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Tagebuch einer Trainerin

Pokémon Weiße Edition (Nacherzählung)
von

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Orion City

Orion City ist eine große Stadt, mit hohen Häusern und einer bezaubernden Parkanlage. Das Wetter ist angenehm warm, als wir ankommen, aber die Gebäude und Bäume werfen tiefe Schatten, in denen sich die Kälte des Winters und auch noch ein letzter Rest Schnee hält.

„In so einem Appartment würde ich nicht wohnen wollen“, stellt Bell fest, als sie den Blick über die vielen kleinen Balkons schweifen lässt, hinter denen jeweils eine eigene kleine Wohnung liegen muss, „So ganz ohne eigenen Garten und wie in einem Regal…“

„Manche finden es sicher angenehm so“, entgegnet Cheren, „Immerhin hat man seine Nachbarn ganz in der Nähe, und in so einer großen Stadt gibt es auch viel mehr zu sehen als in unserem Dorf. Wir haben ja nicht mal ein eigenes Pokémoncenter, geschweige denn eine Arena oder einen Park. Ganz zu schweigen von der Trainerschule – da gehen wir übrigens als erstes hin.“

„Wie bitte?“, frage ich empört, „Und was ist mit dem Pokémoncenter?“ Ich deute auf das Gebäude mit dem leuchtend roten Dach, an dem Cheren uns gerade vorbeischleifen will.

„Genau, ich bin total müde vom Laufen, meine Pokémon sind müde vom Kämpfen, mir tun die Füße weh und ich hab Hunger“, stimmt Bell mir jammernd zu. „Können wir wenigstens kurz schonmal einchecken?“

„Und da anstehen?“, hält Cheren dagegen und weist auf die Schlange vor der Tür. „Die kommen gerade alle aus der Arena, und so, wie die aussehen, werden wir ohnehin einige Wochen hierbleiben und trainieren müssen. Lasst uns erst in die Trainerschule gehen und dann einchecken, wenn der Hochbetrieb vorbei ist.“

Bell stöhnt, ich seufze, aber insgeheim müssen wir beide zugeben, dass Cheren Recht hat. Die Trainerschule ist ein faszinierender Ort. Es ist ein dreistöckiges Steingebäude im altertümlichen Baustil, mit mintgrünem Anstrich und cremeweißen Säulen. Vor der Tür wehen schwere Fahnen aus rotem Samt mit goldener Borte, und die schwere Holztür verstärkt nur den ehrwürdigen Eindruck des alten Gebäudes. Unsere Schritte hallen in dem großen, marmorgefliesten Eingangsraum, und ich fühle mich plötzlich erschreckend klein zwischen den Statuen alter Helden und Forscher, die hier auf mich herabblicken. Wer alles lernen will, was es über Pokémon zu wissen gibt, findet eine Schule mit entsprechendem Bildungsweg in beinahe jedem Ort. Die Pokémonakademie allerdings ist wie Monument an das Wissen über Pokémon, der Traum eines jeden, der Pokémonprofessor, Sammler, Züchter, Arenaleiter oder Meister werden will. Die Bibliothek ist die größte ihrer Art in ganz Einall, mehrere Stockwerke hoch und dicht bepackt mit Büchern, Registern und Bildbänden über Pokémon aus der ganzen Welt, gesammelt über mehrere Jahrhunderte. Dazu gibt es hochmoderne Klassenräume, sowie renommierte Dozenten, die teilweise selbst Forschen und immer das aktuellste Wissen vermitteln. Die Türen stehen jedem offen, der einmal hineinschnuppern will, und wir verbringen beinahe den ganzen Nachmittag damit, uns über Typvorteile, Werte, Fähigkeiten und Taktiken schlauzulesen, Bilder von legendären Pokémon zu suchen und das riesige Gebäude zu bewundern. Im Innenhof findet sich sogar eine Arena!

„Hier einmal kämpfen zu können...“, seufzt Cheren verträumt, „Der Platz ist fast so groß wie in der Pokémonliga...“

Leises Kichern lässt uns aufschrecken, ein vorbeigehender Dozent scheint uns gehört zu haben. „Ihr seid Trainer, nicht wahr?“, erkundigt er sich, „Macht nur, ich erlaube euch einen Kampf.“

„Ehrlich?“ Cheren strahlt förmlich, ganz untypisch für ihn, und wendet sich sofort mir zu. „Was meinst du, Bianka, bereit für eine Revanche?”

Ich zögere, nun ärgere mich doch, dass wir nicht zuerst ins Pokémoncenter gegangen sind. Umi ist nicht schwer verletzt dank des Trankes, aber sie ist sicher erschöpft vom vielen Training, weil sie Detleff noch unterstützen musste. Für den Kampf gegen Cheren rafft sie sich allerdings auf, schon ist sie vor mich gesprungen und quietscht entschlossen.

„Bist du sicher?“, frage ich. Ein deutliches Nicken, Umi ist sicher. „Okay, dann gerne, ich nehme deine Herausforderung an!“
 

Letztes Mal habe ich gegen Cheren gewonnen, aber da konnte er auch seinen Typvorteil noch nicht ausspielen. Wie stark dieser sich auswirkt konnte ich ja kürzlich erst im Kampf gegen Bell testen, und das macht mir etwas Angst... aber Umi ist entschlossen und bereit, zu beweisen, dass sie auch mit dem Rücken zur Wand siegen kann, und sie nutzt die Größe der Arena, um Siegfrieds Rankenhieb wieder und wieder erfolgreich auszuweichen, während sie ihm mit gezielten Pfundattacken zusetzt. Fast besiegt schluckt das Pfanzenpokémon dann noch eine getragene Sinelbeere, um sich etwas zu heilen, aber der Kampf ist schon entschieden – Umi trifft mit einer gezielten Aquaknarre so ins Schwarze, dass Siegfrieds Resistenz gegen Wasserattacken ihn auch nicht mehr rettet.

„Danke Siegfried, komm zurück!“, ruft Cheren, und schickt sein zweites Pokémon, ein Felilou, in den Kampf. Überrascht stelle ich fest, wie ähnlich es dem Felilou sieht, mit dem N in Gavina gegen mich gekämpft hat – die weiße Zeichnung seines sonst violetten Fells und das Blitzen in seinen grünen Augen wirken beinahe zu vertraut. Ich schüttle den Kopf, um den Gedanken loszuwerden – sicher nur ein Zufall – und überlege kurz, mein eigenes Felilou in den Kampf zu schicken, aber Louis ist noch zu unerfahren.

„Umi, hältst du noch ein wenig durch?“, erkundige ich mich, und Umi pfeift zustimmend. „Okay, dann los, Aquaknarre!“
 

Umis Erschöpfung macht sie stärker, und je enger es für sie wird, desto mehr ähnelt ihre Aquaknarre einem richtigen Sturzbach. Felilou kämpft verbissen, muss sich aber schnell geschlagen geben: wie schon Ns Felilou hat auch dieses dem Wasserschwall nichts entgegenzusetzen. Der Kampf ist gewonnen, und ich rufe Umi erleichtert in ihren Ball zurück, damit sie sich ausruhen kann. „Gut gemacht, Umi, vielen Dank!“

„Du auch Felilou, mach dir nichts draus“, ruft Cheren sein Pokémon zurück, „Wir gehen jetzt ins Pokémoncenter. Vielen Dank, dass wir den Platz nutzen durften, das war eine großartige Erfahrung.“

Cheren verbeugt sich vor dem Dozenten, und ich tue es ihm eilig gleich.

„Gerne doch“, versichert der Dozent lächelnd, „Es freut mich immer, so junge und motivierte Trainer zu sehen. Ich hoffe, ihr kommt hierher zum Studieren, wenn ihr mit eurer Reise und mit der Schule fertig seid.“

„Auf jeden Fall“, versichert ihm Cheren, „Genau das ist mein Plan.“

„Das Ottaro ist schon sehr stark, auch gegen einen überlegenen Typ. Das ist gut, wenn ihr in der Arena antreten wollt, aber sich darauf zu verlassen, wäre waghalsig“, mahnt der Dozent.

„Ist es eine Pflanzenanrena?“, fragt Bell hoffnungsvoll.

„Nicht direkt“, ist die Antwort, „Die Arena von Orion City ist ein wenig anders.“

Wir hören staunend, was der Mann uns erklärt: Die Arena von Orion City wird neuerdings von nicht einem, sondern drei Arenaleitern geführt, Drillingen, die sich je einem Element verschrieben haben – Pflanze, Feuer und Wasser. Je nachdem, welches Pokémon ein Trainer zu Beginn von Professor Esche erhalten hat, muss man gegen einen der drei antreten, und zwar genau gegen den, dessen Typ einem die größten Probleme macht. Umi ist stark, aber ob es für die Arena reicht? Der Dozent hat Recht, wenn er sagt, dass ich mich lieber auf andere Pokémon verlassen sollte.
 

„Das ist dann wohl der Grund, warum die anderen so untypisch lange in Orion City geblieben sind“, schlussfolgert Cheren, als wir durch das schwere Holztor und die steinernen Eingangsstufen hinunter ins Abendlicht treten. „Nicht, weil es die erste Arena ist, sondern, weil es so schwer ist... wir müssen Pokémon fangen, die einen Vorteil in der Arena haben, oder unsere Pokémon so trainieren, dass wir zumindest keinen Nachteil haben... das kann dauern.“

Die Gebäude werfen lange Schatten durch das rotgoldene Zwielicht, und wo die Sonne nicht mehr hinreicht, wird es schnell bitterkalt. Ich schaudere in meinen zu knappen Klamotten. „Lasst uns erstmal ins Pokémoncenter gehen“, bitte ich, „Es ist spät geworden, unsere Pokémon sind verletzt und wir sind alle hungrig. Wir können ja morgen auf Route Zwei zurückkehren und dort mit dem Training anfangen, meint ihr nicht?“

„Gute Idee“, findet Bell, und schlägt ein eiliges Schrittempo an, „Ich hab gehört, dass man auch in der Traumbrache östlich der Stadt gut trainieren können soll, aber die Trainer da sind so stark, dass nur unsere Starterpokémon eine Chance haben werden... Gina kann ich da im Traum noch nicht trainieren.“

„Dann erstmal Route Zwei, bis wir in der Traumbranche bestehen“, beschließt Cheren, „Vorher brauchen wir die Arena gar nicht versuchen.“

Die Schlange vor dem Pokémoncenter ist deutlich kürzer, und offenbar kommen wir genau richtig, weil in der Mensa gerade das Abendessen serviert wird. Zimmer sind noch reichlich frei, von den diesjährigen Trainern sind wir wohl unter den ersten, die diesen Ort erreicht haben und nicht selbst in Orion City wohnen. Wir essen, während unsere Pokémon versorgt und gefüttert werden, und reden noch lange über Pläne und Strategien, bevor wir uns auf unsere Zimmer verteilen und endlich die wunden Füße hochlegen können.



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