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Written In My Own Heart's Blood

von

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Hoffnung, das fedrige Ding

Einige Tage nach dem Ball war Chaser wieder an ihre Arbeit im Archiv zurückgekehrt. Streng genommen hatte sie ohnehin nur den Tag direkt im Anschluss an das Ereignis frei gehabt, um sich von den Strapazen desselben zu erholen. Danach musste sie wieder antreten, tat das jedoch gern. Immerhin hatte sie ihren Beruf nicht grundlos gewählt. Entgegen ihrer Erwartung bestürmte niemand sie mit Fragen. Eigentlich hatte sie erwartet, dass ihre Kolleginnen, allen voran Dreamer, vor Neugier schier platzten. Bislang hatte die Oberste Archivarin sich noch nie bei einem solchen Großereignis vertreten lassen, vor allem nicht von jemandem, der eigentlich keinen besonders hohen Rang innerhalb der Hierarchie der Bibliotheksmitarbeiter bekleidete. Insofern hätte es doch Neider geben müssen. Zumindest dachte Chaser das, die noch immer nicht wusste, dass ihr Erscheinen bei Hofe ein abgekartetes Spiel zwischen Prinzessin Kakyuu und der Obersten Archivarin gewesen war. Ihre Kolleginnen allerdings waren besser informiert. Damit es gar nicht erst zu Streitigkeiten oder dergleichen kam hatte die Oberste Archivarin alle anderen Mitarbeiter über die Gründe für Chasers Bevorzugung in Kenntnis gesetzt.

Wie auch immer, Chaser war eigentlich ganz froh darüber, dass man sie in Frieden ließ. Das hielt allerdings nur solange an bis die ersten Gerüchte in Umlauf kamen. Es dauerte immer ein wenig bis die ganze Sache in Gang kam. An diesem Tag war es so weit. Kurz vor der Mittagspause passte Dreamer ihre Kollegin ab. Chaser, mit einem Wägelchen voller Bücher bewaffnet, die in die entsprechenden Regale einsortiert werden wollten, ahnte nichts Böses. In Gedanken war sie ohnehin nur bei Fighter. Seit jener magischen Nacht konnte sie an nichts Anderes mehr denken. Sie hatten sich seither nicht wieder gesehen, allerdings schob Chaser das auf ihrer beider Pflichten, die sie nun von Neuem vereinnahmten. Dennoch fand sie es schade, dass Fighter sich nicht nochmals in der Bibliothek hatte blicken lassen. Vielleicht hätte Chaser es sogar gewagt, ihre Mittagspause darauf zu verwenden, die Leibwächterin der Prinzessin aufzusuchen, wenn sie gewusst hätte, wo diese sich zu diesem Zeitpunkt des Tages aufhielt. Da sie davon jedoch keinerlei Kenntnis hatte, hatte Chaser es bleiben lassen.

"Sag mal, stimmt es eigentlich, was man sich erzählt?", sprach Dreamer ihre Kollegin mit neugieriger Stimme an.

Fragend und gleichermaßen verwirrt hob Chaser die Augenbrauen. Auf Klatsch und Tratsch gab sie nichts, weswegen sie gar nicht über die Dinge im Bilde war, die über Fighter und sie in Umlauf waren.

"Was erzählt man sich denn?", hakte die Blondine daher nach, wobei sie den Blick auf die Buchrücken der einzusortierenden Titel warf. Dreamer hingegen grinste wie ein Honigkuchenpferd. Das lag unter Anderem daran, dass Chaser endlich einmal nicht ausgewichen war, dass sie sich nicht mit dem Erledigen ihrer Pflichten herausgeredet hatte, um der Unterhaltung zu entgehen. Selten genug kam es vor, weshalb Dreamer diese seltene Gunst der Stunde nutzen würde. Ehe Chaser sich versah legte die Andere schon mit einem wahren Schwall an Informationen los, die zur Hälfte wirklich völlig abstrus und an den Haaren herbei gezogen waren. Ein nicht unerheblicher Teil war allerdings komplett harmlos, bildete nichts als die nackten Fakten ab, was Chaser ein wenig erleichterte. Zwar hatte sie ein wenig Probleme dem Redefluss ihrer Kollegin zu folgen, die grundlegenden Dinge bekam sie aber mit. Außer Atem kam Dreamer schließlich zum Ende. Erwartungsvoll blickte sie Chaser an, die merklich errötet war.

"Also, sag schon. Stimmt es?", bohrte sie unnachgiebig, nicht willens, das Thema ruhen zu lassen bis sie eine zufrieden stellende Antwort erhalten hatte. Chaser wand sich ein wenig hin und her. Wie antwortete man darauf? Verdammt, warum hatte sie sich nur nie die Mühe gemacht, sich intensiver damit auseinander zu setzen, wie Menschen kommunizierten? Wie konnte sie Dreamer möglichst taktvoll sagen, dass sie keine Auskunft geben wollte? Einige Minuten druckste Chaser lediglich herum, sichtlich verlegen. Schließlich überwand sie sich jedoch dazu, etwas zu erwidern, das man als vollständigen Satz bezeichnen konnte.

"Jein.", würgte sie nervös hervor während sie sich bereits nach einem möglichen Fluchtweg umsah. Dreamer hingegen sah sie entgeistert an.

"Jein?", wiederholte sie fassungslos, "Was soll das denn heißen? Du musst doch wissen, ob Fighter und du ... du weißt schon." Dreamer wackelte äußerst anzüglich mit den Augenbrauen, womit sie definitiv eine eher sexuelle als romantische Beziehung andeuten wollte.

"Ich weiß es aber nicht!", fauchte Chaser, die sich in die Ecke gedrängt fühlte und keinerlei Lust hatte, solche privaten Informationen mit Kollegen zu besprechen. Außerdem sagte sie die Wahrheit. Sie wusste einfach nicht, was Fighter und sie waren. Himmel, bis auf diese eine Nacht hatten sie doch nie länger miteinander befasst. Und es war ja auch gar nichts geschehen, das in die eine oder andere Richtung eindeutig hingewiesen hätte.

Sofort fuhr Dreamer die Krallen aus nachdem sie so rüde abgebügelt wurde. Gleichermaßen verletzt als auch wütend blitzte sie Chaser aus ihre braunen Augen an.

"Na schön, dann behalt es eben für dich! Keine Ahnung, was Fighter an einer frigiden Zicke wie dir findet." Mit diesen Worten wandte Dreamer sich ab. Hocherhobenen Hauptes, sowie tödlich beleidigt stolzierte sie davon, wobei sie prompt an Fighter vorbei kam, die beschlossen hatte, Chaser einen Besuch abzustatten. Verwundert sah die Schwarzhaarige der Anderen nach. Dann zuckte sie mit den Schultern und setzte ihren Weg fort.
 

"Was war denn hier los?", wandte Fighter sich an die von ihr gesuchte Person, nachdem sie Chaser endlich gefunden hatte. Obwohl endlich ein wenig übertrieben war, es hatte so lange gar nicht gedauert. Prompt zuckte die Archivarin zusammen. Sie hatte sich, wieder einmal, in ihre Gedanken zurückgezogen und ihre Umwelt dabei so erfolgreich ausgeblendet, dass Fighters Frage sie völlig aus dem Konzept brachte. Errötend nuschelte Chaser etwas in ihren nicht vorhandenen Bart.

"Sag's nochmal, das war zu leise." Tief seufzte Chaser, die, wie Fighter erfreut feststellte, keine Anstalten machte, abhauen zu wollen. Das war definitiv ein Fortschritt.

"Sie hat mich ausgefragt wegen des Balls, aber ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte und sie war mit meiner Antwort nicht zufrieden.", gab Chaser Auskunft. Vor Scham wäre sie am liebsten im Boden versunken. Andererseits hatte sie sich vorgenommen, gegenüber Fighter weniger scheu zu sein. Wie sollte sie die Leibwächterin der Prinzessin denn sonst von sich überzeugen?

"So, so, hat sie das?" Nicht, dass es Fighter wunderte. Im Palast brodelte die Gerüchteküche mehr denn je. Was man ihr und Chaser nicht alles nachsagte! Darüber konnte Fighter jedenfalls nur lachen. Schließlich waren die Fronten aktuell alles Andere als geklärt. Und genau das war der Grund, warum Fighter sich ausgerechnet heute in der Bibliothek blicken ließ. Sie wollte das Thema sozusagen vom Tisch haben. Weil sie nach dem Ball zum Einen jeweils Streit mit ihren Schwestern gehabt hatte und zum Anderen verwirrt in Bezug auf ihre eigenen Gefühle gewesen war, hatte Fighter sich bisher nicht zu einer Entscheidung durchringen können. In den vergangenen Tagen hatte sie jedoch genug Gelegenheit gehabt zumindest für sich selbst Klarheit zu schaffen. Dasselbe verdiente auch Chaser, die sich mit Sicherheit ebenfalls Gedanken gemacht hatte.

"Mach dir nichts draus, so sind Menschen einfach.", fügte Fighter unbekümmert an, wobei sie schief grinste. Chaser fand das allerdings gar nicht so witzig, weswegen sie nur ein schwaches Lächeln für diesen Kommentar übrig hatte. Außerdem war ihr heiß und kalt zugleich während sie nervös Fighter im Auge behielt und sich fragte, was sie wohl herführte. Kam sie wirklich, um sie zu sehen? Was, wenn sie ihr sagen wollte, dass sie zwar Spaß gehabt hatte in jener bewussten Nacht, dass das aber auch schon alles war?

"Du hast doch jetzt Mittagspause, oder?", wollte Fighter wissen, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass genau das der Fall war. Chaser antwortete lediglich mit einem Nicken. Anscheinend hatte sie wieder einmal ihre Zunge verschluckt. Die Verlegenheit war ihr förmlich anzusehen, was Fighter zugegebenermaßen sehr niedlich fand. Zudem wusste sie seit dem Ball, dass die Archivarin eine gewisse Anlaufzeit brauchte, um ihre Scheu vor anderen Menschen abzulegen. Und sie kannten sich nicht so gut als dass es gegenüber Fighter nicht mehr nötig gewesen wäre, so zu empfinden. Ganz abgesehen davon, dass man auf seine Emotionen ohnehin keinen sonderlich großen Einfluss hatte. Das hatte Fighter bereits häufiger feststellen dürfen. Egal. Viel wichtiger war jetzt, dass sie diese Sache bereinigte.

"Verbringst du sie mit mir? Ich wüsste da einen ruhigen Ort, an dem uns keiner auf die Nerven gehen kann." Mit einem erwartungsvollen Lächeln sah Fighter zu der Blondine. Diese ließ sich die Sache kurz durch den Kopf gehen, tat dann aber, wieder durch ein Nicken, ihre Zustimmung kund.

"In Ordnung.", fügte sie verbal hinzu. Zufrieden mit dieser positiven Antwort schnappte Fighter sich einfach das Handgelenk der Archivarin und zog sie praktisch hinter sich her aus der Bibliothek.
 

Es dauerte nicht lange bis sie besagten Ort erreicht hatten. Wie Fighter versprochen hatte handelte es sich dabei um ein abgelegenes Plätzchen in der Nähe des Bibliotheksgebäudes. Umgeben von Hecken, die einen vor allzu neugierigen Blicken schützten, hatte Fighter ihre Begleitung zu einem kleinen, gepflasterten Platz geführt in dessen Mitte ein rundes Blumenbeet das Zentrum bildete. Einige steinerne Bänke, am heutigen Tag von den warmen Strahlen der Sonne beheizt, standen jeweils im Abstand von genau fünf Metern voneinander im Uhrzeigersinn um das Rondell herum. Lediglich eine Seite war frei gelassen worden - dort, wo sich der Ein- und Ausgang zu diesem schmucken Ort befand. Zielstrebig hielt Fighter auf eine der Bänke zu, nach wie vor Chasers Handgelenk festhaltend. Erst als sie vor der Bank standen ließ sie sie los. Beinahe augenblicklich setzte sich die Archivarin hin. Aufmerksam ließ sie den Blick schweifen, schien jedes Detail wahrnehmen und abspeichern zu wollen. Auf merkwürdige Art und Weise fühlte Fighter sich an Maker erinnert, die ähnlich vorging wenn sie einen Ort betrat, den sie vorher nicht gekannt hatte. Wahrscheinlich machten das alle Leseratten so, schloss die Schwarzhaarige.

Im Gegensatz zu Chaser blieb Fighter stehen. Sie konnte sowieso nur selten still halten und mochte es nicht, wenn sie dazu gezwungen war. Am liebsten war die junge Frau ständig in Bewegung. Ihr Herumgehampel, wie der Bewegungsdrang seitens ihrer Schwestern öfter genannt wurde, konnte einem schon ziemlich auf den Zeiger gehen. Chaser schien sich bis jetzt jedoch nicht daran zu stören. Allerdings war sie inzwischen mit ihrer Bestandsaufnahme fertig geworden. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

"Es ist sehr schön hier.", bemerkte sie beiläufig und war stolz auf sich, dass ihre Stimme bei dieser simplen Feststellung nicht bebte. Ihre Aufregung hatte nämlich keinesfalls nachgelassen, eher im Gegenteil. Jetzt, wo sie mit Fighter an einem so unbeobachteten Ort war, steigerte sich ihre Nervosität um ein Vielfaches. Insbesondere, da Chaser nicht wusste, woran sie war. Es gab drei plausible Möglichkeiten weswegen Fighter sie hergebracht hatte. Entweder wollte sie ihr so schonend wie es ging einen Korb geben und dabei keine Zuschauer beziehungsweise Lauscher haben oder es war das genaue Gegenteil, in welchem Fall sie ebenso wenig irgendwelche Zaungäste wollen konnte. Und die dritte Möglichkeit, die durchaus auch in Betracht gezogen werden musste, war schlicht und ergreifend, dass Fighter nur etwas Zeit mit ihr verbringen wollte. Die Bibliothek lud nicht gerade dazu ein. Das war selbst Chaser bewusst, obwohl sie ihren Arbeitsplatz sehr mochte und zu schätzen wusste. Zudem war Fighter dafür bekannt, dass sie mit dem geschriebenen Wort nicht gerade viel anfangen konnte.

"Das finde ich auch.", stimmte Fighter der Archivarin zu. Unruhig trat sie von einem Bein auf das Andere. Verdammt, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen war viel schwerer als sie geglaubt hatte. Hätte sie doch nur besser mit Worten umgehen können! Aber leider lagen ihre Talente in anderen Bereichen. Nicht, dass sie das sonst sonderlich gestört hätte, im Moment war das allerdings ziemlich hinderlich.

"Ist alles in Ordnung?" Chaser war nicht entgangen, dass ihr Gegenüber unruhig zu sein schien, weswegen sie es für besser befand, nachzuhaken. Unwirsch nickte Fighter während sie nervös auf ihrer Unterlippe herumkaute. Sie musste jetzt langsam in die Füße kommen, wenn sie vor Ablauf von ihrer beider Mittagspause die Sache vom Tisch haben wollte. Uff.

Chaser zog ihre eigenen Schlussfolgerungen aus dem merkwürdigen Verhalten der Schwarzhaarigen. Es sah ganz so aus als wolle Fighter ihr einen Korb geben. Allein der Gedanke versetzte Chaser einen so schmerzhaften Stich, dass sie meinte, keine Luft mehr zu bekommen. Tränen wollten sich in ihren Augenwinkeln bilden, doch mit aller Kraft drängte sie die salzigen Tropfen zurück. Sie konnte nicht immer anfangen zu heulen, nur weil jemand ihr etwas Unangenehmes sagen wollte. Es wurde Zeit, dass sie sich zusammenriss und dieser Hiobsbotschaft erwachsen entgegen trat.

Langsam erhob Chaser sich von ihrem Sitzplatz, was Fighter aus ihrer inneren Einkehr zu reißen schien.

"Was ist? Warum stehst du auf?", fragte sie mit einem fast panischen Unterton, der Chaser doch mehr als nur überraschte.

"Um zu gehen.", erwiderte sie schlicht. Bedauern sprach aus ihrer Stimme. Ein wenig hilflos hoben sich ihre schmalen Schultern. Wie vom Donner gerührt starrte Fighter die Blondine an.

"Aber warum denn?", wollte sie fast kläglich wissen.

Wieder hoben sich die Schultern der Archivarin. Als sie dieses Mal den Mund auftat, um zu sprechen, bebte ihre Stimme merklich.

"Weil es dir das leichter macht. Ich weiß, was du im Sinn hast. Wahrscheinlich sollte ich bleiben und es mir anhören, aber da ich ohnehin schon weiß, worum es geht ist das eigentlich überflüssig. Also gehe ich. Dann können wir beide uns einreden, dass diese Unterhaltung stattgefunden hat und den Ball als das vergessen, was er war: eine einmalige Sache."

Vor Unglauben weiteten sich Fighters blaue Augen. Sie traute ihren Ohren kaum. Was zur Hölle faselte Chaser da? Hatte sie sich etwa verhört? Dass hoffte Fighter doch inständig. Falscher konnte man ja gar nicht liegen. Andererseits war ihr eigenes Benehmen anscheinend nicht durchsichtig genug, dass eine so kluge Person wie Chaser ihre wahren Absichten erkannte.
 

Da keine Antwort seitens Fighter kam wandte Chaser sich zum Gehen. In ihrer Brust zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Genauso gut hätte sie sich einen Dolch zwischen die Rippen rammen können. Das hätte in etwa denselben Effekt gehabt. Bevor Chaser allerdings auch nur einen Schritt machen konnte, griff Fighter nach ihrem Handgelenk, ruppiger als beabsichtigt. Mit einem heftigen Ruck zog sie Chaser zu sich heran.

"Ich denke, du wirst nirgendwo hingehen, Reika.", raunte Fighter der Blondine ins Ohr, ihren Arm um die schlanke Taille der Archivarin schlingend. Chaser aber erstarrte regelrecht zur Salzsäule. Nicht, weil Fighter sie aufhielt, sondern vielmehr weil sie ihren Vornamen gebrauchte. Schon lange hatte niemand Chaser mehr bei diesem Namen genannt. Woher wusste sie überhaupt, dass sie so hieß?

"Du missverstehst mich ganz beträchtlich wenn du denkst, ich wolle dich abweisen. Das ist nicht der Fall. Verstehst du mich?" Fighters Raunen verursachte Chaser eine wohlige Gänsehaut. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf, sie war nicht in der Lage, sich zu rühren oder einen Ton von sich zu geben. Träumte sie gerade? Geschah das tatsächlich?

"Verstehst du mich?" Drängender hakte Fighter nach. Sie zog Chaser noch dichter an sich, um zu verhindern, dass diese sich plötzlich losriss. Der Blondine stockte der Atem. Mit Mühe brachte sie ein Nicken zustande, gelang es ihr ein leises "Ja" aus ihrer Kehle zu pressen.

"Gut.", entgegnete Fighter, deren Lippen jetzt an Chasers Ohrmuschel entlang glitten, "Du solltest mir jetzt nämlich sehr genau zuhören."

Als ob sie eine andere Wahl gehabt hätte! Erstens weil sie es nicht vermochte, sich aus Fighters Griff zu lösen, zweitens weil sie viel zu neugierig war, was diese ihr noch mitteilen wollte. Außerdem waren Chasers Knie inzwischen weich wie Pudding, so dass sie ohne den stützenden Arm der Schwarzhaarigen wahrscheinlich weggesackt wäre wie ein lebloser Gegenstand.

"Ich habe es dir auf dem Ball schon mal gesagt. Du bist mir unter die Haut gegangen, Reika. Mehr als ich je hätte ahnen können. Die letzten Tage ist mir klar geworden, dass ich dich noch viel besser kennenlernen will."

An dieser Stelle brach Fighter ab, da sie ihre Gedanken, die schon wieder wild durcheinander purzelten, erst einmal sortieren musste. Chaser aber nutzte die Chance, um ein paar Fragen zu stellen, die ihr unter den Nägeln brannten.

"Woher weißt du, wie ich heiße?" Vollkommen aus dem Konzept gebracht gab Fighter ein schnaufendes Geräusch von sich.

"Ist doch logisch, Dummkopf, ich hab Nachforschungen angestellt. Wenn man für die Prinzessin arbeitet ist es leicht, an Informationen zu kommen. Merk dir das. Ich weiß sogar, dass du ein tropfenfömiges Muttermal in der rechten Kniekehle hast.", entgegnete Fighter mit einiger Belustigung. Chaser mochte ja gebildet sein, aber in den entscheidenden Dingen des Lebens wirkte sie ein wenig hilflos, wenngleich Fighter nicht anders konnte als das sehr entzückend zu finden. Eine gewisse Naivität wirkte auf sie praktisch wie ein Magnet, zog sie magisch an wie eine Motte stets zum Licht flog.

"Oh.", machte Chaser, die sich nicht hatte träumen lassen, dass jemand sich jemals so sehr für sie interessieren könnte, dass er oder sie tatsächlich Erkundigungen über sie einholte. Dann aber rief sie sich in Erinnerung, dass sie noch etwas Anderes wissen wollte.

"Kennenlernen, du meinst Freunde sein?", schob sie daher reichlich unsicher klingend hinterher. Fighter gluckste leise. Himmel, das Mädchen war wirklich naiv. Eigentlich war es fast schon etwas gemein, wie sehr Fighter sich darüber amüsieren konnte.

"Oder?", hakte Chaser nach, die definitiv eine Antwort erwartete. Schmunzelnd neigte Fighter sich noch etwas dichter zu ihrem Ohr.

"Das gehört dazu, finde ich. Aber was ich eigentlich meinte, war etwas vollkommen Anderes. Etwas viel Intimeres als eine Freundschaft."

Irritiert drehte Chaser sich in Fighters Arm um. Zuerst hatte sie nur den Kopf in ihre Richtung wenden wollen, aber schnell gemerkt, dass sie sich dabei bloß den Hals verrenken würde, wonach der Archivarin so gar nicht der Sinn stand. Also drehte sie sich einfach komplett um, so dass sie Fighter nun in die Augen sehen konnte.

"Was ist denn intimer als eine Freundschaft?" Obwohl Chaser zwar gewisse Vorstellungen hegte konnte sie sich diese Frage nicht verkneifen. Außerdem hatte sie den Eindruck, dass es Fighter gar nicht störte, dass sie sich ein wenig begriffsstutzig zeigte.

"Ich denke, das weißt du ganz genau.", entgegnete Fighter mit einem belustigten Schmunzeln auf den Lippen. Leicht beugte sie sich zu Chaser, die gut anderthalb Köpfe kleiner war als sie, herunter, um ihre Stirn gegen die der Blondine lehnen zu können. Auch Chaser konnte nun nicht anders als zu lächeln während ihr Inneres von einem Schwarm Schmetterlinge heimgesucht wurde.

"Vielleicht glaube ich es zu wissen. Aber ich finde, es könnte nicht schaden, wenn du es einfach aussprichst." Ein neckender Unterton, den Chaser ihr gegenüber bisher nie so angeschlagen hatte, schlich sich in die Stimme der Blondine. Leise lachte Fighter.

"Wie du wünschst.", stimmte sie zu, obwohl sie ahnte, dass es ihr nicht so leicht fallen würde wie sie gerade vorgab. Sie räusperte sich ein wenig, um Zeit zu gewinnen, sich mental darauf vorzubereiten, sich auf eine Weise zu öffnen, die sie bislang vermieden hatte. Sie hatte schließlich gesehen wie es Maker ergangen war als diese sich einem anderen Menschen geöffnet hatte. Und doch vertraute Fighter darauf, dass es bei ihr nicht so laufen würde.

"Ich möchte mit dir befreundet sein. Viel mehr als das will ich aber... nun... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll... Ich weiß nur, dass ich an nichts Anderes denken kann als an dich. Jede Stunde jeden Tages sind meine Gedanken bei dir, sehne ich mich nach dir. Nach deiner Nähe, nach deinem Lächeln, nach dem Klang deiner Stimme. Du verwirrst mich, Reika. Ich... ich habe das noch nie für jemanden gefühlt."

Es folgte wieder eine kurze Pause seitens Fighter, die alle Mühe hatte, sich überhaupt zu artikulieren. Noch nie waren Worte ihr dermaßen schwer gefallen.

"Ich habe das auch noch nie für jemanden gefühlt.", flüsterte Chaser. Vor Glücksseligkeit über die Worte Fighters wollte sie am liebsten zerspringen. Erst jetzt begriff sie wirklich, was es hieß, wenn man glücklich war - ein Gefühl, so berauschend, dass sie danach hätte süchtig werden können.

"Dann haben wir ja etwas gemeinsam." - "Ja, das haben wir."

Und als ob sie sich abgesprochen hätten fingen beide Mädchen an, herzhaft zu lachen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2016-03-04T00:55:18+00:00 04.03.2016 01:55
Spitzen Kapitel


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