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Zusammen

von

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Woran wir zerbrechen

In dieser Nacht träumte Shaolan.

Sein Traum war eine Erinnerung aus seiner Kindheit. Wie alt mochte er damals gewesen sein? Drei? Vielleicht vier? Möglicherweise auch schon fünf. Es schien so lange, so ewig lange her zu sein, dass er sich nicht an dieses Detail erinnern konnte. Doch er erinnerte sich lebhaft an den Sturm, der in jener Nacht durch die Stadt gewütet hatte; an jedes Klappern der Dachziegel, an das erschreckend laute Schlagen der Fensterläden, an das ohrenbetäubende Quietschen der Gartentür, die vom erbarmungslosen Wind auf und wieder zu geschlagen worden war, immer und immer wieder. Er erinnerte sich an das Heulen des Windes, das geklungen hatte, als wären Monster aus den Untiefen seiner kindlichen Vorstellungskraft vor ihrem Haus zum Leben erwacht und nur wenige Schritte davon entfernt, hineinzukommen und ihn zu packen (vielleicht sogar zu fressen; was machten Monster sonst mit kleinen Kindern?).

In seinem Traum erinnerte Shaolan sich, wie er vor Angst in seinem Bett gebibbert hatte und in dem Augenblick genug davon gehabt hatte, den starken, furchtlosen Mann zu spielen, in dem sein Nachtlicht wegen eines Stromausfalls den Geist aufgegeben hatte. Die schwere Bettdecke rasch beiseite geschlagen, hatten ihn seine kleinen Füßchen in Rekordzeit in das Schlafzimmer seiner Eltern gebracht. Seine Eltern waren aus ihrem Bett hochgeschreckt, als er lautstark heulend und keinen kohärenten Satz zusammenbringend in das Zimmer gepoltert war. Sie waren aufgesprungen und zu ihm gerannt. Seine Mutter hatte sogleich ihre Arme beschützend und beruhigend um ihn gelegt und mit sanfter Stimme gesprochen:

„Hat dich der Sturm erschreckt?“

„Du musst keine Angst haben.“ Auch sein Vater hatte seine Arme um ihn gelegt. „Hier ist es sicher. Dir wird nichts passieren. Und der Sturm ist bald vorbei.“

„Möchtest du heute Nacht bei uns bleiben?“

Und wie er das gewollt hatte. Eng an seine Mutter geschmiegt und die starken Arme seines Vaters ebenso um ihn gelegt, war der kleine Junge Tsubasa geschwind in einen tiefen und ruhigen Schlaf gefallen.

 

Der junge Mann Shaolan erwachte desorientiert. So intensiv war sein Traum gewesen, dass er erst einmal nicht wusste, wo und wann er jetzt im Moment eigentlich war. Er hatte schon so lange, so ewig lange, keinen derart friedvollen Traum von seinen Eltern mehr gehabt. An sie zu denken war die meiste Zeit schrecklich schmerzhaft, doch gerade verweilte die Wärme, die er im Traum gespürt hatte, auf wundersame Weise bei ihm. Gemächlich öffnete Shaolan seine Augen und … erschrak.

Er hatte sich im Schlaf an Fye angeschmiegt.

Der Blonde schien sich daran zwar nicht zu stören, denn er hatte seine Arme um den Jungen gelegt, aber dennoch war Shaolan seine unbewusste Aktion furchtbar unangenehm. Es war auf Fyes Vorschlag hin gewesen, dass sie ihn (und eigentlich auch Mokona; wo steckte sie?) in die Mitte genommen hatten, da selbst mit ihrer warmen Kleidung und den Decken der Raum nicht gerade warm war. Shaolan hatte widersprechen wollen, aber Kurogane hatte jegliche Diskussion mit einem „Mach einfach, ich bin müde“ abgewürgt.

Aus dem Augenwinkel (Shaolans Kopf lag gegen Fyes Brustkorb gedrückt) konnte er erkennen, woher das zusätzliche Gewicht kam, das er auf sich spürte. Kurogane hatte seinen Arm über ihn drüber bis zu Fye hin ausgestreckt. Wie sollte er so denn aus seiner peinlichen Lage herauskommen, ohne die anderen zu wecken?

„Hnngh, nimm deine Ohren aus meinem Gesicht, Wollknäuel“, murrte es leise hinter ihm. Ah, begriff Shaolan, das plüschige Gefühl in seinem Nacken musste Mokona sein – und gleichzeitig wurde ihm schlagartig heiß, denn … Kurogane war wach und damit gab es keine Chance mehr, ungesehen aus seiner Lage zu entkommen.

„Mokona will noch weiter mit allen kuscheln“, fiepste sie.

„Du weckst die beiden noch.“ Kurogane zog vorsichtig seinen Arm zurück.

„Ah~, Kuro-papa kann so rücksichtsvoll sein“, entgegnete Mokona erfreut.

„Pssst!“

„Hu~h?“, ertönte es schlaftrunken. „Was soll dieser Lärm mitten in der Nacht?“

„Es ist helllichter Tag.“

Oh nein, jetzt waren alle wach?? Shaolan lief dunkelrot an.

Fye versuchte recht erfolglos ein Gähnen zu unterdrücken. Dann stutzte er. „Shaolan-kun?“, fragte er sanft. „Bist du wach?“

Unfähig, nun ein Wort herauszubringen, nickte er gegen den Brustkorb des Älteren.

„Warum rast denn dein Herz so?“ Fye löste seine Umarmung und schob sich selbst ein Stück zurück, um ihn anzusehen. Eine Hand fand umgehend den Weg auf seine Stirn. „Nein, Fieber scheint das nicht zu sein, obwohl dein Gesicht knallrot ist. Ist alles in Ordnung?“

„Ja!“ In Sekundenschnelle saß Shaolan kerzengerade im Bett und versuchte, auf schnellstem Wege dort hinauszukrabbeln. Dabei entging ihm der verwirrte Blick, den die zwei Erwachsenen schulterzuckend austauschten.

„Komisch“, flüsterte Mokona fast unhörbar zu sich selbst, „Shaolan fühlt sich doch gerade so glücklich.“ Irritiert neigte sie ihren Kopf.

 

Die Begrüßung durch Ruka und Reta war wie erwartet herzlich ausgefallen, während der Älteste das gesamte Frühstück hindurch weiterhin seine schlechte Laune pflegte. Wenn sie sich schon unter seinem Dach aufhielten, nörgelte er, dann mussten sie dafür auch etwas tun. Brennholz und Nahrung mussten herbeigeschafft werden und es wäre jawohl das Mindeste, wenn sie ihm dabei helfen würden. Shaolan bejahte ihm dies eifrig, aber ihm war aufgefallen, dass Rohi nur ihn und Kurogane dabei angesehen hatte. Fye ignorierte er vollkommen.

„Ihr seid also unterwegs, weil ihr etwas sucht?“, hakte der Älteste misstrauisch nach.

Shaolan nickte zaghaft. „Es wäre allerdings schwierig, genauer zu erklären, was-“

„Ist mir auch egal, solange ihr schnellstmöglich wieder verschwindet.“ Die Augen des Alten formten sich fast zu Schlitzen, als sie auf Kurogane landeten. „Du siehst stark aus, Großer. Bist bestimmt ein geachteter Mann, da wo ihr herkommt, oder?“

Ein hochmütiges Grinsen legte sich auf die Lippen des Angesprochenen. „Geachtet und gefürchtet.“ Dem darauffolgenden Hustens seitens Fye, das klang, als sollte es schlecht ein „eher missachtet und gefoppt“ überdecken, schenkte er ausnahmsweise mal keine Beachtung.

„Ein stattlicher Mann wie du hat doch gewiss eine Frau und Kinder. Ist es dir nicht schlimm, dass du deine Familie für diese Reise zurücklassen musstest?“

Nicht nur der Ninja stutzte an dieser Stelle. Fye und Shaolan war es ebenso aufgefallen. Der alte Mann wollte doch auf irgendetwas hinaus.

„Überhaupt nicht schlimm“, antwortete Kurogane pragmatisch. „Ich denke jeden Tag an sie. Ist eigentlich sogar ziemlich unmöglich, sie zu vergessen.“

Während Rohi mit dieser Antwort – aus unerklärlichen Gründen - sichtlich zufrieden war, blinzelte Shaolan verständnislos und Fye blickte gänzlich verwirrt drein. Was redete Kurogane da?

Ruka schnalzte abschätzig mit der Zunge. „Vater“, schalt sie ihn und der Gerüffelte schwieg für den restlichen Verlauf des Frühstücks.

(Schneefrüchte, so hob Mokona es glückselig hervor, waren übrigens unfassbar lecker.)

 

Zu Fyes Missmut dehnte sich Rohis Skepsis ihm gegenüber auf die bevorstehenden Aufgaben aus. Der Älteste beharrte darauf, nur Shaolan und Kurogane mitnehmen zu wollen.

„Wir erledigen das zügig und finden hoffentlich nebenbei noch etwas über dieses Drachenvieh raus, damit uns eine Idee kommt, wie man es platt machen kann“, raunte Kurogane ihm zu, als sie in ihrem Zimmer darauf warteten, mit dem Ältesten und Reta loszuziehen.

„Eben! Der Drache, Kuro-rin! Was ist, wenn der Drache auftaucht?“

„Wenn wir keinen Treffer landen können, dann machen wir das, was die Leute hier auch tun: in den verdammten Schnee abtauchen.“

„Aber-“

Kurogane stöhnte. „Wenn der Alte etwas gegen Magier hat, wird es einfach nur unnötig anstrengend, wenn du mitkommst. Quetsch du diese Ruka oder wie sie heißt aus.“

Fye zog einen Schmollmund, den der Ninja allerdings gekonnt ignorierte. Er deutete Shaolan an, aufzubrechen und der Junge folgte ihm – mit entschuldigendem Blick zu dem Blonden - auf dem Fuße. Mokona nahmen sie aus Verständigungsgründen sicherheitshalber ebenso mit (was die kleine Kreatur nicht so toll fand, denn draußen war es bitterkalt, aber wenn Mokona tapfer sein musste, dann würde Mokona tapfer sein!).

„Warum bestehst du darauf, Fye-san hier zu lassen?“, flüsterte Shaolan dem dunkelhaarigen Mann zu, nachdem sie aus der Hörweite des Magiers verschwunden waren.

„Mir gefällt nicht, wie dieser Älteste ihn anguckt“, war alles, was Kurogane ihm zur Antwort gab.

 

Ruka seufzte, als Fye in den Wohnraum trat. Die junge Frau saß mit ihrem schlafenden Kind auf dem Boden und schüttelte den Kopf, als er sich zu ihr gesellte.

„Mein Vater ist unmöglich, bitte verzeih.“

Er lachte und winkte mit einer Hand ab. „Mach dir keinen Kopf. Ich dachte erst, er würde sich daran stören, dass ich den Mantel trage, aber ich glaube langsam, er hat eher ein Problem mit Magiern, oder?“

Sie seufzte von neuem. „Das scheint leider wahr zu sein. Er mag es gar nicht, wenn unser Magier zur Sprache kommt. Anscheinend hat er eine Abneigung gegen alle Magier.“

Ohne dass Ruka es sehen konnte, wurde Fyes Miene für einen flüchtigen Moment todernst. Ein unheilvolles Gefühl in seinem Innern warnte ihn davor, seinen Gedanken auszusprechen, doch es nagte zu sehr an ihm, als das er es einfach ausblenden konnte. Es war ihm bereits am Vorabend aufgefallen. Die Kleidung, die Kurogane und Shaolan erhalten hatten, hatte ungefähr ihre eigenen Größen, aber … - dieses Gewand, das er erhalten hatte … es passte, als wäre es ihm auf den Leib geschneidert worden.

„Kannst du mir etwas über den Magier erzählen?“, fragte Fye betont heiter und beiläufig. „Mich würde interessieren, wie er so war.“

Grüblerisch runzelte Ruka ihre Stirn. „Hmm … mal überlegen. Das ist lange her und ich war wie gesagt noch sehr klein. Ich kann mich kaum an ihn erinnern.“ Nachdenklich ließ sie ihren Blick zur Decke und durch den Raum schweifen, bis er wieder auf ihrem Gesprächspartner landete. „Ah, ja! Ich kann mich erinnern, dass er ganz helle Haare hatte, so wie deine.“

„So?“ Fye lächelte, während sich das unheilvolle Gefühl in seinem Innern weiter ausbreitete.

„Ja!“ Die zurückkehrenden Erinnerungen zauberten Ruka ein erfreutes Lächeln aufs Gesicht. „Und seine Augen waren genauso blau gewesen ...“ Das Lächeln ebbte ein wenig ab. „ … aber sie haben nicht so gestrahlt wie deine. Nein. Irgendwie hat er immer sehr betrübt ausgesehen.“

„Du sagtest, er wollte mit den anderen Menschen im Dorf nichts zu tun haben?“

Sie nickte. „Ich hatte ihn einst gefragt, warum er immer allein war.“

„Und was hat er geantwortet?“ Fye ließ die Anspannung in seinem Innern nicht nach außen scheinen.

„Dass … dass die einzig richtige Lebensweise für jemanden wie ihn wäre. Weil Magier und Menschen sich niemals zu nahe kommen sollten, da Erstere viel, viel länger leben als Letztere und somit nur verletzt würden, wenn sie sich mit den Menschen einließen. Daher war ich auch so verwundert, dass du mit den beiden Menschen - … Fye? Habe ich etwas Falsches gesagt?“ Während sie sprach, hatte sich plötzlich ein erschütterter Ausdruck über das Gesicht des Anderen gelegt.

„N-nein.“ Er schüttelte hastig den Kopf. „Entschuldige. Erzähl bitte weiter.“

„Na ja, jedenfalls war er in seiner gesamten Zeit hier ein Einsiedler und den anderen Dorfbewohnern unheimlich. Nur meine Mutter war stur und hat ihn immer wieder besucht. Und manchmal hat sie mich mitgenommen. Er wollte sie auch immer wegschicken, aber gegen ihren Dickkopf war kein Kraut gewachsen.“ Ruka lachte wehmütig. „Ja, ich weiß noch, wie er sie angeschrien hat, sie würde doch auch eh nur sterben, so wie alle anderen. Damals habe ich das nicht verstanden, aber heute glaube ich, dass er wirklich, wirklich einsam und verzweifelt war.“

Ein Kloß bildete sich in Fyes Hals, der es ihm fast unmöglich machte, seine unbekümmerte Fassade aufrecht zu erhalten. „Du … du weißt nicht, woher er ursprünglich kam, oder?“

Sie überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Nein. Meine Mutter sagte mal, dass er durch viele Dimensionen gereist sei, weil er vor etwas davonlief, aber wo er ursprüng-“

„Vor was war er davon gelaufen?“ Er fiel ihr so abrupt ins Wort, dass sie zusammenzuckte.

„So-soweit ich weiß ...“ Ruka sah ihr plötzlich aufgekratztes Gegenüber perplex an. „Er hatte wohl jemanden verloren und es nicht geschafft, über diesen Verlust hinweg zu kommen ...“

Entgeistert schnellte Fyes Blick zu dem blau-roten Muster seines Gewandes. „Wen??“, rief er atemlos aus und verschreckte die Frau damit zunehmend. „Wen hat er verloren??“

„Einen geliebten Menschen, a-aber mehr weiß ich dazu nicht!“

Das Baby in ihren Armen fing an zu schreien und Fye hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Als hätte sich eine Schnur um seinen Hals gelegt, die mit jeder weiteren Information fester zugezogen worden war.

„Du bist ganz blass“, stellte Ruka besorgt fest, während sie das Kind schaukelte, um es zu beruhigen. „Fühlst du dich nicht gut?“

Fye zwang sich, Luft zu holen. Er führte eine zittrige Hand zu seiner mit einem Mal schweißnassen Stirn. „N-nein … n-nein, es … es ist nichts“, brachte er angestrengt hervor. „Er … er hatte einen geliebten Menschen verloren?“

Zögerlich nickte Ruka. Sie hatte Angst, jedes zusätzliche Wort könnte ihren Gast weiter aufregen. „Es muss jemand gewesen sein, den er über alles geliebt hatte. Und … er hatte ihn wohl einfach überlebt.“

„V-verstehe ...“ Es war ihm selbst bewusst, dass er an dieser Stelle hätte aufhören sollen; dass Kurogane ihm eins überbraten würde, wenn er wüsste, dass er trotzdem weiter nachhakte. „Wie … wie ist der Magier gestorben?“

Der Ausdruck in Rukas Augen war eigentlich Antwort genug. „Er … er hat sich selbst das Leben genommen.“

Fye nickte; es war eine rhetorische Frage gewesen, deren Antwort er längst gewusst hatte. Genau wie ihm die Antwort auf die nächste Frage bereits qualvoll bekannt war:

„Wie war sein Name?“

Ruka sah ihn abwartend an, als würde sie überlegen, ob es klug war, ihm diese Information mitzuteilen. Sie schluckte schwer, bevor sie antwortete:

„Yui.“

Fye rannte nach draußen und übergab sich.

 

Mit sich hadernd kaute Ruka auf ihrer Unterlippe, während sie ihren leichenblassen Gast dabei beobachtete, wie er sich, nachdem er eine Zeitlang im Raum fahrig auf und ab gewandert war, endlich wieder hinsetzte.

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?“

„Es … es geht schon.“ Fye konnte sich nicht erinnern, wie lange es her war, dass ein forciertes Lächeln so weh getan hatte. „Du darfst nur nicht vergessen, was du mir versprochen hast.“

„Ich werde deinen Begleitern nichts von unserem Gespräch verraten … aber, Fye? Warum soll ich ihnen das nicht erzählen?“

Weil Kurogane ihn sonst gleich im Verdacht hätte, etwas Ähnliches tun zu wollen wie der Yui dieser Welt; weil das dann zu einem Streit führen würde (weil Kurogane nicht Unrecht hätte); weil Shaolan und Mokona sich Sorgen machen würden und besonders der Junge schon genug eigene Sorgen hatte; weil Fye es selbst nicht glauben konnte, dass er so dumm gewesen war, dieses Thema zu verdrängen und die Schwere dieser Angelegenheit ihn nun mit voller Wucht zu erdrücken drohte. Aber nichts davon sollte Rukas Problem sein.

„Weil … weil es so besser ist.“

„Ich habe das Gefühl, ich habe irgendetwas Falsches-“

Der Blick des Magiers schnellte zu der Frau. „Nein. Du hast nichts Falsches gesagt oder getan.“ Unbewusst strich er mit einer Hand über den roten Teil des Musters auf seinem Gewand. „Ich bin der, der Fehler macht“, fügte er leise hinzu.

„Ich … ich bin froh, dass dir die Kleidung passt“, sagte Ruka hastig und offensichtlich verzweifelt um einen Themenwechsel bemüht. „Ist dir auch warm darin?“

„Ja. Besonders der hier leistet mir gute Dienste.“ Seine Hände strichen nun über den Mantel. „Ich danke dir, dass du ihn mir gegeben hast.“

Ein wenig Anspannung fiel von Ruka ab. „Das freut mich. Ich weiß gar nicht, ob ich das sagen sollte ...“ Sie lächelte schuldbewusst, als wäre ihr etwas unangenehm. „Aber als ich dich zum ersten Mal sah, hatte ich dich für eine Frau gehalten.“ Sie lachte verschämt.

Fye blinzelte sie überrascht an. „Wirklich?“

„Aber ja! Ist dir das zuvor noch nie passiert?“

„Nicht, dass ich wüsste.“

„Hast du auch eine Familie, dort, wo ihr herkommt? Deine Kinder müssen wunderhübsch sein.“

„Äh ...“ Dem Blondschopf fehlten die Worte. Er selbst redete ja immer davon, dass Shaolan und Sakura ... und 'Shaolan' und 'Sakura' seine Kinder waren (und Mokona natürlich), aber es würde in Arbeit ausarten, das Ruka zu erklären. Außerdem war er immer noch nicht darüber hinweg, was in aller Welt Kurogane beim Frühstück geredet hatte. Kurogane hatte keine Frau und keine Kinder in Nihon. Punkt. Das hätten sie damals schließlich in Erfahrung gebracht, wenn dem so wäre. Der Mann hatte es zudem nicht mit Heimlichtuereien und so etwas würde er nicht all die Zeit vor ihnen verbergen können. Was hatte also diese merkwürdige Antwort von ihm zu bedeuten?

„Ich habe keine leiblichen Kinder“, antwortete er schließlich ganz diplomatisch.

„Wirklich nicht? Wie schade!“ Ruka schien ehrlich enttäuscht zu sein. „Ich könnte mir vorstellen, dass du sehr gut mit Kindern kannst.“

„Meinst du?“ Fye winkte bescheiden ab.

„Warte mal.“ Sie stand auf, ging zu ihm und schob ihm ihr Kind in die Arme. Dann wartete sie ein paar Augenblicke ab, während der Blonde sie verdattert und fragend anschaute. Letztlich begann sie zu lächeln. „Siehst du? Siehst du? Normalerweise schreit sie gleich immer, wenn jemand anderes sie nimmt, aber bei dir bleibt sie ganz ruhig!“

Der Magier senkte seinen Blick zu dem Bündel in seinen Armen. Der Hauch eines zufriedenen Lächelns stahl sich auf sein Gesicht. Im gleichen Moment ging die Haustüre auf und die vier Männer (plus eine aus Shaolans Umhang herausguckende Mokona) kamen wieder hinein. Durch den kalten Luftzug von draußen, drückte Fye das Kind noch enger an sich, was dieses mit einem glücklichen Glucksen kommentierte. Und dieser Anblick dem eintretenden Kurogane ein gutes Dutzend Fragezeichen ins Gesicht trieb.

„Ist bei euch alles gut?“, fragte Reta, sichtlich erfreut, dass sein Kind so froh zu sein schien.

Unglücklich auffällig zögerte Ruka, ehe sie ebenso auffällig plötzlich frenetisch nickte. „Ja. Ja. Bei uns ist alles ... gut.“

Autsch, dachte Fye. Klang er auch so, wenn er log? Dann war es kein Wunder, dass Kurogane durch ihn durch sehen konnte. Der Ninja jedenfalls runzelte sogleich die Stirn. Wie argwöhnisch konnte man sein?

„Habt ihr über irgendetwas Geheimes geredet?“, fragte Reta im Scherz, während Rohi merklich unzufrieden das Kind aus Fyes Armen riss.

„Ha ha, gewiss nicht“, entgegnete Ruka, nachdem sie ihrem Vater erneut einen missbilligenden Blick zugeworfen hatte. „Wir sprachen gerade davon … dass es eine Schande ist, dass Fye keine eigenen Kinder hat.“

Der Erwähnte spürte die verstörten Blicke seiner beiden Kameraden auf sich und lächelte gequält. „Themenwechsel!“

 

„Hey, Klops, hör auf, dir so viel von dem Schneefruchtzeugs reinzuschaufeln. Du hast doch gesehen, was es für eine Arbeit macht, die Dinger zu pflücken.“ Kurogane knurrte Mokona an, als sie beim Essen eine Schale Schneefruchtmus nach der anderen verdrückte.

„Die Bäume, auf denen sie wachsen, schnappen mit ihren Ästen nach einem, wenn man sie pflücken will“, erklärte Shaolan in Fyes Richtung.

„Ah~, verstehe. Aber lecker sind sie.“ Der Magier spürte zum wiederholten Mal, seit sie alle wieder versammelt waren, Kuroganes musternden Blick auf sich – und ignorierte dies mit der größten Nonchalance, die er aufbringen konnte.

„Euer Plan ist trotzdem eine dumme Idee“, äußerte Ruka. „Warum wollt ihr gegen den Drachen kämpfen?“

„Wir wollen nicht gegen ihn kämpfen“, korrigierte Kurogane sie, „wir wollen das Vieh töten.“

„Das läuft immer noch darauf hinaus, dass es eine dumme Idee ist“, konterte Reta seufzend. „Wir haben all die Jahre noch keinen Weg gefunden, ihn zu töten. Und warum wollt ihr euer Leben dafür riskieren? Ihr könnt doch einfach weiterreisen.“

„Nein“, antwortete Shaolan bestimmt. „Wir wollen euch helfen.“

„Lasst sie doch“, warf Rohi kühl ein, „ist nicht unser Problem, wenn sie dabei sterben.“

„Vater!“

„Zeigt ihr uns morgen wie verabredet euer Waffenarsenal?“, fragte Kurogane und Reta nickte achselzuckend.

„Wenn ihr darauf besteht.“

„Ah!“, machte Fye plötzlich. „Ich will mir die am Dorfeingang angebrachte Barriere noch ansehen, bevor es dunkel wird.“ Er stand eilig – für Kuroganes Verständnis zu eilig – auf. „Mokona, willst du mich begleiten?“

„Warum willst du das Wollknäuel mitnehmen?“

Der Blonde schluckte seinen Ärger über das Misstrauen des Anderen zügig runter. „Weil Mokona etwas von magischen Barrieren versteht.“

„Mokona ist ziemlich klug, aber ob ich davon mehr verstehe als du, Fye?“

„Soll ich auch …?“, fragte Shaolan, wurde aber gleich von dem Magier abgewürgt.

„Nicht nötig. Wärm dich hier drinnen weiter auf.“ Fye hielt seine Hände auf und Mokona sprang ihm sofort entgegen. Sie krabbelte unter seinen Mantel und guckte oben am Halsausschnitt heraus. „Wir sind gleich zurück.“ Die skeptischen Blicke Kuroganes bohrten sich beinahe in seinen Rücken, als er das Haus verließ.

 

Die Barriere hatte er im Handumdrehen analysiert – was Mokona nicht wissen durfte. „Könntest du mir einen großen Gefallen tun?“, fragte Fye sie nach einer Weile. Inzwischen war es fast dunkel und die Dorfbewohner hatten sich alle in ihre Häuser zurückgezogen.

„Jeden!“

Bei dem freudigen Ausruf musste Fye unwillkürlich lächeln. „Ich möchte mit Watanuki-kun sprechen.“

Sie neigte ihren Kopf zur Seite. „Warum?“

„Ich muss ihn etwas fragen. Und könntest du währenddessen schlafen?“

Mokonas Gesicht verriet, dass ihr die ganze Sache nicht gefiel. „Fye? Warum bist du so traurig und nervös? Heute Morgen warst du das noch nicht.“

Er streichelte mit einer Hand über ihren Kopf. „Tust du mir bitte diesen Gefallen? Es ist sehr wichtig. Und du darfst Kuro-sama und Shaolan-kun nichts davon erzählen.“

„Hmm … hmm …“ Das kleine Wesen haderte mit dieser Bitte. „Okay. Wenn es dir so wichtig ist. Aber du musst mir versprechen, dass du uns sagst, wenn dich etwas bedrückt.“

„Versprochen.“ Es tat ihm zutiefst weh und leid, ihr so ins Gesicht zu lügen, aber die Zeit drängte. „Und du versprichst mir, worum ich dich gebeten habe?“

Zaudernd nickte Mokona, bevor sie die Verbindung zu Watanuki herstellte und einschlief.

„Fye-san?“ Der bebrillte Junge war offensichtlich überrascht.

„Watanuki-kun, ich hoffe, ich störe dich nicht?“

„Nein, tust du nicht. Ist bei euch alles in Ordnung?“

„Ja. Shaolan geht es so weit gut. Allerdings müsste ich dich etwas fragen und ich habe nicht viel Zeit.“ Kurogane könnte hier auftauchen, wenn er zu lang wegbliebe und das durfte unter keinen Umständen geschehen. Watanuki nickte und Fye holte tief Luft, um fortzufahren: „Gibt es einen Weg, mit dem ich meine Lebenszeit an die der Menschen um mich herum anpassen könnte?“

Der dunkelhaarige Junge stutzte heftig. „Wie meinst du das?“

„Damit ich nicht länger lebe als sie.“

„Das … das ist ein schwieriges Unterfangen, Fye-san. Du bist nun mal halt ein Magier. Und wenn du das als Wunsch formulieren würdest, hätte dies einen gewaltig hohen Preis.“

„Das habe ich bereits befürchtet. Vielleicht steht in irgendeinem von Yukos Büchern etwas dazu? Irgendein Fluch, ein Zauberspruch, irgendetwas?“

„Ich könnte einmal nachsehen ...“

„Tu das bitte.“

„Fye-san?“

„Ja?“

„Mach dir bitte keine zu großen Hoffnungen.“

„Hab schon mal vielen Dank, Watanuki-kun.“

Der Junge seufzte bekümmert, ehe die Verbindung beendet wurde und Fye geschwind zurück zum Haus eilte – vor dem ihn ein sehr vertrautes, skeptisches Gesicht begrüßte.

„Kuro-pon, was stehst du hier draußen in der Kälte?“ Fye wollte geschickt an ihm vorbei ins Innere des Gebäudes gleiten, doch Kurogane packte ihn – behutsam – an einem Arm.

„Ist irgendwas vorgefallen?“

Der Magier sah ihn fragend an. „Was meinst du?“

„Du benimmst dich seltsam.“

„Seltsamer als sonst?“

Anstatt zu antworten, fixierten ihn zwei ernste, rote Augen. Es war kaum zu fassen, was für einen Druck er nur mit diesem Blick auf ihn ausüben konnte. Halb aus Verlegenheit, diesem Druck ausweichen zu wollen und halb aus einer plötzlich aufkommenden Sehnsucht nach der Wärme des Anderen, lehnte sich Fye leise seufzend gegen den größeren Mann, der umgehend seine Arme um ihn legte.

„Weißt du, was dein Problem ist?“

„Mein Problem?“ Kurogane hob eine Augenbraue.

„Du machst dir immer zu viele Sorgen um mich.“

Kurogane wollte darauf etwas erwidern, doch Fye bibberte theatralisch und machte sich schnell auf ins Haus.

 

Zurück in ihrem Zimmer erklärte Fye ausladend, um was für eine Barriere es sich handelte und ob ihnen das irgendetwas für den Kampf gegen den Drachen bringen würde (jein, denn um den Drachen zu versiegeln, reichten Fyes Fähigkeiten nicht, aber es war hilfreich zu wissen, dass Barrieren gegen die Echse Wirkung zeigten).

„Ist Mokona draußen eingeschlafen?“ Shaolan hielt die schlafende Kreatur in seinen Händen.

„Ja. Sie muss von dem aufregenden Tag sehr erschöpft gewesen sein. Du siehst auch recht müde aus.“

„Das kommt davon, dass wir einen Umweg gegangen sind, damit dieser Reta uns von weitem zeigen konnte, wo der Drache sich normalerweise zum Schlafen hin verzieht“, erläuterte Kurogane.

Fye warf Shaolan einen sanftmütigen Blick zu. „Ich weiß, du willst den Menschen hier helfen, aber übernimm dich bitte nicht, hörst du?“

Schwach nickte der Junge. „Ich kann nicht weiterziehen, ohne dieses Problem beseitigt zu haben. Das … das würde mich für alle Zeit verfolgen. Und ich könnte mich nicht mehr darauf konzentrieren, meinen …“ Shaolan stockte plötzlich und wusste nicht warum. Meinen Eltern zu helfen, hatte der Satz lauten sollen, doch als er dies sagen wollte, hatte er auf einmal das Bedürfnis, in die Gesichter seiner Begleiter zu blicken und daraufhin hatte er sich unfähig gefühlt, den Satz zu beenden.

„Eins nach dem anderen“, stöhnte Kurogane, „wie oft muss ich es denn noch sagen?“ Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass auch der Magier für den Bruchteil einer Sekunde ein erschüttertes Gesicht gemacht hatte.

Diesem war seine Entgleisung rasch aufgefallen und lächelnd drängte er die anderen dazu, schnell ins Bett zu gehen, damit sie am nächsten Tag ausgeschlafen waren. Fye wusste, dass Kurogane ihn nicht löchern würde, solange Shaolan dabei war (der vehement darauf bestand, nicht mehr in der Mitte zu liegen und sich mit so viel Abstand, wie die schmale Schlafstätte es erlaubte, neben Kurogane kauerte und ihm den Rücken zudrehte). Der Ninja fluchte innerlich, weil auch Fye ihm den Rücken zuwandte und es deutlich wurde, dass niemand, absolut niemand hier aussprach, was in ihm vorging.

Der Blondschopf spürte erneut die unzufriedenen Blicke, die sein Hinterkopf abbekam, aber sie waren in diesem Moment nicht das, was ihn am meisten beschäftigte. Shaolan hatte seine Eltern erwähnen wollen, die Kinder, wegen denen sie unterwegs waren und ein furchterregender Gedanke hatte Fye wie ein Blitz getroffen: Was war, wenn sie ihre Mission nicht zu Lebzeiten Kuroganes und Shaolans und Sakuras abschließen konnten? Was war, wenn die Menschen um ihn herum alle alterten und starben und er alleine zurückblieb? Was, wenn das Schicksal einen so grausamen Humor hatte, dass er einen Weg finden würde, Shaolans Eltern zurückzubringen, nachdem Shaolan bereits tot wäre? Müsste er ihnen sagen, dass ihr Sohn nach einem hoffentlich langen, aber unglücklichen Leben gestorben wäre? Könnte er so eine schreckliche Botschaft überbringen? Würde, sollte er überhaupt nach ihnen weitersuchen? Sämtliche Gefahren, in die sie ständig gerieten, außer Acht gelassen, was für eine Lebenserwartung hatten Kurogane und Shaolan? Wie viel Zeit blieb ihnen noch?

Zu wenig.

Einfach zu wenig.

Fyes Finger verkrampften sich in sein Gewand. Was sollte er ohne Kurogane machen? Welchen Sinn hatte es, ohne ihn weiterzuleben? Wie hatte er so etwas Essentielles nicht bedenken können? Wie hatte er so dumm sein können, anzunehmen, er könnte glücklich werden? Er war verflucht – bis in alle Ewigkeit.

Ein Arm, der sich um ihn legte, durchbrach sein düsteres Gedankenkarussel.

„Du vergisst schon wieder zu atmen“, raunte Kurogane leise. Stille Tränen fielen blasse Wangen hinab, während Fye die Hand des Anderen so fest hielt, als würde sein Leben davon abhängen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lady_Ocean
2022-09-25T13:07:31+00:00 25.09.2022 15:07
Das Kapitel zeigt sehr deutlich, was Fyes Ängste wieder an die Oberfläche treten ließ. Das Wissen, dass es sich bei dem tragischen Magier in dieser Welt um eines seiner Ebenbilder gehandelt haben musste, und dass dieser am Ende in seinem Unglück ertrank und sich das Leben nahm, das wühlt natürlich eine ganze Menge wieder auf. Und es ist auch kein Wunder, dass Kurogane so genau mitbekommen hat, dass Fye sich seit Dragoon so merkwürdig verhält. Solch einen Schlag kann man wahrlich nicht verschleiern. Vor allem vor Kurogane nicht. Interessant fand ich auch, dieses erste Gespräch zwischen Fye und Watanuki nun auch im Gesamten mitzubekommen. :) Fyes Erklärung nach, dass Watanuki diesen Fluch gefunden hatte, Fye den aber als zu gefährlich eingestuft und diese Option daher abgelehnt hat, wird es noch wenigstens ein weiteres Folgegespräch gegeben haben. Ich vermute, an diese Stelle kommen wir wahrscheinlich in einem der nächsten Kapitel.

Und auch Shaolan scheint sich seit Dragoon vermehrt mit der Frage auseinanderzusetzen, wer Fye und Kurogane für ihn mittlerweile eigentlich sind. Er stolpert immer öfter über den Vergleich zu seinen Eltern. Sie sind nun schon so lange unterwegs, haben viel gemeinsam durchgemacht, kennen einander gut und Kurogane und Fye stehen wirklich immer schützend vor ihm wie Elternteile. Die beiden stört dieser Gedanke wahrscheinlich auch gar nicht. Nur Shaolan selbst muss damit irgendwie umgehen lernen. Wahrscheinlich hat er in seinem Innern Angst, dass er damit seine leiblichen Eltern hintergeht, die er auf dieser Reise doch so verzweifelt sucht. Mal sehen, ob Shaolan mit diesem Konflikt irgendwann seinen Seelenfrieden finden wird.

Von der Umsetzung her fand ich eine einzige Szene nicht ganz überzeugend, und das war bei dem Gespräch zwischen Fye und Ruka, als sie über den Magier dieser Welt gesprochen haben. Ruka begann das Gespräch mit den Worten, dass sie damals noch zu klein gewesen sei und sich kaum erinnert. Aber dann spricht sie doch ziemlich detailliert über ihre Erinnerungen. Und erinnert sich zum Schluss sogar an den Namen. Dabei wäre es gar nicht mal verwunderlich gewesen, wenn niemand in dieser Welt den Namen gekannt hätte, so zurückgezogen, wie Yui damals gelebt hat. Es wäre gut vorstellbar gewesen, dass er seinen Namen niemals preis gegeben hatte. Aber mit ein paar unbedachten Kommentaren wie "Das ist alles schon so lange her, dass ich unseren Magier fast vergessen hatte. Aber wenn ich dich sehe, fühle ich mich irgendwie in die Vergangenheit zurückversetzt. Mit den hellen Haaren und dem Mantel siehst du genauso aus wie er. Vielleicht spielt mir meine Erinnerung aber auch einfach Streiche. Es ist ja wirklich schon ewig her. Und er war immer so distanziert, so ... traurig. Fast schon wie tot. Oder seelenlos? Er hatte nicht dieses Funkeln in den Augen wie du. - Fye, was hast du?" Ich denke, ein unbedarftes Schwelgen in Erinnerungen auf so eine ähnliche Art würde Fye schon mehr als genug Anlass geben, da zweifelsfrei Yui zu vermuten. Ob es sich am Ende tatsächlich um Yui handelte oder nicht, kann man eigentlich auch offen lassen. Wichtig ist ja, dass Fye davon überzeugt ist. Zusammen mit seinem traurigen Ende. Denn diese Überzeugung ist es ja, die Fye in seinen Grundfesten so erschüttert.
Antwort von:  rokugatsu-go
01.10.2022 13:57
Du hast in diesem Kommentar schon einen Teil aus dem neuen Kapitel vorweggenommen. *lach* Du bist ein wirklich sehr aufmerksamer Leser. :)
Watanuki vorkommen zu lassen hat mich, um ehrlich zu sein, ein wenig nervös gemacht. Er gehört zu den Charakteren, die ich eher verwirrend und kompliziert finde. Aber schön, dass du das Gespräch interessant fandest. ^^

Ah~, ich mag deine Schlussfolgerungen so sehr. Gut, wir verbleiben da mal bei "mal sehen." ;)
Shaolans "Elternproblematik" ist bei der Enstehung meiner Geschichte mitgewachsen. Zu Beginn war der Fokus rein auf Fye, aber dann begann ich automatisch, darüber nachzudenken, wie Shaolan sich bei der ganzen Sache wohl fühlt und so wurde aus einer ursprünglichen kleinen Idee eine viel größere Geschichte, als ich eigentlich gedacht hatte. ^.^

Du bist zu nett zu Fye. Da muss schon der Holzhammer ran. *lach*
Nein, im Ernst, deine Version hatte ich in Gedanken auch durchgespielt, aber zugunsten dieser Version verworfen. Ich wollte die Eindeutigkeit (aka den Holzhammer XD). Fye hat ja auch gleich die Ahnung, dass da eines seiner Ebenbilder im Spiel gewesen sein musste. So wird ihm indirekt bestätigt, dass seine düstere Ahnung dann auch der Wahrheit entspricht - was bei Fye dazu führen könnte, daran zu glauben, dass alles Schlimme, was er sich vorstellt, auch wahr wird.
Was Rukas Erinnerungen angeht, hatte ich gehofft, es würde durchscheinen, dass sie sich im Gespräch mit Fye langsam erinnert und zeitgleich auch nicht ganz klar ist, was tatsächlich ihre Erinnerungen sind und was ihre Mutter ihr vielleicht erzählt hat. Das hätte dann wahrscheinlich noch etwas eindeutiger sein können.

Ich danke dir wieder sehr für deinen Kommentar! ^__^
Bin gespannt, was du zum neusten Kapitel sagen wirst. Danach verlassen wir Dragoon übrigens wieder. ;)
Antwort von:  Lady_Ocean
03.10.2022 07:57
*haha* Danke. ^^
Watanuki finde ich auch nur schwer greifbar. Er hat sich in Holic sehr entwickelt, aber weil er dennoch im Grunde ein stiller Charakter ist, spielte sich vieles davon unter der Oberfläche ab. Das erschwert es mir auch, seine Gedanken und damit seine nächsten Schritte zu greifen.

Interessant, dass du auch beide Versionen durchgespielt hast und dich dann ganz bewusst für den Holzhammer entschieden hast. :D Aber wenn Ruka diese Details alle im Gespräch wieder einfallen (sowas hat man ja echt oft. Dass beim Sprechen plötzlich Erinnerungen wieder wach werden. Oder zumindest mögliche Versionen einer Erinnerung). Ich vermute, ich habe das durch ihren Sprachfluss nicht so gut herausgelesen. Wenn einem plötzlich was einfällt, bricht man ja normalerweise mitten im Gedanken ab und setzt ganz unerwartet neu an. Manchmal auch zeitverzögert. Also wenn das eigentliche Thema schon verstrichen ist. Wer weiß, vielleicht wäre so ein etwas chaotischer Gesprächsstil auch eine Option für dich - entweder, wenn du an das Gespräch noch mal Hand anlegen möchtest oder falls du zukünftig eine ähnliche Szene ausarbeiten möchtest. :)
Antwort von:  rokugatsu-go
08.10.2022 14:04
Danke, dass ich mit dem Wataknuki-Problem nicht alleine bin. ^^° Ich kenne von Holic nur den Film und der hat nicht unbedingt geholfen.

Eigentlich gilt: Wenn ich schon denke "Ist das deutlich genug?", sollte ich es schon deutlicher machen, aber dann will ich auch nicht alles zu sehr ausbreiten. Aber ja, ich glaube, falls ich noch mal so eine Szene schreibe, halte ich mich an deinen Vorschlag. Danke. :)


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