es dir helfen, wenn du einfach dein Kostüm ausziehen würdest.“ „Ich habe doch bereits gesagt, es ist kein Kostüm!“

Doch bevor sie es ahnen konnte, spürte Yubel auf einmal einen Schmerz an ihren Kopf, als sie laut „Aua!“ schrie, bevor Siraj, die an ihren grauen Haaren gezogen hatte, sie erstaunt und mit großen Augen losließ. „Meine Fresse...“, sagte sie nur, „es hat dir wirklich weh getan?“ „Ja verdammt!“, knurrte Yubel, nun in einer tiefen männlichen Stimme, die Siraj dazu brachte, zurückzuweichen.

„Was zur Hölle bist du?“, brachte sie nur hervor, während Yubel nur genervt ihren Kopf an der schmerzenden Stelle rieb.

„Ich habe es dir schon einmal gesagt...“ meinte Yubel nur in ihrer männlichen Stimme. Plötzlich wirkte sie keineswegs wie ein Mädchen oder irgendwie feminin, ganz im Gegenteil, selbst ihr Gesichtsausdruck wurde männlicher. Siraj sah sie nur mit großen verschreckten Augen an und wusste nicht mehr, was sie von Yubel denken sollte. Kein Kostüm? Ist sie etwa kein Mädchen? Oder einfach nur eine gute Stimmenimitatorin? Und wieso hatte sie dasselbe Zeichen auf ihrer Wange? Wieso wollte sie einfach nicht dieses Kostüm ausziehen? Aber was wenn es denn keines war? Wenn Yubel es deshalb wehgetan hatte, als sie an ihren Haaren zog?

„Das kann nicht sein!“, kreischte Siraj, „du kannst unmöglich ein Monster aus dem Kartenspiel sein, das geht nicht!“ „Hör zu, Kleine, es gibt da eine Welt...“, fing Yubel an, doch Siraj unterbrach sie nur forsch: „NEIN, GIBT ES NICHT!!!“ „Hmpf, ich sehe, du willst einfach nicht daran glauben, du würdest es nicht einmal, wenn jemand aus dieser anderen Welt direkt vor dir stehen würde, was ich ja tue, oder? Du bist ziemlich stur und naiv.“ „Nein, ich glaube einfach nur nicht so einfach an... an... an solche Dinge!“, brachte das blonde Mädchen hervor, „ich weiß nicht, wieso du das machst und wie du das hinbekommst, aber das hättest du dir für Halloween aufsparen können, Yubel!!“ Die Dämonin verzog nur ihre Lippen zu einem hämischen Lächeln. „Soso... und obwohl du nicht glaubst, dass ich ein Monster bin... nennst du mich immer noch Yubel, wie die besagte Karte auch heißt, nicht wahr?“ „Gut, dann werde ich dich einfach Yuuka nennen, mir ist es egal wie du wirklich heißt!“ Das blonde Mädchen fing sich recht schnell wieder, stand auf und wandte sich zum Gehen. Yubel konnte ihr wütendes Gesicht sehen, und sie fragte sich, wieso sich das Mädchen eigentlich so schnell aufregte und vor allem worüber. Erst reden sie so nett, und dann will sie nicht einmal wahr haben, was Yubel wirklich ist.
 

„Bleib doch noch, wo willst du denn wieder hin?“ „Das geht dich nichts an!“, schrie Siraj zurück, „ich mag es nicht, wenn man mich so verarscht, das ist alles!“

„Ich würde dich aber ebenfalls bitten, zu warten“, sagte plötzlich eine fremde Stimme. Siraj, die gerade mal ein paar Schritte getan hatte, blickte auf, gemeinsam mit Yubel. Beide sahen vor sich einen Jungen mit braunen kurzen Haaren stehen, der einen langen weißen Mantel trug und mit langsamen Schritten auf sie zuging. Seine Augen wirkten leer und waren hellblau, und an seinem Arm befestigt konnten sie eine komplett weiße Duelldisk sehen. Wie er auf einmal so völlig aus dem Nichts auftauchen konnte – das war es, was Yubel am meisten stutzig werden ließ. „Meinst du mich?“, fragte Siraj ihn nur, und er nickte, bevor er fortfuhr: „Ich möchte dich ebenfalls um noch einen Gefallen bitten. Ich möchte, dass wir uns duellieren. Nimmst du meine Herausforderung an?“ „Hmpf, wenn es denn sein muss. Ich habe zwar gerade keine Zeit, aber ich nehme trotzdem an.“ „Ich danke dir“, kam es von dem Jungen nur, und er aktivierte seine Duelldisk. Gerade als er das tat und Siraj ebenfalls ihre aktivieren wollte, merkte sie, dass sie keine hatte. „Scheiße!!“, schrie sie nur, „ich habe meine Duelldisk in der blauen Unterkunft vergessen.....“ „Das macht nichts, ich leihe dir einfach meine...“, sagte Yubel, ehe sie zu ihr schritt und ihren linken Arm hob. „Aber du hast da gar keine Duelldisk dran... Yubel...“ Doch kaum sprach Siraj diese Worte zu Ende, sah sie, wie aus Yubels Arm heraus eine Duelldisk hervorschoss, die so aussah, als würde sie aus Yubels eigenen Knochen und Muskeln bestehen. Siraj wich erschrocken zurück und blickte Yubel angewidert an. „Sowas verwende ich nicht“, brachte sie nur hervor und blickte zu dem Jungen. „Macht es dir etwas aus, wenn ich kurz in meine Unterkunft gehe und meine Duelldisk hole?“ „Ich will, dass du hier bleibst. Außerdem hast du doch eine, oder? Dieser Duellgeist bietet dir seine doch an, nicht?“ „Duellgeist? Was ist ein...?“ Doch Siraj hielt inne, als sie merkte, wie Yubel eine Hand auf ihre Schulter legte. „Sei vorsichtig, irgendetwas stimmt mit diesem Jungen nicht.“ „Was meinst du?“ „Nichts.. ich hoffe nur, dass sich meine Vermutung nicht bewahrheitet. Es tut mir leid, dass ich dir keine bessere Disk anbieten kann, aber...“ „Schon gut... ich werde deine trotzdem benutzen.“ Yubel nickte und stellte sich so neben Siraj, dass sie freien Zugriff auf ihren linken Arm hatte und Karten drauf legen konnte. Siraj griff dann in die kleine Tasche, die sie bei ihrem Rock trug und holte ein Deck hervor, mischte die Karten und legte das Deck in Yubels Disk. „Gut, ich bin soweit. Lass uns beginnen!“, tönte sie.

Das Lichtduell

Kapitel 18: Das Lichtduell
 

Yubel umgab ein komisches Gefühl, als sie den Jungen vor sich musterte, während Siraj ihre Karten mischte und diese schließlich in die vorgesehene Halterung an ihrem eigenem Arm legte. Sie zog fünf Karten heraus, fragte den Jungen, wer beginnen sollte, und dieser gab zurück, dass ruhig sie anfangen sollte, womit sie sich eine sechste Karte zog. „Ladies first, ich beginne mit meinem ersten Zug! DRAW!“
 

Ihr gemeinsamer Gegner war seltsam, und schien noch seltsamer, je mehr sie sich ihn betrachtete. Nicht nur der Ausdruck in seinen leeren hellblauen Augen war äußerst verdächtig und ließ auf Fremdeinwirkungen schließen, sondern auch sein Outfit. Warum trug der Kerl nur einen langen weißen Umhang?

Und warum wusste er von den Duellgeistern? Es gab nur wenige, die Duellgeister erkennen können, und noch weniger, die es auch zugaben und Yubel wusste nicht, was sie davon halten sollte, dass dieser Fremde sie anscheinend ebenfalls kannte. Es war nicht ungewöhnlich, dass er sie sehen konnte, schließlich war sie selbst eine Ausnahme unter den sonst durchsichtig unsichtbaren Gesellen, zumal sie aus Fleisch und Blut bestand, zum Anfassen war, anders als ihre unsichtbaren Artgenossen. Doch woher wollte er wissen, dass sie ein Duellgeist war – hatte er denn nicht einfach der Vermutung nachgegeben wonach sie vielleicht einfach nur eine Cosplayerin in einem verrückten Kostüm ist?
 

Doch es wäre besser, wenn sie sich auf das Duell konzentrieren würde. Mal sehen, was Siraj eigentlich für ein Deck spielt.

Das blonde Mädchen warf einen prüfenden Blick auf ihre Hand, nickte kurz, entschied sich recht schnell, was zu spielen ist und legte ihre Karten dann auf die Flächen von Yubels Duelldisk.

„Ich beschwöre Jain, lichtverpflichteter Paladin (ATK 1800/Def 1200) im Angriffsmodus! Ich setze eine Karte verdeckt, turn end!“

„Gut, dann ist es nun mein Zug, oder?“, fragte der Junge. „Nicht ganz“, erwiderte Siraj, „denn nun aktiviert sich der Effekt von Jain. Dieser besagt, dass ich während jeder meiner End Phases die zwei obersten Karten aus meinem Deck auf den Friedhof lege.“

Yubel blickte überrascht auf und fragte sich mit einem Mal, wo der Sinn darin lag, dass Siraj sich mit solchen Effekten ihr eigenes Deck zerstören würde, und zwar besonders in dem Fall, wenn all ihre anderen Monster ebenfalls so einen deckreduzierenden Effekt haben würden. Doch es konnte auch gut sein, dass Jain das einzige Monster in ihrem Deck mit einem solchen Effekt war.

Siraj zog die zwei obersten Karten ihres Decks und legte sie sofort auf den Friedhof. Sie lächelte dabei, erst zu dem Jungen, dann zu Yubel, deren verwirrt unsicherer Blick sie äußerst amüsierte. „Was ist, Yubel?“,fragte sie lachend, „keine Sorge, ich weiß was ich tue.“

Dann wandte sie sich an den Jungen: „Gut, nun ist mein Zug aber wirklich vorbei.“

Er nickte, und begann nun mit seinem Zug.

„Ich ziehe, Draw!“ Er blickte mit einem kurzen Blick auf seine Karten und dann mit einem seltsam prüfenden Blick auf Siraj, und dann auf das Monster auf ihrem Feld. Yubel wunderte sich, was der leere Blick des Jungen eigentlich zu bedeuten hatte, und für einen kurzen Augenblick schien es fast, als würde er bei dem Anblick des Monsters schadenfroh lächeln. Hatte es etwas damit etwas zu tun, dass es ein Lichtverpflichtetes Monster war?
 

„Gut, ich lege ein Monster verdeckt, und zwei Karten verdeckt, Turn End.“

Das brachte Siraj dazu, laut aufzulachen. „Mehr kannst du wohl nicht machen, oder? Habe ich dich etwa jetzt schon in die Enge gedrängt?“, fragte Siraj nach. „Aber egal, da jetzt mein wieder mein Zug ist, ziehe ich! DRAW!“

Yubel warf eine prüfenden Blick auf die Karten in Sirajs Hand, und sah, dass sie ein Monster namens Wulf gezogen hatte. Sie biss sich nachdenklich auf die Lippen, als sie leise in Gedanken den Kartentext durchlas und merkte, dass Siraj diese Karte wohl in diesem Zug nicht spielen konnte, da ihr Effekt besagte, dass Wulf nur aus dem Friedhof heraus gespielt, aber ansonsten in keiner anderen Art und Weise gelegt oder gesetzt werden konnte. Doch dann wurde ihr schlagartig damit klar, dass eine der Methoden von Sirajs Deck war, Monster wie Wulf aus dem Friedhof zu beschwören, wenn sie durch den deckzerstörenden Effekt dorthin gelegt worden sind. Was konnte ein solches Lichtverpflichtetes Deck noch alles tun?
 

Das blonde Mädchen zog eine Karte aus ihrer Hand, und aktivierte sie in Yubels Duelldisk. „Ich aktiviere die Riesentrunade!“, verkündete sie, „damit werden alle Karten auf dem Feld auf die Hand ihrer Besitzer zurückgegeben.“

„Ha!“, lachte der Junge, der an diesem freundlich scheinenden Duell ebenfalls seine Freude zu haben schien. „Damit hast du auch deine eigene verdeckte Karte zurück auf deine Hand getan.“ „Das macht nichts“, erwiderte das blonde Mädchen, „aber das musst du dir trotzdem noch mit ansehen! Ich beschwöre Lumina, Lichtverpflichtete Beschwörerin (ATK 1000/ DEF 1000) im Angriffsmodus!“

Ein weibliches Monster, bauchfrei, und in langen weißen Roben gekleidet und kurzen blonden Haaren, tauchte auf dem Spielfeld auf und führte eine elegante Bewegung mit ihren Armen aus ehe sie darin verharrte. „Nun aktiviere ich den Effekt von Lumina. Ich kann einmal pro Spielzug eine Karte abwerfen, um ein Monster der Stufe 4 oder niedriger aus meinem Friedhof spezial zu beschwören.“ Sie blickte kurz auf ihre Hand, und Yubel wurde es schlagartig klar, welche Karte sie auf jeden Fall abwerfen lassen würde, um sie spezial beschwören zu können. Siraj nahm gezielt ihren Wulf und legte ihn auf den Friedhof, nur um ihn sofort danach auf dem Spielfeld zu beschwören.

Ein großer weißer Wolf, der aufrecht auf zwei Beinen stehen konnte und eine lange Waffe in der Hand hielt, tauchte auf und wetzte seine langen Krallen.

Yubel machte sich irgendwie auf einmal keinerlei Sorgen mehr. Sie sah, dass Siraj das Duell genoss, so wie auch ihr Gegner, und ihr Gefühl, dass etwas mehr hinter diesem Duell stecken könnte, als normal, hatte sie schnell verlassen. Vergessen war das Gefühl der Warnung aus ihrem Bauch heraus, welches ihr sagte, dass dieser Junge etwas anderes vorhaben könnte, als das blonde Mädchen einfach nur zu einem freundlichen Duell zu fragen.
 

Gerade als Siraj sich in größeren Schwierigkeiten befand, kamen beide, Juudai und Johan wieder zurück. Juudai blieb abrupt stehen, als er schon von weitem sah, dass etwas in der Ferne, in der Nähe seines Zuhauses nicht stimmte, und als er so plötzlich stehen blieb, wäre Johan fast in ihn hereingeknallt. „Juudai, was ist? Warum bleibst du stehen?“ „Siehst du das da drüben? Sieht fast so aus, als würde dort etwas vor sich gehen.“ „Also, mir sieht das eher nach einem Duell aus“, lachte der Norweger doch Juudai stoppte ihn mit einer Handbewegung und dieser blickte überrascht auf. „Nein Johan. Etwas stimmt nicht, ich fühle es.“ Damit rannte Juudai dorthin, dichtgefolgt von Johan.
 

Yubel blickte auf, als sie bemerkte, dass Juudai und Johan nun auch zu dem Duell kamen. Juudai blieb stehen, als er sah, das Siraj anscheinend ihre Duelldisk, sprich, Yubels linken Arm benutzte, um an diesem Duell teilzunehmen. Er war überrascht von diesem Anblick eines gemeinsame Duells, hatte er doch nie gedacht, dass jemand sich so mit Yubel zusammen tun könnte außer vielleicht ihm selbst. Johan musste bei diesem Anblick selbst kurz kichern, woraufhin Yubel ihn kurz mit einem bösen Blick strafte, bevor sie sich wieder dem Duell widmete.
 

„Hm, also, ich denke ich greife nun mit Jain an!“, sagte Siraj, nachdem kurz ihr Blick auf Juudai und Johan gefallen ist, und sie sich wieder an ihren Gegener wandte.

„Ha!“, schrie ihr Gegner, „du wirst anscheinend nicht so einfach durch mein Monster hindurch kommen!“ Siraj merkte, dass er recht hatte, als die sah, dass sein Monster „Gear Golem (DEF 2200)“ war. „Mist!“, sagte sie, „da reicht nicht einmal Jains Effekt aus, um da durch zu kommen. Sie bekommt normalerweise innerhalb des Damage Steps zusätzlich 300 Angriffspunkte, und mit ihren derzeit 2100 hat sie einhundert zu wenig!“

„Das macht einen Schaden von hundert Lebenspunkten“, sagte der Junge ruhig und Siraj keuchte auf, als sie den kleinen Schaden einstecken musste.

„Das macht mir nichts!“, rief sie aus, „ich lege eine Karte verdeckt, und beende meinen Zug. Nun aktiviert sich der Effekt von Jain und ich muss zwei Karten von meinem Deck auf den Friedhof legen. Auch wird der Effekt von Lumina aktiviert, und ich muss noch drei weitere Karten auf den Friedhof legen!“
 

„Hm, das sieht tough aus“, meinte Johan, „aber scheint ein interessantes Duell zu sein. Ich finde die Strategie die dieses Deck verfolgt, irgendwie beeindruckend.“ „Also ich weiß nicht“, sagte Juudai skeptisch, „man könnte schnell decktod gehen, wenn man immer Karten in jedem Zugende ablegen muss.“

„Hey, Juudai, Johan, ich hoffe doch, ihr habt viel Spass dabei, unserem Duell zuzusehen!“, rief Siraj ihnen zu. „Ja, und wie!“, rief Johan zurück, „macht einfach weiter, okay?“ „Jaa!!“
 

„Gut, mein Zug! Ich opfere meinen Gear Golem und beschwöre ein Monster verdeckt, dann lege ich noch zwei verdeckte Karten ab, und beende damit meinen Zug!“ „Was, schon??“, riefen alle erstaunt aus.

„Siraj, der Kerl könnte etwas komisches vorhaben!“, flüsterte Yubel ihr zu, „sonst hätte er nicht seinen einzigen Blocker einfach so geopfert, wenn nichts hinter der nächsten Karte stecken würde.“
 

Der Junge lächelte nur, als das blonde Mädchen mit einem optimistischen Blick nun ihren Zug ankündigte. „Gut, dann bin ich wohl wieder dran! Ich ziehe eine Karte! Dann benutze ich Luminas Effekt, der es mir erlaubt, ein lichtverpflichtetes Monster aus meinem Friedhof spezial zu beschwören wenn ich eine Karte ablege. Ich lege Garoth ab, um Lyla, lichtverpflichtete Zauberin, in offener Angriffposition aus meinem Friedhof zu beschwören.“ Eine weiß gekleidete Zauberin mit langem Umhand erschien auf dem Spielfeld.

„Nun benutze ich wiederum den Effekt von ihr, um eine deiner verdeckten Karten zu vernichten. Ich drehe Lyla in die offene Verteidungsposition, um das machen zu können.“

„Gut, und welche Karte wirst du nun zerstören?“ „Ich wähle die rechte!“, sagte das Mädchen.

„Mist, mein „Metal Reflect Slime“! Tja, kann sich nicht mehr ändern lassen.“

„Hm, das läuft ganz gut! Nun beschwöre ich noch Celestia (ATK 2300/DEF 200)aus meiner Hand in offener Angriffsposition, indem ich Lumina dafür opfere!“

Ein weißes Engelsmonster erschien auf dem Spielfeld, und Siraj hatte nun ein breites Grinsen auf dem Gesicht.

„Damit ist das Spiel vorbei, sofern du nicht noch etwas auf dem Spielfeld hast, dass meine Monster aufhalten kann!“, lachte sie und der Junge ließ seinen Kopf kurz hängen.

„Nein, das habe ich nicht“, gab der Junge zu, als sich schon die Hologramma auflösten. Siraj nahm ihre Karten auf der Dueldisk von Yubel heraus, steckte sie wieder in ihre kleine Tasche und sprang zu dem Jungen. „Das war ein tolles Duell, danke schön!“, sagte sie, als sie ihm eine Hand hinhielt, die er annahm und schüttelte.
 

„Nein, nein, ich habe zu danken“, sagte er nur, und Yubel bemerkte einen komischen Blick in seinen leeren Augen. Etwas stimmte nicht mit ihm, und doch hatte er dieses Duell nicht gefährlicher gemacht, als es hätte sein können. Sie hatte schon beinahe erwartet, dass irgendeine gefährliche Macht sich hier zeigen würde, aber es scheint fast so, als ob es sich hier einfach nur um ein einfaches Duell gehandelt hatte.

Der Junge verbeugte sich, bevor er ging, und auch Juudai blickte ihm nachdenklich hinterher.

Das blonde Mädchen ging wieder zurück zu Yubel, um sich bei ihr zu bedanken. „Und danke, dass ich deine Dueldisk benutzen durfte.“ „Hm, gern geschehen, Siraj.“ „Gut, ich gehe dann mal, ich habe noch etwas vor.“ „Ja, dann... eh.. sehen wir uns später“, meinte Yubel nur, irritiert von der so energiegeladenen Siraj. Sie winkte nochmal Juudai, Johan und Yubel zu, als sie verschwand und die drei einfach so zurückließ.

Vergessen schien der kleine Streit darum, ob Yubel denn echt war, oder nicht. Und es schienen, zumindest in ihrem Kopf keine Zweifel darüber aufzukommen, was denn der eigentliche Sinn dieses Duells gewesen war.

Denn das wusste am Ende nur dieser Junge.
 

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Author's note: sorry erstmal an alle Leser, dass es mit diesem Kapitel solange gedauert hat, denn ich habe endlich mal versucht, auch ein Duell zu beschreiben, was aber sehr hart ist, für jemanden, der nur ab und zu ein Duell spielt, und sich ansonsten wenig mit den Kartentechniken auskennt. ^^;

Ich werde in der nächsten Zeit versuchen, schneller zu schreiben, und hoffe, dass ihr immer noch die Geschichte mitverfolgt. :)

Danke für eure Treue und fürs Lesen.

Die Legende des Lichts

Juudai ging mit einem Lächeln auf Yubel zu, die einfach nur verdattert hinter Siraj her blickte, die sich nach dem Kampf einfach nur verdrückt hatte. Der Junge, der gegen das blonde Mädchen gekämpft hatte, ließ seinen Blick auf Juudai ruhen, dann auf Yubel und zuletzt auf Johan, der in der Nähe stand. Ein kurzes beinahe höhnisches Grinsen tauchte in seinem Gesicht auf, bevor er sie ebenfalls so schnell verließ, wie er gekommen war. Er wandte sich zum Gehen, als Juudai ihm hinterher rief: „Warte, ich will dich auch um ein Duell bitten!!“, aber der Junge schüttelte nur den Kopf. „Entschuldige, aber das geht nicht, auch ich habe noch etwas anderes vor.“ Der braunhaarige Junge verzog sein Gesicht, als er merkte, dass ihm damit ein offenbar guter Gegner entgangen war, und Johan klopfte ihm lachend auf die Schulter. „Oh Mann, ich weiß was du jetzt denken musst, Juudai. Du wolltest ihn unbedingt ebenfalls austesten, nicht wahr? Hast dich überhaupt nicht verändert!“ Yubel blickte nur kurz auf die beiden, einen Stich in ihrem Herzen verspürend, als sie sah, wie nahe sie sich bereits waren und ihr wurde klar, dass die Stimme in ihrem Herzen vielleicht doch recht hatte, dass Hikari vielleicht doch ihr einziger Freund wäre.

Sie kam sich irgendwie fehl am Platz vor. Nicht nur, dass Siraj jetzt einfach verschwunden war, wohin sollte sie schon so dringend hingegangen sein?? Sie seufzte kurz, zumal es ihr ja eigentlich egal sein konnte. Sie würden sie ja schon irgendwann wieder sehen.

Aber dennoch... das Gefühl, dass sie das Mädchen von irgendwo her kannte wollte einfach nicht aufhören. Und dann noch ihr Wangenzeichen, dass ihrem eigenen nicht ganz unähnlich war, von dem sie gesagt hatte, dass es etwas ist, dass sie schon seit sie denken konnte gehabt hatte...

was hatte das zu bedeuten? Ist es überhaupt von Bedeutung für ihre Mission, das herauszufinden?
 

Juudai unterbrach ihre Gedankengänge, als er Yubel kurz anstupste und sie fragte: „Macht es dir etwas aus, wenn ich irgendwo noch ein paar Duelle spielen gehe?“ Der Hermaphrodit, zu verwundert über diese Frage und offene Art des Jungen erwiderte nichts, sondern blickte nur Johan und Juudai kurz an. „Warum fragst du mich denn? Mach einfach. Aber vergiss dann später nicht auch Hausaufgaben zu machen, du hast für einige davon schließlich nur dieses Wochenende Zeit!“, ermahnte sie ihn. „Jaja, das weiß ich.“ Und unsicher blickte er von Johan zu Yubel hin und her, bevor ihm ein Gedanke kam.

Vielleicht wäre es endlich an der Zeit, dass die beiden sich ebenfalls annähern sollten? Vielleicht wäre es insbesondere im Angesicht des neuen Feindes besser, wenn sich die beiden etwas besser verstehen würden? Denn Juudai glaubte mit aller Macht an das Prinzip der Freundschaft. Die Verbindung zwischen den Menschen, das ist es, was ihm alles bedeutet, und worauf all sein Glauben gründete.

Darüber hinaus wollte er Yubel nur ungern alleine lassen; er hatte bemerkt, dass sie sich sehr abweisend verhielt, vor allem wenn sie andauernd ihre Zweifel aussprach und erwähnte und wenn sie andauernd irgendwohin verschwand, nur um nicht in seiner Nähe sein zu müssen.

Aus diesem Grund stellte er den beiden Personen eine entscheidene Frage:

„Wollen wir nicht alle drei den Tag zusammen verbringen?“

Die Frage kam so unerwartet, dass Yubel der Atem stockte und Johan verdutzt guckte.

Als Juudai das bemerkte, versuchte er sofort zu schlichten.

„A-also, nur wenn ihr auch wirklich Lust dazu habt.. ich will niemanden dazu zwingen“, lachte er nervös, während es sich die beiden durch den Kopf gehen ließen. Doch Johan ließ nicht lange mit einer Antwort warten.

„Also, von mir aus“, lachte er, „aber nur, wenn du es selbst für okay befindest, Yubel.“ Mit den letzten Worten wandte er sich an das Duellmonster, die jetzt wiederum davon verdutzt war, wie ehrlich es Johan zu meinen schien. Sie konnte zumindest nichts Bösartiges aus seinen Worten heraushören, keine hinterhältigen Gedanken. Johan Anderson fragte sie einfach ganz neutral, als ob es die natürlichstes Sache der Welt wäre, als ob es nichts gäbe, dass sie ihm zuvor angetan hätte.

War das eine Masche von ihm? Konnte sie ihm wirklich trauen?

Und wenn sie verneinen würde? Dann würde Juudai alleine sein und sie könnte ihn nicht beschützen. Außerdem, so sagte es eine Stimme tief in ihr, wäre es immer besser, wenn sie ebenfalls dabei sein würde wenn die beiden unterwegs wären – nicht nur, weil sie ihn beschützen muss natürlich, sondern auch aus offensichtlichen anderen Gründen.

Also nickte sie schließlich, traute sich aber nicht, ihm wirklich ihre Hand zu reichen, denn dafür misstraute sie dem Norweger noch zu sehr.

Juudai jedenfalls war glücklich darüber, dass sie zugestimmt hat, und nahm ohne Scheu von jedem der beiden eine Hand in seine, bevor er die beiden wegzog. „Super, dann lasst uns mal alle Spaß zusammen haben!“, lachte er ausgelassen.
 

Das blondhaarige Mädchen strich sich die Haare aus ihrem Gesicht, als sie aufblickte; sie saß auf dem Erdboden unter einem Baum in der Nähe der Unterkunft von Obelisk Blue, tief in Gedanken versunken.

Sie fragte sich so vieles in letzter Zeit, und völlig egal wie sehr sie auch darüber nachdachte, sie konnte ja doch keine Antworten darauf finden.

Schon seit dem Ereignis auf dem Schulball nicht mehr. Schon nicht mehr seitdem sie Yubel getroffen hatte.

Es widerstrebte ihr zutiefst, auch nur einen kurzen Moment daran zu glauben, dass all diese Geschichten, die ihr so sorgsam von Juudai und seinen Freunden anvertraut worden sind, wahr sein könnten. Und der einzige Ort, an dem sie deren Wahrheitsgehalt prüfen konnte, war völlig unzugänglich für sie.

Die Neugierde machte sie schon fast verrückt. Die Angst, die sich unter sie mischte, ebenfalls, die Furcht davor, was wäre, wenn das was sie wissen wollte, mehr Gefahren für sie bergen könnte als abschätzbar war? Immerhin, Asuka war schließlich im Krankenflügel gelandet, und wäre beinahe getötet worden; da wäre es besser sich genaustens zu überlegen, was für Risiken es wert sind, dass sie eingegangen werden können.

Sie dachte an das Duell zurück, dass sie vor nicht allzu langer Zeit gemeinsam mit Yubel gespielt hatte, die ihr dafür sogar extra ihre recht seltsame „DuelDisk“ geliehen hatte. An das Wangenzeichen, das auch Yubel trug, wenn auch auf der anderen Seite ihres Gesichts als sie.

Oh, wenn doch nur diese Maskerade aufhören würde...wenn sie doch nur wissen würde, ob es nichts weiter als ein großer Aprilscherz war...

denn, und das war das unheimliche daran: sie musste sich langsam eingestehen, dass es alles wirklich wahr sein könnte.

Doch nein, nicht ehe sie nicht die Wahrheit mit eigenen Augen gesehen hatte, wie auch immer dieser Beweis aussehen möge, doch würde es nach ihr gehen, dann wäre dieser Beweis am besten etwas aus diesem ominösen Archiv, welches Rei ihr gegenüber erwähnt hat.

Sie stützte eine Hand in den Boden und wollte gerade aufstehen, als auf einmal eine Person direkt vor ihr ihr eine Hand reichte. Sie musste blinzeln, zumal sie hier niemanden erwartet hätte, und als sie aufblickte, konnte sie in die Augen ihres Kunstlehrers Professor Koouzima sehen.

„P-professor?“, brachte sie erstaunt hervor, „was machen Sie denn hier??“ Koouzima lächelte sie nur sanft an, bevor er zurückfragte: „Ich genieße nur, wie so viele andere auch, das Wochenende, die einzige Zeit in der Woche, in der man sich seinen Freizeitaktivitäten widmen kann, das ist alles. Auch wenn ich noch so einige andere Dinge zu tun haben dürfte; so wie eure Tests, die sind immer noch nicht korrigiert worden und ich liege damit ziemlich weit zurück...“ Bei seinem letzten Satz hob er den Arm und kratzte sich leicht verschämt am Hinterkopf, Juudais Geste gar nicht mal so unähnlich. Siraj wusste nicht, was sie darauf erwidern konnte, weshalb danach kurz eine Stille zwischen den beiden Personen folgte.

„Und... was haben Sie sonst noch so vor?“, fragte das Mädchen recht unbedacht, denn sofort fiel ihr ein, dass es sie eigentlich überhaupt nichts anging. Die Person vor ihr war schließlich ein Lehrer, Person einer höheren Autorität als sie. Dennoch antwortete ihr Koouzima.

„Nun, ich war gerade am Überlegen, ob ich nicht in die Bibliothek gehe, neue Unterrichtsmaterialien suchen. Aber ich kenne mich noch nicht allzu gut hier aus, also...“ „Die Bibliothek liegt in Block C“, erklärte Siraj ihm, „Sie können es eigentlich nicht verfehlen, wenn sie von dieser Unterkunft aus geradeaus weiter gehen und dann links abbiegen.“ „Vielen Dank“, antwortete der Lehrer ihr, bevor er sich umwandte und einige Schritt wegging.

Doch er kam nicht weit, ehe er aufgehalten wurde.

„Warten Sie Professor!“ „Ja, was gibt es?“ „I-ich... wollte Sie noch etwas fragen..“ „Gerne doch, worum geht es denn?“

Siraj wurde nervös. Sie hatte es sich nicht genau durchdacht, aber immerhin schien sie zu ahnen, dass sich ihr so eine Gelegenheit nicht noch einmal bieten würde. Koouzima war ein Lehrer, der zudem noch an dem Abend des Vorfalls anwesend gewesen war. Man konnte also davon ausgehen, dass er wissen würde, worum es ihr bei ihren Fragen wirklich ging, und auch dass er in die Vorfälle der Schule vom Direktor selbst unterrichtet worden war. Mit anderen Worten: die Wahrscheinlichkeit, dass er wusste wo sich die von ihr so dringend gesuchten Archive befinden würden, war enorm groß, und wenn sie es jetzt richtig anstellte, dann würde sie nicht nur das herausbekommen, sondern auch dort hineinkommen.

„I-ich wollte Sie etwas zu dem Abend vor kurzem fragen... dem Ballabend...“ „Ah ja..“, setzte der Professor an, „und was ist es denn genau?“ „N-nun ja... also, an diesem Abend hatte ein seltsames Wesen angegriffen, welches ich sogar versucht hatte aufzuhalten und... nun ja, ich habe Gerüchte gehört, wonach es einen ähnlichen Vorfall gegeben haben sollte und dass sie in den Archiven dokumentiert sein sollen... und nun wollte ich wissen, ob ich..eh, ob es möglich wäre, wenn ich in diese Archive gehen könnte um mich dessen zu vergewissern.“

**Dummes Mädchen**, schimpfte sie sich selbst aus, als sie sofort am Blick Koouzimas merkte, dass sie offensichtlich die falsche Vorangehensweise gewählt hatte, denn er blickte sie nur erstaunt an, mit einem Blick der sagte, dass es wohl nicht möglich sein würde. Oder lag da womöglich noch mehr in seinem Blick, was sie gerade noch nicht deuten konnte?

Seine eisblauen Augen sahen sie erst verwirrt an, dann beschwichtigend, bevor sie einen beinahe schon neugierigen Schimmer in ihnen erkennen konnte. Er schien zu überlegen, wie er ihr am besten seine Ablehnung zeigen sollte, als er dann sagte: „Stimmt, du bist doch Siraj Nikoume, nicht wahr? Das blonde Mädchen, welches versucht hatte Asuka Tenjoin zu retten? Die Lightsworn-Spielerin?“ „Ja“, nickte das Mädchen, und konnte sehen, dass etwas sich an der Meinung des Lehrer über sie zu ändern schien.

Er drehte sich wieder um, ehe er ihr mit einer Hand bedeutete, dass sie ihm folgen solle, was sie sofort tat. Sie rannte an seine Seite, als sein weißer Umhang im Wind flatterte, ehe er fragte: „Würde es dir etwas ausmachen, wenn du mich in die Bibliothek begleiten würdest?“ Sie nickte abermals, als sie merkte, dass das wohl die Einladung dazu war, ihr dort die Wahrheit zu sagen, nach der sie so lange gesucht hatte und die ihr keiner begreiflich machen konnte.
 

Sie gingen über die Wiese, Hand in Hand mit Juudai, der sie an einen geeigneten Ort führen wollte, wo man ein oder zwei Duelle spielen konnte; laut seinen Angaben hatte er sich bereits als möglichen Ort die Trainingshalle ausgesucht, und sie befanden sich deswegen gerade auf den Weg dorthin, als Johan plötzlich Halt machte und, da er seine Hand in Juudais hielt, und Juudai auch Yubels, brachte er sie allesamt zum Stehen.

„Hey, könnt ihr das dort sehen?“, fragte er die zwei, und sie blickten neugierig in die von Johan gezeigte Richtung.

„Ja, und was ist daran ungewöhnlich?“, fragte Juudai zurück, der Yubels Hand losließ, um sie flach auf seine Stirn zu legen und damit sein Sichtfeld etwas mehr zu erweitern, was jedoch aus der Distanz nicht so recht klappen wollte. Doch es reichte aus, dass er ein blondes Mädchen erkennen konnte, welche in Begleitung einer anderen Person war, ehe die beiden aus dem Blickwinkel verschwunden waren. Yubel blieb sofort stehen, in Gedanken versunken. Was machte Siraj denn dort? Und dieser eine Kerl, war das nicht dieselbe Person gewesen, die am Ballabend mit ihnen im Büro des Direktors saß?

„Also, ich hab nix gesehen..“, meinte Juudai mit einem Schulterzucken, ehe Yubel meinte: „Das war Siraj, zusammen mit einem der Lehrer.“ „Hm, das habe ich mir schon fast gedacht“, flüsterte Johan nachdenklich, „ich frage mich nur, worum es dort geht?“ „Kann doch sein, dass er ihr Nachhilfe gibt, oder so...“ ,überlegte der Braunhaarige laut, doch Yubel schien etwas skeptischer zu sein. „Ich weiß nicht..“, murmelte sie nur, „das ist der Lehrer gewesen, der auch zusammen mit uns an dem Abend im Büro des Direktors war, der neue Lehrer.“ „Herr Koouzima?“, fragte Johan erstaunt, „das ist allerdings komisch... aber auch etwas verfrüht, um zu sagen, dass er in der ganzen Sache mit verwickelt ist. Und außerdem, Siraj hatte versprochen, sich darum zu kümmern in die Archive zu kommen. Wahrscheinlich ist Koouzima derjenige, der ihr das am ehesten möglich machen wird.“ „Ich verstehe sowieso nicht, wieso sie so wild darauf ist in diese Archive zu kommen“, sagte Juudai, „wir haben ihr unsere Geschichte bereits erzählt, warum glaubt sie sie nicht einfach?“ „Weil sie schwer zu überzeugen ist“, antwortete der Hermaphrodit, „sie will mir ebenfalls noch nicht glauben, dass ich real bin; stattdessen bleibt sie dabei zu sagen, dass ich ein verrücktes Mädchen im Cosplay-Kostüm bin. Und so ganz kann ich ihr diese Ausrede auch nicht verübeln – sie ist jemand, der an der realen Welt festhalten will, so wie sie sie kennt und auch für immer kennen will. Übernatürliches schreckt sie ab.“ „Ja, aber wen würde das nicht abschrecken?“, fragte der Norweger mit einem Schulterzucken, „aber kommt, wir wollten uns noch ein wenig duellieren! Es bringt nichts, wenn wir uns darüber wundern. Lasst uns nach alledem ein klein wenig Spaß haben, oder?“ Er zwinkerte Juudai an, während Yubel die Augen verdrehte und noch einmal kurz in die Richtung starrte in die sie Siraj hatte verschwinden sehen. Als sie sah, dass Juudai und Johan sich bereits einige Schritte von ihr entfernt hatten, lief sie ihnen hinterher, in der Hoffnung dass das Mädchen finden möge was auch immer sie für Antworten suchte. Denn sie würden sicher soviele Verbündete brauchen wie nur möglich, wenn sie den Kampf gegen Hikari bestehen wollten.
 

Das Mädchen fühlte sich ein wenig unwohl in der Nähe des Lehrers, als sie gemeinsam mit ihm an den Bücherregalen stand, während sein Blick durch diese schweifte. Schweigend beobachtete sie ihn bei seinem Tun, sich wundernd wonach er hier eigentlich suchte und warum er ausgerechnet in der normalen Bibliothek, die für sämtliche Schüler der Duellakademie zugänglich war, danach Ausschau hielt, wieso er das nicht woanders tat. Sicherlich gab es einen Bereich, der ausschließlich für die Lehrer vorgesehen war, denn auch sie brauchten Material um ihren Unterricht vorbereiten zu können.

„Professor?? Wonach suchen sie hier eigentlich?“ „Ah, nichts bestimmtes. Ich hatte nur gehofft, ein Buch zu finden, welches ich nicht einmal in unserer Bibliothek finden konnte, aber es sieht wohl nicht danach aus...“ Er seufzte, ehe Siraj nachbohrte: „Vielleicht würde es helfen, wenn Sie mir sagen würden, worum es in diesem Buch geht?“ „Nun... ja, vielleicht würde es das. In dem Buch, dass ich suche geht es um die Legende des Lichts.“ „Legende des Lichts?“ „Es ist eine Art... Märchen, wenn du es so nennen willst. Ein Märchen über den Ursprung von allem.“ Das Mädchen erwiderte nichts, also fuhr Koouzima fort: „Es heißt, am Anfang gab es das große weite Nichts. Nichts wart geboren, es gab keine Sterne, kein Universum. Dann passierte es. Aus diesem Nichts wurde das Etwas, und in diesem Etwas wurden zwei Mächte geboren, das Licht und die Dunkelheit. Diese beiden Mächte waren so gegensätzlich, dass sie fortan immer im Kampf umeinander waren, darum, welche Macht das Universum erfüllen sollte – die Macht des Lichtes, oder die Macht der Dunkelheit. Es heißt, es gab mehrere Universen zuvor, in denen mal das Licht und mal die Dunkelheit herrschte. Dann passierte es, dass dieses Universum in dem wir heute leben erschaffen wurde, und erneut kämpften Licht und Dunkelheit darum, wer von ihnen dieses Universum erfüllen darf. Die Dunkelheit gewann den Kampf, und erfüllte das Universum mit Leben, und das Licht wurde verdammt, der Gegenspieler der Dunkelheit zu sein. Fortan sehnte sich das Licht danach, die Macht übers Universum an sich zu reißen...was sie ja teilweise geschafft hat“, lachte der Lehrer und blickte in das erstaunte Gesicht der Schülerin, die daraufhin kurz hustete und dann sagte: „Na, Sie scheinen mir die Geschichte bereits sehr gut zu kennen.“ „Das schon, aber es gab gewisse Details, die mir entfallen sind, und die ich mir gerne wieder in Erinnerung rufen möchte. Denn diese Geschichte zieht sich noch länger hin als nur diesen Teil. Es geht darum auch um die Menschheit selbst und um den Einfluss, den das Licht auf die Menschen ausgeübt hat, sowie um die Auserwählten....“ „Auserwählte??“, fragte das blonde Mädchen, doch schüttelte dann den Kopf. Es ist nur ein Märchen, verdammt noch mal. Und wenn es sein muss, dass sie sich das anhören muss, dann soll es wohl so sein.

Dann blickte Koouzima sie bedeutungsvoll an, ehe er aufseufzte: „Ich will dir trotzdem danken, dass du hier warst. Um mich erkenntlich zu zeigen, werde ich dir einige Auszüge aus den Archiven besorgen. Ich kann dich leider nicht dorthin lassen, da selbst wir Lehrer einigen Beschränkungen unterliegen, aber ich bin in der Lage, Auszüge aus den Berichten von dort zu bekommen und dir zukommen lassen.“ Siraj wusste nicht, was sie daraufhin sagen sollte, vor allem, weil sie nicht damit gerechnet hatte, dass es so schnell gehen würde. „Und... wie wollen Sie das machen?“ „Hm, gute Frage...vielleicht muss ich nicht extra jemanden zu dir schicken, sondern... wir könnten es so machen, dass du vielleicht zu mir kommst, wenn ich den Kunstclub eröffne?“ „Wann wäre das denn?“ „Möglichst bald. Das erste Treffen ist auf Montag angesetzt, die Aushänge sagen das bereits voraus. Falls du also Interesse hast.... dann kannst du gerne vorbei kommen und wir erledigen das dann.“ „Gut. Vielen Dank, Professor.“ Das Mädchen nickte höflich und verbeugte sich vor ihm ehe sie wegging. Sie bemerkte damit auch nicht den neugierigen Blick, den der Lehrer ihr hinterher warf als sie ging und erst recht nicht das beinahe schon hämische Lächeln, dass sich auf seinem Gesicht für einige Sekunden zeigte.

Zumindest schien sie eine der vielversprechenderen Personen zu sein ...
 

Juudai und Johan saßen gemeinsam an einem der Tische im Gemeinschaftsraum in der blauen Unterkunft und bereiteten sich auf ihr gemeinsames Duell vor indem sie ihre Karten mischten. Yubel saß neben Juudai, und hatte damit seine Karten in der Hand sehr gut im Blick. Ihr gefiel die Sitzposition sehr, denn damit könnte sie einfach so ihre Arme um ihn legen und an sich drücken, ihm vielleicht sogar Tipps geben, was er zu spielen hat um zu gewinnen. Doch als ob er ahnen würde, was sie vorhat, lächelte er ihr zu und sagte: „Yubel, ich will aber keine Tipps haben, okay?“ „Gut, Juudai.“ „Okay, bist du bereit?“, fragte Johan ihm gegenüber, „wer von uns will den ersten Zug machen?“ „Du kannst beginnen, wenn du magst.“

Doch sie kamen nicht weit, als gerade dann Sho zu ihnen rannte. „Sho? Was ist denn los, warum rennst du so?“, fragte Johan, der verwirrt aufblickte. „Kanzler Samejima hat mich losgeschickt um nach euch zu suchen. Er will dringend mit euch sprechen. Ich glaube ihr wisst, worum es geht, oder?“ Juudai und Johan blickten sich gegenseitig in die Augen ehe sie beide fast gleichzeitig aufstanden. „Er ist in seinem Büro?“, fragte der Norweger nach, woraufhin Sho nickte. Johan lief los, doch Juudai blieb kurz stehen, als er den Ausdruck im Gesicht seines „kleinen Bruders“ bemerkte; es war nachdenklich verzerrt, als würde ihm etwas auf der Seele lasten. Doch wenn sie jetzt zum Kanzler gehen mussten, blieb ihnen bestimmt keine Zeit, jetzt darüber zu sprechen. Er legte eine Hand auf seine Schulter. Sho blickte hoch und sah ihn erstaunt an. „Wenn du darüber reden willst, dann machen wir es sobald ich wieder da bin. Ich hoffe du kommst später wieder zurück, oder?“ Sho blickte ihn erstaunt an, ehe er nickte; Juudai erwiderte diese Geste ehe er Johan hinaus folgte.

Der Blick des kleinen hellblauhaarigen Jungen fiel dann auf die große Gestalt des Duellgeistes vor ihm und auch sie legte eine Hand auf seine Schulter ehe sie sagte: „Ich weiß, dass du bald gehen musst. Aber mach dir keine Sorgen, dass wird uns nicht trennen. Und dein großer Bruder wird auch bald auftauchen, da bin ich mir sicher. Auch denke ich, dass uns nichts passieren wird. Wir werden Hikari schon aufhalten, du wirst sehen.“ „Aber woher...?“, atmete er aus, doch Yubel unterbrach ihn mit einem „Man kann es dir ansehen“ ehe sie ihre Flügel streckte und dann Juudai ebenfalls nach draußen folgte.

Draußen hatte Juudai Johan schon längst eingeholt. „Was glaubst du will er mit uns besprechen?“, fragte der Braunhaarige atemlos und Johan runzelte die Stirn. „Ich habe keine Ahnung, aber es kann nichts Gutes sein. Vielleicht aber geht es auch um etwas völlig anderes. Das werden wir dann hoffentlich sehen.“

Schließlich kamen sie zu dritte vor dem Büro des Kanzlers an und klopften, als sie schon eine tiefe männliche Stimme hörten: „Herein!“

Die Tür ging auf, und Johan ging voran herein, gefolgt von Juudai und seiner Beschützerin.

„Guten Abend, Kanzler!“, begrüßte der Norweger den Mann mit einer kurzen Verbeugung, die Juudai hastig nachmachte, während Yubel unbewegt stehen blieb. „Ihr könnt euch setzen“, sagte Samejima und wies auf die drei leeren Stühle vor seinem Bürotisch, „ich muss mit euch dringend über etwas sprechen.“ „Worum geht es denn?“ „Es geht .. nun ja, eigentlich um mindestens zweierlei Dinge. Juudai, du hast mich gebeten, Kontakt mit Saiou aufzunehmen, zumal er mehr über dieses Wesen zu wissen scheint, dass hier aufgetaucht war. Ich wollte dir zum einen Bescheid sagen, dass es mir gelungen ist, Saiou ausfindig zu machen und dass er bald an die Akademie kommt, wahrscheinlich zusammen mit Edo.“ „Oh. Wann werden sie hier ankommen?“ „Wenn alles klappt, dann wird das Schiff der beiden in ungefähr einer Woche am Hafen der Duellakademie andocken. Natürlich wäre es gut, wenn ihr die beiden dort treffen könntet, ihr müsst es aber nicht machen.“ „Oh doch, das werden wir. Ich freue mich darauf, Edo wieder zu sehen!“, sagte Juudai mit einem Lächeln mit Gesicht, „doch was war die zweite Sache, die Sie uns erzählen wollten?“

Schlagartig schlug die Stimmung im Raum um, schien eiskalt zu werden, und Juudai spürte es auch genauso kalt seinen Rücken herunterlaufen als der Schuldirektor ihn auf einmal mit ernsten Augen anblickte und sagte: „Es sind Schüler von dieser Insel verschwunden.“

Mysteriöse Vorfälle

Die Blätter unter ihren Füßen knackten laut, als sie sich zitternd durch das Unterholz bewegte und unsicher mit ausgestreckten Händen in die Dunkelheit tastete. Im Nachhinein hielt sie es für keine so gute Idee hierher zu kommen, in den Wald auf der Insel der Duellakademie, aber wie es so üblich hier war, wollten sie Gerüchte darüber einfach nicht aufhören.

Spannende Geschichten hatte sie schon viele gehört, aber noch niemals auch nur versucht diese nachzuprüfen. Und sie wäre auch wahrscheinlich nicht hier, wenn ihre Freundinnen sie nicht dazu überredet hätten.

Es sollte eigentlich nur eine Mutprobe sein. Ein nächtlicher Spaziergang durch den Wald, um sich zu gruseln, so wie es die meisten Teenager mindestens einmal gemacht haben um sich selbst das Fürchten zu lehren und in den Genuß von purem Adrenalin zu kommen.

Doch als sie so durch das Unterholz stolperte machte es einfach keinen Spaß mehr.

„Bright? Jewels? Wo seid ihr?“ „Andrea?? Wir sind hier vorne!!“ Bright, die einen Kurzhaarschnitt in grüner Farbe, eine Brille und eine Uniform aus Obelisk Blue trug, drehte sich nach Andrea um, die durch das Unterholz endlich zu ihnen stapfte.

„Mensch, Andrea, du bist echt langsam!“, beschwerte sie sich, als Andrea sich die Seite hielt. „das ist doch nicht meine schuld, wenn ihr so durch den Wald rast. Aber wenigstens sind wir aus der Dunkelheit raus...“ Ihr Blick fiel auf den Vollmond über ihren Köpfen, als sie erschöpft ausatmete, „ich weiß aber immer noch nicht, wo es denn genau hingeht. Hoffentlich nicht zur verbotenen Unterkunft, ihr wisst doch dass es..“ Doch sie wurde von einem anderen Mädchen aus Obelisk Blue unterbrochen. Diese trug keine Brille, und hatte etwas längere, fliederfarbene Haare. „Andrea, ich weiß doch, dass es verboten ist! Als ob ich riskieren würde, dass sie uns aus der Schule schmeißen!!!“ „Genau!“, stimmte Bright mit einem Nicken zu, „die derzeitige Strafe für das Betreten oder auch nur in die Nähe-Kommens der verbotenen Unterkunft bedeutet Schulverweis“, erklärte sie mit einer besserwisserischen Stimme. „Und was machen wir dann hier??“ „Nun“, schloss Bright mit erhobenen Zeigefinger, „es ist zwar verboten, in die verbotene Unterkunft zu gehen, aber es ist nicht untersagt, in den Wald zu gehen... zumindest steht daraufhin kein Schulverweis.“ „Und weiter?“, bohrte Andrea mit dieser Frage nach, „ich verstehe nicht, wieso wir das eigentlich hier machen.“ „Hast du denn nicht all diese Gerüchte gehört?“ „Was für Gerüchte?“, kam es daraufhin skeptisch zurück, doch schon wurde Andrea wieder unterbrochen: „Sieh es als eine Art Mutprobe an. Wir sind hier um uns mal zu gruseln, etwas Adrenalin zu bekommen und danach nach Hause zu gehen.“ „Aber... Jewels!! Seid ihr noch ganz bei Trost?? Ich habe jetzt schon genug“, schniefte das bronzehaarige Mädchen namens Andrea, „ich habe die Nase voll davon, die ganze Zeit durch das Unterholz zu stapfen und an allem möglichen Gestrüpp hängen zu bleiben!“ Sie wollte sich gerade umdrehen und den Rückweg antreten, noch voller Zweifel darüber, ob sie wirklich alleine den Weg zurückfinden kann, als auf einmal ein lautes Knacken all ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Shit, habt ihr das gehört?“, zuckte Bright ängstlich zusammen, und Andrea wimmerte nur: „Bitte, lasst uns schnell hier weg!“, doch Jewels schien da eher gegensätzlicher Meinung zu sein. „Ah was, das war bestimmt nur ein Eichhörnchen oder so etwas.“ „Ja klar, ein Eichhörnchen auf einer Insel im Meer??“ „Möglich ist alles. Wir wissen zumindest, dass dieser Wald nicht tierlos ist. Jedenfalls ist es nachts und dunkel, also werden sich wohl auch Tiere hier herumtreiben, ist doch klar! Noch lange kein Grund zur Besorgnis!“ Bright atmete aus, und nahm Andrea bei der Hand, um sie zu stützen und ihr etwas mehr Mut zu machen. „Ich finde, da hat Jewels recht. Und wenn es dir hilft, dann kann ich dich etwas stützen, Andrea. Wir sind gleich auf der Lichtung, blicken uns kurz um, und dann gehen wir wieder nach Hause, okay?“ „Okay.“

Eine Weile gingen sie noch durch das Unterholz, ehe sich ihre Nerven beruhigt hatten. Sogar die vorher rumnörgelnde Andrea kam endlich zur Ruhe, bis sie schließlich alle an der Lichtung stehen bleiben. Von hier aus hatten sie alle einen guten Blick auf das Meer, welches die Insel der Duellakademie umgab. Fast schon zu schön war der Anblick des glitzernden Wassers welches von Mondlicht erleuchtet leicht schimmerte. Andrea blieb kurz andächtig stehen, in Gedanken daran versunken, dass es sich schon alleine für diese Aussicht doch gelohnt haben könnte hierhergekommen zu sein.

Bright und Jewels schienen jedoch nach etwas zu suchen, da sie sich immer wieder nervös umblickten, doch schließlich, als sie einsahen dass es außer ihnen hier nichts weiter gab, gaben sie es auch endgültig auf und ließen ein lautes Seufzen vernehmen, welches in Andrea die Hoffnung weckte, dass sie möglichst schnell in ihren warmen Schlafsaal und vor allem den Betten zurückkehren würden.

„Wenn hier nichts ist, dann lasst uns wieder zurückkehren! Wir haben morgen Unterricht, habt ihr beiden das etwas schon vergessen??“ „Ja, ich glaube, dass Andrea recht hat, Jewels. Hier ist rein gar nichts. Lass uns zurückgehen.“ „Nun denn, von mir aus...“

Sie machten kehrt und sind erst wenige Schritte gegangen, als auf einmal direkt hinter ihnen ein lautes Aufschreien ertönte, welches ihnen das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Es ging alles ganz schnell. Bright schubste Andrea auf einmal zur Seite, ehe sie sehen oder verstehen konnte, was geschah. Und als sie wieder aufwachte, fand sich Andrea auf derselben Stelle im Gebüsch wieder, in das sie von Bright hineingeschubst worden war. Doch es gab keine Spur von den beiden Mädchen. Fast schon dachte das Mädchen sich, dass die beiden vielleicht von wilden Tieren oder dergleichen angefallen worden waren, doch es fanden sich keinerlei Spuren die den Verbleib ihrer beiden Freundinnen erklären konnten.

Stattdessen schaffte das verängstigte Mädchen er gerade mal so aus dem Wald herauszukommen, ehe sie zusammenbrach und von einigen Mitschülern gefunden wurde.
 

„Wie meinen Sie das mit es sind Schüler von der Insel verschwunden?“, fragte Juudai mit einem erschrockenen Blick nach, „wann ist das passiert? Wer ist verschwunden?“ Er wollte sich gerade ruckartig aufrichten, als Johan ihn wieder auf seinen Sitz zurückzog. „Beruhige dich erst einmal. Lass den Direktor aussprechen, ich bitte dich.“ Juudai ließ nach und sank wieder zurück in seinen Stuhl, während Johan ihm beruhigend über seine Schultern strich, während der Direktor fortsetzte.

„Nun, eine Schülerin ist gestern Abend mit leichten Verletzungen von Mitschülern in der Nähe des Waldes der Insel gefunden worden. Sie erzählte auf Nachfrage, dass sie sich mit zwei weiteren Mitschülerinnen in den Wald aufgemacht hat, um eine Art Mutprobe durchzuführen...“ Samejima räusperte sich kurz, ehe er fortsetzte: „Nun, bei dieser Schülerin handelt es sich um Andrea Scapleforth. Sie konnte bis jetzt noch keine weiteren Details zu den Geschehnissen erklären, da sie sich noch unter Schock befindet.“ „Was ist mit den beiden Schülerinnen passiert, die bei ihr waren?“, fragte Johan nach, „hat man denn wenigstens eine Spur von ihnen gefunden? Irgendeinen Hinweis darauf, was mit ihnen passiert ist?“ „Leider nein“, sagte Samejima, „und das ist das mysteriöse daran. Es passiert schließlich nicht alle Tage, dass Schüler spurlos von der Insel verschwinden. Aber was mich an der ganzen Sache stört...“ Und sein Blick fiel auf Yubel während er fortsetzte: „Was mich an der ganzen Sache stört ist die Tatsache, dass so etwas ähnliches schon einmal vorgefallen war. Zwar nicht genau so wie jetzt, aber...“ „Ich weiß, was sie meinen, Direktor“, stimmte der Norweger nickend zu, „sie meinen den Vorfall als diese gesamte Schule in der Dimension der Isekai verschwunden war und ich selbst eine Weile lang unauffindbar war.“ „Nun... genau...“ „Und sie machen sich Sorgen darum, ob die verschwundenen Schüler wieder auftauchen werden.“ „Nun.. das ist ebenfalls korrekt, Mr. Anderson. Ich möchte, dass ihr mit der Schülerin sprecht, sobald sie sich in der Lage sieht, etwas darüber auszusagen. Darüber hinaus habe ich euch zu mir gebeten, weil ich wissen wollte, ob ihr neue Informationen in Erfahrung bringen konntet was diese Vorfälle angeht, auch diejenigen, die sich am Ballabend zugetragen haben.“ „Nun...“, fing Juudai an, der die Gelegenheit ergriff, um sich zu Wort zu melden, „wir sind bis jetzt nicht sehr viel weiter gekommen, aber hoffen mit der Hilfe von Saiou weiter zu kommen, da er einiges mehr dazu wissen könnte als wir es tun. Was die verschwundenen Schüler angeht, so...kann ich Ihnen versichern, dass Yubel nicht dahinter steckt. Sie hat mir versichert, dass sie selbst keine Ahnung hat, was vor sich geht.“ „Das ist mir klar, Juudai. Ich vertraue in diesem Fall deinem Urteil. Ich wollte es euch nur wissen lassen und auch gleich einholen lassen, ob ihr schon in euren Nachforschungen ein wenig weiter gekommen seid, das ist alles.“
 

Sie gingen den Gang entlang wieder zurück dorthin, wo sie ihr Duell abgebrochen hatten bevor Sho die beiden zu Samejima gerufen hatte. Als sie wieder kamen, sahen sie Sho da sitzen und auf sie warten, der sofort den Kopf hob als er bemerkte, dass seine Freunde wieder da waren. „Und wie war es?“ „Nun... ich denke, die Sache wird ernster als ich es mir ausgemalt hatte“, gab Juudai leicht säuerlich zu, „wenn nun auch noch Schüler von der Insel verschwinden, dann ist nun schon bald jeder hier in Gefahr.“ „Was ist denn genau geschehen?“, fragte der kleine Junge mit hellblauen Haaren, ehe Johan sich seufzend zu ihm setzte und erklärte: „Eine Schülerin ist in der Nähe des Waldes gefunden worden, und sie hat erzählt, dass ihre beiden Mitschülerinnen aus heiterem Himmel einfach verschwunden waren. Der Direktor hat uns gebeten, dass wir das Mädchen befragen sollten, wenn sie sich dazu bereit fühlt.“ „Ihr müsst das nicht machen!“, tönte eine laute Stimme von der Seite her, als Manjoume Jun ins Blickfeld kam, „das können genauso gut auch ich und Tenjoin-san machen.“ Als die Umstehenden den Namen von Asuka aus Juns Satz heraushörten, blickten sie sich neugierig um, und tatsächlich: Asuka kam hinter Jun zum Vorschein, mit einem vorsichtigem Blick. „Asuka, dir geht es wieder gut! Haben sie dich wieder aus dem Krankenflügel entlassen?“ „Ja, fürs Erste. Ich darf wieder in den Unterricht, muss mich ansonsten aber noch so gut wie möglich schonen.“ „Das sind großartige Neugikeiten!“, meinte Sho fröhlich, doch wurde unterbrochen, als Asuka einen traurigen Gesichtsausdruck zeigte. „Mir tut das Mädchen leid.“ „Du meinst diese Andrea, nicht wahr?“, fragte Juudai nach, „nun, was auch immer sie erlebt hat, es ist bestimmt nicht leicht für sie. Aber es ist auch nötig dass wir sie befragen, denn es kann durchaus sein, dass das Licht der Zerstörung...“ „..seine Finger im Spiel hat? Das ist leicht vorstellbar, ja“, beendete Johan den Satz. „Weiß jemand von euch, wo sich das Mädchen eigentlich befindet?“ „Nun, sie ist vorerst im Krankenflügel untergebracht, wo ich auch vor wenigen Minuten war bevor mich Jun freundlicherweise von dort abgeholt hat. Ich weiß nicht, ob sie noch dort ist, aber es schadet nicht, wenn wir einfach mal nachsehen.“ „Gut. Lasst uns sofort dorthin gehen.“ „Warte Juudai! Wäre es nicht besser wenn wir abwarten, bis es ihr etwas besser geht?“, meinte Sho, verdutzt darüber dass Juudai auf einmal so derartig zielstrebig war, doch dieser schüttelte nur den Kopf. „Je mehr wir wissen, desto besser. Und noch besser ist es wenn wir wenig Zeit dafür aufwenden um an die nötigen Informationen zu kommen. Wenn es jetzt schon Unschuldige betrifft, dann...“ „Ah, jetzt hör schon auf hier den Helden zu spielen!“, maulte Jun sofort in einem verärgertem Ton, wobei er sich prompt einen warnenden Blick von Yubel einfing, den er allerdings ignorierte. Juudai seufzte, als er merkte, dass Jun eventuell doch recht haben könnte. „Nun denn, ich gehe dennoch in den Krankenflügel, werde aber warten, bis man mich zu ihr lassen kann. Ich hoffe, dagegen hat keiner von euch etwas?“ Alle schüttelten nur den Kopf, als Juudai sich umwandte und sich auf den Weg in den Krankenflügel machte, um dort ein ihm völlig fremdes Mädchen zu besuchen, das dennoch Opfer geworden war – wahrscheinlich auch noch durch sein eigenes Tun.

Er begann darüber nachzudenken, ob es vielleicht nicht besser wäre, wenn er einfach von der Insel verschwinden würde, auch wenn er sich sehr wohl bewusst war, dass Hikari no Hado ihn dennoch finden würde. Und wenn es nicht seine Freunde waren, die er damit in Gefahr brachte, dann am ehesten Fremde, was nicht weniger schlimm war.

Yubel schwieg die ganze Zeit über, zumal sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie hatte es früher selten so gesehen, dass Menschenleben kostbar waren, und dass diese nicht Dinge sind, mit denen man spielt. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie in dem Punkt völlig anders gedacht. Es war ihr egal gewesen wenn sie opfern musste, solange sie nur ihr Ziel erreichen konnte. Und sie wusste genau, wenn sie so skrupellos hatte sein können, dann war die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch Hikari so war.

Hikari...

was war Hikari eigentlich genau? Warum tauchte Hikari manchmal in ihren Träumen auf? Warum schien er frei mit ihr reden zu können, wann immer er mochte? Aber vor allem: wozu braucht Hikari nur all diese Menschen? Denn dass nun auch unschuldige Menschen verschwanden konnte nur seine Schuld sein.

Yubel wurde in ihren Gedankengängen unterbrochen als sie fast mit Juudai zusammenstieß, der plötzlich vor ihr zum Stehen gekommen war. Sie berührte leicht seinen Rücken, als er seinen Kopf zu ihr drehte, und sie einfach nur anblickte. Sie ließ kurz den Blick schweifen um sich zu vergewissern, wo sie denn eigentlich nun waren, doch für den Moment war sie nicht möglich, das festzulegen, denn dafür war sie noch nicht oft genug an diesem Ort gewesen.

„Yubel? Du weißt genau, warum diese Menschen verschwunden sind, nicht wahr?“, fragte Juudai nach und sie nickte nach kurzem Zögern. „Ja. Wenn es so ist, wie es bei mir gewesen ist... dann kann es daran liegen, dass Hikari eine Unmenge von Energie braucht, die er nicht auf andere Weise bekommen kann, außer durch menschliche Opfer, ähnlich wie in meinem Fall mit den Bio-Armbändern. Auch ich hatte Energie gebraucht um mich zu materialisieren, um überhaupt hier sein zu können.“ „Und du brauchst diese Energie selbst nicht mehr?“ Yubel verstand erst nicht, was Juudai damit sagen wollte, bevor sie dachte, dass es eventuell eine Anschuldigung sein konnte. Sie biss sich hart auf die Unterlippe, jedoch nicht so stark, dass sie davon bluten würde. Juudai konnte doch nicht wirklich glauben, dass Yubel hinter alledem steckte, oder?

Der braunhaarige Junge verstand erst nicht den wütenden Gesichtsausdruck des Hermaphroditen, ehe es ihm selbst auch auffiel. „Nein, nicht so wie du denkst. Hör zu, ich weiß, ich WEIß, dass du nichts mit den Vorfällen zu tun haben kannst, schließlich bist du fast du ganze Zeit bei mir gewesen.

Was ich mich frage ist einfach, wie viel Energie Hikari ungefähr braucht und was er genau vorhat, um diese zu bekommen, denn nur so können wir herausfinden, wie viele Opfer notwendig sind und wie viel Zeit vergehen wird ehe er sie bekommt. Und“, und nun lächelte ein leicht neugierig, „und ich habe mich das selbst schon gefragt, seitdem du hier in der realen Welt aufgetaucht bist. Ich bin einfach neugierig, wie du dich hier halten kannst, wenn es doch sonst so wenigen Duellgeistern gelingt, in dieser Welt ein fleischliches Äußeres zu bewahren.“ Schlagartig beruhigte sich Yubel und musste süffisant lächeln, als sie merkte, dass ihr Juudai sich kein Stück in seiner Neugierde geändert hat. „Nun... um ehrlich zu sein, das weiß ich selbst nicht so genau...“, gab sie zu, „wobei es sein kann, dass es vielleicht die Dunkelheit ist, von der ich mich ernähren kann, wenn ich in deiner Nähe bin.“ „Meine Dunkelheit?“, fragte Juudai verdutzt nach und ließ eine Hand auf seiner Brust entlang gleiten ehe er weiter fragte: „Du meinst damit bestimmt die Macht des Haou, oder? Und du kannst diese Macht immer noch spüren, jetzt in diesem Moment? Wie ist es so?“ „Ahh, so viele Fragen, Juudai... wie erkläre ich es dir am besten? Ja, es ist die Macht des Haou, die Dunkelheit in deinem Herzen. Du als Auserwählter strahlst diese Dunkelheit unwissentlich ab, und es ist diese, von der ich mich auch ernähren kann. Was bedeutet, dass ich wahrscheinlich deswegen auf stabile Art und Weise hier sein kann, weil meine Energiezufuhr nicht unterbunden ist. Das ich hier sein kann ist, kurz gesagt, am Ende dir zu verdanken.“

Juudai blickte nachdenklich an sich herunter. Also half er Yubel hier zu sein, indem er einfach nur in ihrer Nähe war? Und es war die Macht des Haou, von der fast nichts mehr wusste, und an die er nur so selten dachte...

Plötzlich kam ihm eine Idee.

„Yubel, wenn du Energien wie meine Dunkelheit spüren kannst, kannst du dann auch nicht den Auserwählten des Lichtes auf diese Weise finden? Denn wenn aus mir Dunkelheit ausstrahlt, wie du es sagst, dann muss doch aus dem Auserwählten auch Licht ausstrahlen!“ „Nicht unbedingt“, zerschmetterte Yubel seine aufflammende Hoffnung, „die Legende, die sich um den Haou rankt, besagte auch, dass die Macht des Haou bis zu einem bestimmten Zeitpunkt versiegelt ist. In deinem Fall war es damals so, dass bis zu deinem Erwachsenwerden deine Mächte versiegelt waren und damit auch nicht aufspürbar. Nun ist es doch logisch, dass die bei dem Auserwählten des Lichtes auch so sein kann, oder?“ „Aber... warum wusste dann fast jeder am Hof, dass ich der legendäre Haou bin? Wie hatten sie sich da so sicher sein können?“

Ja, das war etwas was ihn verwirrte. So sehr es Juudai auch verachtete, sich Gedanken darum zu machen, was in seinem früheren Leben geschehen ist, so drang es dennoch langsam zu ihm durch, dass es wohl nötig sein würde, sich den unangenehmen Erinnerungen zu stellen, wenn sie den Schlüssel für die jetzige Situation darstellten. Doch warum wusste er so wenig von damals??

Das einzig Klare, an das er sich erinnern konnte, war Yubel und das, was sie für ihn getan hatte, aber darüber hinaus an nichts weiteres. Nichts genaues darüber, wie er gestorben war außer einiger diffuser Bilder die keinen Sinn ergaben, fast nichts über sein Leben als Prinz am Hofe außer einigen wenigen Belanglosigkeiten. So etwas wie Hilflosigkeit überfiel ihn, als er feststellte, dass, selbst wenn er noch so angestrengt nachdachte, nicht mehr aus ihm herauszuholen war. Doch wie viel wusste Yubel noch?

Der Hermaphrodit äußerte ihre Gedanken dazu: „Nun... wenn ich mich richtig erinnere, dann... gab es diesen einen Vorfall in deiner Kindheit, der es ihnen bestätigte, dass du wirklich die Macht der Dunkelheit in dir trägst...“ „Welcher Vorfall???“, kam es ungläubig von Juudai, doch der Hermaphrodit musste da nur mit den Achseln zucken um ihre Kapitulation kund zu tun. „Ich weiß das nicht. Es wurde damals nur einmal erwähnt und es hatte mich nicht großartig interessiert. Ich weiß nur, dass es noch vor der Zeit war, in der ich zu euch ins Schloss gekommen bin.“ „Nicht interessiert?“, krächzte Juudai volle Unglauben, „wie kann es dich nicht interessiert haben?? Es ging doch darum, dass du zu meiner Beschützerin werden solltest, wie konnte es dir da egal sein, dass sie sagen, ich wäre Haou? Und wenn ich es nicht gewesen wäre, was wäre dann gewesen??“ „Ich bezweifle, dass sie einen derartigen Fehler hätten begehen können, Juudai. Und du weißt es mittlerweile auch besser oder? Du BIST Haou, oberster König, Herrscher über die Finsternis. Du weißt es, weil Hikari dich sterben sehen will. Du weißt es seit der Isekai.“ „Oh ja.. ja, das stimmt“, meinte Juudai niedergeschlagen, nun wieder an all den Schaden erinnert, den er damals angerichtet hatte. Auch wenn es nicht lange her war, nein, vielleicht gerade darum konnte er das nicht vergessen: zu wissen, dass, einmal in die Dunkelheit seiner Seele gefallen es keinerlei Entkommen aus ihr gab und dass diese, einmal freigelassen, so vielen unschuldigen Seelen so viel Leid und Schmerz zufügen konnte...

Er hasste sich plötzlich selbst. Er verachtete sich und sein ganzes Selbst, sein ganzes Tun, sein ganzes Handeln.

Yubel merkte dass, als sie sah, wie sich sein Gesicht schmerzhaft verzog und er es in seinen Händen begrub. Sie merkte, dass sie eine noch entzündete „Wunde“ streifte, als sie das erwähnt hatte und sie fühlte sich mit einem Male selbst schlecht, ihn daran erinnern zu müssen.

„Juudai... das ist nicht deine Schuld gewesen. Sondern... ganz alleine meine...“, sagte sie in einem Ton voller Selbstvorwürfe. Juudai blickte auf, und direkt in Yubels trauriges Gesicht, die nun realisierte, wie viel sie wirklich mit ihrem Tun verspielt zu haben schien. „Nein“, sagte Juudai auf einmal, „nein, das stimmt nicht. Meine Freunde haben mir auch gesagt, dass es nicht meine Schuld ist, dass das, was ich in der Isekai getan habe nicht meine Schuld war, denn ich bin nicht ich selbst gewesen. Es war etwas in mir, dass mich kontrolliert und benutzt hat. So..so wie es auch in dir war. Auch du wurdest von etwas kontrolliert, das du nicht überwinden konntest.“ Machte es sie beide darum weniger schuldig?, schoss es Yubel durch den Kopf, warum lässt es dieses Gefühl nicht verschwinden, dass an ihren Herzen nagt, dieses Gefühl von Bitterkeit, dessen Geschmack sie sonst so wertgeschätzt hat? Warum fühlte es sich so schal an? Als ob ein Packen Eis ihr in den Magen geglitten wäre, vor allem bei dem Gedanken daran, dass sie sich hat fremdbestimmen lassen. Von einer Macht, von der sie glaubte, dass sie sie unter Kontrolle hätte, auch wenn das nicht der Fall war. Von einer Macht, von der sie glaubte, dass es ihr einsames Herz heilen würde, diese unendlichen Schmerzen.

Und sie fühlte sich auf einmal mit ihm verbunden, mit der Person die vor ihr stand. Sie sah, dass sie beide ähnliche Dinge erlebt hatten, mit ähnlichem fertig werden mussten, und auf einmal liebte sie ihn noch mehr, mehr als jemals zuvor. Sie liebte ihn so sehr. Er gehörte ihr, ihr ganz alleine. Er fühlte was sie fühlte, diese Gewissheit, dass sie sich einander wehgetan hatten und es immer noch tun. Die Gewissheit, dass sie miteinander verwoben waren, vom Schicksal selbst.

„Aber...“, und er sprach aus was sie dachte, „aber macht es mich und dich weniger schuldig, zu wissen, dass wir von außen beherrscht wurden? Denn wir müssen uns dabei denken: vielleicht, vielleicht hätten wir dagegen etwas tun können, wenn wir vorsichtig genug gewesen wären...wenn wir dagegen angekämpft hätten...“ Der braunhaarige Junge lehnte sich an die Wand und ließ eine Hand dagegen knallen, ehe er sie frustriert sinken ließ, in Gedanken daran, dass alles so viel besser gewesen wäre, wenn er nicht so unsäglich feige gewesen wäre. „Das macht nichts“, sagte Yubel plötzlich in gerader Haltung, „es gibt Dinge, die uns verführen können. Dinge, die schwache Menschen verleiten könne, etwas zu tun, was sie eigentlich nicht wollen. Es ist normal diese Schwäche zu haben, denn es ist menschlich und du bist ein Mensch.“ Sie drehte ihr Gesicht zur Seite um nicht mehr in seines sehen zu müssen: „Während ich es nicht mehr bin.“ Juudai wusste nicht, was er darauf sagen sollte, doch dann wurde er davon unterbrochen, was er eigentlich machen wollte, denn auf einmal kam eine Krankenschwester zu ihm, die ganz in weiß gekleidet war. „Mister Yuki, nehme ich an?“, fragte sie mit einem irritiertem Blick auf die beiden, der aber vor allem an Yubel haften blieb. „Ja, der bin ich“, bestätige Juudai und die Schwester nickte, „Sie wollten zu Miss Scapleforth, korrekt?“ Juudai nickte, und fragte Yubel, ob sie nicht draußen bleiben könnte. „Ich weiß es nicht... ich lasse dich nur ungern alleine reingehen...“ „Ich bleibe nicht lange weg, außerdem denke ich nicht, dass es dort drin etwas Gefährliches gibt, das mich sofort anspringt“, fügte er fast schon belustigt über Yubels weit reichende Hingabe hinzu, „ich schaffe das schon alleine.“ Die Krankenschwester öffnete behutsam die Tür ins Zimmer, und ließ Juudai eintreten, ehe sie abschloss und Yubel draußen auf dem Korridor stehen blieb.
 

Das Mädchen saß aufrecht in ihrem Bett, als Juudai eintrat und nun auch seine Begleitung in das Zimmer ihn verließ, mit den Worten auf den Lippen bloß nicht das Mädchen aufzuregen. Der braunhaarige Junge wusste nicht so recht, wo er anfangen sollte, als er sah, wie das Mädchen in misstrauisch anstarrte. Nun denn, vielleicht sollte er einfach damit beginnen, indem er ihr sein Anliegen schilderte?

„Ehm..Hallo, ich bin Juudai Yuki. Ich bin hierher gekommen weil ich dich fragen wollte, was genau du zu dem... Vorfall von neulich weißt.“ Das Mädchen blickte ihn nur aus verschreckten Augen heraus an, sagte aber ansonsten rein gar nichts, was Juudai leicht verunsicherte. Vielleicht war es gar nicht das Mädchen, mit dem er sprechen sollte??

„Eh.. du bist doch Andrea, oder?“ Und zum ersten Mal antwortete sie schüchtern, in einer zittrigen Stimme, „J-ja, b-bin ich...“ „Gut, dann kannst du doch erzählen, was passiert ist, oder??“, setzte Juudai an, doch musste sich die Ohren zuhalten, als sie auf einmal schrie „NEEEIN! Erinnere mich nicht daran! Bitte nicht! BITTE NICHT!!!!“ Sie vergrub ihre Hände in die Bettdecke, ehe sie sich diese über den Kopf zog und darunter schluchzte, während Juudai sie bestürzt ansah. Was hatte sie denn erlebt, dass sie sich jetzt so verhielt? War es denn so schrecklich gewesen? Er wusste, dass das Mädchen zwei ihrer Freundinnen an das Nichts verloren hatte, aber... dann fiel ihm wieder ein, dass er versprochen hatte das Mädchen nicht zu beunruhigen, und er versuchte auch dieses Versprechen einzuhalten, indem er sich neben das Mädchen auf einen Stuhl setzte und versuchte, beruhigend auf sie einzureden. „Keine Angst, es passiert dir nichts. Es ist niemand hier, der dir schaden möchte! Es ist alles gut, du bist in Sicherheit!“ Und es schien fürs erste zu wirken. Das Mädchen lugte vorsichtig unter der Bettdecke hervor und blickte Juudai an, immer noch verschrocken, aber wenigstens schrie sie nicht mehr und das machte ihm Mut, mehr Fragen zu stellen. „Die beiden Mädchen, die verschwunden sind waren deine Freundinnen nicht wahr?“ Nur ein Nicken folgte dieser Feststellung. „Hör zu, ich bin hierher gekommen, um Fragen zu stellen dessen Antworten uns helfen könnten sie wieder zu finden, aber dafür musst du auch genau erzählen können, was im Wald passiert ist...“, setzte er an, doch dann schrie Andrea wieder los: „Dieses Licht!! Auf einmal war da dieses Licht und dann... waren sie weg, alle beide, einfach verschwunden!!! Wenn Bright mich nicht weggeschubst hätte dann... dann hätte es mich auch erwischt!!!“ Sie brach in Tränen aus, als sie das sagte, und ließ Juudai paralysiert vor Scham und Unwissenheit zurück. Was sollte er tun, um das Mädchen zu beruhigen??

Auf einmal hörte sie zu weinen auf, riss ihre Augen weit auf und starrte auf das gegenüberliegende Ende des Raumes. „Hast du das gehört??“, fragte sie verwirrt, „hörst du das??“ „W-was denn??“ „Diese Stimmen... die Stimmen, sie rufen uns...“ „Welche...?“ Doch auf einmal wusste er was sie meinte.

Es kam ganz plötzlich.

Leise drangen sie an sein Ohr, erst ein Geflüster, dann hörte er leise Stimmen aus diesem Gewirr heraus. Auf einmal schien er nicht mehr im Zimmer zu sein, sondern zusammen mitsamt dem fremden Mädchen und ihrem Bett in einer von tiefen Dunkelheit erfülltem Raum. Das Mädchen konnte nicht glauben, was geschah, und Juudai wusste es erst recht auch nicht. Wo waren sie? Ein Dimensionssprung, so wie damals, als sie in die Isekai gekommen waren? Oder eine Illusion? Haou oder seine eigene Dunkelheit, die versuchte, aus ihm auszubrechen? Hikari no Hado, der einen Hinterhalt wagte, in dem Moment, in dem Yubel einmal nicht bei ihm war?

Diese Stimmen... erst leise, dann immer lauter, die nach etwas zu rufen schienen... bis sie heraushören konnten, dass es Hilfeschreie waren...

„Bright!!“, schrie Andrea auf einmal auf, „Jewels!!! Wo seid ihr??“ „Was ist los?“, fragte Juudai, der jetzt erst merkte, dass er in der Luft zu schweben schien, „hast du sie gehört?“ „Ja!“, antwortete Andrea mit einem Nicken, „das sind ihre Stimmen, aber die anderen kenne ich nicht...“ „Vielleicht sind das die Stimmen der anderen verschwundenen Schüler!!!“ Konnte das sein? Waren sie durch Zufall in die Nähe derjenigen gekommen, die entführt worden waren? „Andrea, wir müssen hier weg!“, sagte Juudai, „irgendetwas stimmt hier nicht!“ Doch sie hörte nicht auf ihn, sondern rief nur nach ihren Freundinnen. „Bright! Jewels!! Wo seid ihr???“ „Bitte sei still! Wer weiß was mit uns passieren wird, wenn du hier herumschreist??“, ermahnte Juudai sie, völlig von Panik übermannt. „Aber wenn sie hier sind, dann muss ich ihnen helfen!“, erwiderte Andrea, „sie brauchen mich. Sie brauchen meine Hilfe! Ich wäre keine Freundin wenn ich sie einfach so im Stich lassen würde, in einer völlig fremden Welt oder im Nichts. Wenn ich weiß, dass sie in Gefahr sind und meine Hilfe brauchen, dann werde ich sie doch nicht alleine lassen!“ Sie stützte sich von Bett ab, ehe sie elegant aus ihm herausschwebte, um kurz neben Juudai zu verweilen. „Würdest du nicht dasselbe tun?“

Er schnappte nach Luft als sie diesen Satz sagte, denn er kannte die Antwort: Ja, er würde dasselbe tun. Er würde dasselbe für seine Freunde tun, würde sogar noch viel weiter gehen als das. Für Johan ist er sogar durch die ganze Dimension der Isekai gegangen, nur um ihn zu finden, hatte sein Leben für das seiner Freunde riskiert, war sogar soweit gegangen, dass er seine anderen Freunde für Johan „geopfert“ hatte.

Er wollte gerade zu dem Mädchen blicken, als diese ihn anlächelte, und sich gen Tiefe richtete. „Was machst du da?“ Sie lächelte ihm zu, als sie ihm antwortete: „Ich gehe zu ihnen...“

Und sie ließ sich fallen, in die Tiefe, in dessen Kern Juudai ein schwaches Licht leuchten bemerkte.

Wahrlich, das Licht, das für manche, wie die Erlösung aussah und doch nur Verderben bringen konnte. Ein Licht, welches verführte, und über das du selbst keine Kontrolle haben kannst – weil du selbst dich ihm ergibst, in der Hoffnung befreit zu werden.



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Kommentare zu dieser Fanfic (30)
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Von:  chrono87
2010-01-22T15:37:52+00:00 22.01.2010 16:37
ein tolles kapitel, schade nur, dass es so lange auf sich warten lassen hat.
das kapitel ist wirklich spannend. ich finde es gut, dass judai alles versucht, um johan und yubel näher zu bringen. hoffentlich überwindet das monster seine zweifel und freundet sich mit johan an.
ich hoffe nur, dass es schnell weiter geht, wo du doch an einer so spannenden stelle aufgehört hast.
lg chrono87
Von:  FallenAngel127
2009-02-27T21:17:34+00:00 27.02.2009 22:17
Oh man, diese Shiraj ist soo blod und kapiert nicht, das es echt ist.
Wird sie spater die bose sein?
Mit ihren fragen nervt sie nur.

Deine FF gefalt mir sehr.
Hoffe, du machst bald neue folge.

FallenAngel127
Von:  FallenAngel127
2009-01-23T14:07:06+00:00 23.01.2009 15:07
Armer Judai,
er hat soo viele Probleme und die Liebe....
Er passt besser zu Yubel, sie hat immerhin hunderte von Jahren auf ihm gewartet.
Ich will das sie endlich glucklich wird und Judais Freunde sie akzeptieren.
Von:  SpiegelAi
2009-01-13T21:12:43+00:00 13.01.2009 22:12
man ich sollte aufhören immer so spät weiterzulesen >__<
da ist mein kopf imemr so leer ;__;

also wieder ein schönes Kapi =)
mal etwas entspannter (im gegensatz zu den kapiteln mit Hikari)
und Siraj wurde mal wieder in szene gesetzt^^
wird ja alles nur noch mysteriöser um sie >_<

übringes finde ich das sich deine fanfic total gut liest^^
ich weiß nicht warum (weil ich mich damit wahrscheinlich nich so auskenne) aber es macht viel spaß sie zu lesen und man kommt auch bei keinen sätzten ins stocken oder so *das nicht gut erklären kann* >//<
Von:  SpiegelAi
2009-01-12T20:51:19+00:00 12.01.2009 21:51
ich find es knuffig wen juudai weint ;___;
sieht irgendwie total süß aus in meiner vorstellung x3

bin jetzt mal richtig gespannt wies weitergeht ^___^

(*drop* die kommis werden immer kürzer .__.)
Von:  SpiegelAi
2009-01-10T22:01:29+00:00 10.01.2009 23:01
bähh jetzt hatten yubel und Juudais freunde immernoch keine richtige interaktion >_<
*dich hau*
nee spaß xD
is schon okay so wird die ganze sache spannender^^

und das ende war richtig traurig irgendwie ;_____;
*wein* Q__Q
Von:  SpiegelAi
2009-01-10T21:38:12+00:00 10.01.2009 22:38
wahhhh ich wollte eigentlich nurnoch das chapter lesen und dann schlafen gehen >__<
scheiße warum war das nur so spannend >__<

aber hikari ist cool xD
schön brutal und hat die richtigen tricks auf lager x3
*hust* xD

wahh und jetzt is es mit yubel raus >///<
*so gespannt ist wies weitergeht*
Von:  SpiegelAi
2009-01-10T21:16:38+00:00 10.01.2009 22:16
achja ich bin mir ja immernoch nicht sicher ob Juudai wirklich tanzen kann xDDDD
naja egal xD
vllt wars auch nur zufall das er yubel nich auf die füße getreten ist xDDD

okayokay ich geb zu am ende vom chapter hab ich die ganze zeit drauf gewartet das Sho, Siraj, rei und Johan genau im falschen moment rauskommen xDDD
und dann sehen das Yuuka-chan garnich Yuuka-chan is xD
hätte wirklich gern Reis, Johans und sirajs gesichtsausdruck gesehen xDDD
*irgendwie gemein ist heute* xD
Von:  SpiegelAi
2009-01-10T20:56:09+00:00 10.01.2009 21:56
mähh, ich bin heute schon wieder so unkreativ was das kommischreiben angeht >__<
Yuuka-chan x3
find ich voll knuffig den name xD
passt erstaunlicherweise auch ziemlich gut find ich o_o

wie auch immer kapi hat mir wieder mal sehr gut gefallen und KA wieso, ich mag charas im umhang O_O
xD
Von:  FallenAngel127
2009-01-08T14:32:51+00:00 08.01.2009 15:32
Deine letzten beide folgen waren genial! Ich glaube, es ware am besten, wenn Yubel und Judai ein Paar waren. Sie waren so viele Jahre getrennt gewesen.
Bitte, las nicht Yubel weggehen. Sie gehort zu ihrem Hao.


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