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Gin x Whiskey

written by crazypark & me
von
Koautor:  Crazypark

Vorwort zu diesem Kapitel:
Herzlichen Dank an alle Leser und besonders an SKH_Ludwig_2 und abgemeldet! Komplett anzeigen

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Conspiracy

Kapitel 14 - Conspiracy
 


 

Jin
 

Schlaf hatte sich in den letzten Jahren zur Mangelware entwickelt. Im Normalfall waren dafür jedoch meine Jobs verantwortlich. Diesmal lag ich seit geschlagenen zwei Stunden in meinem Bett und konnte partout nicht einschlafen. Meine Gedanken kreisten noch immer um die Geschehnisse, welche während der Mittagspause stattgefunden hatten. Ich fragte mich, wie ich mich bei Tomo entschuldigen sollte. Dass ich Bockmist gebaut hatte, war mir schmerzhaft bewusst, aber zu ändern war es nicht mehr. Der Grund, warum ich so selten log war, dass man sich früher oder später selbst in seinen Märchen verstrickte oder jemand anderweitig die Wahrheit herausfand. Ich war Schuldgefühle nicht gewohnt und dementsprechend schwer fiel es mir, damit umzugehen. Ich konnte nur hoffen, dass ich meinen besten Kumpel wieder gnädig stimmen konnte. Gefrustet drehte ich mich auf den Bauch und vergrub mein Gesicht im Kissen.
 

Am nächsten Morgen wagte ich kaum den Blick in den Spiegel. Es würde zur Herausforderung werden, die von Tomo kritisierten Augenringe ausreichend abzudecken. Seufzend machte ich mich ans Werk. Heute Nachmittag hatte ich ein Shooting und sollte mich zumindest so weit in einen Menschen verwandelt haben, dass mir die Stylisten keinen kompletten Eimer mit Farbe ins Gesicht schütten mussten.
 

In der Schule angekommen suchte ich als erstes den Menschen auf, den ich seit Tagen gemieden hatte: Kamenashi. Da er an den Kaffeeautomaten nicht zu finden war, blieb nur noch die Bibliothek übrig. Dort saß er auch tatsächlich über einen Stapel Papier gebeugt.

„Wie geht es Tomo?“, fragte ich, als ich mich ihm gegenüber niedergelassen hatte.

Kamenashi ließ sich zum Glück nicht so lange bitten wie der alte Schmierlappen von Rektor, sondern sah augenblicklich auf. Seinen Blick konnte ich wie so oft nicht deuten und sein anfängliches Schweigen ließ meine hart erarbeitete Neutralität beinahe kippen.

„Ich konnte ihm die Tabletten noch rechtzeitig abnehmen“, seufzte er tief und schaute mich mit ernster Miene an. Mir rutschte mein Herz gleich eine Etage tiefer und wahrscheinlich entgleisten meine Gesichtszüge ebenfalls in diese Richtung. Ein angedeutetes Lächeln von dem Knirps machte mir klar, dass ich ihm soeben auf den Leim gegangen war. Wirklich witzig.

„Keine Sorge, er ist wohlauf und wird dich auch nicht steinigen.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher“, murmelte ich und beschloss, das Treffen zu beenden. Ich hatte meine Antwort erhalten. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass Kamenashi recht behalten würde.

„Ich hab hier noch Unterlagen für dich“, sagte ich, überreichte ihm meine Gedanken und Ideen zur letzten Agenda und stand auf. Da ich die Nacht ohnehin nicht schlafen konnte, hatte ich sie dafür genutzt. Inzwischen genügte eine vage Andeutung von egal wem und mein Pakt mit der Ausgeburt des Bösen wäre passé. Ich musste mich noch mehr ins Zeug legen, um Pi zu schützen und wenn ich mich mit stinklangweiligen Protokollen über die unwichtigsten Dinge diesseits der Himmelssphäre auseinandersetzen musste, würde es eben so sein. Hauptsache, alle hielten die Fresse, sonst würde ich notfalls mit Gewalt bei jedem einzeln dafür sorgen, dass niemand Johnny etwas falsches erzählte.

„Und danke noch mal“, fügte ich an und sah zu, dass ich weg von ihm kam, bevor ich noch Dummheiten begann. Kamenashis Nähe würde mein Versprechen ihm gegenüber ganz schnell brechen lassen. Zurückhaltung war eine Tugend, die mir nicht zu Eigen war und seit der Nacht mit ihm wollte ich ihn nur noch mehr.
 

Auf dem Schulflur hielt ich Ausschau nach Tomo, konnte ihn aber unter der Traube Schüler nicht ausmachen. Ich seufzte leise und fragte mich, ob er wohl noch sauer auf mich war oder ob seine Wut über Nacht verraucht war. Gedankenverloren schlenderte ich den Gang entlang und bekam nicht mir, dass sich jemand an meine Fersen heftete. Erst ein lautes Räuspern ließ mich zusammenzucken und in allerletzter Sekunde konnte ich verhindern, dass sich ein Schrei aus meiner Kehle löste. Mein Herz!

„Jesus fucking Christ“, fluchte ich auf Englisch und sah dem Verursacher meiner Beinahe-Attacke ins Antlitz. Der Teufel persönlich, welcher auf den Namen Kamenashi Kazuya hörte, stand neben mir und schenkte mir eines seiner seltenen Lächeln.

„Was ist?“, fragte ich mit einer viel zu hohen Stimme. Ich hustete schnell, um die Sache in den Griff zu bekommen.

„Ich wollte dich fragen, ob du heute wieder meinen Chauffeur spielen würdest.“

„Wieso der plötzliche Sinneswandel?“ Noch bis eben hätte ich geschworen, dass er lieber mit der Zahnfee ein weiteres Date verbringen würde, als noch einmal einen Fuß in mein Auto zu setzen.

„Wegen eines Oberleitungsschadens“, folgte die aufschlussreiche Erklärung.

„In deinem Hirn oder wie?“, fragte ich grinsend.

„Als Experte auf diesem Gebiet solltest du dich ja bestens auskennen“, konterte er wie immer gelassen.

„Bei dir kenne ich mich inzwischen mit ganz anderen Dingen aus.“ Dass meine Gedanken mein Blut schneller in Wallung brachte, als gut für mich war, ignorierte ich gekonnt.

„Wie auch immer. Es gab einen Unfall und die Leitungen meiner Linie sind runter gekommen. Bis zum späten Nachmittag fährt keine Bahn.“

Aus den Augenwinkeln sah ich Tomo hinter Kamenashi auftauchen und ich vergaß alles, was ich sagen wollte. „Ich fahr dich“, murmelte ich weggetreten und beobachtete, wie mein hoffentlich noch bester Kumpel auf uns zukam.

„Hey Kame“, lächelte Pi und begrüßte auch mich. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob er mir gegenüber kühler war oder nicht.

Unser Schulsprecher blickte verstohlen zwischen uns beiden hin und her und ich stand kurz vorm Durchdrehen. Diese Ungewissheit hielt ja kein Mensch aus.

„Wollen wir?“, fragte Tomo an Kamenashi gewandt und ich hatte das Gefühl, als würde mir etwas zwischen den Fingern entgleiten.

„Wir reden später, Jin“, verabschiedete er sich und ließ mich einfach stehen. Ich konnte ihm wieder einmal nur hinterherstarren und mich fragen, ob seine Aussage als positiv oder negativ zu werten war. Dass er noch mit mir reden wollte, war eher etwas Gutes. Es sei denn, er wollte mir die Freundschaft kündigen und diese unangenehme Sache aufschieben. Erschrocken über mich selbst schüttelte ich den Kopf. Ich hatte schon Gedankengänge wie eine Frau. Dabei war es sonst nicht meine Art, alles zu analysieren. Aber was zur Hölle war das gerade gewesen? Ich sah, wie die beiden hinter der nächsten Abbiegung verschwanden und beschloss, dass Wurzeln zu schlagen keine Alternative war.
 

Bis zur nächsten Unterrichtseinheit war ich ein seelisches Wrack. Die Unsicherheit nagte an mir und über Nacht war ich offenbar zum Weichei mutiert, dass ich mir so einen Kopf machte. Was sollte schon passieren? Es handelte sich immer noch um Pi, meinen ältesten Freund, der mir näher als jede andere Person in meinem Leben stand. Er würde mich nicht in die Wüste schicken. Gefrustet stöhnte ich auf und zog damit die ungeteilte Aufmerksamkeit der Klasse auf mich. Ich saß noch immer im Unterricht und mein kleiner Ausbruch war somit nicht unbemerkt geblieben. Ich war eindeutig durchgedreht.

„Alles in Ordnung bei Ihnen, Akanishi?“, sprach mich zu allem Überfluss auch noch unser Lehrer auf meinen Fauxpas an.

„Ganz wunderbar“, presste ich hervor und rang mir ein Lächeln ab. Der Unterricht wurde fortgesetzt und ich knallte meinen Kopf auf die Tischplatte. Die restliche Schulstunde konnte ich auch nutzen, um Schlaf nachzuholen. Wahrscheinlich war ich deshalb so neben der Spur.
 

Noch nie im Leben war ich so unmotiviert gewesen, mich zur Raubtierfütterung in den Speisesaal zu begeben. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete und ich wollte es schon gar nicht mehr herausfinden. Tomo hatte mich während der Pausen nicht aufgesucht und ich malte mir im Kopf die schlimmsten Szenarien aus. An der Eingangstür fing er mich ab und ich schluckte den dicken Kloß hinunter. Die Stunde der Wahrheit war gekommen.

„Können wir kurz reden?“. Ich nickte stumm auf die Frage und folgte ihm. Etwas abseits von den Massen der Schüler blieben wir stehen.

„Ich bin dir nicht mehr böse.“ Ein spitzbübisches Lächeln schlich sich auf seine Züge und meine Augen wurden groß wie Teller.

„…und das konntest du mir nicht schon heute Morgen mitteilen?“ Ich war fassungslos. So bösartig hätte ich Tomo nicht eingeschätzt. Das war einfach zu viel für mich.

„Ich dachte, es ist nur fair, wenn ich dich auch ein bisschen im Unklaren lasse.“ Das…verdammt, dagegen konnte ich nichts einwenden. Leider lag er damit im recht.

„Du hast wahrhaft grausame Erziehungsmethoden.“

„Ich weiß. Verheimliche mir bitte nie wieder so etwas, okay?“

„Versprochen. Ich habe meine Lektion gelernt.“

„Gut. Dann darfst du mich jetzt umarmen. Ich weiß doch, dass du schon die ganze Zeit darauf lauerst.“

Ich grinste breit von einem Ohr zum anderen. Für Pi war ich viel zu offensichtlich. Vermutlich hatten mich meine scharrenden Hufe verraten.

Das Angebot nahm ich natürlich ohne zu zögern an und schloss ihn fest in meine Arme.

„Hab dich lieb Kleiner.“

Tomo war die einzige Person, bei der ich fähig war, sentimental zu werden. Ich war mehr als froh, dass ich mit ihm wieder im Reinen war.
 

Mitte der nächsten Woche bat mich Tatsuya um eine Privataudienz. Meine Vorfreude auf das kommende Treffen ließ mich unruhig auf meinem Sitz hin und her rutschen, sodass mich Junno und Koki mit genervten Seitenblicken bedachten. Ich konnte es kaum erwarten, dass es zur Mittagspause läuten würde. Als es endlich geschah, rannte ich schnurstracks zum verabredeten Treffpunkt. Unser geheimes Kellerverlies, wie wir den Heizungsraum liebevoll getauft hatten, hatten wir eine halbe Ewigkeit nicht genutzt. In unseren ersten Jahren an der Schule hatten wir vermutet, dass Johnny ungehorsame Schüler hier zur Räson brachte. Dass er dafür keinen anderen Ort als sein Büro nutzte, wurde uns erst später klar.

Als ich die Tür hinter mir schloss und an einigen Heizungsrohren vorbeigegangen war, erspähte ich bereits einen wartenden Ueda. Sein ernster Gesichtsausdruck erstickte meine Libido jedoch im Keim. Seine wachen Augen verhießen eher Kriegsplanung als die Aussicht auf ein Schäferstündchen.

„Okay, was hast du angestellt?“, fragte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.

„Die richtigere Frage wäre eher, was ich nicht vollbracht habe.“

Die nächsten Minuten schilderte er mir die Unterhaltung, die er letzte Woche mit Kamenashi geführt hatte sowie seine eher fruchtlosen Nachforschungen, die er im Bezug auf Miura Haruma angestellt hatte.

„Ich habe mich auch mit ihm unterhalten und er ist definitiv kein Top.“

„Bist du dir sicher?“

„Absolut. Meine Avancen sind komplett auf Granit gestoßen. Er wüsste nicht, wie man jemanden gegen die nächste Wand nagelt, selbst wenn man ihm Hammer und Nagel zur Verfügung stellt.“

Ich grinste bei Uedas anschaulichen Verdeutlichung der Situation. Und ich vertraute seiner guten Menschenkenntnis. Wenn er sagte, dass das Bübchen ein Bottom war, war er auch einer.

„Und er ist nicht einfach nur hetero?“, hakte ich zur Sicherheit trotzdem nach.

„Ich bitte dich. Unterhalte dich nur fünf Minuten mit ihm. Alles an ihm schreit nach einem Finger in seinem Arsch.“

„Bleibt nur die Frage: Warum sollte ich das tun?“

„Weil ich jede Wette eingehe, dass die Bevorzugung des Fußballclubs nur der Anfang ist. Er mag zwar im Bett der Unterlegene sein, aber er ist ein verzogenes Einzelkind, das es gewohnt ist, seinen Willen zu bekommen. Und ich sage dir das eine: Er will mit allen Mitteln die Herrschaft erlangen.“

„Wozu die Mühe? Der ist doch eh bald wieder von der Bildfläche verschwunden.“

„Das ist die eine Sache, die ich nicht verstehe.“

„Und das macht dich stutzig“, schlussfolgerte ich. Wenn Tatsuya Gefahr witterte, war das immer berechtigt. Der Jüngere war ein Meister darin, Intrigen zu spinnen und dementsprechend in der Lage, solche bereits weit im Voraus zu erkennen.

„Irgendwas ist im Umbruch und ich hasse es, es nicht deuten zu können. Aber wenn der Idiot es schafft, die Macht zu erlangen und dich damit vom Thron zu stoßen, sind unsere schönen Tage an der Schule gezählt.“

Von der Warte hatte ich es noch gar nicht betrachtet. Überhaupt hatte ich keinen Gedanken an mögliche Gefahren verschwendet. Viel zu sehr war ich mit meinen Jobs und Tomos Sicherheit beschäftigt gewesen, als dass mir Unstimmigkeiten aufgefallen wären. Am Ende war es gar nicht Kamenashi gewesen, mit dem Johnny einen Deal abgeschlossen hatte sondern dieses verzogene Botschaftersöhnchen? Die Konsequenzen dessen wollte ich mir gar nicht erst ausmalen.

„Wir brauchen mehr Infos über ihn und was er vor hat. Bist du dabei?“

„Morgen wird er humpeln“, sagte ich entschlossen und wollte bereits in die Schlacht ziehen, als ich von Ueda zurückgehalten wurde.

„Reden, Jin. Nicht nur vögeln“, ermahnte er mich.

„Sie reden alle, wenn ich meine Ermittlungsmethoden anwende.“
 

Als allererstes musste ich den Schnösel finden. Wie ich ihn zum Singen bringen würde, würde ich improvisieren müssen. Pläne zu schmieden war nicht meine Stärke, also versuchte ich es gar nicht erst. Irgendetwas würde mir schon einfallen.

Der Speisesaal war um die Uhrzeit natürlich gut bevölkert, doch ich hatte Glück: Das Bübchen beanspruchte im hinteren Teil des Raumes einen kompletten Tisch ganz für sich allein. Offenbar duldete er keine Präsenz neben seiner eigenen. Es wurde höchste Zeit, dies zu ändern!

Ich schnappte mir den Stuhl neben ihm und ließ mich schwungvoll darauf nieder.

„Was geht, Alter?“

Miura drehte seinen Kopf langsam zu mir und zog eine seiner perfekt gezupften Augenbrauen in die Höhe.

„Kennen wir uns?“, kam es in arrogantem Ton. Jetzt galt es, Ruhe zu bewahren und ihn nicht daran zu erinnern, dass ich der 'Landstreicher' war, der ihm vor einiger Zeit die Leviten gelesen hatte.

„Noch nicht, aber das lässt sich ändern.“ Ich strahlte ihn mit dem charmantesten Lächeln an, dass ich aufbringen konnte.

„Ich wüsste nicht, wieso ich das wollen würde“, sagte er und drehte sich wieder seinem Essen zu. Jetzt seinen Kopf zu nehmen und in seinen Teller Nudeln zu drücken, war eine verlockende Vorstellung, aber ich konnte mich beherrschen. Stattdessen griff ich zwischen seine Beine und drückte gerade so fest zu, dass es noch nicht schmerzte.

„Dann lassen wir eben die Floskeln und gehen gleich zum spannenden Teil über“, plauderte ich fröhlich.

Seine Stäbchen krachten ebenso wie sein Kiefer zu Boden. Den Anblick seiner weit aufgerissenen Augen sog ich voller Vergnügen in mich auf.

„Lass das gefälligst.“ Von seinem gebieterischen Ton war nichts mehr zu hören. Es fiel ihm sichtlich schwer, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen.

„Halte mich doch ab“, sagte ich und rieb mit etwas weniger Druck über seine empfindlichste Stelle. „Aber ich glaube, du willst gar nicht, dass ich aufhöre.“

Ich stützte mich vollends auf Tatsuyas Aussage und betete, dass dieser mit seiner Theorie recht behielt.

„Fuck“, entwich es ihm zittrig.

„Na, na, doch nicht hier vor allen Leuten. Was sollen deine Mitschüler sonst von dir denken?“

„Was willst du?“, fragte er mit gesenkter Stimme.

„Dich“, flüsterte ich ihm gefährlich nahe ins Ohr.

Miura drehte seinen hochroten Kopf wieder zu mir und suchte irgendetwas in meinem Gesicht. Vielleicht nahm er an, dass ich ihn nur verarschen wollte.

Er knabberte auf seiner Unterlippe herum und überlegte einige Sekunden, bevor er sprach: „Wann?“

Ding, ding, Jackpot! Ich nahm mir vor, Uedas Menschenkenntnis nie wieder in Frage zu stellen und ihn später dafür zu belobigen. Ich konnte kaum glauben, dass der Kleinere tatsächlich so tickte. Von seiner herrischen Art blieb nichts übrig, wenn man ihn nur mit noch mehr Dominanz nieder warf.

„Freitag bin ich frei“, raunte ich und hatte schnell meinen Terminkalender im Kopf abgerufen. Dass ich heute und morgen gar keine Zeit hatte, war mir erst unterwegs in den Sinn gekommen.

„Ich melde mich wieder bei dir“, sagte ich und stand auf. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich mir noch Obst, da ich fast die gesamte Mittagspause für diesen Deppen vertrödelt hatte. Für ein richtiges Essen hatte ich keine Gelegenheit mehr. Ich textete Ueda die neueste Entwicklung aufs Handy und begab mich zur nächsten Unterrichtsstunde.
 

Kame
 

Ich war überzeugt davon, dass Ueda schon seine Mittel und Wege hatte, an Informationen zu kommen, jedoch wollte ich mich nicht gänzlich auf seine Hilfe verlassen. Wozu gab es das Internet und Google wusste bekanntlich ja auf jede Frage eine Antwort. Ein Poltern riss mich aus meinen Gedanken Das Knallen von Schubladen und Schranktüren folgte. Anscheinend war meine Großmutter mal wieder dabei, eines Ihrer Rezepte auszuprobieren. Ein guter Grund, im Zimmer zu bleiben und sich nicht den gemeingefährlichen Dämpfen auszusetzen, welche wahrscheinlich bereits die Küche vernebelten. Vorsichtshalber öffnete ich noch ein Fenster. Man konnte nie achtsam genug sein.

Meine nachmittägliche Recherche hatte leider mehr Fragen als Antworten geliefert. Es war nicht ungewöhnlich, dass ich mich in der Mittagspause im Sekretariat der Schule aufhielt. Inzwischen kannte ich die Abläufe der meisten Lehrer und Angestellten in- und auswendig. Einmal in der Woche traf sich unsere Vorzimmerdame mit einer Freundin zum Lunch. Es war also der perfekte Zeitpunkt, um einen Blick in die Akte von Miura Haruma zu werfen, ohne, dass unerwünschte Fragen aufkamen. Ich tat so, als wäre ich in die Zeitplanung der nächsten Woche vertieft, während sich die Kaffeetippse endlich anzog und mit einer gemurmelten Entschuldigung verabschiedete. Ihren Rechner versperrte sie wie immer nicht. Wahrscheinlich war Ihr Hirn nicht in der Lage, eine Kombination von mehr als zwei Tasten auf einmal umzusetzen. Ein Passwort war daher völlig überflüssig. Wenige Klicks später und die Akte lag geöffnet auf dem Bildschirm. Der Anblick entlockte mir jedoch nur ein enttäuschtes Seufzen. Jeder, der diese Seiten in die Finger bekam, würde annehmen, dass Miura ein Bilderbuchschüler, nahezu ein Heiliger, war. Ein Kind, wie es sich jede Mutter wünschte. Ich erkannte jedoch sofort die Wahrheit. Das einzige, was in dieser Akte der Wahrheit entsprach, waren die persönlichen Daten sowie die Adressen der zuletzt besuchten Schulen. Jemand hatte sich definitiv viel Mühe gegeben, unserem Botschaftersohn eine weiße Weste zu verpassen. Ich wusste, wovon ich sprach, denn meine Schulakte sah exakt gleich aus.

Meine Hoffnung lag nun vollständig auf dem World Wide Web. Doch auch hier war die Ausbeute überraschend gering. Es gab keine großartigen Aktivitäten auf diversen, sozialen Netzwerken oder Berichte über Skandale. Sein Vater war Botschafter und positioniert in China. Ein wichtiges Tier im Zusammenhang mit der ökonomischen Annäherung zwischen unseren beiden Ländern, jedoch waren keine Details über seine Tätigkeiten zu finden. Über die Mutter gab es noch weniger. Entweder sie war bereits verstorben oder hielt sich völlig vom öffentlichen Leben fern. Frustriert gab ich auf und grübelte über eine Alternative nach. Die Akte musste der Schlüssel sein und ich kannte nur eine Person, welche in der Lage war, dieses Rätsel zu lösen.
 

Es war nicht sonderlich schwer, Maru in der Mittagspause ausfindig zu machen Unser Nerd hielt sich in der Regel von der Mensa fern und verbrachte seine Pause lieber in Ruhe mit seinem Laptop oder einem guten Schachspiel. Da mir für letzteres die Zeit fehlte, war ich froh, ihn im Computerkabinett anzutreffen.

„Hey, Nakamaru, was macht das nächste Level“, begrüßte ich meinen Mitschüler freundlich und nahm neben diesem Platz.

„Es ist schwerer als gedacht, aber machbar“, erwiderte Maru mit festen Blick auf den Bildschirm, nur um den Laptop zwei Sekunden später zusammenzuklappen. „Was kann ich für dich tun?“

„Ich muss dich um einen Gefallen bitten, aber ich fürchte, die gesamte Angelegenheit ist nicht ganz legal.“

Verständlicherweise war er am Anfang nicht sehr begeistert von der Sache, aber spätestens als ich erwähnte, dass es sich um Miura Haruma handelte, waren alle Zweifel ausgeräumt. Anscheinend war unser Liebchen mit Maru des Öfteren zusammengestoßen, wodurch sich Miura nicht unbedingt beliebter machte. Da mir spontan keine bessere Erklärung für mein Interesse an dieser Akte einfiel, schob ich alles auf meine Intuition, aber Nakamaru zog keines meiner Worte in Zweifel.
 

Nachdem dieser Teil erledigt war, musste ich mich nun dem unangenehmen Part stellen. Ich hatte Matsumoto mein Wort gegeben, die Sache mit unseren Trainingszeiten zu klären und dachte auch daran, es zu halten.

"Ich hatte mich schon gefragt, wann du hier auftauchen würdest", begrüße mich der Rektor ohne lange Umschweife. Mir wurde bei diesem selbstgefälligen Ton regelrecht schlecht. Ich brauchte mein Anliegen noch nicht einmal zu schildern, um zu wissen, dass mich Kitagawa erneut an den Eiern gepackt hatte und seine Macht sichtlich genoss.

"Ich wäre eher gekommen, aber einige Arbeiten haben Vorrang", antwortete ich ruhig und übergab die Papiere in meiner Hand, bevor ich sie vor Wut noch zerknüllte.

„Gut zu wissen, dass du deine Prioritäten nicht vergessen hast." Ich schwieg hierauf lieber und beobachtete den alten Knochen, wie er jedes einzelne Blatt kontrollierte. "Jin hat sich also gefangen." Der Ton in seiner Stimme war schwer zu deuten. Keine Ahnung, ob er zufrieden war oder lieber weiter mit Akanishi auf dem Kriegsfuß gestanden hätte.

"Es scheint so", erwiderte ich kühl und versuchte meine Gelassenheit aufrecht zu erhalten. Ich musste ruhig bleiben. Alles war so unauffällig untergebracht, dass Kitagawa den Braten unmöglich riechen konnte.

Akanishis Namen hier und da unterzumogeln, war nicht weiter schwierig. Ich beschränkte mich auf einfache, belanglose Dinge, die man ihm tatsächlich zutrauen konnte und fügte diese seinen Berichten hinzu. Niemand würde von Akanishi verlangen, sich an alle Details zu erinnern. Auch ging ich nicht davon aus, dass er sich je einen Bericht nachträglich durchlas, sodass er auch nie von meiner Erweiterungen erfahren würde. Es war nicht viel, aber es reichte, um mein Versprechen gegenüber Yamapi zu erfüllen.

„Sehr gut. Hoffen wir einmal, dass es so bleibt“, erlöste mich Kitagawa endlich und legte den Stapel beiseite, um ein weiteres Blatt zu greifen und mir entgegen zu halten. "Die Welt besteht immer aus einem Geben und Nehmen, Kamenashi. Ich möchte nicht, dass du denkst, ich hätte es vergessen." Die Worte an sich waren nett, aber in ihnen steckte sicherlich keine gute Absicht. Es war eine weitere Drohung und eine Erinnerung, meinen Platz in diesem Spiel nicht zu vergessen Trotzdem konnte ich meine Neugier nicht zügeln und schnappte mir den Wisch sogleich. Es handelte sich tatsächlich um eine Ausnahmeregelung für den Baseball-Club. Wir durften unsere Trainingszeiten behalten und erhielten für diesen Zeitraum uneingeschränkten Zugang zur Turnhalle sowie dem Trainingsplatz. Und das, ohne betteln zu müssen. Ich konnte es kaum glauben, aber hier stand es schwarz auf weiß – unterschrieben durch Kitagawa persönlich.

"Selbstverständlich. Ich danke Ihnen."

"Oh nein, Kamenashi, ich danke dir."
 

Meine Laune besserte sich zusehends, nachdem der Bescheid offiziell verkündet wurde und ich wieder etwas hatte, auf das ich mich am Ende des Tages freuen konnte. Der Großteil der Mannschaft hatte sich bereits umgezogen und lief die ersten Runden zur Aufwärmung. Nur noch Jun war anwesend und damit beschäftigt, seine Sachen in den Spint zu verstauen.

„Wie hast du das nur geschafft? Ich dachte wirklich, wir wären Geschichte. Was nützt ein neuer Sportclub, wenn er keinen Platz zum Trainieren hat? Wahnsinn.“ Begeistert schlug er die Spinttür zu und strahlte mich regelrecht an.

„Ich sagte doch, ich kümmere mich darum“, antwortete ich mit einem zufriedenen Lächeln. Ich konnte es kaum erwarten, endlich wieder auf dem Feld zu stehen und wenigstens für ein paar Stunden den ganzen Mist zu vergessen.

„Es muss wirklich Vorteile haben, der Schulsprecher zu sein. Kein anderer hat es gewagt, sich gegen die neue Regelung zu stellen.“ In Matsumotos Stimme schwang echte Bewunderung mit, aber er kannte ja auch nur einen Teil der Geschichte.

„Es kann seine Vorzüge haben.“ Wenn man bereit war, den Preis dafür zu zahlen.

Ich war mir vollkommen darüber im Klaren, dass ich mir mit meiner Aktion nicht nur Freunde gemacht hatte. Bisher kam keine negative Reaktion von den anderen Clubs, jedoch hatte mir eine Begegnung mit Miura deutlich gezeigt, dass ich mir einen definitiven Feind geschaffen hatte. Einen, den es nicht zu unterschätzen galt, wenn er wirklich in Kitagawas Gunst stand. Wenn aber alles nach Plan lief, würde sich auch dieses Problem bald in Luft auflösen.
 

Donnerstag machte ich mich nach dem Unterricht auf in Richtung Bibliothek. Da ein Klassenzimmer nicht unbedingt der geeignetste Ort war, unser Vorhaben zu besprechen, hatten Ueda und ich entschlossen, das Meeting auf die frühen Abendstunden zu legen, wenn die meisten Schüler bereits freudig den Heimweg antraten. Zu meiner Verwunderung war jedoch der hinterste Tisch bereits belegt. Noch mehr erstaunte mich allerdings durch wen. Akanishi saß mit beiden Füßen auf dem Tisch da und blätterte gelangweilt in einem Buch. Allein sein Anblick versetzte mich in Alarmbereitschaft und nur mit Mühe konnte ich meinen Fluchtreflex unterdrücken. Es fiel leichter, mich unter Kontrolle zu halten, wenn wir weiterhin einen gesunden Abstand zueinander hielten. Das hatte mir die letzte Autofahrt eingehend verdeutlicht. Zwar waren Akanishis Fahrdienste immer noch besser, als den kilometerlangen Heimweg zu Fuß zu bestreiten, aber dennoch kam mir die Strecke unendlich lang vor. Gebetsmühlenartig versuchte ich mir einzubläuen, dass ES eine einmalige Sache war und ICH keine Wiederholung brauchte. Dem entgegen standen die Bilder dieser Nacht, welche vor meinem inneren Auge in einer Dauerschleife liefen und meine körperlichen Reaktionen hierauf. Ich befürchtete, dieser notgeile Hammel müsste irgendwann nur noch einmal mit dem Finger schnippen und meine hart erkämpfe Selbstbeherrschung würde sich für immer in Luft auflösen. Es war daher eindeutig ratsam, möglichst wenig Zeit in dessen Gegenwart zu verbringen. Bedauerlicherweise war es für eine Flucht zu spät, da mich der Ältere bereits entdeckt hatte und mich mit einem Handzeichen begrüßte.

„Hast du dich verlaufen? Die Bücher hier bestehen hauptsächlich aus Wörtern und nicht aus Bildern, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest.“ Ich konnte mir meinen Kommentar nicht verkneifen, dabei würde es mich wirklich brennend interessieren, was Akanishi um diese Zeit hier verloren hatte.

„Das Kamasutra war in der Kinderabteilung nicht zu finden und da dachte ich mir, ich versuche hier mal mein Glück“, antwortete mein Gegenüber gelassen.

„Das wirst du hier auch nicht finden - höchstens eine Anleitung für spirituelle Enthaltsamkeit.“

„Da kennt sich aber einer aus.“

„Ah, da seid ihr ja“, kündigte Tatsuya sein Kommen schon von weitem an, sodass ich meine weiteren Kommentare lieber herunterschluckte und meinen Mitschüler begrüßte. Sein 'ihr' war mir keinesfalls entgangen. Die Anwesenheit von Akanishi war also kein purer Zufall. Hätte ich mir auch gleich denken können.

„Ich habe Jin dazu gebeten, da wir ein kleines Problem haben. Meine Avancen sind bei Miura leider auf wenig Resonanz gestoßen, da ich, nun ja, nicht gerade sein bevorzugter Typ bin“, erklärte Tatsuya das Dasein dieses Hammels sachlich, als ob er über das Wetter reden würde. Dass man auch ohne seinen Schwanz zu benutzen, an Informationen kommen konnte, behielt ich lieber für mich. Ich wusste, auf was ich mich einließ, als ich Ueda um Hilfe bat. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für moralische Vorhaltungen.

„Was Tatsuya meint, ist, dass unser Botschaftersöhnchen nicht gern selbst die Gans stopft sondern sich lieber stopfen lässt“, erläutere er überflüssigerweise und grinste dümmlich.

„Danke für die anschauliche Erklärung, aber ich habe das Dilemma schon beim ersten Mal verstanden.“

"Oh, ich wollt nur sicher gehen, da du dich ja auf dem Gebiet nicht auskennst, oder?" Würde ich nicht erst denken, sondern direkt handeln, hätte meine Faust gerade Bekanntschaft mit dieser überheblichen Visage gemacht.

"Ach und da du der Experte bist, hast du dich natürlich völlig selbstlos freiwillig gemeldet", antwortete ich stattdessen und suchte mir einen Platz weit weg von dem Älteren.

"Was tut man nicht alles für seine Freunde."

Ein Räuspern hielt mich von einer weiteren Erwiderung ab. „Seid Ihr jetzt fertig?“, fragte Tatsuya als er sich unserer Aufmerksamkeit sicher war und blickte erst Jin, dann mich fragend an. Etwas lag in diesem Blick, was mir ganz und gar nicht gefiel. Ich musste mich dringend in Zurückhaltung üben, wenn ich wollte, dass unser Geheimnis auch eines blieb.

„Wie weit seid Ihr?“, versuchte ich daher das Thema wieder auf den eigentlichen Sachverhalt zu lenken.

„Unser Botschaftersöhnchen scheint nicht gerade gesprächig zu sein, aber Jin hat morgen ein Date mit ihm. Vielleicht taut er in privater Atmosphäre etwas auf“, erläuterte mir Ueda den bisherigen Plan, welcher mir spontane Magenkrämpfe bescherte. Ich fragte mich ernsthaft, was zum Teufel mit mir los war. Es konnte mir doch egal sein, in wen Akanishi seinen Schwanz sonst noch steckte. Wenn seine Aktivitäten auch noch meinen Plänen zu Gute kamen, war es umso besser. Ich versuchte daher, dieses flaue Gefühl gänzlich zu ignorieren und mich lieber auf unser Vorhaben zu konzentrieren. Akanishi selbst schien zumindest von seinem Part darin begeistert zu sein.

Während der Ältere sich mal wieder mit seinem Können beweihräucherte, erblickte ich zum Glück eine Gestalt, die sich suchend umsah.

„Nakamaru“, rief ich dankbar aus und winkte unseren Nerd heran.

„Wie viel sind eigentlich noch zu der Party eingeladen?“ Ich ignorierte Akanishis Kommentar völlig und wandte mich lieber Tatsuya zu, welcher ebenfalls leicht überrascht wirkte.

„Ich habe mir Miuras Akte angeschaut. Irgendetwas stimmte nicht, also habe ich Nakamaru gebeten, mal etwas nachzuforschen“, erklärte ich seine Gegenwart und nickte dem Neuankömmling aufmunternd zu. Nakamaru schien sich nicht gerade wohl in seiner Haut zu fühlen, ließ sich jedoch räuspernd auf dem Platz neben mir nieder.

„Auf den ersten Blick wirkte alles normal, jedoch machte mich das Eintrittsdatum in die Kaisei Akademie stutzig,“ startete er seine Ausführungen. „Laut Akte war Miura Haruma bereits einen Monat vor seinem ersten Auftauchen hier angemeldet. Eine Notiz für eine Beurlaubung oder sonstige Umstände konnte ich nicht finden. Ich habe mich daher…ähm…ich habe auf die Server seiner alten Schule zugegriffen und bin tatsächlich fündig geworden. Laut den E-Mails des Rektors wurde Miura wegen untragbaren Benehmens fristlos suspendiert. Die Schule befürchtete eine Rufschädigung.“

„Und dazu gab es keinen Vermerk?“, fragte Ueda verwundert.

„Nein, die Akte ist völlig sauber“, antwortete ich nachdenklich. „Es ist davon auszugehen, dass Kitagawa von den Umständen wusste und Miura dennoch aufnahm.“

„Und nachträglich die Akte 'optimierte', sodass niemand Fragen stellt,“ führte Tatsuya meinen Gedanken weiter. „Aber warum?“

Unsere Blicke wanderten zu Akanishi, der siegessicher grinste. „In zwei Tagen sind wir schlauer. Wenn ich mit ihm fertig bin, wird er schon singen wie ein Vögelchen.“ Wenigstens war einer von uns von seiner Rolle in diesem Theater überzeugt.

„Nun mal angenommen, er plaudert. Was nützt euch das ohne Beweise?“, gab unser Nerd zu bedenken und lag damit gar nicht mal so falsch.

„Nakamaru hat recht. Es wäre hilfreich, etwas in der Hand zu haben“, pflichtete ich ihm bei.

„Ich kann euch gern ein Bild schicken, von dem, was ich so alles in der Hand halten werde.“ Zum ersten Mal hatte Akanishi auf seine Art etwas Sinnvolles eingeworfen. Tatsuya grinste mich verschwörerisch an. Wahrscheinlich hatte er gerade ganz ähnliche Gedanken. „Sag mal, Jin“, säuselte er verführerisch, „was hältst du von einem eigenen Sex-Tape?“
 

Der gesamte Freitag war für den Arsch. Ich konnte mich auf nichts konzentrieren. Immer wieder tauchte unser Plan für den heutigen Abend in meinem Kopf auf. So wenig mir die Sache auch gefiel, ein Zurück gab es nicht. Da ich keinesfalls heute Abend zu hause hocken wollte, um mir vorzustellen, wie viel Spaß Akanishi gerade haben würde, verabredete ich mich kurzerhand mit Taka. Ein wenig Abwechslung würde mir gut tun und ich sah meinen besten Kumpel derzeit wirklich zu wenig.

Im GODZ war schon eine ganze Menge los, aber ein kurzer, geübter Blick des Barkeepers und schon stand unser Stammtisch wieder zur Verfügung. Seufzend orderte ich mir schon einmal Getränke und ließ mich nieder. Ein Bier und zwei Kurze später erschien Taka endlich und entschuldigte sich pflichtbewusst gefühlte 100 Mal für seine Verspätung. Anscheinend gab es terminliche Schwierigkeiten mit dem Aufnahmestudio ihrer ersten richtigen CD. Der Kleine war so aufgeregt, dass er nicht aufhörte zu erzählen, während ich an meinem zweiten Bier nippte und versuchte, brav zuzuhören. Es tat gut, sich zur Abwechslung mal mit etwas zu beschäftigen, was nichts mit Akanishi oder Schule oder Akanishis Aktivitäten nach der Schule zu tun hatte. Auweia, und da waren wir wieder beim Thema. Um diese Zeit steckte er sicher voll und ganz in seiner Aufgabe – im wahrsten Sinne. Wahrscheinlich gefiel es diesem sexgeilen Bock auch noch. Wundern täte es mich nicht. Noch weniger als meine eigenen Gedanken mochte ich die Bilder, die vor meinem geistigen Auge auftauchten. Jedes Detail seines Körpers schien sich regelrecht in mein Hirn gebrannt zu haben, sodass meine Fantasie nur noch mehr beflügelt wurde.

„Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?“, holte mich Taka zurück in die Realität und blickte mich vorwurfsvoll an.

„Äh ja klar, CD, Tonstudio, alles unwissende Vollidioten“, versuchte ich mich herauszureden, erntete jedoch nur einen weiteren skeptischen Blick.

„Was ist los?“

„Gar nichts“, antwortete ich etwas zu schnell und ertränkte meinen Frust lieber direkt im nächsten Shot. Das Zeug könnte mir langsam den Gefallen tun und anfangen zu wirken.

„Wie viel hattest du davon schon“, ging die Fragerunde weiter. Waren wir bei 'Wer wird Millionär'? Die Antwort war ganz klar: „Eindeutig nicht genug.“

„Scheiß Tag, was?“

„Scheiß Leben trifft es eher.“ Oh je, vielleicht sollte ich doch aufhören zu trinken. Ich befürchtete, wo dieser semi-depressive Schwall herkam, lauerte noch eine ganze Menge mehr.

„Geht das auch etwas genauer?“, bohrte Taka natürlich nach. “Stress in der Schule?“ Wenn er darunter das Herausekeln von ahnungslosen Mitschülern mit Hilfe von moralisch zweifelhaften Mitteln meinte, könnte Stress eine durchaus logische Erklärung sein. Jedoch bezweifelte ich, dass Taka – gut, wie er nun einmal war – für unser Vorhaben Verständnis aufbringen würde. Ich schüttelte daher einfach den Kopf und gab dem Barkeeper zu verstehen, dass die nächste Runde fällig wurde.

„Wenn das so ist, dann: Wer ist sie?“

„Was?“

„Kerle betrinken sich zu 99% wegen Frauen. Also, wer ist sie?“ Ich konnte nicht anders, als meinen besten Kumpel fassungslos anzustarren.

Wo der Mann recht hatte. Nur handelte es sich leider nicht um eine Frau sondern um die Ausgeburt der Hölle. Mir wurde urplötzlich klar, dass ich mir hier allen ernstes die Lichter ausblasen wollte, nur weil Akanishi selbiges gerade bei einem anderen Kerl tat. Konnte mein Leben eigentlich schlimmer werden? Per Handzeichen orderte ich sofort die nächste Runde, um diese Erkenntnis direkt zu ersäufen.

„Wenn es so einfach wäre“, seufzte ich deprimiert und suchte meinen Trost in einem großen Schluck Bier. „Können wir bitte das Thema wechseln?!“

Taka schien bemerkt zu haben, dass es keinen Sinn hatte, weiter nachzuhaken und nickte nur kurz, bevor er zum nächsten Punkt auf seiner mentalen Liste kam.

„Hast du schon Pläne für deinen Geburtstag? Kommen deine Eltern?“ Ich wünschte, wir wären bei Akanishi geblieben. Ich war kein sonderlicher Fan von Geburtstagen – am wenigsten von meinem eigenen.

„Nein, sie wollten. Dann hat sich jedoch irgendeine Konferenz ergeben, an welcher sie teilnehmen müssen.“ Taka schaute mich betroffen an, als wäre es das Ende der Welt, diesen Tag nicht mit seiner Familie zu verbringen. Gut, er war auch nicht in meiner aufgewachsen. Es gab immer wichtigere Dinge, die nun mal Vorrang hatten. Geld verdiente sich nicht von alleine. Ich war es von klein auf gewöhnt, diesbezüglich Abstriche machen zu müssen.

„Und deine Oma? Macht sie was?“, ging die Fragerei weiter. So langsam beschlich mich ein ungutes Gefühl.

„Sie wollte, aber ich hab gedroht, ihren Garten abzufackeln, wenn sie es wagen würde“, versuchte ich daher, sämtliche seltsame Ideen im Kein zu ersticken. Ein Blick auf Uhr verriet mir, dass es mittlerweile kurz nach 23 Uhr war. Ob Akansihi bereits gegangen war? Vielleicht gab es auch einfach eine zweite Runde. Die Belohnung für die Redseligkeit von Miura. Allein bei dem Gedanken wurde mir erneut ganz anders.

„Kazuya“, holte mich die Stimme meines besten Kumpels mal wieder zurück, welcher mich mit seinem Hundewelpenblick taxierte. Ach ja, Geburtstag. Ich sollte wirklich aufhören, andauernd abzuschweifen.

„Ich weiß nicht, was das ganze Gewese soll. Warum sollte man feiern, dass man schon wieder ein Jahr älter wird?“, machte ich etwas heftiger als beabsichtigt meinen Standpunkt klar und hoffte, auch dieses Thema schnellstens beenden zu können.

„Du klingst wie ein 80-Jähriger.“

„Ich war halt schon immer reif für mein Alter.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
TBC

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  SKH_Ludwig_2
2015-08-23T14:19:17+00:00 23.08.2015 16:19
Super cooles Kap :DDD
Ich habe so gelacht, Ueda is geil xDDDDD

LG
Von: abgemeldet
2015-08-16T12:19:41+00:00 16.08.2015 14:19
Und an der Stelle hört ihr auf... Wie gemein... >.<

Ich finde es gar nicht toll was Jin macht, hoffentlich hat er dabei wenigstens nicht so einen Spaß... Das wird nun echt eine totale Qual bis zum nächsten Kapitel zu warten!
Ich hoffe es geht schnell ^^"

Aber ja, es war wieder mal echt klasse & wird jetzt auch verdammt spannend.. Ich bin gespannt, was Jin so heraus bekommt! ;D


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