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Ein ganz normaler Tag angst, Erlebnis, Schule

Autor:  Kagome2
Ein ganz normaler Tag

Morgens um 4:50 Uhr klingelt der Wecker, bleibe aber noch bis 05:20 Uhr liegen, dann aber muss ich wirklich aus den Federn. Heute ist ein Schultag. Schade eigentlich jeden Tag nehme ich mir vor am Abend früher zu Bett zu gehen und jeden Morgen möchte ich noch weiter schlafen.

Im Badezimmer angekommen beginnt die allmorgendliche Prozedur aus Zähne putzen, Katzenwäsche und Klamotten anziehen. Dann geht es ab zum Kühlschrank noch eben die Pausenbrote und die Wegnahrung rausgefischt, den Einen-schönen-Tag-bis-heute-Abend gegenüber dem Vater monoton herunter geleiert. Gestern gab es wieder Streit, darum fällt die Verabschiedung wenig herzlich aus. Kaum aus dem Haus raus, muss ich auch schon die Beine in die Hand nehmen um die Straßenbahn zu erwischen. Geschafft. Super, das heißt ich schaffe heute mal wieder pünktlich meine Anschlüsse. Am Zielbahnhof angekommen, überlege ich kurz ob ich nicht zur Abwechslung den Bus nehme, entscheide mich dann aber für das Laufen.

Die Sonne geht gerade auf und so ein Fußmarsch ist schön und macht müde Knochen munter. Auf dem Weg zur Schule denke ich noch: Prima, heute wird ein sonniger Tag, ein schöner Tag, ein ganz normaler Tag. Ich bin zufrieden und gutgelaunt.

Die ersten zwei Unterrichtsstunden verliefen ereignislos und für einen Dienstagschultag auch total normal. In der Mitte der dritten Stunde, die Lehrerin ist gerade dabei weitere Aufgaben zu verteilen. Kurz höre ich durch das geöffnete Fenster ein kurzes Sirenenheulen.

Kurz wundere ich mich warum es nur so kurz war, da klopft es an der Tür. Herein kommt die Schulleiterin, noch ahnen wir alle nichts schlimmes, dann aber sagt sie: „Bitte keine Panik…“. Na toll denke ich, die Bitte keine Panik zu bekommen, ruft eben diese in mir vor. Es ist wie mit dem blauen Elefanten, sagt jemand denke nicht an einen blauen Elefanten. Woran denkt man in dieser Sekunde plötzlich? Ja natürlich, an den blauen Elefanten. Trotz der Panik denke ich mir, erst mal hören was die Dame zu sagen hat.

„… wir haben so eben die Warnung von einem Amoklauf an unserer Schule erhalten. Alle Schüler sollen ruhig die Klassenräume verlassen und sich unten einfinden.“

Das sitzt. In den Gesichtern meiner Mitschüler macht sich die Verwirrung breit, die ich empfinde. Wieso Amoklauf? Warum ausgerechnet an unserer Schule fragen sich alle. Mir rutscht das oberste nach unten und verliert sich dann. Für eine Millisekunde denke ich mich verhört zu haben. Sicher ist es ein Feueralarm, aber es ist doch die Amokwahnung. Wie alle anderen stehe ich auf und merke, dass diese Warnung Panik in mir auslöst. In dem Moment ist mir Feuer lieber. Beim anderen stirbt man.

Die ersten hechten schon aus dem Raum. Ich überlege schnell ob ich mir die Jacke mitnehme, entscheide mich dann aber doch nur für mein Handy. Wahrscheinlich habe ich in dem Moment gedacht, wenn ich sterben sollte, kann ich mich wenigstens verabschieden. Auf dem Weg nach unten, fangen meine Beine an unkontrolliert zu zittern. Ich weiß nicht ob vor Kälte oder vor Angst bestimmt ist es beides. Auch weiß ich nicht ob ich hysterisch lachen soll oder doch lieber heulen. Alles kommt mir so unreal vor, immer wieder wiederhole ich mir die Frage Amoklauf bei uns? Warum? Warum passiert das mir, ich kenne bisher nur Berichte aus der Presse. Bilder von einem Polizei- und Krankenwagenaufgebot, Schüler die vor lauter Angst aus den Fenstern springen, Eltern und Angehörige die hoffend und bangend vor der Schule stehen und von Toten kommen mir ins Gedächtnis.

Mir wird schlecht. In der Schule gibt es gehbeinträchtigte Schüler, die im Ernstfall wohl kaum schnell vom Fleck kommen. Makaber, aber leichtes Kugelfutter wären. Daran mag ich nicht denken, ich schüttele die Gedanken weg. Unten versammeln sich hunderte von Schülern. Lehrer wie Schüler laufen ratlos umher. Keiner weiß was wirklich vor sich geht.

Langsam beruhige ich mich wieder. Für Panik ist immer noch Zeit, unterschwellig bleibt aber die Furcht zurück. Nach einigen Minuten befiehlt ein Polizist, nach oben in den linken Flügel zu gehen, der wäre schon kontrolliert. Kein Amokläufer dort. Glück gehabt.

Alle Menschen strömen nach oben. Mit der Zeit wird der linke Flügel voller und es gibt kaum noch Platz für sich allein. Dabei denke ich mir warum wir alle so zusammemgefercht stehen, damit wären wir ein sicheres Ziel. Ein Lehrer versichert mir, dass dem nicht so sei.

Vor mir stehen einige Polizisten und sichern uns. Das gibt mir etwas mehr Ruhe. Vor allem nach dem ich die Waffen in ihren Händen sehe. Wenn es sein muss werden sie schießen.

Auch die Anwesenheit der Lehrer und der anderen Angestellten gibt mir Ruhe und ich lass mich mit anderen Schülern auf Spekulationen und Schulgespräche ein. Wir verständigen uns darauf, dass wir im Grunde noch so lange keine Panik haben müssen, wie wir keine Schreie oder gar Schüsse hören. Dieses Argument ist für mich einleuchtend. Jedoch frage ich mich wie laut ein Schuss ist?

Einige der Schüler halten die Spannung und die Nähe zu den anderen nicht aus. Manche bekommen Platzangst oder Anfälle. Die Masse lässt sich in drei Gruppen teilen. Die einen die totale Angst zeigen, die anderen die die Angstgruppe beruhigt und die dritte die, die ganze Aufregung ignorieren und sich ablenken. Ich versuche mich in die Beruhiger und die Ignorierer zu integrieren.

Nach einer Weile dürfen wir ans Fenster gehen und das Treiben beobachten. Ich sehe zwar viele Polizisten aber nicht hektisch, auf dem Gelände sitzen sogar seelenruhig einige Schüler. So schlimm kann die Situation nicht sein, aber dennoch warte ich lieber mit der Erleichterung, bis uns gesagt wurde, dass alles in Ordnung sei.

Mir fällt ein, dass meine Mutter im Radio davon hören könnte und in Panik geraten könnte. Daher rufe ich sie lieber selbst an. Den Schock verpasse ich ihr dann doch lieber selbst und es klappt. Sie befürchtet das schlimmste, sekundenlang herrscht Stille am anderen Ende und ich beginne zu glauben, sie sei in Ohnmacht gefallen. Ich kann sie nur mit Mühe davon überzeugen, dass wir uns nur die Beine in den Bauch stehen und bisher nichts passiert ist. Sie gibt sich damit zufrieden, verlangt aber gleichzeitig, dass ich mich melden soll, sobald Gefahr in Anmarsch ist Sarkastisch antworte ich ihr: „Ja, Mama wenn ich um mein Leben rennen sollte, habe ich wohl kaum die Zeit eine SMS zu schreiben.“ Sie lacht. Bei mir denke ich, wahrscheinlich würde ich in dem Fall eher meinen Freund eine Ich liebe Dich byebye Sms schicken. Genau weiß ich das nicht.

Nach einer Stunde, dann endlich die Entwarnung wir dürfen wieder zurück in die Klassenzimmer. Angeblich wurde nur eine Drohung ausgesprochen. Gott sei Dank. Aber die Angst ist jetzt da. Mir persönlich hat dieses Erlebnis gezeigt, dass man nirgends vor so einer Situation sicher ist und dass man mehr darauf achten muss sein Gegenüber menschlich zu behandeln.

Denn Amokläufe passieren immer an ganz normalen Tagen!

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Datum: 02.05.2010 17:16
Oh man!! Sowas skurriles hatten wir mal auf der Realschle. Da hat ein Kloppi an die Wände der Jungenklos geschrieben: "Ihr dachtet Erfurft war schlimm? Na dann wartet mal ab!"
Darauf hin wurden wir aber nicht evakuiert sondern mussten alle unsere Hefter und Blöcke zum Schriftbildvergleich abgeben. Den Täter haben sie dann auch gefunden, einer aus dem Hauptschulteil, der dann der Schule verwiesen wurde.

Aber Gott sei Dank ist nichts passiert! Dir und anderen Menschen nicht! *puh*
Tschüssi, y_y
http://www.grafikgaestebuch.de/ggbook.php?userid=34808
I look like I´m dead
But when You looking at Me
I´m Still Alive


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