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Toujours pur

von

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Die Eröffnungsphase

„Und wenn ich die Wirkungsdauer verlängern will…?“

„Dann gibst du ein bisschen mehr Einhornhaar dazu und rührst alles am Ende länger…“, die Abteiltür öffnete sich, „…bis du die leicht rötlichen Funken siehst. Was willst du Malfoy?“, ich ließ mich nicht einmal dazu herab von dem Buch auf zusehen. Narzissas Kopf fuhr jedoch sofort hoch. Sie lächelte Malfoy an und säuselte leise und mit zuckersüßer Stimme, „hallo Lucius…“

Malfoy schenkte ihr nur ein kurzes, wenn auch charmantes Lächeln und streckte dann eine Hand auffordernd nach mir aus. Ich legte seufzend das Buch weg und musterte den blonden Jungen kurz, bevor ich meine Arme vor der Brust verschränkte und fragend eine Augenbraue hob. Er hatte sich in den Ferien gemacht. Nicht, dass Lucius Malfoy jemals nicht gut ausgesehen hatte, aber in letzter Zeit war er deutlich 'männlicher' geworden. Er schien noch ein wenig gewachsen zu sein und sich nun zu rasieren.

„Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Dumbledore dich zu der Vertrauensschülerin gemacht hat…?“, antwortete er schließlich mit einem neckenden Lächeln auf den Lippen.

Ich nickte und wollte gerade fragen was ihn das anginge, als ich begriff und es mir im Hals stecken blieb. Lucius Malfoy. Wieso gerade er. „Und du bist der andere Vertrauensschüler“, stellte ich trocken fest. Weshalb gerade er? Es gab so viele andere unfähige Zauberer in unserem Jahrgang!
 

Schließlich legte ich das Buch weg und erwiderte seinen Blick, „also?“

"Nun", lachte der junge Zauberer erheitert auf und griff unbehelligt nach meiner Hand um mich von meinem Platz hoch zu ziehen. „Meine liebe Cassie…“

„Cassiopeia“, unterbrach ich ihn scharf, was ihn nicht einmal zu interessieren schien.

„Die Vertrauensschüler haben ihr eigenes Abteil und in dem sollten wir uns langsam einfinden.“

Das hatte ich vergessen. Ich hatte es tatsächlich vergessen! Und auch noch Malfoy musste mich daran erinnern! Mit einem herablassenden Lächeln überspielte ich meine leicht aufgekommene Unsicherheit und stand auf. Das ganze war äußerst peinlich. „Wir sind noch im Zeitplan, Malfoy. Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dieses Treffen vergessen habe!“, entgegnete ich schnippisch in der Hoffnung, meine Behauptung sei nicht allzu weit her geholt und begleitete ihn schließlich in den Flur.
 

Als wir an einem Abteil vorbei kamen, aus dem ich eine mir bekannte Stimme hörte, blieb ich stehen und öffnete die Schiebetür. Ein Lächeln huschte flüchtig über meine Lippen. Es war Sirius erste Fahrt nach Hogwarts und er schien auch schon ein paar Freunde gefunden zu haben. Neben ihm saß ein junge mit schwarzen Haaren und einer Brille und ihnen gegenüber hatten anscheinend ein ebenfalls schwarzhaariger Junge mit tiefen Schatten unter den Augen und ein Mädchen mit rotem Haar Platz genommen.

Sirius hatte mich inzwischen auch bemerkt. „Was machst du hier, Cassie?“, fragte mein kleiner Bruder betont lässig und fuhr sich durch die dunklen Locken.

„Entspann dich…“, murmelte ich freundlich und warf dem Jungen neben Sirius einen weiteren Blick zu. „Ich wollte nur sehen wie es dir bei deiner ersten Fahrt geht. Und stellst du mir auch deine neuen Freunde vor?“
 

Der Brillenträger war ein Potter, die anderen Snape und Evans. Bei Snape und Evans handelte es sich zweifellos um Muggelnamen. Ich kannte sie nicht und über die Stammbäume der bekannteren Zaubererfamilien war ich mir noch im klaren. Der Name Potter war mir dagegen mehr als nur ein Begriff: Großtante Dorea hatte einen Potter geheiratet. Es war eine alte Zaubererfamilie, wenn auch nicht so hochgestellt wie die Blacks. Aber wer, außer vielleicht die Malfoys, kamen noch an uns heran? Apropos Malfoy: er stand noch immer hinter mir und beobachtete die ganze Szene mit amüsierter Miene. Schnell verabschiedete ich mich und wir zogen weiter durch den Zug.

Das Vertrauensschülertreffen war ernüchternd langweilig. Wir gingen noch einmal die Regeln durch, unsere neuen Rechte als Vertrauensschüler wurden uns vorgehalten und wir wurden auf unsere Pflichten hingewiesen. Alles in allem klang es nur nach mehr Arbeit, wenn man seine Rolle ernst nahm und da ich Malfoy durchaus zutraute das nicht zu tun, würde es an mir hängen bleiben.
 

Nachdem wir nun endlich in unsere Abteile zurückkehren durften, hielt Malfoy mich nach halbem Weg am Arm fest. Ich drehte mich etwas zu schnell um und funkelte ihn böse an. Damit, dass er mich bei dem Spitznamen nannte, den ich ausnahmslos bei meinen kleinen Brüdern durchgehen ließ, konnte ich ja noch irgendwie leben, solange er es kein zweites mal tat. Aber, dass er mich, wenn er mit mir reden wollte, grob am Arm packte, ging zu weit! Ich war doch keine dreckige Elfe! Ich war eine Black! „Finger weg!“, zischte ich angriffslustig woraufhin Malfoy augenblicklich meinen Arm losließ.

Perplex musterte der Blonde meine wütenden Züge bevor er schlichtend die Hände hob, „tut mir Leid, ich wollte nur…“, murmelte er, dann straffte er seine Schultern und hielt mir seinen Arm hin. „Ich wollte dich fragen, ob du in mein Abteil mitkommen willst.“

Ich musterte ihn kurz. Er legte es wirklich darauf an. Also setzte ich eine unnahbare Miene auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie käme ich dazu, Malfoy?“

Aber er seufzte nur theatralisch und machte eine ausführende Geste. „Komm schon, Cassiopeia! Sollten wir nicht langsam über diese Albernheiten hinweg sein? Wir sind jetzt Vertrauensschüler! Wir sind in zwei Jahren volljährig! Wir müssen doch endlich…“

„Was willst du, Malfoy!“, unterbrach ich ihn harsch.

Er brach ab und sah mir ins Gesicht, dann hob er einen Finger auf Augenhöhe. „Eine Verabredung. Im ‚Madame Puddifoot’s‘ in Hogsmeade meinetwegen oder wir schleichen uns ganz raus und gehen irgendwo anders essen.“
 

Also doch. Er hatte mich schon letztes Jahr zu einem Treffen überreden wollen, sogar schon im Jahr davor, aber sein stetig reger Umgang mit dem anderen Geschlecht hatte der Glaubwürdigkeit seines Werbens immer ein Bein gestellt. Inzwischen hatte ich jedoch nichts mehr von derartigen Fehltritten gehört. Vermutlich hatte sein Vater ihm eingeheizt, damit er nicht weiter mit irgendwelchen Halbblütern oder Mädchen aus minderwertigen Familien rummachte. Und selbst wenn er wieder damit anfangen würde! Ich würde ihn sicher nicht vergessen lassen, dass man eine Black nicht einfach betrog. Ja, möglicherweise kam es mir wirklich gerade Recht. Er war aus guten Hause und konnte ein wohl erzogener junger Mann sein. Außerdem hätte ich eine gewisse Kontrolle über ihn und könnte dafür sorgen, dass er seine Pflichten als Vertrauensschüler zumindest teilweise einhielt. Und schließlich war da noch das Bild: Der Erbe der Malfoys und die Erbin der Blacks, zumindest meines Familienzweiges. Es passte. Dass ich ihn nur bedingt mochte war möglicherweise der einzige Harken, aber vielleicht würde sich ja auch gar nichts aus dieser einen Verabredung ergeben. Ich nahm die Einladung also an.
 

*** ***
 

Auf dem Weg in die große Halle und zu der langen Slytherin-Tafel, wich Malfoy mir nicht mehr von der Seite. Vielleicht sollte ich ihn 'Lucius' nennen…

Wie jedes Jahr wurden als erstes die neuen Erstklässler hereingeführt und dann einer nach dem anderen nach vorne gerufen. Die ersten waren zwei Ravenclaws, dann der Potterjunge, der nach Gryffindor kam, eine Slytherin und schließlich Sirius. Mein kleiner Bruder erklomm die Stufen zu dem alten Schemel, auf dem schon unzählige junge Zauberer und Hexen gesessen hatten. Er sah aufgeregt aus. Als ihm der sprechende Hut aufgesetzt wurde und die Hutkrempe über seine Augen rutschte, kehrte einen langen Moment lang Ruhe ein, bis der Hut endlich laut Gryffindor! rief.

Gryffindor. Das konnte doch nicht sein! Sirius war ein begabter, schlauer Junge! Er konnte doch nicht in dieses Haus aus Idioten, Schlammblütern und Blutsverrätern gesteckt werden! Ungläubig starrte ich zu dem langen Tisch herüber an dem Sirius gerade neben dem Potter platz nahm. Das konnte doch nicht wahr sein!
 

*** ***
 

In den kommenden Wochen versuchte ich Mum in Briefen schonend darauf vorzubereiten, dass Sirius nicht nach Slytherin gekommen war, damit sie nicht alles an ihrem Sohn ausließ, wenn sie später im falschen Moment davon erfuhr. Schließlich war es nicht Sirius Schuld. Aber wie brachte man einer Frau wie Mum schonend bei, dass ihr erstgeborener Sohn alle Traditionen gebrochen hatte und zu einem Gryffindor geworden war? Wäre es wenigstens Ravenclaw gewesen… Jedoch half es nicht viel. Den Heuler den mein kleiner Bruder von ihr bekam, hörte ich bis zu meinem Tisch herüber. Er tat mir Leid.
 

Allerdings tat er auch nicht wirklich viel um seine Situation zu verbessern. Er verbrachte viel Zeit mit diesem Potter und anderen aus seinem Haus, vernachlässigte seine Hausaufgaben und heimste sich immer wieder Strafarbeiten und Nachsitzen ein. Es war nicht leicht Mum Mal um Mal davon zu überzeugen, dass es nicht alles seine Schuld sei, aber ich gab mein bestes. Wenn ich zwischen meinen Pflichten als Vertrauensschüler, dem Lernen für meine ZAGs und dem generellen Unterricht noch Zeit hatte, gab ich ihm Nachhilfe und versuchte ihm unter die Arme zu greifen.

Nach nicht einmal zwei Monaten, begann er jedoch mich zu versetzen. Auch wenn wir uns auf dem Gang oder in der großen Halle begegneten grüßte er mich nicht meh, irgendwann redete er sogar schlecht über mich wenn er glaubte, ich sei außer Hörweite. Das war nicht er. Er war ein gute Junge gewesen. Es waren seine neuen ‚Freunde‘, sie taten ihm nicht gut. Das ganze Haus tat ihm nicht gut.
 

*** ***
 

Lucius hatte ich während dessen vollkommen vergessen. Ich vertröstete ihn zwei mal wenn er mich ausführen wollte auf ein späteres Datum, sodass die Weihnachtsferien schon nah waren als ich ihm endlich zusagte und er mich bei dem letzten Hogsmeade-Wochenende in unserem Gemeinschaftsraum erwartete. Während ich mich fertig machte, saß Narzissa auf meinem Bett und beratschlagte mich. Zu Anfang des Jahres ging ich fest davon aus sie hätte sich einen Narren an Lucius gefressen, aber entweder musste ich mich geirrt, oder ihre Schwärmerei sich gedreht haben. Immer mal wieder schweifte sie ab und erzählte von einem Jungen aus ihrem Jahrgang, den ich in dem Moment nicht zuordnen konnte. Das war eine Seite an ihr, die ich schätzte. Sie konnte Dinge leicht nehmen, tanzte mehr durch das Leben, als dass sie lief. Zwar gab es kein Fach in dem sie brillierte und nichts, dass sie besonders hervorhob, außer vielleicht ihre Schönheit, doch sie kam auch so gut durch ohne viel dafür zu tun. Von meinen Cousinen war sie mir mit Abstand die liebste. Mit Andromeda hatte ich zugegebenermaßen wenig zu tun, sie war auch eher ein Mauerblümchen, wenn ich sie richtig einschätzte, aber Bellatrix konnte ich nie leiden. Wenn Bellatrix und ich in einem Raum waren, brannte die Luft. Es war schon immer so gewesen und es beruhte auch schon immer auf Gegenseitigkeit.
 

„So?“, ich warf einen letzten Blick in den Spiegel, dann wand ich mich zu Narzissa um. Sie nickte, „du wirst ihm gefallen“, bestätigte sie mich lächelnd, dann warf ich mir noch meinen Umhang um und ging die Wendeltreppe zum Gemeinschaftsraum hinunter.

Ich schien ihm wirklich zu gefallen und er gefiel zugegebenermaßen auch mir.
 

Der Abend wurde schön, er war charmant und zuvorkommend. Ich hatte nicht erwartet, dass Lucius Malfoy sich wirklich einmal zusammenreißen konnte und mir sogar das ein oder andere mal Recht gab, umso besser. Es lief also darauf hinaus, dass wir uns wieder trafen und ein drittes mal und schließlich waren wir einfach ein Paar, wenn ich es auch vorerst nicht gerne an die große Glocke hing. Wenn es irgendwie möglich war, wollte ich es vor Mum geheim halten. Würde sie davon erfahren, wäre ihr nächster Schritt sich mit Lucius Eltern auseinander zu setzen um eine Eheschließung, sobald ich mein 17. Lebensjahr erreicht hatte, zu vereinbaren und das war wirklich nicht mein Ziel.
 

*** ***
 

In den Sommerferien bekam ich dann meine ZAGs zugeschickt und konnte sie, nicht ohne ein gewisses Maß an Stolz, meiner Mutter präsentieren. Ich hatte in den Fächern, die es wert waren sie weiterhin zu belegen, nur Bestnoten und die restlichen Fächer immerhin gut bestanden. Aber wen interessierten später schon noch die Noten aus Fächern wie Alte Runen oder Kräuterkunde? Fächer wie Muggelkunde, Wahrsagen oder Pflege Magischer Geschöpfe hatte ich gar nicht erst gewählt.

Ich verbrachte nun viel Zeit mit Regulus. Ich wollte nicht, dass es bei ihm so lief wie bei Sirius, der mich nicht einmal mehr in sein Zimmer ließ. Aber es würde nicht so laufen. Regulus ganzer Charakter war ruhiger. Er konnte zuhören und gehorchte, außerdem verstand er die Ideale Slytherins und was es hieß ein Black zu sein. Und er würde ein Slytherin werden, da war ich mir sicher.
 

*** ***
 

Ich nahm den Nachhilfeunterricht für Narzissa wieder auf und widmete mich meinen eigenen schulischen Pflichten. Möglicherweise schenkte ich Lucius für seinen Geschmack zu wenig Aufmerksamkeit, auch wenn ich mit ihm bereits mehr Zeit verbrachte als mit den meisten anderen Personen. Jedenfalls fand ich ihn, als ich von einer verfrüht beendeten Verwandlungs-Stunde kam, in der Bibliothek an den Lippen von irgendeiner kleinen Dirne aus dem Jahrgang unter mir.

Einen Moment lang blieb ich nur so vor den beiden stehen, die mich nicht bemerkten. Sollte ich gehen und ihn später abfangen? Oder so tun als hätte ich das hier nicht gesehen um ihn dann mit einem Akt der Rache zu überraschen? Kurz flackerte vor meinem inneren Auge das Bild von Lucius’ vor Schmerz verzerrter Miene auf, dann wischte ich den Gedanken beiseite. Ich war nicht so primitiv, dass ich Blut fordern würde, zumal jeder Tropfen reinen magischen Blutes eine Verschwendung war. Ihn bloßstellen… Und den Ruf einer alten, reinblütigen Familie hoher Abstammung schmälern? Das kam nicht einmal infrage. Außerdem war er einer der einzigen wirklich reinblütigen Slytherins der letzten paar Jahrgänge und damit eine gute Partie für eine meiner Cousinen, jetzt, da er für mich mit Sicherheit keinen potenziellen Ehemann mehr darstellte.
 

Schließlich strich ich mir nur eine Strähne aus dem Gesicht und verschränkte dann die Arme vor der Brust, „ist das dein Ernst?“

Sofort schnellte Lucius Kopf hoch. Er starrte mich aus vor Schreck geweiteten Augen an, unfähig zu reden und nicht in der Lage auch nur einen Muskel seines Körpers zu rühren.

Das Mädchen saß auf Lucius Schoß und blickte unsicher von einem zum anderen, schließlich machte sie Anstalten aufzustehen. Als sie gerade an mir vorbei wollte, hielt ich sie mit einer schlichten Geste auf und sah ihr drohend in die verschwommenen Augen „Leg’ noch einmal Hand an einen vergebenen Jungen und ich werde persönlich dafür sorgen, dass es das letzte mal in deinem Leben war, dass irgendjemand dich angesehen hat ohne vor Abscheu zusammen zu zucken“, säuselte ich leise, dann ließ ich sie los. Sie lief.
 

Lucius schien sich inzwischen wieder etwas von dem ersten Schock erholt zu haben. Er blickte nicht mehr mich an sondern sah auf seine Hände herab, die er in den Schoß gelegt hatte. Elendig ließ er die Schultern hängen. Er hatte gewusst, dass ich so etwas kaum auf sich beruhen lassen konnte. Er hatte es gewusst und dieses Mädchen trotzdem mir vorgezogen. Ich blinzelt und kam nicht umhin den Klos in meiner Kehle zu bemerken. Er war nichts weiter als eine gute Partie gewesen, ich empfand nichts für ihn! Ich war mir ganz sicher. Trotzdem wollte der Klos nicht verschwinden.
 

Er seufzte einmal laut. „Es tut mir Leid…“ sagte er leise aber mit Nachdruck während er sein Gesicht in den Händen vergrub. Er wusste, dass er einen Fehler begangen hatte, natürlich wusste er das.

„Also, was machen wir jetzt?“, ungeduldig tippte ich mit meiner Hand gegen eins der vielen Bücherregale, während Lucius weiter leise Klagelaute von sich gab. Er sollte sich zusammenreißen, er hatte es sich selbst zu verschulden, wenn es jetzt nicht so ablief, wie er es sich anscheinend vorgestellt hatte.
 

Schließlich verschränkte ich die Arme wieder vor der Brust. „Ich mache es dir einfach, Malfoy“, hob ich also an. Lucius strich sich die Haare aus dem Gesicht, dann nickte er. Er hörte zu. „Halt dich in Zukunft fern von mir, sonst wirst du es bereuen. Ich will dein Gesicht während der Essen nicht mehr sehen, ich will deine Stimme im Unterricht nicht mehr hören und ich schwöre dir bei Salazar Slytherin und seinem Haus: Solltest du auch nur *ein* Wort über unsere Beziehung preisgeben das mich auf irgendeine Art und Weise auch nur im geringsten negativ darstellt…“, ich machte eine kurze Pause und beobachtete Lucius gerötetes Gesicht. Er war schuld. Er allein.

„…dann sorge ich dafür, dass du leidest.“
 

Und er ging mir tatsächlich aus dem Weg. Bei der kurz darauf stattfindenden Weihnachtsfeier des Slug-Clups, tauchte ich ohne Begleitung auf, was die ersten zu Gerede antrieb. Allerdings hielt Malfoy dicht. Das hatte ich ihm fast nicht zugetraut.
 

*** ***
 

Die Weihnachtsferien verbrachte ich zuhause bei Regulus, anders als Sirius, der mir bei unserer letzten Auseinandersetzung unmissverständlich klar gemacht hatte, dass er nicht mehr nachhause kommen würde, wenn es nicht unbedingt nötig sei. Er blieb also in Hogwarts. Zwar konnte nicht unbedingt die Rede davon sein, dass ich es bereute nicht auch auf dem sicheren Schloss geblieben zu sein um die Zeit zu nutzen und die Bibliothek zu durchforsten oder ähnliches zu tun, jedoch lief es mir kalt den Rücken hinunter, als ich am morgen meines zweiten Tages zuhause nach dem gemeinsamen Frühstück von Vater zu einer Unterredung in seinem Arbeitszimmer genötigt wurde. Es hatte bis jetzt nicht viele solcher Unterredungen gegeben, doch sie hatten ausnahmslos immer dann stattgefunden, wenn meine Eltern etwas über meinen Kopf hinweg beschlossen hatten. Das letzte mal, hatte Vater mir mitgeteilt, was für einen Abschluss die geschätzte Bellatrix gemacht hatte und, dass ich diesen mit meinen UTZ’ zu übertreffen hatte. Davor war es um seine Vorstellungen, was meine ZAGs betraf, gegangen und nachdem mein lang ersehnter Hogwarts-Brief angekommen war, hatte er mir, in einem Treffen wie dem heutigen, noch einmal all die Namen derer aufgeführt, von denen ich mich fern halten sollte, die keinen Umgang für eine Black waren.
 

Er hatte bereits hinter seinem Schreibtisch Platz genommen und wies auf die Sitzgelegenheit davor. Ich kannte diesen Raum, wenn auch nicht gut. Er war schon immer da gewesen und seit jeher fühlte ich mich hier unwohl. Neben den hohen Regalen und unter dem prüfendem Blick meines Vaters, war ich mir hier immer wie ein kleines, unwichtiges Wesen vorgekommen, kaum nennenswert und doch immer im Begriff etwas falsches zu tun.

Aber ich war nicht mehr klein, war nicht unbedeutend und sollte alles andere als kritisch betrachtet werden. Hatte ich nicht bis jetzt immer alle Anweisungen meines Vaters befolgt? Nun, ob ich tatsächlich einen besseren Abschluss als Bellatrix machen würde, konnte ich noch nicht sagen, aber ich konnte es schaffen!
 

Als ich Platz genommen hatte, begann mein Vater schließlich. Er schob mir einen Brief über den Schreibtisch hin, und nickte auffordernd.

Der Brief war an Orion und Walburga Black gerichtet und kam von niemand geringerem als meiner allerliebsten Cousine Bellatrix und einem Lestrange.

„Eine Hochzeitseinladung?“, fragte ich und öffnete den Brief. Tatsächlich. Bellatrix heiratete also Rodolphus Lestrange, reinblütig und aus gutem Hause, durchaus eine vorteilhafte Partie. Die Eheschließung würde im April stattfinden. Es wurde, mit Sicherheit weil die Etikette es verlangte und nicht weil Bella ein Herz für Kinder hatte, darauf hingewiesen, dass die Eingeladenen Gäste befugt waren ihre Kinder und Ehepartner mitzubringen. Letzteres war für meine Eltern höchst uninteressant, schließlich waren sie beide geborene Black, aber die Kinder…

„Deine Mutter und ich haben beschlossen, dich mit zu nehmen. Regulus bleibt zuhause, er ist noch zu jung, und Sirius können wir nicht mitnehmen. Mit einem Gryffindor machen wir uns noch zum Gespött der Leute.“, erklärte Vater als ich den Brief wieder abgelegt hatte. „Ich werde an deinen Schulleiter schreiben und dafür sorgen, dass du für den Tag vom Unterricht befreit wirst.“

Ich nickte. Zu dieser Hochzeit würde vermutlich alles mit Rang und Namen anwesend sein, es wäre eine willkommene Gelegenheit Kontakte zu knüpfen, die es mir nach der Schule erleichtern könnten im Ministerium Fuß zu fassen. Natürlich erwähnte ich das mit keinem Wort. Es ziemte sich nicht für eine Frau aus gutem Hause.
 

Vater nahm den Brief wieder an sich und legte ihn beiseite, dann richtete er den Blick wieder auf mich. Er hatte mich also aus einem anderen Grund zu sich bestellt?

„Bald bist du volljährig und deine Mutter wünscht, dass du nach deinem 6. Jahr auf Hogwarts die Schule beendest um zu heiraten“, fiel er schließlich mit der Tür ins Haus. Ich wollte schon protestieren, als mein Vater mich mit einer Hand stillschweigen ließ. „Ich sehe es anders. Du bist noch jung und zudem schön genug um dir etwas Zeit zu lassen, es müssen nur früh genug entsprechende Vorbereitungen getroffen werden.“ Während er sprach wanderte sein Blick auf die auf seinen Schreibtisch liegenden Dokumente zurück, die er nebenbei zurecht rückte. Wie beiläufig warf er noch einen kurzen Blick zu mir hoch, bevor er sich wieder seinen Schreibutensilien widmete. Ich konnte während dessen nicht anders, als ihn finster anzusehen. Dass ich früher oder später einen Ehemann wählen müsste, war mir bewusst gewesen, alles andere hätte mich überrascht, aber so wie Vater sprach, klang es, als habe er vor, bereits bis zu der Hochzeit meiner Cousine, diese „entsprechenden Vorbereitungen“ zu treffen. Hatte er Angst, jetzt, da die Familie meiner Mutter erst einmal begann ihre Töchter zu vermählen, keine gute Partie mehr für mich zu finden?
 

Schließlich nahm Vater ein Dokument aus den unzähligen Zetteln hervor uns wog es scheinbar nachdenklich in der Hand. Er betrachtete es als habe er es in den letzten Tagen bereits einige Male in der Hand gehalten, vor allem aber schien es wichtig zu sein. „Ich habe also vor einigen Wochen begonnen alte Kontakte aufzufrischen und mich umzuhören“, begann er und sah von dem Blatt hoch, „Zwar tun alle Familien, die etwas auf sich halten, immer so als seien ihre Sprösslinge etwas ‚ganz besonderes‘, aber sobald man sich weiter erkundigt, zeigen sich fast immer Fehltritte, die oft nicht zu akzeptieren sind. Es war nicht leicht, aber am Ende habe ich doch jemanden gefunden, der eine gute Partie abgeben würde. Ich habe darauf geachtet, dass du nicht in eine Familie einheiratest, die zu viele… ‚Unfälle‘ hatte. Außerdem ist die Familie wohlhabend und einflussreich. Schon bei deiner Geburt haben sein Vater und ich davon gesprochen, dass ihr beide eines Tages eine gute Partie abgeben würdet… Ich hatte es beinahe vergessen und war davon ausgegangen, dass er schon versprochen war… Wie dem auch sei.“
 

„Wer?“, inzwischen hatten sich gefühlt alle Muskeln meines Körpers angespannt. Dieses verdammte drum herum Gerede machte mich wahnsinnig! Es war doch klar, dass mein Vater mich nicht in eine verarmte, kleinlaute Familie aus Blutsverrätern steckte!

Er warf mir meiner Ungeduld wegen einen tadelnden Blick zu, dann räusperte er sich. „Der Erbe der Malfoys. Er geht auch noch nach Hogwarts du solltest ihn…“

„Nein.“ Malfoy. Lucius Malfoy. Nein. Das würde ich nicht tun!

Es war das erste mal in meinem Leben, dass ich meinen Vater unterbrach. Noch sprachlos sah er in einer Art und Weise zu mir herab, die mir durch Mark und Bein fuhr. „Lucius Malfoy ist feige und unfähig. Er ist wenig älter als ich, benimmt sich trotzdem wie ein 14-jähriger und kann weder mit Autorität, noch mit Verantwortung umgehen.“ Ich hielt inne. Die Sprachlosigkeit meines Vaters hatte sich in Aufmerksamkeit verwandelt, wenn auch sein Blick nicht so wirkte, als bedeute das etwas gutes.

„Ich will und kann diesen Jungen nicht heiraten, außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass er selbst einverstanden wäre. Wenn ich wirklich so bald als möglich einen geeigneten Ehemann finden soll, lass mich selbst suchen. Auf Bellatrix Hochzeit werden viele Männer aus gutem Hause anwesend sein, ich werde Kontakte knüpfen und ich verspreche dir, dass ich einen geeigneten, reinblütigen Zauberer aus gutem Hause finden werde, dem ich, und vor allem, der mir gewachsen ist. Wenn ich bis zu meinem Abschluss niemanden gefunden habe und Malfoy tatsächlich zusagt, werde ich ihn nehmen, aber bis dahin habe ich noch Zeit.“

Als ich schließlich endete, war die Miene meines Vaters endgültig versteinert. Seine, für sein Alter noch sehr stattliche Brust, hob sich einmal als er tief einatmete, nur um mir das Gefühl zu geben, er sähe von erhabenerem Platz aus auf mich herab. Für ihn schien ich mich in diesem Augenblick als eine unglaubliche Enttäuschung zu erweisen. Aber was sollte ich tun? Wenn ich mich jetzt beugte, würde ich es für den Rest meines Lebens bereuen! Abgesehen davon war ich fast volljährig und sollte ohnehin langsam anfangen meine eigenen Entscheidungen zu treffen! Aber wie sollte man das einem Mann wie meinem Vater weis machen ohne ihm das Gefühl zu geben, der Familie vollends in den Rücken zu fallen?
 

„Cassiopeia“, als Vater nun endlich zu sprechen anhob, war seine Stimme unglaublich ruhig, so ruhig, dass es mir vor Unbehagen kalt den Rücken hinunter lief. „Die Malfoys sind die beste Partie. Es gibt niemanden, der ihnen in Reichtum, Macht und der Reinheit des Blutes so nahesteht wie wir selbst und ich werde nicht mit ansehen, wie meine Tochter ihr Potential in den Dreck wirft.“

Als er geendet hatte und mich mit einem bedeutungsstarken Blick besah hielt ich noch kurz inne, ich wollte ihn nicht wieder unterbrechen. Dann setzte ich erneut zu meiner Verteidigung an. „Malfoy wird, sobald er das Anwesen seiner Eltern erbt, anfangen es in sinnlose Investitionen zu verschwenden. Er wird nur halbe Sachen machen und sich trotz allem dagegen wehren von irgendwem Hilfe anzunehmen. Er weiß nicht wie man Menschen manipuliert, außer mit Geld, und er kann nicht mit Macht umgehen, wenn er sie erst einmal erkauft hat. Abgesehen davon ist er unfähig sich Prioritäten zu setzen! Und er hat Angst! Er ist ängstlich wie eine kleine Ratte und faul wie ein alter Hund. Wenn du mich an Malfoy gibst, dann wirfst du mein Potential tatsächlich ‚in den Dreck‘.“

„Wenn der Charakter des jungen Mannes tatsächlich so schwach ist, ist er wenigstens manipulierbar genug um von dir geführt zu werden. Und deine Ausflüchte sind sinnlos. Ich habe bereits mit den Malfoys gesprochen!“


 

Es dauerte lange, aber irgendwann schaffte ich es doch tatsächlich Vater davon zu überzeugen mir noch Zeit zu geben jemand anderen zu finden. Und mir war egal wer, Hauptsache nicht Malfoy.

Am Abend des gleichen Tages, verfasste ich einen Brief, in welchem ich Malfoy auf die Pläne unserer Väter hinwies und ihn dazu aufforderte es seinen Eltern irgendwie auszureden. Die Antwort kam am folgenden Tag, war relativ knapp und zeugte davon, dass Malfoy in meinem Brief das erste mal von dieser Vereinbarung gehört hatte, jedoch, wie ich, der Meinung war, diese Verlobung verhindern zu müssen.

Jetzt musste ich also nur noch jemanden kennenlernen…
 

*** ***
 

…und Bellatrix' Hochzeit schien tatsächlich der richtige Platz für meine Suche zu sein. Wie erhofft, konnte ich einige interessante Gespräche mit führenden Mitgliedern der Abteilung für Internationale Magische Zusammenarbeit, der Aurorenzentrale und sogar der Mysteriumsabteilung führen. Zudem war auch alles mit Rang und Namen anwesend. Ich sprach mit vielen Männern aus gutem Hause, tanzte einige Tänze, doch schließlich hinterließ nur einer einen bleibenden Eindruck. Er schloss sich einem Gespräch an, welches sich um einen neuen Erlass, den die Radikalen gerade durchzubringen versuchten, drehte. Die Muggelfreunde wollten die Rechte von Zauberern doch tatsächlich noch weiter beschneiden und forderten, „um die Geheimhaltung der Zauberei zu garantieren“, eine höhere Geldstrafe auf öffentliches Zaubern. „Wenn das so weiter geht, kommen wir am Ende nach Askaban, weil wir ohne eine schriftliche Petition eingereicht zu haben, von unserer Wohnung zu dem Haus unserer Eltern appariert sind!“, die Stimme des jungen Mannes war auf eine ruhige Art und Weise rau, während er möglichst beherrscht seine Meinung äußerte. Ich nickte zustimmend. „Und die Muggel selber leben friedlich in der Illusion mächtig zu sein mit all ihrem Technischen Mumpitz!“, blaffte ich bei dem Gedanken an sie angewidert, „mir wird schlecht wenn ich nur daran denke wie diese Gesellschaft immer weiter verkommt!“

Mr. Commenroy, mit welchem ich zuvor etwas distanzierter diskutiert hatte, runzelte nun anscheinend besorgt die Stirn. „Nun, wir haben uns eben der modernen Welt in der wir nun einmal leben angepasst und bei der Macht, die wir haben, ist ein bestimmtes Maß an Vorsicht eine Notwendigkeit…“

„Das hier ist keine ‚Vorsicht‘ mehr! Es ist eine Beschneidung unserer Freiheit und die Herabsetzung von Idealen und Normen auf eine Stufe, auf der Niemand verdient hat, nach ihnen suchen zu müssen!“
 

Positiv überrascht über die außerordentliche Wortwahl und die niveauvolle Meinung, sah ich wieder zu dem jungen Mann herüber und musterte ihn nun genauer. Er war groß, wirkte stattlich und musste zweifellos der oberen Schicht angehören. Sein Haar war dunkel und ging ihm beinahe bis zum Kinn, dazu trug er einen einzelnen, feinen Silberring im rechten Ohr und einen zurechtgestutzten Kinnbart.

„Ich muss euch Recht geben“, nickte ich schließlich in seine Richtung, „es sollte erstrebenswert sein das magische Blut zu wahren und zu ehren, statt dessen müssen wir uns damit zufrieden geben in diesen internen Gesellschaften über die Rechte zu diskutieren die wir haben sollten!“

Nun doch etwas misstrauisch geworden, hob Mr. Commenroy kritisch eine Augenbraue und nippte an dem Wein in seiner Hand. „Miss Black, nun verwirren sie mich. Was hat die Wahrung des reinen Blutes denn nun damit zutun?“

„Ich verstehe die junge Dame vollkommen!“, entgegnete der junge Zauberer jedoch sofort und sah mit einem freundlichen Lächeln zu mir herab, „Sie haben bereits weiter gedacht. Denn die Verherrlichung der Muggel führ zu einer willkürlichen Verherrlichung der Muggelstämmigkeit und damit zu der Verunreinigung des wertvollen, magischen Blutes. Die untersten Geschöpfe unserer Gesellschaft werden durch Erlasse zur Geheimhaltung der Magie gleichgesetzt mit denen, die ihre Spitze stellen sollten und ich kann euch eins sagen: In so einer Gesellschaft, in der die Reinheit des Blutes vollkommen aufgegeben wird, in der die Menschen an der Macht sind, welche die Muggel vertreten, will und werde ich nicht leben. Was unsere Gesellschaft braucht, ist ein radikaler Schnitt, ein Wandel!“
 

Die Diskussion hatte einen Punkt erreicht, an dem Mr. Commenroy so aussah, als wolle er gerne aussteigen. Er runzelte inzwischen etwas unsicher die Stirn und sah abwechselnd zu mir und dem anderen Zauberer. Die Meinung des jungen Mannes neben mir war zweifellos radikal, aber es war die Art und Weise der Radikalität, welche in den richtigen Köpfen Rebellionen und ganze Revolutionen mit sich zog. Und war es nicht das, was wir brauchten, nach all der Zeit des stummen Dasitzens und Zusehens? Wir mussten uns aus dem Stillstand hinaus bewegen, mussten modern denken! Es war endlich an der Zeit, dass unsere Gesellschaft sich veränderte, nach all den Jahrhunderten, in denen die Zauberergesellschaft den allgemeinen Zerfall zu dulden gelernt hatte. Denn nur wer nach vorne sah und neue Möglichkeiten erforschte, wäre jemals in der Lage die alten Bräuche in brauchbare und unbrauchbare zu unterteilen, die Unbrauchbaren von sich zu stoßen und eine Welt aufzubauen, in der die brauchbaren Relikte der Vergangenheit zu beständigen Teilen der Gesellschaft wurden! Doch für diesen Umschwung, brauchten wir einen fähigen Anführer, jemand, der sich nicht zu fein war!

„Es müsste schnell gehen. Die Muggel dürfen gar nicht wissen wie ihnen geschieht! Für diesen radikalen Schnitt, brauchen wir nur einen Anführer, der bereit ist einiges aufs Spiel zu setzen und nicht zurück schreckt wenn es…“
 

„Stop“, unterbrach Mr. Commenroy mich mit bestimmt erhobenen Händen und blickte inzwischen mehr als ungehalten zu mir herab. „Sie sind noch jung, deshalb will ich es ihnen nachsehen, Miss Black, doch mit ihren Worten begeben sie sich in tiefe Gewässer! Wenn die falschen Leute sie so reden hören, kann ihnen das große Probleme bereiten! Denken sie über das was sie gerade gesagt haben genau nach, seien sie sich der Konsequenzen vollkommen bewusst und dann können sie die Wahl treffen so zu reden und dementsprechend zu handeln!“
 

Aber der Zauberer zu meiner linken lachte nur einmal auf, dann knöpfte er den linken Ärmel seines Hemdes auf und zog ihn hoch. „Ich habe meine Wahl getroffen, Mister.“

Es war das Dunkle Mal. Die schwarze Tätowierung schlängelte sich auf seinem Unterarm, wie paralysiert konnte ich nicht anders als sie nur anzusehen. Ich hatte noch nie eins aus der Nähe gesehen. Zwar wusste ich, dass Bellatrix eins haben musste, aber ich hatte mich nie dazu herablassen wollen, sie danach zu fragen. Auch spielte ich bereits seid längerem mit dem Gedanken mich dem Dunklen Lord anzuschließen, wurde von meinem Stolz jedoch jedes mal daran gehindert Bellatrix nach ihm zu fragen. Aber jetzt, da ich wirklich eins sah, ein Dunkles Mal, konnte ich nicht anders als es zu bewundern.

„Ihr seid auf einmal so still!“, reizte der Todesser Mr. Commenroy, der daraufhin nur etwas wie, „Das muss ich mir nicht bieten lassen!“, entgegnete und schließlich verschwand.
 

„Wie ist er?“, fragte ich, als ich mich endlich von dem Dunklen Mal losreißen konnte, „der Dunkle Lord, ist er der mächtige Zauberer, für den ihn viele halten?“

Der junge Todesser nickte und schob seinen Ärmel wieder über das Tattoo. „Er ist mächtiger als ihr es euch vorstellen könnt!“, bestätigte er, zog seinen Zauberstab aus einer unauffälligen Halterung an seiner Hose und schloss seine Ärmelknöpfe mit einem kurzen Schwenk der Stabspitze. „Ihr solltet ihn einmal sehen…!“

Ich nickte seufzend, „glaubt mir, ich sehne mich bereits seid langem diesen Zauberer mit eigenen Augen zu erleben! Was man sich erzählt ist… atemberaubend.“

Der Mann nickte bedächtig und lächelte freundlich, dann schien ihm plötzlich etwas aufzufallen und er verbeugte sich kurz, „entschuldigt meine Manieren, ich vergas mich vorzustellen! Mein Name ist Rabastan Lestrange. Ich bin der Bruder des Bräutigams.“ Kurz hielt er inne und schenkte mir einen schmeichelnden Blick. „Da ihr als Black angesprochen wurdet, gehört ihr anscheinend zu der Familie der Braut und wenn man dem Gerede glauben schenken kann, müsst ihr wohl die schöne Narzissa Black sein.“

Ich kam nicht umhin zu erröten und senkte beschämt den Kopf. „Ich fürchte euch enttäuschen zu müssen, Mr. Lestrange, ich gehöre zu einem anderen Familienzweig der Blacks als meine verehrten Cousinen. Mein Name ist Cassiopeia Black.“
 

*** ***
 

Rabastan Lestrange sollte es also sein. Ich beschloss meinem Vater so spät als möglich von ihm zu berichten, in der Hoffnung die Eheschließung auf ein noch fernes Datum verschieben zu können. Nichts desto Trotz traf ich mich nun immer öfter mit Rabastan. Er hatte die Schule bereits beendet und kam ab und an nach Hogsmeade wo ich ihn an manchen Tagen, erst sehr überrascht und schließlich immer erfreuter, traf. Er war älter als ich und schon an Orten gewesen, von denen ich nur gelesen hatte. Was er erlebt hatte, wusste er leidenschaftlicher zu erzählen als jeder Schauspieler und sein Enthusiasmus wenn er von den Taten des Dunklen Lords sprach, steckte mich bald vollkommen an.
 

In den Sommerferien lud Rabastan mich schließlich zu sich ein.

Er versprach mich in kürze dem Dunklen Lord vorzustellen und sagte, er habe bereits ein gutes Wort für mich eingelegt. Vorher wolle er mir jedoch noch einiges beibringen.

Es handelte sich um einige nützliche Zauber und Flüche, die er von seinem eigenen Bruder vor einigen Jahren gelernt hatte, unter anderem die unverzeihlichen Flüche.

Es war eine Ungerechtigkeit, dass uns solche Zauber in der Schule verwehrt blieben. Wir lernten Tränke zu brauen mit denen wir ganze Landstriche vergiften könnten, aber Flüche um eine einzelne Person zu töten, waren verboten. Ein Zauberer sollte das Recht haben sich zu verteidigen wenn er angegriffen wurde! Andererseits, was brachte es sich darüber zu beklagen? Wir konnten die Sprüche nur lernen und riskieren für ihre Anwendung eingesperrt zu werden.
 

Im Keller des Anwesens der Lestranges, gab es einen richtigen Trainingsstand mit hölzernen Trainingspuppen die sich auf einen zubewegten oder ganze Kampfabfolgen choreografieren konnten. Ich hatte mich einer der Puppen gegenübergestellt und versuchte mich bereits seid wir nun hier unten waren an dem Imperius-Fluch. Im Grunde sollte es einfach sein die Flüche zu wirken. Es waren Zauber wie die meisten anderen auch und normalerweise gingen mir neue Zauber, insbesondere Flüche, recht gut von der Hand, doch diese… Nach einem weiteren nur mäßig erfolgreichen Versuch den Imperio auf die Puppe vor mir anzuwenden, trat Rabastan an mich heran, legte seine linke Hand an meine Taille und umfasste mit seiner rechten, meine Zauberstabhand. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich seinen Atem am meinem Ohr spürte. „Du darfst den Zauberstab nicht so viel bewegen…“, murmelte er, dann machte er für mich die Bewegung, während ich den Zauber stumm wirkte. Es funktionierte. Mit einem Wisch meines Zauberstabes drehte die Puppe sich, sprang in die Luft, legte sich flach auf den Boden… aber Rabastan blieb wo er war. „Und jetzt den Cruciatus.“

Ich nickte leicht und löste den Imperius-Fluch. Als die am Boden liebende Puppe sich aufzuraffen versuchte, richtete ich den Zauberstab wieder auf sie und sprach mit fester Stimme den Fluch aus. Augenblicklich ging die Puppe wieder zu Boden. Sie wand sich vor Schmerz, vor Qualen…! Litt unter der Folter… dreckiger Blutsverräter!
 

„Nicht Schlecht“

Sofort brach ich den Zauber ab und wand mich zu der Tür um, wo Rodolphus Lestrange sich in den Türrahmen gelehnt hatte und uns anscheinend schon eine Weile beobachtete. Rabastan ließ mich unverzüglich los und trat einen Schritt zurück. „Ich dachte, du und deine Frau kämen erst in ein paar Tagen wieder…“, merkte Rabasten an und überspielte relativ gekonnt den Ärger über das Auftreten seines älteren Bruders.

„Wir waren schneller fertig. Also? kommt ihr? Das Abendessen wird angerichtet.“

Wir nickten und ich wollte dem älteren Lestrange bereits folgen, als Rabastan mich noch einmal zurück hielt. „Rodolphus weis nicht, wer du bist“, sagte er schnell und erklärte dann, „ich habe ihm nur gesagt, dass ich eine junge Dame, für die Zeit eingeladen habe, in der er nicht da ist. Ich wollte ihm vorerst nicht mehr sagen und eigentlich nicht einmal das, aber er ist der Hausherr seid unsere Eltern verstorben sind und… du weißt schon. Er ist jetzt das Familienoberhaupt. Versuch einen guten Eindruck zu hinterlassen.“

Ich nickte, schluckte jedoch zugleich. „Bellatrix kann mich nicht ausstehen…“, merkte ich noch vorsichtig an, Rabastan quittierte das aber nur mit einer wegwerfenden Handbewegung und versicherte mir, sein Bruder ließe sich nicht von seiner Frau beeinflussen.
 

Wie erwartet war Bella nicht sonderlich erfreut, als sie mich erkannte und wie von Rabastan vorhergesagt, tat Rodolphus Bellas Empörung mit einem schwachen Lächeln ab. Rodolphus war, hingegen aller Erwartungen, ein Mann von Charakter und Witz. Ich hätte nicht erwartet, dass ein Mann wie er, gerade mit einer Frau wie Bellatrix verheiratet war… Am Tisch machte er Scherze über seine zu Anfang zwecklos erscheinenden Versuche, seinem Bruder die Flüche beizubringen, die dieser nun mich lehrte. Es war unverkennbar, dass Rodolphus in diesem Anwesen dominant war und es war nicht schwer zu erraten, weshalb Rabastan ihn bei diesem ersten, 'intimeren' Treffen, nicht dabei haben wollte. Neben dem breitschultrigen, stolzen Rodolphus, dem Platzhirsch schlechthin, sah selbst Rabastan klein aus.
 

*** ***
 

Nach wenigen Tagen, die ich beinahe ausschließlich an Rabastans Seite verbracht hatte ohne ihn nach einer Weile müde zu sein, kündigte dieser endlich an, mich zu einer Audienz bei niemand geringerem als dem dunklen Lord mitzunehmen.

Als ich ihn dann endlich das erste mal erblicken durfte, wurde mir schlagartig bewusst, was Rabastan gemeint hatte, wenn er von der manifestierten Macht gesprochen hatte, von der Allmacht, die von dem Dunklen Lord ausging. Seine bloße Anwesenheit war berauschend! Neben ihm, waren wir alle nichtig.

Wenn es eine Rebellion geben würde, einen Krieg, dann konnte es keinen besseren Anführer geben als ihn. Stolz, mächtig, unangefochten und ein Slytherin wie nur Salazar Slytherin persönlich einer gewesen sein konnte.

Auf den Knien und mit demütig gesengtem Kopf musste ich meine Treue schwören, meinen absoluten Gehorsam und meine vollkommene Hingabe zu dem Dunklen Lord. Ich schwor eine Waffe in seiner Hand zu sein, für ihn zu leben und zu sterben. Als der Dunkle Lord danach verlangte, streckte ich meinen linken Arm aus und spürte beinahe zeitgleich den Schmerz. Glühende Kohle, so fühlte es sich an, brannte mir das Dunkle Mal in die blasse Haut.

Als ich mich wieder erhob, war ich eine Todesserin.
 

*** ***
 

„Du bist jetzt Teil eines Größeren…“, als ich Rabastans Stimme erkannte, drehte ich mich mit einem Lächeln zu ihm um. Er stand in dem Türrahmen zu dem Gästezimmer, dass ich in seinem Haus bewohnte.

„Du solltest wissen, dass man klopft, bevor man das Zimmer einer Lady betritt…“, schnurrte ich und trat herausfordernd an den Zauberer heran.

„Auch bei meinen persönlichen Gästen…?“, er legte mir seine großen Hände um die Taille und zog mich ein Stück näher an sich heran… spielerisch drehte ich eine seiner Haarsträhnen in meinen Fingern, „Ganz besonders bei deinen persönlichen Gästen… vor allem zu so später Stunde…“

Seine rauen Finger suchten sich einen Weg zu meinen Wangen, hoben mein Kinn an und strichen zärtlich über meine Haut. Sanft legten seine Lippen sich auf meine… so viel Achtsamkeit hatte ich ihm gar nicht zugetraut…
 

*** ***
 

Als der Schmerz des Dunklen Males abgeflacht war, begann ich Handschuhe zu tragen, wenn ich die Schuluniform nicht tragen musste, deren Hemdsärmel das Mal ohnehin verdeckte. Ich hatte es nicht nötig vor meinen Klassenkameraden damit zu prahlen und hielt es zudem für absolut geschmacklos. Abgesehen davon trug ich nun zwar das Zeichen des Dunklen Lords, ging aber noch zur Schule und war von wenig Nutzen.

Dieses letzte Hogwarts-Jahr, war das längste Jahr, das ich in dieser Schule jemals verbracht hatte. Ich lernte von Tag zu Tag für meine UTZ’ und sehnte mich jeden Tag mehr nach den Hogsmeade-Wochenenden an denen ich es mir, egal wie viel ich noch lernen musste, niemals nehmen ließ, Rabastan zu treffen. Nach diesen Wochenenden musste ich mir dann jedes mal von Narzissa anhören, was über mich geredet wurde. Sie selber schien auch wieder verliebt zu sein und ihre Schwärmereien hörten sich für meinen Geschmack zu sehr nach Malfoy an.
 

Als ich dieses kaum enden wollende Jahr endlich hinter mich gebracht hatte, war ich frei. Natürlich würde ich heiraten, unterstand dem Dunklen Lord und war noch immer meiner Familie verpflichtet, aber ich gehörte der Gesellschaft nun als akzeptiertes, vollwertiges Mitglied an und war, zumindest rechtlich, dazu befugt meine Entscheidungen selbst zu treffen. Meine Hochzeit mit Rabastan wurde ähnlich prunkvoll wie die Hochzeit auf der wir uns kennengelernt hatten, aber sie war nicht von Belang. Es war komisch, doch der Akt des Heiratens wurde in dem Moment, in dem mir klar wurde, dass Rabastan mir tatsächlich etwas bedeutete, unglaublich unbedeutend für mich. Ich nahm es mit genug Humor um noch Bemerkungen darüber zu machen, dass ich nach den zwei einzigen Frauen im Black’schen Stammbaum benannt wurde, die weder geheiratet noch Kinder bekommen hatten. Und nun war ich vermutlich eine der ersten Blacks, die tatsächlich aus einem Gefühl der Zuneigung heraus heirateten.



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