Zum Inhalt der Seite

Diary of Melina

anything but ordinary
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Whispering darkness.

Zuerst war es nur eine Ahnung. Ein Piepsen. Unwirklich, und doch wusste ich instinktiv, dass ich mich nicht täuschte. Ich wurde mir meines Körpers bewusst und zuckte leicht mit den Zehen. Meine Gesichtsmuskel zuckten, als ich den Schmerz spührte. Schwach. Nur die Idee eines Pochens in meinem Kopf, mein Körper fühlte sich steif und gerädert an. Ich traute mich nicht, die Augen zu öffnen, aus Angst tot zu sein. Als ich roch, breiteten sich Freude und Angst zugleich in mir aus. Es roch nach Krankenhaus. Steril und ein wenig süßlich. Das musste bedeuten, dass ich lebte. Langsam öffnete ich meine Augen und wurde sogleich von den Sonnenstrahlen geblendet. Dem Stand der Sonne nach, schätzte ich, dass es ungefähr kurz nach Mittag war. Auch mein Bauch, der lautstark nach Essen verlangte, ließ mich darauf schließen. Ich sah mich um. Mein Bett war das Einzige in diesem Raum, der privatpatientenmäßig eingerichtet war. Ich seufzte. Gut. Das hieß, meine Eltern wussten Bescheid. Aber Moment. Was war gestern gewesen? Warum lag ich hier? Ich schlug die Decke weg, wobei meine Arme, heftig schmerzten, und sah an mir herunter. Mir blieb die Luft weg. Mein Körper war übersäät von blauen Flecken, gelben Flecken, und Schürfwunden. Mein Puls beschleunigte sich. Was zum Teufel war gestern mit mir passiert? Der Monitor neben mir begann immer schneller zu piepsen, was mich nur noch mehr puschte. Ich kriegte kaum Luft, hyperventilierte. Plötzlich rauschte eine Krankenschwester in mein Zimmer, dicht gefolgt von Stacy, die sofort neben mir war, meine Hand fasste und gebannt auf die Spritze starrte, die mir geradezu in den Arm gejagt wurde. Sofort danach stülpte mir die grimmig dreinschauende Frau eine Tüte über den Mund und wollte mich so zwingen, meine Atmung zu regullieren. Wütend schlug ich ihren Arm weg und begann reflexartig zu schreien. Ich wollte, dass irgendwer kam. Mum, Dad, ja sogar Abby. Nur nicht diese dämliche Krankenschwester, die mir ununterlässlich die Tüte auf den Mund stülpte. Gerade wollte ich sie wieder wegschlagen, da umfasste jemand mit einem geradezu eisigen Griff mein Handgelenk. Ich drehte ruckartig meinen Kopf. Stacy. Sie sah mir bestimmend und tief in die Augen und ich starrte zurück, mein Blick sagte ihr deutlich, dass die Hand einer jungen Frau unmöglich so feste zudrücken konnte. Ihr Griff glich einem zu fest angelegten Druckverband, der mir meine Venen schmerzhaft abdrückte. Gezwungenermaßen entspannte ich meine Hand und atmete stoßartig aus, als ihr Griff sich lockerte. Nun war er immernoch fest, doch er war angemessen für eine junge Frau. Ich sah sie noch immer an, mein Blick war ein stummes Versprechen, dass ich das nicht vergessen würde, dass sie mir einiges erklären musste. Sie sah nun weg und räusperte sich. "Wie konnte das passieren ?", fragte sie ein wenig atemlos, so als hatte sie sich gesorgt. Das nahm ich ihr jedoch nicht ab. "Ich schätze, sie steht unter Schock. Besser, wir lassen sie jetzt in Ruhe. Sie dürfte sowieso gleich wegdriften", murmelte die schwarzhaarige Frau und verließ das Zimmer, als Stacy sich hinsetzte, wie um zu verdeutlichen, dass sie noch bleiben würde. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, fiel alle Anspannung von Stacy ab, und ich begriff, dass ihre Sorge tatsächlich nicht echt gewesen war. Sie überschlug ihre Beine und sah mich geradezu unbekümmert an. "Du hast uns allen nen´ echten Schrecken eingejagt, kleine M", ein Lächeln schlich über ihre feinen Gesichtszüge und kam doch nicht bei ihren Augen an. "Was ist passiert?", fragte ich und meine Stimme hörte sich seltsam an. Nicht wie meine Stimme. Sie klang gebrochen und ängstlich. " Ich hab dich gefunden, als ich auf dem Weg zum Stix war. Du lagst reglos in einer Seitenstraße, die ich als Abkürzung benutzen wollte", nun wurden ihre Gesichtszüge wieder bekümmert und ich fragte mich, ob das echt war, oder auch nur geschauspielert. "Ich dachte erst, du wärst tot. Aber du hattest noch Puls, warst nur ohnmächtig. Ich hab sofort den Notarzt gerufen und dann kamst du hierher", sie sagte das mit sehr viel Gefühl und sah mir die ganze Zeit in die Augen. "Und was ist passiert?", fragte ich erneut und forschte in ihren unschuldigen Rehaugen. "Die Polizei glaubt, du wurdest überfallen. Dein Geldbeutel ist weg und du wurdest nicht...", sie brach ab, lächelte sanft und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich wurde was nicht ?", hakte ich nach. Ich konnte momentan keine Rätsel oder halbe Informationen ertragen. "Vergewaltigt. Du wurdest nicht vergewaltigt", sprach sie es aus und mir wurde ganz schlecht. Daran hatte ich garnicht gedacht. Nach und nach verflog mein Hungergefühl. Es wich blankem Ekel. Dann, plötzlich, erhellte ein Blitz meinen Kopf. "Ich weiß noch, dass ich zum Park gegangen bin. Ja, ich war im Park", als ich es laut sagte, hörte es sich wahr an. Ich wusste, dass ich da gewesen war. "Nein, das kann nicht sein. Du warst nichtmal in der Nähe von irgendeinem Park. Die Ärzte sagen du hast ein Schädeltrauma und stehst unter Schock, daher..." "Nein!", rief ich ihr dazwischen und meine Stimme zitterte wie die einer Wahnsinnigen," Nein, Stacy. Ich war im Park. Ich war da. Ich weiß es!", sagte ich nachdrücklich und bemerkte, wie mich der Schlaf heimsuchte. Stacy sah mich an und ich sah lauter Fragen in ihren Augen, ihr gingen unwahrscheinlich viele Gedanken durch den Kopf. Kurz darauf hatte sie sich jedoch wieder gefasst und sah mich tadelnd an. "Schlaf jetzt. Du bist ja ganz durcheinander. Ich weiß, du glaubst zu wissen, was passiert ist", sie lächelte mich von oben herab an, ich fühlte mich klein und hilflos unter ihr," aber dein Gedächtnis spielt dir einen Streich. Keine Sorge, du wirst bestimmt bald einsehen, dass ich Recht hab", sie strich mir über die Hand und verließ das Zimmer. Noch als ich ihr zusah, wie sie rausging, fielen meine Augen zu und ich wurde hinabgezogen. Dunkelheit umschmeichelte mich und rief mich zu sich, warf mich in einen ruhelosen Traum, der meine Gedanken nur noch mehr verwirbelte. Als ich wieder aufwachte, saß meine Mutter neben mir. Mein Vater stand am Fenster und starrte in die Ferne. "Spencer, sie ist wach", lächelte meine Mutter und drückte mir sogleich einen Kuss auf die Stirn. Ich kam nicht drumrum, mich zu wundern, denn das hatte sie schon lange nicht mehr getan. "Wie fühlst du dich ?", mein Vater stand neben mir, unsere Hände berührten einander beinahe, doch er ergriff sie nicht. Wie immer. "Gut, denke ich. Aber meine Erinnerungen sind verschwommen", ich brachte ein Lächeln zustande und lauschte dem Knurren meines Bauches. "Du musst ganz hungrig sein", meine Mutter drückte übertrieben oft auf den Schalter an meinem Bett, der eine Krankenschwester herbeiklingelte. "Wo ist Kate ?", mein Magen zog sich zusammen, denn eigentlich konnte ich mir denken, warum sie nicht mitgekommen war. Trotzdem wollte ich es nicht wahrhaben. " Sie lernt für die Schule. Scheinbar schreibt sie morgen einen Test", meine Mutter war eine ebenso schlechte Lügnerin wie ich, und doch sagte ich nichts; ich wollte die Lüge glauben. Wenige Augenblicke später kam eine Krankenschwester mit einem Essenswagen hereingeplatzt und bot mir eine Vielfalt kulinarischer Variationen an. Jetzt war ich mir sicher: Ich war hundertprozentig Privatpatientin. "Danke, lassen Sie ruhig alles hier stehen, ich hab richtig viel Hunger", lächelte ich und schnappte mir sogleich das erste Tablett. Einen Krabbensalat an Limettensaft. Ich seufzte. Der würde mich sicherlich über Kate´s Abwesenheit hinwegtrösten. Kurz darauf machten sich meine Eltern auch davon. Irgendwie erleichterte es mich. Man hatte ihrem Besuch zu sehr angemerkt, dass sie zu tun hatten und dass ihnen mein ungeplanter Aufenthalt hier nicht in den Zeitplan passte. Ich aß für drei Tage- mindestens. Nach dem Krabbensalat hatte ich die Kürbissuppe, das Cordon Bleu, die Creme Brulee und zum Schluss die in Schokosoße getunkten Erdbeeren verschlungen. Bei letzterem war Anna dann hereingekommen. Ich freute mich so sehr, sie zu sehen, dass mir eine Erdbeere quer stecken blieb. "Trink etwas", lächelte Anna und ich erkannte-während ich trank- defintiv echte Besorgnis und Bekümmerung in ihren azurblauen Augen. "Wie fühlst du dich?", sie setzte sich neben mich und knöpfte ihren Trenchcoat auf, unter dem sie ein braunes Kleid trug. "Ganz ehrlich?", sie nickte," ziemlich beschissen", gestand ich und schob die Erdbeeren von mir weg. Vielleicht lags´ auch an denen. "Du siehst schlimm aus", sagte sie mit einem Blick auf meine Arme, die geradezu blau waren. "Danke", sagte ich trocken und begegnete ihrem schmerzlichen Blick. "Nein, nicht so. Ich meine schlimm, weil du so viele Wunden hast. Das macht mich traurig", ihre Stimme war so ehrlich, dass ich ihr ab diesem Moment vollends vertraute. Ich wusste irgendwie, dass ich das ruhig konnte. Dass sie mir glauben würde. "Stacy hat gesagt, sie hat mich in einer Gasse gefunden. Aber ich weiß, dass ich im Park war", ich sah ihr tief in die Augen und bemerkte die Regung in ihrem Gesicht. Eine Frage, die ihr durch den Kopf geisterte, wie Stacy zuvor. "Was weißt du?", hakte ich nach," Stacy und du, ihr verschweigt mir etwas und ich will es wissen. Ich muss es wissen", bekräftigte ich und griff nach ihrer Hand. Sie sah mich nicht an. Und ich wusste, dass ich Recht hatte. Nach einer Weile hob sie den Blick und sah mich liebevoll an. "James kommt morgen extra wegen dir zurück", ehe ich etwas sagen konnte, redete sie weiter," Stacy hat ihm gesagt, was passiert ist und er kommt morgen", sagte sie bestimmt und etwas in ihrer Stimme hielt mich davon ab, weiter nachzufragen. Ich nickte stumm und brachte ein Lächeln zustande. "Anna, ich denke, ich will noch etwas schlafen. Ich fühle mich..." "Natürlich, ich denke, es wird dir helfen, wieder gesund zu werden. Und dann erinnerst du dich auch sicher", sie lächelte mir zu, klopfte noch zweimal sanft auf meine Hand und verließ den Raum. Viele Gedanken wirbelten durch meinen Kopf. Warum wollte, oder vielmehr konnte Anna mir nicht sagen, was passiert war? Stacy und sie verschwiegen mir etwas, aber warum? War es zu schlimm? War es vielleicht besser, Gras darüber wachsen zu lassen? All diese Fragen machten mich schläfrig und ich schloss die Augen, um in einen unruhigen Schlaf hinabzusacken. Mein Körper verformte sich, wurde leicht, bis er eins wurde mit der Schwärze der Nacht. Erhaben flog ich über die Dächer, lachte lauthals und ließ mir den Wind durch die Haare wehen. Weit unter mir sah ich ein Mädchen durch die Straßen laufen. Sie sah mir sehr ähnlich. Kastanienbraune Locken hüpften beim Gehen. Aber sie sah komisch aus. Unwirklich. Unbelebt. Sie ging komisch. Es fiel mir kinderleicht, ihr zu folgen. Sie ging in einen Park. Mein Blut gefror in den Adern, als ich sah, wie sie plötzlich umfiel. Wie von Geisterhand. Schnell versuchte ich, näher heran zu fliegen, doch etwas hielt mich zurück. Wie sanfte Hände, die meinen Körper umschmeichelten und mich zurückzogen. Zu meiner Erleichterung erhob sich das Mädchen wieder, schien nun aber verwirrt und orientierungslos. Plötzlich erregte ein Zucken neben ihr meine Aufmerksamkeit. Nicht weit weg von ihr kauerten zwei Gestalten. Die eine schien bereits tot zu sein. Die andere jedoch sah nun zu dem Mädchen hinüber und knurrte es bedrohlich an. Ehe ich etwas unternehmen konnte, griff es sie an und schmiss es zu Boden. Ich wollte schreien, wollte hinunterfliegen und ihr helfen, doch die Nacht umwaberte mich und machte es mir unmöglich näher ran zu fliegen. Plötzlich tackelte eine brünette, junge Frau den Kerl mit unmenschlicher Kraft meterweit weg. Ich erkannte sie. Es war Stacy. Oder? Plötzlich war ich mir unsicher, ob ich sie kannte. Aber Stacy war der erste Impuls gewesen, den ich bekommen hatte. Hinter ihr ging ein blondes Mädchen, Anna. Wieder war ich überrascht, dass ich den Namen wusste. Langsam ließen die Schlingen von mir ab und ich trieb langsam tiefer. Nun konnte ich genau hören, wer sprach. "Bleib liegen", hörte ich Anna zu dem Mädchen sagen und ich wollte noch näher heran. Wollte sehen, wer das bemitleidenswerte Geschöpf war, dass wohl sterben würde. "Anna, hilf mir gefälligst. Verdammt, warum kann James nicht alleine verreisen?!", hörte ich plötzlich Stacy verärgert ausrufen, und ich verharrte in der Luft. James. James. James. Ich kannte ihn. Ich- doch plötzlich hörte ich Schüsse aus einer Waffe, die Stacy in der Hand hielt. Ohne mit der Wimper zu zucken, streckte sie den Kerl nieder. "Du weißt ganz genau, dass er Damien dafür braucht", erwiderte Anna wesentlich ruhiger und trat neben Stacy. Wer war Damien? Der Name sagte mir nichts, also beschloss ich, endlich tiefer zu fliegen. Leicht landete ich neben dem Mädchen und betrachtete sie. Und plötzlich, während ich sie musterte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Irritiert sah ich zu Stacy und Anna. Ja. Ja. Dann fiel mir alles wieder ein. Ich wollte zum Stix, als ich plötzlich die Energien spührte und zum Park ging. Ich hatte Recht, ich wusste es. Plötzlich wurde ich immer unruhiger, etwas zog mich wieder hinauf in die dunkle Nacht und ließ mich mit ihr verschmelzen, ich wollte mich wehren, doch zwei Hände umgriffen fest meine Handgelenke und zogen mich weg. "Melina, Melina wach auf! Wach auf, es ist nur ein Traum! Du träumst, wach auf!", hörte ich plötzlich eine aufgebrachte Frauenstimme und riss die Augen auf. Stacy hing über mir gebeugt und ließ meine Handgelenke los. Sofort richtete ich mich auf, ehe die Schmerzen mich geradezu erdolchten und niederfahren ließen. "Du hast gelogen, du hast mich mit allem angelogen, Stacy !", schrie ich aufgebracht und wand mich unter ihr, doch sie fixierte mich mühelos. Ihre Augen sahen fest auf mich hinab. "Wovon zum Teufel redest du überhaupt ?!", ihre Stimme war eiskalt, ohne jede Liebe oder Mitleid. "Das weißt du ganz genau!", schrie ich und riss mich los," ich weiß wieder alles. Ich hab Anna und dich im Park gesehen, und den Typ und", meine Stimme erstickte, als Stacy erneut meine Handgelenke quetschte. "Einen Scheiss weißt du! Du hast überhaupt keine Ahnung! Überhaupt nicht, du", plötzlich riss sie jemand von mir herunter und schubste sie gegen die Wand. Augenblicklich wich der harte Blick aus ihrem Gesicht und... sie sah beschähmt aus. "Was ist hier los ?", James Stimme schnitt eiskalt durch den Raum, sein Blick ruhte kühl auf Stacy. Unter seinem Blick wurde Stace wieder zu dem kleinen Mädchen, dass sie einmal gewesen war "James, ich", stotterte sie, ihr Blick huschte anklagend zu mir, dann schwang sie sich von der Wand und verließ wortlos das Zimmer. Ich sah ihr mitleidig hinterher. James Wut musste ihr sehr weh tun. "Ist alles okay bei dir ?", seine Stimme schlug schlagartig um, als er mich mit einem liebevollen Blick bedachte und neben mich trat. Sein Blick streifte meine Handgelenke und verdunkelte sich. " Mir gehts gut, ich" "War sie das?", er schien sich zu bemühen, ruhig zu bleiben und ich lächelte "Oh, das? Nein, dass hab ich von dem Typ". Ich wusste, wie schlecht ich log. Und ich sah in seinem Gesicht, dass er sich stark beherrschen musste. "Ich kläre das mit ihr", sagte er ruhig und ich hätte mich dennoch nicht mit ihm anlegen wollen. Wir schwiegen eine Weile. Er saß bloß neben mir und schien sich Gedanken zu machen. "Was ist los? Gehts dir gut?", ich legte meine Hand auf seine und suchte seinen Blick, der ins Leere ging. Er lachte leise auf, doch es war nicht das unbeschwerte Lachen, dass beinahe an Ignoranz grenzte, sondern vielmehr ein freudloses Lachen. "Du liegst hier, übersäät mit Wunden und fragst mich, wie ich mich fühle?", er sah übermüdet aus, hatte - wenn ich ihn länger besah- nicht viel mit dem James, den ich sonst kannte, gemein. "Irgendetwas bedrückt dich aber", hakte ich ernst nach und ließ sein falsches Lachen so verstummen. "Stimmt, da gibt es etwas. Ich muss dir eine Frage stellen. Sie ist im grundenommen ganz einfach", ich sah ihn abwartend an und folgte seinem Blick, als er sich näher zu mir lehnte." Du wolltest vor kurzem noch nichts mit mir zu tun haben. Jetzt war ich eine Woche weg und habe mich gefragt, ob sich das geändert hat. Ich habe dir schon gesagt, dass ich etwas für dich empfinde. Und so langsam wüsste ich gerne, was du für mich empfindest", ich hörte heraus, wie bedächtig er seine Worte gewählt hatte und sah ihn genau an. Die markanten Gesichtszüge. Seine klaren, ein wenig böse dreinschauenden Augen. Als wir uns das erste Mal sahen, hatte ich gesagt, dass diese Augen schwarz waren. Als ich sie jetzt genau musterte, waren sie dunkelbraun. Die Wärme in ihnen war unverkennbar. Das Feuer. Ich stütze mich schwerfällig auf, unsere Gesichter trennten Milimeter. Worte. "Ich hab´dich vermisst, ja. Und ich...", doch weitersprechen konnte ich nicht, da er sich vorgebeugt hatte und seine Lippen sanft auf meine legte. Ich sog scharf die Luft ein, legte meinen Kopf auf dem Kissen ab und zog James näher an mich. Scheinbar ohne jede Anstrengung stützte er sich ab, um mich nicht zu berühren. Er drückte seine Lippen sanft auf die meinen, beinahe so, als könnte ich zerbrechen. Angst vor dem Verlust lag in seinem Kuss, aber auch Erleichterung. Ich verlor jedes Zeitgefühl, vergaß meine Schmerzen und legte all meine Empfindungen in diese erste Berührung. Plötzlich piepste sein Handy, er löste sich ruckartig von mir und schwang sich, ohne mich zu streifen, vom Bett. Das Gepräch war kurz, ebenso wie seine Antworten. Als er mich wieder ansah, wurde die Wärme seines Blickes von dem Feuer überdeckt, sein ganzer Körper war angespannt vor Zurückhaltung. Mir wurde wieder klar, wie sehr er mich faszinierte - und misstrauisch machte. "Der Job", lächelte er, doch das Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen. "Geh nur", sagte ich und war mir sicher, dass er mein Kolibriherz hören konnte. Er lehnte sich nochmal über mich und sah mich intensiv an. "Also willst du mich wiedersehen?", seine Lippen kamen den meinen wieder bedrohlich nahe und es quälte mich, dass er eine Antwort verlangte, statt mich einfach ein letztes Mal zu küssen. "Ja, das will ich", flüsterte ich und wollte ihn erneut zu mir herunterziehen, als er sich sanft, jedoch bestimmt, losmachte. "Tut mir leid, ich muss wirklich los", er küsste mich auf die Stirn und rauschte aus dem Zimmer. Ich hielt die Luft an, umgab mich mit Stille. Ich wollte mir Vorwürfe machen, weil er mich so leicht wieder um den Finger gewickelt hatte, doch ich ließ es sein. Morgen war auch noch ein Tag, um zu bereuen. Fürs erste, würde ich mit seinem Kuss auf den Lippen einschlafen.

Ich stand in einem Raum. Es gab eine Tür, die Wände waren weiß. Unbehaglich weiß. Plötzlich hörte ich ein Flüstern. Sanft. Es beruhigte mich und leitete mich zu der Tür. Ich atmete tief durch, dann stieß ich sie auf. Nebel umwirbelte mich und verwischte den Raum, den Türbogen. Wie ein Geist umspielte er mich, ehe er sich legte und ich an dem Ort des Geschehens war. Der Park. Es machte mir Angst, am Boden zu sein, da ich wusste, was passieren würde. Kaum hatte ich den Gedanken gedacht, hob ich sanft ab. Ruhe durchflutete mich und die Stimme sprach mir Mut zu und machte mir klar, dass es wichtig war, dass ich wusste, was geschehen war. Ich nickte und suchte den Park nach mir ab. Ich fand mich in der Nähe von Bäumen stehend. Neben mir kauerte dieses furchtbare Kreatur, die sogleich auf mich zustürzte. Anna und Stacy kamen beinahe unmittelbar danach. Ich schwebte näher heran, sah die Gestalt in ihrem Käfig aus Licht. Unerklärliches Mitleid ereilte mich und ließ mich am Boden, direkt neben dem Käfig, landen. "Verdammt ich hab die falschen Kugeln dabei", hörte ich Stacy neben mir ausrufen, genervt trat sie einen Stein weg. Anna gesellte sich neben uns. "Schon wieder ein Seelenfresser. Das ist schon der zweite diese Woche", ihre Stimme war beinahe monoton. Ohne jene Wärme, die sie sonst erfüllte. Stacy fluchte weiterhin neben uns, klopfte sich den Schmutz vom teuren Cocktailkleid. "Wer bist du ?", Anna starrte geradzu ungerührt auf das Wesen hinab, eine helle Aura umgab sie, auch wenn ihr Gesicht düster war. Das Wesen schwieg. Azariel. Der Name schoss mir wie ein Blitz durch den Kopf. Das war sein Name. Azariel. " Wer schickt dich, Seelenfresser ?", ich hatte nie so viel Verachtung in ihrer Stimme gehört und es verschreckte mich, dass sie überhaupt so sprechen konnte. Wieder schwieg das Wesen, fauchte sie nur wild an. "Dann besiegelst du dein Schicksal", sagte sie entschieden und streckte einen Arm voraus. Ich sah fasziniert zu, wie sie anmutig ihre Hand austreckte und dabei alls Finger, bis auf den Zeige,- und Mittelfinger anwinkelte. Ihr Blick wurde schärfer, bis ich sah, wie sich das Wesen auf den Boden warf und versuchte, nach Luft zu schnappen. Irgendetwas in mir schien dann zu erwachen. "Nein!", schrie ich, "Nein, Anna, nicht! Er heißt Azariel! Azariel!", Dunkelheit umschlang mich sengend heiß und das letzte was ich sah, war, wie Licht aus Augen und Mund des Wesens schossen, ehe es leblos umfiel und liegen blieb. Ich schrie noch während ich aufwachte und sah schweißgebadet an mir herunter. "Es tut mir leid", ich erschrak und sah neben mich. Anna kauerte unbehaglich auf ihrem Stuhl und ich war überrascht, wie anders sie nun wieder aussah. "Du hast ihn getötet", hauchte ich angsterfüllt und das Mitleid, dass ich gegenüber diesem Wesem empfand, schnürrte mir die Kehle zu. "Ich weiß, dass du empfindsam bist", sagte Anna sanft und ergriff meine Hand. "Ich weiß, dass du ihren Schmerz fühlst. Hätte ich es gewusst, als ich ihn tötete, hätte ich das niemals getan. Das musst du mir glauben", ihre Hand drückte meine, doch ich war viel zu betäubt von all dem neuen Wissen, als das ich hätte antworten können. " Ich verstehe das alles nicht", war das einzige, was ich geradezu panisch immer wieder wiederholte. "Ich weiß. Aber du wirst es verstehen. Ich habe mich James widersetzt, indem ich dir diesen Traum sandte. Er will dich da raushalten. Aber ich will, dass du weißt, worauf du dich einlässt. Sowohl bei ihm, als auch bei uns", ihre Stimme war leise. Ängstlich. Beinahe dieselbe Verlustangst wie bei James gestern. "Ich verzeihe dir", die Worte kamen selbstverständlich über meine Lippen. Ich mochte Anna und wollte sie nicht verlieren. Sie half mir, ruhig zu bleiben, während wir so dasaßen und still vor uns hindachten. Ich glaubte, dass diese Ruhe sie umgab. Wie eine Aura, die auf jeden, der Zeit mir ihr verbrachte, übergriff "Sag das nicht. Noch nicht. Nicht, bevor wir mit dir geredet haben", sie stand auf und in ihrem Blick lagen Selbstvorwürfe und Zweifel. Es tat mir weh, sie so zu sehen. "Ich werde dir verzeihen", sagte ich, als sie beinahe die Tür raus war. Sie drehte sich nochmals um, ein trauriges Lächeln umspielte ihre Lippen. Dann ging sie.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Valanya
2011-02-25T20:06:24+00:00 25.02.2011 21:06
Oh man, das Ende ist echt genial! Jetzt bin ich wieder gespannt wie ein Gummringerl >.<
Andrew kam zwar gar nicht vor, aber das störte mich überhaupt nicht. Der Handlungsverlauf der Story hat es echt in sich *begeistert bin* Hach, du hast immer so tolle Ideen... *auch haben wollen*
Schreib schnell weiter, bitte! Ich muss wissen, was es mit diesen Seelenfressern und James, Stacy & Anna auf sich hat!

:**


Zurück