Zum Inhalt der Seite

Träume

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

KAPITEL 5
 

Farin steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. Langsam zog er sich seine Jacke aus, schloss die Tür hinter sich und betrat das Wohnzimmer, wo er die Jacke achtlos über eine Couchlehne warf. In der Einsamkeit und Dunkelheit der Nacht stand er da, stemmte die Hände in die Hüften und atmete tief aus. Was für ein seltsamer Tag. Und der Abend erst.
 

Ziellos lief er umher und bemühte sich, seine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Was in aller drei Teufels Namen war da bloß vorhin geschehen? Was hatte er getan? Er wollte das nicht. Er wollte nicht aufstehen und gehen. Er wollte nicht, dass Bela seine Hand von ihm nimmt. Im Gegenteil. Die Nähe zu dem auf der Bühne wilden, doch im Privatleben eigentlich sanften Schlagzeuger, diese Vertrautheit, diese Intimität, waren noch nie so unglaublich intensiv wie in diesem Moment. Farin brauchte einige Zeit, um sich dessen bewusst zu werden und diese fremdartigen und doch bekannten Gefühle zu verinnerlichen.
 

Doch er fürchtete sich vor dem Gefühl, das in diesem Moment in ihm aufkeimte, fürchtete sich. Er hatte Angst vor dieser Veränderung, wusste nicht woher sie so plötzlich kam, und ob er sich dadurch verändern würde. Alles was er bisher über Bela gedacht und für ihn empfunden hatte schien falsch und unbedeutend zu sein. Von jetzt auf nachher. Hervorgerufen durch eine lange Zeit der räumlichen Trennung und dem Bewusstsein, dass ihm dieser Mensch wirklich fehlte. Noch nie in Belas Gegenwart hatte er so empfunden, so… komisch. Es war irgendwie anders als bisher.
 

Er hob seine linke Hand, wo Bela ihn berührt hatte, und glitt mit den Fingern der anderen Hand über das Handgelenk. Fast war es, als könne er Belas Hand immer noch auf seiner spüren, die Wärme, die von ihr ausging. Die Wärme seiner Worte, der sanfte, ruhige Ton, die angespannte, doch wunderschöne Stimmung. Farin wünschte sich jetzt, dass dieser Augenblick immer noch fortdauern und niemals zu Ende gehen würde. Wie gerne hätte er die Zeit bis zu jenem Augenblick zurückgedreht… Belas Hand genommen, ihm tief in seine wunderschönen Augen gesehen, ihn getröstet, ihn umarmt, ihm gesagt: du musst nicht um sie trauern. Du hast mich. Für immer.
 

Farins Herz, das während dieser unerfüllten Fantasien laut und heftig schlug, machte einen Satz und blieb beinahe stehen, als sein Verstand wieder einsetzte. Die Bilder waren aus seinem Kopf verschwunden, er sah wieder schemenhaft die Einrichtung seines Wohnzimmers. Er schwitzte leicht. Und das, obwohl es angenehm kühl war.
 

Farin musste schlucken. ACH.DU.SCHEISSE.
 

Er lief einige Schritte bis zur nächsten Wand und schlug seinen Kopf dagegen.

Ruhig bleiben. Nicht aufregen. Das ist mit Sicherheit ein situationsbedingter Impuls. Hervorgerufen durch Mitgefühl. Weiter nichts. Dein ganzes Leben lang hast du Frauen geliebt, geistig und körperlich. Du bist fast dein ganzes Leben mit ihm befreundet, da ist es doch wohl verständlich, dass es dich runterzieht, wenn es ihm schlecht geht. Das ist eine stinknormale, rein platonische Freundschaft.
 

Er dachte an den Heiratsantrag, den Bela ihm scherzhaft voriges Jahr auf der Bühne gemacht hat. Und daran, dass er ihn angenommen hatte. Nur im Scherz.

Verdammtes Herz, hör endlich auf zu pochen!
 

Zielstrebig durchquerte Farin – immer noch im Dunkeln – den Flur seines Hauses, lief bis ins Bad, drehte den Wasserhahn auf und klatschte sich mehrere Male eiskaltes Wasser ins Gesicht. Dann hob er langsam den Kopf. Belas böse Worte von vorhin waren längst vergessen. Das Mondlicht schien sanft durch das Fenster, und Farin betrachtete sich eingehend im Spiegel über dem Waschbecken. Wassertropfen rannen sein Gesicht hinab, sammelten sich an seinem Kinn, tropften hinab.
 

Morgen ist das alles bestimmt wieder vorbei. Schlaf erstmal eine Nacht drüber. Keinen Kopf machen.
 

Sein Spiegelbild nickte langsam, sah ihn aber fragend an. Bist du sicher, dass dem so sein wird?
 

Ohne zu antworten wandte Farin sich ab, betrat wieder den Flur, stolperte über den Läufer, fluchte leise, ging ins Schlafzimmer, warf seine Kleidung auf den Boden und sich auf die große Matratze. Er wälzte sich auf den Rücken und starrte zur Decke. Und starrte. Und starrte. Überall wohin er auch sah, war Bela. An der Decke. An der Wand. Am Schrank. Im Fenster. Neben sich. Sah ihn höhnisch an und lächelte. Ging nicht, obwohl Farin es sich wünschte.
 

„Merkst du eigentlich, wie du dich gerade selbst belügst?“ fragte die Erscheinung des Schlagzeugers und lächelte verächtlich. „Schon wieder? Dass du deine Gefühle verdrängst und verleugnest, obwohl du eigentlich wissen solltest, dass das nicht geht?“
 

Farin drehte sich auf die linke Seite, um Bela anzusehen.

„Und was, wenn ich zu meinen Gefühlen stünde? Was brächte das mir? Außer Schmerzen, Qualen und der Gewissheit, dass meine Sehnsucht nie gestillt werden wird?“ Farins Gesicht nahm einen verzweifelten Ausdruck an. Jetzt dachte er schon daran.
 

„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?“ entgegnete Bela und lachte.
 

„Verarschen kann ich mich selbst, ja?“ grummelte Farin und drehte sich weg. Immer noch lachte Bela. Lachte und lachte und lachte.
 

In einem plötzlichen Impuls schnellte Farin herum, ergriff sein Kissen und schleuderte es durch Bela hindurch an die Wand. Die Illusion seines geliebten besten Freundes verschwand, während sein Lachen leise verhallte. Farin sah ihm nach und wünschte sich, dass Bela zurückkam. Naja, eigentlich sollte er sich wünschen, dass seine Halluzinationen aufhörten.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Koribian
2009-06-19T16:19:00+00:00 19.06.2009 18:19
Hallöchen!
Also am Anfang fand ich es schon recht seltsam, die Story zu lesen und so. Aber nach ein, zwei Kapiteln hab ich mich dran gewöhnt und mich richtig gut eingelesen. Ich finds sogar ziemlich spannend. Schön gestalten und gut zu lesen, weiter so! Und ab jetzt zähle ich mich voller Stolz zu deinen Lesern. ;D

Liebste Grüße,
Koribian
PS: die ärzte sind und bleiben die beste Band der Welt! :]




Zurück