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Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht

von

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Vergangenheit – 3. Dezemberwoche – Der feine Unterschied zwischen necken und piesacken liegt im Auge des Betrachters

 

 

Noch am selben Abend sucht Hijikata Rat bei seinem ältesten und besten Freund. Und wie so oft in solchen Fällen sitzen sie sich dabei in Kondōs Quartier auf den Tatami-Matten gegenüber und Kondō kredenzt seine neueste Tee-Entdeckung. Diesmal ist es weißer Jasmin aus einer Region, von der Hijikata noch nie gehört hat. Hijikata ist eher nach einem guten Sake, aber er will Kondō nicht beleidigen.

Kondō seinerseits weiß eigentlich schon seit heute Nachmittag, als Hijikata ins Hauptquartier zurückkehrte, dass diesen irgend etwas beschäftigt und hat seitdem nur auf diesen Moment hier gewartet.

„Vielleicht habe ich ihn all die Jahre wirklich gepiesackt“, meint Hijikata ohne große Einleitung, während er nervös an seiner Zigarette zieht.

Das ist das Gute an Kondō: wenn es darauf ankommt, versteht er Hijikata auch ohne Worte. Er weiß sofort, wen er meint.

„Ah, Tōshi, du kennst doch Zaki – er wird es dir sicher verzeihen. Wenn er das nicht schon längst hat.“

Hijikata ist nicht überzeugt. Und es ist nicht das, was er gemeint hat.

„Er hat einen Panikanfall bekommen, als ich ihn berührt habe. Gut, ich war etwas harsch zu ihm, das gebe ich zu, vielleicht habe ich ihn erschreckt...“ seine Stimme verklingt, während er nachdenklich dem Rauch seiner Zigarette nachsieht und sie schließlich mit einem tiefen Seufzer im Aschenbecher neben sich ausdrückt.

„Bist du sicher, dass das nicht nur an seiner Anpan-Milch-Diät liegt?" gibt Kondō zwischen zwei Schluck Tee zu bedenken. „Es wäre zwar etwas früh, aber immerhin reden wir hier von Zaki.“

Hijikata seufzt ein weiteres Mal und schüttelt den Kopf.

„Eher nur Milch-Diät. Es sah nicht so aus, als hätte er in der ganzen Zeit irgendeinen Anpan auch nur angefasst.“

Das lässt Kondō die Stirn runzeln.

„Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Damit verletzt er seine eigenen Regeln. Vielleicht", fährt er zögernd und mit einer gewissen Hoffnung fort, „hat er aber auch nur eingesehen, dass es keinen Gott der Polizisten gibt.“

Das wäre eigentlich nur von Vorteil - für sie alle.

Aber Hijikata schüttelt betrübt den Kopf.

„Kondō... ich befürchte, dass er überhaupt nichts gegessen hat.“

Oh. Kondōs Stirnrunzeln vertieft sich, doch dann gewinnt seine optimistische Grundeinstellung über sein beginnendes Unbehagen.

„Da hast du es. Hunger. Wahrscheinlich ist das der Grund für seinen Anfall."

Aber Hijikata sieht nicht überzeugt aus, also beugt sich Kondō zu ihm vor und legt ihm beruhigend eine Hand aufs Knie.

„Tōshi, Yamazaki ist ein guter Spion. Und er ist sehr ehrgeizig. Nach allem, was ihm in der Vergangenheit passiert ist, wird er diese Mission nicht aufs Spiel setzen. Er wird es nicht riskieren, vor Hunger ohnmächtig zu werden. Früher war er vielleicht leichtsinnig, aber das letzte Jahr lief wirklich gut. Seine letzten Missionen waren immer erfolgreich“, fährt er mit unüberhörbarem Stolz fort. „Hab etwas Vertrauen in den Jungen.“

Hijikatas Wangenmuskeln verspannen sich sichtlich. Es ärgert ihn, dass Kondō tatsächlich annimmt, dass er seinem Spion nicht vertrauen könnte. Darum geht es gar nicht!

„Ich mache mir nun einmal Sorgen um ihn", erklärt er. „Er ist … anders. Irgend etwas … beschäftigt ihn seit dem Bônenkai.“

„Vielleicht hat einer aus der Mimawarigumi sich nicht nur mit ihm geprügelt, sondern auch etwas gesagt. Du weißt, wie fies sie sein können.“

Fies ist untertrieben. Diese Adligen sind regelrecht bösartig. Trotzdem kann er sich nicht wirklich vorstellen, was da passiert ist, nachdem Yamazaki zu den Mimiwarigumi hinüberging, um ihnen Sake zu bringen, damit sein Spion jetzt ein derart auffälliges Benehmen zeigt, versteht aber auch nicht, wieso Yamazaki ihm nichts sagt.

„Aber wenn es so ist, wieso redet er dann nicht mit mir darüber?" bricht es schließlich gequält aus ihm hervor. „Bin ich ihm wirklich so ein schlechter Freund, Kondō?“

Er weiß, er ist ruppig und viele halten ihn für kaltherzig, aber Yamazaki weiß es doch besser, oder nicht? Sie kennen sich doch schon seit sechs Jahren und sind genauso lange befreundet. Ja, er hatte sich aus gewissen Gründen in den letzten Monaten ein wenig von Yamazaki distanziert, aber bisher hatte er nicht das Gefühl, dass es seinen Spion wirklich störte. Nicht so sehr jedenfalls, dass es ihre Freundschaft beeinflusste – die Hijikata übrigens als etwas sehr Kostbares empfindet.

Aber vielleicht hat er sich da ja auch geirrt.

Nachdenklich kratzt sich Kondō am Kopf und nimmt einen langen Schluck von seinem Tee.

„Nun ja", meint er dann gedehnt, „vielleicht fühlt er sich … ersetzt." Und als Hijikata ihn daraufhin nur verdutzt anstarrt, fährt er hastig fort: „Durch Tetsu. Bevor Tetsu zu uns kam, war Yamazaki so etwas wie dein inoffizieller Assistent und ich könnte mir vorstellen, dass er sich jetzt abgeschoben fühlt.“

Wütend funkelt Hijikata ihn an.

„Oi, du warst es doch, der Tetsu zu meinem Assistenten gemacht hat!“

Als ob das seine Schuld wäre! Und als ob Yamazaki sich durch so etwas gekränkt fühlen würde. Er war froh darüber, schließlich hatte er dadurch weniger Arbeit und konnte sich mehr auf seine Spionagetätigkeit konzentrieren. Und hatte mehr Zeit für sein verflixtes Badminton. Jedenfalls machte er den Eindruck. Oder nicht?

Zu Hijikatas großen Leidwesen ist sich Kondō weder einer Schuld bewusst, noch von seiner Idee abzubringen.

„Für Yamazaki muss es wie eine Zurückweisung gewesen sein, wo er dich doch so vergöttert. Ach, unerwiderte Liebe als solche ist schon schwer zu ertragen, aber wenn man dann noch durch jemand anderen ersetzt wird... ja, das tut weh.“ Er seufzt einmal tief und schwer.

Entgeistert starrt Hijikata ihn an. Immer, wenn dieses Thema aufkommt, fängt sein Herz ganz wild an zu pochen, was ihn nur noch mehr verärgert. Und in diesem Moment könnte er Kondō für diese Bemerkungen die Zunge herausreißen.

„Fängst du schon wieder an mit diesem Schwachsinn?“

„Du musst dich mehr anstrengen", belehrend hebt Kondō die Hand. „Du hast ihn schwer gekränkt. Geh mit ihm essen. Oder ins Kino. Knüpfe die zarten Bande eurer Verbindung neu, aber diesmal etwas fester. Zeig ihm, was er dir bedeutet. Du wirst sehen, dann wird alles gut.“

Oi, sag mal, hat Sōgo dir was in den Tee getan?

„Shinjimae, Hijikata. Höre auf unseren Kyokuchō", ertönt auf einmal eine wohlbekannte Stimme und hinter einem Paravent schlendert Okita Sōgo hervor. „Yamazaki hat besseres verdient als dich. Kondō-san, vielleicht sollten wir Tama einladen, damit sie unseren Zaki auf andere Gedanken bringt.“

Hijikata blinzelt verwirrt, fasst sich aber schnell wieder. Bei jemanden wie Okita Sōgo gewöhnt man sich an alles. Auch daran, dass dieser an den unmöglichsten Orten auftaucht.

Kondō nimmt es ebenfalls sehr gelassen.

„Das ist eine gute Idee, Sōgo.“

Hijikata kann es nicht glauben, in welche Richtung dieses Gespräch schon wieder geht. Da hat er ernsthafte Sorgen und die albern nur herum.

„Hört endlich auf, ihn mit dieser Robot-Maid verkuppeln zu wollen. Das ging schon einmal schief. Außerdem hat er etwas Echtes verdient. Etwas aus Fleisch und Blut."

„Tōshi", verlegen lachend hebt Kondō beide Hände. „Das war doch nur ein Scherz. Nicht wahr, Sōgo?"

„Sicher", grinst Okita. „Nur ein Scherz."

Hijikata glaubt ihnen kein Wort.

 

 

 

So sehr er es auch versucht, eine Bemerkung von Kondō geht ihm nicht aus dem Kopf. Also fragt Hijikata seinen Assistenten am nächsten Tag, als dieser ihm seinen Kaffee bringt - und ihn natürlich nicht die richtige Menge an Mayonnaise garniert, denn das kann wirklich nur Yamazaki.

„Tetsu... Du verstehst dich doch gut mit Zaki, oder? Hat er dir gegenüber jemals erwähnt, dass er sich von mir unfair behandelt fühlt? Oder", er zögert kurz, denn diese Frage fällt ihm wirklich schwer und er will nicht, dass Tetsunosuke sich dadurch angegriffen fühlt, „bitte entschuldige, aber ich weiß nicht, wie ich das anders fragen soll ...", er holt einmal tief Luft und sieht Tetsu offen und gerade ins Gesicht, „dass er glaubt, ich hätte ihn durch dich ersetzt?"

„Was? Oh nein!" Überraschenderweise antwortet Tetsunosuke sehr schnell. Er lacht und winkt ab. „Yamazaki macht das nichts aus. Ich hab ihn tatsächlich mal dasselbe gefragt, weil ich nicht wollte, dass er mich hasst, weil ich ihm seinen Job weggenommen habe. Weißt du, was er sagte?" Und als Hijikata nur fragend die Augenbrauen hochzieht, fährt er mit einem breiten Lächeln fort:

„Er sagte, es sei besser so. Es sei besser, wenn er nicht mehr so eng mit dir zusammenarbeit, das würde eure Freundschaft entlasten."

Mit der Entfernung wächst ja die Liebe, das war genau das, was er damals dabei dachte und auch auch heute noch denkt, aber das sagt er wohlweislich lieber nicht.

„Das hat er gesagt?"

„Ja."

Seufzend starrt Hijikata in seinen Kaffee.

„Also piesacke ich ihn doch."

„Nein!" wehrt Tetsunosuke sofort ab. „Nicht doch. Also...", nervös kratzt er sich am Nacken, „... von außen mag das so aussehen, aber... Ihm macht das wirklich nichts aus. Es gehört irgendwie dazu, nicht wahr? Ist ein wichtiger Teil eurer Beziehung."

Hijikatas Stirnrunzeln verrät ihm, dass er das letzte Wort vielleicht etwas auffällig betont hat, also räuspert er sich verlegen und geht dann zu seinem Arbeitsplatz an der entgegengesetzten Wand hinüber, um sich dort an seinen Computer zu setzen und eifrig in die Tasten zu schlagen.

Er kann Hijikatas Blicke in seinem Rücken spüren, doch er ignoriert sie tapfer.

Zu seiner großen Erleichterung ist das Thema für Hijikata damit erledigt.

 



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