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Noch eine Liebesgeschichte

von

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Teil 1 Kapitel 2

Die Nacht schien nie zu enden. Ruri schaltete den Wecker aus und gähnte. Sie hatte tief geschlafen und war vom Wecker unbarmherzig geweckt worden. Sie rieb sich dir Augen und sah sich im Zimmer um. Als sie Kakeru erblickte erschrak sie, erinnerte sich aber sofort wieder an den Vortag und murmelte ein leises

„Guten Morgen“.

Kakeru lächelte und meinte:

„Dir sollte ich wohl eher noch einmal Gute Nacht sagen. Du siehst aus, als könntest du noch etwas Schlaf vertragen. Wann hast du denn deinen Krankenhausbesuch?“

Langsam kam Ruri zu sich und antwortete:

„Um halb elf. Ich habe einen Schlüssel für den Hintereingang, also sollte ich irgendwie unbemerkt entschwinden können.“

Sie stockte, weil ihr etwas einfiel.

„Hab ich dir eigentlich schon meinen richtigen Namen gesagt?“

Er schüttelte verwundert den Kopf.

„Habe ich das nicht? Na dann eben jetzt. Mein wirklicher Name ist Ruri, Ruri Aoi. Freut mich dich auch in meiner weiblichen Zottel-Gestalt kennen zu lernen.“ Sie lächelten sich an. Erst jetzt bemerkte sie, dass er schon fertig angezogen war. Und zwar trug er das gleiche, wie am Vortag.

„Ihr habt heute Sporttag, wie ich bereits gesagt hatte. Du kannst mein Sportzeug haben. Es ist mir zu groß und ich benutze es eh nie. Tu damit was du willst.“ Sie stand auf und ging Richtung Bad.

„Ich gehe jetzt erst einmal duschen. Du wirst weg sein, wenn ich wieder rauskomme, deswegen wünsche ich dir jetzt schon viel Glück. Ignorier die anderen einfach. Ich komme so schnell, wie ich mir diesem herz kann, zurück.“

Sie lächelte und verschwand im Bad. Kakeru zog sich um und machte sich lustlos auf den Weg zum Sportplatz.
 

Nach einiger Zeit kam Ruri wieder aus dem Bad.

„Was soll ich nur anziehen?“ dachte sie sich, als sie vor ihrem Kleiderschrank stand.

Sie entschied sich für ein weißes, knielanges Kleid mit Ärmeln, die kurz vor den Ellbogen endeten und auffächerten. Der Weg zum Krankenhaus war nicht weit, weswegen sie lief. Kakeru konnte sich in der Zwischenzeit unendlich viele Orte denken, an denen er lieber wäre. Er war froh, dass er wenigstens nicht mit ihnen duschen musste. Er ahnte schlimmer, als Ryouichi auf ihn zukam und den Mund öffnete:

„Na Kakeru, wie geht es dir? Dein Gesicht sieht gar nicht so schlimm aus, wie erwartet. Wo ist denn dein kleiner Schutzengel hin?“

Kakeru verdrehte die Augen und murmelte ein leises „Krankenhaus“. Er fasste genug Mut, um sich umzudrehen und wegzugehen. Er hörte Ryouichi noch etwas sagen, verstand aber nicht, was es war. Er würde erst wieder in zehn Minuten dran sein, wenn es um Freiwürfe beim Basketball ging. Er war bei allem eingeteilt, wo er niemanden berühren konnte. Ruri war mittlerweile mit ihrer Untersuchung fertig. Alles war okay. Der Weg zurück zur Schule würde ungefähr fünf Minuten dauern. Sie beeilte sich und kam gerade an, als Kakeru sich vor den Korb stellte. Sie zwängte sich durch die Jungs und feuerte ihn an. Zuerst schaute er etwas verwirrt, weil er sie nicht erkannte, aber dann grinste er, ging in die Knie und traf den Korb. Er ging zu ihr und sie lobte ihn.

„Musst du noch irgendwas hier machen, oder überhaupt im ganzen Sportfest?“

Er schüttelte den Kopf.

„Nein, hier muss jedes Mannschaftsmitglied nur einen Korb werfen und alles andere, was jetzt noch kommt birgt eine Berührungsgefahr mit mir für die anderen. Ich würde sagen ich bin hier fertig. Warum fragst du?“

Sie lachte.

„Ihr habt danach frei und könnt machen, was ihr wollt und ich dachte wir könnten in die Stadt gehen.“

Sie lächelte und zog in weg.

„Aber du solltest vorher lieber duschen.“

Sie hörten hinter sich das Getuschel sämtlicher Schüler, die sich immer wieder die gleichen Fragen stellten:

„Wer ist das Mädchen?“

und

„Was hat sie mit der Schwuchtel zu tun?“

Sie mussten lachen, nahmen sich an den Händen und rannten zum Wohnheim. Allerdings nur um die nächste Ecke, damit Ruris Herz nicht streikte. Als sie zu ihrem Zimmer kamen, standen die Kisten mit Kakerus Sachen bereits da und wurden von Kisuke bewacht. Als er die beiden sah lächelte er. Er ging zu Ruri und umarmte sie. Dann fragte er:

„Wie geht es dir? Ist mit deinem Herz alles in Ordnung?“

Sie lächelte und nickte.

„Alles in Ordnung, Papa. Er meinte es sei sogar etwas kräftiger geworden. Wenn ich mich weiterhin schone, dann könnte der Muskel wieder so erstarken, dass er fast so stark wie ein gesunder Herzmuskel ist. Das bedeutet ich könnte bis zu meinem 20. Geburtstag wieder gesund sein. Ist das nicht toll?“

Sie strahlte ihn an und erntete einen Kuss auf die Stirn als Lob.

„Das ist wunderbar, Ruri. Ach übrigens, wie läuft euer Zusammenleben so? Irgendwelche größeren Ereignisse?“

Kakeru und Ruri sahen sich an und schüttelten den Kopf.

„Nichts, wegen dem du dir Gedanken machen müsstest, Papa. Das einzige, was wir jetzt noch überstehen müssen ist die Erkenntnis der anderen, dass wir zusammenwohnen. Aber das überstehen wir auch.“

Ruri lächelte siegessicher. Kakeru starrte Kisuke fragend an. Als er das bemerkte fragte er:

„Was denn? Hab ich irgendwas an mir?“

Er schüttelte den Kopf.

„Nein. Ich hab mich nur gefragt, wie Sie es auf Ihrer Highschool ausgehalten haben. Hat es Ihnen wirklich gereicht nur von Ruris Eltern unterstützt worden zu sein?“

Kisuke dachte nach und antwortete schließlich:

„Ich denke wir sollten dieses Gespräch wann anders und an einem anderen Ort halten. Warum kommt ihr nicht mal in den nächsten Tagen in mein Büro? Da sind wir ungestört. Wolltet ihr nicht weggehen? Außerdem müssen die beiden Kisten noch ausgeräumt werden. Wir sehen uns dann in den nächsten Tagen.“

Er winkte ihnen zu und ging. Ruri drehte sich zu Kakeru um und sagte:

„Er wird dir deine Frage ehrlich beantworten. Er wollte sich ganz sicher nicht rausreden. Er wollte dir nur keine halbherzige Antwort geben.“

Kakeru nickte.

„Ich hatte keinen Augenblick daran gedacht, dass er sich drücken wollte.“

Sie lächelten sich an. Jeder nahm eine Kiste und stellte sie ins Zimmer. Kakeru sah Ruri an und sagte:

„Ich denke wir sollten sie in den nächsten Tagen auspacken. Ich bin dann mal schnell duschen.“

Ruri gab ihm eines ihrer Handtücher und er betrachtete kritisch das Herzchenmuster. Ruri grinste und hob abwehrend die Hände. Als Kakeru im Bad verschwunden war, beschloss Ruri schon mal die Kisten auszuräumen. Sie legte seine Kleidung ordentlich sortiert nach langärmlig, kurzärmlig, Unterwäsche und Hosen auf sein Bett. Sie holte Bettwäsche aus dem Lagerraum und legte sie ebenfalls aufs Bett. Anschließend räumte sie die Schulsachen auf den Schreibtisch. Damit war die erste Kiste leer. Aus der zweiten holte sie die Sommer- und Winteruniform, das Schwimmzeug und die Sportkleidung heraus und räumte alles ordentlich in den Schrank. Der Rest waren persönliche Dinge. Sie holte ein Portmonee, einen Wecker, etlichen Kleinkram und ein Bild heraus. Das Bild zeigte zwei Jungen, die jeweils den um die Schulter des anderen gelegt hatten und in die Kamera grinsten.

„Das bin ich mit meinem besten Freund aus der Mittelschule. Ich bin übrigens der linke.“

Ruri fuhr erschrocken herum. Sie hatte nicht bemerkt, dass Kakeru aus dem Bad gekommen war.

„Entschuldigung. Ich habe einfach in deiner Privatsphäre geschnüffelt. Es tut mir so leid.“

Er kam zu ihr und legte ihr tröstend die Hand auf den Kopf.

„Ist schon okay. Ich habe ja auch einfach fragen über das Bild deiner Familie gestellt.“

Er nahm ihr das Bild aus der Hand und lächelte es traurig an.

„Er war der erste Junge, in den ich mich verliebt habe. Ich wollte unsere Freundschaft nicht zerstören und versuchte meine Gefühle zu unterdrücken. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und sagte es ihm. Er lächelte und meinte das würde nichts an unserer Freundschaft ändern, aber er ging mir danach offensichtlich aus dem Weg. Die anderen verstanden nicht, warum er das plötzlich tat, aber sie machten es ihm nach. Am Ende erzählte er ihnen den Grund und von da an war mein Leben die Hölle. Auf einmal wussten es alle und gingen mir aus dem Weg. Sogar die Mädchen drehten sich angewidert weg und tuschelten.“

Ruri kam auf ihn zu und legte ihre Arme um ihn. Er stellte das Bild zur Seite, schloss seine Arme um sie und weinte. Sie wollte stark bleiben, aber auch ihr flossen Tränen über das Gesicht. Sie fand das Verhalten seines ehemaligen besten Freundes einfach nur grausam.
 

Als er sie wieder losließ schaute sie besorgt zu ihm auf, aber er lächelte wieder und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht.

„Warum weinst du denn?“ fragte er.

„Du bist doch gar nicht davon betroffen.“

Sie schüttelte den Kopf und antwortete:

„Natürlich bin ich davon betroffen. Du bist mein Freund. Ich weiß, was du durchmachen musstest. Ich hatte eine Freundin in meiner vorherigen Highschool, die ich schon aus der Middle-School kannte. Einer Tages sagte sie mir, wie du damals deinem Freund, dass sie sich in mich verliebt hatte. Ich sagte, dass es okay sei und dass es mir leid täte, dass ich ihre Gefühle nicht erwidern konnte. Für mich hatte sich nichts verändert, aber sie ist nach und nach daran zerbrochen. Eines Tages ist sie dann weggezogen. Man kann als derjenige, in den sich jemand des gleichen Geschlechts verliebt hat nur Fehler machen. Aber ich hoffe bis heute, dass Chiharu glücklich ist, dass sie jemanden gefunden hat, der ihre Gefühle erwidert. Das wünsche ich dir übrigens auch.“

Sie lächelte und drückte ihn noch einmal fest.

„Bei uns wird das bestimmt keine Auswirkungen auf die Freundschaft haben. Zum einen, weil ich ein Mädchen bin und zum anderen, weil ich dich nur so kenne und akzeptiert habe.“

Sie boxte ihn und grinste, dann drehte sie sich um und sagte:

„Bevor wir allerdings in die Stadt gehen solltest du dir etwas anziehen.“

Er sah an sich herunter und bemerkte, dass er nur im Badehandtuch im Zimmer stand. Er schnappte sie Sachen von den Stapeln auf dem Bett und zog sich an. „Soll ich meine Haare fönen, oder kann ich sie feucht lassen?“

Sie drehte sich wieder zu ihm um und fühlte nach, wie feucht seine Haare waren und meinte:

„Du solltest sie lieber fönen. Ich mache das schnell für dich. Setz dich auf den Stuhl da drüben am Fenster, da ist eine Steckdose.“

Er ging zum Stuhl und sie holte ihren Fön. Als sie anfing ihn zu fönen, fiel Kakeru etwas auf und er sagte:

„Du hast vorhin von deiner früheren Highschool gesprochen. Warst du nicht von Anfang an auf dieser?“

Sie lächelte ein wenig traurig und antwortete:

„Nein, ich bin erst vier Wochen nach Schulbeginn hier her gekommen. Nachdem Chiharu weggezogen war, lief es fast wie bei dir. Die anderen verstanden ihr Handeln nicht, gaben aber mir die Schuld und mieden mich. Man könnte fast meinen wir wären Seelenverwandte. Ich wurde von den Mädchen besonders schlimm geschnitten, deswegen bin ich hier, auf einer Jungenschule. Das Lustige ist, dass ich Chiharu nie die Schuld daran geben konnte, weil die in meinen Augen die schwerere Last zu tragen hatte.“

Sie lachte, aber es klang nicht besonders überzeugend. Sie fönte seine Haare schweigend trocken. As sie fertig war seufzte sie und meinte:

„Ich denke jetzt wissen wir wirklich alles über den jeweils anderen. Mir ist auch egal, wofür die anderen unsere Freundschaft halten. Wollen wir dann gehen?“ Kakeru nickte und stand auf. Er ging zur Tür, drehte sich zu ihr um, grinste sie an und hielt ihr seine Hand hin. Sie lachte, lief zu ihm und nahm seine Hand. Sie verließen das Wohnheim Hand in Hand und lachten dabei.

„Wohin wollen wir eigentlich gehen? Ich kenne mich hier doch gar nicht aus.“

Sie überlegte und meinte:

„Dann wird es wohl das Beste sein, wenn wir überall mal vorbeischauen. Wir haben 6 Stunden Zeit.“

Sie waren schon fast vom Schulgelände, als sie von hinten Pfiffe hörten. Hinter ihnen standen ungefähr zehn Jungs und grinsten. Einer davon war natürlich Ryouichi. Er trat vor und sagte spöttisch:

„Na, Neuer? Ist das deine Freundin? Weiß sie etwa gar nichts von deinem kleinen Geheimnis?“

Ruri zwinkerte Kakeru unauffällig zu und fragte völlig bestürzt:

„Welches Geheimnis denn, Kakeru-kun?“

Sie musste sich sehr zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Kakeru schaffte mit Mühe und Not ein einigermaßen peinlich berührtes Gesicht. Ryouichi fühlte sich dadurch bestärkt und machte weiter:

„Scheinbar weißt du es wirklich noch nicht, meine Liebe. Ich sage es dir ja nur ungern, aber dein Freund liebt dich nicht. Er kann dich gar nicht lieben, denn er ist schwul.“

„Wenn du das ungern sagst, dann fresse ich einen Besen“, dachte sie sich.

Ruri schaute Kakeru an und sagte völlig übertrieben:

„Das ist nicht wahr. Ich will das nicht glauben, aber dein Gesichtsausdruck erklärt alles. Es kann so nicht weitergehen, Kakeru. Ich mache Schluss.“

Sie drehte sich um und rannte davon. Allerdings nur aus dem Schultor. Sie stellte sich gleich daneben an de Wand und wartete. Sie hörte Ryouichis triumphierende Stimme;

„Tja, Schwuchtel. Jetzt bist du such deine Freundin los. Dein kleiner Schutzengel hält es bestimmt auch nicht mehr lange mit dir aus. Hey, wo willst du hin?“

Kakeru war ebenfalls losgerannt. Er sah Ruri an der Wand stehen und zog sie mit sich. Als sie weit genug entfernt von der Schule in einem Park waren, brachen sie in schallendes Gelächter aus. Sie lachten mindestens zehn Minuten. Als sie sich wieder beruhigt hatten sagte Kakeru zu ihr:

„Ich kann nicht glauben, dass sie darauf reingefallen sind. Du bist eine miserable Schauspielerin.“

Sie lachte ihn an und erwiderte:

„Du bist auch nicht viel besser. So etwas nennst du einen gekränkten Blick? Den hätte ich dir nie abgekauft.“

Sie mussten wieder lachen. Ruri sah sich um, ums eich zu orientieren und sagte schließlich:

„Hier in der Nähe gibt es ein nettes Café, wollen wir dahin gehen? Das Eis dort ist der Hammer. Zur Feier des Tages lad ich dich ein.“

Er nickte und sie zogen los.
 

Wenig später saßen sie bequem in gepolsterten Stühlen, tranken leckeren Milchkaffee und aßen ein Eis. Als Ruri auf die Uhr sah, bemerkte sie, dass sie bereits eine Stunde hier saßen. Sie aßen ihr Eis und sie bezahlte. Kakeru streckte sich und fragte:

„Wo gehen wir als nächstes hin? Gibt es irgendwo ein Einkaufszentrum oder etwas anderes, durch das man schlendern kann?“

Sie überlegte und sagte;

„Es gibt eines, aber das ist ein gutes Stück von hier entfernt. Wir könnten ins Kino gehen. Was meinst du?“

Er nickte und sie liefen los. Am Kino angekommen hatten sie Probleme sich für einen Film zu entscheiden. Sie beschlossen heute den Einen und an einem anderen Tag den Anderen zu sehen. Der Film ging zweieinhalb Stunden, das heißt sie hatten noch genug Zeit etwas anderes zu machen. Sie entschieden sich durch den Park zu schlendern und setzten sich schließlich an den Teich, den es dort gab. Ruri sah auf den Teich und sagte:

„Kisuke ist, nachdem meine Familie gestorben ist, oft nachts mit mir hierher gekommen. Das ruhige, leise Geplätscher hat mich immer aufgemuntert. Er meinte, dass ich immer mit einem Lächeln in seinem Arm eingeschlafen bin. Ich komme auch heute noch ab und zu hier her, um mich zu beruhigen. Manchmal kommt Kisuke auch mit und dann sitzen wir hier nebeneinander, so wie wir beide jetzt, und schauen auf das Wasser. Besonders bei Vollmond ist der Anblick unbeschreiblich. Das muss ich dir irgendwann mal zeigen.“

Sie lächelte ihn an und er lächelte zurück.

„Ja, das musst du mir wirklich mal zeigen. Wir kommen dann immer hier her, wenn es die Anderen mal wieder übertrieben haben.“

Sie blieben noch eine Weile schweigend sitzen. Schließlich stand Ruri auf und sagte:

„Wir sollten langsam zurück gehen, sonst werde ich noch mit dir gesehen. Dann wäre unser ganzes Schauspiel ganz umsonst gewesen.“

Er nickte und sie gingen los. Sie alberten noch auf dem Rückweg herum und verstummten erst, als sie wieder auf dem Schulgelände waren. Alle Schüler mussten jetzt beim Abendessen sein, wenn sie noch etwas haben wollten. Kakeru sagte er würde vorgehen und ihr Essen mit abholen. Ruri schlich zurück in ihr Zimmer und „verwandelte“ sich wieder in den Jungen Yuki Hio.
 

Als sie in die Kantine kam, saß Kakeru wie erwartet alleine an einem großen Tisch, während sich die anderen an die übrigen Tische quetschten. Als sie an einem Tisch vorbeikam, hielt sie einer der Jungen fest und zog sie neben sich. Er legte ihr den Arm um die Schulter, um zu verhindern, dass sie abhaute. Sie erkannte in ihm einen der Jungen, die heute Mittag dabei waren, als sie mit Kakeru „Schluss gemacht“ hatte. Sie anderen Jungs am Tisch grinsten. Sie ahnte nichts Gutes. Er zog sie noch näher an sich heran, sodass er ihr ins Ohr flüstern konnte:

„Du bist in Gefahr, mein Kleiner. Kakeru hatte die ganze Zeit eine Freundin, wusstest du das?“

Sie nickte langsam und er fuhr fort:

„Ach ja? Du wusstest es? Dann weißt du sicher auch, dass sie ihn verlassen hat?“ Sie nickte wieder.

„Das ist nicht gut für dich, weißt du? Er wird Trost suchen. Höchst wahrscheinlich körperlichen. Was denkst du, wer sich am Besten dafür eigenen würde?“

Ruri erstarrte. Sie konnte sich denken, was dieses Grinsen zu bedeuten hatte und es gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie versuchte sich loszureißen, aber er hielt sie unnachgiebig fest und sprach weiter:

„Das erste Mal ist es immer sehr schmerzhaft, weißt du. Wir dachten wir sollten dich darauf… vorbereiten. Wie er wohl reagiert, wenn er dich so sieht?“

Langsam bekam sie es mit der Angst zu tun.

„Lass mich los!“

Eigentlich sollte es selbstbewusst klingen, aber das gelang ihr nicht. Ihr stiegen die Tränen in die Augen, sodass sie kaum noch etwas sah. Plötzlich wurde der Griff gelockert und sie wurde sanft auf die Beine gezogen. Sie erkannte, dass der Typ, der sie festgehalten hatte von der Bank fiel. Sie sah sich um und sah, dass sich Kakeru schützend vor sie gestellt hatte.

„Er hat gesagt, dass du loslassen sollst. Hat dir deine Mutter nicht beigebracht auf andere zu hören? Ich habe übrigens alles gehört, was du gesagt hast. Sei dir sicher, dass ich dir jeden Knochen einzeln gebrochen hätte. Mal davon abgesehen, dass deine Sorgen unbegründet waren. Das war gar nicht meine Freundin, sondern nur eine Bekannte, die mitgespielt hat.“

Der Typ auf dem Boden rieb sich den Kiefer und sah wütend zu Kakeru auf.

„Warum bist du so stark? Du wirkst doch so schwächlich.“

Kakeru grinste selbstzufrieden und antwortete:

„Bloß, weil ich schwul bin, ändert das nicht den Fakt, dass ich ein Junge wie du bin. Ich gehe genauso wie viele hier ins Fitnessstudio.“

Er drehte sich zu Ruri um und sagte:

„Wir gehen noch schnell zum Supermarkt und holen uns etwas zu essen. Hier gefällt mir die Gesellschaft nicht.“

Er nahm ihre Hand und zog sie weg. Die Pfiffe hinter ihnen ignorierten sie einfach. Kakeru wollte noch schnell aufs Zimmer gehen und sein Geld holen. Ruri bot an hier auf ihn zu warten, aber er wollte sie nicht mehr aus den Augen lassen.
 

Sie liefen den ganzen Weg schweigend nebeneinander her, aber Ruri konnte sich denken, dass Kakeru vor Wut kochte. Als sie sich Fertiggerichte geholt hatten und auf dem Rückweg waren, fragte sie ihn:

„Warum hast du dich nicht früher schon zur Wehr gesetzt? Du bist doch stark genug. Du hättest Ryouichi damals locker zum Schweigen bringen können.“

Er lachte.

„Damals hatte ich keinen Grund. Er war nur wie die anderen von den vorherigen Schulen. Ich hätte ihnen am Liebsten allen die Nase gebrochen. Das sie so weit gehen und dir so etwas antun würden. Ich war fassungslos. Ich wüsste nicht, wie ich diese Schule ohne dich überstehen soll.“

Er sah zum Himmel und schnaubte. Ruri fühlte, dass er jedes seiner Worte ernst gemeint hatte.

„Weißt du, was mir aufgefallen ist?“

fragte er plötzlich und sie schüttelte überrascht den Kopf.

"Mir ist aufgefallen“,

fuhr er fort,

„dass Ryouichi bisher nur mich als Ziel für seine Sticheleien genommen hat. Du wurdest nur von den andern angegriffen, aber nicht von ihm. Mir war heute auch, als hätte ich gesehen, wie er aufstehen wollte. Ich bin mir sicher, dass er dir geholfen hätte, wenn ich nicht vorher dazwischen gegangen wäre. Vielleicht mag er dich ja.“

Ruri lachte.

„Ist das dein Ernst? Ryouichi soll mich mögen? Nie im Leben. Wir haben das erste Mal miteinander gesprochen, als ich ihn gebeten habe mit mir die Plätze zu tauschen.“

Kakeru gab nicht auf.

„Vielleicht hackt er nur auf mir herum, weil er eifersüchtig auf mich ist. Er denkt wahrscheinlich, dass er selbst schwul ist. Er weiß schließlich nicht, dass du ein Mädchen bist. Glaub mir, ich verstehe das Herz eines Jungen.“

Sie sah ihn skeptisch an. Ryouichi sollte in sie verliebt sein? Das schien ihr mehr als unmöglich, aber sie dachte auf dem Rückweg trotzdem über die Wahrscheinlichkeit nach.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Black
2008-10-09T20:04:19+00:00 09.10.2008 22:04
woooshiii... erster kommi XD .. also was soll ich sagen ... ich fand's toll!!

Wann geht's weiter? (bin gespannt auf das, was kommen wird XD)

LG Annet


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