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Nanshoku

Die Farben der Liebe
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
kleines Glossar
Shudo - die Lehre der Jungen (Samurai-Lehre) Komplett anzeigen

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Schlaflose Nacht

Statt zu schlafen musste Kojuro auf einmal daran denken, wie es war, als er das erste Mal zum Fürstentum der Familie Date gekommen war. Das war jetzt schon sieben Jahre her. Damals war der junge Fürst gerade einmal dreizehn geworden. Und schon da hatte er die Augenklappe getragen. Kojuro war damals genau an dem Tag angekommen, als der jüngere Bruder des Fürsten beerdigt wurde. Kojuro hatte von der Ferne her zugesehen, wie die Flammen ihr Werk getan haben und auch wie danach die Diener die Asche in eine kleine Urne gefüllt haben. Der kleine Platz wurde danach wieder sauber gefegt und frischer feiner Sand auf den großen schwarzen Brandfleck gestreut. Während die Diener die Spuren des ersten Bestattungsrituals beseitigt hatten, wurde hinter dem Anwesen bereits das Begräbnis von einem buddhistischen Mönch gereinigt und geheiligt, während die fürstliche Familie Date zugesehen hatte. Als die Urne gebracht worden war, hörte Kojuro, der weiterhin warten musste, den Mönch singen. Es hatte beinahe eine halbe Ewigkeit gedauert, bis sich Fürst Date Terumune endlich zu ihm bemüht und ihn begrüßt hatte. Der jüngere Sohn des Fürsten war erst vorgestern gestorben, doch die Trauer hatte bereits tiefe Furchen in das Gesicht des Fürsten gegraben. Nach dem Fürsten war der ältere Sohn, Date Masamune, ins Zimmer getreten. Auf seinem Gesicht hatte Kojuro keine Zeichen von Trauer erkennen können – im Nachhinein betrachtet, hatte er auch keine von Genugtuung erkennen können.

Der Fürst hatte sie einander vorgestellt. Als klar gewesen war, dass Katakura Kojuro ab sofort immer an Date Masamunes Seite sein würde, hatte der Junge ihn eine Weile lang angesehen. Kojuro hatte diesen abschätzenden und berechnenden Blick nie vergessen. Doch auch das darauffolgende, noch recht kindliche Lächeln würde er nie vergessen.

Fürst Date Terumune hatte nach der Bekanntmachung der beiden den Raum verlassen, sodass sie sich miteinander unterhalten konnten. Kojuro erinnerte sich noch, wie er sein Beileid über den Tod Date Masamunes Bruders bekundet hatte und von diesem ein eher gleichgültiger Blick kam. Er war überrascht gewesen von Date Masamune zu hören, dass er selbst seinen Bruder getötet hatte, weil seine Mutter den Jüngeren als geeigneter für die Clanfolge hielt, da dieser noch beide Augen zur Verfügung hatte. Da selbst der Jüngere dies so sah und es seinen älteren Bruder spüren ließ, tötete Date Masamune ihn und so musste seine Mutter unweigerlich den einäugigen Sohn als Clanfolge akzeptieren.

Kojuro wusste noch genau wie überrascht er über dieses frühzeitige strategische, berechnende und vorausschauende Denken dieses Kindes war. Da er schon bald mehr als Lehrer denn als Aufpasser fungierte, fragte er sich rasch, was er ihm noch beibringen sollte, wenn der Junge so berechnend vorgehen konnte.

Kojuro lächelte in sich hinein. Wenn er so an damals dachte, konnte er nicht anders. Der junge Date war damals noch kleiner, aber schon so klug. Heute war er geradezu scharfsinnig und manchmal sogar ziemlich spitzfindig. Kojuro hatte mit angesehen, wie der junge Date langsam erwachsen wurde, während er ihm viele Dinge beigebracht hatte. Er musste daran denken, wie es dazu kam, dass Kojuro ihn gelehrt hatte, wie man mit den Schwertern umging und wie man diplomatisch handelte. Der junge Date Masamune hatte ihm eines Tages einmal auf die Frage nach seinem Shudo-Meister gesagt, dass er zwar einen habe, aber der sich so gut wie gar nicht um ihn kümmern würde, weil er nur Sake tränke. Allein das war der Grund, dass Kojuro sich damals sofort bereit erklärt hatte, einen Teil der Shudo-Lehre für diesen Trunkenbold zu übernehmen.

Wieder lächelte Kojuro in sich hinein. Das war eine schöne Zeit gewesen, in der sie gemeinsam den Schwertkampf trainiert hatten und die Gepflogenheiten eines Samurai geübt hatten. In den ganzen Jahren hatte Kojuro ihn erwachsen werden sehen. Je älter der junge Date geworden war, desto charismatischer aber auch draufgängerischer war er geworden. Und umso anziehender, wie Kojuro im Nachhinein feststellen musste. Es war gerade mal zwei oder drei Jahre her, als ihm das das erste Mal aufgefallen war. Aber Kojuro musste sich zurück halten. Einige bestimmte Teile des Shudo waren dem Shudo-Meister einfach vorbehalten und da hatte sich Kojuro nie einmischen wollen – schließlich hatte Date Masamune ja einen Shudo-Meister.

Der Vasall seufzte schwer. Ihm kam die Erinnerung an Fürst Date Masamunes Machtübernahme. Date Terumune hatte freiwillig den Rang des Daimyo an seinen Sohn abgegeben. Das zog rasch seine Kreise und somit die Entführung Date Terumunes nach sich. Der junge Fürst war den Entführern gefolgt und hatte sie an einem Fluss mit einer kleinen Streitmacht und Katakura Kojuro an seiner Seite eingeholt. Es war Date Terumune der ihm zurief, alle zu töten und dabei keine Rücksicht walten zu lassen. Sein Sohn war ein gehorsamer Sohn und er befolgte den letzten Befehl seines Vaters. Alle Entführer starben und auch der Leichnam seines Vaters wurde vom Fluss weggespült. Er mochte damals ausdruckslos und gleichgültig gegenüber dieser Situation gewirkt haben, aber Kojuro war der einzige, der es besser wusste. Denn Date Masamune ließ der Tod seines Vaters nicht so kalt, wie er es allen anderen gezeigt hatte. In der folgenden Nacht hatte er bei Kojuro geschlafen, dicht an ihn gedrängt. Kojuro spürte dieses Gefühl noch immer so wie vor zwei Jahren. Es hatte ihn alle Mühe gekostet, die er aufbringen konnte um sich zurückzuhalten. Wie gerne hätte er den Fürsten fest an sich gedrückt, doch mehr als ein beruhigendes Tätscheln durfte er sich nicht erlauben. Date Masamune hatte von diesen Gefühlen nichts wissen dürfen!

Ein schweres Seufzen entwischte Kojuro. Er mochte den Fürsten. Sehr sogar – um nicht zu sagen: er liebte ihn. Die Gefühle von damals drängten an die Oberfläche. Kojuro hatte sie so lange erfolgreich verdrängt, dass er fast vergessen hatte, was genau ihn so sehr an den Fürsten band. Er mochte es, ihn immer ein wenig zu ärgern. Genauso, wie der Fürst es mochte, den jungen Yukimura zu necken. Und er mochte es noch viel mehr, wenn der Fürst wie vorhin einfach nur Zeit mit ihm allein verbringen wollte. Seit zwei Jahren versteckte Kojuro erfolgreiche seine wahren Gefühle. Und dann kam der Kampf gegen Oda Nobunaga und der junge General. Sanada Yukimura Genjiro hatte ihn plötzlich wieder daran erinnert, was Kojuro wirklich für den Fürsten empfand – was ihn mit dem Fürsten verband. Seine Ergebenheit und Treue für den Fürsten beruhten, wenn er es genau bedachte, fast nur auf seine Gefühle für ihn: Respekt und … Liebe …
 

Kojuro hatte nur wenig geschlafen und dazu nicht einmal sonderlich gut. Ständig hatte er sich von einer Seite zur anderen gedreht und immer wieder hatte er im Traum das Gesicht des Fürsten vor sich gesehen. Müde stand er nun auf. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen, aber die Morgendämmerung hatte bereits eingesetzt und sein Zimmer war in ein dunkles Blau gehüllt, in dem er es einigermaßen erkennen konnte. Er zog sich in aller Ruhe an und ging dann hinaus. Als erstes warf er einen Blick das Zimmer des Generals. Yukimura schlief noch.

Dann ging er weiter zum Zimmer des Fürsten. Auch er schlief noch, doch Kojuro ging leise hinein und setzte sich auf den leeren Futon neben ihn. Was habt Ihr nur mit mir gemacht...? Seit ihr erwachsen seid, habt Ihr mich mehr und mehr in Euren Bann gezogen...

Er strich dem Jüngeren die Haare aus dem Gesicht. Es folgte zwar ein wohliges Murren, doch der Fürst wachte noch nicht auf. Kojuro zog die Hand zurück um ihn nicht doch noch zu wecken. Dazu war der Moment zu kostbar. Ich wünschte, ich hätte Euer Shudo-Meister sein dürfen.

Etwas wehmütig stand er wieder auf und verließ das Zimmer. Er wollte bald Michiko wecken – wenn sie nicht schon wach war – und sie um das Frühstück bitten. Draußen stieß er plötzlich mit Yukimura zusammen. „Sanada? So früh schon wach?“, fragte er.

„Ja...“, murrte der junge General.

„Dann wird es wohl Zeit, dass wir alle wach werden und frühstücken können.“, sagte Kojuro.

Yukimura nickte und Kojuro ging, um Michiko zu wecken. Oder wohl eher, um sie nach dem Frühstück zu fragen, denn wach war sie wohl bestimmt schon.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tamanna
2014-05-16T19:11:52+00:00 16.05.2014 21:11
Ah ja, die Entführung des Vaters. Wenn ich mich recht erinnere, tat man dies als Reaktion darauf, dass Terumune den Tatendrang seines Sohnes trotz intensiver Bitten nicht zügeln wollte.
Wieder mal ein schönes Kappi ^.^
Von:  the-cooky-girl
2014-04-24T04:26:22+00:00 24.04.2014 06:26
Auuuuuuuu Kojuro *.*
Ich finde es echt toll das du Masamunes kleinen Bruder erwähnt hast und wie er gestorben ist^.^
Und natürlich die Stelle mit dem Vater am Fluss. Einfach nur klasse wie du dich über ihn informierst *.*

LG svenny


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