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Demon Slayer One-Shots

von

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...und die Kälte klirrt ein Wiegenlied [Shinjuro x Ruka]

Natürlich hatte Shinjuro stets geplant, eine Familie zu gründen. Er war als Einzelkind aufgewachsen und hatte immer fest daran geglaubt, dass er mehr Kinder bekommen würde. Dazu war eine Hochzeit der erste Schritt, und er hatte unglaubliches Glück gehabt.

Ruka zu begegnen, war kein Wendepunkt in seinem Leben gewesen – aber es war der Moment, in dem er beschlossen hatte, dass er keine weiteren Jahre einsam verbringen wollte, sondern dass es genau der richtige Moment war.

Die größte Angst hatte er tatsächlich davor gehabt, ihr von den Dämonen zu erzählen, mit denen er stets zu kämpfen hatte. Doch Ruka war eine unglaubliche Frau gewesen, sie hatte ihn streng gemustert, ein paar rationale Fragen gestellt – und es dann einfach als Wahrheit hingenommen.

 

War es ein Zeichen von gegenseitigem Vertrauen gewesen? Schon so früh in ihrer Beziehung?

 

Es war für Shinjuro ein Zeichen dafür gewesen, dass sie scheinbar perfekt füreinander waren und er nichts mehr wollte, als diese Frau zu seiner Frau zu machen.

Mit 18 Jahren war er bereits recht alt gewesen, die meisten Hochzeiten wurden wesentlich jünger besprochen – man war lange Zeit verlobt, bevor man dann wirklich heiraten würde. Bei Shinjuro war es anders gewesen. Seine Familie hatte sich kaum eingemischt, der Kontakt zu seinen Eltern war schwieriger geworden, weil er selbst wohl etwas schwierig war.

Dämonenjäger lebten niemals lang und so war der junge Tod seines Vaters wie eine Schlucht zwischen seiner Mutter und ihm geworden. Shinjuro hatte das Anwesen der Rengoku's übernommen, während seine Mutter gegangen war. Es war genug Platz für seine Ehefrau und für künftige Kinder.

 

Ruka's erste Schwangerschaft kam überraschend schnell und war dennoch das größte Glück für Shinjuro. Er versuchte stets nach seinen Missionen nach Hause kommen zu können, um ihr beizustehen. Selbst wenn dies nicht notwendig war, die Schwangerschaft schien für sie keine Probleme bereitzustellen, von denen Shinjuro nur mal gehört hatte. Ganz egal wann er auftauchte, sie war so elegant wie eh und je. Sie schlief zu bestimmten Zeiten mehr und ihr Appetit hatte sich zeitweise verändert, doch bis auf den größer werdenden Bauch, konnte Shinjuro kaum Unterschiede erkennen.

 

Eventuell lag es auch daran, dass er eben grundsätzlich dennoch länger unterwegs war, nicht immer da sein konnte und auch jetzt noch eine rosarote Brille trug.

 

Für Shinjuro war es stets wichtig da zu sein, wenn Ruka das Kankagari betreiben wollte. Als er ihr zu Beginn der Kinderplanung von dieser Tradition seiner Familie erzählt hatte, hatte er nie damit gerechnet, dass sie dies ebenfalls durchführen wollte. Es wurde als durchaus anstrengend benannt und ohne jemand an ihrer Seite, könnte es eine gewisse Gefahr sein. Im Nachhinein hätte es Shinjuro wohl klar sein müssen, dass Ruka sich von einer kleinen Warnung nicht abwimmeln lassen würde.

Oft war es Shinjuro, welcher sie wieder ins Haus holen musste.

Das Kankagari war eine Tradition, welche maßgeblich für das charakteristische Haar und auch die Augen seiner Familie war. Shinjuro hätte niemals darauf bestanden, denn die Gesundheit seiner Frau ging vor – genauso wie ihr Wille.

 

Die Geburt an sich war für Shinjuro körperlich nicht ansatzweise so anstrengend, aber dafür verwandelte er sich zu einem innerlichen Wrack. Er konnte seiner Frau nur minimal helfen und es war die erste Geburt, welcher er beiwohnte. Zu seinem großen Glück, verlief die Geburt völlig ohne Probleme, Ruka ging es danach großartig und ihre Familie war endlich dabei zu wachsen.

 

Eine Handvoll Jahre später entwickelte sich ihr erster Sohn zu einem wahren Sonnenstrahl.

 

„Ich möchte alles essen, was auf dem Fest angeboten wird!“, erzählte Kyojuro aufgeregt, während Ruka darum bemüht war, seine Haarmähne zu zähmen.

Shinjuro selbst wusste nur zu gut, dass dies gar nicht so einfach war. Hinzukommend zappelte Kyojuro stets herum und war völlig fixiert darauf, allerlei Sachen zu erzählen.

„Gibt es dort auch Laternen? Ich würde soooo gerne eine Laterne haben und- oh! Otou-san! Ich habe Okaa-san im Garten geholfen! Ich wollte eigentlich die Blumen pflücken, aber Okaa-san sagt, dass sie weiter wachsen sollen! Kann ich ein Haustier haben? Ich finde Grashüpfer total super!“

 

Shinjuro wusste nicht, ob alle Kinder so waren – er ging jedoch davon aus, dass dies nicht so war. Er war vielen Kindern auf seinen Reisen begegnet oder auch im Kreise des Corps auf Kinder getroffen. Es mochte die Situation sein, doch nie war eines der Kinder auch nur halb so aufgeweckt gewesen wie Kyojuro.

 

„Grashüpfer, ja? Aber hast du nicht beim letzten Mal noch davon gesprochen, wie … lecker Käfer schmecken?“

 

Ja, Shinjuro wusste manchmal selbst nicht, was sein Sohn machte oder wie er auf bestimmte Weise denken konnte. Er verstand auf jeden Fall, dass sein Sohn einen starken Magen hatte, nachdem er erzählt hatte, wie er Käfer aus dem Garten gegessen hatte, scheinbar in einem unbeobachteten Moment von Ruka.

Sicherlich gab es Schlimmeres. Doch Shinjuro war sich sehr sicher, dass er so etwas als Kind nie getan hatte. Vielleicht hatte man es auch niemals wieder erwähnt, damit es nicht erneut passierte?

 

„Aber Otou-saaan“, verdrehte Kyojuro die Augen. „Da war ich doch noch klein! Jetzt bin ich groß! Und ich will unbedingt einem Grashüpfer Kommandos beibringen!“

 

„Bitte halt still, Kyojuro.“

 

„Oh- entschuldige Okaa-san!“

 

Prompt versuchte Kyojuro, sich keinen Millimeter zu bewegen, während Ruka die letzten Strähnen durchkämmte, damit sie das Haar zusammenbinden konnte. Shinjuro war über die Unterbrechung nicht unbedingt traurig. Er war sich ziemlich sicher, dass ein Grashüpfer kein Haustier sein sollte – genauso sicher war er sich jedoch auch, dass Kyojuro irgendwann mal einen einfach einfangen würden. Er sah schon vor sich, wie Ruka ihn mit wenigen Blicken verdeutlichen würde, dass es kein so schönes Erlebnis war, den Grashüpfer wieder herauszubekommen.

Andererseits war seine Frau wirklich sehr geduldig und liebevoll und ließ sich von gefühlt nichts aus der Ruhe bringen.

 

„So, jetzt bist du fertig“, kündigte Ruka schließlich lächelnd an, als sie Kyojuro noch einen Kuss auf den Haarschopf drückte und diesen dann entließ.

 

„Super! Sehe ich jetzt aus wie Otou-san?!“, fragte Kyojuro sofort aufgeregt, während er mit kindlicher Ungeschicklichkeit auf die Füße kam und sich prompt an Shinjuro drückte.

Lächelnd legte er einen Arm um seinen Sohn und die Hand dabei warm auf dessen Rücken ab.

 

„Oh ja, man kann euch kaum unterscheiden“, erwiderte Ruka kichernd, während sie ihre Hände auf ihren größer werdenden Bauch ablegte.

 

„Hast du gehört, Otou-san?“

 

„Das habe ich“, antwortete Shinjuro amüsiert.

 

Kyojuro's Aufmerksamkeit verschob sich jedoch ein weiteres Mal. Er löste sich von ihm und ging zurück zu Ruka an den Boden, um mit ungewohnter Vorsicht die Hände an ihren Bauch zu legen.

 

„Bewegt er oder sie sich?“, fragte er piepsig nach, während er versuchte irgendwas zu spüren.

 

Ruka trug ihr sanftes Lächeln auf den Lippen, schüttelte aber ein wenig den Kopf: „Ich glaube, er oder sie hat sich kurz gedreht, aber jetzt ist es wieder ruhig.“

 

„Oh man“, schmollte Kyojuro sofort, während er dennoch sein Ohr gegen den Bauch drückte, obwohl dieser von Stoff bedeckt wurde. „Wie lange dauert es denn noch, bis mein kleiner Bruder oder meine kleine Schwester zu uns kommt?“

 

„Ah, nur noch wenige Wochen.“

 

„Viel zu lang!“, jammerte ihr Sohn sofort.

 

„Nun, dein kleiner Bruder oder deine kleine Schwester soll ja gesund und munter zu uns kommen, Kyojuro“, mischte sich Shinjuro ein, während er neben seiner Frau in die Knie ging.

 

„Huh!“, machte Kyojuro fast entsetzt, ehe er rasch nickte. „Oh ja, dann lass dir ganz viel Zeit, Otouto oder Imouto! Und wenn du dann bei uns bist, dann werde ich dir alles zeigen und dich vor allem beschützen!“

 

Shinjuro fragte sich, ob ihr zweites Kind ebenso voller Energie sein würde, wie es bei Kyojuro derzeit der Fall war. Es könnte durchaus ein wenig anstrengend werden, andererseits war der Altersunterschied von fast sechs Jahren vielleicht auch groß genug, damit es relativ stressfrei sein könnte.

Am Ende war es völlig egal, Shinjuro liebte seine kleine Familie bereits jetzt und nichts würde das auf der Welt verändern können.

 

„Wollen wir dann langsam zum Fest aufbrechen?“, fragte Ruka schließlich an, während sie eine ihre Hände auf Shinjuro's Schulter ablegte, sowohl für den Halt, als auch für die Nähe.

 

„Jaaaa!“, rief Kyojuro sofort aus und sprang wieder auf seine Füße, um sogleich zur Haustür gehen zu können.
 

 

Shinjuro sah ihm lächelnd nach, wandte seinen Blick dann jedoch besorgt Ruka zu. „Und du bist wirklich sicher, dass es in Ordnung geht?“, fragte er leise nach. Er ließ eine Hand nun ebenfalls sanft und warm auf dem großen Bauch ruhen.
 

 

Die Geburt sollte theoretisch in drei Wochen erfolgen, aber auch Kyojuro war etwas früher gekommen, als errechnet. Das war nicht unbedingt negativ, bewies jedoch, dass man sich nicht komplett darauf verlassen konnte. Vor allem, wenn sie sich etwas mehr bewegen würden, wie es bei einem Fest üblich wäre.
 

 

„Natürlich Schatz“, erwiderte Ruka jedoch beruhigend. Sie schob ihre Hand zum Gesicht ihres Mannes hoch und streichelte zart über den linken Wangenknochen. „Ich fühle mich gut und ausgeruht genug dafür. Wenn wir zwischendurch ein paar Pausen einlegen und nicht ewig verweilen, wird es in Ordnung sein.“
 

 

Shinjuro vertraute seiner Frau immer, deshalb nickte er auch dieses Mal. Er hauchte einen kurzen Kuss auf die Lippen seiner Frau – durchaus mit dem Plan von einem längeren Kuss, jedoch wurde dieser durchbrochen...
 

 

„Otou-san! Okaa-san! Kommt schon!“
 

 

Ruka kicherte auf die liebenswerteste Weise: „Na komm, bevor unser Wirbelwind wieder auf deine Schultern klettert.“
 

 

Auch wenn das kein Problem für Shinjuro war, sollten sie Kyojuro wohl wirklich nicht unnötig warten lassen. Er half seiner Frau auf die Beine, damit sie zur Haustür kämen, wo sie bald noch ihre Schuhe anzogen, sodass sie bereit waren zu gehen. Kyojuro fand seinen Platz zwischen ihnen, jeweils mit einer Hand von Shinjuro und einer von Ruka in seinen.

So konnte Shinjuro auch ganz gut kontrollieren, dass Kyojuro nicht zu viel zog und nicht zu schnell durchrasen würde.
 

 

Ihr gemeinsamer Besuch beim alljährlichen Fest des naheliegenden Dorfes war wesentlich ruhiger und besonnener als Shinjuro gedacht hatte. Kyojuro war nicht mehr ganz so wild, nachdem er den ersten Yakitori-Spieß bekommen hatte.

Dennoch legte Shinjuro seine Besorgnis über Ruka erst ab, als sie sich auf dem Rückweg befanden und es Ruka nach wie vor gut ging. Da Kyojuro immer müder geworden war, hatte Shinjuro ihn irgendwann Huckepack genommen und trug ihn somit nach Hause. Er konnte das leise Schnarchen seines Sohnes hören, der sicherlich auch seinen Nacken vollsabberte. Glücklicherweise war er so etwas gewohnt und empfand es als ein völlig vertrautes Gefühl, welches ihn leicht lächeln ließ.

Damit Ruka etwas zur Ruhe kam, war ihr nach Hause Weg recht langsam, doch Shinjuro passte sich dabei nur zu gerne dem Tempo seiner Frau an. Er hielt sanft eine ihrer Hände in seinen, rieb kleine Kreise über die weiche, warme Haut und freute sich bereits darauf, wenn sie schlafen gehen würden.
 

 

Zu Hause angekommen, ging er nochmal sicher, dass Ruka wohlbehalten im Futon saß, bevor er Kyojuro in sein eigenes Zimmer bringen wollte. Es war für Shinjuro nicht wirklich überraschend, dass Kyojuro erwachte, sobald dessen Körper im Futon landete. Im ersten Moment öffneten sich die Augen langsam und blinzelnd; Shinjuro verharrte in jeder Bewegung, hoffnungsvoll, dass Kyojuro wieder einschlafen würde. Leider war das eine vergebene Hoffnung.
 

 

„Otou-san!“, fiepste sein Sohn und keinen Moment später, klammerten sich die Hände um seinen Arm. Die Müdigkeit steckte immer noch im Körper des Jungen, welcher sein Gesicht gegen seinen Arm drückte und gähnte. „Wollen wir . . . trainieren?“, fragte Kyojuro.
 

 

„Es ist jetzt Schlafenszeit“, antwortete er seinem Sohn, in der Hoffnung dieser würde sich einfach wieder brav hinlegen und schlafen.
 

 

Natürlich war dies ein reiner Traumgedanke.
 

 

„Otou-san“, jammerte Kyojuro prompt und drückte sich noch ein wenig mehr an ihn.
 

 

Es mochte daran liegen, dass Shinjuro natürlich häufig über Tage hinweg auch mal weg war, dass Kyojuro so anhänglich sein konnte. Selbst wenn er stets versuchte nach Hause zu kommen, auch wegen der zweiten Schwangerschaft seiner Frau, war dies wohl nicht zufriedenstellend für ihren Erstgeborenen.

Kyojuro war voller Energie und zumindest wenn sie gemeinsam trainierten, schlief er auch mal durch. Dennoch stahl er sich nur zu gerne ins Bett von Ruka und Shinjuro. Manches Mal rief er auch nach Shinjuro und er musste ihn rüber tragen. Es war selten ehrliche Angst vor einem Dämon im Schrank oder dergleichen, sondern vielmehr das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Nähe.
 

 

Außerdem war sich Shinjuro sehr sicher, dass Ruka ihren Sohn häufiger mal bei sich schlafen ließ, wenn er nicht da war. Es war nichts, was wirklich schlimm war, es verhalf wohl nur mehr denn je dazu, dass Kyojuro dies nur zu gerne wiederholte.
 

 

„Möchtest du mit bei uns schlafen?“, bot Shinjuro nun an.
 

 

Wenn er ehrlich war, dann genoss er diese Momente auch jetzt noch. Irgendwann wäre Kyojuro groß und wäre älter, nicht mehr daran interessiert, so viel Zeit bei seinen Eltern zu verbringen – es war sicherlich nicht negativ, dass Shinjuro diese Momente jetzt noch genießen wollte, oder?
 

 

„Ja, bitte!“, fiepste Kyojuro sofort begeistert und schlang seine Arme inzwischen um Shinjuro's Hals.
 

 

Lächelnd hob er seinen Sohn hoch und trug ihn mit ins Schlafzimmer. So wie Ruka ihnen einen Blick zuwarf, wirkte sie absolut nicht überrascht von dieser Wendung.

Während Shinjuro nur den Yukata wechseln musste, genauso wie Kyojuro, damit sie schlafen konnten, brauchte Ruka ein wenig mehr Zeit. Diese nutzte Kyojuro auch bereits, um den Doppelfuton so kuschelig wie möglich aufzubauen. Jetzt, wo Shinjuro auch seinen Zopf gelöst hatte, fiel das dicke, flammenartige Haar wieder um das Gesicht ihres Sohnes. Morgen früh wäre es sicherlich wieder komplett zerzaust.

Natürlich platzierte sich Kyojuro wieder in die Mitte und begann wieder Geschichten von seinem Alltag zu erzählen, während sie auf Ruka warteten.

Shinjuro hörte sich die Abenteuer im Gartenbereich ihres Anwesens an, sei es ein gerettetes Insekt oder wie er heldenhaft Ruka bei allem half, damit sich diese nicht zu viel bewegen musste.

Schließlich kam auch Ruka zu ihnen und prompt drehte sich Kyojuro ein wenig mehr herum, damit er mit ihnen beiden kuscheln konnte.

 

Ist er oder sie wach?“, fragte er neugierig nach.
 

 

„Nein“, schmunzelte Ruka, vernahm das empörte Schnauben von Kyojuro sehr deutlich und streichelte ihm durch das Haar. „Meinst du, ich soll trotzdem ein Lied singen? Dann kann er oder sie bestimmt besser schlafen, oder?“
 

 

Sofort erhellten Kyojuro's empörte Züge und er nickte rasch: „Oh ja! Komoriuta! Bitte!“
 

 

Shinjuro zog die Decke über ihren Körper, damit sie es schön warm und kuschelig hatte. Er versuchte das beherrschende Gefühl tief in sich zu verankern und dieses Bild von ihnen, hier liegend, völlig friedlich und ruhig, abzuspeichern. Genauso versuchte er auch die sanfte Stimme seiner Frau, die mit ihrem leisen Gesang das Zimmer füllte, in seinem Herzen aufzubewahren.
 

 

Dieser Moment war voller Perfektion.
 

 

Er hatte seine Frau, schwanger mit ihrem zweiten Kind und ihr Erstgeborener lag zwischen ihnen, voller Glück und Lebensfreude.
 

 

Und doch . . .
 

 

Heute sah es komplett anders aus.
 

 

„Was ist nur aus mir geworden?“, fragte er sich leise.
 

 

Dieselbe Frage, die er sich in der letzten Zeit immer und immer wieder stellte. Eine Frage, hervorgerufen von dem beinahe Tod seines ältesten Sohnes. Plötzlich schmeckte der Sake völlig bitter, wie das Gift, welches es war. Sein Kopf war voller Gedanken und Erinnerungen an eine glücklichere Zeit.

Wie viel hatte er davon wirklich verloren und was war davon noch zu retten?

Er wollte die guten Zeiten bewahren und retten, doch dann . . .
 

 

„Du machst es großartig, Senjuro! Du musst aber nicht so weit ausholen, das schwächt die Kraft in deinen Hieben eher ab!“
 

 

. . . war da Kyojuro's Stimme, die immer noch voller Leben und Mut war. Voller Stolz und Fröhlichkeit. Voller Liebe und Fürsorge.
 

 

Shinjuro's Herz zog sich zusammen, als er zur Shoji-Tür stolperte, welche den Blick in den Gartenbereich offenbarte. Dort, wo Senjuro mit einer Trainingswaffe stand und seine Schläge mit dieser übte, während Kyojuro mit etwas Abstand an seiner Seite stand. Es könnte ein wundervoller Anblick sein, doch alles, was Kyojuro sah, waren die Verletzungen und wie gebrochen sein Sohn war.
 

 

Er musste eine Augenbinde tragen, weil das Auge darunter komplett zerschmettert worden war.

Er musste einen Gehstock zum Abstützen in der Hand halten, damit er nicht plötzlich umfiel.
 

 

Shinjuro sah blaue Flecken und den Verband am Kopf, der eine Stelle schützte, die ebenfalls in seinem vergangenen Kampf verursacht worden war. Er erinnerte sich daran zurück, wie nahe ihm der Tod gewesen war. Kyojuro war mehr tot als lebendig gewesen. Und das alles nur, weil er nicht auf die Worte seines Vaters hören wollte!
 

 

„Hört auf mit dem Blödsinn!“, brüllte Shinjuro in die Richtung seiner Söhne.
 

 

Er konnte selbst von der Entfernung erkennen, wie Senjuro zusammenzuckte, so zerbrechlich und schwach. Kyojuro zeigte keine solche Regung, aber sein Körper war im jetzigen Moment allgemein geschwächt und seine Reaktionen äußerst schlecht.
 

 

Shinjuro wollte eine Faust um die Sake-Flasche bilden, doch er hielt keine in der Hand. Seit diesem beinahe Tod und den Worten, die er dennoch ausgerichtet bekommen hatte – für den Fall, dass Kyojuro gestorben wäre – vermied Shinjuro den Sake. Es war eine Entscheidung gewesen, die nicht wirklich klar getroffen wurde und doch eisern in ihm verfestigt war.
 

 

„Otou-san!“, rief Kyojuro ihm zu, dessen Gesicht sich zu einem sanftmütigen Strahlen verändert hatten.
 

 

Es erinnerte ihn sofort an Ruka.
 

 

„Möchtest du dazu kommen und uns Hinweise geben?“
 

 

Shinjuro biss die Zähne fest aufeinander, irgendwo zwischen Wut, Bedauern und Sehnsucht. Sein bereits angefressenes Herz, wurde nur noch mehr von all den Gefühlen zerfressen. Gefühle, von dem vor allem eines sehr mächtig war.
 

 

Angst. Die Angst vor Verlust.
 

 

„Ich möchte, dass ihr diesen Unsinn sein lasst und endlich einseht, dass ihr nicht dazu gemacht seid, in den Kampf zu ziehen!“, brüllte Shinjuro wieder. „Also geht ins Haus!“
 

 

Kyojuro sollte sich nach wie vor ausruhen, aber sein Sturkopf von einem Sohn ignorierte diese Anweisung, genauso wie Senjuro ignorierte, dass ihm kein Training erlaubt war. Shinjuro hasste diesen Anblick, er hasste vor allem auch den Gedanken daran, dass dies am Ende für den Tod seiner Söhne sorgen könnte.
 

 

Er hatte Ruka verloren – er konnte nicht auch noch seine Söhne verlieren.
 

 

Sein Herz verkrampfte, als er sah, wie Kyojuro seinen kleinen Bruder mit der freien Hand sanft tätschelte, fast tröstend und ihm zulächelte. Sie redeten miteinander, doch leise genug, damit Shinjuro nichts hören konnte.

Es gab nicht einmal ein Gefühl von Zufriedenheit, als sich seine Söhne wirklich zurückzogen. Es war kein Sieg oder dergleichen, aber ein wenig beruhigend. Wenn er weitermachte, würde er seine Söhne nicht verlieren – nicht im Kampf gegen einen oder mehrerer Dämonen.
 

 

Sobald sie außer Sichtweite waren, atmete Shinjuro angespannt ein und wieder aus. Seine Schultern fielen nach vorne, seine rechte Hand suchte Halt an der Shoji-Tür und er sackte ein wenig zusammen.

Eine Windböe ließ ihn auf murren, als sein schief hängender Yukata dadurch nur noch schiefer zu hängen schien. Doch mehr als das zog ihn ein Windspiel in den Bann. Sein müder Blick sah zu dem hölzernen Windspiel hoch, welches definitiv noch nicht lange hier hing. Er starrte es gerade zu an, beobachtete, wie sich die einzelnen Teile bewegten und ein leises Spiel hinterließen.

Plötzlich schwirrte der sanfte Gesang von Ruka in seinem Kopf, eine Wärme, die ihm mittlerweile so fremd war, und das Bild von seiner heilen Familie, zusammen gekuschelt im Doppelfuton.

Während die Bilder und Gefühle blieben, wurde die Wärme ersetzt – von der anhaltenden Kälte des Wetters und seiner Räumlichkeiten.
 

 

„Ruka“, murmelte er leise. „E... es tut mir leid.“
 

 

Er hatte zugelassen, dass sich alles veränderte.



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