Zum Inhalt der Seite

Lost in Blue

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine Kreuzfahrt?!

Habt ihr jemals eine Schiffsreise unternommen? Und ich meine nicht solche, wie wenn man mal auf eine Nachbarinsel hinüberfährt oder Ähnliches, nein. Ich meine jetzt eine richtige Kreuzfahrt, mit Essen, Kajüte und allem drum und dran. Ich bin übrigens Toki. Ich bin 16 Jahre alt und gehe auf die Oberschule in Ishinomaki, welches ziemlich an der Küste liegt, nördlich von Tokio. Daher werden auch viele Kreuzfahrten hier angeboten. Ich selber war noch nie auf einer, weil ich sowieso viel lieber festen Boden unter den Füßen habe. Ausserdem weiß ich gar nicht, was andere daran so toll finden, auf einem riesigen Haufen Blech und Metall über das Meer zu schippern, und das meistens für einen recht hohen Preis! Schon deswegen würde ich sowas niemals machen, da meine Familie sowieso nicht gerade die reichste ist. Doch wenn sich eine Gelegenheit bietet, die sich Lotterie nennt? Mein bester Freund Ame hatte ein Ticket für die nächste Kreuzfahrt gewonnen und es mir geschenkt mit den Worten 'ich solle doch auch mal was spannendes erleben'. Ich hatte es nur seufzend angenommen.

Eigentlich hatte ich nicht vor, dieses Ticket einzulösen, doch aus irgendeinem Grund hatte ich mich auf mein Fahrrad geschwungen und war zum Hafen geradelt, wo das riesige Schiff bereits abfahrtsbereit im Hafen lag. Von innen strahlten viele Lichter, die von hunderten von Zimmern ausgingen. Das Schiff war untenrum blau und obenrum weiß, also eigentlich nichts besonderes.

Kaum, dass ich das Schiff gesehen hatte, wollte ich schon wieder umdrehen und nach Hause fahren, als jemand meinen Namen rief. "Toki!!" Ich drehte mich verwundert um. Ame kam angerannt und schwenkte ein Stück Papier in der Hand. Als er näher kam, erkannte ich ein weiteres Ticket. "Ame? Was machst du hier?", fragte ich ihn verdutzt. "Da staunst du, was? Bei der Lotterie wurden zwei Tickets verlost, von denen ich dir eins gegeben habe. Ich wollte mal testen, ob du dich traust, zu kommen, wo du doch so wasserscheu bist.", lachte Ame. Mein empörtes Schnauben: "Ich bin nicht wasserscheu!", überhörte er geflissentlich. Mein bester Freund packte mich am Arm und zog mich Richtung Gangway. "Na komm schon, wo wir doch schon hier sind!", rief er unternehmungslustig. Ich stöhnte nur kurz auf, was mir einen merkwürdigen Blick der Stewardess einbrachte, die mit ihrer Kollegin die Tickets kontrollierte. "Hier gehts lang zu unserem Zimmer!", erklärte Ame und zog mich weiter in den Bauch des Schiffes. Eigentlich hatte ich keine besondere Lust, doch als ich die Tür öffnete, verschlug es mir dennoch den Atem. Das Zimmer war viel eleganter, als ich es erwartet hätte, schließlich war ich das erste Mal auf einem Schiff. Wenn ich ehrlich war, hätte ich Hängematten erwartet, doch es war ein recht hochwertiges Bett, mit oberer und unterer Matratze. An der gegenüberliegenden Wand stand ein kleiner Tisch mit vier Stühlen. An der Decke hing eine hübsch gestaltete weiße Lampe. "Willst du unten schlafen?", fragte Ame mich und noch bevor ich antworten konnte, schleuderte er seine Tasche auf das obere Bett. Mir war es recht. Auf einem Schiff und dann noch das obere Bett? Nein, danke!

Eine Weile nachdem das Schiff Fahrt aufgenommen hatte und wir uns unterhalten hatten, kam eine Durchsage: "Herzlich Willkommen an Bord, meine verehrten Gäste. Ich freue mich, sie hier begrüßen zu dürfen. Hier spricht der Kapitän dieses Schiffes. Bitte beachten sie, dass in wenigen Minuten das Bankett mit einer Vorstellung zu ihrer Unterhaltung stattfinden wird. Ich wünsche ihnen noch viel Spaß." Auf Ames Gesicht war die Begeisterung fömlich zu sehen. "Da müssen wir unbedingt hin, das wird bestimmt lustig!", rief er aus. Ich nickte nur, so langsam müsste ich mich dran gewöhnen.

Der Speisesaal war randvoll. Es waren so viele Menschen da, und die Vorstellung war auch nicht schlecht. Das Essen war auch gut, irgendetwas ausländisches. Trotzdem wurde mir das nach kurzer Zeit zu viel. Es war recht schwül unter Deck. "Ich gehe kurz frische Luft schnappen...", murmelte ich Ame zu, der mich nur erstaunt ansah. Er nickte. Ich wankte ein wenig nach draußen. Es war herrlich auf dem Deck. Über mir blinzelten Tausende und Abertausende von Sternen und es war Vollmond, unter mir plätscherte das Meerwasser sanft vor sich hin. Von drinnen ertönte dumpfes Gelächter. Ich seufzte, schloss die Augen und ließ mir den frischen Wind um die Nase wehen. Bis ich Schritte hinter mir hörte. Ich drehte mich um. Ame war ebenfalls auf das Deck gekommen. Er wirkte ein wenig besorgt. "Geht's dir wieder besser?", fragte er, während er sich neben mir auf das Geländer lehnte. Ich nickte leicht. "Wahrscheinlich ist mir nur die schlechte Luft drinnen nicht bekommen.", mutmaßte ich. Ame erwiderte nichts. Er starrte auf das schwarze Meerwasser unter uns. "Du bist so seltsam in letzter Zeit...", murmelte er. Erstaunt hob ich den Kopf. "Was meinst du mit 'seltsam'?", hakte ich nach. "Du bist irgendwie ruhiger geworden, früher hast du immer gerne allen Streiche gespielt, und jetzt stehst du oft nur rum und seufzt so komisch. Du kommst in deiner Freizeit nur noch selten aus dem Haus, nur abends, wenn die Sonne bereits untergegangen ist, wandelst du noch am Strand entlang.", erklärte er. Ame richtete sich auf und sah mir direkt in die Augen. "Was ist bloß los mit dir?", fragte er fast schon verzweifelt. "Wenn ich das wüsste...", erwiderte ich leise. Ame öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch er kam nicht weit, denn er wurde von einem Rumpeln im Schiffsbauch unterbrochen. Er stolperte, während ich mich gerade noch am Geländer festhalten konnte. "Was zur Hölle war das?!", fluchte ich erschrocken. "Ich... weiß nicht...!!", erwiderte Ame stockend. Seine Augen waren weit aufgerissen. "Sag bloß, dieses Schiff...", begann ich, wurde jedoch von einem weiteren Rumpeln unterbrochen. Diesmal fiel auch ich hin. Von dem Mittelteil des Schiffes, wo auch der Eingang zu den Schlafräumen und dem Speisesaal war, ertönten mehrstimmige Schreie. Ame und ich warfen uns einen kurzen, vielsagenden Blick zu, bevor wir uns aufrappelten und dorthin liefen.

Was sich uns da für ein Anblick bot, war schrecklich. Die Menschen rannten schreiend hinaus in Richtung der Rettungsboote, die bereits zu Wasser gelassen wurden. Ohne groß zu Überlegen, rannte ich Richtung Speisesaal. Ich wollte unbedingt wissen, was passiert war. Der Speisesaal, wo vorhin hunderte von Menschen waren, war nun menschenleer. Bis auf ein kleines Bündel, welches neben einer umgekippten Vase lag und erbärmlich schrie. Ich lief zu ihm hin und hob es hoch. Es war ein Baby, vielleicht ein paar Monate alt. Das kleine Ding tat mir leid, also lief ich kurzerhand mit ihm nach draußen. Draußen war bereits das reinste Chaos ausgebrochen. Menschen schubsten sich gegenseitig, um als erstes in die Boote zu gelangen, andere lagen bereits verletzt am Boden. Eine Frau schrie und weinte und flehte einen der Matrosen an, nach ihrem Kind zu suchen, doch dieser ignorierte sie vollkommen. Ich lief auf die Frau zu. "Suchen sie dieses Kind hier?", fragte ich. Die Frau starrte das Kind an, dann brach sie erneut in Tränen aus. Sie nickte und nahm mir das Kind ab. Da spürte ich eine Hand an meiner Schulter. Ame stand hinter mir. "Sag mal, bist du wahnsinnig, da nochmal hineinzulaufen?!", schrie er mich an. "Ich habe bereits erfahren, dass das Schiff anscheinend irgendwo gegen gefahren ist und sich jetzt ein Leck im Rumpf befindet! Was, wenn das Wasser dich mitgerissen hätte?!" "Das Wasser hatte noch nicht einmal den Speisesaal erreicht.", erwiderte ich. Im selben Augenblick ging ein Ruck durch das Schiff und es stellte sich langsam auf. Ich verlor den Halt und rutschte. Ame hatte sich an einem Geländer festgehalten und meine Hand gepackt, damit ich nicht von Bord rutschte. Ich hielt seine Hand ebenso fest, doch das Schiff wurde immer steiler. Eine leichte Wasserwelle schwappte über uns hinweg. Meine nasse Hand konnte Ame nicht mehr halten; ich rutschte ab. Das Geländer war an mehreren Stellen bereits gebrochen. Ich rutschte an einer scharfen Kante vorbei und spürte plötzlich keinen Boden mehr unter mir und einen scharfen Schmerz an meinem linken Arm. Ich wollte aufschreien, doch da schwappte bereits das Wasser über mich hinweg. Alles, was noch zu hören war, war ein leichtes Blubbern. Dumpf sah ich noch das halb untergegangene Schiff vor mir, bevor alles um mich herum schwarz wurde...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Dies ist meine erste (fast) komplett selbst ausgedachte Geschichte, weswegen ich darin noch nicht viel Übung habe. Für die geologischen Genies unter euch: Bitte seid mir nicht böse, wenn die Lage von Ishinomaki nicht ganz passt. Auf der Karte sah es sehr an der Küste aus...
Während ich geschrieben habe, habe ich zu einem Lied zugehört, welches ich persönlich sehr schön finde: Ib OST: Blind Alley (Extended) auf YouTube.
LG, shadow-queen Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück