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Stray

von

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So nah an meinem Herzen

Vorwort: Ich lasse jetzt ab und an Szenen aus, die für die Handlung nicht entscheidend wichtig sind, so dass es reicht, wenn ich nur erwähne, dass da wohl was war....wenn jemand gesteigertes Interesse hat, doch etwas davon zu lesen, darf er ruhig Laut geben :)
 

Stray

vol.15: So nah an meinem Herzen
 

Sakuya: Manchmal bist du unmöglich
 

Friendship is being there when someone's feeling low and not being afraid to kick them.
 

- Randy K. Milholland
 

Endlich waren wir alleine, und endlich waren die anderen ins Bett gegangen, und die Tür war hinter uns geschlossen, so dass ich fast zu meiner ersehnten Chance gekommen wäre, Mika zur Rede zu stellen.

Er hatte sich auf dem Heimweg eher still verhalten, wie ein Schatten an meiner Seite, und auch seine stumme Unterstützung, wie eine warme Flamme neben mir, als Valentin mir berichtet hatte, was Antti gesagt hatte, war mir nicht unbemerkt geblieben, wenn auch Jamie sein Bestes gegeben hatte, mich aufzumuntern und somit von Mika abzulenken, bis ich ihm irgendwann leise sagte, es wäre in Ordnung, ich sei nicht traurig.

Das war eine Lüge gewesen.

Im ersten Moment hatte ich wie vernichtet da gestanden, und nichts gefühlt; als dann wie eine Welle eine Art Agonie über mich hinwegrollte, war es zu spät, Antti hinterherzugehen, und ich weiß auch nicht sicher, ob es ich sonst getan hätte.

Das hatte ich nicht gewollt, das hatte ich nie gewollt, dass es ihm meinetwegen schlecht ging, und dazu sogar so schlecht, dass er nicht mehr sang.

Früher wäre so etwas für mich undenkbar gewesen, und auch jetzt fiel es mir noch schwer, es zu begreifen. Die Aufregung, den Blonden so sehr aufzuwühlen, war gänzlich geschwunden, und an ihrer Stelle schwärte nun ein schwarzer Klumpen in meinem Herzen, wie ein Tumor, der auf meine Seele drückte.

Ich hatte wirklich gedacht, als ich Antti damals getroffen hatte, ich würde zu einem besseren Menschen werden, und anfangen, Dinge in meinem Leben richtig zu machen, aber das schien nicht der Fall zu sein. Egal was ich tat, egal wohin ich mich wandte, ich schien Menschen, die mir etwas bedeuteten, zu verletzen; ich wollte eigentlich immer nur das leben, was ich in der Tiefe meines Herzens fühlte, und was ich schon immer für schön und wahr gehalten hatte, Freundschaft, Liebe, Freiheit; ich hatte immer gedacht, wenn ich stets versuchte, aufrecht durchs Leben zu gehen, meine Freunde zu beschützen, kompromisslos zu lieben, dann würde sich automatisch alles zum Guten wenden, und dann würde nie jemand leiden müssen, den ich liebte. Was war ich für ein Idiot gewesen!

Wenn ich etwas unternahm, verletzte ich Menschen; wenn ich nichts unternahm, auch.

Mika wäre fast meinetwegen gestorben, Antti hatte seine Stimme meinetwegen verloren, beides hatte ich nicht gewollt, trotzdem war es meine Schuld gewesen.

Am Ende hatte Karasu recht, und ich war immer schon schlecht für Antti gewesen?

Und Mika, anstatt da zu sein und mir zuzuhören, war immer stiller geworden, seine Miene immer versteinerter, auf dem Heimweg, und als sich Jamie und Junya ins Bett verabschiedet hatten, hatte er meinem kleinen Bruder nur ein „Nacht“, zugefaucht, ehe er selber kurz unter die Dusche verschwunden war, und das war für mich der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Meine eigene Laune war nicht unbedingt gut geworden, aber ich schaffte es, allen etwas von Müdigkeit zu erzählen, allen außer Mika; je weiter wir nach Hause gekommen waren, desto mehr war mein erstes Entsetzen in blinde Wut umgeschlagen, gepaart mit Schmerz, und einer intensiven Verachtung für mich selbst, die ich in dieser Form nicht kannte, sowie mit dem Wunsch, etwas zu zerschlagen oder zu schreien, den ich sehr wohl kannte. Es hatte mich all meine Beherrschung gekostet, nicht dem Druck in meiner Brust nachzugeben und hinauszubrüllen, was da in mir stak und mich peinigte; das hatte ich so nie erlebt, ich hatte selten Angst, die Beherrschung zu verlieren, auch wenn es vorkam, aber so aus der Stille heraus, und in die Leere hinein gerichtet, das war mir fremd, und reizte mich nur noch mehr.

Diese verschlossenen grünen Augen, als Mika jetzt in unser Zimmer gekommen war und die Tür zuzog; am liebsten hätte ich ihn gepackt und geschüttelt, damit er mit mir redete, gottverdammt, damit er mich anschrie, sich mit mir schlug, irgendetwas!

Aber er drehte sich nur um, als er mich sah, und zeigte mir die kalte Schulter, mich bewusst ignorierend.

„MIKA!“, brüllte ich jetzt doch, packte ihn an der Schulter, und riss ihn herum; smaragdene Augen funkelten mich jetzt voll schlecht unterdrückten Zornes an, und er stieß mich hart von sich.

„Fass mich nicht an!“

„Hör auf, mich zu verarschen! Glaubst du, ich merke das nicht? Glaubst du, ich kriege nicht mit, was hier abgeht? Ich hab keinen Bock auf deine Psychospiele, und ich lass mich von dir nicht als Puppe benutzen, an der du deinen Frust ablassen kannst!“

„Ach fick dich doch!“, raunzte er mich an, stieß mich wieder und trat näher zu mir, so dass wir jetzt dicht voreinander standen, ich fühlte seine Hand, die mich am Hemd packte, sah wie er für eine Sekunde nur die Zähne fletschte. „Es gibt immer nur dich, dich; und du bist ein Feigling, weißt du das? Ein Feigling!“

Ich schlug seine Hand weg und griff ihn meinerseits grob am Kragen, drückte ihn nach hinten, so dass er mit dem Rücken hart gegen den Schrank stieß. „Ah ja? Oh stimmt, verzeih mir, mal diesen, mal jenen Mann zu benutzen, um sich auszutoben, ist ja SO viel mutiger; damit man sich bloß nicht mit seinen Gefühlen auseinandersetzen muss! - Glaubst du ich bin blöd und krieg nicht mit, was hier gespielt wird? Du hast Schiss, du hast einfach nur Schiss, und du machst immer nur, worauf du grade Bock hast, weil nichts anderes in dein scheißrationales Weltbild passt, weil es total geil ist, an anderen Menschen seine Launen auszulassen, die dir ja eh scheißegal sind; hier wird mal einer gefickt und da einer erschossen, und oh, ich habs ja ganz vergessen, jetzt darf ich deine schlechte Laune abfangen, weil du dich nicht mehr von Karasu ficken lassen kannst, wenn du grad Lust dazu hast!!“ Ich weiß nicht, ob ich jemals so wütend gewesen war, oder so mit ihm geredet hatte, wahrscheinlich schon, aber erinnern konnte ich mich nicht daran.

Mir war sehr wohl bewusst, dass das, was wir hier vollzogen, nicht in eine echte Schlägerei ausarten würde, wahrscheinlich, es war nichts als Alphamännchengehabe, was allerdings in diesem Moment wenig Unterschied machte, ich war so unendlich wütend und verletzt.

Ich hatte die Schnauze voll. Wenn er mich verlachte, weil ich ihm zu sensibel war, schön und gut; aber ich ließ mich sicher nicht benutzen, nur weil er es NICHT war!

Ich wich grade schnell genug aus, dass ein gegen meinen Magen gerichteter Fausthieb nur meine Seite erwischte, und drückte Mika mit einem Ruck und dem Knie fester gegen den Schrank, so dass er kurz nach Luft schnappte.

„ACH LECK MICH DOCH!“, brüllte er dann los, den ganzen Körper angespannt, seine Augen loderten und waren zu Schlitzen verengt. „Das ist kein verdammtes Märchen, das ist das reale Leben, ja, und ich versuch auch nur, zu sehen, wo ich bleibe – du könntest mal ein Freund sein und mir helfen anstatt mir dein Weltbild aufzuzwingen, ICH HASSE DAS!“

Er entwand sich mir und stand jetzt mit dem Rücken zur Tür; ich war wie rasend vor Zorn, ich hatte einen Kloß in meiner Kehle, den ich nicht hinunterschlucken konnte, und ich sah sicher ebenso mordlüstern drein wie mein bester Freund, ebenso die Fäuste geballt, starrte ihn an wie ein Tiger vor dem Sprung, beinahe wäre ich ihm an die Kehle gegangen, doch zu seinem Glück war er Mika, und daher tötete ich ihn vorerst nicht, sondern trat nur so dicht vor ihn, dass er mir nicht ausweichen konnte, sondern nur meinen Blick kalt erwiderte, als ich ihn meinerseits wieder anschrie.

„Mika, ich LIEBE Antti, und er HASST mich, er kann nicht einmal meine Gegenwart ertragen, verstehst du das? Begreifst du überhaupt, was das HEIßT? Kannst du vielleicht für eine Nacht mal aufhören, mit dem Schwanz zu denken, und dich verhalten wie ein erwachsener Mann, und mir helfen?!“

„DU ARSCH“, brüllte er jetzt mit zornverzerrtem Gesicht und stieß mich plötzlich so fest von sich, dass ich mit dem Rücken gegen die Schranktür prallte und zischte, als mein Ellbogen gegen den Türknauf prallte. „Du verstehst gar nichts! Du willst Antti wieder, ich sage dir, okay, gehen wir zu ihm, da willst du nicht mehr! In einem Moment ist er für dich die Welt, im nächsten wieder ich, mein Gott, geh endlich zu ihm, oder lass es halt bleiben! Aber WAG es nicht, MIR zu sagen, ich wäre unreif! Du hast keine Ahnung, du, du....! Für dich ist die Welt so einfach, da gibt’s Leute die du liebst, und Leute die du hasst, und du findest IMMER NOCH Probleme, mit deinem Scheiß Pessimismus! Und ich hab immer versucht, dir zu helfen und dich wieder runterzubringen, aber du kommst ja seit Jahren mit deinem Gefühls-Mist angekrochen und zwingst mich, da mitzumachen; aber soll ich dir was sagen, es IST nicht so einfach!“ Ich wollte mich auf ihn stürzen, aber er war schneller, und stieß mich jetzt doch in den Bauch, so dass ich nach Atem rang, als er mich an den Schultern packte, wieder aufrecht gegen die Schranktür drückte, sein Gesicht nur Millimeter von meinem. „Kannst du dir überhaupt vorstellen, dass nicht alles Schwarz und Weiß ist; kannst du dir überhaupt vorstellen, wie scheiße das ist, wenn man was für jemanden empfindet, mit dem man überhaupt nichts zu tun haben WILL?“

Ich entkam ihm mit einem Ruck, hatte mich gewunden wie ein wildes Tier in der Schlinge, und ehe er mich neu packen konnte, hatte ich ausgeholt, brüllte vor Wut, und versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht, nicht allzu fest, da er dicht vor mir gestanden hatte und ich nicht ausholen konnte, aber ich spürte doch die Wucht des Aufpralls in meinen Knöcheln, und der Schlag war fest genug, dass er stolperte und nach hinten stürzte, sich im Fallen drehte und abrollte, keuchend auf dem Boden hockte und sich das Gesicht hielt, ich sah einen dünnen Blutfaden aus seiner Nase laufen, er sah aus wild glühenden Augen zu mir auf, und seine Kiefer mahlten mordlüstern; ich selber atmete schwer, die Hand noch immer geballt und erhoben, meine Knöchel prickelten leise vom Aufschlag.

Fast hätte ich mich wieder auf ihn gestürzt und mich doch an Ort und Stelle mit ihm geprügelt; erst dann kamen seine letzten Worte in meinem durch blinde Aggression kurzzeitig ausgesetzten Gehirn an, und ich starrte ihn einige Sekunden lang nur groß an, während er tief Luft holte.

„.....Moment, was?“

Mika senkte die Hand und starrte mich aus verengten Augen an, atmete nochmal tief ein, um dann lauter als vorher noch loszubrüllen. „AU!!“
 

Zwischenspiel: Karasu: Dämmerung
 

(...)

Die Luft geht fremd und rein.

Schielt nicht mit schiefem

Verführerblick

die Nacht mich an?...

Bleib stark, mein tapfres Herz!

Frag nicht: warum? -
 

(…)
 

- aus: Friedrich Nietzsche: Die Sonne sinkt
 

Karasu lag wach.

Es ging wahrscheinlich schon auf den Morgen zu; er meinte zu bemerken, dass das diffuse Grau im Zimmer, an das sich seine Augen gewöhnt hatten, langsam heller wurde, mit einer Andeutung jenes kalten Lichts eines frühen Morgens, das sich verstohlen und leise auf seine Instrumente legte, die jetzt stumm und unbelebt auf ihren Ständern ruhten.

Es war kühl im Raum, und er fröstelte ein wenig; die Decke lag ihm nur bis zum Bauch, aber er wollte sie nicht höher ziehen, aus Sorge, Antti zu wecken, der sich halb darin eingerollt hatte und schlief, mit dem Kopf an seiner Schulter, die Gesichtszüge jetzt, im Schlaf, entspannt und friedlich, wenn auch Schatten um seine Augen lagen, und seine Haare zerzaust waren.

Karasu wandte den Kopf, reckte ein wenig den Nacken, um seine Verspannung zu lösen, die sich durch das lange Liegen in dieser Position gebildet hatte. Anttis Atem strich regelmäßig und kalt über seinen nackten Arm, und die feinen Härchen des Dunkelhaarigen stellten sich auf in der Brise, aber er drehte nur den Unterarm ein wenig. Wenn er jetzt Anttis Kopf anhob, würde der wahrscheinlich aufwachen, da er leider einen sehr leichten Schlaf hatte, und er brauchte die Ruhe.

Karasu selber war erschöpft, er konnte sich nicht erinnern, in der letzten Zeit so fertig gewesen zu sein. Sein ganzer Körper schrie nach Schlaf, und seine Augen brannten, er spürte noch die Hitze des Auftritts in den Knochen, der ihn ausgebrannt hatte. Es war gut gewesen, es war großartig gewesen, auf der Bühne zu stehen, ganz in der Musik aufzugehen, besser als Sex, aber hinterher hatte er sich wie ausgespuckt gefühlt; er war völlig ekstatisch gewesen, es gab nur noch ihn und Jimi und Samir und Valentin, und sie schienen die Welt aus den Angeln heben zu können.

Dann kam aber langsam die Erschöpfung wie ein Hammerschlag, und nachdem das Adrenalin langsam aus seinen Adern gewichen war, folgte eine stumme Leere, und eine ziellose Wut, wie ein Hunger tief im Bauch, der durch nichts zu stillen war.
 

Antti hatte hinten auf ihn gewartet, wie er es ihm aufgetragen hatte; er schien sich etwas beruhigt zu haben. Als er ihn vor dem Auftritt gesprochen hatte, war er aufgelöst gewesen; nur langsam hatte er sich erklären können, und Karasu hatte es viel Mühe gekostet, ihn soweit zu beruhigen, dass er aufgehört hatte, zu weinen. Er hatte es geschafft, ihn zu überreden, hinten zu warten, ihm zu versichern dass er sich um alles kümmern würde, und dass alles gut werden würde. Und tatsächlich hatte Antti ausgehalten und gewartet.

Jimi und Samir hatten ihn erst nach dem Gig gesehen, aber Antti hatte ihnen nichts erzählt; er hatte sich emotional entschuldigt, was von beiden entrüstet abgetan wurde, und hatte sich ihre besorgten Nachfragen angehört, aber nichts weiter dazu gesagt, sich von Karasu nur um die Hüfte nehmen und aus der Hintertür hinausführen lassend, als noch mehr Bekannte die Auferstehung ihres Antti mitbekommen hatten und begannen, die kleine Truppe zu belagern.

Karasu hatte seine letzte verbleibende Energie darauf verwandt, die Meute zurückzubeißen und als Schild zwischen ihnen und seinem nur mit gesenktem Kopf dastehenden Freund zu fungieren, und ihn irgendwann endlich nach draußen bekommen, wo die kühle Nachtluft auch die letzte Erregung aus seinem eigenen Körper spülte und nur eine graue Taubheit zurückließ, ein schales Gefühl, das zurückblieb, als alle Süße geschwunden war.

Den Grund für Anttis Zusammenbruch, Sakuya, hatte er gesehen, und er war heilfroh, dass jener sich nicht von der Stelle gerührt hatte, sonst wäre er ihm wahrscheinlich sofort an die Kehle gegangen. Der war schließlich schuld an absolut allem! Das Leben war gut gewesen, ehe Sakuya gekommen war. Und gegangen. Und wieder zurückgekommen!

Zuhause hatte er Antti ins Bad geschickt, ihm einen Tee hingestellt, und war selber unter seine eigene Dusche verschwunden, das Gesicht in das heiße Wasser gereckt, wusch den Schweiß und das Makeup des Abends ab und den Rauchgeruch aus seinen Haaren. Seine Haut prickelte unter der Hitze, und Karasu wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht, um den Lidschatten abzuwischen, prustete ein wenig unter dem Wasserschwall; als er in Boxershorts, sich mit einem Handtuch die Haare trockenrubbeln und langsam die Schwere in seinem Körper spürend, aus dem Bad trat, merkte er, dass Antti noch immer unter der Dusche zu stehen schien, und so kam es dann, dass Karasu zu ihm hinunterging, den Duschvorhang zur Seite riss, den Zusammengekauerten am Arm nach oben zog und in ein Badetuch hüllte, ihn in sein Zimmer beorderte, wo er Antti etwas zum Anziehen hinwarf, während der sich langsam abtrocknete. Er hatte sich nicht einmal richtig gewaschen, seine Haare waren nass, aber verklebt vom Haarlack. Nur sein Makeup war schon seit Stunden fortgewaschen.

„Hier, zieh dir was über.“

Antti begann umständlich, sich in das T-Shirt zu kämpfen; seine Bewegungen waren langsam, und er schien zu frieren.

„Reiß dich zusammen. Ich hab keine Lust, dein Kindermädchen zu spielen.“

Wieder keine Antwort.

„Antti, ich habe immer bewundert wie stark du bist, aber dass du jetzt wegen eines Mannes so dicht machst, dafür hab ich kein Verständnis.“

Der Blonde zog sich den Kragen des T-Shirts über den Kopf und starrte nur zu Boden.

„Redest du jetzt nicht mehr mit mir?“

„Es tut mir so leid...“

„Was?“

„Was ich draußen zu dir gesagt hatte...vor dem Gig....das war unfair...das tut mir leid.“

Karasu brauchte ein ganze Weile, um sich zu erinnern, wovon sein Freund überhaupt sprach. „Ah. Das.“

„Bitte sei mir nicht böse.“

„Bist du bescheuert? Das war doch nicht so gemeint. Ich hab dir gesagt, ich will nicht mit dir befreundet sein; das war natürlich Unsinn, ich dachte das weißt du! Das ist doch jetzt auch völlig -“ „Ich bin dir so dankbar!“

Karasu stockte. „Wofür?“

Antti zog die Beine an und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Du bist der beste Freund, den ich mir wünschen könnte. Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich machen würde; ehrlich, ich bin unglaublich froh, dass es dich gibt.“ Er sah kurz auf. „Und ich... Weinst du?“

„Spinnst du?“ Karasu rieb sich über ein Auge und sah Antti düster an. „Natürlich nicht!“

„Okay....“ Antti legte das Kinn auf die Knie; der Kleinere ließ sich neben ihn fallen, seine Beine wurden schwer, als sie endlich von der Last des Körpers befreit waren, auf der weichen Decke.

„Das mit deinem Saku tut mir leid.“

„Du wolltest doch eh nie, dass wir zusammen sind.“

„Ich will aber auch nicht, dass du dein Leben seinetwegen wegwirfst.“

„Mache ich ja gar -“

„Halt mal die Klappe. Gestern Abend, das war gut; du warst zwar total reizbar, und ja, du hast einige Dinge gesagt, die ziemlich scheiße waren, und gut gings dir nicht. Aber du warst da, und du warst du selbst, und du warst bereit aufzustehen und zu kämpfen, das mag ich so an dir. Aber das, das...das ist nicht deine Schuld. Guck mich nicht so an. Ich weiß, dass du dir das nicht ausgesucht hast. Aber ich muss dir das ehrlich sagen, als ein Freund: So kenne ich dich nicht, und so will ich dich nie wieder erleben. Hast du das verstanden?“

Antti starrte wieder zu Boden und nickte nur stumm.

„Antti.“

Schweigen.

„Antti!“

„Was!“

„Ob du mich verstanden hast!“

„Ich bin kein kleines Kind! Ich brauche dich nicht, um mir zu sagen, wie ich mit meinem Problemen umgehen soll, du könnest mir lieber helfen; mir geht’s total beschissen, Karasu, ich weiß nicht mehr was ich...“ Er brach ab, drückte beide Handflächen aufs Gesicht. „Ich weiß nicht...“ Er schluchzte auf.

„Ja, ich weiß.“ Karasu zögerte kurz, legte dann einen Arm um Anttis Schulter. „Ich hab dir vorhin gesagt, wenn es dir schlecht geht, dann ist das in Ordnung; wenn es gar nicht mehr geht, dann sag mir Bescheid, und ich übernehme. Aber ich mache das nur für den Mann, mit dem ich Trottel mich angefreundet habe, und nicht für das weinerliche Mädchen, das vor seinem Ex den Schwanz einkneift.“

„Und was bitte soll ich deiner Meinung nach tun?“, murmelte Antti heiser.

Karasu festigte etwas seinen Griff, der Blonde lehnte sich an ihn. „...Entweder du stehst auf und kämpfst, oder du scheißt auf ihn.“
 

„Bist du nicht müde?“

Antti lag an Karasus Schulter, die Decke bis zu den Schultern hochgezogen, die Augen nur noch schmale Schlitze, schon halb in Träumen schwimmend. Sein Körper an der Seite des Bassisten war warm und anschmiegsam und schwer von Erschöpfung. Sie hatten sicher eine Stunde, trotz der fortgeschrittenen Zeit, noch geredet, Karasu hatte versucht Antti die Verzweiflung zu nehmen, war infolge dessen aber selber immer reizbarer geworden und musste, anstatt zuzuhören, sich selber nur zusammenreißen. Antti war immer stiller geworden und immer mehr in sich zusammengesunken, bis Karasu ihn irgendwann mit sich auf die Matratze gezogen und ihn zugedeckt hatte; er selber spürte die Mattigkeit in jedem Muskel, doch schlug sein Herz hart, die frischen Verletzungen auf seiner Haut brannten, auch ohne dass er sie berührte.

„Ich bin nicht müde. Schlaf nur.“

„....Kann ich dich was fragen?“ Anttis Stimme kam sehr leise und etwas zögerlich, wirkte aber kaum mehr verschlafen, und als Karasu den Kopf wandte, sah er ein Paar meergrüner Augen direkt auf sich gerichtet.

„Du willst mich das gleiche fragen wie heut Abend, oder?“

„Ich weiß, das ging zu weit, und du willst nicht darüber reden, aber...“

„Ja.“

„Hm?“

„Die Antwort ist ja. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich hab das nie gewollt. Ich will das immer noch nicht. Ich dachte, er ist mir egal.“

„Und das ist er nicht?“, fragte Antti fast unhörbar. Karasu sah an ihm vorbei an die Decke, den weichen Körper des Blonden im Arm haltend, einen Arm hinter dem Kopf.

„Weiß ich nicht.“

„Weißt du es nicht, oder willst du es nicht wissen?“

„Ich muss ständig an ihn denken. Dass er nicht mehr zurückkommt...das ist hart. Ich hatte für einen Moment gedacht, dass ich ihm wichtig bin, weißt du; das ist seine Schuld. Aber alle wollen ja immer nur Sakuya.“ Karasus Stimme klang bitter, er musste nicht mehr ergänzen: Niemals mich.

„Karasu....?“ Antti richtete sich halb auf und sah Karasu aus vor Müdigkeit dunklen, sanften Augen an. „Du....empfindest wirklich was für ihn....nach der ganzen Zeit...oder?“

„Ich hasse ihn!“ Karasu fauchte und zog die Brauen zusammen, starrte mit zusammengebissenen Zähnen an die Decke.

Antti sah ihn eine ganze Weile an, ohne sich zu rühren, ließ sich ganz vorsichtig, wie um seinen Freund nicht aufzuschrecken, wieder zurücksinken. „Ich glaube nicht, dass er es ist, den du hasst...ich glaube, du hasst es, dass du ihn nicht hassen kannst.“

„Doch. Ich hasse ihn. Und, Antti.“

„Hm?“

„Ich werd jetzt ganz bestimmt nicht emotional werden, so wie du das wahrscheinlich gern hättest.“

„Ich weiß.“

„Das ist außerdem deine Schuld, dass mir das passiert ist. Ich hab das nicht gewollt. Wenn du nicht wärst, könnte ich in Ruhe allein sein, aber du ziehst mich ja immer in deinen Scheiß mit rein.“

Antti versuchte, die Lider offenzuhalten; sein Kopf lag schwer auf Karasus Schulter. „Ich bin froh, dass ich bei dir sein kann, damit du nicht alleine sein musst, Karasu...das hast du nicht verdient...“ Seine Augen fielen ihm zu.

Der Dunkelhaarige starrte wie betäubt an die Decke, alle Glieder schwer, Anttis Körper neben ihm schien das einzige, das ihn noch in der Wirklichkeit verankerte, das warme Gewicht auf seinem Arm ließ den Drang, an einer der noch roten Schnitte an seinem anderen Arm herumzukratzen, fast absurd stark werden, und Karasu schloss die Augen, atmete tief ein; Antti roch nach Rauch und Haarlack und seinem Parfüm.

„Nein, weißt du was, du kannst mich Timo nennen.“

„Hmm. Timo.“ Der Blonde lächelte matt, kaum mehr als ein Zucken der Mundwinkel. „...Weißt du, die Leute“, murmelte Antti, halb im Schlaf, die Augen schon geschlossen, seine Stimme verwehte fast wieder an Karasus Schulter. „die haben keine Ahnung; auch wenn du alle beleidigst und irgendwie jeden hasst außer mir, du bist der tollste Mensch der Welt, und ich liebe dich wirklich sehr.“

Sein Atem ging schon eine Weile ruhig, als Karasu den Kopf wandte, und ihn lange ansah; seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Sentimentaler Idiot.“
 

Jetzt dämmerte es wirklich, und Anttis Atem auf Karasus Arm sorgte bei diesem für eine Gänsehaut. Er seufzte und drehte wiederum ein wenig den Nacken.

Es hatte auch etwas Tröstliches, den Freund neben sich schlafen zu spüren; vor allem war es mehr als angenehm, ihn einmal nicht traurig zu sehen, wenn das auch vielleicht nicht von Dauer war.

Damit sollte Schluss sein. Er, Karasu, würde diesen Zustand so nicht hinnehmen. Weder, dass Antti sich wegen jemandem unglücklich machte, der ihn gar nicht verdient hatte, noch, dass er selber unerwartet heftig davon getroffen worden war, dass sich Mika doch nichts aus ihm machte.

Nur ganz kurz, nur wenige Stunden lang, hatte er das geglaubt, aber diese wenigen Stunden waren genug gewesen, sein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen, alles zu zertrümmern, woran er so viele Jahre lang so sorgfältig gebaut hatte, seine Unantastbarkeit. Lange Jahre hatte er gebraucht, um Antti in seine uneinnehmbare Festung zu lassen, und selbst den nicht bis ins Allerheiligste, und es stellte sich heraus, dass Antti es weit mehr verdient hätte als jener Bastard, den er viel zu schnell viel zu nah an sich herangelassen hatte, aus dem einzigen bescheuerten Grund, dass er sich in dessen Gegenwart wohl gefühlt hatte, nichts weiter!

Vielleicht war seine große Stärke seine Schwäche geworden; vielleicht war er viel zu leicht zu umgarnen gewesen, weil er sich für gewöhnlich mit niemandem so intensiv abgab. Entweder waren andere Menschen Sexualpartner ODER man konnte einigermaßen mit ihnen reden, aber beides, doch eher nicht. Der einzige seiner wenigen Freunde, oder vielleicht mochte man es eher guten Bekannten nennen, mit dem er je geschlafen hatte, war Marius gewesen, und das hatte sich nicht als Dauerlösung erwiesen. Mari war auf seine ganz eigene Art nicht unattraktiv, wenn auch nicht Karasus Typ, und leidenschaftlich genug beim Sex, aber... Es hatte einfach nicht gepasst.

Genauso wenig, wie er mit ihm endlos würde reden können. Marius war dafür einer jener seltenen Menschen, mit denen er gemeinsam schweigen konnte.

Nicht, dass irgendjemand ihm das jemals glauben würde. Aber wenn Mari dasselbe von ihm erzählte, begegnete man ihm ja auch mit Unglauben.

Doch es war ja klar gewesen, dass, in dem von ihm vorher angenommen unmöglichen Fall, dass auf der Welt tatsächlich eine Person existierte, die unglaublich sexy war und zugleich intelligent, mit einem leisen rauen Lachen, bei dem sich einem alle Nackenhaare aufstellten, und einem hervorragenden Geschmack in Musik und Literatur, und diese eine Person unter allen Erdenbewohnern es dem ansonsten talentierten, aber leider in dieser Hinsicht komplett hirnlosen Antti gleichtun musste und es vorzog, den Boden zu küssen, auf dem dieser arrogante, psychopathische, tuntige, niveaulose und außerdem hässliche Sakuya wandelte!

Das schien ja ein neuer Trend zu sein in dieser Stadt; wusste der Teufel warum!

Aber natürlich, in welcher Welt hätte Mika ihn Sakuya vorziehen wollen; klar, jener hatte all diese Fehler, aber er schien bei den Leuten unheimlich gut anzukommen, und wahrscheinlich fickte er verflucht gut, anders war es doch nicht erklärbar!

Wogegen er selber, na, er war selber schuld. Er hatte es ja nicht anders gewollt, als nicht gut bei anderen Leuten anzukommen.

Zudem, es war doch nie anders gewesen. Schon damals, als er sich noch bemüht hatte, wurde er außen vorgelassen und verstoßen, war immer die Nummer zwei gewesen, niemand hatte sich jemals für ihn interessiert, wenn er die Wahl gehabt hatte. Irgendwann hatte er sich dann zusammengerissen und diesen Weg freiwillig beschritten, und seitdem war er so viel glücklicher, so viel freier, oder nicht? Wer nichts erwartete, konnte auch nicht enttäuscht werden.

Wenn er fort wäre, gäbe es niemanden, der ihn vermissen würde, außer vielleicht Antti, es sei denn jener hätte seinen Sakuya wieder; verdammt, wahrscheinlich würde es außer Antti nicht einmal jemand MERKEN!

Anstatt ein Dorn im Fleisch der Gesellschaft zu sein, war er einfach nur derjenige, für den man sich kurz erwärmte, aber nicht wirklich interessierte; nicht für ihn als Person, als Timo.

Der Plan war aufgegangen.

Warum fühlte sich das so scheiße an? Am liebsten würde er jemanden aus dem Bett klingeln, jemanden der sich aufregen würde, so wie Mari, oder Jimi, oder Valentin, das wäre super, dieser war so leicht zu provozieren; und ihm so lange auf den Geist gehen, bis er ihm den ganzen restlichen Tag verdorben hätte.

Ah, oder, da gab es eine bessere Idee. Er hatte es Antti selbst gesagt. Dieser Zustand war unhaltbar. Er würde das nicht hinnehmen. Er würde nicht zulassen, dass er sich so fühlte. Und er würde auch nicht zulassen, dass Antti sich so fühlte. Seit Jahren war er derjenige gewesen, der auf Antti aufgepasst hatte, weil der es selber nicht konnte; der hatte im Gegenzug die lästigen sozialen Pflichten übernommen, und klagte vor allem nicht, eine schöne Symbiose. Und da Antti jetzt an einem Punkt in seinem Leben zu stehen schien, an dem er alleine nicht weiter wusste, hieß das wohl wieder, er selber musste die Dinge in die Hand nehmen. Er würde das zu einem schnellen Ende bringen. Auf seine Weise.

Doch zunächst...

„Antti.“

Karasu ruckte mit dem Arm, der blonde Finne stöhnte leise im Schlaf. Sein Freund riss ihm unsanft den Arm unter dem Kopf weg und seufzte erleichtert, als endlich der beständige Luftzug auf seiner Haut verschwand.

„Wach auf!“

Der Sänger blinzelte, wirkte benebelt, den Mund halb offen; er war unsanft nach hinten gefallen, als ihm sein Kissen entzogen worden war, und er war nicht der Typ Mensch, der schnell wach wurde, ungeachtet seines leichten Schlafes. „....mitä...?“

„Komm, steh auf, mir reichts.“

Antti realisierte langsam genug seiner Umgebung, um sich klarzuwerden, dass er in Deutschland war, und erlangte etwas langsamer die korrespondierende Fähigkeit, entsprechend zu antworten, vorerst auf eher ausreichende Art. „... wasn lo'?“ Anttis Haare waren zerrupft und standen in alle Richtungen ab, und seine Augen waren verquollen und blutunterlaufen, wirklich kein sehr attraktiver Anblick, wenn man nicht auf halbnackte, verkatert wirkende Skandinavier stand. Der Abend hatte seinen Preis gefordert, und die vielen Tränen wohl nicht minder.

„Verpiss dich aus meinem Bett, ich bin müde, ich will schlafen.“

„Alter.“ Antti stöhnte langgezogen auf und ließ den Kopf ins Kissen plumpsen, das er sich nebenher auch noch gestohlen hatte. „Dann schlaf doch! So dick bin ich auch nicht! Und lass mich auch schlafen...“ Den letzten Satz hatte er mehr in die Daunen gemurmelt als laut gesagt, driftete schon wieder ins Traumland ab.

Karasu stieß ihn mit dem Bein halb aus dem Bett, Antti reagierte gerade rechtzeitig und krallte sich an der Matratze fest. „Ich will meine Ruhe, ich kann nicht schlafen, wenn du mich die ganze Zeit anhechelst, außerdem bist du scheiße heiß. Geh in dein eigenes Bett.“

„Hast du sie noch alle? In meinem Zimmer ist seit heute Nachmittag das Fenster auf!“

„Na und, ist das mein Problem??“

Antti stöhnte wiederum genervt und kämpfte sich an seinen Platz zurück. „Das ist doch nicht dein Ernst! Es ist nichtmal hell! Du kannst mich jetzt nicht einfach rauswerfen!“

„Ich kann nicht schlafen, wenn du in meinem Bett liegst.“

„Na SCHÖN.“ Der Blonde ließ sich mehr aus dem Bett fallen, als dass er aufstand, rieb sich den Nacken, er stand etwas zusammengesackt da, als wäre sein Körper noch halb im Schlaf, die Schultern unter dem dünnen schwarzen T-Shirt Karasus gesenkt, seine nackten Füße tappten fast lautlos auf dem Boden, als er seinen schlanken Körper mehr zur Tür schleppte als ging. „Dann schlaf gut.“

„Zieh dir halt einen Pullover oder sowas über!“, rief Karasu ihm nach, endlich sein Kissen zu sich ziehend und mit beiden Fäusten in Form klopfend.

„Jaja. Du mich auch.“

„Nimm dir morgen nichts vor, ehe ich wach bin. Ich hab was geplant mit dir.“

„Was?“ Ein blonder Schopf schob sich wieder durch den Türspalt.

„Gute Nacht, Antti.“
 

Sakuya: Wie kleine Kinder
 

When dealing with people, let us remember we are not dealing with creatures of logic. We are dealing with creatures of emotion, creatures bustling with prejudices and motivated by pride and vanity.
 

- Dale Carnegie
 

Die Tür flog auf, und als wir beiden den Kopf herumrissen, fiel unser Blick zeitgleich auf einen ziemlich gereizt aussehenden Diego.

Er wirkte, als habe er gerade ins Bett gehen wollen – oder war wahrscheinlich schon im Bett gewesen, wie mir etwas später bewusst wurde - , seine langen Haare waren offen, ein seltener Anblick, und fielen ihm schwarz über den bloßen Rücken, viel länger als meine, doch auch nicht so glatt und schwer; er trug nur eine leichte Hose, sein sehniger Körper, hagerer, als es bekleidet den Anschein hatte, versperrte die Tür wie der eines vom Himmel herabgestiegenen Racheengels, und genauso sah er uns auch an.

„Habt ihr zwei sie eigentlich noch alle? ZUM TEUFEL, WISST IHR WIE SPÄT ES IST??“

„Wir -“

„Was MACHT ihr eigentlich hier? Sag mal, hast du ihm ernsthaft eine reingehauen? Könnt ihr das nicht draußen machen, wie sonst auch?“

„Es ist nicht wie sonst“, fauchte Mika und stand jetzt langsam auf, sich mit einer Hand ein wenig Blut aus dem Gesicht wischend.

„Fuchs, mein Gott, nimm dir ein Taschentuch, das ist ja ekelhaft! Was soll das heißen, es ist nicht wie sonst?“

Mika warf mir in genau dem Augenblick einen düsteren Blick zu, in dem ich das gleiche tat. Wir kamen dennoch nicht dazu zu antworten, weil Diego uns wieder unterbrach.

„Es ist verdammt nochmal IMMER so, wenn ihr euch streitet, und es ist immer irgendein bescheuerter, lächerlicher Grund, und ich kann es nicht fassen, dass ich das zu zwei erwachsenen, intelligenten Männern sage, aber andere Leute versuchen hier, zu schlafen, und ehrlich, Gewalt ist doch keine Lösung. Alle paar Wochen sticht euch der Hafer, und ihr schlagt euch die Köpfe ein, als wärt ihr fünfzehn; geht’s eigentlich noch? - Wenn ihr als zivilisierte Männer gelten wollt, dann benehmt euch verdammt noch eins auch so, andere schaffens ja auch!“

„Du verstehst das nicht...!“

„Was? Dass ihr euch SCHON WIEDER emotional total unreif verhaltet? Klärt das, was immer es ist, und dann seid verflucht nochmal ruhig, ich hab meinen Schlaf bitter nötig!“

Er trat wieder in den kleinen Flur und knallte heftiger als nötig die Tür hinter sich zu, öffnete sie dann gleich darauf wieder. „Und wenn ihr morgen früher aufsteht, lasst mich und die anderen schlafen; Yuen ist krank, Yuki geht’s immer noch nicht gut, und Ilja ist die Nacht wach bei den Zwillingen. - Wir haben eine neue Matratze besorgt, falls ihr noch eine zweite braucht; ich hab sie vor eure Tür gestellt. Gute Nacht.“

Und wieder fiel die Tür ins Schloss, nur geringfügig sanfter.
 

Es war totenstill, nachdem er wieder die Treppe hinauf in seinem Zimmer verschwunden war, ich sagte nichts, Mika sagte nichts, betastete nur seine Nase und schniefte ein wenig; ich atmete tief ein und aus. Mein Freund musterte das Blut an seinen Fingerspitzen, sah dann zu mir.

„Hast du mal ein Taschentuch oder sowas?“

Ich suchte in meinen Taschen. „Hier.“

„Danke.“

Mir war warm, aber die Wut, die ich zuvor noch gespürt hatte, war wie fortgeweht, nur noch eine dumpfe Leere war geblieben, ein nagendes Gefühl, im Unrecht zu sein, und etwas wie verletzter Stolz, und dann, als ich meinen Mantel an einen Haken an der Wand gehängt hatte, fiel mir Mikas letzter Satz wieder ein, und ich drehte mich zu ihm um. „Was hast du gesagt?“

Er hatte den Kopf im Nacken liegen, fing gerade das letzte bisschen Blut mit dem Tuch auf, seine Stimme klang nasal durch das Taschentuch. „'chab ngar nichts ngsagt.“

„Ich meine vorhin. Gib mal her.“ Ich nahm ihm das Tuch ab und inspizierte sein Gesicht.

„Du Hund hast mir fast die Nase gebrochen.“

„Ja, ich weiß. Tut mir leid. Tuts weh?“

Er zuckte die Schultern. Wir standen eine Weile schweigend voreinander; ich wollte mich eigentlich noch einmal angemessen entschuldigen, aber auf der anderen Seite, war ich nicht als Einziger an dem Streit beteiligt gewesen, zudem war ich bei unserem letzten Kampf schon derjenige gewesen, der sich entschuldigt hatte, insofern wäre es nur fair, wenn er einmal eingestehen würde, dass er übertrieben hatte, es wäre nicht das erste Mal. Mika ging nicht sehr gut mit seinen Aggressionen um.

Irgendwann überbrückte er einfach die Distanz zwischen uns, indem er mich mit einer Hand am Hemdkragen nahm und sich an mich zog, den Kopf auf meine Schulter legte, und ich legte beide Arme um ihn, spürte wie sich seine Hände auf meinen Rücken legten, seinen Atem an meinem Nacken.
 

Just like on the day we met

You pulling on me like a cigarette

So like the sea holds to the shore

I'm going to keep you ever close
 

„Du blutest mir aufs Hemd.“

„Hast du verdient.“

„Ja, ich weiß.“

„Du hattest recht, ich wollte dich provozieren. Tut mir leid. Wenn ich dich nicht hätte anschreien können, wär ich explodiert.“

„Ja...ist in Ordnung. Willst du mir jetzt sagen, was los ist?“

„Hast du das noch nicht gemerkt?“

Er ließ mich los und sackte aufs Bett, ich setzte mich neben ihn und rutschte nach hinten an die Wand, Mika legte den Kopf auf meinen Schoß, ließ ein Bein von der Bettkante baumeln, wenn der düstere Blick nicht gewesen, den er mir zuwarf, und an seine Nase tippte, ich hätte fast vergessen, dass wir gestritten hatten; aber Diego hatte leider recht, manchmal passierte es einfach, entweder fing er an oder ich, und es war NIE wegen wichtiger Dinge, bis auf dieses eine Mal natürlich. Ich hatte gedacht, wir wären langsam daraus hinausgewachsen, aber wie es schien, war tatsächlich wieder alles wie vorher. Genauso, wie ich es mir gewünscht hatte.

So, wie er jetzt auf meinem Schoß lag, auf dem Rücken, die Augen geschlossen, leicht mit einem Bein wippend, und ich sein warmes Gewicht an meinem Bein spürte, vertraut, und unglaublich beruhigend in dem Wissen, dass ich nicht der einzige fühlende Mensch in meinem geheimen Winkel der Nacht war, wie früher.

Wahrscheinlich sah es kindisch aus, wie wir hier lagen, und lange Zeit nicht sprachen, und wahrscheinlich war es das auch, aber ich empfand es als tröstlich, wir hatten schon immer so beieinander gelegen, wenn wir versuchten, zur Ruhe zu kommen, und würden es wahrscheinlich noch tun, selbst wenn wir achtzig Jahre alt würden.

Es war komisch, ich erinnerte mich so gut an früher, auch wenn es unendlich lange her schien, wie mehrere Leben entfernt; ich erinnerte mich an die Zeit, als unsere Väter noch lebten, und wir uns zum Spielen getroffen hatten. Oh, schon damals hatten wir gerauft, wahrscheinlich war es eine Gewohnheit geworden.

Und nach dem Anschlag, als wir auf einmal Waisen und obdachlos gewesen waren, auch wenn man sicher nach uns gesucht hatte – doch an so etwas hatten wir in diesem Alter nicht gedacht, sonst wäre sicher einiges anders gelaufen; wir waren einfach fortgerannt – hatten wir auch immer so gelegen, ich erinnere mich, dass wir auch tagsüber einander an der Hand gehalten hatten, und ich weiß noch, dass ich entsetzliche Angst gehabt hatte, dass ich dieses letzte lebende Wesen an meiner Seite auch noch verlieren würde.

Mika war damals schon so schmal gewesen, und er hatte immer diese klugen Augen und das wilde, ansteckende Lachen gehabt; selbst damals. Es war sogar für mich schwer vorherzusagen, wann seine Stimmung umschlagen würde.

Und auch, wenn wir beide seitdem viel älter geworden waren, viel größer, an Muskeln und Narben und Traumata zugelegt hatten, irgendwie war es immer noch wie früher, und der schlanke, kaltblütige Mann an meiner Seite war immer noch mein Gefährte von damals.

„Wie geht’s dir wegen Antti?“, fragte er leise. Ich sah, dass Mika an einem Nagel kaute, wahrscheinlich ohne es selber zu bemerken.

„Nicht so gut.“

„Du kannst nichts dafür, dass es ihm schlechtgeht, du hast nichts getan. Mir tut er auch leid, aber mach dich nicht seinetwegen fertig. Wenn du willst, gehen wir morgen zu ihm und fragen, wie es ihm geht, okay?“

„Karasu würde mir die Augen auskratzen.“

Mika seufzte. „Ja, das mit Sicherheit.“

„Und nein... Ich glaube nicht, dass es gut ist, ihn zu sehen. Für mich, meine ich, und für ihn wahrscheinlich auch nicht. - Ich habe ihn schon viel zu viel gesehen, du siehst ja was passiert. Ich will ihn wirklich einfach nur vergessen. Und mich am besten niemals wieder in jemanden verlieben. Es wäre alles so einfach...“

„Mmh, das sagst du jetzt, weil wir ausnahmsweise sonst keine Probleme haben.“

„Doch. Yuen.“

„Aaah. Ja. Der Arme. Ich dachte wirklich, dieses Mal schafft er es länger.“

„Haben wir noch genug Tabletten im Haus?“

„Ich denke. Ilja ist ja bei ihnen, er wird sich kümmern. Vielleicht kriegt Minh dann auch ein bisschen Ruhe.“

„Was, wenn sein Bruder unter Drogen am Boden liegt? Sicherlich nicht. Aber es ist gut, dass Ilja da ist.“

„Mmh.“

Ich strich ihm gedankenverloren durchs Haar. „Es ist aber mein Ernst. Wenn ich Antti wiedersähe, dann...ich weiß nicht. Ich habe so lange versucht, ihn zu vergessen, und stehe jetzt innerhalb weniger Tage fast wieder bei Null.“

„He, Saku.“ Mika rollte sich ein wenig auf meinem Bein herum, so dass er mich ansehen konnte. „Ich habe mehrmals mit Antti gesprochen, als du weg warst, er hat dich fast genauso sehr vermisst wie ich; die Trennung von dir war ein Fehler, und das habe ich ihm auch gesagt. Und deswegen geht es ihm jetzt auch so schlecht; weil du ihm fehlst, und es tut ihm weh, dich zu sehen.“

Ich schwieg eine Weile und zwang das leise Stechen in meinem Herzen zum Schweigen. „Ich weiß.“

„Warum gehst du also so auf Distanz? Ich dachte, du wolltest, dass wieder alles ist wie vorher.“

„Das...nein, das will ich nicht. - Ich will keine Beziehung mehr, ich will niemals wieder in jemanden verliebt sein. Ich bin nicht wie du, ich bin nicht stark und kann meine Gefühle mit dem Kopf steuern. Wenn er mich wieder verlässt, dann ist das mein Ende, dann könnte ich nie wieder jemandem vertrauen, aber das will ich ja, weißt du; nach all den Jahren will ich Freunde haben und eine Familie und Menschen, bei denen ich mich sicher fühlen kann. - Aber wenn ich zu Antti gehe, und er mich verlässt, dann kann ich nie wieder sicher fühlen. Ich habe so viele Jahre dafür gearbeitet, ich will das auf keinen Fall verlieren. Und deswegen...auch wenn es kindisch klingt, will ich mich niemals wieder in jemanden verlieben.“

„Sakuya...“ er seufzte, stützte sich auf die Ellbogen und sah mir jetzt direkt ins Gesicht. „Dafür ist es doch lange zu spät. - Du kannst doch gar nicht anders, als immer verliebt zu sein, so bist du eben.“

„Seit wann bist du in Karasu verliebt?“ Ich wusste nicht, warum ich es in diesem Moment gefragt hatte; er hatte recht gehabt vorher, natürlich konnte ich mir in etwa denken, was er mit seinem Satz gemeint hatte, die Frage war dennoch ein Schuss ins Blaue gewesen.

Wie es schien, hatte ich aber getroffen; Mika setzte sich auf und neben mich an die Wand.

„Es ist nicht so, wie du denkst.“

Er hatte einen Finger an den Lippen, sah kurz ins Leere, dann mich an, aus konzentrierten grünen Augen; es war zwar dunkel im Zimmer, aber ich brauchte kein Licht, um seine Mimik zu deuten. Er war verunsichert.

„Ich dachte, dir gefiel nur sein Körper.“

„Ja. Ja, das tut er auch noch.“ Er seufzte leise, ließ den Kopf nach hinten an die Wand sinken. „Ich meine, verdammt. Hast du ihn gesehen heute?“

„Mein Fall ist er nicht. - Ja, du hast recht, aber dir hat doch noch nie ein Mann so sehr gefallen, vorher fiel er dir ja auch nicht auf.“

„Saku, jemanden aus zehn Metern Entfernung auf der Bühne zu sehen, und jemanden aus zehn Metern Entfernung auf der Bühne zu sehen und sich dabei an Sex mit ihm zu erinnern, sind zwei völlig verschiedene Dinge.“

„Wir reden hier aber nicht von Sex.“

„Nein...wenns nur so wäre...“ Er hob den Kopf kurz an und ließ ihn dann wieder mit einem dumpfen Pochen gegen die Wand fallen. „Deswegen bin ich ja so wütend, weißt du? Ich dachte, es war okay mit ihm, solange es anhielt; ich hatte meinen Spaß, und das wars. Er ist ja nicht die Art Person, die ich gern haben würde. Ich meine, wir kamen miteinander aus, man kann mit ihm reden, aber er hat diese üblen Stimmungsschwankungen, und dann ist da diese Sache mit dem Ritzen...“

„Hm.“ Ich sah ihn mit zur Seite gelegtem Kopf lange an, er schwieg eine ganze Zeit. „Seine schlechten Seiten kenne ich schon, ja. Was ist es jetzt, was du für ihn empfindest?“

„Es ist nicht viel, es ist...“ Er biss sich auf die Lippe. „Weißt du, als diese Sache mit ihm anfing, da hat es nichts bedeutet, ihm nicht und mir auch nicht... Es war seine Idee, um ehrlich zu sein; wir wussten beide von Anfang an dass das zu nichts führt, ich war mit dem Kopf ohnehin nur bei dir, und er wollte sowieso niemanden. Das war perfekt. Die ersten Male...“ Er zögerte kurz und senkte den Kopf etwas, sprach leiser. „...ja, die ersten Male, da hab ich... ich war total einsam, als du weg warst, weißt du, und ich hab immer nur diese Nacht im Kopf gehabt, und ich musste immer an dich denken. Und das wusste er auch, das war ihm egal. Wahrscheinlich fand er das sogar ganz gut, auf die Art konnte er sicher sein dass ich ihm nicht zu nah komme. Aber was er eben nicht wusste, ist, dass ich das nach einer Weile nicht mehr gedacht hab. Es war mir egal, wer er war. - Es war mir natürlich nicht VÖLLIG egal...du weißt schon.... Es hat mich nicht gestört, dass ER es war.“

„Naja, das ist mehr, als die meisten Leute von ihm denken.“

Mika haute mich leicht in die Seite. „Halt die Klappe. - Weißt du, es war gut; mir ging es wirklich extrem beschissen, und bei ihm ging es mir besser, ich war nicht allein, ich war...äh...entspannt. Ich hab mir nichts dabei gedacht. Wenn ich einen schlechten Tag hatte, also noch schlechter, bin ich zu ihm. Wir hatten ja beide was davon.

Und es war wirklich schön; er ist ja nicht der zutrauliche Typ, aber wenn wir miteinander im Bett waren, war er wirklich....zärtlich. Beim Sex nicht, aber hinterher...das war schön. Er hat mich festgehalten, das tat gut; nach ein paar Wochen wusste er ziemlich genau, was ich mag, und hat sich danach gerichtet; ja, glaub es oder nicht, ich schwöre es war so. Vielleicht brauchte er das für sein Ego, zutrauen würde ich es ihm.

Dann, als ich diese Sache getan habe...als ich mir den Arm aufgeschnitten habe, letzte Woche?“ Ich nickte. „Ich weiß auch nicht...ich bin aufgewacht, und... er war da, er war die ganze Nacht da gewesen, und er hat sich um mich gekümmert, hat mich getröstet, und mich geküsst, und das tat so gut... Ich weiß nicht, das war anders als sonst, aber auf eine gute Art. Und ich wollte nicht, dass er damit wieder aufhört.

Jetzt sehe ich ihn im Eden wieder, und ich habe seit Freitag kein Wort mit ihm gewechselt, und er ist trotzdem wie ausgetauscht; ich weiß nicht, ob ich ihn küssen oder schlagen will, irgendwie beides.

Er war ja schon die ganze Zeit launisch, und oft auch schlecht gelaunt, als ich da war, so ist er eben, aber am Freitag dachte ich halt nicht... Ich weiß nicht, das hat sich einfach angefühlt wie etwas Besonderes, und jetzt, wo alles ist als wäre nie was gewesen... das ist scheiße. Das ist richtig scheiße. Und das dachte ich mir, als ich ihn im Eden gesehen habe.

Und eigentlich bin ich nur wütend auf ihn, dass er mich so vorgeführt hat, aber auf der anderen Seite – ich muss die ganze Zeit an ihn denken, und ich kann diesen Freitag einfach nicht vergessen. Heute Abend, als ich ihn gesehen habe, da war es echt schwer, ihn nicht einfach zu berühren. Und ich bin so – sauer! Warum macht er das mit mir, diese Scheiße, mich so ins Chaos zu stürzen, dass ich nichtmal mehr weiß woran ich bin!“ Er schlug ein drittes Mal den Kopf gegen die Wand, jetzt eindeutig verärgert; ich legte ihm einen Arm um die Schulter und wartete, bis er seinen Atem gewaltsam beruhigt hatte und wieder etwas entspannter war. „Schon gut, geht wieder.“

„Wenn du die ganze Zeit an ihn denken musst...meinst du dann...“

„Naja, nicht die GANZE Zeit...nur oft.“

„Okay. Also wenn du so oft an ihn denkst,... … Bist du verliebt in ihn?“

„Nein. Nein, das ist es nicht, er.... Er ist mir nicht egal. Ich fange langsam an, wirklich etwas für ihn zu empfinden, mehr als bisher, und das ist beschissen, weil unsere Affäre gerade vorbei ist, und ich überhaupt nichts mehr mit ihm zu tun haben will! Kannst du dir vorstellen, was das für ein Gefühl ist, wenn du jemandem nahe sein willst, den du nichtmal leiden kannst?“

„Nein...“

„Ich habe bis jetzt nichts drauf gegeben, weil ich ja ehrlich andere Sachen im Kopf hatte, mit dir und so, und als ich ihn heute Abend da sah, zuerst, da war es, wie...kennst du das, wenn du an einem windigen Tag durch die Straßen gehst, und auf einmal trifft dich eine plötzliche Bö so frontal, dass du für eine Sekunde keine Luft bekommst? - Ich war nur wütend auf ihn, weil er mich so hat links liegen lassen, auch wenn ich weiß, ich sollte das nicht sein, weil die Sache zwischen uns ja vorüber ist. Ich merkte nur, wenn ich ihn ansah, er gefällt mir gut, ich weiß dass er nicht der bestaussehende Mann der Welt ist, aber das ist mir eigentlich auch egal, mich hätte in dem Moment sowieso kein anderer interessiert. Wenn er spricht, wenn er mal lacht, das geht viel tiefer, als bei normalen Menschen. Da vorn auf der Bühne, das war so unglaublich, unglaublich sexy, ich hätte schreien können. Und als dann der Auftritt vorbei war, und ich wusste, er ist jetzt fort, und als ich dann darüber nachdachte, fiel mir auf einmal auf: immer, wenn ich ihn mir ins Gedächtnis rufe, schlägt mein Herz einen Takt schneller. Und das war der Moment, in dem ich mir nur noch dachte: Ooooh... FUCK. Verstehst du? - Das ist die größte Scheiße, die mir hätte passieren können. Du musst mir helfen.“

„Was? Ich meine – wie? Wobei?“

„Du musst mir helfen, das loszuwerden, ehe es zu spät ist. Ich will das nicht! Ich will nicht, dass er das weiß, und ich will mich nicht mit einer anderen Person belasten, und ich will mich nicht verletzen lassen, und am wenigsten von allen will ich mich in jemanden verlieben, jetzt, wo ich gerade mein eigenes Leben wieder auf die Reihe kriege!“
 

Er wollte danach nicht weiter mit mir darüber reden. Ich hatte ein-, zweimal versucht, ihn darauf anzusprechen, aber er blockte ab und wich aus.

Ich fragte mich, was es war, dass es ihm so schwer machte, während ich ihn von der Seite her beobachtete; er saß auf meinem Bett, an die Wand gelehnt, einen Fingernagel zwischen den Zähnen, und starrte mit leicht zusammengezogenen Brauen ins Halbdunkel vor sich. Doch eigentlich wusste ich es sogar schon.

Das Leben war so viel einfacher gewesen, ehe wir begonnen hatten, andere Menschen hineinzulassen. Sicher, es war auch trauriger gewesen, aber wir hatten uns; wir wussten woran wir waren, und dass wir uns immer aufeinander verlassen konnten.

Das jetzt, das war vielleicht eine Welt, die wir nicht verstehen konnten. Vielleicht hatten wir die Fähigkeit verloren, zu lernen, wie man liebt.

Für mich war es eine Sache, ich hatte meine Bücher, ich hatte meine Gedichte, ich verliebte mich in Menschen, die mich die Realität vergessen ließen; doch für jemanden, der sich Nietzsche zum Maßstab machte, waren doch andere Menschen eher eine Last, Gefühle ein Ärgernis, und Intimitäten kamen einem Machtkampf gleich.

Das verstand ich schon, ohne dass er mir mehr sagte, und daher gab ich es auch auf, weiter in ihn dringen zu wollen.

Genauso, wie Mika selber war, ungezähmt, gnadenlos, ein wenig kaltherzig, und in ständigem Kampf mit sich und der Welt – auf der Außenseite charmant, redegewandt, charismatisch, und innerlich doch auch wie ein wildes Tier, das nach Vernichtung hungerte, nach Verleugnung jeglichen Wertes, nihilistisch, immer nach Dominanz strebend – genauso langweilten ihn alle seine Verehrer und Verehrerinnen, die nicht eine gewisse selbstzerstörerische Ader an sich hatten; Mika reizte nur das Chaos.

Und genau deswegen waren seine Leidenschaften kurz, heftig, und schnell wieder vorüber; kaum jemand schaffte es, sein Interesse länger zu fesseln, und ihm fiel es schwer, tiefergehende Gefühle für andere Menschen zu entwickeln.

Vermutlich war all dies ein Grund, warum Karasu ihn wie ein Donnerschlag getroffen und so auf seinem Kurs ins Straucheln gebracht hatte.

Jemand wie Antti, jemand wie einer unserer Mitbewohner, selbst Rose, der noch von allen wahrscheinlich am ehesten fähig wäre, Mikas Aufmerksamkeit zu erringen, könnte es wahrscheinlich niemals wirklich zu mehr bringen als einem Spielzeug, mit dem er sich einige Momente beschäftigte, es dann zur Seite legte und einfach vergaß.

Als Freund war er verlässlich, loyal, herzlich; jeder hier war glücklich, ihn als Beschützer und Ratgeber zur Seite zu haben, doch sich in ihn zu verlieben, war wahrscheinlich für die meisten Menschen eine Sackgasse. Nun, außer für mich vielleicht, doch wir waren ja ohnehin immer schon zusammen gewesen, ich musste seine Aufmerksamkeit nicht mehr fesseln; sie gehörte mir sowieso meist ungeteilt.

Was er mir erzählt hatte, das hatte ich so noch nie gehört, nicht einmal über Nessa, die es bisher am längsten noch mit ihm ausgehalten hatte, mehrere Monate sogar, ehe er auch sie hatte fallen lassen, wie alle anderen zuvor. Ich war nicht sicher, was genau sich geändert hatte. Aber es schien ihn bis in die Grundfesten erschüttert zu haben.

Doch auch, wenn Mika sich jetzt die Lippen leckte nach einem wütenden, selbstzerstörerischen Geist; ein Flirt mit Karasu wäre für meinen besten Freund in seinem momentanen Zustand wie ein Flirt mit einem tollwütigen Hund, und ich war nicht sicher, ob ich das zulassen konnte.

Karasu war rücksichtslos und egoistisch; er könnte Mika zerbrechen, ohne es selber überhaupt zu merken.

Mika war noch immer aufgewühlt. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich merkte in einem leichten Flackern in seinem Blick, an einer etwas ausweichenden Körperhaltung, an der Art, wie er versuchte, zu lächeln, dass er noch immer Angst hatte, dass die Ereignisse der vergangenen Woche für ihn noch lange nicht vorüber waren, und dass er mich brauchte. Er war mir viel zu kostbar und zerbrechlich, und ich musste ihn um jeden Preis schützen, notfalls vor sich selbst.
 

Ich sagte ihm das so ähnlich, als wir im Bett lagen; es musste schon langsam wieder auf den Morgen zugehen, bedenkt man, wie spät wir erst heimgekommen waren, doch sonderlich müde waren wir beide nicht schnell geworden. Jetzt erst, wo wir träge nebeneinander lagen, kam der Schlaf langsam angekrochen.

Mika lachte; es klang auch etwas müde, und ich spürte sein Gewicht sich an meiner Seite verschieben, als er sich auf die Seite drehte, in meine Richtung. „Ich fürchte, das kannst nicht einmal du; du kannst mich doch gar nicht kontrollieren.“

„Kann ich nicht?“ Ich hörte ihn förmlich grinsen; er erwischte mich ein wenig mit dem Ellbogen, als er sich aufstützte.

„Oh, entschuldige. - Nein. - Aber es ist schön, dass du wieder da bist...so beruhigend...wie früher...“ Er legte sich wieder hin, ich fühlte seinen Atem kurz an meiner Wange und drehte den Kopf leicht zu ihm. Ein wenig sah ich seine Augen für eine Sekunde lang in einem verirrten Lichtstrahl der Led-Leuchte unserer Stereoanlage funkeln. „...Ich mag das...ich schlaf gern neben dir ein. Ich hör gern deine Stimme.“ Er gähnte leise.

„Ich weiß“, murmelte ich, legte einen Arm unter meinen Kopf, Mikas Finger lagen auf meinem Bauch. „Ich auch. Ich bin froh, dass du wieder bei mir bist; du bist ja wie ein Teil von mir.“

„Na klar. Du bist mein einziger Bruder.“ Ich hörte ihn schläfrig lachen und noch einmal leise gähnen. „Nur, dass du außerdem noch sexy bist.“

Ich schnaubte leise durch die Nase und grinste ein wenig. „Mika.“

„Hm?“

„Du auch.“

Er lachte. „Dann hast du ja nichts dagegen, wenn ich dich als mein Eigentum beanspruche.“

„Ich gehöre dir, das weißt du doch.“ Ich stieß ihn leicht an. „Aber tu mir einen Gefallen.“

„Kommt darauf an. Welchen?“

„Du hast auf dem Gig ohne Vorwarnung meinen Hals geküsst....“

Mika lachte dreckig auf und unterbrach damit meinen Satz, aber nur leise, ich spürte seine kurzen Nägel Momente lang über meinen Bauch fahren, ehe seine Hand wieder zum Ruhen kam. „Oh, ja, ich konnte nicht anders, du kennst mich. Hat dir gefallen, oder?“ Ich hörte förmlich sein Grinsen beim letzten Satz; der war gemeint gewesen, mich zu ärgern, denn er wusste natürlich ganz genau, dass ich an manchen Stellen so furchtbar empfindlich war, und was er gemacht hatte, hatte ja ganz bewusst darauf abgezielt, mich an einem solch schwachen Punkt zu treffen.

„Ich hab dir schonmal verziehen; beiß nicht die Hand, die dich füttert.“ Ich stieß ihn wieder scherzhaft in die Seite.

„Aaaah. Spielverderber. Bis zu dieser Nacht hat es dich ja nie gestört.“ Ich meinte, eine leise Unsicherheit in seiner Stimme zu hören, und er zog seine Hand ein wenig fort; ich hob den Arm und hielt sie fest, ehe er sie ganz wegziehen konnte, verschränkte meine Finger mit seinen.

„Nein, ich mag deine Nähe.“

„Ich mag deine auch.“ Ich merkte, wie er sich etwas entspannte, sein Daumen strich über meinen Handrücken. „Siehst du, deswegen will ich mich gar nicht richtig in jemand anderen verlieben; mir reicht es, wenn du da bist.“

„Ich reiche dir schon völlig aus?“

„Du reichst mir schon völlig, ja.“ Er kicherte, wurde dann aber wieder ernst. „Ich brauche nur dich.“

„Das weiß ich. Und das geht mir auch so. Aber was du da gemacht hast, war unfair.“ Meine Stimme war leise, ich hatte die Augen offen, und sah in der Dunkelheit nur seinen Schemen neben mir.

„Ja, und das tut mir leid, ich hab mich heut Abend wie ein Arsch verhalten. Ich habe Karasu da vorn stehen sehen, und ich weiß nicht, ich musste dich küssen, ihn konnte ich ja nicht.“

„Mmh.“

„Saku....?“

„Als das mit ihm losging.....ging es dir da nicht genauso, umgekehrt, auf mich bezogen?“

„Nicht ganz genau. Ein bisschen. Ja. Dumm, oder?“

„Nein...ich würde sagen, das ist diese für dich typische Ruhelosigkeit. Ein innerer Ehrgeiz.“

„Ah. Schön gesagt.“

„Wen willst du jetzt....ihn oder mich? Ich frage nur aus Interesse; du verwirrst mich nämlich ein klein wenig.“

„Hmm. Schon klar. - Naja... du bist mein bester Freund. Er ist.... Aaah. Ich will ihn. Ich meine, ich will wieder Sex mit ihm.“ Ich hörte ihn leise und etwas frustriert seufzen.

„Du hast vorhin gesagt, du willst den Gedanken an ihn loswerden.“

„Ja...ich weiß.“

„Denk nicht so viel darüber nach. Sex wird ohnehin völlig überbewertet.“

„Haha. Das erzählst du mir. Und du liegst nicht nachts wach und denkst an Antti?“

„Nein...ja...schon...das ist was anderes. Für ihn empfinde ich ja auch noch etwas.“ Ich biss mir etwas auf die Lippe und ärgerte mich über mich selber; er hatte natürlich recht. Der Sex mit Antti hatte mir den Atem geraubt, und ich müsste tot sein, keine Sehnsucht nach seinem Körper zu verspüren, nach jedem einzelnen wunderschönen Zentimeter davon.

Ich fühlte Mikas Atem über meinen Hals streichen und hatte seinen Geruch in der Nase, ein wenig herb und noch vermischt mit dem Rauch aus dem Eden; seine Hand glitt wieder leicht über meinen Bauch, und ich hörte ihn leise an meinem Ohr schnurren. „Es ist überhaupt nichts anderes, Saku. Ich kenne dich mein ganzes Leben lang; ich weiß, dass du auch nur ein Mann bist.“

Ich spürte einen warmen Hauch ein wenig nach unten wandern, und lag dann überrascht ganz still, als ich fast unmerklich die Bewegung seiner Lippen an meinem Hals spürte.

„Du vermisst ihn... Du vermisst seine Berührungen, seine verdorbene finnische Zunge...du willst wieder sein süßes Stöhnen hören...seine Haut schmecken...“

Ein weicher Kuss traf auf die samtige Haut unter meinem Ohr, und ich spürte für eine Sekunde eine warme Zungenspitze, ehe er sich wieder etwas zurückzog. Die feinen Haare in meinem Nacken stellten sich auf, als sein kühlerer Atem mich wieder traf, und ich schloss die Augen.

„Mh, ich mag das, wie sensibel du bist; das sieht man dir gar nicht an, wenn man dich nicht kennt.“ Er lachte leise und etwas rau, und ich spürte wieder, wie seine etwas trockenen Lippen an meiner Haut nippten, ganz zart daran saugten, und wie er mit den Zähnen kurz nur darüber fuhr, an der Stelle, an der ich am Empfindlichsten war; eine Berührung, die einen heißen Blitz durch meinen Körper sandte, und ein Zittern, ehe er noch einmal spielerisch in mein Ohrläppchen biss, und wieder abließ; ich biss mir auf die Lippe, um ein leises Stöhnen zu unterdrücken; er kannte meinen Körper und seine Reaktionen fast so gut wie ich selber.

„Du elender Sadist....!“

Er lachte wieder, fuhr mir mit seiner weichen Zunge wie um Verzeihung bittend über den Hals, was mich erschauern ließ, ehe er sich schließlich neben mir niedersinken ließ, eine Hand nach wie vor auf meinem Bauch mit meiner verschränkt, welche sich etwas um seine Finger verkrampft hatte bei seinem Kuss.

Ich atmete tief durch, wagte es, wieder die Augen zu öffnen, und den anderen Arm um ihn zu legen. Sein Körper war warm und fest und entspannte sich in meinem Halten, als wäre er nicht diese ruhelose Seele, die ich kannte und liebte.

„Du solltest wirklich zu Antti gehen“, murmelte er leise, sein Gesicht war so dicht an meinem, dass er fast tonlos sprechen konnte.

„Ich hab doch dich“, erwiderte ich genauso leise, spürte die feinen Erhebungen des Tattoos auf seinem muskulösen Rücken unter meinen Fingerspitzen.

„Das ist einfach nicht das gleiche....Saku...“

Ich schwieg.
 

Zwischenspiel: Marius: Cherish
 

The moon hanging in the wavering night and

the staring star streaming town.

In the shaking crevice within the floating clouds

is holding your hand alright?

The romance that passed a short distance a dilemma I can't take a step on.

The thought wavers that I want to tell you while I say I love you

There isn't a way for this withering flower who's never bloomed the color of love.

(…)

If it's a promise you can't keep then you didn't want it from the start

You're looking at someone even just the profile only the me you like.

(…)

When I think of 'I love you' even just that makes me too happy.

(…)
 

aus: SuG: Cherish
 

Marius lag auf seinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, die Beine lang ausgestreckt; seine Augen waren halb geschlossen, während er immer wieder ein Wort flüsterte. „Fuck...fuck...fuck...“

Er warf sich herum auf den Bauch, griff sich eins seiner Kissen und vergrub das Gesicht darin; er meinte, seine Mutter von unten rufen zu hören, war sich aber nicht sicher über die Musik hinweg, die sein Zimmer erfüllte; Cherish von SuG.

Er liebte dieses Lied heiß und innig, und üblicherweise munterte es ihn auf, jetzt aber, jetzt passte der Text viel zu gut, um ihm noch gute Laune zu bereiten. Vielleicht war es der wenige Schlaf, den er bekommen hatte, oder der Hunger, denn er hatte seit dem Vortag nichts gegessen, aber sein Magen lag zusammengekrampft wie ein kleiner Ball in seinem Bauch, und seine Finger zitterten zu sehr, um zu nähen; seine Sachen hatte er wie so oft einfach vom Bett auf den Boden geschoben, so dass jetzt kein Treten mehr möglich war.

Wiederum warf sich Marius herum und starrte an die Decke, mit den lackierten Nägeln einen unruhigen Takt an die Schrankwand in seinem Rücken trommelnd.

Vielleicht sollte er etwas essen, aber er wollte nicht auf seine Mutter treffen; den ganzen restlichen Tag bis zu diesem Abend, seit er am frühen Nachmittag schon von der Arbeit gekommen war, hatte er damit verbracht, den Haushalt zu machen und sich um die Wäsche zu kümmern, während die ältere Frau mit Schmerzen und Depressionen in ihrem Schlafzimmer saß, manchmal konnte er sie durch die Tür weinen hören, und das Geräusch traf ihn jedes Mal so sehr, dass er am liebsten das Geschirr in seiner Hand gegen die Wand geworfen hätte, aber irgendwann schienen ihre Medikamente zu wirken, oder sie war einfach eingeschlafen, und endlich war die Hausarbeit erledigt.

Eigentlich hatte er an einem Mantel weiternähen wollen, aber er konnte nicht.

Karasus Worte vom Vortag fielen ihm ein; er sollte sich nichts aus der Zurückweisung anderer Leute machen, und für gewöhnlich tat er das ja auch nicht. Der Bassist war ein netter Kerl, das fand Marius, wenn man erst einmal sein Art ignorierte; man wusste, ob er einen mochte, oder nicht, und Mari schien er zu mögen, zumindest hatte er leise auf ihn eingeredet, versucht ihn zu ermutigen; die Gegenwart des Jüngeren empfand Marius persönlich immer als beruhigend, zumindest wenn niemand sonst in der Nähe war, und Karasu seine solidarische Seite zeigte.

Marius wusste, dass jener Respekt vor ihm hatte, und schätzte dessen Angebot, ihm unter die Arme zu greifen, wann immer er es brauchte, weil er wusste, dass es ehrlich gemeint war; aber genauso wusste Karasu, dass Marius immer ablehnen würde, und so hatte er es in diesem Fall auch getan. Weder den beruhigend kühlen Bassisten noch den gluckenhaften Antti konnte er zurzeit um sich ertragen; genauer gesagt, niemanden.

Marius war immer schon ein Mensch gewesen, der gern unter Leuten war, der schnell Freunde fand, und ihre Nähe suchte; doch sein Leben hatte auch eine andere Seite, und diese hielt er bewusst im Hintergrund; er wollte nicht, dass sie alles andere veränderte.

So blieb er meist für sich, wenn es ihm nicht gut ging; wenn er mit niemandem sprach und niemanden sehen wollte, war das nie ein gutes Zeichen.

Marius rollte sich zu einer Kugel zusammen und knüllte sein Kissen in den Armen. Es war warm im Zimmer, und ein wenig stickig, aber ihm fehlte die Motivation, das Fenster zu öffnen. Überall lag seine Kleidung herum, Reste von Zuschnitten, Teile von Swans Bühnenoutfits; und leere Tassen belegten den ganzen Platz neben dem kleinen Notebook, über das er seine Musik hörte und das den Raum in ein flimmerndes Licht tauchte; der wenige verbliebene Platz war mit kleinen Memorabilia bedeckt, eine Wand bedeckten Fotos seiner Freunde und von Parties, die restlichen Wände waren großteils mit J-Rock-Postern und Flyern beklebt, eine Ecke lag voller Schuhe, die einzige Fensterbank belegte eine Hello Kitty, und auf seinem Schreibtisch sammelten sich zurückgesandte Bewerbungsschreiben auf der einen Seite und Arztrechnungen auf der anderen, dazwischen seine Lesebrille und ein Ordner mit alten Rechnungen; auf einem Beistelltisch stand sein Lebensinhalt, seine Nähmaschine. In einem Käfig in der Ecke, auf der anderen Seite des Fensters, tobten seine drei Rattenmädchen auf ihrem kleinen Häuschen herum.

Marius fuhr sich durch das zweifarbige Haar und stöhnte leise.

Es war ja seine eigene Schuld gewesen, er hätte nur ein einziges Mal in seinem Leben die Klappe halten sollen; er hatte es schließlich besser gewusst! Wenn er auch nur eine Sekunde lang darüber nachgedacht hätte, was er sagte...! Aber das tat er ja nie.

Jetzt war Yuki einfach weg, nachdem er ihn mit diesem seltsamen Blick angesehen hatte, diesem Blick...

Fast ein bisschen angeekelt, oder wirkte es nur so in seiner Erinnerung?

„Fuuuuuuuck.“

Marius pfefferte sein Kissen auf den Boden und schlug die Hände über den Kopf, auf dem Bauch liegend. Ihm war zum Heulen zumute, doch er fühlte sich so ausgebrannt, als könnte sein Körper nie wieder Tränen produzieren. Alles in ihm war heiß und fest und schmerzte.

Yukio war so eine süße Person, lebhaft, freundlich, sexy, halb unschuldig, halb verrucht, mit einem nicht ganz idealen Musikgeschmack leider, aber dafür mit zum Sterben schönen goldbraunen Mandelaugen und einem Lächeln, bei dem die Sonne aufging.

Marius drückte das Gesicht in seine Matratze, die Augen geschlossen, als könnte er noch Spuren von Yukios Duft darin erhaschen. Dessen schmaler warmer Körper, seine weichen Lippen, sein leises Seufzen als Mari ihn nahm, und seine sanft bestimmende Dominanz bei ihrem zweiten Mal; alles war perfekt gewesen, und dann hatte Marius alles kaputtgemacht, obwohl er genau wusste, obwohl ihm völlig klar hätte gewesen sein müssen, dass seine Worte den blonden Halbjapaner verletzen würden!

Seine Mutter hatte ja recht, er hatte mit vielen Männern geschlafen, und er fand es auch nicht schwer, jemanden zu finden, aufgrund seiner Art; er selber mochte seinen Körper nicht, fand ihn zu weich, zu unmännlich, und sein Gesicht war langweilig, wirkte ungeschminkt immer übermüdet; er verbrachte nicht ohne Grund Stunde um Stunde im Bad. Dass er noch einmal jemanden wie Yukio bekommen würde, das glaubte er auf keinen Fall, und das wollte er auch gar nicht!

Jetzt war Yuki weg und kam nicht mehr wieder, und er müsste froh sein darüber, denn diese Affäre hatte schon viel zu lange gedauert und widersprach damit seinen eigenen Grundsätzen; aber es hätte nicht auf diese Art enden sollen.

Wie sollte er denn jetzt noch vor die Tür gehen, in dem Wissen, dass Yukio so nahebei wohnte? Ein Wunder, dass sie sich nicht bereits zuvor über den Weg gelaufen waren! Doch wenn einer ins Eden ging, und einer ins Karfunkel, und sie ansonsten unter sich blieben, vielleicht auch nicht zu erstaunlich.

Er würde das Karfunkel in Zukunft meiden müssen.

Marius richtete sich auf und kauerte sich im Schneidersitz vor sein Notebook, das auf einem Tischchen am Fußende des Bettes stand, um die Band zu wechseln. Er trug nur eine zerschnittene Jeans und ein T-Shirt an diesem Tag, und war ungeschminkt; wären seine Haare nicht, würde man ihn wahrscheinlich nicht wiedererkennen.

Yuki hatte ihn ungeschminkt gesehen an ihrem ersten Morgen. Yuki hatte gesagt, Mari sähe süß aus.

Es hätte alles so perfekt und zwanglos sein können.
 

Fluttering scales, I forgot to swim with flapping scales.

I only looked at you through the glass

I misted the glass with a sigh and

wrote my feelings with a finger, but they didn´t reach you.

The movement of your lips sang a love song.

I imitated it and sang with you.

It turned into bubbles and disappeared.
 

Ja, alles wäre so schön und einfach gewesen, wenn er nicht so ein Idiot gewesen wäre und das einzige gesagt hätte, was Yuki hätte verjagen können. Jetzt konnte er nicht einmal mehr zu ihm gehen und sich entschuldigen; selbst wenn er es täte, wie könnte er ihm noch in die Augen sehen?

Dabei täte er in diesem Moment alles für einen weiteren Blick in diese Augen.

Verdammte attraktive Asiaten!
 

Jamie: Kaffee & Morgenlicht
 

"Vergiß der Traurigkeit, die sich verlor

Ins ferne Spiel der Wasser, und der Zeit

Versunkner Tage. Singt der Wind ins Ohr

Dir seine Schwermut, höre nicht sein Leid.
 

Laß ab von Weinen. Bei den Toten unten

Im Schattenlande werden bald wir wohnen

Und ewig schlafen in den Tiefen drunten,

In den verborgenen Städten der Dämonen.
 

Dort wird uns Einsamkeit die Lider schließen.

Wir hören nichts in unserer Hallen Räumen,

Die Fische nur, die durch die Fenster schießen,

Und leisen Wind in den Korallenbäumen.
 

Wir werden immer beieinander bleiben

Im schattenhaften Walde auf dem Grunde.

Die gleiche Woge wird uns dunkel treiben,

Und gleiche Träume trinkt der Kuß vom Munde.
 

Der Tod ist sanft. Und die uns niemand gab,

Er gibt uns Heimat. Und er trägt uns weich

In seinem Mantel in das dunkle Grab,

Wo viele schlafen schon im stillen Reich."
 

aus: Paul Boldt: Der Tod der Liebenden
 

Ich rieb mir die Augen; meine Nacht war nicht gut gewesen, ich hatte schlecht einschlafen können, da mir der ganze Abend noch im Kopf herumschwirrte; die Beziehung zwischen meinem Bruder und Fuchs, Antti, und das was ich im Eden zufällig überhört hatte; und gerade, als ich mich unter meiner Decke in einen unruhigen Schlaf gewälzt hatte, war Junya in mein Zimmer gekommen und hatte mich geweckt, unabsichtlich wahrscheinlich, und ich hatte mir nichts anmerken lassen, war zu müde gewesen, um auf seine um mich gelegten Arme zu reagieren, dennoch lag ich darauf wieder sehr lange wach, spürte seinen Herzschlag an meinem Rücken und lauschte seinem langsam ruhiger gehenden Atem.

Als ich aufgewacht war, war er schon wieder weg; ich wusste nicht wieso, ohnehin verstand ich ihn immer weniger, er war so liebevoll und fürsorglich mir gegenüber, und doch wirkte er so kühl, und wie er mich manchmal festhielt, als könnte ich ihm fortlaufen, tat gelegentlich weh, doch ich sagte ihm das nicht. Nur, wenn wir alleine waren, schien er entspannt; ich fand das sehr schade, denn im Gegensatz zu ihm genoss ich die Gesellschaft der anderen Bewohner sehr, und das ganz ohne die Hintergedanken, die er mir bereits unterstellt hatte.

Jetzt, im ersten Licht des neuen Tages, erwartete ich nicht, jemanden anzutreffen, auch wenn Junya nicht an meiner Seite war; dennoch fiel mein Blick, als ich augenreibend die Treppe hinab ins Wohnzimmer kam, auf einen mit angezogenen Beinen auf dem Sofa kauernden Yukio, eine dampfende Tasse in den Händen, in die er gedankenversunken starrte, jedoch den Blick hob und mir eines seiner lieben Lächeln zuwarf, als er mich herankommen hörte.

„Hey. Morgen.“

„Morgen.“ Ich zögerte kurz, kam dann zu ihm und setzte mich neben ihn. „...Wie geht’s dir?“

„Nicht so gut“, murmelte er in seine Tasse, nahm einen kleinen Schluck, bot mir dann die Tasse an. „Möchtest du Kaffee?“

„Ist der schwarz?“

„Hmm.“

„Nein...danke.“

Er nickte und nahm dann einen weiteren Schluck, stellte die Tasse ab und lächelte mich matt von der Seite her an. Er wirkte blass, unter seinen braunen Augen lagen Schatten, vielleicht war er auch einfach nur ungeschminkt, ich konnte so etwas immer schon schlecht erkennen; er trug nur eine alte Jeans und einen weiten grau-weiß gestreiften Pullover, in dessen Kapuze seine feinen hellblonden Haare fielen. „Tut mir leid wegen Junya.“

„Was?“ Ich blinzelte ihn verwirrt an.

„Na, dass ich dich geküsst hatte, neulich. Ich hatte nicht drüber nachgedacht. Tut mir leid.“

„Ach so.“ Jetzt dämmerte es mir, und ich fuhr mir etwas verlegen durch die vom Schlaf noch zerzausten kohlschwarzen Haare. „Das ist nicht schlimm. Ich meine, mich stört es nicht.“ Ich schwieg eine Weile, sah ihn dann wieder an. „Wieso Junya, hat er dich drauf angesprochen?“

„Hmm.“ Yukio wich meinem Blick aus. „Ja, er kam zu mir; ich dachte er hätte dir das gesagt.“

„Was hat er denn gesagt?“ Ich war irritiert.

„Nichts Besonderes“, murmelte Yuki, sah mich nicht an, als er die Tasse auf dem Wohnzimmertisch abstellte. „Er war ein bisschen eifersüchtig, das war alles.“

„Tut mir leid.“

„Jamie, hör bitte auf, dich bei jedem für alles zu entschuldigen, du kannst nicht für jede Kleinigkeit in der Welt etwas. Er hatte ja Recht; ich meine, wenn ich einen Freund hätte, ich meine, noch hätte, dann fände ich das ja auch, ich weiß nicht, komisch.“

Ich sah diesen Schatten durch seine Augen ziehen, und sah ihn ein wenig verzweifelt an, versuchte, das Thema zu wechseln. „Und...hast du gut geschlafen?“

Yukio schwieg eine ganze Weile, strich sich mit einer schmalen Hand eine helle Strähne hinters Ohr, und warf mir dann einen langen, undeutbaren Blick zu; selbst angesichts seines hübschen, unschuldigen Puppengesichts wurde ich nach wenigen Sekunden rot. „Jamie.....“

„Hmmm...?“

„Bitte lass das.“

„Tut mir...“ Ich biss mir auf die Lippe und senkte dann, mir verschämt den Nacken reibend, den Blick.

Ich sah wieder kurz auf, als ich spürte, wie Yuki etwas näher zu mir rutschte; er sah mich aber nicht an, sondern abwesend nach vorn. „Nein, ich hab total beschissen geschlafen. Mir geht diese Sache nicht aus dem Kopf...“ Seine Stimme wurde immer leiser und versagte ihm dann ganz, und als ich ihn ansah, sah ich, wie er eine Hand vor den Mund hielt, und seine Augen schimmerten, und ich legte einen Arm um ihn. Sein Körper gab sofort nach unter meiner Berührung und sank gegen mich, und ich hielt ihn eine Weile fest, strich ihm über den Rücken, während er sich in meine Arme drückte. „Bleibst du ein bisschen bei mir?“, hörte ich ihn fast lautlos murmeln, und nickte. Er seufzte leise. „Weißt du, die anderen, die haben ganz andere Probleme, da komme ich mir so dumm vor... Bei dir, ich weiß nicht... Ich meine, klar, du hast auch ein eigenes Leben, aber... Du kannst so gut zuhören.“

„Du bist nicht dumm“, sagte ich leise. „Jeder ist doch mal traurig, egal weswegen; du hast da genauso viel Grund zu wie jeder andere.“

„Doch... doch, ich bin dumm; ich bin eigentlich nur so ein dummes Blondchen, das sagt Diego, er meint es nicht ernst, aber er hat recht; ich bin nicht wie die anderen, die alleine auf sich aufpassen können, oder wie du; du bist so klug und viel vernünftiger als ich. Ein bisschen wie dein Bruder.“

Ich merkte, wie ich rot wurde. „Yuki...hör mal... Als mir Saku zum ersten Mal von dir erzählt hat, meinte er, du bist jemand, auf den man sich immer verlassen kann, der alles tut um für einen da zu sein; ich glaube nicht, dass er das behauptet hätte, wenn du nur so ein dummes Blondchen wärst, wie Diego sagt; und Diego weiß das selber auch besser. Sonst würde er es nicht sagen.“

Yuki schwieg in meinen Armen.

„Warum glaubst du sowas?“

„Ich...ich weiß nicht, es...“ Er hob eine Hand und wischte sich übers Gesicht; bewegte sich ein wenig in meinen Armen, so dass er jetzt mehr seitlich an mir lehnte, an meine Schulter geschmiegt; das war ein ungewohntes Gefühl für mich, die Beschützerrolle hatte ich bis dahin niemals innegehabt. „Weißt du, es ist wegen...wegen...“

„Wegen Mari?“, versuchte ich auszuhelfen.

„Nein....! Ja.... Vielleicht ein bisschen....

Es geht nichtmal so sehr um Mari. Gut, ich bin sauer auf Mari, weil er meine Gefühle verletzt hat; naja, irgendwie...

Es ist eigentlich nicht seine Schuld, ich meine, ich mag Mari an sich, er ist immer ein total Netter und Süßer gewesen... Und er tut mir ein bisschen leid, aber ich will ihn nicht mehr wiedersehen. Ich wollte ja eigentlich auch nur ein bisschen Sex, aber dann war es so lustig bei ihm, und... Ich wünschte eigentlich, ich hätte ihn gar nicht erst getroffen. Ich weiß, dass das egoistisch und dumm ist von mir, aber ich... Es ist eigentlich wegen Julian.“

Das war das erste Mal, dass ich ihn den Namen ohne Zögern aussprechen hörte; er biss ich auf die Lippe und schwieg. „Musst du immer noch so viel an ihn denken?“

Yukio antwortete nicht, senkte den Kopf, seine blonden Strähnen fielen ihm ins Gesicht.

„Naja, das...das kann ich verstehen, dass das wehtut. Wenn du mit einem anderen Mann....zusammen...bist...meine ich. Ich würde wahrscheinlich auch immer an ihn denken müssen und ein schlechtes Gewissen haben...“

„Nein“, unterbrach er mich heiser, ich sah seine Schultern kurz zucken, und er hob eine Hand vors Gesicht; ich schloss die Arme enger um ihn und wartete etwas hilflos, bis er zittrig Atem holte und weitersprach. „Nein....! Du verstehst das nicht.... Ich war schon oft mit anderen Männern zusammen, und... Es waren soviele, dass ich mich kaum noch an seine Berührung erinnere. Ja, du hast recht, jeder würde an ihn denken müssen, wenn er sich mit jemandem wie Mari treffen würde, die haben ja auch was gemein, also, die hören beide dieselbe Musik, und Julian stand auch auf Anime und sowas....“ Er schniefte, holte tief durch den Mund Luft. „Jeder Mensch, der jemanden ehrlich geliebt hat und ein bisschen erwachsen ist, würde ein schlechtes Gewissen haben. Aber, du, das Problem ist nicht, dass ich die ganze Zeit an Julian denken muss. Das Problem ist, dass ich einfach plötzlich vergessen habe, an ihn zu denken. Einfach so.“

Ich schwieg eine Weile, wusste nicht, was ich hätte sagen sollen; Yuki wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht und unterbrach mich in seiner gewohnt fahrigen Art, als ich gerade den Mund öffnete, um ihn zu beruhigen.

„Jamie, ich will auch nicht wirklich darüber reden. Ich fühle mich einfach nur unglaublich mies und verräterisch und ich habe ihn wirklich echt geliebt. Dafür kann aber Mari nichts, das war was anderes. Darüber will ich aber auch nicht reden. Entschuldige, ich muss erstmal alleine damit zurechtkommen. Es wär auch lieb, wenn du den anderen nichts davon sagst; ich will nicht, dass alle das wissen. Die verstehen das sowieso nicht, und würden mir nur sagen, dass das Leben ja weitergeht, und so.“

Ich senkte den Blick, Yuki sah jetzt wieder flüchtig zu mir und warf mir ein bitteres Lächeln zu. „Yuki....das...würde ich dir aber auch sagen, eigentlich...äh...ich meine, es stimmt ja. Du bist....wie alt bist du? Neunzehn?“ Er nickte. „Du hast noch soviel vor dir. Julian hätte das ja auch nicht gewollt.“

„Ja klar stimmt das irgendwo, aber das spielt für mich grad keine Rolle; das hab ich schon tausendmal gehört. Als ob das jemand versteht, der nicht selber in der gleichen Situation ist. Und du sagst es mir eben dann doch nicht, weil du sowieso schon weißt, dass ich es überhaupt nicht hören will, oder?“

Ich nickte, ohne zu erwähnen, dass ich es jetzt ja doch gesagt hatte.

„Siehst du, deswegen kann ich mit dir über sowas reden. Ich weiß, ich bin nicht kritikfähig, aber manchmal brauche ich einfach jemanden, der einfach nur auf meiner Seite ist, verstehst du? Egal jetzt, ob du der gleichen Meinung bist oder nicht.“ Er schniefte. „...Hältst du mich noch ein bisschen im Arm?“

„Klar.“

„Weißt du was, Jamie?“

„Was denn?“

„Du und dein Bruder, ihr seid die tollsten Menschen, zu denen man immer kommen kann. Ihr habt sowas an euch, dass man sich einfach nur wohl und sicher und beschützt fühlt. Kein Wunder, dass sich Leute einfach in euch verlieben.“

Ich lachte leise und etwas verlegen. „Naja... also... beschützen kann ich bestimmt niemanden...“

Yuki nickte fest an meiner Schulter. „Doch. Mich.“

Ich hielt ihn eine Weile, spürte seinen Atem auf meinem Arm. „Naja, sagen wir, ich wünschte, ich könnte“, murmelte ich ein wenig traurig.

Yuki schmiegte sich an mich, beugte sich ein wenig hoch und gab mir einen zarten, keuschen Kuss auf die Wange. „Deswegen mag ich dich so...“
 

Zwischenspiel: Marius und Karasu: Ein Anruf
 

„Ja?“

„Ich bin's, Karasu.“

„Oh, hey. Was gibt’s?“ Marius rollte sich auf seinem Bett auf den Rücken, das Handy zwischen Ohr und Kissen geklemmt.

„Wie läufts bei dir?“

„Hm. Ein bisschen besser. Danke. Hab den ganzen Tag gearbeitet. Und bei euch?“

„Muss ja.“

„Ich hab Zeke heut Morgen getroffen, er sagt, Antti ist krank? Geht’s ihm gut?“

Ein kurzes Schweigen. „Nein, er ist nicht krank; ist eine lange Geschichte. Antti hat den Auftritt gestern ausfallen lassen, weil Sakuya da war, das hat ihn umgehauen.“

„Naja, ist ja auch irgendwo verständlich.“

„Ein Scheiß ist das.“

„Und, hat er mit ihm geredet?“

„Was denkst du denn?“

„Also nicht. Hast du?“

„Was?“

„Mit meinem armen Saku geredet, ihm ins Gesicht gespuckt, seine Leiche im Wald verscharrt, etwas in der Art?“

„Ha ha. Nein, ich bin froh, wenn ich sein dämliches Gesicht nicht sehen muss. Ich hab schon alle Hände voll zu tun, bei mir zuhause Schadensbegrenzung zu betreiben.“

„Glaub ich. Wie geht’s ihm denn jetzt?“

„Besser, ist ein Auf und Ab.“

„Soll ich vorbeikommen?“

„Danke, aber kümmer du dich erstmal um dich selbst. Er kommt schon klar, ist ja nicht aus Zucker.“

„Ich könnt mal gehen und mit Saku reden.“ Im gleichen Moment biss sich Mari auf die Zunge; zum Rudel zu gehen, hieße, Yuki zu treffen, und das wollte er bestimmt nicht.

„Lass nur. Ich sorg schon dafür, dass Sakuya winselnd zu ihm zurückgekrochen kommt.“

„Äh?“ Marius setzte sich jetzt auf, zog die Beine an, wechselte das Handy in die andere Hand. „Hab ich mich grad verhört?“

„Nein, du hast schon richtig gehört. Ich seh mir das nicht länger mit an. Er könnte ja Bessere haben, aber wenn er Sakuya will, bitte schön. Anttis Problem ist, dass er zu zurückhaltend ist; ich hab ihm gesagt, wenn du ihn willst, geh hin und nimm ihn dir. Hey, du kennst ihn, wenn er es drauf anlegt, kann er jeden haben.“

„Ja, auf jeden Fall.“

„Ich sag ihm nur, er soll das ausnutzen.“

„Hab ich dich grad richtig verstanden, du lässt Antti auf Sakuya los in der Absicht, dass er ihn Fuchs ausspannt?“

„Im Prinzip.“

„Okay. Cool.“

„Deswegen ruf ich an, ich wollt fragen, ob du heut Abend mitkommen willst ins Eden. Nicht wegen Antti, sondern einfach so.“

„Ich weiß nicht....“

„Gib dir selbst 'nen kleinen Arschtritt, du kannst nicht in deiner Kammer da oben sitzen und versauern. Du musst auch mal raus.“

„Ich hatte einen langen Tag, und meiner Mama geht’s zurzeit nicht so gut.“

„Ja, das weiß ich doch. Deswegen ist es wichtig, dass du auch mal an dich denkst, okay?“

Mari schwieg kurz, biss sich auf die Lippe. „Karasu, ich weiß es noch nicht, okay? Ich bin wirklich ein bisschen fertig, ich weiß nicht, ob ich die Lust hab, auszugehen.“

„Na schön. Überlegs dir.“

„Ja....du, kann ich dich nachher zurückrufen? Wann wollt ihr los?“

„Weiß ich noch nicht, später am Abend wohl erst. Wir könnten dich dann abholen, oder du kommst einfach rum.“

„Ich ruf dich an, okay?“

„Ja, klar. Lass dir Zeit; der Hübsche bekommt jetzt erstmal ein Piercing von mir.“

„...Yay! Du hast ihn überredet? Wohin?“

„Ich hab ihn nicht überredet, er wollte länger schon eins, hat sich nur bisher nie getraut. Das gleiche wie Samir.“

„Cool! Kann ichs sehen?“

„Wenn du nachher mitkommst, klar.“

„Ich überlegs mir.“

„Mach das. Würde dir gut tun. Ruf mich einfach zurück.“

„Ja, vielleicht. Okay, ich meld mich nachher bei dir. Danke, dass du angerufen hast. Drück Antti von mir.“

„Ich sag ihm Hallo von dir. Bis nachher.“

„Ja, bis dann.“

Klick.

Marius rollte sich wieder auf den Rücken, das Handy noch mit der Rechten umklammernd; eine vertraute Stimme zu hören, tat gut, aber diese Stimme gehörte zu einer andere Welt, nicht seiner kleinen Enklave der Einsamkeit, die er sich heute gebaut hatte.

Er spielte mit seinem eigenen Zungenpiercing an seinen Schneidezähnen und lauschte dem leisen Klicken. Auch das war ein Werk Karasus gewesen, genauso wie alle von dessen eigenen. Mari konnte sich noch gut an den Tag erinnern, an dem er es ihm gestochen hatte; er war entsetzlich nervös gewesen, aber es hatte tatsächlich kaum wehgetan.

Vielleicht hatte Karasu recht, und er sollte etwas nach draußen gehen. Vielleicht täte es ihm gut, sich aufzustylen und alles hier für ein paar Stunden hinter sich zu lassen. Vielleicht wäre es auch interessant, zu sehen, wie sich Karasus verrückter Plan entwickelte.

Mari saugte an der kleinen Kugel.

Vielleicht.
 

Antti: On Edge
 

In Wahrheit heißt etwas wollen, ein Experiment machen, um zu erfahren, was wir können.
 

- Friedrich Nietzsche
 

Karasu kam zu mir ins Wohnzimmer; ich saß auf dem Sofa, die Beine mit den Armen an den Körper gezogen, sah mir irgendeinen alten Vampirfilm an; ich war schon eine Weile wach und hatte gegessen, Karasu war erst eine ganze Zeit nach mir aufgestanden und hatte sich erst einmal eine Stunde verdrückt, um einige Kilometer zu laufen, und erst, als er unter der Dusche gewesen war, hatte er sich bequemt, mir seinen Plan für den Tag mitzuteilen.

Ich möchte nicht sagen, dass ich Angst hatte, da ich selber ihn ja vor Monaten schon darauf angesprochen hatte; aber leider hatte ich Angst.

Jetzt warf er mir das Handy, das wir gemeinsam nutzten, aufs Sofa; er war ungeschminkt, ein seltener Anblick, so sah er viel jünger aus als sonst, und trug nur ein schwarzes Muskelshirt und gleichfarbige Jeans. Ich selber hatte mir auch noch nicht die Mühe gemacht, mich groß anzuziehen; ich hatte noch nicht einmal meine Kontaktlinsen eingesetzt, trug stattdessen meine Brille, und hing in T-Shirt und Boxershorts mehr auf dem Sofa, als dass ich saß.

Gerne würde ich auch so peinlich auf mein Aussehen achten wie mein Mitbewohner, auch zuhause fast immer perfekt gestylt sein, jederzeit die Tür öffnen können ohne vorher in Panik ins Bad zu stürzen, aber leider machte ich mir oft die Mühe nicht, zumeist war ich einfach nur erleichtert, daheim in Ruhe zu sein und einmal nicht auf mein Aussehen achten zu müssen. Vielleicht war es auch notwendig, dass ich mir diesen kleinen Ausgleich zugestand.

Ich lehnte den Kopf nach hinten und sah Karasu an, der sich wieder einmal eine Zigarette ansteckte. „Was hat er gesagt?“

„Er sagt Hallo. Soll dich von ihm drücken.“

„Kommt er mit?“

„Er ruft zurück. Klang nicht so wahnsinnig gut; ich denke mal, er liegt auf seinem Bett und bemitleidet sich selbst.“

„Sei doch nicht so hart zu ihm. Er tut mir ja leid.“

„Ja, mir nicht. Er soll mal wieder den Arsch hochkriegen; ich hab mich nicht mit ihm angefreundet, weil er genauso ein Trauerkloß ist wie du.“

Ich runzelte die Stirn. „Du bist unfair. Ich hoffe, du hast ihm das nicht so gesagt.“

Er zuckte die Schultern. „Ich hab ihm nur die Wahrheit gesagt. Er überlegt sich noch, ob er mitkommt, und ruft zurück.“

„Okay....ja....wär schön, ihn dabei zu haben.“

„Er hat schon Besichtigung deines Piercings angemeldet.“

Ich schrak hoch und starrte ihn an. „Du hast ihm das doch nicht erzählt!“

„Doch.“ Karasu grinste mich dreckig an.

„Nein! Ich hab doch gesagt, du sollst das nicht! Wie steh ich denn jetzt da, wenn ich es doch nicht mache?“

„Du wirst großartig dastehen, weil du es definitiv machen wirst. Für einen Rückzieher ist es jetzt zu spät.“ Er nahm einen tiefen Zug an seiner Zigarette. „Ich rauche nur noch zuende, dann fangen wir an.“

Ich merkte, wie ich blass wurde. „Schon?“

„Wann denn sonst? 'Heute' dauert nicht ewig. In einer halben Stunde hast du schon alles hinter dir.“

Ich sank auf meinem Sitzplatz zusammen. „Kann ichs mir nicht doch nochmal überlegen?“

„Nein.“ Karasu stieß den Rauch aus und schnippte etwas Glut in den bereitstehenden Aschenbecher. „Du willst es doch. Jetzt oder nie.“
 

Jetzt stand ich in meinem Zimmer, mit einem Stein im Magen, und hatte die aneinandergelegten Hände an die Lippen gepresst; er hatte ja Recht gehabt, ich wollte das schon lange, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass ich furchtbar nervös war, da konnte er mir noch so oft versichern, dass der Schmerz erträglich war. Warum sollte mich das auch beruhigen, wenn es aus dem Mund eines Mannes kam, der sich nahezu wöchentlich diverse Verletzungen beibrachte?

Auf der anderen Seite war es irgendwie ein tröstliches Gefühl, zu merken, wie er mir ein wenig die Zügel aus der Hand nahm; wahrscheinlich hatte er recht, wahrscheinlich war ich zu unsicher, zauderte zu viel. Er hätte es niemals soweit kommen lassen, einen Gig ausfallen zu lassen. Und eigentlich müsste ich alleine wieder auf die Beine kommen, mir ein wenig Zeit lassen, wieder zu mir zu finden; doch mich jetzt so an die Hand genommen zu sehen, von einem Karasu, der mir mit Bestimmtheit verkündete, wir würden den Spieß umdrehen und Saku zeigen, was er verpasste, war seltsam beruhigend, auch wenn ich seinem Plan so nicht ganz zustimmen konnte.

Es war schön, Komplimente zu bekommen, das tat mir gut zurzeit; und ich gebe zu, der Gedanke, dass Sakuya sich nach mir verzehrte, gefiel mir nicht unwesentlich; vielleicht war auch ein wenig Eitelkeit dabei, sexier zu sein als Fuchs...

Aber mich in eine bestehende Beziehung zu drängen, widersprach all meinen Prinzipien, und so etwas würde ich niemals tun. Karasu mochte solche Methoden ohne schlechtes Gewissen anwenden, und hatte es auch bereits getan, teils aus niederen Motiven, aber ich hielt es damit, dass vergebene Männer ein großes Tabu waren.

Aber auch ich konnte die Einsamkeit und Traurigkeit nicht mehr lange ertragen, und mein Freund hatte recht; Angriff ist die beste Verteidigung, und ich wollte mich endlich wieder lebendig fühlen.

Der kurze Blick, den ich am Vorabend von Saku erhascht hatte, war mir bis in die Seele gegangen; die hochgewachsene dunkle Gestalt, stumm, den Blick auf mich gerichtet, am liebsten hätte ich ihn bei mir gespürt, hätte seinen Herzschlag unter meinen Fingern ertastet, seine Lippen auf meinen gespürt, seinen Mantel halb schützend, halb besitzergreifend um mich geschlungen, so dass ich seine Wärme spüren konnte, wie früher.

Ich wusste nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich ihn wiedersähe; aber wenn ich noch einmal unterging, dann mit wehenden Fahnen, und zumindest einer Sache konnte ich mir sicher sein: dass ich einen guten Freund zur Seite hatte, der mich auffangen würde, wie tief auch immer ich fiel.

Jener kam eben jetzt ins Zimmer, eine kleine Tasche in der Hand, und seine Augen funkelten, als er sah, wie mir das Herz in die Hose rutschte. „Antti, du guckst mich an wie das Kaninchen die Schlange. Na los, zieh dich aus, leg dich hin.“ Er nickte richtung meines Bettes.

„Warum denn hinlegen?“

„Willst du lieber stehen? Ich fang dich nicht auf, wenn du zusammenbrichst.“

„Ach so...nein...Liegen ist okay...“

Ich sank auf die Matratze und zog mir mein T-Shirt über den Kopf; als ich mich hinlegte, musste ich die Augen schließen, weil ich nicht mitansehen konnte, wie er seine Nadeln oder was auch immer auspackte.

Ich hörte ihn lachen, und sah ihn jetzt doch an; er schüttelte belustigt den Kopf und schien sich ein Grinsen zu verkneifen. „Entspann dich.“

„Das sagst du so“, murmelte ich leise und verspannte mich noch ein wenig mehr.

„Keine Sorge, Prinzessin, du wirst es überleben. Beim ersten Mal tuts immer weh.“ In aller Seelenruhe zog er sich ein Paar Gummihandschuhe über.

„Halt die Klappe.“

„Rawr. - Jetzt beruhig dich mal. Ja, es tut weh. Und du hast schon Schlimmeres erlebt. Willst du's nun, oder nicht?“

Ich öffnete die Augen nun wieder ganz; Karasu trug jetzt einen Mundschutz, Jimi hatte ihn deswegen ausgelacht, als er Samirs Piercing gestochen hatte, aber im Gegensatz zu Jimis selbstgestochenem hatte sich Samirs Piercing nicht entzündet, und auch keins der anderen, die Karasu in der Stadt verteilt hatte. Ich seufzte und versuchte, mich zumindest ein wenig zu entspannen. „Ja...ich will das. Jetzt oder nie.“

„Guter Junge.“ Ich war mir sicher, dass ich ihn doch grinsen sah.

„Du hast ja deinen Spaß.“

„Oh, klar.“ Ich wurde wieder blass, als ich die Nadel sah. „Wer hätte nicht seinen Spaß daran, dich halbnackt und willig vor sich auf dem Bett liegen zu sehen?“

„Sehr witzig, ja.“ Ich zuckte zusammen, als er meine Haut desinfizierte und ein kalter Hauch meine linke Brustwarze traf. Der scharfe chemische Geruch ließ mich kurz die Luft anhalten. „Heh, Timo?“

„Hmm?“ Seine konzentrierten Augen huschten kurz zu meinem Gesicht; ich hatte den plötzlichen Drang, mich hysterisch in seinen muskulösen Oberarm zu krallen, und dieses scharfe Ding in seinen weiß behandschuhten Fingern von mir fernzuhalten.

„Es tut aber nicht lange weh, oder?“

„Ich verspreche dir, ich machs so zügig wie möglich, okay?“

Ich nickte, und schloss die Augen, als ich seine Finger auf meiner Haut spürte, kühl durch die Handschuhe.

„Entspann dich. Du siehst aus, als wollte ich dir das Herz aus der Brust schneiden.“

„Ich versuchs ja!“

„Wer schön sein will, muss leiden.“ Ich hielt die Luft an, als sein anderer Arm beim Heben kurz meine Schulter streifte. „Einfach ganz ruhig weiteratmen. Ist gleich vorbei.“

In diesem Moment traf mich ein stechender Schmerz, und ich gab etwas wie ein ersticktes Wimmern von mir, mehr aus Schreck, doch es tat mehr weh, als ich gedacht hatte, mein „Scheiße“, kam ziemlich atemlos durch mein langes Luftanhalten, und mir schossen unwillkürlich Tränen in die Augen.

„Alles okay, ist schon durch. Schön weiteratmen, du machst das gut.“ Ich atmete, aber eher etwas abgehackt, aus Panik, durch tiefere Atemzüge den Schmerz zu steigern; ich war mir sicher, zu bluten, aber ich wagte es nicht, hinzusehen, hielt stattdessen nur die Lider aufeinandergepresst. Ich hörte nur am Rande, wie Karasu mit der freien Hand etwas Kleines griff. „Jetzt tuts nochmal kurz weh.“ Nochmal kurz? Ich hatte eine Nadel in der Brust, und das tat die ganze Zeit über -

„Oh VITTU PERKELE!“

„Alles klar....das wars schon.“ Er klang vergnügt. „Du kannst die Augen wieder aufmachen, hast es überstanden.“

„Blute ich?“ Ich wagte es, aus einem Auge zu blinzeln.

„Ach Quatsch. Nur ein bisschen. Hier.“ Er wischte mir mit einem kleinen Tuch vorsichtig über die Stelle; zumindest vermutete ich, dass es vorsichtig war, es tat trotzdem weh. „Schon weg.“

Der kleine silberne Stecker in meiner Brust saß da wie eine glänzende Perle in dem weichen Fleisch, und für einen Moment vergaß ich ganz, dass ich eigentlich ins Kissen hatte beißen wollen. „Oh....wow!“

„Ja, du bist grad ein ganzes Stück schärfer geworden.“ Karasu musterte mich mehr als zufrieden, normalerweise wäre ich wahrscheinlich rot geworden unter dem Blick, aber so war ich zu abgelenkt. „Wars jetzt so schlimm?“

„Nicht schlimmer, als ich erwartet hatte.“

„Du hast doch wirklich schon größere Schmerzen überstanden!“

„Ich bin halt sensibel an der Stelle!“

„Du bist mir ein schöner Nordmann. Gefällts dir wenigstens?“

„Total!“ Ich setzt mich ein wenig auf und sah verzückt an mir herab. „Ich danke dir! Das ist viel besser, als ich gedacht hatte!“

„Steht dir gut. Achte ein bisschen drauf, dass du es sauber hältst, bis es verheilt ist; versteht sich bei dir eh von selbst, aber es ist immerhin eine offene Wunde.“

„Wie lange wird das dauern?“

„Ein paar Wochen vielleicht. Du merkst das dann schon. Nicht so viel drankommen in der ersten Zeit, das tut wahrscheinlich noch weh. Also kein wilder Sex für dich in nächster Zeit.“

Ich verdrehte die Augen; wenn ich nicht so voller Adrenalin gewesen wäre, hätte mich die Aussage vielleicht frustriert. „Ich glaube, da musst du dir keine Sorgen machen. ...Und außerdem könnte ich auch Sex haben, ohne daran zu kommen.“

„Damn, Junge, wenn du nicht den ganzen Körper benutzt, ist es doch kein richtiger Sex.“ Er schnalzte mit der Zunge und sammelte sein Zeug wieder ein.

Ich tippte mit dem Finger an mein erstes Piercing und bereute es sofort. „Au... Muss ich ein Pflaster oder sowas drauf machen?“

„Du kannst, aber du musst nicht.“ Karasu ließ sich neben mich aufs Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Ich würde es an deiner Stelle sein lassen, wegen des Korsetts.“

„Ach ja...“

Ich wusste nicht, was es war, ob es Karasus Optimismus war, seine plötzliche Kampfbereitschaft, das bescheuerte Rumgeflachse mit ihm, oder einfach der Adrenalinstoß durch das Piercing, der auf einmal den ganzen Abend in einer Art goldenen Schleier gehüllt erscheinen ließ, oder vielleicht hatte es den Stich gebraucht, um den Schmerz in meinem Herzen zu überdecken, aber meine Traurigkeit war verflogen, und ich fühlte mich gut, selbstbewusst, als könnte mir nichts mehr etwas anhaben; an diesem Abend hätte ich die Welt erobern können. Und ja, ich fühlte mich sexy.

„Komm, such dein Zeug zusammen.“ Er sprang wieder auf, knuffte mich in die Schulter. „Wird schon langsam dunkel. Ich nehm mir was aus dem Kühlschrank, und dann sollten wir uns langsam fertig machen.“
 

Zwischenspiel: Karasu, Marius und Antti: Vorglühen
 

Marius brauchte eine ganze Weile, die Tür zu öffnen; im ersten Moment sah er angespannt aus, dann erhellte sich seine Miene aber, als sein Blick auf den Bekannten fiel. „Oh, hey, du bists!“ Er verzichtete auf eine Umarmung, öffnete stattdessen die Tür etwas weiter. „Wo ist Antti?“

„Noch nicht fertig. Wir gehen erstmal zu uns, wahrscheinlich kommen wir ohnehin nicht vor Mitternacht, ein Uhr los.“

„Ah, verstehe. Moment, ich bin gleich soweit.“ Er schlüpfte in seine Stiefel, die bereit standen; seine schwarzen Springerstiefel mit den pinken Schnürsenkeln. Auf einen Rock hatte er dieses Mal verzichtet, trug stattdessen aber Shorts, die an seinen Stulpen, die knapp über dem Knie endeten, befestigt waren; darunter schwarz-pink geringelte Strümpfe bis zur Hälfte des Oberschenkels, so dass man sie noch unter der Hose sehen konnte, und dennoch auch noch seine helle Haut. Er hatte ein schwarzes, kurzärmeliges Hemd an, schlicht im Vergleich zu seinen pink gemusterten Armstulpen, die seine Hände noch halb umschlossen, den zweifarbig lackierten Nägeln und dem Glöckchen in seinem Ohr; um den Hals trug er ein zweireihiges Nietenhalsband, das zusammen mit dem dunklen, ausladenden Lidschatten düster für ihn gewirkt hätte, wären da nicht die bunten Kontaktlinsen und der Eyeliner, der seine Augen wieder sehr groß und feminin wirken ließ, und als Krönung des ganzen Marius' Frisur, der Hauptteil geglättet in schwarz-pink und strähnig in die Stirn gekämmt, am hinteren Drittel seines Kopfes hatte er zwei Zöpfe seitlich abgebunden und das Ganze mit glatten und gelockten Extensions derart aufgearbeitet, dass er jetzt einem Ryohei aus Ayabie-Zeiten fast ähnlich sah.

Karasu musterte den vor ihm Knieenden, der sich grad die Stiefel schnürte, geschickt trotz der langen Nägel; und deutete auf Hose und Halsband. „Sexy.“

Mari hob den Blick und lachte ihn an, stupste sich kokett mit der Zungenspitze in den Mundwinkel. „Danke.“

„So schwarz heute?“

„Ich bin schlecht drauf.“

„Sieht man gar nicht.“

„Soll man auch gar nicht.“ Marius stand auf. „He, danke, dass du angerufen hast, das war nötig. Mir geht’s tatsächlich besser als vorhin. Du hast recht, ich muss einfach mal wieder raus.“

„Meinetwegen hättest du dafür den Fummel auch auslassen können, mir wird ja gleich schlecht.“

„Wenn du kotzen musst, dann bitte nicht in meine Richtung.“

„Sieht so aus, als wär ich heut Abend der einzige Mann in der Runde.“

„Ach, Schatz, Geschlecht ist sowas von relativ, das weißt du doch. Außerdem gibt’s wirklich üblere Männer als dich, wenns auch schwer zu glauben scheint.“ Marius drehte sich um. „MAMA! Ich bin jetzt weg! Ich hab mein Handy dabei, das Netz ist wieder oben!“

„Wann kommst du wieder?“, klang eine Stimme aus einem anderen Zimmer.“

„Weiß ich noch nicht! Spätestens morgen!“

„Viel Spaß. Pass auf dich auf!“

„Ja! Bin in Begleitung! Bis morgen!“

Mari schlüpfte neben Karasu hinaus und zog die Tür hinter sich zu.

Der nun Schwarzhaarige sah den Älteren an und hob die Schultern. „Sie klang doch ganz gut eben.“

„Ja, zum Glück. Wenn es ihr nicht besser gegangen wäre, wär ich auch nicht mitgekommen.“

„Du wärst besser dran ohne sie.“ Karasu setzte seinen Weg richtung Zuhause fort, über das graue Kopfsteinpflaster, auf den Marktplatz zu; Marius Gesicht verdunkelte sich, und er fiel ein Stück zurück.

„Ich hab dir schonmal gesagt, du sollst sowas nicht sagen.“

„Ist doch wahr. Wenn sie tot wäre...“

„Ein Wort. Nur EIN Wort mehr, und DU bist für mich gestorben. Na los. Versuchs.“

„...schon gut. Vergiss es.“

Marius schloss wieder auf, brauchte ein paar Sekunden, ehe er Karasu wieder anlächeln konnte. „Wenigstens bist du ehrlich.“
 

Als sie ankamen, schallte ihnen schon aus dem Wohnzimmer irgendein finnischer Rocksong entgegen, den Karasu spontan nicht einordnen konnte. Er streifte sich seine Stiefel ab, schlichte schwarze mit zehn Löchern, die er ohnehin ungeschnürt über der Hose trug, winkte aber ab, als Mari sich nach seinen eigenen bücken wollte. „Kannst du anlassen, Antti putzt eh jede Woche.“

„Das ist doch kein Grund“, schmollte Marius empört, richtete sich aber wieder auf, als sein Gesprächspartner schon geradeaus ins Wohnzimmer verschwand.

„He, Antti! Wir sind wieder da!“

Mari folgte hinterher, strahlte, als er Antti sah, welcher noch nicht einmal halb fertig angezogen war, und nur in Jeans freudig auf die beiden zukam. „Hey! Mari, du siehst toll aus!“ Er erwiderte die Umarmung des Kleineren glücklich.

„Danke! Ach, das ist meine Selbsttherapie. - Das, und die zwei Kilo Skittles, die ich grad zu mir genommen habe. Geht nichts ohne meinen Zucker. Oh mein Gott, dein Piercing! Wie toll! Steht dir gut. Sexy!“

„Danke. Gehts dir denn etwas besser?“ Der Blonde ließ ihn los und sah ihm etwas besorgt ins Gesicht.

„Ja...Ach...Muss ja. Was ist mit dir, ich hab gehört, du...“

„He.“

Beide fuhren herum, als Karasu sich mit verschränkten Armen neben ihnen aufbaute und beide mit leicht zusammengezogenen Brauen missbilligend musterte.

Jener trug an diesem Abend keines seiner üblichen Tanktops, sondern stattdessen ein T-Shirt, das wohl mal ein Cradle of Filth-Bandshirt gewesen war, jetzt mehr oder weniger nur noch in Fetzen hing, und fast seinen ganzen Oberkörper entblößen würde, trüge er darunter nicht noch etwas Netzartiges, man konnte zerfetztes Nylon erkennen; seine Arme waren frei, wie meist, um sein Tattoo zu präsentieren, und er trug sein Dogtag um den Hals, dazu ein kürzeres Lederband mit einer Kette und einem kleinen Kreuz daran. Armbänder hatte er keine um, aber die Nägel wohl frisch schwarz lackiert, und er trug eine enge Bondagehose aus Kunstleder, war jetzt wieder barfuß. Seine Haare schienen frisch gefärbt, und man vermisste die breiten roten Strähnen; alles war nun schwarz, was ihn blasser erscheinen ließ, als er war, die Schatten unter seinen Augen betonte, aber dafür dieselben Augen auch noch viel intensiver hellblau leuchten ließ. Er roch noch nicht wieder nach Rauch, sondern nach Haarfarbe, irgendeinem sportlichen Duschgel und Kaffee.

„Scheiß doch darauf. Uns geht’s allen beschissen zurzeit, aber vom drüber Reden wird’s auch nicht besser. - Bekomm ich jetzt noch was zu trinken hier?“

„Ich hab was dabei“, warf Marius ein.

„Was denn?“

„Erdbeerlikör.“

Antti und Karasu sahen ihn eine Weile mit ausdrucksloser Miene an, ehe sie einen Blick wechselten.

„Wodka?“

„Wodka.“

„Ich hol ihn.“

„Nein, DU ziehst dich erstmal an.“

„Ich brauche aber noch eine Weile.“ Antti sah ihn verzweifelt an.

„Du machst mich fertig. Ich bin vor fünfzehn Minuten losgegangen, da warst du auch noch halbnackt. Warum zum Teufel bist du nicht angezogen?“

Der Blonde war halb angezogen, trug bereits seine Hose und hatte sogar eine Auswahl von zwei Stiefelpaaren bereit stehen. Die zerschlissene Jeans war einmal hellblau gewesen, aber so stark ausgeblichen, dass sie jetzt so gut wie weiß war, und er hatte sie an allen wichtigen Stellen an Oberschenkel und Knie aufgeschnitten, grade soviel, dass er nicht gezwungen war, etwas darunter zu tragen, aber auch gerade genug, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Abgesehen davon hatte er gerade mal einen Gürtel um die schmalen Hüften geschlungen, war fertig geschminkt, und seine Haare waren feucht vom Duschen. „Karasu, du musst mir helfen!“

„Ja, das sehe ich.“

Antti hielt ihm sein Korsett hin; eine Maßanfertigung extra für ihn, auch aus Maris Händen, wie so vieles hier, was jener auch sofort bemerkte. „Du hast es noch! Wie toll! Karasu, ich kann das auch machen, wenn du erstmal was trinken willst.“

„Nee.“ Der Schwarzhaarige riss Antti das Korsett aus den Händen, schlang es einmal um ihn und verschloss vorne die Schnallen. „Umdrehen. - Du kannst das ganze hier beschleunigen, Mari, und unserer Prinzessin auf der Erbse irgendwas aus dem Schrank suchen, was zum Rest passt.“

„Die Springerstiefel mit dem Stern, den zweiten Gürtel dazu, das silberne Armband, deine weiße Jacke vom letzten Winter, kein Tuch. Hast du noch die Kette mit den langen Metallspitzen? Dann trag die. Makeup runter, Nagellack drauf“, kam es wie aus der Pistole geschossen von dem Kleineren. Antti blinzelte.

„Äh...“

„Vertrau mir.“

„Danke...“

Karasu begann damit, in Anttis Rücken die Schnüre zu sortieren. „Mari, ab nach oben, kennst dich in Anttis Schrank ja aus; hopp. - Antti, ich hab dir gesagt, wir wollen bald los; ich bin seit ungefähr tausend Jahren fertig und habe sogar noch Kaffee getrunken und Marius abgeholt, und du bist grad mal in deiner Hose! Wenn du nur halb so lange brauchen würdest, sie auch wieder auszuziehen, wärst du heut noch Jungfrau.“

„Ja, sehr komisch.“

„Entspann dich. Ich weiß, dass das bei dir sehr viel schneller geht.“

Der Finne wollte ihm empört etwas entgegen, und holte schon tief Luft, während ihm die Röte auf die Wangen stieg, wurde aber wiederum unterbrochen, als ein Ruck an den Schnüren hinten ihn fast zum Stolpern brachte.

„Halt dich doch mal irgendwo fest.“

Er gehorchte und klammerte sich mit beiden Händen an den Türrahmen, während Karasu hinter ihm mit geübten Griffen sein Werk fortsetzte. Das Schnüren war eine Kunst für sich, und Karasu hatte sie in den wenigen Jahren als Swans Bassist langsam gemeistert.

Das Korsett war kein typisches Frauenkorsett, das die Taille enorm einschnürte, wahrscheinlich sollte man es eher Korsage nennen, aber da wäre Marius beleidigt gewesen, der sich etwas auf seine Kreation einbildete. Eigentlich lag der Reiz hierbei mehr an der Schnürung, und an dem eng anliegenden Material an sich; Antti selber mochte das Gefühl auch sehr, so eng umfasst und gestützt zu werden. Und er wusste, dass Sakuya es auch mochte. Wobei diesem weniger das Korsett an sich gefiel, sondern eher der Akt, Antti davon zu befreien. Saku hatte dessen Kleidung immer aus dem Grund sexy gefunden, dass es nicht viel Fantasie brauchte, seinen Körper darunter zu erahnen; der scheinbare Gegensatz hatte ihn gereizt. Karasu hatte das nie verstanden. Antti selber sehr wohl. Und es schamlos ausgenutzt.

Der Blonde ahnte aber fast, dass er es nicht lange aushalten würde an diesem Abend; man konnte darüber sagen, was man wollte, und Marius hatte sicher gute Arbeit geleistet, aber bequem fand er es trotz allem nicht, da es warm darunter wurde, und er nur sehr aufrecht sitzen konnte.

Eigentlich war es nur für die Bühne gedacht gewesen; so extreme Outfits trug Antti eigentlich nicht, wenn er ausging, und Karasu ja auch nicht, aber an diesem Abend, schien es, war beiden danach, und wahrscheinlich war es auch notwendig. Nach dem Reinfall vom Vorabend musste gerade Antti sich präsentieren, brauchte die Aufmerksamkeit, wollte der Welt zeigen, dass mit ihm noch zu rechnen war.

Antti spürte, wie sich das weiße Kunstleder langsam enger um ihn schloss, während Karasu Reihe um Reihe enger zog, die langen Schnüre mit den Fingern haltend, und im Hintergrund liefen die Pixies.

„Ich bin nicht leicht zu haben“, knüpfte Antti nochmal an Karasus Satz von zuvor an.

„Was? Jaja. Deswegen auch die Jeans.“

„Manchmal hasse ich dich.“

„Na super. Endlich. - So, fertig. Brauchst du mich grad noch?“

„Du kannst gehen“, murrte Antti.
 

Ein halbe Stunde später war er dann doch fertig, und die drei saßen auf dem Sofa, hörten Musik, und ließen die Flasche kreisen; der blonde Finne nahm gerade einen guten Schluck, korsettbedingt mangels Möglichkeit, sich hinzulümmeln, im Schneidersitz in der Mitte des Sofas sitzend, mit einem sich über die Armlehne fläzenden Karasu, der gerade den Kopf nach hinten legte, um den Rauch seiner Zigarette auszustoßen, zur Rechten, und auf seiner anderen Seite Marius, der ein Bein angezogen hatte und mit einer Haarsträhne spielte.

Der Schluck blieb ihm fast im Hals stecken, als Mari nach langem Mustern von sich gab: „Und in dem Outfit willst du Saku zurückbekommen? Könnte funktionieren.“

„Mari!“ Antti hustete, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und ließ fast die Flasche fallen, die schnell von seinem Mitbewohner gerettet und auf den Tisch gestellt wurde. „Ich will Saku nicht zurückholen! Was habt ihr beide denn nur damit?“

„Klar willst du, du bist nur zu anständig, es zuzugeben!“ Karasu drückte seine Zigarette aus und nutzte gleich den Moment, aufzustehen, und die Cd zu wechseln.

„Ich mische mich nicht in bestehende Beziehungen sein! Und ich WEISS, was ich gestern gesehen habe!“

„Na und, die haben es doch beide nicht besser verdient, als dass jemand ihre blöde Beziehung zerstört.“

„Karasu....“

„Hey“, mischte sich Mari beruhigend von der Seite her ein, legte Antti eine Hand auf den Arm und schnappte sich die Flasche vom Tisch, die schon ein ganzes Stück leerer geworden war. „Lass ihn doch, er hat ja irgendwo recht, ich meine, wenn Sakuya dich lieber will als Fuchs, dann ist es eben so, und seine eigene Verantwortung, nicht deine. Und wenn nicht, na, dann nutz den Abend, und hol dir einfach ein bisschen Aufmerksamkeit. Ich meine, schau dich an, du siehst unglaublich toll aus; mach dir einfach nicht so viele Gedanken. Vielleicht ist er nicht einmal da heute Abend.“

„Mari, glaub mir, er wird da sein. Ich kenne ihn ziemlich gut. Er wird da sein, und Fuchs wird auch da sein. Tu mir nur einen Gefallen, und versuch nicht wieder, mich mit Saku zu verkuppeln. Das ist einmal gut gegangen, das klappt kein zweites Mal.“

Mari hob die Hände in den pinken Stulpen. „Ich reiß mich dieses Mal zusammen, versprochen.“

Karasu ließ sich wieder auf die Couch fallen. „Ich will heut auf jeden Fall nicht allein nach Hause gehen. Marius, gib mal die Flasche rüber.“

Mari reichte ihm die fast leere Flasche. „Klingt nach einem Plan. Bin dabei. Kennst du schon meine Freundin Maggie?“

„Ja. Und Igitt. Nein. Die ist mir zu fett.“ Karasu legte den Kopf nach hinten und leerte die Flasche, stemmte dann die nackten Füße an den Glastisch, tippte mit den Fingern den Takt der Musik auf seinem Oberschenkel.

Antti lehnte den Kopf nach hinten, seine silberne Kette funkelte auf seiner bloßen Haut, seine Wangen waren leicht gerötet vom Alkohol, und er schloss die Augen. „Ich will einfach nur tanzen.“
 

With your feet in the air and your head on the ground

Try this trick and spin it, yeah

Your head will collapse

If there's nothing in it

And you'll ask yourself
 

Where is my mind.
 

- aus: Pixies: Where is my mind
 

- Ende 15/?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Last_Tear
2012-06-20T22:44:01+00:00 21.06.2012 00:44
Miiiep ^O^
Hach ja, ein Türknauf 8D
Ein tolliger tolliger Türknauf XDD
Türklinke whatever O.o
Is ja eh das selbe XD
Und uh..erster Gedanke - Männer. War irgendwie klar, dass es nicht beim Anschreien bleiben wird ^-^

Aber es is faszinierend - Krisensitzung in Beiden Lagern. Sozusagen. Und irgendwie is Fuchs ja schon mies oder? Erst halb geil machen und dann fallen lassen Tsks û.u Böses Fuchs, gaaanz böse *ihm auf die Pfoten hau*
Höhö, ich finde es faszinierend. Mari, Marius whatever mit Hello Kitty und awwwww *O* Kittylein °^° Erklärt die Haarfarbe o.o Er könnte mal Hello Kitty spielen @.@ Sich weiß-pink anziehen...aber nein, meine Ideen bezüglich Mari sind nie gut und enden nicht gut wie wir ja bereits wissen, also streich das ^-^

Auch wenn ich mich frage, was zur Hölle er zu Yuki gesagt hat. Ich liebe dich? Ist zumindest meine Vermutung aber ich werds ja irgendwann lesen. Hoff ich doch mal o.ô *das im Auge behalten wird* Und Antti und Piercing dachte ich mir zuerst so: Hm, was harmloses Ohr oder Lippe vllt. Dann kam das "Zieh dich aus und leg dich hin." Erstmal so...NEIN. Nein, nicht da, nein verarsch mich. Und dann - ahahaa, Brustwarze, *droplol* Hach ja x.x Aber tut das dann nicht weh, wenn er eingeschnürt ist mit Corsage/Korsett/whateverdingsda? Weil sonderlich gut kann man in sowas ja eigentlich nicht atmen x..x

Und awww ich mag Mari knuddeln allein für den Erdbeerlikör :D Der schmeckt gut *O* Vor allem selbst gemacht <.< Und mit Wodka zusammgenmischt sogar noch besser ^O^ Auch wenn ich mich gerade frage wie Antti in dem Ding tanzen will O.o Aber ich werds ja vermutlich lesen ^-^Von daher *nick* Abwarten und Kaffee trinken °^°


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