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Lost in Blue

von

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Gestrandet

"...y... Hey... HEY!", rief jemand. Das Erste, was ich unter mir spürte, war Sand. Das Erste, was ich hörte, war diese Stimme und Meeresrauschen. Ich stöhnte leicht, dann öffnete ich langsam die Augen. Verschwommen konnte ich eine Gestalt in einem blauen Kleid mit lange, braunen Haaren sehen. Ich zwinkerte ein paar Mal und wollte mich aufrichten, doch ein scharfer Schmerz, der durch meinen Arm schoss, hinderte mich daran. Seufzend ließ ich mich wieder in den Sand fallen. "Geht's? Du hast eine ziemliche Wunde am Arm...", fragte die Stimme wieder. Nun erkannte ich auch, dass es ein Mädchen war. "Wer... bist du...?", fragte ich leise. "Ich heiße Seiran. Warst du auch auf dem Schiff, das vor kurzem untergegangen ist?", fragte sie. Ich nickte nur. Sprechen war mir im Moment zu anstrengend. "Ich bin schon seit gestern hier und habe die Insel ein wenig erkundet. Nicht weit von hier ist eine Höhle, in der ich auch schon übernachtet habe. Es ist recht gemütlich dort. Heute Morgen habe ich dich dann gefunden. Du wolltest eine ganze Weile nicht aufwachen.", fuhr sie fort. Ich richtete mich auf, diesmal auf den rechten Rm stützend. Nun sah ich Seiran zum ersten Mal ganz. Sie hatte hellblaue, wache Augen und ein zierliches Gesicht. "Du hast... in einer fremden Höhle übernachtet? Was, wenn da ein wildes Tier wie... ein Bär oder Ähnliches drin waren?!", fragte ich entsetzt. Seiran zuckte nur mit den Schultern: "Die Höhle ist übersichtlich. Es wirkt beinahe so, als hätte schon einmal jemand dort gewohnt. Aus den Felsen an der Wand sind wie kleine Tische rausgehauen, und in der Mitte ist eine abgenutzte Feuerstelle mit zwei Bündeln Stroh links und rechts." Irgendwie gefiel mir das nicht. Was, wenn noch andere hier waren? Welche, die uns nicht sehen wollten? Vorsichtig stand ich auf. Mein linker Arm brannte fürchterlich. Da schien Seiran etwas einzufallen. Sie grub ein wenig in ihrer Tasche herum und zog schließlich einen Verband heraus. "Meine Oma meinte, ich sollte sowas für den Notfall mitnehmen.", erklärte sie auf meinen verdutzten Blick hin. Dann rollte sie den Ärmel meines Hemdes vorsichtig hoch. "Auweia, das sieht ja nicht gut aus...!", murmelte sie. Dann nahm sie ein Taschentuch, schätzte die Größe ab und riss ein Stück ab, welches sie auf meine Wunde legte. Es brannte immer noch fürchterlich, aber ich biss die Zähne zusammen. Nun nahm Seiran den Verband und wickelte ihn vorsichtig um das Stück Taschentuch auf meinem Arm. Schließlich knotete sie das Ende locker zu. "Fertig!", murmelte sie. Ich betrachtete den Arm. "Danke.", sagte ich. Seiran lächelte.

"Hast du vielleicht Hunger? Hier gibt es ganz viele Kokosnüsse und weiter hinten sind auch Himbeersträucher!", fragte sie. Ich musste grinsen. Seiran kannte sich bereits bestens aus. Sie lief zu einer Palme, blickte hinauf, nickte zufrieden und schüttelte den Stamm. Einige Kokosnüsse fielen herunter, eine davon landete auf ihrem Kopf. "Au!", rief sie aus. Ich musste kichern. Seiran sah mich kurz verdutzt an, dann hob sie die Kokosnuss auf und lief wieder zu mir. Dann wühlte sie ein wenig im Sand und legte einen spitzen Stein vor sich hin. Ein wenig verwirrt beobachtete ich ihre Gesten, bis ich schließlich verstand. Mein Hirn war anscheinend noch im Halb-schlummer-Modus. Seiran wollte einfach die Kokosnuss knacken. Nach wenigen Schlägen auf den Stein brach die Frucht endlich und brachte ihren weißen Inhalt zum Vorschein. Die eine Hälfte gab sie mir, die andere behielt sie, sorgsam darauf bedacht, nichts von der Kokosmilch auszuschütten. Ich nahm die Hälfte. Erst war ich ein wenig skeptisch, denn ich hatte noch nie eine Kokosnuss gegessen. Seiran zeigte mir, wie man am besten trank, um möglichst wenig zu verschütten. Ein wenig unbeholfen tat ich es ihr nach und ich muss sagen, es schmeckte gar nicht so schlecht. Recht süß mit einem minimalen herben Beigeschmack. Während sie trank, sah Seiran so aus, als würde sie überlegen. Dann nahm sie die Kokosnuss runter und sah sich um. Sie schien nach etwas zu suchen und auch zu finden. Sie sprang auf und lief zu einem Fluss, der mir erst jetzt auffiel. Aus ihrer Tasche holte sie eine kleine Glasflasche und tunkte sie in das Wasser. Sie nippte an der Flasche und nickte zufrieden. Dann kam sie wieder zum Strand zurück. "Alles klar, wir brauchen uns nicht nur von Kokosmilch ernähren. Das hier ist Süßwasser.", erklärte sie und schwenkte die mittlerweile zugekorkte Flasche. Dann kniete sie sich neben mich. "Kannst du aufstehen?", fragte sie. Ich nickte. "Meine Beine sind ja noch in Ordnung.", erwiderte ich und stützte mich auf den rechten Arm, um aufzustehen, was auch ohne große Schmerzen oder Wackeleien gut verlief. Seiran sah in den Himmel. "Es dämmert langsam. Besser, wir gehen in die Höhle zurück und ich gehe noch kurz Feuerholz sammeln. Es ist nicht mehr viel von dem, was ich gestern gesammelt habe, da." Ich nickte und folgte ihr in das kleine Loch, das ein wenig weiter im Landesinneren in der Wand war.

Drinnen war es tatsächlich recht gemütlich, und es war genauso, wie Seiran es beschrieben hatte. "Setz du dich ruhig schon, ich hole gerade noch ein wenig Holz.", schlug Seiran vor und deutete auf das Strohbündel links vom Feuer. Ich nickte: "Ist gut." Seiran nickte, dann ging sie hinaus.

Vorsichtig und meinen Arm möglichst nicht belastend setzte ich mich auf das Stroh, welches erstaunlich weich war. Wenige Minuten später kam auch Seiran wieder und zeigte mir stolz ein kleines Gestell, welches aus einer Baumborke und einem Ast bestand. "Guck mal! Damit können wir Feuer machen!", erklärte sie und machte sich gleich ans Werk. Ich konnte nicht genau sehen, was sie jetzt tat, doch es sah aus, als würde sie den Ast zwischen ihren Handflächen schnell auf der Borke drehen. Ein Funke glimmte auf und Rauch entstand. Seiran hörte auf zu reiben und beugte sich herunter, um das Feuer anzufachen. Wenige Sekunden später flackerte ein kleines Lagerfeuer vor sich hin. Langsam wurde es warm. "Ich seufzte ein wenig und streckte mich aus. "Wann wohl bemerkt wird, dass wir nicht mehr da sind? Werden sie nach uns suchen? Obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier gefunden werden, fast bei null liegt.", überlegte ich. Seiran sagte nichts, sie starrte nur stumm ins Feuer. Dann flüsterte sie heiser: "Nach mir wird niemand suchen. Ich existiere für niemanden..." Ihre Augen glitzerten. "Was ist denn mit deinen Eltern?", fragte och vorsichtig nach. Seiran zuckte mit Schultern. "Keine Ahnung. Ich weiß nichtmal, ob ich welche habe. Meinetwegen würde ich für immer hierbleiben.", erwiderte sie heiser. Seiran tat mir unglaublich leid. "Du kannst mit bei meiner Familie bleiben, wenn wir wieder in Ishinomaki sind. Sie haben bestimmt nichts dagegen.", schlug ich vor. Seiran erwiderte nichts. Dann fiel ihr etwas ein. "Ich weiß ja noch nichtmal deinen Namen!" "Ich heiße Toki.", sagte ich. "Ein schöner Name. Ja, ich bin sicher, mit der Zeit wird sich alles regeln." Ein Kompliment hatte ich für meinen Namen noch nie bekommen. "Man sagt ja auch, die Zeit heilt Wunden. Soll ich das jetzt sprichwörtlich nehmen oder wörtlich?", fragte sie und zwinkerte mir zu. "Wie du willst.", erwiderte ich. Seiran gähnte herzhaft. Im selben Moment musste ich auch gähnen. "Ich glaub, wir legen uns besser schlafen. Dann sind wir morgen ausgeruht.", sagte Seiran und drehte sich auf die Seite. Ich nickte. "Gute Nacht...", brachte ich noch hervor, dann fielen mir auch schon die Augen zu und ich glitt in einen sanften Schlaf hinüber.



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