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Glue The Heart

von

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Allein mit der Vergangenheit

So unendlich erholsam der willkommene Schlaf auch war, um ein so vieles qualvoller war das anschließende Erwachen. Ein schrilles Klirren gefolgt von einem müden Brummen, dann hatte sich Ian von mir gelöst und tastete wohl nach seinem Wecker. Erst einige langsam dahinschleichende Sekunden später, bemerkte er, dass es sinnlos war, auf dem Parkett herum zu klopfen, da der Wecker immer noch auf Ians Nachtkästchen steht und somit außer Reichweite für ihn ist.

Ein missgelauntes Murren folgt, die Decke raschelt, Schritte, und das Klirren ist verschwunden.
 

Ich drehe mich auf die Seite und starre ins Dunkel, dorthin wo ich Ian vermute.

«Wie spät ist es?» nuschle ich verschlafen.

»Sorry, ich hätte dich vorwarnen sollen. Mein Wecker ist einer von der sadistischen Sorte.«

Ein müdes Gähnen kommt mir über die Lippen.

«Das sind sie alle.» erwidere ich mit der geballten Überzeugungskraft einer Schlaftablette.

Ian bewegt sich wieder, ich kann erkennen, wie der Vorhang weicht. Der Helligkeitsgehalt des Zimmers scheint sich dadurch jedoch nicht sonderlich zu verändern.

»Ich steh immer um halb sechs auf, um zu laufen.« erklärt er.

«Halb sechs ist viel zu früh.» grummle ich vor mich hin, ehe ich ein leises Lachen höre.

»Tut mir leid, aber du kannst ja mitkommen, dann gewöhnst du dich vielleicht daran.«

Das ist ein Vorschlag den ich dankend ablehne. Früh aufstehen und dann auch noch um Sport zu betreiben? Nein, das muss wirklich nicht sein.

«Ich schlafe lieber noch ein paar Stunden.»

Dabei gähne ich ausgiebig und kuschle mich anschließend demonstrativ wieder etwas mehr ins weiche Bettzeug.
 

Ian ging, ich schlief weiter und rührte mich erst wieder, als er zurück war, um gemeinsam mit ihm zu frühstücken und ihn daraufhin zu verabschieden, immerhin muss einer von uns doch noch in die Schule.

Aber ohne Ian war das Haus ziemlich trostlos und mir wurde langsam unwohl zumute. Wieder allein. In einem fremden Haus. Na super, was habe ich mir dabei nur gedacht? Um nicht an meinen Gedanken zu verzweifeln, beschloss ich das zu machen, was wohl alle in dieser Situation getan hätten. Ich verkrieche mich wieder im Bett, dem einzig wirklich sicheren Ort, den es gibt. Aber diesmal wollte der Schlaf nicht wieder kommen und ich wälze mich unruhig hin und her, strample die Decke weg, als mir zu heiß wird und ziehe sie wieder an mich, wenn die Kälte kommt. Zu allem Überfluss kehrten meine Gedanken vom Vortag wieder.
 

Nicht an ihn denken!

So lautete zumindest der Vorsatz, aber blöd und verknallt wie ich nun mal bin, hole ich mein Handy raus und starre aufs Display, wie zuvor im Park. Es war klar, dass meine Eltern sich nicht mehr melden würden und auch sonst niemand. Vor allem, da besagter Rest schließlich mein...

Genug davon! Mir reicht es jetzt wirklich!

Dementsprechend schleudere ich mein verhasstes Handy in die mir gegenüberliegende Zimmerecke. Ich brauche es nicht! Ich bin darüber hinweg! Wer will schon mit einem alten Knacker zusammen sein?! Also ich nicht!

Meine Selbsthypnose zeigt keine Wirkung, vermutlich hätte ich mich in eine ruhigere Lage bringen müssen, um mich glaubhaft davon zu überzeugen. Tja, Pech gehabt.

Dann höre ich ein seltsam vertrautes Surren. Mein gesenkter Kopf schnellt hoch und starrt in die Ecke, in die ich mein Handy gepfeffert habe. Tatsächlich, es surrt erneut und stößt dabei sachte gegen die Wand. Erstaunlich, dass es nicht in alle Einzelteile zerschellt ist, geht es mir durch den Kopf. Dann stehe ich auf und nähere mich dem Gerät, das plötzlich eine verräterisch verführerische Ausstrahlung auf mich hat.

Könnten sich meine Eltern wieder beruhigt haben, oder ist er es?

Kein weiteres Surren mehr, eine Kurzmitteilung, das weiß ich. Durch meine plötzliche Nervosität muss ich schwer schlucken, dann hebe ich es behutsam hoch. Vorsichtig, ganz vorsichtig und mit einem flauen Gefühl in der Magengegend lasse ich meinen Blick über die Tasten hoch wandern Richtung Display. Er war es. Er hat mir geschrieben. Nur bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich noch wissen will, was er mir mitzuteilen hat.
 

Ob er mich jetzt hasst, mich verachtet? Immerhin habe ich ihn geschlagen und er, er hat mich benutzt und weggeworfen, als ich nicht mehr gut genug für ihn war. Ich spüre wie die Wut wieder in mir zu kochen beginnt. Aber da ist noch etwas anderes, etwas viel schmerzvolleres. Bitter stößt es in mir hoch, das Verlangen nach ihm und vor meinem inneren Auge beginnen sich Erinnerungen an seinen nackten Körper, seinen heißen Atem und die Art, wie er mich an der Taille gepackt hat, zu regen.

Ich bin von mir selbst angewidert und ich muss hier raus. Aber das kann ich nicht, nicht bevor ich mich entschieden habe, die Nachricht zu lesen, oder zu löschen.
 

Eine weitere Enttäuschung, mehr wird es nicht sein. Worte, die noch mehr verletzen, weiter nichts. Ich muss es mir nicht antun. Das weiß ich alles, aber trotzdem fällt es mir schwer mich zu entscheiden. So lange habe ich darauf gewartet, dass er sich meldet, dass er sich entschuldigt, sagt, dass er es nicht so gemeint hat und mich braucht.

Wie kann er es nur wagen?! Jetzt beginne ich schon wieder zu hoffen, alles könnte wieder gut werden. Dieser Mistkerl!

Dann ließ ich meinen Finger entscheiden, er legte sich automatisch auf den richtigen Knopf und ich war bereit, die Ernüchterung über mich ergehen zu lassen.

>Triff mich am Brunnen, ich muss mit dir reden.<
 

Er will mich sehen, schießt es mir durch den Kopf. Irgendwie machte mich das glücklich und traurig zugleich. Ich wollte ihn auch sehen.

Eine einzelne Träne kullerte mir über die Wange. Ich wischte sie wie in Trance weg. Und dann tippte ich meine Antwort.

<Ich werde da sein.>

Eine Zeit hat er nicht genannt, aber das war mir gleich, ich würde auch den ganzen Tag auf ihn warten, weil ich weiß, wie wichtig dieses Treffen ist. Deshalb wasche ich mich erst einmal gründlich. Ich will ihm nicht den Eindruck liefern zu sehr zu leiden. Überhaupt gefällt es mir nicht, ihm gegenüber Schwäche zu zeigen. Also leihe ich mir frische Kleidung von Ian und mache mich dann auf den Weg zum Brunnen, unseren alten Treffpunkt.
 

Vielleicht hätte ich Ian einen Zettel hinterlassen sollen, so langsam bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich einfach verschwunden bin. Ich setze mich auf die Stufen, des Brunnens und lehne mich gegen dessen Becken. Die Sonne scheint heute wirklich unwahrscheinlich heiß, hoffentlich bekomme ich keinen Sonnenbrand. Mein Magen beginnt auch schon langsam zu knurren, aber ich bewege mich keinen Millimeter von der Stelle.
 

Ich wartete lange, oder vielleicht kam es mir auch nur so vor. Es war unwichtig, denn er kam. Ich erkannte ihn auf Anhieb, als er noch zwischen all den anderen Menschen durch den Park schlenderte. Seltsam, ihn schien es überhaupt nicht mitgenommen zu haben, von mir getrennt zu sein. Mein Blick fiel automatisch auf das dunkel gefärbte Auge. Was sein Frau wohl dazu gesagt hat? Ich bezweifle, dass sie über uns Bescheid weiß.

Dann ist er da.

»Hallo Finn.«

Ich muss schwer schlucken. Die Art, wie er meinen Namen sagt, beschert mir immer noch Gänsehaut.

«Hallo.» erwidere ich kleinlaut und vielleicht etwas eingeschüchtert. Dabei wollte ich doch nicht so vor ihm erscheinen! Ich verfluche mich innerlich selbst dafür. Dann mustere ich ihn ungnädig.

«Also, was willst du?»

Ich versuche kalt und unverzeihlich zu klingen, aber ich fürchte, es ist mir nicht ganz gelungen. Er scheint nämlich zu lächeln. Daher verschränke ich die Arme und mustere ihn streng.

«Was hast du mir zu sagen Nick?»

Jetzt scheint er zu begreifen, dass ich nicht gekommen bin, um Höflichkeiten mit ihm auszutauschen, seine Miene wird nämlich ernst.

»Ich wollte dich sehen.«

«Pah! Du machst mit mir Schluss und hältst es keinen Tag ohne mich aus?!»

Ich habe nicht vor ihm nachzugeben, er hat selbst entschieden, jetzt soll er auch dazu stehen.
 

»So war das nicht. Es war meine Frau. Sie hat angefangen mir Fragen zu stellen. Ich dachte, sie weiß es und ich wollte ihr keine Gelegenheit geben, mich bei der Schule zu melden. Ich wusste, dass du mich mehr liebst und dass du mich niemals verraten würdest, deshalb musste ich es tun.«

Ich beobachte wie er sich mit einer Hand seitlich durch die Haare streicht. Zittert er etwa? Mache ich ihn nervös? Ich schlucke meine Gedanken runter. Ich muss einen klaren Kopf behalten.

»Ich vermisse dich.«

Er starrt mich an und ich kann nicht ausweichen. Schließlich bin ich es, der den Blick senkt.
 

Was erzählt er da?

«Nick.. » murmle ich schwach.

«Wie stellst du dir das vor?»

»Ich war bei dir zuhause. Dein Vater hat mir erzählt, dass du für eine Weile nicht mehr dort wohnen wirst, was mich ziemlich verwundert hat.«

«Danke auch, jetzt wo er dich gesehen hat, darf ich sicher noch ne ganze Weile nicht wieder zurück.»

»Du kannst mit zu mir.«

Ich starre ihn überrumpelt an. Wie meint er das, mit zu ihm? Dorthin wo seine Frau und seine Kinder sind? Wehmütig senke ich den Blick erneut.

»Mach dir keine Sorgen.«

Er hat es mir wohl angesehen.

»Emma ist mit den Kindern für ein paar Tage zu ihrer Mutter gefahren. Ich habe ihr erzählt, dass ich Probleme mit einem meiner Schüler hatte, daher auch das blaue Auge. Und sie war verständnisvoll, meinte aber trotzdem, dass sie etwas Zeit für sich braucht.«

Dann höre ich ihn seufzen.

»Ich glaube, meine Ehe ist am Ende.«

Seine Hand legt sich auf meinen Oberarm. Ich starre darauf, unschlüssig, was ich von all dem halten soll.

»Ich will dich nicht auch noch verlieren.«
 

Da sind sie wieder, die Tränen. Wie lästig. Dabei wollte ich doch nicht vor ihm weinen und jetzt ist es doch wieder so weit. Aber was soll ich auch anderes tun, wenn ich so glücklich bin und endlich die Worte zu hören bekomme, die ich längst schon verdient hätte. Die Hoffnung ist immer noch da, mit ihm zusammen sein zu können, eine Zukunft mit ihm zu haben.

»Komm mit zu mir.« drängt er erneut.

»Ich will dich küssen.« haucht er leise in mein Ohr, aber ich bin immer noch unschlüssig. Er küsst mich niemals in der Öffentlichkeit, weil er Angst hat, von jemandem gesehen zu werden und um zu bekommen was er will, was ich will, würde es bedeuten, dass ich mit ihm gehen muss. Schniefend wische ich mir über die feuchten Wangen, dann nicke ich und wir gehen los.
 

Ich komme mir klein neben ihm vor und viel schwächer, als ich eigentlich sein wollte. Gemeinsam betreten wir die vertraute Wohnung. Jedes Mal wenn sich uns die Gelegenheit ergeben hat und seine Frau nicht da war, haben wir uns hier getroffen. Anfangs hatte ich Hemmungen, da die Kinder etwas mitbekommen hätten können, aber offiziell erhielt ich eben nur Nachhilfe. Diesmal muss ich keine Angst haben, dass uns jemand erwischen könnte und ihm war das ebenfalls bewusst. Ich kam nicht einmal dazu, mir die Schuhe auszuziehen, als ich seine Arme spürte und auch promt in einen sinnlichen Kuss verwickelt werde. Meine Haut beginnt sofort an all den Stellen zu kribbeln, an denen er mich anfasst. Gewohnte lustvolle Schauer erfassen mich und ich kann nicht anders, als die Berührungen leidenschaftlich zu erwidern. Ich war auf Entzug, auf Nick-Entzug, ich brauche ihn, jede einzelne meiner Poren verlangt nach ihm.

Vorsichtig kommen wir in Bewegung, als er mich rückwärts Richtung Schlafzimmer schiebt. Dann spüre ich die Tür an meinem Rücken und ich erstarre. Es kostet mich viel Mühe und ich ringe um Atem, aber ich schaffe es den immer gieriger werdenden Kuss zu lösen.

«Nicht.. hier.. » bringe ich keuchend hervor.

Normalerweise sind wir in solchen Augenblicken immer in seinem Arbeitszimmer. Es ist mir unangenehm es auf seinem Ehebett zu tun.

»Wieso nicht, keiner wird uns stören.«

Ein Klicken, dann merke ich, wie die Türe hinter mir nachgibt und der Kuss wieder aufgenommen wird. Ergeben lasse ich mich in den Raum schieben und aufs Bett drücken. Nick beugt sich über mich und unsere Blicke begegnen einander. Nicht in der Lage den meinen abzuwenden, nähert er sich mir immer mehr, bis er schließlich über mir liegt und sein Unterleib hart gegen den meinen drückt.
 

Ich laufe auf der Stelle rot an. Er ist schon hart, schießt es mir durch den Kopf und meine Unsicherheit beginnt wieder zu steigen. Zaghaft stemme ich meine Hände gegen seine Brust.

«N.nicht, sie wird es riechen.» stammle ich etwas kläglich.

»Wird sie nicht.«

Und ich werde wieder geküsst. Aber diesmal drücke ich ihn fester weg.

«Doch, das wird sie!» protestiere ich.

»Was ist nur los mit dir? Sie ist weg, reicht das nicht?«

Das tat es nicht. Ich wollte protestieren, aber mein Handy kam mir zuvor. Etwas irritiert starrte ich auf das brummende Etwas in meiner Tasche.


 

Was wollten meine Eltern ausgerechnet jetzt von mir?

«Ich muss da ran gehen.» sage ich dumpf und Nick zog sich daraufhin freudlos wieder von mir zurück.

Aber die Nummer gehörte nicht meinen Eltern, sie gehörte Ian, zumindest laut meiner Anzeige. Ich ging ran, als mein Handy erneut ungeduldig surrte.

«Woher hast du meine Nummer?»

»Ich war an deinem Handy, damit ich dich erreichen kann, solltest du mir nichts dir nichts einfach verschwinden.«

Ich kann hören, dass er sauer ist deswegen und schlucke nervös.

«War keine Absicht.»

Ein langes Schweigen.

»Okay, schon gut, ich hab mir nur Sorgen gemacht. Meine Eltern haben gesagt, du wärst zum Mittagessen nicht da gewesen und jetzt ist es Abend. Wo treibst du dich rum?«

«Ich bin bei...» Nicks Blick lässt mich innehalten.

»Bei ihm?«

«Ja.»

»Hast du ihm noch eine verpasst?«

«Ähm, nein, eher... » ich kann spüren, wie sich meine Wangen aus Scham rot verfärben.

»Oh. Hab ich euch gestört?«

Sarkasmus liegt in seiner Stimme, Ian macht kein Geheimnis daraus, was er von meiner Affäre hält.

«Nein! Ich.. wollte sowieso grade wieder... gehen.» sage ich zwar, schiele dabei aber zu Nick.

Dieser hat seine Arme fest verschränkt und mustert mich streng. Also wende ich den Blick schnell wieder ab und starre stattdessen lieber den Teppichboden an, der vergleichsweise viel harmloser wirkt.

«Bis gleich. » flüstere ich fast, ehe ich auflege und mich wieder meinem Lehrer widme.
 

»Du gehst also wieder? Das ist mir ja ganz neu.«

Mir wird immer unbehaglicher zumute, sage jedoch nichts.

»Wann wolltest du mir das sagen?«

«Ich hab versucht, es dir zu sagen.» erwidere ich kleinlaut.

«Außerdem hast du Schluss gemacht, ich bin dir gar nichts schuldig!»

Das war mein Trotz. Ich hasse es gegen eine Wand gedrängt zu werden. Momentan überfordern mich Nicks Gegenwart und sein Verlangen einfach zu sehr.

«Ich brauche Zeit und ich muss nachdenken.» stelle ich klar, ehe ich annähernd fluchtartig die Wohnung verlasse. Ich glaube ich bin auch ein wenig gerannt. Aber hinterher betrachtet bin ich mir nicht mehr sicher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _Haru_
2011-06-20T11:33:41+00:00 20.06.2011 13:33
ohh~ wie gut, dass er seinem Lehrewr nicht nachgegeben hat
*sfz*
so ein Assi hey.. >.> *grummel*
Von:  sensi-chan
2011-05-31T17:39:25+00:00 31.05.2011 19:39
haaaaaaach~
ich liebe es~
schreib schnell weiter!!!
ich will wissen wie es weiter geht >.<
yay!


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