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Einzelposting: Pratchett ist kein Fantasy


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Von:   abgemeldet 01.02.2011 14:28
Betreff: Pratchett ist kein Fantasy [Antworten]
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> @PennyDreadful: Zu sagen, "Dracula" sei kein Vampirroman, wäre aber auch unsinnig.
> Warum kann man nicht einfach zwischen Schund und hochwertiger Literatur unterscheiden statt gewisse Genres einfach generell für Schund zu erklären?

Hier haben wir aber wieder ein Problem: Es gibt genug Leute, die der Meinung sind, dass Dracula nicht mehr ist als ein seitenlanges, langatmiges Gähnfest, während House Of Night oder Vampire Küssen Besser und wie sie alle heißen mögen ihnen wesentlich mehr Freude gemacht haben.
Des einen Freud ist des Anderen Schund. Wobei es natürlich schon schön wäre, wenn die Buchläden den Trash von den anderen Büchern trennen würden. Ich fürchte allerdings, die Ratio auf der Trashseite wäre mehr als ernüchternd.

> Bei Fanfiction sind bestimmte Genres ja auch schon fast ein Synonym für Schund geworden, eine Entwicklung die mir nicht wirklich gefällt.

Gefallen kann es einem natürlich nicht. Es ist auch keine schöne Entwicklung. Allerdings könnte man versuchen, nur NOCH weiter aufzuspalten, Untergenre nach Untergenre zu erschaffen und irgendwann blickt keiner mehr wirklich durch.
Der EINZIGE Lösungsansatz läge bei den Verlegern. Um die "Ehre" des Fantasygenre allgemein zu retten, müsste man beginnen, Qualität der Quantität vorzuziehen und nicht mehr jedem verzweifelten Elbenfan mit eigenem PC und einem 0815-Plot vom Reißbrett einen knebelnden Buchvertrag unterzujubeln um noch mehr mittelmäßig bis untergründige Genrevertreter auf den Markt zu spülen.
Ein Genre wie die Fantasy, das so vielschichtig und umfangreich ist, befindet sich in einem beständigen Wandel und das ist auch gut so. Nicht jedes Buch kann Dragonlance sein und nicht jeder Fantasyschriftsteller ist so gut wie Pratchett es unbestreitbar ist. Derzeit befindet sich der Markt für Fantasy in einer ziemlichen Krise, einfach weil die Innovationen und der wirklich gute Nachwuchs fehlen, die dem Genre ein wenig frisches Leben einhauchen. Das wird auch wieder anders werden, da bin ich sicher, aber der Markt und die dazugehörige Klientel ergänzen sich derzeit gut.
Vielleicht könnte es auch gerade für Pratchett und seine Leserschaft ein Gewinn sein, vielleicht einmal in einem anderen Regal unter zu kommen. Das eher ... nun, "erwachsenere" Publikum wendet sich vom Fantasyregal eher ab; immerhin findet man dort im Moment größtenteils eine Flut an Mary Sue-Fantasien und Dramalamas mit der Extraportion schwarzem Lidstrich.
Dass die Scheibenweltromane durchaus als Parodien auf alltägliche Themen, politische/wirtschaftliche Systeme und Populärkultur durchgehen können, das will wahrscheinlich keiner wirklich bestreiten. Ja, sie finden in einem klassischen Fantasysetting statt, aber letztlich kann man sie teilweise genau so gut als Kriminalromane (die "Wache"-Reihe um Sam Vimes), Coming Of Age (Perdita/Magrat/Tiffany) etc. pp. zählen.
Das ist ja gerade das, was zumindest ich (und sicher viele andere Leser auch) an Pratchett schätzen - er legt sich in seinem Schaffen nicht fest. Die Romane einem Publikum vor die Nase zu setzen, die eigentlich nicht wirklich was mit dem Fantasy-Genre anfangen können, KÖNNTE viele neue begeisterte Leser erschließen. Das ist vielleicht nicht sicher, aber doch zumindest ein Aspekt, der mit hineinspielt.

Edit:

@  MeltingPenguins:

> Aber um Himmels Willen, ist das ein Grund, die Sprache eines Buches 'total radikal' zu 'modernisieren' Mit welchen Fans/Kunden hat der Manhattan Verlag da geredet?!

Nein, es ist KEIN Grund und der Gedanke gefällt mir auch nicht, wirklich nicht. Zumal deutlich ist, dass es ganz offensichtlich nicht so gut funktioniert, wie Manhattan sich das dachte.
Ich sehe das mehr als skeptisch und das ist nur ein weiterer Grund, vor allem in Zukunft doch eher zu den englischen Originalen zu greifen.
Für Leute wie meine Eltern, die leider kein Englisch können und Pratchett immer sehr gern gelesen haben, ist das natürlich schade. Das sollte so nicht sein und wirklich, das radikale Drübergehen mit dem Rotstift ist nicht der richtige Weg. Die alten Übersetzungen waren gut und eine solche Maßnahme verschlimmbessert alles nur.
“Whoever knows he is deep, strives for clarity; whoever would like to appear deep to the crowd, strives for obscurity. For the crowd considers anything deep if only it cannot see to the bottom: the crowd is so timid and afraid of going into the water.”

- Friedrich Nietzsche
Zuletzt geändert: 01.02.2011 14:36:44

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