Zum Inhalt der Seite

Toujours pur

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Austreibungsphase

„Und wenn die anderen aus seinem Haus auch da sind? Oder die Eltern von diesem Blutsverräter Potter?“

Ich seufzte einmal, dann legte ich Rabastan die Hände auf die Brust, streckte mich zu ihm herauf und küsste ihn einmal. „Ich werde schon noch mit ein paar Kindern und zwei Blutsverrätern fertig. Abgesehen davon…“, zärtlich strich ich jetzt mit einer Hand über die Wange meines Mannes, „habe ich nicht vor meinem Bruder etwas anzutun. Sie haben keinen Grund mich anzugreifen. Und vielleicht ist er ja auch gar nicht da.“

„Diese Verräter finden immer einen Grund um anzugreifen!“, blaffte Rabastan verächtlich, atmete lautstark aus und senkte seinen Blick. „Was, wenn dein Bruder nicht mit dir zurück kommen will?“
 

Ich stockte, aber nur kurz, dann hob ich sein Kinn an damit er mich ansah und lächelte selbstsicher zu ihm hinauf. „Sirius ist fast noch ein Kind. Er weiß nicht was er will und wenn er glaubt, dass er zu diesen Blutsverrätern gehört, werde ich ihn vom Gegenteil überzeugen. Ich werde ihn nicht dort lassen.“

Sirius musste langsam begriffen haben was es mit Dumbledore, den Blutsverrätern und Schlammblütern auf sich hatte, schließlich war er inzwischen alt genug und hatte in den letzten Jahren viel Zeit mit ihnen verbracht. Man musste ihn nur auf ihre Lügen, auf ihre Scheinheiligkeit aufmerksam machen!

„Was ist mit dem Dunklen Lord?“, fragte Rabastan schließlich ernst, „das Leben eines Blutsverräters… ist verwirkt.“

Verwirkt, ja. Der Familienstammbaum musste rein gehalten werden, es durfte keine 'offenen Enden' geben. Selbst wenn Sirius sich jetzt besann, würde der Dunkle Lord Tribute für seine Fehltritte fordern.
 

„Ich werde für die Fehler meines Bruders einstehen. Ich bin seine…“

„Nein. Das verbiete ich dir. Die…“, unterbrach er mich und brach selbst ab. Seine Augen suchten meine, nur um meinem Blick doch auszuweichen. Ich war eine zu große Schwäche für ihn, wenn auch vielleicht seine einzige. Schließlich blickte er wieder in meine Augen, sein Blick gestählt, und legte mir seine Hände auf die Schultern. „Dein Bruder ist selbst Schuld, wenn er sich mit Muggelfreunden abgibt“, sagte er nur schlicht, „du bist nicht für ihn verantwortlich.“
 

*** ***
 

Mutters Patronus hatte mich am frühen Nachmittag erreicht. Sirius sei nach einem Streit weggelaufen, sagte sie, er habe wütend das Haus verlassen, mit nichts weiter als ein paar Kleidungsstücken, seinem Besen und seinem Zauberstab. Er hatte in seiner Wut anscheinend gebrüllt, er würde zu 'besseren' Menschen gehen, zu den Potters. Mum wollte nun, dass ich Sirius folgte und ihn nachhause zurück brachte.
 

Das Haus war nicht wirklich schwer zu finden. Es wirkte recht wohlhabend, wenn es auch mit Sicherheit nicht mit dem Haus meiner eigenen Eltern mithielt.

Als ich anklopfte, öffnete nach einer Weile der Potter-Junge, diese miese Made, dieser dreckige Blutsverräter, dieser… Er erkannte mich und sein Blick verfinsterte sich schlagartig. „Was willst du hier, Lestrange?“

Ich nickte einmal steif zur Begrüßung. „Ist mein Bruder hier?“, zwang ich mich zu einer Antwort, darum bemüht möglichst beherrscht zu bleiben. Er war ein Blutsverräter, aber ich war wegen Sirius hier, nicht im Namen meines Herren.

„Er ist nicht da“, antwortete Potter kühl, „und wäre er hier, würde er nicht mit dir sprechen wollen.“

Er wollte die Tür schon wieder zu ziehen, aber ich hielt sie fest. Ich war ganz sicher nicht hier her gekommen um mir die Tür vor der Nase zuschlagen zu lassen!

„Bitte.“
 

Schließlich kam er doch heraus. Er fragte was ich wolle und ich antwortete ihm, dass ich zum reden hergekommen war. Misstrauisch musterte er mich, sah sich um und suchte anscheinend nach anderen. Schließlich ließ er sich doch dazu überreden, ein paar Schritte zu gehen. Schweigend liefen wir gemeinsam bis zu dem Dorfbrunnen von Godric’s Hollow. Als wir schließlich an dem alten Brunnen angekommen waren, blickte Sirius mich erwartungsvoll an. Er wollte es anscheinend hinter sich bringen und wieder in das Haus verschwinden, aber das würde ich nicht zulassen.

„Mum macht sich Sorgen.“, sagte ich schließlich vorsichtig, woraufhin Sirius nur verächtlich schnaubte und zu einer Gemeinheit ansetzen wollte, bevor ich ihm das Wort abschnitt. „Ich weiß, ihr versteht euch nicht immer, aber du bist ihr wichtig!“

„Das glaubst du doch wohl selber nicht!“, Sirius machte eine wegwerfende Handbewegung und sah herausfordernd zu mir herab. „Wir wissen beide, dass ihr schon nichts mehr mit mir zutun haben wolltet, als ich nach Gryffindor gekommen bin! Und versuch gar nicht erst das abzustreiten! Es spielt auch keine Rolle mehr. Ich hab jetzt ein neues Zuhause.“

„Aber dein Zuhause ist bei deiner Familie!“, presste ich hervor. Es tat weh ihn so reden zu hören, als seien Mutter und ich die Bösen. Was hatten wir je getan um ihm zu schaden? Mein Leben lang hatte ich nur versucht ihm zu helfen! „Bitte, Sirius, deine Familie braucht dich! Du bist der älteste Sohn der Blacks, aller Blacks! Mutter braucht ihren Jungen zurück und Regulus braucht seinen großen Bruder. Und ich brauche dich auch“, vorsichtig hob ich eine Hand an sein Gesicht und wollte ihm die dunklen Locken aus der Stirn streichen. Als ich jedoch auf Sirius hasserfüllten Blick traf, hielt ich erstarrt in der Bewegung inne.

„Sei einfach still“, die Stimme meines Bruders hatte auch das letzte Bisschen Freundlichkeit verloren. „Warum willst du wirklich, dass ich zurück komme? Geht es um die Familienehre? Willst du weitere Brandlöcher im Wandteppich der fürnehmen und gar alten Blacks verhindern?“

„Nein, das ist es nicht…“, seufzte ich. Seine Miene hatte sich nicht verändert, also streckte ich meinen linken Arm aus und schob meine Ärmel hoch. Als er das Dunkle Mal sah, zuckte er leicht zurück. „Wenn du dich abwendest, wird dich der Zorn des Dunklen Lords treffen. Dann bist du nichts weiter als ein Blutsverräter,“, erklärte ich leise. Aber er war ein Löwe und wenn auch nur etwas von dem, was der sprechende Hut von Jahr zu Jahr von sich gab, wahr war, würde Sirius sich durch diese Gefahr alleine nicht von dem Weg, den er im Moment zu beschreiten bereit schien, abbringen lassen.
 

„Erkennst du denn nicht, dass du auf der falschen Seite stehst? Ihr werdet den Krieg – und es wird einen Krieg geben – verlieren! Auch wenn Dumbledore das Gegenteil behauptet. Du darfst Dumbledore nicht vertrauen! Er ist nicht der, der er zu sein vorgibt!“, für einen kurzen Moment, sah ich etwas in seinen Augen, das wie Zweifel aussah, nur ganz kurz leuchtete es auf, bis es von seinen Worten erstickt wurde.

„Ich bin auf der richtigen Seite, Cassiopeia. Sogar du solltest sehen, dass dein Meister böse ist!“, raunte er grob.

Glaubte er das wirklich? War er wirklich so naiv? Dabei war er doch immer so ein intelligenter Junge gewesen… „Sirius…“, seufzend suchte ich seinen finsteren Blick, „du denkst zu… klein! Du bist doch kein Kind mehr! Es gibt kein ‚Gut‘ und ‚Böse‘. Das sind nur Begriffe, die Kindern beigebracht werden, damit sie die Weltordnung besser verstehen, bis sie alt genug sind um sie selbst zu durchschauen.“

Sirius wollte protestieren, aber ich schnitt ihm das Wort ab. „Diejenigen, die überleben, die Sieger, schreiben die Geschichte. Sind sie deshalb ‚gut‘? Die Muggel, die im Mittelalter unschuldige Hexen gejagt und qualvoll verbrannt haben, Zauberer zur gleichen Zeit jedoch als weise Männer verehrten, waren sie ‚gut‘? Nur weil sie damit davon gekommen sind? Du musst dir langsam abgewöhnen zu denken wie ein kleines Kind!“

„Das ist nicht kindisch!“, entgegnete Sirius wütend und zog seinen Zauberstab. „Du willst es zwar nicht wahr haben, aber was du tust, ist böse! Und wenn du nur hier bist um mich vom Gegenteil zu überzeugen, dann geh: Ich bleibe bei meinen Freunden!“

Dummer Junge, klein, unwissend, verdreht… „Diese ‚Freunde‘“, versuchte ich langsam und deutlich zu erklären, „sind nichts weiter als Schlammblüter, Monster und Blutsverräter! Und wenn du bei ihnen bleibst, machst du dich ebenfalls zum Blutsverräter!“

Aber er verstand nicht, sah nicht, dass ich ihm helfen wollte… Seine Zauberstabspitze zitterte leicht.

„Wenn der dunkle Lord an die Macht kommt, wird er jeden Blutsverräter strafen! Verstehst du? Ich will dir helfen! Ich will deine Strafe tragen aber dann…“

„Ich bin lieber ein toter Blutsverräter“, unterbrach Sirius mich barsch, „als ein lebendiger Todesser. Soll Voldemort doch kommen!“

„Wag es nicht seinen Namen zu nennen!“, zischte ich jetzt scharf. Der Griff um meine Zauberstab wurde immer fester. Aber er war mein Bruder! …Der dreckige Verräter-Bruder. Sprach tatsächlich den Namen des Dunklen Lords aus, wagte es den Namen, der nicht genannt werden durfte in den Mund zu nehmen…!

Aber der dumme Junge sah nur mit selbsgefälliger Miene auf mich herab. „Ich habe keine Angst ihn beim Namen zu nennen: Volde…“

Bevor ich einen Gedanken gefasst hatte, war meine Hand nach vorne geschnellt und hatte Sirius im Gesicht getroffen.

Kurz geschah gar nichts. Sirius sah mich nur an, nicht wütend, nicht enttäuscht, nur überrascht. "Dann wäre das ja geklärt…", murmelte er schließlich tonlos, dann drehte er sich um und ging.

Mit vor Wut zitternden Fingern richtete ich den Zauberstab auf ihn. Ich wollte es so sehr! Er sollte leiden, für das was er getan hatte! Er sollte es spüren, den Hass! Aber ich konnte nicht…! Er war bereits am Rand des kleinen Marktplatzes angekommen, als ich den Stab sinken ließ. Er war Schuld!

„Du bist mein Bruder!“, brüllte ich schließlich meine Wut heraus. Er drehte sich nicht einmal um. „Sirius! Du bist Sirius Black!“, mein Bruder, mein kleiner Bruder…! „Du wirst es bereuen! Du und der Blutsverräter! Ihr werdet diesen Tag bereuen! Und ihr werdet alle sterben!“, qualvoll wird er euch foltern, euch brechen…

Er war verschwunden.

Ein letzter Laut entwich meiner Kehle, nur leise, klagend, während ich auf die Ecke sah, hinter der er verschwunden war. Er war fort.
 

*** ***
 

Als ich die Tür meines Elternhauses hinter mir schloss, waren das Erste was ich hörte die wütenden Flüche und Beschuldigungen meiner Mutter, die durch das ganze Haus hallten. Als ich die Eingangshalle durchquerte, huschte gerade Kreachers schmale Gestalt aus dem Salon. Er erkannte mich sofort und machte eine tiefe Verbeugung. „Meine Herrin, Miss Lestrange! Euer Besuch ehrt uns!“, sprach er geschwollen daher und verbeugte sich erneut. „Die Herrin Black hat die Herrin Lestrange bereits erwartet!“

Ich nickte nur. „Ist Vater da?“

Der Elf senkte den Kopf, verbeugte sich ein drittes mal und antwortete: „Der Herr hat sein Arbeitszimmer noch nicht verlassen. Kreacher durfte ihm die Speisen auch nicht bringen, Herrin.“

Er hatte sich eingesperrt.

„Ich ziehe mich in meine Räumlichkeiten zurück.“
 

Mein Zimmer war mein Heim. Über Jahre war es der einzige Ort gewesen, an dem ich in der Lage war klare Gedanken zu fassen. Ich war lange nicht mehr hier gewesen. Auf meinem Schreibtisch lagen Fotos von meiner Hochzeit und eine Notiz meiner Mutter, mit der sie mir mitteilte, dass meine Eheschließung mit Rabastan Lestrange nun auch auf dem Wandteppich des Hauses vermerkt war.

Nachdenklich strich ich mit einem Finger über die Fotographie auf der Rabastan und ich abgebildet waren, und beobachtete das distanzierte Lächeln auf meinen Lippen und die kleinen Bewegungen mit denen ich über mein Kleid strich. Rabastan neben mir nahm stolz Haltung an und blickte zufrieden auf den Fotographen herab.

Schließlich heftete ich dieses eine Foto neben meinem Spiegel an die Wand und ließ die restlichen Bilder in einer meiner Zahlreichen Schreibtischschubladen verschwinden, als es klopfte.

„Herein!“, kurz darauf schob sich die schmale Gestalt meines kleinen Bruders durch die Tür, schloss sie wieder hinter sich und ließ sich dann von mir in die Arme schließen. Mein guter Junge, Regulus. Als er sich aus meiner Umarmung löste, musterte ich ihn von Kopf bis Fuß. Ich hatte ihn so lange nicht mehr gesehen… Ich hätte viel früher wieder herkommen müssen. Regulus war gewachsen, er war schon beinahe so groß wie ich, bald würde auch er mich überholt haben. Ein Mann war er trotzdem noch nicht ganz, aber er war auf dem besten Weg dahin ein guter Kopf der Familie zu werden, jetzt, da Sirius wohl nicht mehr infrage kam…

Lächelnd strich ich meinem kleinen Bruder über die zerzausten, schwarzen Haare, „Schön dich zu sehen.“

Daraufhin fuhr Regulus sich selbst durch das Haar und senkte lächelnd den Kopf. „Ich war draußen und hab Quidditch geübt“, erklärte er.

Quidditch. Ich hatte mich nie dafür interessiert, aber für meine Brüder schien dieser Sport einen Reiz zu haben. „Dann bist du in der Hausmannschaft?“

Er nickte stolz, „letztes Jahr hab ich es geschafft! Ich bin Sucher!“

Sucher, das war gut, eine Rolle, die man nicht einfach so bekam. Aber mehr wusste ich auch nicht. Mehr hatte mich nie interessiert.

Schließlich verfinsterte Regulus’ Blick sich. „Du bist wegen Sirius hier“, stellte er fest, ich nickte. „Hast du mit ihm gesprochen?“, fragte Regulus weiter, was ich ebenfalls bejahte.

„Er ist bei diesem Blutsverräter, Potter“, erklärte ich darum bemüht die Fassung zu wahren, wand mich dann aber doch dem Fenster zu. „Ich wollte ihm helfen. Ich habe ihm angeboten seine Strafe auf mich zu nehmen, ich hätte alles für ihn getan…“, einen viel zu langen Augenblick sah ich nur auf den Fensterrahmen und suchte nach den Worten, die ich Regulus sagen konnte. Sollte ich Regulus überhaupt davon erzählen? Er war doch noch ein Kind… aber er war auch ein Black. Mutter würde ihm ohnehin davon erzählen, sobald sie es wusste. „Sirius hat die Familie verraten. Er hat mich zum Teufel gejagt und gesagt, dass er lieber ein Blutsverräter als ein Black ist.“ Vor dem Dunklen Lord, hat er sich zum Tode verurteilt, nur um nicht mehr ein Teil unserer Familie sein zu müssen, dabei wollte ich ihm nur helfen! Was habe ich jemals getan um das zu verdienen? Habe ich nicht immer versucht ihm das Leben zu ermöglichen, das jeder vernünftige Junge sich wünscht? Ich wollte ihm eine Zukunft schenken! Obwohl er mich über all die Jahre mal um mal mit seiner Abneigung beleidigt hat, habe ich bis zum Schluss versucht eine gute, große Schwester und ein Vorbild zu sein! Und zum Dank werde ich beleidigt und muss mit ansehen wie Sirius den richtigen Weg sieht, sich umdreht und gewollt in die andere Richtung geht. Er ist so ein naiver Junge! Glaubt er wirklich, ich kann ihm noch helfen wenn er erst einmal ein echter Blutsverräter ist? Er muss doch sehen, dass die Zeit gekommen ist um Entscheidungen zu treffen! Bald ist er 17 Jahre alt und dann… dann kann ich nichts mehr für ihn tun.
 

Als ich mich wieder umdrehte, hatte Regulus den Raum verlassen. Ich war allein.

Ich setzte mich an den Schreibtisch und verfasste mit zitternder Feder einen Brief an Rabastan in dem ich ihn darüber informierte, dass ich im Haus meiner Eltern war und noch nicht wusste, wann ich zurückkehren würde. Ich wollte ihn gerade abschicken, als ich merkte, dass meine Eule nicht hier war. Seufzend legte ich das zusammengerollte Pergament ab. Ich würde es bei Gelegenheit Kreacher geben, damit er es mit einer der anderen Eulen abschickte…

Sirius erwähnte ich mit keinem Wort. Rabastan würde mich nur wieder zu sentimental schimpfen. Gerade von ihm kam das… ungünstig. In den zwei Jahren, die wir nun verheiratet waren, hatte er sich in zwei Extreme entwickelt: er war auf der einen Seite übertrieben fürsorglich geworden, mir gegenüber, und auf der anderen Seite war seine Verehrung des Dunklen Lords beinahe krankhaft fanatisch geworden. Natürlich war nichts falsch daran, dem Dunklen Lord treu ergeben zu sein und ich bezeichnete mich auch gerne als seine ergebene Dienerin, was er tat war für mich nach wie vor das Richtige und die Tatsache, dass meine Fähigkeiten in seinen Händen einem guten Zweck dienten, machten mich äußerst stolz. Rabastans, wie nebenbei bemerkt auch Bellatrix’ Verehrung des Dunklen Lords, wurde jedoch von Tag zu Tag… intimer. Sie ging weit über die Taten und die Persönlichkeit des Dunklen Lords hinaus und das machte mir etwas Angst.

Was wenn er mich eines Tages dafür verstoßen würde, was Sirius heute getan hatte? Wenn seine Fürsorge nur dem Zweck diente, sich nicht gegen mich zu richten, nach all dem, was er sich bereits über Sirius hatte anhören müssen… Oft genug hatte er mich darauf aufmerksam gemacht, dass die 'Ausreden', mit denen ich die Taten meines Bruders 'entschuldigte', fehl am Platz seien.
 

Aber damit war heute Schluss. Heute hatte er mich ein letztes Mal weggestoßen, hatte sich vollkommen abgenabelt und mich im Regen stehen lassen. Potter hatte es geschafft: mein Bruder war sein.
 

Ich hatte heute einen Bruder verloren.
 

*** ***
 

Wieder bei Rabastan angekommen, kam es, wie es nicht anders zu erwarten gewesen war, zu einem Streit.

Er bestand darauf, dass ich zu weich gewesen sei und niemals hätte zulassen dürfen, was geschehen war. Sein Ärger darüber, dass der Verrat sich in der Familie, in welche er eingeheiratet hatte, verbreitete wie Gift in einem Tümpel, war kaum zu überhören. Sirius war mit Andromeda, die sich inzwischen mit Schlammblütern abgab, bereits der zweite Fall von Blutsverrat in dieser Generation…

Rabastan hatte mit vielem Recht, aber das konnte ich ihm nicht sagen, stattdessen hörte ich mir all die Anklagen an, ließ sie über mich ergehen und versuchte am Ende alles damit zu rechtfertigen, dass Sirius noch ein Junge sei der nicht wusste was er tat. Aber mein Mann nahm mir das nicht mehr ab, ich hatte es schon zu oft gesagt, hatte Sirius zu oft in Schutz genommen. Irgendwann, so wusste ich, würde auch diese Diskussion sich verlaufen, am Ende wüssten wir nicht mehr, weshalb wir eigentlich stritten und gaben auf, so lief es meistens. Dieses mal nicht.
 

Es war der Satz: „Wieso sollte dein Bruder mehr Recht auf Leben haben, als all die anderen Blutsverräter die wir im Namen des Dunklen Lords auslöschen?“, der die Diskussion beendete. Ich beendete sie, um genau zu sein, als ich Rabastan für seine Worte, außer mir vor Wut, ins Gesicht schlug.
 

Aber Rabastan war nicht Sirius, er sah mich nicht einfach fassungslos an und verließ den Raum. Er packte mich hart, hob mich an und stieß mich nach hinten, gegen den Bettpfosten. Ich schrie vor Schmerz als mein Rücken gegen die Verzierungen stieß und sank daran hinab. Rabastans Kopf war vor Zorn hochrot geworden und seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Er brüllte, ich solle wissen wo mein Platz sei, dann kam er bedrohlich langsam auf mich zu.

Nach Luft ringend zog ich mich an dem Bettpfosten hoch. Ich ließ Rabastan keinen Moment aus den Augen. Bevor er zu nah war zog ich meinen Zauberstab und richtete dessen Spitze auf die Brust meines Mannes. Er blieb stehen.
 

„Du wirst mich nicht anrühren“, zischte ich scharf und zwang mich dazu seinen Blick zu halten. „Ich bin deine Frau!“

Einen Moment lang stand er nur da, sah mich aus wilden Augen an, dann blinzelte er und seufzte schließlich.

Im nächsten Moment schlug die Tür auf und Rodolphus kam herein. Er hatte laute Stimmen und anschließend den Schrei gehört, aber alles war in Ordnung.

Nichts war geschehen, da waren wir uns einig. Wir hatten uns gestritten, der Streit war ausgeartet, irgendwann war ich nach hinten gestolpert und gegen das Bett gefallen. So etwas kam vor.
 

*** ***
 

Ich hörte nicht mehr viel von Sirius. Er machte einen recht guten Abschluss und bekam finanzielle Unterstützung von Onkel Alphard, so ein Trottel. Regulus berichtete in einem seiner Briefe, Mutter hätte, als sie davon erfuhr, dass ihr eigener Bruder Sirius auf seinem Trip auch noch unterstützte, in ihrer Wut beinahe das ganze alte Teeservice zerstört.

Ich kümmerte mich jedoch nicht mehr darum. Meine Prioritäten lagen mehr auf den Aufträgen des Dunklen Lords. Dumbledore, der alte Narr, hatte einen Orden ins Leben gerufen, der sich gegen die Revolution, die der Dunkle Lord anstrebte, wehrte. Es lag nun an uns, den Dienern des Dunklen Lords, diesen Orden möglichst bald in seine Einzelteile zu zerlegen.

Außerdem hatte Regulus beschlossen sich uns anzuschließen. Wie ich damals, ging er noch zur Schule, das hieß seine Aufenthalte in unseren Kreis waren symbolischer Natur, auf jeden Fall war es aber ein Schritt in die richtige Richtung. Zudem erfüllte es mich mit Stolz und Genugtuung, dass zumindest einer meiner Brüder meinem Beispiel folgte.

Bellatrix konnte das weniger von sich behaupten. Narzissa hatte zwar Malfoy geheiratet, (ja, Malfoy, den blonden Idioten) welcher sich sogar unseren Reihen angeschlossen hatte und nun auch das Dunkle Mal trug, ansonsten schien meine alte Freundin jedoch ganz zufrieden mit ihrer passiven Zuschauerrolle zu sein. Ihre Briefe wirkten zumindest recht fröhlich und waren meist ohne Bezug auf die politische Situation, wenn ich sie auch kaum noch privat traf. Und dann war da noch Andromeda… sie hatte ein Schlammblut geheiratet und besudelte den Ruf unserer Familie.
 

Zum Glück, war ich nur selten gezwungen, mit Malfoy zu arbeiten. Wir teilten uns auf und die meiste Zeit musste ich mit den Idioten Dolohow und Travers verbringen. Gemeinsam entledigten wir uns der Prewett Brüder in einem für meinen Geschmack viel zu langen Kampf. Bei den McKinnons ging es zum Glück schneller. Diese dreckigen Blutsverräter waren es nicht einmal wert sich die Finger an ihnen schmutzig zu machen, aber es war immer noch besser, als sie am Leben zu lassen, damit sie weiter auf das Antlitz des Dunklen Lords spucken konnten.
 

*** ***
 

Nach einer jener 'Jagden', wartete Rabastan in der Eingangshalle schon auf mich, als ich ankam. Das war nicht seine Art. Der Grund dafür war ein Brief, der für mich angekommen war, er kam von Mutter. Vater war verstorben, ein Anfall, mitten in der Nacht. Es war anscheinend schnell gegangen, er hatte keine großen Schmerzen gehabt.

Rabastans Vorschlag mich auf die Beerdigung zu begleiten, lehnte ich konsequent ab. Die Rolle, die ich auf dieser Beerdigung würde spielen müssen war die der ältesten Tochter des Verstorbenen, nicht die der Frau von Rabastan Lestrange. Außerdem wusste ich nur allzu gut, dass Rabastan derlei Familientreffen verabscheute und wann immer es möglich gewesen war, seinem Bruder den Vortritt gelassen hatte.
 

*** ***
 

Trotz unzähliger Besucher sah man niemanden weinen. Nicht einmal Mutter ließ sich dazu herab eine Träne zu vergießen, auch wenn ich nicht umhin kam zu bemerken, dass sie nicht gut aussah.

Erst als die meisten bereits gegangen waren, legte ich meine Blumen ab. Es kam mir so unwirklich vor, dass dieser stolze Mann, der stets mit einem wachsamen Auge auf mich herabgeblickt hatte und dem es niemals zu weit gewesen war ins Ministerium zu apparieren um dort aus erster Hand zu erfahren, was andere ihm über viele Ecken berichtet hatten, nun leblos vor meinen Füßen in der Erde liegen sollte. Er war ein mächtiger Mann gewesen, kaum zu glauben, dass er nichts gegen seinen Tod tun konnte. Oder wollte er einfach nicht? War er des Lebens müde geworden? Oder hatte er begriffen, dass er sich für die falsche Art der Macht entschlossen hatte? Wahre Macht erlangte man nicht am Schreibtisch…

„Cassie?“

Ich drehte mich zu Regulus um. Er hatte mich schon sehr lange nicht mehr so genannt. Sanft strich ich ihm eine seiner dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht und richtete seine verrutschte Krawatte.

„Kann ich mit dir reden?“, fragte er vorsichtig und strich meine Hände weg.

„Natürlich“, ich führte ihn etwas abseits und wir begannen durch den Friedhof zu schlendern, während Regulus nach den richtigen Worten suchte.
 

Es ging ihm nicht gut, schon seit einiger Zeit sah ich ihm an, wie er immer blasser wurde und die Ringe unter seinen Augen sich immer weiter verdunkelten. Es war nicht Vaters Tod, schon vorher hatte es angefangen. Die Schule musste ihm zu schaffen machen, er war jetzt in seinem letzten Jahr und Mutter hatte ihre Anforderungen an ihn nicht niedrig gesteckt. Sie wollte, dass sein Abschluss mindestens besser wurde als der seines abtrünnigen, großen Bruders, welcher wirklich nicht schlecht gewesen war. Zudem hatte ich gehört, dass Regulus den ersten Auftrag von unserem Lord bekommen hatte. Das war eine große Ehre, konnte für einen jungen Mann wie ihn jedoch auch eine Bürde sein. Und schließlich war mein armer Bruder nun ganz alleine in einem großen Haus mit Mutter, die sich ihm sicher, seit Sirius weg war, mit einer besonderen Hingabe widmete. Ich erinnerte mich an meine Kindheit, als meine Brüder beide noch Kleinkinder waren. Damals hatte sie sich mir den lieben langen Tag gewidmet und es geschafft, dass ich sie beinahe hasste, bis ich sie endlich verstand. Sirius hat sie niemals verstanden.

„Hast du jemals darüber nachgedacht…“, begann Regulus schließlich vorsichtig und unterbrach sich wieder. „Kam dir je der Gedanke, dass… wir vielleicht auf der falschen Seite stehen?“
 

Ich blieb stehen. Schweigend wiederholte ich jedes seiner Worte in Gedanken, dann seufzte ich leise und sah zu meinem armen, kleinen Bruder herauf. „Regulus“, suchte ich vorsichtig den richtigen Ton. „Es ist nur… natürlich, dass du in deinem Alter beginnst deine Umgebung infrage zu stellen. Aber verirre dich nicht darin.“

Mit sanftem Druck, tippte ich auf seine Brust und versuchte ihm mit einem freundlichen Lächeln zu verstehen zu geben, dass ich ihm die Frage nicht böse nahm. Er war jung, und solange er nur fragte… „Die Lügen der Gesellschaft wollen dir weismachen, dass du nicht mehr wert bist, als ein Muggel, aber das stimmt nicht. Sie sind nicht dumm, sie appellieren an dein Gewissen indem sie dir das Gefühl geben, Muggel zu töten sei so schlimm wie Zauberer zu töten. Aber das ist es nicht! Es ist nicht schlimmer als Tiere zu töten. Das einzige was Muggel von Schweinen unterscheidet, ist, dass sie sich ausdrücken können. Der Dunkle Lord hat das verstanden und versucht unsere Welt zu einem besseren Ort zu machen, indem er diese Lügen aufdeckt. Allerdings sitzt der Aberglaube der Zauberer so tief, dass du ihnen nicht einfach die Wahrheit sagen kannst. Das heißt, wir sind dazu gezwungen unseren Ansichten Nachdruck zu verleihen und deshalb handeln wir als Beispiel für eine Gesellschaft in der wir leben wollen, indem wir minderwertige Wesen wie Muggel, aus ihr befreien und ihnen ihren rechtmäßigen Platz, weit unter uns, zuweisen. Unsere jetzige Gesellschaft, kann das natürlich nicht verstehen und schimpft das töten von Muggeln ‚Mord‘, aber es wird immer Menschen geben, die nicht verstehen was gut für sie ist. Wir sind nicht der Feind der Gesellschaft, vielmehr sind wir wie ein reinigendes Feuer! Verstehst du?“

Als ich geendet hatte, sah ich erwartungsvoll zu Regulus auf. Er nickte nur. Dann verabschiedete er sich, ging bis zum Rand des Friedhofes und disapparierte.
 

*** ***
 

Zwei Tage später erreichte Mutters Patronus mich. Die Schule hatte sich mit ihr in Verbindung gesetzt und ihr mitgeteilt, dass Regulus noch nicht auf das Schulgelände zurückgekehrt war. Er war auch nicht bei mir aufgetaucht oder hatte eine Nachricht zurückgelassen. Es gab nicht viele Orte, an die Regulus gehen würde, was meine Suchoptionen stark eingrenzte und mich zunehmend nervöser machte. Es war nicht seine Art einfach zu verschwinden! Ich begann meine Suche zuhause. Er hatte die Tür zu seinem Zimmer magisch verschlossen, jedoch gelang es mir relativ schnell, sie zu öffnen. Seit ich es das letzte mal betreten hatte, hatte das Zimmer sich verändert. Überall hingen Zeitungsartikel, alle handelten vom dunklen Lord. Ich musterte die Artikel genauer. Hatte er sie bestimmt angeordnet? Wollte er etwas bestimmtes damit sagen? In seinem Schreibtisch waren weitere Zeitungsartikel und andere Papiere, aber nichts, was darauf schließen ließ, dass er abhauen wollte, außer…

Ich stockte. Was, wenn es keine Frage gewesen war? Auf dem Friedhof. Was wenn er sich die Frage bereits selbst beantwortet hatte und mich nur testen wollte…?! Wenn all die Zeitungsartikel kein Altar sondern ein Schauerbild darstellen sollten?
 

Aber das konnte ich mir kaum vorstellen… Es war zu weit her geholt, nicht wahr? Gab es noch irgendetwas, das auf Verrat schließen ließ? Die Dokumente, welche er auf dem Schreibtisch liegen hatte, waren gewöhnliche Unterlagen. Die Skizze eines Lebenslaufes war dabei, vermutlich für eine Bewerbung im Ministerium, allerdings war sie schon älter. Sonst waren da noch die Briefe von Freunden, allesamt unauffällig, sowie diverse zerknüllte Papiere, die wie abgebrochene Briefe an Mädchen aussahen. Es musste doch so etwas wie ein Tagebuch geben! Auch wenn er wohl kaum dumm genug gewesen war, offen über einen Verrat am Dunklen Lord zu schreiben. Im Schreibtisch gab es keins und Geheimfächer fand ich auch keine. Ebenso wenig war es unter dem Bett oder hinter einem der Bilder zu finden.

Ich musste mich jetzt konzentrieren! Wo versteckte man etwas, wo niemand danach suchen würde?!
 

Das Bücherregal. Niemand erwartete ein Tagebuch im Bücherregal! Aber abgesehen von einem Buch über Quidditch, dem Buch über die Black-Familie und die Großen Taten ihrer Angehörigen, welches Mutter ihm zum letzten Geburtstag geschenkt hatte und Schulbüchern der letzten Jahre, fanden sich in dem Regal nur Bücher, die er von Vater geliehen haben musste, und welche schwarzmagische Rituale behandelten. Ich blätterte jedes einzelne, verdammte Buch durch, aber: kein Tagebuch. Stattdessen fielen mir die merkwürdigen Textmarkierungen auf. Sie konnten nicht von Regulus sein. Die Rituale, die markiert worden waren, gingen weit über das hinaus, was ein 18-jähriger für gewöhnlich beherrschte: das Spalten von Seelen und das Erschaffen von sogenannten Horkruxen. Es war erst das zweite mal in meinem Leben, dass ich ein Buch in der Hand hielt, welches Horkruxe behandelte. Das erste hatte Rabastan mir, neben einigen anderen Büchern, in die Hand gedrückt. Aber wenn Vater diese Markierungen gemacht hatte und sich anscheinend mit dem Thema beschäftigt hatte, dann war er vielleicht gar nicht… Nein. Er war tot.
 

Mir gingen jedoch die Ideen aus. Ich kehrte auf den Friedhof zurück und suchte dort alles nach einer Spur ab, ohne eine zu finden. Ich setzte mich sogar mit Slughorn in Verbindung und versuchte mit allem Charme den ich aufbringen konnte und unzähligen Anspielungen auf meine eigene Schulzeit etwas aus meinem ehemaligen Hauslehrer heraus zu bekommen, aber er wusste anscheinend nichts. Schließlich überwand ich meinen Stolz und stattete Dumbledore persönlich einen Besuch ab, in welchem ich nichts erfuhr, außer dass der Professor immer noch der verrückte, alte Mann war, der mich schon während meiner Schulzeit alle Nerven gekostet hatte. Dass Dumbledore nicht der senile, verständnislose Alte war, als der er sich ausgab, war mir bewusst, was nichts daran änderte, dass mir dieses Spiel zuwider war, gerade jetzt, da ich wirklich andere Sorgen hatte.
 

Als ich nachhause zu Rabastan zurückkehrte, erzählte mein Ehemann, dass die Gerüchte um Regulus’ Verschwinden auch in den Reihen der Todesser für Aufregung sorgten. Sie erzählten sich die verschiedensten Geschichten. Einige sagten Regulus habe Angst bekommen und sei Weggelaufen, andere, er habe sich gegen den Dunklen Lord gewandt und wurde von ihm getötet. Es kamen sogar einige auf die Idee, Dumbledores Orden hätte Regulus gefasst, aber das war wohl doch etwas weit her geholt. Wenn Dumbledore darauf aus wäre uns einzufangen, hätte er mich nicht eine halbe Ewigkeit mit Geschichten über seine neue Lakritze genervt und dann wieder gehen lassen.
 

Schließlich hatte ich nur noch die Möglichkeit den Dunklen Lord persönlich zu fragen. Das erwies sich jedoch als nicht besonders leicht. Zwar gehörte ich bereits seit geraumer Zeit nicht mehr zu der unteren Hälfte der Todesser, was jedoch nichts daran änderte, dass ich ersetzbar war und zu einer Familie gehörte, die in letzter Zeit einige Fehltritte zu vertreten hatte. Andererseits gehörte Bellatrix auch zu dieser Familie und sie war praktisch die rechte Hand des Dunklen Lords.

Schließlich war Rodolphus es, der unseren Herren bat, sich die Bitte einer ergebenen Dienerin anzuhören. Er war selbst ein älterer Bruder und verstand mein Verlangen zu erfahren was aus Regulus geworden war, anders als Rabastan, der der Meinung war, ich sollte meine Brüder ihr Leben leben lassen und nicht versuchen ihnen unter die Arme zu greifen. Er meinte, sie seien selbst Schuld, wenn sie es nicht schafften.
 

Der Dunkle Lord hörte sich meine Geschichte an, schien sich jedoch wenig dafür zu interessieren. Er sagte, er wüsste nicht wo der Junge sei und damit war das Thema für ihn beendet.
 

Also war ich wieder dort wo ich angefangen hatte. Ich hatte nichts. Regulus war wie vom Erdboden verschluckt und ich konnte nichts tun um ihn zu finden.

Aber ich wollte nicht einfach nichts tun! Ich kehrte in sein Zimmer zurück und nahm es von den Dielen bis unter die Decke auseinander. Ich las jede markierte Stelle in den Büchern und jede kleinste Notiz. Seinen ganzen Mülleimer kippte ich aus und suchte auf jedem der Zettel einen Hinweis, irgendetwas…! Ich konnte doch nicht schon wieder einen Bruder verlieren…
 

Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, also will ich es dir schreiben: Ich habe
 

Du hast mir immer wieder gesagt, dass ich dir viel bedeute und du weißt, dass du mir auch sehr wichtig bist, wir haben schließlich nur noch einander. Deshalb hoffe ich, du
 

Als Sirius gegangen ist, hast du gesagt, du hättest alles für ihn getan und du wolltest ihm nur helfen. Was wenn sein Weg
 

Ich bin inzwischen volljährig und konnte einige Erfahrungen sammeln, die
 

Ich vertraue dir, weil ich weiß, dass du ein gutes Herz hast. Du glaubst zwar nicht an „gut“ und „böse“, aber wenn es das gibt, dann hast du ein gutes Herz. Allerdings habe ich Dinge herausgefunden, die so grausam sind, dass sie nur als 'böse' betitelt werden können und
 

Der Verlust von Sirius hat dich damals tief getroffen und ich will dich nicht auch so verletzen. Deshalb hoffe ich, du kannst meine Ansätze verstehen, wenn ich sie dir zu erklären versuche:
 

Ich hatte mich vor sein Bett auf den Boden sinken lassen und all die Nachrichten gelesen, die ich auf den ersten Blick für Liebesbriefe gehalten hatte. Sie waren nicht an irgendein Mädchen gerichtet… sondern an mich. Er hatte versucht mir seinen Standpunkt deutlich zu machen und immer wieder abgebrochen, wie später auf dem Friedhof. Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Er war tatsächlich ein Verräter gewesen, mein kleiner Regulus war zu einem Blutsverräter geworden… Nein

Nein, das konnte nicht sein! Regulus war doch ein guter Junge! Er war ein guter Slytherin! Wie konnte das sein…!

Ich vergrub mein Gesicht in meinem Rock und versuchte mich darauf zu konzentrieren, zu atmen. Und was, wenn der Dunkle Lord gelogen hatte? Wenn er Regulus getötet hatte… Aber wieso sollte der Dunkle Lord den Mord an einem „Abtrünnigen“ geheim halten statt ein Exempel zu statuieren?

Regulus wäre nicht so dumm Zettel wie diese in seinem Zimmer zurück zu lassen wenn er fliehen wollte. Es musste plötzlich gekommen sein, sein Verschwinden. Oder sein Tod.

Sein Tod… er war noch so jung! Hatte nicht einmal seinen Schulabschluss gemacht… Es gab noch so vieles, dass er hätte erleben müssen…!
 

*** ***
 

Mutter war wütend und nicht zuletzt unzufrieden mit mir. Ich hatte sie schon wieder enttäuscht. Sie lief im Salon auf und ab, zeterte und fluchte. Ich selbst war an den großen Wandteppich getreten, ich hatte ihn schon seit langer Zeit nicht mehr betrachtet, es musste Jahre her sein. Ruhelos strichen meine Fingerspitzen über meinen Namen und die feinen Linien, die ihn mit dem Namen Rabastan Lestrange verbanden, dann tasteten sie sich zu der letzten Kreuzung zurück und kamen schließlich zu einem Brandfleck. Sirius.

„Du hast ihn aus dem Teppich gebrannt“, es war keine Anklage, viel mehr eine Feststellung. Ich hatte ihr nicht gesagt, was ich über Regulus vermutete. Ob sie ihn auch ausgelöscht hätte? Ihren Jungen? Natürlich hätte sie, er hatte uns verraten, auch wenn ich es noch immer nicht glauben konnte. Aufgewühlt drehte ich mich zu meiner Mutter um, ich wollte sie fragen, was sie tun würde, ob sie auch Regulus auslöschen würde, aber ich tat es nicht. Regulus war fort, alles deutete darauf hin, dass er tot war, wieso sollte ich Mutter die Bürde seines Verrates auferlegen. Schweigend wand ich mich wieder ab. Wie könnte ich auch einen weiteren Brandfleck verantworten, schon viel zu viele zierten den Teppich, zu viele Zeugen des Verrates am reinen Blut.
 

„Hast du jemals darüber nachgedacht“, ich sprach nur leise, wusste, dass sie nicht zuhörte, „dass die letzten Blacks vielleicht in 100 oder 200 Jahren auf diesen Teppich sehen und nicht wissen weshalb die Brandflecken in dem Stoff sind?“, natürlich antwortete sie nicht. Was maßte ich mir auch an ihre Methoden infrage zu stellen.

Als ich mich schließlich zum Gehen abwandte, stockte sie.

„Warte!“, rief sie nicht mehr ganz so energisch.

Ich hatte schon eine Hand auf die Türklinke des Salons gelegt, bereit vor diesem Ort zu fliehen, doch ich hielt inne. Was erwartete sie noch von mir? Ich hatte bereits die letzten Tage gesucht, ich hatte nichts gefunden was darauf schließen ließ, wo Regulus war. Nur vage Andeutungen auf Verrat und Tod… vielleicht auf Flucht. Ich hatte geschrieen und geweint in meine Hilflosigkeit, hatte mich der zernagenden Angst hingegeben, bis meine Ohnmacht mich lähmte und ich mich ihr schließlich ergab. Und jetzt war ich hier. Ich musste weg.
 

„D-Du kannst nicht gehen! Du bis die Erbin dieses Hauses!“, rief Mutter mit rauer Stimme hinter mir. Ihre Schritte kamen näher und spitze Finger gruben sich in meinen Umhang. „Du musst bleiben! Das hier ist dein Platz…!“, ein beinahe winselnder Laut entfuhr ihrer Kehle.

Mein Platz. Nein, mein Platz war dieses Haus jetzt weniger denn je. Grob schüttelte ich meine Mutter ab und öffnete die Tür, schritt auf den Flur… …die Flüche blieben aus. Kurz wollte ich mich zu meiner Mutter umdrehen, wollte wissen weshalb sie mir nicht nachrief, dann hörte ich einen wimmernden Laut aus dem Zimmer dringen. Ich hatte meine Mutter nie am Boden gesehen. Schnell ging ich weiter. Ich würde ihr nicht noch das letzte bisschen Ehre rauben indem ich Zeuge ihrer Schwäche wurde. Sie war nun eine alte Witwe, von allen gemieden, verlassen von der Welt. Ich wollte das nicht, wollte sie nicht allein in diesem viel zu großen Haus zurücklassen, doch dieses Haus würde ich für sehr lange Zeit nicht mehr betreten. Sein Geheimnis würde in diesen Mauern langsam verbleichen, dahinschwinden, wenn niemand es weckte. Das Geheimnis um den Verrat des Regulus Arcturus Black.
 

*** ***
 

Der Verlust auch meines letzten Bruders machte mir zu schaffen. Immerhin den Versuch mich zu verstehen, sollte ich Rabastan hoch anrechnen, was würde er aber sagen wenn er wusste was ich wusste… Es fühlte sich falsch an, wenn mir Beileid bekundet wurde, nicht, dass es wirklich fehl am Platz sei. Wüssten sie jedoch was ich wusste… dass Regulus Arcturus Black ein Verräter gewesen war. Sie würden ihn und mich in Stücke reißen.

Ich begann die Gesellschaft mehr und mehr zu meiden, selbst an den Zusammenkünften der Todesser nahm ich nur noch teil wenn Rabastan mich dazu drängte. Er versuchte wirklich nachsichtig zu sein, aber irgendwann riss selbst ihm der Geduldsfaden. Es uferte in einem Streit aus, in dem er brüllte ich solle mich zusammenreißen und ich nur stumm da stand und mir seine Vorwürfe anhörte, bis der Punkt kam, an dem ich nicht mehr konnte und einen Nervenzusammenbruch erlitt. Von da an war er einsichtiger.
 

Schließlich schlug er vor, wir könnten endlich eine Familie gründen. Zwar sprach er sie nicht aus, doch seine Gedanken dabei waren klar. Abgesehen davon, dass sein älterer Bruder keine Anstalten machte einen Erben hervor zu bringen, hatte ich bei dem Versuch eine alternative Ehefrau zu sein, die, statt sich um Erziehung und dergleichen zu kümmern, gemeinsam mit ihrem Mann eine Revolution anstrebte, auf ganzer Linie versagt. Was lag näher als zu dem altbewährten Muster zurückzukehren?

Und was würde mir die Flausen meiner Brüder mehr aus dem Kopf treiben als ein Kind, das in mir Wuchs und mich meiner Schönheit, meiner Jugend und nicht zuletzt meiner Zeit beraubte… Aber was konnte ich mich beklagen. An dem Tag an dem meine Mutter mich hervor gepresst hatte, war meine eigene Mutterschaft bereits geplant gewesen. Abgesehen davon stand der bedingungslosen Herrschaft des Dunklen Lord nicht mehr viel im Wege. Mein Kind würde also in einer guten Gesellschaft aufwachsen, ohne die Ungerechtigkeiten denen wir ausgeliefert waren.
 

Als ich schließlich wirklich schwanger wurde, schloss Rabastan mich seit langem das erste mal wieder so in die Arme, wie er es zu Beginn unserer Ehe getan hatte. Vermutlich war es das Leben, welches er sich immer für uns gewünscht hatte. Er begann früher als ich mit der Planung was das Kinderzimmer und anderes anging. So machte er mir auch früh den Vorschlag das Kind, sollte es ein Junge werden, nach meinem Bruder zu benennen. Ein Mädchen könnte man nach seiner Mutter benennen, sagte er und schien das für eine fabelhafte Idee zu halten.
 

*** ***
 

Wenn der Dunkle Lord seine Diener rief, ging Rabastan nun für uns beide. Ich erfuhr nur noch durch ihn, was vor sich ging und er war es auch, der mir schließlich von dem Emporkömmling Severus Snape berichtete. Ich erinnerte mich an den kleinen, unscheinbaren Jungen mit den Augenringen, der vor all den Jahren in Sirius Abteil gesessen hatte. Er schien inzwischen ein wichtiger Informant geworden zu sein und hatte dem Dunklen Lord anscheinend von einer Prophezeiung berichtet, die auf ihn zutraf. Es sollte ein Junge sein, geboren im Juli, der die Macht habe den Dunklen Lord zu besiegen.

Als sich herausstellte, dass dieser Junge kein anderer war als Potters Sohn, konnte ich kaum an mich halten. Rabastan versuchte mich damit zu beruhigen, dass er den Dunklen Lord bereits um die Ehre gebeten habe, Potter töten zu dürfen, jedoch abgewiesen wurde, das reichte mir aber nicht. Potter hatte alles kaputt gemacht. Hätte er damals nicht mit Sirius in einem Abteil gesessen und ihn verführt, dann wäre Sirius kein Gryffindor geworden, hätte die Familie nicht verraten und Regulus nicht auf seine Seite gezogen. Wir wären eine stolze Familie aus echten Black gewesen, ohne dunkle Geheimnisse, ohne Verrat, ohne Verlust. Dafür musste Potter sterben!
 

Und er sollte sterben. In der Nacht, in der der Dunkle Lord in das Heim der Potters eindrang um den Jungen zu töten, zerriss plötzlich ein unglaubliche Schmerz das in Stille gehüllte Abwarten. Es war das Dunkle Mal, welches sich auf meinem Unterarm wie in Schmerzen wand, dann war es vorbei. Noch in der gleichen Nacht apparierte Rabastan zu mir, packte mich am Arm und disapparierte.
 

Wir waren in einem Wald gelandet, weit ab von Siedlungen. Außer uns beiden waren Rodolphus, Bellatrix und Bartemius Crouch Jr. da, die mir kurz erklärten was geschehen war. Irgendwie hatte der junge Potter den Dunklen Lord besiegt oder vertrieben. Sicher war nur, dass er fort war und die Auroren und die letzten Überreste des Ordens sich zu einem letzten Angriff gegen uns, die Diener des Dunklen Lords, zusammengetan hatten. Wir waren die Gejagten geworden und mussten verschwinden. Allerdings waren Bella, Barty, Rodolphus und Rabastan sich sicher, dass der Dunkle Lord nicht tot war. Sie sprachen von dem Dunklen Mal, das zwar nicht so intensiv auf unseren Unterarmen prangte wie noch am vorherigen Tag, jedoch auch nicht vollends verblasst war. Abgesehen davon, und da waren sich alle einig, konnte kein Kind, und würde es auch ein noch so mächtiger Magier werden, einen Zauberer wie den Dunklen Lord besiegen. Zuletzt sei noch gesagt, dass, wenn selbst ich einmal von Horkruxen gelesen hatte, der Dunkle Lord mit Sicherheit etwas gefunden hatte, mit dem er seinen Tod abwandte.
 

*** ***
 

Schließlich bestimmten sie, dass sie sich auf die Suche nach dem Dunklen Lord machen würden. Mich wollte Rabastan nicht dabei haben und überließ es mir die Verstecke für uns ausfindig zu machen und für Verpflegung zu sorgen. Es war mir Recht, ich wollte mich auch eher im Hintergrund halten, schließlich durfte ich nicht entdeckt werden. Ihnen sollte eins klar sein: ich würde mein Kind ganz sicher nicht in Askaban gebären.

Während dieser Zeit erfuhr ich auch von Sirius’ Gefangennahme und seiner sofortigen Einquartierung in Askaban. Das hatte er nicht verdient… wenn ich diesen Gedanken auch nicht laut äußern durfte. Er hatte sich in den Kämpfen dem Feind angeschlossen, wären wir aufeinander getroffen hätte ich ihn töten müssen. Beinahe war ich froh darüber ihm so niemals wieder über den Weg laufen zu müssen, wäre sein Tod durch meine eigene Hand schließlich das, was noch fehlte um mich vollends des Verstandes zu berauben.
 

*** ***
 

Wir trafen uns in einer relativ heruntergekommenen Absteige der Muggel um nicht erkannt zu werden. Rabastan kam gegen Mitternacht, sah mich am Fenster des kleinen Zimmers stehen, trat näher und schlang ohne eine Begrüßung seine Arme um mich.
 

An der Art wie Rabastan mich küsste, merkte ich, wie die Suche nach dem dunklen Lord voran ging. Wenn sie gerade eine neue Spur hatten, die sie verfolgten, waren seine Küsse sanft und je schlechter es lief, desto verlangender küsste er mich. War er dem Verzweifeln nahe, lag es an mir, ihm die Befriedigung zu geben, die er durch die Suche nach dem Dunklen Lord nicht erfuhr. Und heute war einer der Tage an denen er kaum genug bekam.

Erst als er sich bereits wieder anzog, wagte ich es zu sprechen.

„Ich werde nicht schwanger nach Askaban gehen“, sagte ich mit ungewohnt kräftiger Stimme. „Unser Kind soll eine Chance auf ein gutes Leben haben.“

Rabastan drehte sich zu mir um. Er hatte sich inzwischen die Hose angezogen, das schmuddelige Hemd hielt er noch in der Hand. Er nickte. „Du meinst, wir sollten uns nicht mehr sehen…?“, er brach ab. Seine Miene hatte sich kaum merklich verhärtet.

„Nein“, ich erhob mich von dem Bett und trat ein Stück an meinen Mann heran, dann sah ich zu ihm hoch, „das wird nicht reichen. Ich muss untertauchen, verschwinden.“
 

In einer langsamen Bewegung hob Rabastan mein Kinn etwas weiter an. Er machte mir Angst. Einen kurzen Moment lang fürchtete ich seinen Wutausbruch. Würde er mich gehen lassen…? Aber sein Blick war unergründlich. „Du… Du wirst abhauen, mit dem Kind.“

Ich nickte und schluckte zugleich. Er würde es mir verbieten wollen und dann hätte ich keine andere Chance als ihn zu verlassen, für immer.

„Wenn wir den Dunklen Lord einmal gefunden haben und ihm zu seinem Aufstieg verhelfen konnten…“, begann die raue Stimme meines Gegenübers wieder, „dann wird alles gut. Und dann musst du da sein.“

Ich nickte erneut und sah in die ernsten Augen meines Mannes. Schließlich ließ er seine Hand langsam über meine Schultern fahren und musterte meinen noch immer nackten Körper in Gedanken versunken. Als er wieder in mein Gesicht sah, seufzte er einmal, dann schloss er mich in seine Arme und drückte mich mit sanfter Gewalt an seine Brust. „Tu alles was nötig ist um dich und das Kind in Sicherheit zu bringen.“
 

Nachdem auch ich mir wieder etwas angezogen hatte, erzählte ich ihm von meinem Plan und weihte ihn in alle Einzelheiten ein.

Es waren eigentlich zwei Pläne, der eigentliche Plan und ein Notfallplan, den ich hoffte nicht durchführen zu müssen. Rabastan gefiel der Plan so wenig wie mir. Er erniedrigte mich auf allen Ebenen und würde mehr von mir abverlangen als ich für mein eigenes Leben zu tun bereit gewesen wäre. Noch dazu hielt Rabastan den Plan für zu unsicher, zu weit her geholt, zu aufwendig und viel zu fordernd. Etwas besseres fiel ihm jedoch auch nicht ein und ich wusste, dass der Plan aufgehen würde, wenn ich keinen Fehler beging. In jedem Fall aber wäre unser Kind in Sicherheit und das war alles was zählte. Rabastan hatte keine andere Wahl als mich gehen zu lassen, selbst Rodolphus stimmte schließlich zu, wenn wir ihn auch nicht in den ganzen Plan einweihten.
 

Wir verabschiedeten uns also; ein letztes Mal.
 

*** ***
 

In Muggelkleidung gehüllt hatte ich mich in einer Muggelstadt in ein Muggelcafé gesetzt und beobachtete bereits seit einer Weile eine junge Muggelfamilie. Es war nicht das erste mal, dass ich sie sah und, dass ich sie nun in diesem Café wieder sah war nicht ganz zufällig. Es waren ein Mann in Rodolphus Alter und eine Frau die nicht viel älter als ich sein konnte mit ihren zwei Kindern, einem kleinen Jungen und einem noch kleineren Kind, das den Farben ihrer Kleidung nach ein Mädchen sein musste. In den letzten Wochen hatte ich, neben der eingehenden Studie der Muggelkunde-Bücher, die ich mir mit Hilfe des Imperiusfluches von Passanten hatte beschaffen lassen, nach einer Familie wie dieser gesucht. In einer Großstadt lebend wo nicht jeder jeden kannte, mit möglichst jungen Kindern und vor allem einer jungen Mutter. Mein Instinkt sagte mir zwar, dass ich vor dem Eingriff weiter die Gewohnheiten und Eigenarten, sowie die Freunde und Bekannten der Familie studieren sollte, jedoch war ich bereits im fünften Monat meiner Schwangerschaft und wusste mich schon eingelebt haben wenn mein Kind zur Welt kam. Also wählte ich die Jacksons. Die Muggelfrau zu beseitigen stellte nicht das geringste Problem da und ihre Leiche verschwinden zu lassen war auch leicht. Selbst das Verändern der Gedächtnisse der Familienmitglieder gelang mir gleich, problematisch wurde nur der Rest. Ich ließ die Familie umziehen, damit ich, als ich die Rolle der Mutter einnahm, nicht weiter auffiel. Zwar hatte ich mein Aussehen dem ihren, soweit es mir ohne Vielsafttrank möglich war, (ich wollte sie nicht im Keller am Leben halten nur damit ich unachtsam wurde und sie schließlich doch Schwierigkeiten machte) angepasst, das Dunkle Mal konnte ich jedoch nur verdecken und die Eigenheiten der Frau hatte ich auch nur oberflächlich studieren können.
 

*** ***
 

Bald musste ich auch feststellen, dass ich mich bei der Ausarbeitung meines Planes überschätzt hatte. Es war wirklich nicht leicht eine Muggel-Mutter zu spielen und in Büchern von den Geräten, Ansichten und Floskeln der Muggel gelesen zu haben, ließen mich diese noch lange nicht ausreichend verinnerlichen. Ich versuchte den Zauberstab so selten wie möglich zu benutzen, das war jedoch schwieriger als ich erwartet hatte. In meinem ganzen Leben hatte ich mich nicht einmal mit dem Zauberstab dazu herablassen müssen, zu putzen und zu kochen. Zum Glück, konnte ich das Gedächtnis des Familienvaters so verändern, dass er dachte, ich hätte eine Krankheit hinter mir, wegen derer ich mich selbst an alltägliches nicht mehr gut erinnerte und allgemein vergesslicher geworden war. Das entschuldigte einige Kleinigkeiten, meine größeren Fehltritte musste ich jedoch immer wider korrigieren. In einem kleinen Handkalender notierte ich mir alle Kleinigkeiten und Daten, all die Muggel-Feiertage und was man an ihnen tat, die Geburtstage dieser 'neuen Familie' und die ganze Geschichte, meiner neuen Identität. Ich nannte mich Marilyn, wie die Mutter der Familie geheißen hatte, fügte ihrer Geschichte jedoch noch einen den Drogen verfallenen Bruder, der im Ausland im Gefängnis schmorte und einen Bruder, der bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen war hinzu. Das war vermutlich albern, aber leugnen wollte ich sie nicht.
 

Was mir jedoch noch schwerer fiel als das Merken von Daten, war meine Abscheu gegen die Muggel irgendwie in Grenzen zu halten. Ich war nun offiziell keine Hexe mehr, sondern ein niederes Muggel-Weib, das musste ich mir wieder und wieder sagen, um zu entschuldigen, dass andere Muggel mich auch als solches behandelten. Zu oft war ich zu grob und zeigte meine Abscheu gegenüber anderen zu deutlich, als dass ich verschleiern könnte, was ich gegenüber diesen Maden empfand. Der Familienvater, erklärte meine Ungehaltenheit jedoch mal um mal mit meiner „Krankheit“ und anderem. Er war bereit alles zu glauben, was ich ihm sagte. Seine Frau und er mussten einen sehr vertrauten Umgang miteinander gehabt haben.
 

Als Endlich mein Kind geboren wurde, hatte ich mich bereits etwas in mein neues Leben eingelebt. Es war ein Mädchen. Ich hielt mein Versprechen und gab ihr den Namen von Rabastans Mutter: Victoria. Als Zweitname schlug John, der Muggel, einen Blumennamen vor und ich entschied mich für Rosa. Ich wollte sie nicht nach einem süßen kleinen Blümchen benennen, meine Tochter würde lernen sich zu verteidigen und Dornen zu zeigen!
 

*** ***
 

Ich saß gerade mit meiner kleinen Rosa in den Armen auf dem Sofa, als John sich zu uns setzte. Die Kinder waren im Kindergarten und John arbeitete bereits seit wir umgezogen waren beinahe vollständig zuhause. Er strich meiner wunderschönen Tochter sanft über die Wange, dann lehnte er sich zu mir herüber und küsste mich zärtlich. Zögerlich erwiderte ich den Kuss. Bis jetzt hatte ich es geschafft derlei Zärtlichkeiten großteils aus dem Weg zu gehen, aber ich wusste, dass es nicht so bleiben würde. Ich musste meine Rolle gut spielen, koste es was es wolle. Es war alles nur zum Wohl meiner Tochter.

Trotzdem kam ich mir zurecht wie eine Verräterin vor, eine Hure…
 

„Weißt du, deine anderen beiden Kinder vermissen ihre Mutter“, sagte er schließlich und lächelte matt. „Seit unsere Victoria geboren wurde, schenkst du deine Aufmerksamkeit nur noch ihr… und ich weiß, dass die ganze letzte Zeit nicht leicht für dich war, aber was hältst du davon, wenn wir eine Weile die Rollen tauschen? Ich mach das Frühstück, du holst die Kinder aus den Betten. Ich räume danach wieder auf und du bringst sie in den Kindergarten. Du holst sie mittags ab während ich das Essen mache und danach machen wir alle zusammen einen Spaziergang. Du verlässt kaum noch das Haus…“, er nahm mein Gesicht in seine Hände und sah mich aus großen dunkelblauen Augen an. Er glaubte wirklich, dass er mich liebte… „Ich mache mir doch nur Sorgen um dich, Schatz.“

Schließlich nickte ich und zwang mich zu einem Lächeln.

„Es tut mir Leid…“ versuchte ich mich wie immer heraus zu reden, aber er schüttelte nur leicht den Kopf.

„Das muss es nicht. Du hattest es nicht leicht“, dann küsste er mich ein weiteres mal, stand auf und ging in die Küche. Er schaltete das Radio ein und die letzten Akkorde eines Muggel-Popsongs verklangen, während der Radiosprecher bereits zu Reden begonnen hatte. Ich hörte nur mit halben Ohr zu, wie er das neue Album einer Band, die ich nicht kannte, lobte, dann wurde über das Wetter der kommenden Tage gesprochen. Die Wetterprognosen der Muggel waren, gnädig ausgedrückt, ungenau. Es würde mich nicht wundern, wenn sie das Wetter jedes mal zu erraten versuchten.

„…Der Premierminister gab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass nun auch die letzte gefährliche Gruppe von Massenmördern, welche seit einigen Monaten ihr Unwesen treibt, gefangen genommen wurde“, verkündete die Stimme aus dem Radio inzwischen. Ich horchte auf. „Es handelt sich dabei um ein Ehepaar und zwei weitere Männer, welche im vergangenen Monat eine Familie beinahe zu Tode quälten und zuvor zahlreiche, scheinbar willkürliche Morde begingen. Vorerst wurden nur drei der vier festgenommenen vor Gericht geführt und zu lebenslanger Haft verurteilt.“

Rabastan.
 

*** ***
 

Vielleicht war es dumm gewesen herzukommen. Ich half damit vermutlich niemandem. Trotzdem hatte ich keine Wahl gehabt, ich musste wissen wie es geschehen war und ob es überhaupt stimmte…
 

Das Malfoy Manor sah stattlich aus wie eh und je, als ich durch das Foyer schritt. Der Fall des Dunklen Lords hatte hier kaum Spuren hinterlassen.

Als ich schließlich wieder zu der Tür am Ende des Foyers sah, erblickte ich Narzissa. Sie kam langsam näher, wollte sich mir gerade vorstellen und fragen was ich wolle, als sie mich erkannte. „Cassiopeia!“, rief sie aus und schlang ihre Arme um meinen Hals. „Wir haben uns Sorgen um dich gemacht!“

Als wir die Umarmung lösten, lächelte ich die alte Freundin an. Selbst die kurze Zeit meiner Abwesenheit hatte Narzissas Gesicht bereits geprägt. Sie schien statt einem, fünf oder sogar zehn Jahre gealtert zu sein und ihre Augen waren nicht mehr so hell, so bedingungslos offen wie früher, ansonsten sah sie aber gut aus.

„Es tut gut diesen Namen wieder zu hören…“, murmelte ich schließlich.
 

Wir begaben uns in den Salon, wo ich ihr von den Geschehnissen der letzten Monate erzählte. Auch sie erzählte von den Schwierigkeiten, die ihr rückgratloser Mann mit dem Ministerium gehabt hatte, wie sehr sie gefürchtet hatten, er müsse doch nach Askaban gehen. Aber sie erzählte auch von ihrem Sohn, Draco.
 

Um meine kleine Tochter nicht vollkommen unter Muggeln aufwachsen zu lassen, bot sie an sich ab und zu um Victoria Rosa zu kümmern, sie in die Winkelgasse mitzunehmen und ihr die Zaubererwelt näher zu bringen. Es wäre die einzige Chance meiner Tochter, nicht unter den Muggeln zu verkommen, also stimmte ich zu. Ich hatte sie vor Rosas Geburt ohnehin fragen wollen, ob sie die Patin meines Kindes werden wolle, bevor mir der Kontakt zu anderen Zauberern beinahe vollkommen verwehrt worden war. Narzissa wäre eine fabelhafte Patin. Sie war freundlich und hatte das Herz am rechten Fleck, zudem wusste sie genau, was sich ziemte und was nicht, schließlich war sie eine Black. Außerdem war ihr Sohn inzwischen ungefähr 2 Jahre alt und würde später eine fabelhafte Partie für meine Rosa abgeben, es sei denn, er käme mehr nach seinem Vater, dem Feigling. Lucius hatte mit Sicherheit viele Menschen bestochen um jetzt nicht in Askaban sitzen zu müssen, hatte vor der Justiz gekuscht und den Dunklen Lord verleugnet. Nicht wie Rabastan.

„In den Muggel-Nachrichten wurde von Gefangennahmen berichtet… Stimmt es, dass Rabastan gefasst wurde?“, schnitt ich schließlich das Thema an, wegen welchem ich hergekommen war.

Narzissa nickte und sah mich besorgt an. „Er hat mit seinem Bruder, Bellatrix und Crouch die Longbottoms gefoltert, bis sie verrückt wurden. Kurz später wurden sie gefasst. Sie sind jetzt in Askaban.“

Stumm nickte ich und schluckte. Jetzt konnte nur der Dunkle Lord uns noch retten… sollte er noch irgendwo da draußen sein.
 

*** ***
 

Die Kinder. Julian und Elisabeth, kurz Lissy. Beide mochten ihren Vater mehr als mich und anscheinend war der Pudding, den ich machte, nicht mehr so gut wie früher, bzw. nicht so gut, wie die echte Mutter der beiden ihn gemacht hatte. Sie hatten auch ihre Eigenarten. Seit Lissy laufen konnte, war nichts vor ihr sicher. Sie tapste durch das ganze Haus und brabbelte vor sich hin, nagte an allem und jedem in ihrer Reichweite und schrie das ganze Haus zusammen, wenn ich ihr den Inhalt meiner Handtasche wegnahm. Sie war sogar trotziger als Sirius in diesem Alter. Julian war ein ganz anderer Charakter. Er war derjenige, der seine Schwester tröstete wenn sie hingefallen war, und er ließ sich viel einfacher beruhigen. Man konnte ihm unzählige Male die gleiche Geschichte vorlesen ohne, dass sie ihm langweilig wurde.

Jedoch waren beide respektlos. Ihnen fehlte die Disziplin, die für mich und meine Brüder in dem Alter bereits selbstverständlich gewesen war.

John war jedoch anderer Meinung was das anging. Er meinte, dass Kinder Freiheit bräuchten, nicht Kontrolle. Das hielt er für wichtig, damit sie einen gesunden, eigenständigen Charakter entwickeln konnten, aber das war Schwachsinn. Er war nur ein Muggel und wusste es nicht besser, aber Kinder brauchten Führung. Bis sie alt und weise genug waren um ihre Entscheidungen selbst treffen zu können, mussten sie denjenigen folgen, die bereits die Erfahrung hatten. Mit John darüber zu diskutieren war jedoch relativ sinnlos. Aber es waren nicht meine Kinder, also beschloss ich ihm bei seinen eigenen Kindern alle Freiheiten zu lassen, solange sie irgendwie erträglich blieben, und meine kleine Rosa dann nach meinen eigenen Vorstellungen zu erziehen.
 

*** ***
 

Rosa war fast vier Jahre alt, als ich ihr Narzissa das erste mal vorstellen wollte. Ich hatte meinem Mädchen schon viel von ihr erzählt, sodass sie schon Tage vor dem großen Tag unglaublich aufgeregt war. Zwar konnte ich ihr nicht sagen, dass Narzissa eine Hexe war, weil ich das ja offiziell nicht wusste, aber ich hatte ihr gesagt, dass sie zu einer sehr alten, sehr adeligen Familie gehörte und dem entsprechend aus bestem Hause war. Als es dann so weit war, zog ich ihr ihre dicke Jacke an, schnürte ihre kleinen Stiefel und strich noch einmal ihre dunklen Haare glatt, als ich von weiter weg einen dumpfen Knall hörte. „Da kommt sie.“

Lächelnd sah ich noch einmal auf meine Tochter herab. Sie war so wunderschön… ihr Haar war dunkler als Sirius’ und heller als Rabastans Haar und ihre Augen waren wunderschöne, blaugraue Edelsteine. Kurz darauf klingelte es.
 

Ich rechnete es Narzissa hoch an, dass sie tatsächlich hier her gekommen war, in ein Muggelhaus. John wusste über sie nur, dass sie eine Kindheitsfreundin war und blieb vorerst zwar freundlich, aber distanziert. Die Kinder waren da ganz anders. Durch Narzissas so offene Art, hatte sie die Herzen aller drei bereits in wenigen Minuten erobert. Außerdem hatte sie für jedes der Kinder eine Kürbispastete und eine Packung Berti Botts Bohnen jeglicher Geschmacksrichtungen dabei und erklärte geheimnisvoll, dass die Pasteten nach einem alten Familienrezept gemacht waren und Berti Botts Bohnen etwas ganz besonderes seien, das man nur in den entlegensten Ecken Londons fand. Nun, das mit dem Familienrezept war Schwachsinn, aber so lange keiner nachfragte was genau das war, sollte es mir egal sein. Ich war nur glücklich, dass sie keine Säuredrops oder Schokofrösche mitgebracht hatte, damit ich am Ende Löcher in Zungen reparieren, oder John erklären konnte, weshalb die Schokoladenfrösche selbstständig wurden und die Sammelbilder sich bewegten…

Nachdem ich Narzissa unter vier Augen noch einmal darauf hingewiesen hatte, dass sie Rosa einbläuen musste, nichts von alle dem, was sie in der Zaubererwelt sah, weiterzusagen, machten die beiden sich auch auf den Weg.
 

*** ***
 

Nachdem sie zurückgekehrt waren, sprach Narzissa noch einmal mit mir, als ich sie nach draußen begleitet hatte und mich noch einmal für das, was sie tat, bedanken wollte. Sie sagte, dass Mutter gestorben sei. Man hatte sie anscheinend tot in ihrer Wohnung aufgefunden und es hatte eine Beerdigung gegeben. Nun lag sie neben ihrem Mann Orion Black. Ich schluckte. Sie war ganz allein gestorben. Wer war wohl zu ihrer Beerdigung gekommen? Ihre Brüder waren tot, genau wie ihr Mann, Sirius war in Askaban und wäre vermutlich sowieso nicht gekommen, Regulus war… tot. Und ich war im Exil. Andromeda war sicher auch nicht gekommen und Bellatrix saß mit meinem Mann in Askaban.

„Warst du da?“, fragte ich schließlich.

Narzissa nickte. „Ich wollte dir bescheid sagen, aber dann… Ich hatte Angst, du würdest dich verpflichtet fühlen zu kommen und deine Deckung aufs Spiel setzen. Aber in deinem Namen, habe ich ihr einen Strauß weiße Rosen auf das Grab gelegt. Ich hoffe das war in deinem Sinne.

Stumm nickte ich. Vermutlich war es besser so.
 

*** ***
 

Ich hatte mir angewöhnt Bandagen am linken Arm zu tragen. 'Geplant' waren anfangs lange Handschuhe gewesen, bei dem ersten Versuch mit Handschuhen zu putzen, wurde ich jedoch ernüchternd mit der Tatsache konfrontiert, dass mein Leben als Muggel nicht mehr das feine Leben einer Black war. Das war inzwischen jedoch Jahre her.

Mein Leben hatte sich verändert und manchmal vergas ich sogar, dass sie nur Muggel waren; dass ich eine Hexe war. Ich wollte mir das vorerst nicht eingestehen, da ich es auch vor anderen niemals sagen würde und ich schämte mich dafür. Als es irgendwann zu extrem wurde, begann ich, wenn alle anderen aus dem Haus waren, meinen Zauberstab heraus zu holen und zu zaubern. Kleinigkeiten nur, mal ein netter Zauber, den ich in Zauberkunst gelernt hatte, mal ein Zauber, der mir den Haushalt erleichterte. Als ich an einem Nachmittag besonders Niedergeschlagen war, zerstörte ich das ganze Kinderzimmer und saß dann stumm in den Trümmern, bis ich beschloss, dass es genug war und alles wieder in seinen Originalzustand zurück versetzte.

Ich konnte einfach nicht mehr. Mit jedem Tag wurde mir bewusster, dass ich in der falschen Welt war. Die Muggel waren ein immer vertrauterer Teil meines Lebens geworden und mit jedem Tag, an dem ich meinen Zauberstab nicht in der Hand hielt, spürte ich, wie ähnlich ich ihnen wurde. Aber das durfte nicht sein! Ich war Cassiopeia Elladora Lestrange, geborene Black, erste Tochter von Orion und Walburga Black, die Letzte ihres Familien Zweiges, wenn man von Sirius absah. Ich war eine reinblütige Hexe! Eine Dienerin des Dunklen Lords und die Ehefrau von Rabastan Lestrange! Die Muggel waren nur aus dem Grund noch am Leben, dass ich sie als Deckmantel brauchte! Sie waren nichts weiter als mein Schafsfell. Sobald der Dunkle Lord wieder nach mir rief, würde ich sie wie ein Wolf zerfleischen!

Aber sein Ruf kam nicht…
 

Ich wartete lange, so unglaublich lange.

Es war das Jahr 1990, meine Rosa war im März acht Jahre alt geworden und John hatte für die Sommerferien der Kinder Urlaub in Brighton organisiert.

Diese Reisen, die John immer wieder plante, kamen mir meistens ziemlich ungelegen. Immer wenn ich eine gewisse Routine in den Alltag gebracht hatte, kam John mit einer neuen Idee an, die alles auf den Kopf stellte. Also ging ich dazu über mir mit ein paar Zaubern zu helfen und verhinderte so einen Großteil der Reisen, die wenigen Urlaube, die ich ihnen ließ (denn meine Rosa begann auch ein gewisses Vergnügen daran zu finden), erleichterte ich mir dann, indem ich die Kinder magisch markierte um sie schnell finden zu können, den Stauraum in den Taschen kaum merklich vergrößerte und die Kinder die Fahrten über schlafen ließ.

Vorerst war es ganz nett. Die Kinder liebten das Wasser und so verbrachten wir die meiste Zeit am Strand. Ich war zwar nicht so sehr an derlei Aktivitäten interessiert, trotzdem schafften es John und Rosa mich irgendwie ins Wasser zu bringen. Es war nicht so warm wie ich gehofft hatte und die meiste Zeit wurde ich auch nur von den Kindern noch nasser gespritzt, aber Rosa liebte es und so blieb ich noch etwas mit ihnen im feuchten Nass. Als wir so durch die Wellen trieben, schlang sich plötzlich ein Arm um mich und bevor ich etwas tun konnte, hatte John schon seine Lippen auf meine gedrückt.

Er fand des vermutlich romantisch, mir kam es nur ungelegen. Es war sowieso schon nass und unangenehm und dann musste er mich auch noch anfassen! Aber ich spielte mit, was hatte ich denn für eine andere Wahl. Es war bis jetzt nur seltener wirklich schön mit ihm gewesen, doch meistens war es nicht abstoßend, seit ich mich daran gewöhnt hatte. Dieses mal floh ich jedoch bei nächster Gelegenheit.

Als ich wieder Boden unter den Füßen hatte, watete ich zurück ans Land. Ich rubbelte mein Haar wieder trocken und zog mir ein leichtes Kleid über, als ich plötzlich eine Stimme hinter mir hörte: „Cooles Tattoo! Sieht aus als würde es sich bewegen!“

Ich drehte mich perplex zu dem Teenager um, dann sah ich zu meinem linken Arm hinab. Die Bandage war weg. Verdammt! Ich musste sie im Wasser verloren haben… Schnell fasste ich nach dem Dunklen Mal und versuchte es mit der Hand zu verdecken. „Das…Das ist eine… Eine Jugendsünde…“, druckste ich herum. John nannte es bei jeder Gelegenheit eine Jugendsünde.

Ich sah mich schnell um. Wir waren großteils unbemerkt geblieben, nur ein paar wenige Blicke hatten sich auf uns gerichtet…
 

*** ***
 

Aber diese wenigen Blicke schienen gereicht zu haben. Narzissa kontaktierte mich kurz nachdem wir endlich wieder nachhause zurückgekehrt waren: Der Tagesprophet verkündete, dass die Todesserin Cassiopeia Lestrange, die kurz nach dem Fall des Unnennbaren verschwunden war, in Brighton gesehen wurde. Sie hatte ihr aussehen etwas verändert und schien sich bei Muggeln zu verstecken. Es war soweit.

Teil zwei des Plans, den ich vor so langer Zeit erarbeitet hatte und von dem ich gehofft hatte ihn niemals anwenden zu müssen, musste befolgt werden.

Also bereitete ich alles für das Ritual vor, dann suchte ich mir jemanden der erstmal nicht vermisst werden würde und schaffte ihn in den Keller unseres Hauses. Ich hatte mich lange mit dem Ritual befasst und ich wusste, das es in jeder Hinsicht schmerzhaft werden würde. Zudem war es nicht einfach irgendein schwarzmagisches Ritual, es war… Das schwarzmagische Ritual. Aber ich würde es tun. Ich schuldete es meiner Tochter, meinem Mann und nicht zuletzt dem Dunklen Lord.

Als „Träger“ wollte ich nicht einfach irgendetwas nehmen. Es musste ein Unikat sein und sollte einen persönlichen Wert haben. Außerdem hoffte ich darauf später irgendwie daraus befreit zu werden oder als Teil einer mächtigen Zauberin, die ich war, selbst aus dem Träger hinaus wirken zu können. Meine Wahl fiel also auf etwas, dem vertraut wurde, etwas, dem vor allem die schwächsten vertrauten: Kinder. Der Gegenstand dem sowohl die Muggelkinder als auch meine Rosa am meisten trauten, waren ihre Spielzeuge, vor allem ihre Puppen…
 

*** ***
 

Keine Woche später, hatten sie mich gefunden. Etwas war schon den ganzen Tag komisch gewesen. Die Kinder waren ungewohnt unruhig und John musterte mich mit Blicken, die ich nur als Unsicherheit deuten konnte. Gegen Mittag verließ er das Haus um Unterlagen in die Stadt zu bringen, einzukaufen und die Briefe der letzten Tage bei der Post einzuwerfen. So war ich mit den Kindern allein zuhause, als es klopfte. Meine erste Reaktion war Rosa zu schicken um die Tür zu öffnen, einem Kind würden sie schließlich nichts tun, dann beschloss ich, dass es zu gefährlich war das Kind zu schicken und ging selbst, den Zauberstab griffbereit. Ich hätte gehen müssen! Weg! Ich hätte sie nicht solcher Gefahr aussetzen dürfen, schrie es in mir, als ich schließlich die Türklinke runter drückte. Ich kannte diesen Mann.

Noch bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, schlug ich die Tür zu und schrie die Kinder an, sie sollten rennen! Sich verstecken! Kurz darauf wurde die Tür aufgesprengt und ich flog nach hinten. Gerade noch rechtzeitig fing ich mich ab um einen Schildzauber zu wirken und seinen nächsten Fluch abzufangen. Hinter mir schrieen die Kinder auf. Sie sollten doch abhauen! Der nächste Fluch kam von mir, Moody wich ihm jedoch noch aus.

„Verschwindet!“, rief ich den Kindern wieder zu, während ich den zweiten Fluch abwehrte. Ich konnte nicht einfach ausweichen wie er, sonst würde er noch eins der Kinder treffen!

„Mum!“, kreischte Lissy über den Lärm hinweg. Kurz sah ich zu ihr hinüber. Sie mussten gehen! Jetzt!

In dem kurzen Moment der Unachtsamkeit raste ein weiterer Fluch auf mich zu. Ich hob gerade noch den Zauberstab, als Julian plötzlich da war. Erst viel zu spät realisierte ich was er tat, erst, als er schreiend zu Boden ging. Nein, das… das hatte ich nicht gewollt! Das hätte er nicht tun dürfen! Er war unschuldig!

Doch ich hatte keine Zeit. Ich sah wieder auf, es war nicht einmal eine Sekunde gewesen, doch sie reichte und ich sah in grünes Licht…



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück