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Die Shinsengumi-Hanahaki-Krise

oder: wenn die Mehrheit von etwas überzeugt ist, heißt das noch lange nicht, dass sie Recht hat
von

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Kondō Isao – Teil III Freitag, 08:29 Uhr

Kondō Isao – Teil III

Freitag, 08:29 Uhr

 

Kyokuchō Kondō ist besorgt.

Ständig wandern seine Blicke zur Tür. Er ist so nervös, dass er von dem, was während der Morgenbesprechung zur Sprache kommt, nicht viel mitbekommt. Aber er bemerkt das selbstgefällige Glitzern in den Augen seines Kumichōs und denkt sich seinen Teil.

Als sich der Raum geleert hat und nur sie beide übrig sind, stellt er sich ihm in den Weg.

„Sōgo, hast du Tōshi gesehen? Es ist nicht seine Art, die Morgenbesprechung zu verpassen.“

Sein zweitbester Freund sieht mit großen, unschuldigen Augen zu ihm auf.

„Du hast recht“, stimmt er ihm zu. „Diese Pflichtvergessenheit gehört bestraft. Gib mir den Posten des Fukuchō.“

„Sōgo. Du hast doch nicht wirklich seine Mayonnaise vergiftet?“

„Nein.“ Sein selbstzufriedenes Lächeln verheißt nichts Gutes. „Aber vielleicht mit einem Schlafmittel versetzt?“

„Sōgo!“

„Ursprünglich wollte ich ein Abführmittel nehmen.“

Sōgo!

„Aber dann dachte ich daran, dass meine Division heute mit dem Toilettendienst dran ist.“

Hoffnungslos! Müde reibt sich Kondō über die schmerzende Stirn und schimpft sich selbst einen Idioten. Es hätte ihm auffallen müssen, immerhin hat er gestern Abend sehr lange mit seinen beiden engsten Freunden ein Video-Spiel gespielt – und ihn hätte stutzig machen müssen, dass Tōshirōu sehr schnell sehr müde wurde und dass das schadenfrohe Grinsen auf Sōgos Gesicht, mit dem er ihm hinterhersah, als sich dieser ungewöhnlich früh in seine Räume zurückzog, nichts damit zu tun hatte, dass er jetzt einen Konkurrenten um seinen High Score weniger hatte.

Doch dann denkt er einen Schritt weiter. Sōgo ist ein kleiner, sadistischer Teufel, das ist unbestritten, aber manchmal – besonders wenn es sein Lieblingsopfer Tōshirōu betrifft - greift er auch zu Methoden, die diesem helfen und die sich anzuwenden Kondō einfach nicht traut. Das ist einer der Gründe, warum der stets gutmütige Kondō ihm nie wirklich lange böse sein kann.

„Na ja“, gibt er dann auch seufzend zu, „etwas mehr Schlaf kann ihm nicht schaden. Er arbeitet zu viel.“

„Dann lass endlich mich Fukuchō anstelle des Fukuchōs sein.“

Bevor Kondō irgend etwas darauf erwidern kann, dringt ein schrilles

Sōgo!

an ihre Ohren.

Sōgo! Was hast du getan?

Durch die halbgeöffnete Tür stürmt Hijikata herein. Schlitternd kommt er vor Kondō zum Stehen. Seine Haare sind zerzaust, er hat sich eindeutig nicht damit aufgehalten, sie zu kämmen, und es sieht aus, als habe er sich die Uniform nur hastig übergeworfen – das Hemd hängt vorschriftswidrig über der Hose, Weste und Halstuch fehlen, und die Hälfte der Hemdknöpfe steht offen. Dafür hält er sein Katana angriffsbereit in der Hand, und der Ausdruck auf seinem Gesicht ist geradezu mörderisch.

In gespielter Angst versteckt sich Sōgo hinter Kondō und meint dann betont unschuldig:

„Ich weiß nicht, was du meinst, Hijikata-san.“

„Hast du mir heimlich Schlafmittel gegeben, du Pestplage?“ Hijikata bebt vor Wut am ganzen Körper, und nur Kondōs Anwesenheit hält ihn davon ab, mit dem Schwert in Richtung des Teenagers zu stoßen.

„Oh.“ Sōgos Stimme trieft nur so vor Spott. „Hatte Hijikata-san gestern Nacht eine Verabredung, die er jetzt verpasst hat?“

Du kleiner, verdammter -

„Tōshi.“ Mit einer Routine, die er wünschte, manchmal nicht zu besitzen, stoppt Kondō seinen vorpreschenden Stellvertreter, indem er ihm die flache Hand auf die Brust legt und so erstens für Abstand sorgt und zweitens dafür, dass sich dessen Aufmerksamkeit auf ihn richtet.

Auch wenn er sich ungern im Fokus dieser blaues Feuer sprühenden Augen sieht.

Lass mich los, Isao! Diesmal mache ich ihn fertig!

„Tōshi.“ Zwischen Kondōs Augenbrauen bildet sich eine senkrechte Falte. Sein scharfer Blick bohrt sich in eine Stelle an Hijikatas linkem Schlüsselbein.

Okita Sōgo hinter ihm grinst nur wissend und beobachtet das alles gespannt.

„Tōshi“, wiederholt Kondō, während er mit dem Zeigefinger seiner freien Hand auf die dunkle Stelle auf Hijikatas Haut tippt. „Ist das ein Knutschfleck?“

Von einem Moment auf den anderen ist Hijikatas Wut verflogen. Seine Augen weiten sich, während ihm die Röte in die Wangen steigt. Er lässt das Schwert sinken und macht einen hastigen Schritt zurück, wobei er sich bemüht, mit der freien Hand sein Hemd zusammenzuhalten, um seine Brust zu verdecken.

So ist das nicht. Das ist nichts. Ich hab mich nur gestoßen.“

Aber Kondō läßt sich nicht täuschen. „Das ist ein Knutschfleck.“

Trotzig wirft Hijikata den Kopf in den Nacken und blitzt ihn herausfordernd an.

„Und wenn schon? Das geht dich nichts an. Da war eine Hostess etwas übereifrig, na und?“

„Hah! Als ob eine Hostess so etwas bei dir wagen würde!“ Mit der ihm eigenen Schnelligkeit, die man ihm bei seinem eher bulligen Körperbau gar nicht zutraut, hat Kondō den Abstand zwischen sich und seinem Stellvertreter überbrückt, und ehe er es sich versieht, findet sich Hijikata in einem typischen Kondō-Griff wieder. Sehr vertraulich, sehr nahe und sehr unangenehm um Schultern und Nacken herum.

„Wer ist sie, hm? Kenne ich sie? Ist sie der Grund, wieso du in letzter Zeit so oft auswärts nächtigst?“ Kondō redet sich immer mehr in Begeisterung. „Wann stellst du sie uns vor, hm? Dass ich das noch erleben darf! Tōshi, ich bin so stolz auf dich!“

„Ich sagte, so ist das nicht! Hör mir doch einmal zu, du Idiot!“ Es gelingt ihm, sich mit einem Ellbogenstoß in Kondōs Rippen zu befreien. Sicherheitshalber springt er noch ein paar Schritte weiter außer Reichweite.

Schweratmend starrt er Kondō an, der sich fluchend die schmerzende Seite reibt. Dann wandert Hijikatas glühender Blick hinüber zu Okita.

„Mistkerl.“

Der nimmt die Beleidigung nur mit einer betont ausdruckslosen Miene zur Kenntnis. Aber seine Augen lachen.

Hijikata schnaubt einmal und strafft dann die Schultern.

„Das geht euch gar nichts an. Lernt endlich, die Privatsphäre anderer zu respektieren.“ Er wirft Kondō noch einen letzten, wütenden Blick zu, kreiselt dann schwungvoll auf dem Absatz herum und verlässt den Raum.

Er schiebt die Shojis hinter sich so energisch zu, dass der ganze Rahmen erzittert.

Um Kondōs Lippen zuckt ein kleines Lächeln, und dann kichert er leise.

„Weißt du, wer sie ist, Sōgo?“

„Ja.“

„Sagst du es mir?“

Sōgo zeigt sein bestes wölfisches Grinsen. Gepaart mit seinem unschuldigen Augenaufschlag ist es ein wahrhaft gruseliger Anblick.

Doch Kondō winkt ab, bevor er irgend eine absurde Bedingung verbalisieren kann.

„Vergiß es. Ich finde es so oder so irgendwann heraus.“

Enttäuscht verzieht Sōgo das Gesicht, doch dann nickt er nur. Er weiß, wann er sich bei Kondō geschlagen geben muß.

 

 



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