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La Rosa de Asturias

Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft
von

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El inicio de una amistad

Heute würde Juana eine wichtige Frage stellen und damit auf den eigentlichen Gegenstand des Interviews zurückkommen. Immerhin ging es hauptsächlich um David Villa, nicht um ein Mädchen aus seinem Dorf. Das hieß, mittlerweile musste die Kleine ja zu einer Frau herangewachsen sein. Wie Juana erst am Vortag in Erfahrung hatte bringen können, war diese Catalina immerhin 15 Jahre alt geworden. Und da Villa bislang nichts gegenteiliges hatte verlauten lassen, nahm sie an, dass das Mädchen nicht an irgendeiner ominösen Krankheit gestorben war. Allerdings fragte Juana sich doch, wie es kam, dass Villa so viel von dem Mädchen sprach. Entweder war sie ihm verdammt wichtig gewesen oder das war eine geschickte Methode, um von sich selbst abzulenken. Eine solche Aktion würde dem Fußballer recht ähnlich gesehen haben. Es war schließlich landläufig bekannt, dass Señor Villa Einmischung in sein Privatleben gar nicht schätzte und Informationen darüber preisgeben zu müssen dürfte ihm demnach kaum geschmeckt haben. Wie dem auch war, Juana war für alles dankbar, was sie von ihm erfahren konnte. Es würde sie zwar ein wenig Mühe kosten, den Artikel entsprechend zu gestalten, doch sie war nicht durch Faulheit an ihre jetzige Position gekommen. Also würde sie auch diese Aufgabe mit Bravour meistern. Dessen war die junge Journalistin sich ziemlich sicher.

Da sie es daheim nicht mehr ausgehalten hatte, fand Juana sich eine geschlagene halbe Stunde zu früh in der Hotelsuite ein, in welcher das Interview stattfand. Die Wartezeit vertrieb sie sich mit wilden Spekulationen, die sie teilweise ziemlich heftig kichern ließ. Und genau so traf David Villa Señorita Naseweis an: kichernd.

'Nanu?', fragte er sich verwundert, 'Hat das Fräulein schon am frühen Morgen einen in der Krone?'

Der Anblick einer sich amüsierenden Reporterin hob Davids Laune beträchtlich. Vor allem, da er kaum eine Viertelstunde zuvor einen handfesten Streit mit seiner Göttergattin gehabt hatte. Patricia hatte sich darüber beschwert, dass er in den letzten Tagen kaum Zeit für sie, geschweige denn für die Kinder gehabt hatte. Natürlich gefiel dieser Zustand David genausowenig, doch man musste ihm auch einräumen, dass er derjenige war, der das Ein- und Auskommen der Familie verdiente. Patricia ruhte sich auf seinen Lorbeeren aus. Sie musste sich nicht mal besonders um das Haus kümmern. Dafür hatten sie Personal. Einzig und allein die Kinderpflege oblag ihr. Das waren wenige Aufgaben, wenn man bedachte, dass Puyols Freundin arbeiten ging, Olalla sich selbst um den Haushalt und ihre Kinder kümmerte und das Eheweib von Xabi Alonso sogar noch für Terre des Femmes tätig war.

'Sie sollte sich wirklich nicht so maßlos beschweren!', fand David.
 

Kaum, dass Juana ihren Gast bemerkt hatte, stoppte sie ihr unreifes Teenagergekicher sofort. So erwischt worden zu sein war zum einen arg peinlich, zum anderen zeugte es nicht gerade von Professionalität.

„Guten Morgen.“, brachte sie mit erstickter Stimme hervor. So ganz war das Kichern noch nicht aus ihrer Kehle gewichen. Zu allem Ärger schien Villa sich mehr als köstlich über ihren kleinen Anfall zu amüsieren, denn sein unbestreitbar attraktives Gesicht zierte ein breites Grinsen.

„Guten Morgen.“, erwiderte David in aller Gelassenheit, während er sich in seinen Sessel fallen ließ. Dabei machte er keinerlei Anstalten zu verbergen, wie ungemein er sich auf ihre Kosten beömmelte. Juana gab sich allergrößte Mühe, nicht aus der Haut zu fahren, obwohl ihr das ziemlich schwer fiel. Stattdessen rang sie sich ein zuckriges Lächeln ab.

„Wollen wir dann fortfahren?“

David, der noch immer grinste, nickte nur auf ihre Frage hin. Abwartend sah er sie an. Sollte sie mal eine Frage raushauen. Dass diese sich um Dreckspatz drehen würde, dessen war David sich sicher. Schließlich gab es noch Einiges, das sie nicht abgedeckt hatten. Juana räusperte sich leicht. Ihr Diktiergerät war aufnahmebereit.

„Sie haben mir noch nicht verraten, in welcher Beziehung Sie zu dem Mädchen standen.“, begann Juana, mit hochgezogener Augenbraue.

„Wir waren gut befreundet.“, erwiderte David mit einem Achselzucken.

Mehr fiel Señorita Naseweise nicht ein? Ganz schön arm...

Doch weit gefehlt. Juana machte sich gerade erst warm.

„Dann erzählen Sie mir doch, wie es dazu kam, dass diese enge Freundschaft entstand.“, forderte sie ihr Gegenüber auf.

Einen Moment lang starrte David sie nur an. Es war keine Geschichte, die er gern erzählte. Zumal das Ganze 20 Jahre her war und er wirklich überlegen musste, um sich an alles zu erinnern. Manches hatte er auch einfach verdrängt.

„Kommen Sie schon, Señor Villa.“, frotzelte Juana mit einem süßen Lächeln, „Sie leiden doch nicht unter Alzheimer.“

Damit rächte die Journalistin sich für das dumme Gegrinse, welches Villa so offen zur Schau getragen hatte. Juana hatte ihren Stolz und den ließ sie von niemandem verletzen. Vor allem nicht von einem Mann, der zwar für den Rest Spaniens ein Held war, für Juana aber nur ihr nächster Gehaltsscheck. Mit einem Seufzen begann David schließlich seine Geschichte, auch wenn ihm leicht unbehaglich zumute war. Zu lange hatte er nicht mehr daran gedacht.
 

„Nun ja, zunächst war ich nicht wirklich mit Dreckspatz befreundet. Wir haben zwar zusammen mit den anderen gespielt, aber ansonsten hatte ich nie viel mit ihr zu tun. Das lag natürlich vor allem daran, dass sie von den meisten anderen Kindern gemieden wurde. Meine eigene Mutter hat mit verboten mit Dreckspatz zu spielen und da ich sie genauso seltsam fand, wie der Großteil meiner Spielkameraden, hielt ich mich an die Weisung meiner Mutter. Allerdings hielt das nur an, bis ich 9 Jahre alt war.“

Juana hob fragend eine Augenbraue. Was mochte wohl so Spannendes passiert sein, dass Villa seine Meinung über das Mädchen geändert hatte? Dazu kam der junge Mann im nächsten Atemzug.

„Wie Sie sicherlich wissen, geschah der Unfall, dem ich es beinahe zu verdanken hätte, nur ein Bein zu sitzen, als ich neun war.“

Hier machte Villa eine kurze Pause. Er räusperte sich. Man merkte ihm deutlich an, dass er sich nicht besonders wohlfühlte. Dennoch fand er, dass er jetzt nicht abbrechen konnte. Immerhin hatte er bereits begonnen, Juana reinen Wein einzuschenken. Da konnte er ebenso gut auch den Rest loswerden.

„An dem Tag spielte ich, wie schon so oft, mit ein paar älteren Jungs aus dem Dorf Fußball. Dreckspatz war ebenfalls anwesend. Sie liebte es, uns dabei zuzusehen. Jedenfalls war ich gerade auf dem Weg zum Tor, als es passierte. Julio, ein ziemlich großer, schwerer Junge foulte mich, so dass ich auf den harten Asphalt fiel. Leider so unglücklich, dass mein Oberschenkelknochen brach.“

Bei der Erinnerung daran verzog David das Gesicht. Noch heute konnte er sich lebhaft an den grausamen Schmerz erinnern, den er damals empfunden hatte. Auch Juana schnitt eine Grimasse. Sie hatte zwar noch niemals so einen Unfall gehabt, konnte sich allerdings gut vorstellen, dass so etwas ordentlich schmerzhaft war. Insgeheim war sie froh, dass sie eine solche Erfahrung nie gemacht hatte und hoffentlich auch niemals würde machen müssen.

„Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich vor Schmerz wie am Spieß geschrien habe. Die Jungs haben mich umringt und auch Dreckspatz war mit von der Partie.“, nahm David den Faden wieder auf, „Dann muss ich wohl ohnmächtig gewesen sein. Als ich wieder bei klarem Verstand war, brachte man mich gerade in die Notaufnahme des Krankenhauses.“

Er seufzte. Das waren wirklich keine angenehmen Erinnerungen, die da wieder hoch kamen. David schüttelte sich sogar ein wenig.

„Ich bekam nicht alles mit, was gesagt wurde. Dazu war der Schmerz viel zu groß. Außerdem hatte ich panische Angst, nachdem der Arzt die Worte 'Oberschenkelbruch' und 'Amputation' hatte fallen lassen.“

Das konnte Juana ausnahmsweise sogar nachvollziehen. Wenn es so gekommen wäre, hätte Señor Villa nie wieder Fußball spielen können. Das musste eine schreckliche Vorstellung gewesen sein für einen Neunjährigen. Daher nickte Juana bedächtig, wartete aber den Rest der Geschichte ab. Schließlich war der Käse damit noch nicht gegessen.

„Fußball war schon immer wichtig für mich. Und vor allem als kleiner Junge träumte ich davon, Profi zu werden. Barcelona, Madrid, das waren zauberhafte Namen für mich.“

Jetzt feixte David.

„Nicht mehr spielen zu können... Allein der Gedanken brachte mich zum Heulen. Ja, klar, Jungs dürfen angeblich nicht weinen, aber ich war ein Kind und ich hatte Schmerzen und Angst.“, rechtfertigte David sich, dem es ein bisschen peinlich war, dass er soeben Señorita Naseweis gestanden hatte, dass er als kleiner Junge geheult hatte wie ein Schlosshund. Mittlerweile hatte er den inneren Springbrunnen abgestellt. Nur Zorn und Freude zeigte er offen. Allerdings war ersteres nicht immer so gut kontrolliert, wie David es gern gehabt hätte. Er gab es nicht gern zu, doch ab und an konnte ihm dann die Hand ausrutschen.

„Im Endeffekt wurde ich zwar operiert, doch mein Bein durfte ich zum Glück behalten. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal, wem ich das zu verdanken hatte. Jedenfalls musste ich sechs Wochen im Krankenhaus bleiben. Und zu meiner großen Verwunderung war es Dreckspatz, die mich jeden einzelnen Tag davon besuchte. Manchmal brachte sie Blumen mit. Oder Schokolade. Die Margarita fuhr sie in ihrem klapprigen Auto her und wenn es mal nicht klappte, nahm Dreckspatz einfach den Bus.“

Nun lächelte David versonnen. An alles nach der Operation erinnerte er sich schon lieber. Da hatte er zwar noch Schmerzen gehabt, doch Dreckspatz hatte sie ihm vertrieben, ebenso wie die Zeit. Nach und nach hatte er festgestellt, dass in dem kleinen, blonden Mädchen mehr steckte, als das nun schon weniger verwahrloste Äußere bislang hatte vermuten lassen.

„Tja, und seit meinem Krankenhausaufenthalt hatte ich eine beste Freundin.“, schloss David schließlich mit einem Lächeln. Mehr würde er Señorita Naseweis gewiss nicht auf die Nase binden. Juana nickte. Auch ihr Gesicht zierte ein Lächeln.

„Ist die Freundschaft zerbrochen, als Sie nach Gijon gingen?“, wollte sie dann noch wissen.

„Na ja, eigentlich schon früher. Ein paar Monate nachdem die Margarita gestorben war, begann Dreckspatz ziemlich rundlich zu werden und sehr gereizt. Ich hatte das Gefühl, dass sie etwas vor mir verbirgt, nahm aber an, dass es auf die Trauer zurückzuführen war. Jedenfalls verschwand sie von einem Tag auf den anderen. An der Haustür klebte ein Zettel, der verhieß, dass sie zwar wiederkommen würde, aber nicht in naher Zukunft.“

An dieser Stelle zuckte David bloß die Achseln. Er hatte sich damals nicht weiter den Kopf darüber zerbrochen. Und jetzt würde er auch nicht damit anfangen.
 

„Verstehe. Haben romantische Gefühle in Ihrer Freundschaft nie eine Rolle gespielt?“, hakte Juana nach, die ahnte, dass David längst nicht alle Geschehnisse preisgab. Also wollte sie die Grenze austesten. Mal sehen, wie viele Informationen sie ihm noch entlocken konnte, ehe er die Schotten endgültig dicht machte. Doch Juana kam nicht besonders weit.

„Selbst wenn es so wäre, meinen Sie, ich würde das ausgerechnet Ihnen auf die Nase binden?“, fragte David rhetorisch und in, wie er zugeben musste, ziemlich ätzendem Ton, „Nein, meine Liebe, ich habe Ihnen genug Dinge erzählt, über die Sie einen Artikel schreiben können.“

Mit diesen Worten erhob er sich. Hier war er definitiv fertig. Und zwar endgültig.

„Und wehe, Sie vergessen, mir ein Belegexemplar der Zeitung zukommen zu lassen!“, waren seine letzten Worte an Juana, die wie vom Donner gerührt in ihrem Sessel verharrte. Das war schon ein starkes Stück, dass er sie so abkanzelte. Aber andererseits musste sie ehrlich gestehen, dass sie mehr Informationen von ihm bekommen hatte, als sie je für möglich gehalten hatte. Es war wohl das Beste, zufrieden zu sein und sich an die Arbeit zu machen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-02-07T13:59:20+00:00 07.02.2011 14:59
boah .. wie fieß.. die einfach sitzen zu lassen...
böser villa ;-)

und das mit dem rundlich.. und in nächster zeit nicht wieder kommen... das klingt iwie nach schwangerschaft *hust*
*gespannt desu*


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