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D.Gray-Man

Die unbekannte Geschichte
von

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(Böses) Erwachen

(Böses) Erwachen
 

Der dunkelblaue Nachthimmel, den die schweren, dunklen Regenwolken endlich annähernd freigegeben hatten, begann sich im Osten bereits rötlich-violett zu verfärben, als die ersten noch weit entfernten Sonnenstrahlen unter einem günstigen Winkel atmosphärische Gase zum Leuchten anregten und so das Morgenrot erzeugten. Nach einer alten Bauernweisheit kündigte solch ein Morgenrot einen Wetterwechsel an, der von vielen nach den langen Wochen des Nebels und Regens sicherlich begrüßt werden würde.

Noch zaghaft kämpfte sich das hellstrahlendste aller Himmelsgestirne über den Horizont, doch schon ergoss sich das erste, frühmorgendliche Licht durch die Fenster des klösterlichen Ostflügels. In der zweiten Etage, direkt über der ausgedehnten und umfangreichen Bibliothek, hatte Lavi ein Quartier bezogen. Er liebte es morgens von den allerersten Sonnenstrahlen geweckt zu werden. Es war ein sanftes Hinübergleiten von Schlagen zu Wachen, ganz anders, als wenn er sich einen Wecker gestellt hätte, der ihn womöglich gerade aus einer seiner Tiefschlafphasen reißen würde. Da war die natürlichere Methode einfach schonender und außerdem gehörte er Rotschopf nicht zu den Langschläfern, die bis zum frühen Mittag noch in den Puppen lagen.

So wurde er auch diesen Morgen sanft von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die allmählich in sein kleines, privates Reich fluteten und es so Stück für Stück zu erhellen begannen. Die langsam zunehmende Helligkeit registrierte sein Körper ganz instinktiv und leitete einen schonende Aufwachphase ein, die den Frühaufsteher mit erfrischtem Geist erwachen ließ.

Ein leises Murmeln war das erste, was Lavi von sich gab, bevor er langsam das linke Auge öffnete, um den neuen, frisch angebrochenen Tag entgegenzublicken. Das rechte, unversehrte Auge ließ er geschlossen, denn wenn er schlief trug er die schützende Augenklappe nicht.

Sein rechtes Auge war vollkommen funktionsfähig, besaß jedoch eine Besonderheit. Wann immer er von besagtem Sinnesorgan Gebrauch machte, konnte er schärfer sehen als ein Adler, doch forderte die erhöhte Datenflut, die sein Auge dabei aufnahm seinem Gehirn eine große Anstrengung ab und ermüdete ihn rasch.

Jedoch vermochte er mit dieser speziellen Fähigkeit einen einzelnen Gegenstand, den er zuvor gesehen hatte, in einer chaotischen Ansammlung ähnlicher Gegenstände wieder zu finden, so wie damals beim Kampf in der Arche Noah. Damals waren sie unfreiwillig in die Arche gezogen worden und hatten an verschiedenen Orten in der Arche, in so genannten Räumen, gegen Mitglieder der Noah-Familie gekämpft. In einem dieser Räume hatte man ihnen den Schlüssel abgeluchst gehabt, der ihnen die Tür zur Heimat hatte öffnen sollen.

Perfide, wie ihre Gegner, Jasdero und David, gewesen waren, hatten sie den einen Schlüssel in einem unendlichen Meer von ähnlichen Schlüsseln versteckt gehabt. Es war ihnen eigentlich unter diesen Bedingungen unmöglich gewesen den einen Schlüssel wieder zu finden, doch Lavi war es dank seiner speziellen Begabung gelungen

Da er allerdings keine richtige Kontrolle über diese außergewöhnliche Fähigkeit besaß, trug er zu seinem eigenen Schutz eine Augenklappe darüber.

Sich langsam aufsetzend rieb er sich den Schlaf aus den Augen und griff neben sich auf den kleinen Holztisch, der als Ablageplatz für seine nächtlichen Lektüren diente. Nach kurzem Tasten fischte er die Augenklappe zwischen zwei dicken Schinken hervor und legte sie sich um. Genüsslich streckt er sich, was von einem herzhaften Gähnen begleitet wurde. Das rotbraune Haar stand ihm mal wieder in unmöglichen Richtungen vom Kopf ab, sodass er befand, das eine Dusche das einzig wirksame Mittel war, um seine widerspenstigen Haarpracht wieder in den Griff zu bekommen. Nur in einen hellblauen Pyjama gekleidet dackelte er mit einem zusätzlichen Handtuch und einem Morgenmantel über dem Arm munter pfeifend über den Flur Richtung Gemeinschaftsbad. Diese frühe Morgenstunde hatte einen zusätzlichen Vorteil, er war alleine im Bad und konnte ungestört die heiße Dusche genießen

Seine ebenfalls blauen Plüschpantinen klapperten munter über den gefliesten Fußboden des Bades, bevor er aus eben diesen schlüpfte, um den Pyjama folgen zu lassen. Sorgsam legte er seine Sachen auf ein Ablagebrett neben der Duschzeile und betrat eine der Duschkabinen, die entfernt an Umkleidekabinen aus Kaufhäusern erinnerten. Wie die Natur ihn geschaffen hatte, stellte er sich unter die Stahlbrause und drehte das warme Wasser auf, bis er eine angenehme Strahlstärke und –temperatur gefunden hatte.

Ein leises, zufriedenes Seufzen entrang sich seinen Lippen, als er die ersten Minuten einfach nur das warme Wasser genoss, das auf seinen Körper hinunterrauschte. Dann griff er nach dem Shampoo, das bereit stand und seifte die durchnässten Haare ein, dass es nur so schäumte. Beim Duschen ließ er sich der junge Exorzist gerne etwas Zeit und diese Zeit nutzt er nun, um an das französische Mädchen zu denken, das sie am vergangenen Tag aus Lyon mitgebracht hatten.

Nachdem sie fachmännisch von einem der hiesigen Ärzte untersucht und weitergehend versorgt worden war, hatte sich Lavi nach dem genauen Zustand der kompatiblen Trägerin erkundigt. Der behandelnde Arzt hatte weitestgehend dasselbe diagnostiziert, wie der alte Bookman zuvor bei der Erstversorgung. Sie hatte weder Knochenbrüche noch innere Blutungen davongetragen, dafür aber eine äußerst schwere Gehirnerschütterung, weswegen sie auch noch unter strengster Beobachtung stand, da Hirnblutungen nicht eindeutig hatten ausgeschlossen werden können. Hätten sich in den letzten paar Stunden ebenfalls keine Anzeichen für die lebensgefährlichen Blutungen ergeben, so wäre sie fast aus dem Schneider, aber eben nur fast.

Sorgsam spülte Lavi das eingeschäumte Haar aus und achtete darauf, dass ihm kein Shampoo in die Augen gelangte, da das ziemlich unangenehm beißen konnte. Als nächstes nahm er sich das Duschgel zur hand. Es duftete nach Orange und Sandelholz, eine Mischung, die er sehr gerne roch. Genüsslich rieb er seinen Körper damit ein und spülte dann die dabei entstandene Seifenlauge ab. Seine rotbraunen Augenbraunen zogen sich besorgt zusammen, als er daran zurückdachte, wie der Arzt ihm zudem erklärt hatte, dass ihr Sorgenkind wohlmöglich unter einer dauerhaften Amnesie leiden werde, sobald sie erwachen würde.

Was mochte das wohl für ein Gefühl sein, an einem völlig fremden Ort aufzuwachen, Menschen mit unbekannter Muttersprache um sich zu haben und sich nicht einmal an seine eigene Existenz erinnern zu können? Sicherlich war es kein angenehmes Gefühl! Das war einer der Gründe, die ihn an diesem Tag so früh aus dem Bett getrieben hatten. In dem Moment, wenn sie erwachen würde, wollte er an ihrem Bett sitzen, ihr das Gefühl vermitteln für sie da zu sein und ihre quälenden Fragen beantworten, schließlich war er mit vielen Sprachen vertraut. Das musste er auch sein, schließlich wollte er einmal irgendwann Bookman werden. Die Aufgabe eines Bookmans war wichtige, geschichtliche Ereignisse mitzuerleben, zu beobachten und festzuhalten, Geschichte, die man in einem gewöhnlichen Geschichtsbuch nicht wieder finden würde. Dafür war das Studium möglichst vieler Sprachen essenziell, um sich auch in dem Land verständigen zu können, das man gerade bei dieser langwierigen Aufgabe bereiste. So geschult, war Lavi’s Französisch fließend und fast makellos bis auf einem schwachen englischen Akzent, den er bisher nicht hatte ausmerzen können.

Ein bisschen widerwillig drehte er den Duschhahn zu, sodass das warme Nass langsam verebbte. Das nasse Haar, das inzwischen etwas mehr als kinnlang gewachsen war, klebte ihm in dichten Strähnen an der Stirn, sodass er sich mit der rechten hand erst einmal freie Sicht verschaffen musste, bevor er die Duschkabine verließ. Die feinen Wassertropfen auf seiner leicht gebräunten Haut funkelten wie kleine Diamanten um Licht der Badezimmerlampen. Lavi warf seinem nackten Spiegelbild ein verschmitztes Lächeln zu, nicht, dass er selbstverliebt war, oder so, doch er fand, dass er nicht schlecht aussah. Für sein Alter war er von durchschnittlicher Größe, etwas 1,80m, seine Statur erinnerte an einem Sportler, da die Muskeln an Waden und Oberarmen etwas ausgeprägter waren, als bei Leuten, die wenig bis gar keinen Sport trieben. Lavi jedoch betrieb einen besonders gefährlichen „Sport“ als Exorzist und bedurfte dabei eines durchtrainierten, agil Körpers. Auf seiner rechten Schulter nahe dem Halsansatz zeichnete sich eine blasse Narbe ab, ein Andenken aus einem seiner zahlreichen Kämpfe.

Mit raschen Bewegungen rubbelte er sich trocken, da die fehlende Wärme des Wassers ihn langsam frösteln ließ und ihm dabei eine Gänsehaut bescherte, die sich über seinen ganzen Körper ausbreitete. Als er trocken war, schlüpfte er wieder in seinen Pyjama und zusätzlich in den mitgebrachten, flauschigen Morgenmantel. Erfrischt und entspannt von der Dusche griff er als nächstes nach seiner Zahnbürste, verteile eine minzige Zahncreme darauf und begann sich die Zähne zu putzen, als sich die Tür zum Gemeinschaftsbad erneut öffnete. Der Rotschopf blickte erstaunt auf, wer noch um diese frühe Uhrzeit schon wach war. Es war Allen Walker und sein zweiter Schatten, Howard Link. Allen sah grässlich aus, wie Lavi fand. Der arme Engländer hatte dunkle Rändern untern den leicht geschwollenen Augen, von denen er, so müde wie er zu sein schien, erst gar keinen Gebrauch machte, sondern einfach blind und schlaftrunken ins Bad an seinen Stammplatz stolperte, um Lavi’s Bespiel zu folgen.

„Morgen…“, murmelte dieser mit der Zahnbürste in der Hand und bedachte die beiden Neuankömmlinge mit hochgezogener Augenbraue. Der junge Inspektor erwiederte den genuschelten Morgengruß und reihte sich in das vorgegebene Schema ein, wobei auch er einen etwas übernächtigen Eindruck erweckte, auch wenn dieser es besser wegzustecken schien. Lavi’s scharfer Verstand kombinierte die auffälligen Beobachtungen und kam zu dem Schluss, dass Link Allen einem weiteren dieser nervenaufreibenden Verhöre unterzogen hatte, die sich inzwischen fast im Drei-Wochen-Takt in seinen Alltag eingefügt hatten.

Die Vertreter der zentralen Abteilung des schwarzen Ordens schienen Allen nach wie vor nicht über den Weg zu trauen und das nur, weil dieser die Erinnerungen des 14ten Noahs hatte implantiert bekommen. Etwas, wofür er nichts konnte.

//Armer Allen…// dachte Lavi mitleidig, als sein Blick den jüngeren Exorzisten von der Seite her erfasste. Mit der Zeit hatte er ihn wirklich sehr ins Herz geschlossen, diesen naiven, herzensguten, verantwortungsvollen Burschen mit trauriger Vergangenheit. Manchmal wurde er von Allen mit dessen tiefgründigen, bewegenden Lebensansichten überrascht, so wie damals, als sie gegen einen vermeintlichen Vampir und dessen Akumabraut gekämpft hatten.

Der besagte Vampir, Arystar Krory, war in Wirklichkeit ein einfacher Mensch mit Innocence-Zähnen. Seine Geliebte Eliade war ein Level zwei Akuma in menschlicher Gestalt gewesen, der im Dorf Level eins Akumas um sich geschart hatte.

Krory, getrieben von seiner Innocence, hatte diese als Menschen getarnten Dämonen zu nächtlicher Stunde gejagt und getötet, indem er sie mit seinen Innocence-Zähnen biss und ihr dämonisches Blut trank. Kein Wunder also, dass die rumänischen Dorfbewohner diesen Mann für einen Vampir gehalten hatten. Im Laufe der Mission hatten Allen und Lavi dem eigentlich herzensguten Mann begreiflich machen können, dass seine Geliebte Eliade in Wirklichkeit ein Monster war, das ihn töten wollte. Am Ende des daraufhin entbrennenden Kampfes hatte Krory seine Geliebte genauso gerichtet, wie die Level eins Akumas im Dorf. Obwohl Eliade ein gefährliches Monster gewesen war, hatte er diese wundervolle Frau geliebt gehabt und umso größer waren der Schmerz und die Trauer um ihren Verlust gewesen, der er mit seinen eigenen Händen herbeigeführt hatte.

Der Schmerz war so überwältigend gewesen, dass er die beiden Exorzisten angebettelt hatte, ihn niederzustrecken, sodass er ihr in die andere Welt nachfolgen konnte, selbst im Tod vereint. Das hatte Allen’s eigentlich friedlichem Gemüt den Rest gegeben gehabt. Wütend hatte er Krory am Kragen gepackt und ihn angeschrieen.

„Du hast die Person, die du so innig geliebt hast mit deinen eigenen Händen gerichtet! Ihr Verlust, der Schmerz, ohne sie leben zu müssen, die Erinnerungen an sie, soll das alles vergebens gewesen sein? Wenn es alles keinen Sinn mehr hat, dann werde Exorzist! Für ihren Tod, den du zu verantworten hast, ergreife das Rosenkreuz und werde Exorzist, werde ein Zerstörer der Leben rettet! Für Eliade, dass ihr Tod nicht vergebens war!“

Das waren damals seine aufgebrachten Worte gewesen, Worte, die der eigenen, schmerzhaften Erfahrung entsprungen waren, war er doch als kleiner Junge kurz nach dem Tod seines Ziehvaters Mana dem Versprechen des Grafen anheim gefallen. In seiner tiefen Trauer hatte er den Handel mit dem Grafen akzeptiert gehabt und die Seele des Verstorbenen in das schwarze Skelett gebannt, um so unwissentlich die Grundfeste für einen Akuma zu schaffen. Wie so üblich hatte der Graf seinen neuen Diener angewiesen den kleinen Jungen zu töten, doch der erste Schlag traf nur Allen’s linkes Auge, das dabei den Fluch erhielt, der ihn von der Zeit an begleitete. Den zweiten Schlag konnte er allerdings nicht mehr ausführen, das in dem Moment Allen’s bis dahin schlummernde Innocence zum ersten Mal erwachte und die Form einer riesigen Metallklaue annahm, auf deren Handrücken ein grünes Kreuz leuchtete.

Völlig eigenständig hatte sich die Innocence bewegt gehabt und die verfluchte Existenz des herbeigerufenen Akumas ausgelöscht. Mit seinen eigenen Händen hatte er eine Person getötet, die ihm in seinem jungen Leben am meisten bedeutet hatte.

Der Graf, seines frisch gebackenen Akumas beraut, hatte den Ort des Geschehens verlassen, nur um einer anderen, bedeutenden Person den Auftritt zu gestatten. Denn Allen’s fordernden Worte an den vermeintlichen Vampir warn durch das Zusammentreffen mit eben dieser Person entstanden. Es war sein erster Zusammentreffen mit seinem zukünftigen Lehrmeister General Marian Cross gewesen. Eben jene Person hatte ihn mit ähnlichen Worten ermahnt weiterzumachen, weiterzuleben, um den Tod des geliebten Ziehvaters nicht vergebens sein zu lassen.

Lavi hatte sich erst relativ spät diese Gesichte erschlossen gehabt, aber es erfüllte ihn immer wieder mit Bewunderung, mit welcher Beharrlichkeit und Hingabe der junge Engländer dieser Forderung gefolgt war und immer noch folgte. Das zeugte von innerer Charakterstärke, wie er fand. Nachdem er mit seiner Mundhygiene fertig war, nahm sich der Rotschopf einen Fön zur Hand, um seine strubbelige Mähne zu trocknen.

„Wir sehen uns später…“, verabschiedete sich Lavi von den beiden, als er fertig war und machte sich auf den Rückweg zu seinem Zimmer, um sich frische Sachen anzuziehen, einen kurzen Stopp bei der Kantine einzulegen, wo er sich ein schnelles Frühstück gönnen würde, um dann die schlafenden Schönheit im Krankenflügel zu besuchen. Die meisten Punkte dieser gedanklichen Liste waren schnell abgehackt, sodass er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen Richtung Krankenflügel schlenderte, dessen gewaltige, hölzerne Doppeltür passierte und die Reihen der vielen, zum Glück annähernd leeren Krankenbetten entlang schritt, bis er das eine erreicht hatte, nach dem er Ausschau gehalten hatte.

//Sieht so aus, als ob sie noch schläft…// stellte Lavi leicht schmunzelnd fest, als er an das Bett trat und sich dann bei der Krankenschwester, die gerade den Tropf wechselte, mit dem das Mädchen versorgt wurde, nach dem Befinden der Patientin erkundigte.

„Glücklicherweise können wir inzwischen Hirnblutungen definitiv ausschließen und ihr Grundzustand ist stabil, allerdings kann es aufgrund der schweren Gehirnerschütterung zu einem ausgeprägten Gedächtnisverlust kommen“, gab ihm die Schwester Auskunft und verschwand dann, um ihrer übrigen Arbeit weiter nachzugehen. Lavi dankte ihr und zog sich vom Nachbarbett einen lehnenlosen Stuhl heran, es war eigentlich mehr ein Hocker, um sich darauf zu setzen.

Am vergangenen Tag hatte er kaum richtig Zeit gehabt, um sich mit der vermeintlich neuen Kollegin vertraut zu machen, sodass er sich jetzt dazu Zeit nahm und sie etwas genauer in Augenschein nahm. Das rostbraune Haar, seinem nicht allzu unähnlich in der Farbgebung, reichte ihr wohl etwa knapp über die Schultern und war sanft gelockt. Die weiche Haut war schwach gebräunt, wie es von einem mediterranen Bewohner zu erwarten war. Ihre dunklen Wimpern waren sanft geschwungen, ebenso die zartroten Lippen.

Lavi schluckte leicht beim Anblick der sanft geschwungenen, leicht geöffneten Lippen und lehnte sich ein Stück zurück. Erst jetzt bemerkte er seinen leicht beschleunigten Herzschlag, der ihm aufgeregt von innen heraus gegen die Brust klopfte. Es verwirrte ihn, dass dieses Mädchen solch eine Wirkung auf ihn ausübte. Nun sie hatte das gewisse Etwas, ohne Zweifel, doch eigentlich war Lavi nicht gerade auf der Suche nach einem romantischen Gegenpart.

Es war so untypisch für seinen eigentlich kühlen Kopf die geregelten Bahnen so plötzlich zu verlassen. Nun er konnte nicht leugnen, dass er ein gewisses Interesse an dem Mädchen hegte, doch das entsprang seiner reinen Neugier, zumindest versuchte er sich das weiß zu machen.

//Wie hat sie es geschafft, gegen die Übermacht an Akumas zu bestehen, vor allem gegen die fünf Level drei Akumas…?// war eine der drängendsten Fragen, die dieser Neugier Nahrung gegeben hatten.

Sachte nahm er ihre linke Hand in seine, spürte ihre Wärme und die Zartheit ihrer Haut. Gedankenversunken streichelte sein Daumen über ihren Handrücken, während sein Blick den frischen Verband um ihren Kopf fixierte. Er konnte sich noch gut an die ausgefransten Wundränder der tiefen Stirnverletzung erinnern, die nach dem Abheilungsprozess wohl als schwache Narbe zurückbleiben würde. Die erste von vielen.

Ein Geräusch riss ihn aus seiner gedankenversunkenen Betrachtung. Das regelmäßige Piepsen des Überwachungsmonitors, an den das Mädchen angeschlossen war, hatte etwas zugelegt. Die Pulsfrequenz, die zuvor einer ruhenden Person entsprochen hatte, war langsam angestiegen und deutete darauf hin, dass sie bald zu sich kommen würde. Etwas verlegen legte er ihre linke Hand wieder zurück an ihren ursprünglichen Platz und wartete geduldig wie neugierig ihr Erwachen ab.

Schwach zuckten ihre Augenlieder, bevor diese flatternd aufflogen um sich daraufhin ob der ungewohnten Helligkeit zusammenzuziehen. Die rechte, leicht bandagierte Hand wanderte zum Schutz vor dem als unangenehm empfundenen Licht hinauf zu den Augen, um diese abzuschirmen. Irritiert und verwirrt blinzelten sie der hohen Decke entgegen, bevor ihre blaugrünen Augen mehr von ihrer fremden Umgebung in sich aufsogen.

„Bon jour…“, sprach Lavi sie von der Seite her mit leiser, angenehmer Stimme an, um sie nicht zu erschrecken und hatte fast sofort ihre vollste Aufmerksamkeit, obgleich diese aufgrund des Schmerzmittels, das sie über den Tropf bekam, noch etwas eingeschränkt zu sein schien. Ihre grünen Augen musterten ihn mit derselben Mischung aus Verwirrung und Unsicherheit, mit der sie bereits ihre Umgebung schon beäugt hatte. Schüchtern erwiederte sie den Gruß und überschüttete den Rotschopf fast augenblicklich mit einem wahren Schwall von Fragen.

Wo war sie hier? Warum lag sie in einem Krankenbett? Was war ihr zugestoßen? Wer war er und wer war eigentlich sie?

Die letzte Frage hatte nur in ihren Gedanken widergehallt, war noch nicht bis zu ihren Lippen vorgedrungen, die sich nun entsetzt schlossen. Wer war sie? Sie konnte sich nicht erinnern! Kein Name, keine vagen Erinnerungen, rein gar nichts war da, nur gähnende, weiße Leere.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  35M3R0D
2009-02-23T19:56:36+00:00 23.02.2009 20:56
Lavi wacht auf und Sam... tut es auch*G* Einerseits hat mir deine Erklärung für Lavis bookman Auge sehr gut gefallen, obwohl wir da ja noch nicht genau wissen, was es damit auf sich hat.
Und Sam hat Gedächtnisverlust... damit hätte ich nicht gerechnet, weil es einerseits natürlich beinahe schon ein Klischeemotiv ist, andererseits aber auch sehr viele Möglichkeiten bietet bei Sam nur langsam eine Vergangenheitsgeschichte aufzubauen.
Von:  Keram-Crovaxon
2009-01-31T08:47:22+00:00 31.01.2009 09:47
Oh gott, der arme Allen ^^" der braucht ne dringende Portion Schlaf
und wie du Lavi beschrieben hast, war wirklich toll. Aber am meisten interessiert mich, was da denn zwischen Lavi und Sam ablaufen wird, das er sich direkt in sie verschossen hat, damit hab ich garnicht gerechnet ^^"
schreib fleissig weiter ^^*knuff*



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