Zum Inhalt der Seite

Celina - das Wolfsmädchen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die Flucht

Nach langer Zeit kam der Wagen zum Stehen. Vor der Transportertür hörte ich Stimmen. Die Tür ging auf. „Dort ist das Mädchen. Wir wissen nicht, wie sie reagiert oder wie stark sie ist.“

Ein etwas muskulöser Mann kam in den Transporter rein. Ich ging erst in die Ecke, schnellte aber dann an ihm vorbei aus dem Transporter raus. Doch dann hielten mich zwei Männer fest. Ich strampelte wild, doch ich hatte keine Chance. „Bringt sie in den gepanzerten Raum. Wir machen später Tests mit ihr.“, meinte ein Mann in einem weißen Kittel und einer Brille auf der Nase. Die Männer führten mich durch einen großen metallenen Flur. Ich wusste nicht, wo ich war, aber ich hatte Angst. Was würden diese Menschen mit mir machen?

Ein weiterer Mann schloss eine verriegelte Tür auf. Hinter dieser Tür war ein kleiner Raum mit einem Tisch und zwei Stühlen. Dort sperrten sie mich ein. Ängstlich lief ich in die hinterste Ecke. Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und seufzte.

Alle Wölfe aus meinem Rudel wurden getötet. Mein Hass auf Menschen wurde immer stärker. Natürlich dachte ich an Flucht, aber ich wusste nicht, wie und wo der Ausgang war.
 

Nach einer Weile wurde die Tür geöffnet. Herein trat der Mann im weißen Kittel ein und noch zwei weitere Menschen, die wohl seine Beschützer waren. „Wie es aussieht, geht es unserem Findling gut. Möchtest du dich nicht setzen?“, fragte er scheinheilig freundlich. Menschen durfte man nicht trauen. „Vielleicht versteht sie Sie nicht, Sir.“, meinte einer der Männer, „Oder sie ist noch traumatisiert. Sie hat ihr Rudel verloren.“ „Ein Mensch bleibt ein Mensch. Ich bin sicher, dass sie mich verstanden hat. Auch wenn sie mir nicht antwortet.“

Natürlich hatte ich ihn verstanden, aber ich wollte ihm nicht antworten. „Komm doch mal her, Wolfsmädchen, setze dich auf den Stuhl. Es passiert dir auch nichts.“ Dieses heuchlerische Gerede! Wie sehr ich es doch hasste. Ich wollte nicht herausfinden, was passierte, wenn ich mich auf den Stuhl setzte. Der Wissenschaftler seufzte. „Ich glaube, wir müssen noch eine Weile warten. Kommt, wir gehen. Ach ja, führt sie bitte in eines der Zimmer in dem obersten Geschoss.“ „Aber Sir, dass sind die Besucherzimmer!“, widersprach einer der Aufpasser. „Vielleicht ist diese unhumane Gegend die Ursache für ihre abweisenden Handlungen. Und gebt ihr etwas zu essen und zu trinken.“ Mit den Worten verließ er den Raum. Die beiden uniformierten Männer blieben im Raum. „Falls du uns verstehst: Wir müssen dich jetzt in einen anderen Raum bringen. Bitte lass dich anfassen.“ Einer trat näher. Ich stand auf und ging ihm entgegen. Sie schienen mir zumindest momentan nichts tun zu wollen. Ein Besucherzimmer war etwas Besseres, als dieser eiserne, kalte Raum.

„Hey, Georg. Sie hat dich anscheinend verstanden.“, meinte der Andere, „Zumindest brauchen wir ihr nichts an zu tun. Da bin ich schon mal froh.“

Dann wandte er sich wieder zu mir. „Ich muss trotzdem deinen Arm festhalten und mein Kollege den anderen. Es sind gewisse Vorschriften, die wir einhalten müssen. Wir werden dich nicht feste halten.“

Sie führten mich aus dem Raum, den Gang entlang zu einem Aufzug. Die beiden Männer schienen freundlicher zu sein, als der Typ im weißen Kittel. Aber trotzdem traute ich ihnen nicht.

Der Aufzug fuhr in den vierten Stock. Der Gang sah schon ganz anders aus. Helle und freundliche lachsfarbene Wände mit weißen Leisten. An den kieferhölzernen Türen waren Nummern dran.

„Das Zimmer 571 ist heute frei geworden.“, meinte ein junger Mann in roter Uniform, „Hier sind die Schlüssel.“ Dann wurde eine der Türen geöffnet. Ich war überrascht.

Ein weißbezogenes Bett aus Buchenholz stand am großen Fenster, das einen Blick auf eine Grünanlage bot. Ein weißer Wandschrank ergänzte die weißgestrichenen Wände. Die Decke war lachsfarben, an der ein gläserner Kronleuchter hing. Neben dem Bett war ein Nachttisch mit einer Lampe. „Du kannst dich erstmal im Zimmer umschauen. Das Essen kommt später.“, erklärte einer der Uniformierten. Ich nickte leicht. Dann wandte er sich zu mir und ergänzte: „Mein Name ist Stefan, 23 Jahre alt.“ Der Andere war schon gegangen. Ich fühlte mich etwas sicherer und lächelte. „Ich bin Celina.“, sagte ich. Er zog die Augenbrauen hoch. „Hey, du kannst ja wohl sprechen. Deswegen hast du mich wohl auch verstanden. Bitte verzeih. Unser führender Wissenschaftler, Doktor Bonne, ist sehr auf Experimente mit Tiermenschen aus, was ich allerdings nicht befürworte.“ „Könntest du mir helfen, hier raus zu kommen?“, fragte ich hoffnungsvoll. Doch Stefan schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid, Celina, das kann ich leider nicht. Ich kann versuchen, die Experimente auf die Humansten zu reduzieren, wie z.B. den Menschlichkeits- oder Intelligenztest.“ „Was soll das heißen?“ „Bei diesen Tests wird nur geprüft, ob du weißt, was bestimmte Gegenstände sind und was man mit ihnen macht.“ „Mehr nicht?“ „Nur so ähnlich harmlose Tests. Ich muss jetzt gehen und weiter arbeiten. Ich komme später noch mal vorbei.“ „Okay.“ Dann verließ Stefan den Raum. Ich setzte mich aufs Bett. Nicht alle Menschen schienen schlecht zu sein. Stefan schien sehr freundlich zu sein.

Nach einer Weile brachte der rotuniformierte Mann ein weißes Tablett mit Essen, danach ging er sofort wieder. Ich hatte keinen Hunger und legte mich hin.

Jetzt merkte ich wieder, wie mich die Trauer überfiel. Akuma. Shira. Anuki. Das gesamte Rudel. Alle verloren. Und das an einem einzigen Tag. Tränen liefen mir aus meinen Augen, das Gesicht hinab und tropften auf das Laken. Ich weinte bitterlich. Wie sehr ich sie doch vermisste. Das war doch nicht fair. Alle waren tot, außer ich. Vielleicht sollte ich ihnen folgen, dann wären wir wieder zusammen. Und ich würde nicht mehr in Gefangenschaft sein und in der unendlichen Freiheit sein.
 

Stefan kam nur ganz kurz rein, gab mir die Zimmerschlüssel und entschuldigte sich. Wieder war ich allein.

Ich ging ans Fenster. Ein leichter Wolkenschleier bedeckte den abnehmenden Mond. Das Fenster öffnete ich. Ich wunderte mich, dass ich zwar alles aus meinem menschlichen Leben vergessen hatte, aber diese Sachen noch wusste. Wie es schien, hatte ich wohl doch nicht alles verloren. Ich hätte nun gerne gewusst, wer meine Eltern waren und wer meine Freunde. Doch dann dachte ich, dass sie mich gar nicht wieder sehen wollten, so wie ich mittlerweile aussah. Wenn ich traurig war, jaulte ich meist. Also warum sollte ich das nicht jetzt auch tun?

Ich holte tief Luft und ein langgezogenes Wolfsgeheul ertönte aus meinem Mund. Als ich aufhörte, erschrak ich. Aus weiter Ferne hörte ich eine Antwort. Ich kannte das Geheul! Es konnte von Akuma oder Anuki sein! Ich spürte diesen Drang, hier raus zu kommen. Ich wusste aber nicht, wie ich aus diesem Gebäude herauskam. Und aus dem Fenster springen? Nein, das war zu hoch. Verdammt! Ich heulte erneut. Wieder bekam ich eine Antwort. Dieses Geheul müsste von Anuki gewesen sein, aber ich wusste es nicht so genau.

Ich merkte, wie ich müde war. Der Tag war einfach zu ereignis- und emotionsreich, dass ich total platt war. Ich legte mich ins Bett und schlief auch kurz danach ein. Bilder vom Tag spiegelten sich vor meinen Augen ab. Wie wir gegen die Jäger kämpften. Ein weiterer Rückblick zeigte mir die Begegnung mit Seth. Ich war jetzt lieber bei ihm, als hier in dem voller Menschen und Metall stinkenden Gebäude. Stefan war zwar ein netter Mensch, aber auch eine Ausnahme.

Plötzlich schrak ich auf. Glassplitter flogen mir entgegen und schwarze Federn segelten zu Boden. Eine große, schwarze Gestalt mit schwarzen Schwingen kam durchs Fenster hinein. „Hallo, Celina.“ „Seth!“ Überglücklich lief ich in seine Arme. „Danke, dass du gekommen bist! Dich schickt der Himmel!“ Seth umarmte mich und meinte: „Halt dich gut fest.“ Dann sprang er mit mir aus dem Fenster und breitete die Flügel aus. Nun flogen wir in die Nacht hinein. Frei und ungebunden.

Auf einem Grasstück, etwas abgelegen, landeten wir. „Frei! Endlich!“, rief ich glücklich. „Wir können hier nicht lange bleiben. Die Menschen werden spätestens bei Sonnenaufgang dein Verschwinden bemerken.“ „Ich habe hier aber noch etwas zu tun.“ Ich lief ein Stück, wankte und stürzte zu Boden. Meine ganze Kraft war hin. „Du bist zu sehr geschwächt, um heute Nacht hier herum zu streunen. Suchen wir uns etwas, wo wir nächtigen können.“ In einer abgelegenen, heruntergekommenen Gasse war ein altes, leerstehendes Haus. „Lass uns hier auf den Dachboden gehen.“ Im Haus war es kalt und der Dachboden war nur voll mit Holzbrettern. Keine alten Möbel, nichts. „Wir werden wohl auf dem Boden schlafen müssen.“, meinte Seth, „Aber wenigstens werden wir hier nicht entdeckt.“ Er richtete ein paar Bretter zurecht, setzte sich und lehnte sich gegen diese. „Äh…“ Ich zögerte. „Komm her. Du frierst doch, oder? Leg dich zu mir, dann können wir uns wenigstens durch Körperwärme wärmen.“ Zögerlich setzte ich mich zu ihm und legte mich hin. Seth legte einen Arm über mich. „Schlaf schön, Celina.“, flüsterte er und schloss die Augen.

Ich schaute ins Gesicht. So nah vor mir! Er war schon sehr hübsch…makelloses Gesicht. „Danke noch mal.“, sagte ich leise, „Vielen, vielen Dank für alles.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück