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Much as I love them

Der Bösewicht kriegt das Mädchen nie... ?
von

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Schön dich kennen zu lernen

Kapitel 29 - Schön dich kennen zu lernen

 

Fünf Uhr morgens stand Roxanne Ritchi - mit ihrer roten Lieblingswolldecke über den Schultern - auf ihrem Balkon und blickte Megamind hinterher. Die ganze Nacht hatten sie es sich auf der Couch gemütlich gemacht und über alles geredet das nichts mit ernsten Themen zu tun hatte.

Oft hatte er sie zum Lachen gebracht, ihr lustige Geschichten über die Geflogenheiten so mancher Menschen erzählt, die sich allein und unbeobachtet fühlten.

Auch glaubte sie Minion nun mit anderen Augen zu sehen. Der Spacefisch, der ein Gentlemen sondersgleichen war, schien bei so manchen Dingen sehr energisch zu sein.

Es waren nicht nur seine Kochkünste, die er vor den experimentellen Versuchen mit neuen Gewürzen seines blauen Freundes schütze, oder beleidigt war, wenn sie nicht genug gewürdigt wurden.

Minion hatte wohl auch eine Aversion gegen Unordnung und sang gerne während der Hausarbeit. Erst durch Minion wurden die hohen Regale für die unmengen an Bauteile beschaffen, da Megamind sich mehr als beherrschendes Genie über das Chaos betrachtete.

Und sah Minion nicht gerade Kochsendungen in denen er hier und da den Fünf-Sterne-Koch kritisierte, sah er sich gerne Soaps an.

 

Kurz nach Mitternacht hatten die Beiden sich wähernd ihrer unzähligen Küsse hingelegt und während Megamind erzählte, streichelte er oft über ihre Wange oder ihren Armen. Die ganze Nacht hatte Roxanne sich gefühlt wie unter Strom und hatte erst in dieser Nacht verspührt wie sehr sie doch die Nähe zu einem Mann vermisst hatte.

Auf ihre Bitte hin hatte er sogar seine Handschuhe abgelegt wodurch sie seine weiche Haut hatte spühren können. Irgendwann hatten sie unter ihrer roten Decke gelegen, aneinander gekuschelt und die stille Nähe des Anderen genießend.

Roxanne musste bald darauf eingeschlafen sein, denn plötzlich wurde sie von ihm sanft geweckt, weil er sich verabschieden musste.

Die Sonne geht gleich auf, waren seine Worte gewesen.

Doch hatte er versichert am nächsten Abend wieder zu kommen, sobald die Sonne untergegangen war, denn Nachts wussten sie das sie wahrhaft in Ruhe gelassen wurden, auch sollte Roxanne nicht ihre gesamte Zeit für ihn opfern und ihr normales Leben leben.

 

Es war bereits Nachmittags um 14:36 als sie wieder erwacht war, da sie sich sofort wieder hingelegt hatte. Allderdings nicht ins Bett, sondern auf der Couch, wo noch immer sein Duft festhing.

Kaum hatte sie gefrühstückt klingelte auch schon das Telefon.

 

"Amily?", fragte Roxanne erstaunt als sie die Stimme erkannte.

 

"Ja. Ich muss es dir unbedingt erzählen, momentan kann ich es noch kaum einen erzählen und ich halte es nicht aus. WIR HABEN UNS GESTERN GEKÜSST! Es war unbeschreiblich. Eigentlich war es ja ein Geschäftsessen, natürlich, was sonst, schließlich ist er mein Boss, aber plötzlich hatte er meine Hand genommen und so ... so viele schöne Dinge gesagt und ... er hat mich geküsst", redete Amily aufgeregt und stieß ein ohrenbetäubendes, freudiges Quitschen aus.

 

Roxanne verdrehte nur lächelnd die Augen und wollte schon daran ansetzen ihre Freundin davor zu warnen mit ihrem Vorgesetzten etwas anzufangen, doch musste sie dann an Megamind denken und quittierte das aufkommene Gribbeln in ihrem Bauch nur mit einem breiten Lächeln.

 

Sollte sie die Jenige sein die ihrer Freundin vor einem Mann warnt den die Gesellschaft nicht erlauben würde?

 

Nein, das konnte sie nun nicht mehr. Schließlich war ihr Vergehen ums Vielfache schlimmer und niemand würde in dem Fall nur fremdschämend mit dem Kopf schütteln und sagen: "Sie war schon immer eine Schlampe, sicherlich wollte sie sich hochschlafen!"

 

"Morgen werden wir sogar einen kleinen Ausflug zum Meer machen. Es findet wohl eine private Party eines Freundes von ihm dort statt. Ich bin ja so aufgeregt. Soll ich dir dann erzählen wie es war?"

 

"Äh... klar! Natürlich."

 

"Was machst du heute eigentlich noch?"

 

"Och ich weiß nicht. Ich glaub das Wochenende wird recht ruhig", erwiderte Roxanne um nicht Rechenschaft ablegen zu müssen mit wem sie sich verabredete.

 

"Hast du vielleicht Lust einen Kaffe trinken zu gehen?"

 

Hätte sie sich doch beschäftigt gestellt, dachte sich Roxanne.

 

Sie konnte es sich selbst nicht erklären, doch so sehr sie gerne sonst unterwegs war und sich mit Freunden traf, verspürte sie nur das Bedürfnis zu Hause zu sein und sich auf den Abend zu freuen.

 

"Hast du vielleicht doch etwas anderes vor?", fragte nun Amily nach Roxanne's Schweigen.

 

"Nein, nein. Klar können wir uns treffen", sagte Roxanne und gab sich innerlich einen Ruck.

 

Bevor sie sich dazu herab ließ, den ganzen Tag wie ein Hund auf sein Herrchen zu warten, bewahrte sie sich ihr Leben.

 

Eine Stunde später saß sie mit Amily am Rande des großen Central Park von Metro City in einem Cafe und schlürfte an einem leckeren, heißen Starbucks-Kaffee. Sie bereute es nicht hinaus gegangen zu sein. Das Wetter war herrlich, sie hatten einen schönen Platz gefunden, auf dem sie sich von der Sonne etwas streicheln lassen konnten und genossen das beruhigende Rauschen der Baumkronen, statt der sonst so lauten Stadtgeräusche. Ab und zu wehte eine kühle Brise und machte den Augenblick perfekt.

 

Sie redeten und lachten ausgelassen und so verging die Zeit schnell und Roxanne war für ein paar Stunden sehr glücklich. Vor allem da Amily endlich davon abgelassen hatte, weiterhin von ihrem Boss zu schwärmen als wäre sie ein Teenager. Plötzlich trat ein Mann an ihrer Seite und stahl ihr die wärmende Sonne.

 

"Hallo die Damen, haben Sie Feuer?", fragte er mit einem charmanten Lächeln und blickte direkt Roxanne an.

"Nein, tut mir leid. Ich rauche nicht", würgte Roxanne ihn ab und wendete sich ihrem Kaffee zu.

 

Ein wenig genervt musste Roxanne feststellen das er gar nicht wirklich eine Zigarette rauchen wollte, sondern nur einen Vorwand gebraucht hatte um sie anzusprechen. Normalerweise genügte eine freundliche Abweisung, doch dieser Kerl gehörte zu den sturen Böcken - die Wunder dachten was sie seien - und das eine Frau, wenn sie "nein" sagte, doch eigentlich "ja" meinte.

Nach einer doch sehr gereizten Verneinung seiner Avancen, tat er ihr den Gefallen und zeigte sich von hinten, während Amily verwundert dreinsah.

 

"Was war das denn für einer?", fragte Roxanne empört und schlürfte noch einmal an ihrem Kaffee.

 

"Warum die Abfuhr?", fragte Amily verständnislos.

 

Ein wenig verstört blickte Roxanne ihre Kollegin an.

 

"Warum? Das war doch nur so ein wiederlicher Proll. Es haben nur noch die Posen gefehlt um seine Muskeln aus Eiweispulver zu präsentieren."

 

"Ah hah ha hahaha", lachte Amily aus vollem Hals. "Irgendwie hast du recht, aber der sah doch echt gut aus. Vielleicht wollte er auch nur seine Unsicherheit überspielen. Wieso hast du ihm nicht eine Chance gegeben?"

 

"Nein... er war nicht mein Typ", wimmelte Roxanne sie ab und betrachtete den Becher ihres Kaffee's eingehend.

 

"Hast du etwa schon einen?"

 

"WAS? So ein Unsinn... du guckst zu viele Seifenopern."

 

"Also doch... ist es Metro Man. Seit ihr euch näher gekommen?", fragte Amily unheimlich neugierig und beugte sich vor als wolle sie kein Wort verpassen.

 

"Amily bitte... nein, kein Metro Man, kein Mann... Kann ich denn nicht auch ohne mein Leben leben?", fragte Roxanne genervt.

 

"Schon gut, schon gut. Ich frag schon nicht mehr nach. Aber wenn ich ehrlich bin solltest du wenigstens damit aufhören die eiserne Jungfrau zu spielen. Hab doch Spaß. Du musst doch nicht auf alles verzichten."

 

"Du klingst schon wie Justine", sagte Roxanne lächelnd. "Ich bin gerührt das ihr euch alle so sehr um mein Sexualleben besorgt seid", lächelte Roxanne ironisch.

 

Bis zum frühen Abend saßen Roxanne und Amily im Park, spazierten ein wenig herum und redeten über Dies und Das.

 

"Wollen wir vielleicht Essen gehen? Oder vielleicht ins Kino? Wir könnten ja auch...", überlegte Amily laut, wie sie gerne den restlichen Abend verbringen würde.

 

Unwillig verzog Roxanne das Gesicht, riss sich aber wieder zusammen.

 

"Das wäre schön, aber könnten wir das nicht ein anderes Mal machen?", stoppte Roxanne den Redefluss ihrer Freundin.

 

"Warum, du hast doch nichts vor, dachte ich."

 

"Ja, das schon... Aber ich bin müde und noch so erschöpft von der Woche, dieser Unfall von Jam... von diesem Dealer X hat mich doch sehr aufgewühlt und gestern wurde ich von Arbeit überhäuft und kam ewig nicht raus", sagte Roxanne und rieb sich an der Schläfe als hätte sie Kopfschmerzen.

 

"Ja, aber es ist doch Ewigkeiten her das wir etwas gemacht haben. Morgen ist ja auch noch ein Tag", versuchte sie Roxanne zu überzeugen.

 

Klar, wenn man nicht einen Megamind erwartete, der einen die ganze Nacht wach hielt, dachte sich Roxanne schmunzelnd.

 

"Ich gebe dir recht, aber heute wirklich nicht mehr. Versuchen wir es doch die nächsten Tage oder nächstes Wochenende", beschwichtigte Roxanne.

 

Für einen Moment blickte Amily sie einfach nur stumm an und Roxanne wusste nicht so recht was das sollte, doch warf sie noch ein "Einverstanden?" hinterher.

 

"Na gut", sagte Amily vesöhnt. "Eigentlich hast du recht. Wenn ich morgen fit sein will, sollte ich nach Hause. Ich will nicht riskieren mit dunklen Augensäcken herumlaufen zu müssen", lachte Amily, ganz aufgeregt wie ein Kind, das sich auf den morgigen Ausflug in den Tierpark freut.

 

Roxanne verabschiedete sich von ihr und als ihr auffiel das die Sonne bereits im Begriff war unterzugehen, beeilte sie sich aus dem großen Park zu kommen und ihr Auto auf dem vollgeparkten Parkplatz zu finden.

 

Zu ihrem Leidwesen verlief die Heimfahrt nicht so schnell wie gehofft. Sie hatte durch die blinde Sparzierei kurz die Orientierung verloren und musste erstmal hinausfinden, auf dem Parkplatz angelangt, war ihr entfallen wo sie ihr Auto gelassen hatte und als wäre das nicht genug, pendelte sie sich ungewollt mitten in den Feierabend-Verkehr ein.

 

Die Zeit kam ihr unendlich lang vor und sie hatte das Gefühl das an diesem Abend die Sonne rekordverdächtig schnell sank. Nach einer Ewigkeit kam sie endlich an, hastete in den Fahrstuhl und fuhr nach oben. In der Hast ließ sie den Schlüssel mehrmals fallen ehe sie aufschließen konnte.

 

Von Megamind war keine Spur, vielleicht hatte sie noch Zeit sich duschen zu gehen und....

 

Plötzlich, wie auf ein Kommando, waren Motorengeräusche zu hören und prompt stand Megamind mit seinem Hoverbike auf dem Balkon.

 

"Hey", sagte Megamind und kam direkt auf sie zu.

 

"Hey", lächelte sie und ließ sich bereitwillig küssen, schlang die Arme um seinen Hals und ließ sofort von ihm ab.

 

Kurz verwirrt sah er sie an. "Kragen?!"

 

"Ja", nickte Roxanne und lächelte. Ein Bösewichtkragen mochte gut aussehen, doch verhinderte er schmerzlich sich näher zu kommen ohne befürchten zu müssen, ein Muster aus kleinen Löchern in seinen Armen zu finden.

"Aber während du dich frei machst, geh ich noch kurz nach oben."

 

"Du siehst so abgehetzt aus, was ist passiert?", fragte er und zog sie wieder an sich.

 

"Ich hatte nur befürchtet das ich wieder zu spät komme und du warten musst. Ich war mit einer Kollegin im Park, einen Kaffee trinken."

 

"Geh duschen", sagte Megamind wissend lächelnd.

 

"Zehn Minuten", sagte sie und lief eilig ins Büro.

 

"OK! Ich denk in der Zeit darüber nach wo ich mit dem Erzählen anfange", rief er.

 

"BIN IN DREI MINUTEN DA!", rief Roxanne von oben herab.

 

Tatsächlich saß sie fünf Minuten später bei Megamind auf der Couch, nachdem sie sich gemütliche Klamotten herausgesucht hatte. Zunächst war sie nur in ihrem Handtuch eingewickelt aus dem Bad bekommen, vor lauter Neugier, alles andere vergessend.

 

Für einen Moment saßen sie etwas steif auf der Couch und wussten nicht was sie tun sollten. Roxanne spürte seine innerliche Anspannung, und wollte ihm etwas helfen. So stand sie auf, holte eine Flasche Orangensaft, Zucker und etwas Knabberzeug. Auf einem Tablet trug sie alles zum Couchtisch, entzündete Kerzen, öffnete eines der großen Fenster neben der Couch, damit die warme Brise hineinwehen konnte, knippste das Licht aus und setzte sich zu ihm.

 

Sogleich nahm sie ein Glas zur Hand, schüttete etwas Zucker hinein, verrührte es mit dem Saft und drückte es ihm in die Hand. Er leerte es in einem Zug und lächelte ihr dankend zu.

 

"Wo fang ich am besten an..."

 

"Vielleicht am Anfang", begann Roxanne etwas zögernd.

 

Wo sie sonst immer gerade heraus redete und kein Blatt vor dem Mund nahm, befürchtete sie nun etwas Falsches sagen zu können oder ihn zu bedrängen.

 

Für einen Moment reagierte er überhaupt nicht und schien für einen Moment ganz weit weg zu sein, an einem ihr völlig unbekannten Ort. Seine Augen starrten in den Feuerschein der Kerzen und hatten einen leeren verträumten Blick. Sie wollte ihm schon eine Hand auf die Schulter legen und vorschlagen das Ganze zu verschieben als plötzlich...

 

"Ich stamme von einem blauen Planten im Glaupunkt-Quadranten, am Rande der Milchstraße. An viele Dinge kann ich mich nicht mehr Erinnern. Ich war gerade einmal acht Tage alt als meine Eltern entschlossen mich in die letzte Raumkapsel zu setzen und fortzuschicken. Komischerweise kann ich mich nur an diesem Augenblick erinnern. Alles was davor geschehen ist, ist verschleiert. Ich glaube mich daran erinnern zu können das meine Mutter mir ein Wiegenlied sang, doch kann ich es nicht mehr hören. Ich sehe nur noch ihre traurigen Augen vor mir. Sie sah immer bedrückt aus, von Sorgen geplagt. Sie nannte mich "ihren kleinen Prinzen", aber vielleicht bilde ich mir das nur ein.

 

Irgendwann kam der Tag an dem sie mich aus meiner Wiege riss, voller Panik, ihr schönes Gesicht von nackter Angst durchzogen. Sie rannte, hatte es sehr eilig. Es war dunkel und nur einige Computerbildschirme erhellten den Weg. Alle Bewohner rannten irr in ihrer Angst. Die pure Panik war ausgebrochen. Sie übergab mich meinem Vater und er setzte mich in eine Raumkapsel. Mutter legte mir Minion mit hinein und sagte er wäre mein Helfer und würde auf mich aufpassen. Ich kann mich an ihr Lächeln erinnern, sie hatte erreicht was sie wollte. Mein Leben zu retten.

Vater gab mir meinen Nucki und sagte aus mir würde etwas Großes werden. Ich wusste nur nie was er gesagt hatte, die Kapsel hatte sich bereits geschlossen. Wo eben noch die traurigen Augen meiner Mutter gewesen waren, war plötzlich schnell flackerndes Licht, ich wurde in den Sitz gepresst, mir blieb der Atem weg.

Die Kapsel hatte abgehoben und als ich den Planeten und seine Erdlaufbahn durchbrochen hatte, sah ich ... das schwarze Loch das unseren Planeten in sein Innerstes zog."

 

Erschrocken hielt Roxanne eine Hand vor dem Mund um nicht aufzuschreien. Ihr war immer klar das auf Megaminds Heimatplaneten etwas passiert sein musste, doch hatte nie ein Mensch erfahren was genau geschehen war. Das war das Einzige in dem sich Metro Man und Megamind still geeinigt hatten. Ihre Vergangenheit und ihre Herkunft würde mit samt ihren Planeten in das schwarze Loch gesogen werden. Niemand sollte erfahren was geschehen war, niemand durfte Fragen stellen.

 

Roxanne bemerkte wie sehr sich Megamind angespannt hatte. Seine Hände zu Fäusten geballt, sein ganzer Körper stand unter Strom. Für einen Augenblick wusste Roxanne nicht was sie tun sollte.

 

Sollte sie ihn unterbrechen?

 

Ihn weiter sprechen lassen?

 

Doch wenn es ihm dabei so schlecht erging, was war von beiden Möglichkeiten das Beste für ihn?

 

Sie beugte sich zu ihm und nahm seine Faust in ihre. Bei der Berührung zuckte er etwas zusammen, kam aus seiner Trance heraus und entspannte sich sichtlich.

 

"Wenn es dir so schwer fällt...", begann Roxanne zag, doch wurde sie sogleich unterbrochen.

 

"Es ist nicht die Schwierigkeit darüber zu reden. Meine Eltern haben mich schon sehr früh verlassen und den Ort an dem ich geboren wurde, ist mir so fremd und unbekannt wie sonst nichts auf der Welt. Das Leben geht weiter. ... Aber es jemanden zu erzählen. Mit jemanden darüber zu reden der nicht Minion ist, das ist.... das kostet mich etwas Überwindung und Kraft."

 

"Dann sollten wir..."

 

"Nein. Hör mir zu. Nur so wirst du verstehen", sagte er bestimmt und lehnte sich zurück, noch immer ihre Hand in seiner festhaltend.

 

"Wie du dir denken kannst war ich nicht der Einzige. An diesem Tag begegnete ich Herrn Saubermann, ihn hatte es ebenso getroffen wie mich. Er stammt von einem Nachbarplaneten, und war der selben Zerstörung ausgesetzt und so flogen wir Seite an Seite um alles hinter uns zu lassen. Nur hatte er bei seiner Landung etwas mehr Glück, oder sagen wir, unfair gespielt. Aber was solls. Dann..."

 

"Was meinst du damit?", fragte Roxanne, ihre Reporterneugier vollends geweckt. Nichts durfte ihr entgehen.

 

"Sein Raumschiff war besser konstruiert als meiner und so hatte er mich mit seiner Raumkapsel mehrmals gerammt und so auf eine andere Bahn geworfen. Kurz vor der Landung noch ein letztes Mal, so wäre ich eigentlich auf dem Anwesen von Lord und Lady Scott gelandet. Aber wie gesagt, was solls. Wenn ich mir die beiden so ansehe, war es besser so... Wie bekannt ist, landete ich mitten auf dem Gelände des Gefängnisses für kriminelle Talente. ... Was hast du?"

 

"Er hat dich wirklich gerammt?", fragte Roxanne mit schockiertem Blick.

 

"Ja, aber es ist doch nichts geschehen", zuckte Megamind unbekümmert mit den Schultern.

 

"Warst du denn nie traurig darüber das du nicht bei den Lords aufwachsen konntest und im... na ja, im Gefängnis aufwachsen musstest?", fragte Roxanne vorsichtig. Sie wollte keine Wunden aufreißen.

 

"Nein, niemals. Schon zu dem Zeitpunkt empfand ich es nicht als Grund traurig zu sein, was bringt es, über etwas zu trauern was man nicht kennt. Aber ganz ehrlich, bei diesen beiden Strohköpfen hätte ich ohnehin keine Chance gehabt, die hätten mich womöglich schneller in einer Tonne entsorgt als mir lieb gewesen wäre. Ich schätze ich passe nicht zur Inneneinrichtung und hast du die Beiden nicht selbst schon interviewt, sind sie nicht furchtbar?!", lachte er und Roxanne fiel ein Stein vom Herzen und lachte mit.

 

"Im Gefängnis dagegen hatte ich Menschen um mich die sehr klug und gewitzt waren, sie haben mir den Unterschied von Gut und Böse beigebracht. Direktor Warden war nicht begeistert davon, ich schätze das er eine andere Sicht von Gut und Böse hat, doch blieb ihm keine Wahl. Wie ich dir schon einmal erzählt hatte, wollte sich mir keiner annehmen. Die Regierung hatte natürlich Interesse an uns beiden, mehr an mir als an Metro Man, aber er wurde, zumindest glaube ich das, von seinen Stiefeltern freigekauft. Bei mir jedoch ging es heiß er, alle hatten sie Interesse an mir und natürlich nicht die gesündesten. Doch fand Direktor Warden mit Hilfe einer Dame, die ich bald näher erläutern werde, einen guten Handel.

Da sich kein Kinderheim, noch das Jugendamt oder gar eine Familie fand die mich aufgenommen hätte, sollte ich im Gefängnis bleiben, so das ich immer unter Aufsicht stand...."

 

"Warum?", fragte Roxanne verwirrt und schlug sich sogleich gedanklich mit der Hand auf die Stirn. Natürlich war es klar, weswegen er unter Aufsicht stehen sollte.

 

"Ich hätte versuchen können die Menschen in meiner Umgebung zu manipulieren, schließlich wusste man zu der Zeit nicht was ich mit meinem dicken Gehirn in der Lage war zu tun und welchen Auftrag mir erteilt wurde, mit dem ich auf die Erde geschickt wurde", lachte er. "Du weißt schon. Alieninvasion, Weltherrschaft, sie alle erfanden die unmöglichsten Gründe mich in einem fensterlosen Raum festhalten zu können und ihre Since-Fiction-Herzen, die sie seit der Kindheit nicht mehr mit den tollsten Comics füttern konnten, höher schlagen zu lassen."

 

"Es muss schlimm gewesen sein im Gefängnis aufzuwachsen", sagte Roxanne, mehr zu sich selbst als direkt an ihn.

 

"Nein, eigentlich nicht. Und es war allemal besser als das was meine einzige Alternative gewesen wäre", sagte er ernst.

 

Der ernste Ton riss Roxanne aus ihren Gedanken und ließ sie aufblicken.

 

"Die Alternative hätte darin bestanden in einem Labor aufzuwachsen wo die perversen Weißkittel dich nach belieben aufschneiden und wieder zunähen. Nur um dich dann wieder aufzuschneiden, weil sie sich noch mehr ungeklärte Fragen ausgedacht haben. Hätte die Regierung darauf bestanden mich ins Labor schaffen zu lassen, würde ich jetzt schon nicht mehr leben. Denn irgendwann hätten sich die Weißkittel nicht mehr zurückhalten können und mir das Gehirn rausgeschnitten und womöglich behauptet das meine Lebenserwartung einfach nicht so hoch ist wie die eines Menschen oder irgeneine andere Ausrede gefunden", sagte Megamind düster und doch so locker von der Hand als überlege er welche Sorte Cornflakes er zum Frühstück essen sollte.

 

"OK. Ich glaube hier können wir eine Pause machen", sagte Roxanne und kuschelte sich bereits in ihre flauschige rote Decke. Mit einem Mal war ihr sehr kalt geworden. Sonst war sie nicht so empfindlich doch die Ereignisse mit James und nun diese Erzählungen von Megamind, waren für sie ein wenig zu viel Realität auf einmal.

 

So stand sie denn auf und machte sich für Megamind und sie selbst eine schöne heiße Tasse Kakao. Wieder auf der Couch zurück, grub sie sich wieder unter ihre Decke und schlürfte die heiße, wohltuende Flüssigkeit.

 

"Ist alles in Ordnung?", fragte Megamind ein wenig besorgt.

 

"Ja natürlich. Mir ist nur etwas kalt und ich wollte uns etwas Warmes machen", log sie, denn sie wollte nicht zugeben das ihr die Geschichte an die Nieren ging. Doch beruhigte sie sich etwas, indem sie sich einredete dass das alles nur halb so schlimm war wie es klang, schließlich saß Megamind wohlauf neben ihr.

 

"Erzähl weiter", forderte sie ihn auf und lehnte sich sogleich an ihn. Was sie dazu bewegte war ihr nicht klar, ob sie die Nähe brauchte um sich die Erzählungen weiter anhören zu können oder ob sie ihm zeigen wollte das er nicht mehr allein war.

 

"Wie schon erwähnt gab es damals eine Dame die mir sehr geholfen hat. Ihr Name war Jane Williams. Sie war Kinderpsychologin und für mich verantwortlich. Normalerweise war sie für die ganz harten Fälle zuständig, den kriminellen, aggressiven Jugendlichen, man glaubte sie sei Fähig mit mir umgehen. Sie sollte sich mit mir beschäftigen und meinen Geisteszustand beurteilen, doch fand sie nicht das vor, was sie befürchtet hatte. Kein gedankenlesener und manipulierender Alien, der auf die Erde geschickt worden war um die Weltherrschaft zu übernehmen, sondern ein kleines unsicheres, schüchterndes Kind, nur mit seinem Haustier an der Seite, auf einem völlig fremden Planeten.

Schnell hatte sie sich mit Direktor Warden zusammengeschlossen, man konnte sagen das sie eine Art Elternersatz bildeten, wobei Direktor Warden immer eine gewisse Distanz wahren musste, schließlich durfte er sich nicht persönlich beeinflussen lassen.

Nachdem der Prozess vorbei war und ich das Glück hatte weiterhin im Gefängsnis leben zu können, besuchte mich.... was guckst du so?"

 

"Das Glück im Gefängnis aufzuwachsen?"

 

"Mir ging es wirklich gut dort. Besser als ein Seziertisch."

 

"Ja, aber... es ist komisch für mich das nun alles zu hören. Damals war ich ja noch ein Kind und habe selbst nichts davon mitbekommen und später als Teenager, da warst du schon der angehende Superschurke der du heute bist, und war froh wie jeder andere wenn dich Metro Man ins Gefängnis befördert hat. Jetzt wo ich dich kenne, also so richtig... ist es komisch das von der anderen Seite zu hören, das klingt alles so grausam."

 

"Das liegt daran das es das auch ist, aber jeder hat wohl so seine Schattenzeiten im Leben", tat es Megamind leicht ab und schlürfte wieder an seinem Kakao, nur um noch vier Löffel Zucker hinein zu rühren.

 

"Ja... aber das klang vor einer Weile noch anders, und als du bei mir warst..."

 

"Ich weiß das ich da sehr... empfindlich wirkte... natürlich bin ich das nicht, aber jeder hat eben seine Tiefen", beendete er das Thema und schickte sich daran weiter zu erzählen.

 

Roxanne musste sich ein Lächeln verkneifen. Das war wieder der alte Megamind den sie seit Jahren kannte, der nie eine Schwäche offen zugeben würde. Womöglich sich selbst einredete das er keine hatte.

Als sie an den Megamind denken musste, den sie als Kranken in ihrer Wohnung gepflegt hatte, war es, als wären es zwei verschiedene Personen. Niemand in Metro City würde glauben das er so sein könnte, wo er doch sonst so angriffslustig und unzerrbrechlich in seinem Glauben war. Kein Mensch würde sich vorstellen können das der große Megamind einmal einen schlechten Tag haben könnte, geschweige denn irdische Gefühle in sich trug. Nun wurde ihr bewusst das sie großes Glück hatte ihm in dieser regnerischen Nacht zu begegnen, denn es hätte sich sicherlich nie wieder so eine Gelegenheit ergeben ihn so kennenzulernen.

 

"Jedenfalls besuchte mich Jane weiterhin, und tat viel mehr als verlangt wurde. Sie war der Grund das man mir Minion nicht wegnahm, man hatte befürchtet das wir zusammen eine Gefahr darstellen könnten, schließlich kämen zwei Köpfe auf noch größere und schlimmere Ideen. Sie dagegen glaubte das ich dann entgültig geschädigt werden würde und nie mehr eine Chance auf ein normales Leben außerhalb des Gefängnisses führen könnte.

Doch war ich an dieser Vermutung nicht ganz unschuldig. Eines Tages hatte ich mir durch alte Schrottteile und meinem Nucki ein Dreirad gebaut, mit dem ich die anderen Insassen befreien konnte. Auf der Flucht durch die Gänge radelte ich auf eine Wand zu und sprengte sie auf. Hinter der Wand erwartete mich sogleich Direktor Warden und das war der erste Knackpunkt in unserer Beziehung. Er hat lange gebraucht um mir das verzeihen zu können, doch damals konnte man noch den schlechten Einfluss der anderen Insassen einschieben. Ich..."

 

"Moment, moment. Deinen Nucki? Also deinen Schnuller?", fragte Roxanne verwirrt und hielt ihre Kakaotasse mitten in der Luft, als wäre sie versteinert oder als hätte sie vergessen davon zu trinken.

 

"Ja. Wenn du dich daran erinnerst, mein Vater hatte ihn mir gegeben und dieser ließ sich auch als Waffe einsetzen, die Blitze verursachte. Das erschütterte sein Vertrauen zu mir so sehr das ich in die Hochsicherheitszelle gesperrt wurde, mit einer dicken Eisentür, ohne Fenster, ohne Genossen. Nur Minion sollte meine Gesellschaft sein. Jane war nicht begeistert und versuchte auf ihn einzureden, doch half es nichts. So machte sie das Beste daraus und nahm sich noch mehr Zeit für mich als von ihr verlangt wurde. Sie kam sogar an freien Tagen oder in ihrer Freizeit. An den meisten Tagen brachte sie mir das Abendessen, brachte mir abgelegte Spielzeuge von ihren Kindern mit, Bauklötze und andere Spielsachen. Natürlich war ich geistig gesehen aus dem Alter raus, doch war es dann nicht mehr so leer und trostlos in der Zelle und natürlich fand ich dennoch immer wieder Verwendung dafür. Jane hatte mir in der Zeit das Gefühl geben können ein normaler Mensch zu sein, der eine Art Mutterersatz gefunden hatte.

 

Irgendwann kam sie bepackt mit vielen Farbeimern und begann meine Zellwände zu bemalen. Sie hatte durchsetzen können das ihr diese Bitte genehmigt wurde, schließlich sollte ich so kindgerecht wie möglich aufwachsen, doch ließ sich kein Maler finden, der bereit war in meiner Gegenwart seine Arbeit zu tun oder überhaupt einen Fuß ins Gefängnis setzte. So tat sie es selbst.

Sie nahm sich so oft die Zeit, wie sie es ermöglichen konnte und sie ließ mich auch mithelfen. Denn ich hatte von mir aus einen Pinsel genommen, ihn in grüne Farbe getaucht und begonnen die Wiese zu machen, die sie mit einem Stift vorgemalt hatte. Jane indes hatte den Himmel und die Wolken gemalt und später kamen noch die Tiere dazu. Sie waren nicht grandios gezeichnet, aber sie hatte sich viel Mühe gegeben. Ein Reh, einige Kaninchen, ein Eichhörnchen und andere Tiere, die sie nach und nach ausmalte. Gegenüber der Tür hatte sie einen großen Regenbogen gemalt und mit roter Farbe darunter geschrieben: Happy thoughts make happy Peaple.

Die Zelle ist bis heute so, ich habe es nie geändert", beendete Megamind seine Erzählung.

 

"Sie muss eine tolle Frau gewesen sein", sagte Roxanne, nahm den letzten Schluck von ihrem Kakao und starrte Gedankenverloren auf den Grund ihrer Tasse.

 

"Das ist sie."



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