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Walking On Sunshine

A Futurama Story
von

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Phase 5: Mein Werwolf

Autor: Tsutsumi

Titel: Walking On Sunshine

Kapiteltitel: Mein Werwolf

Teil: 5/ vorraussichtlich 7

Warning: Sap³, leichte OOCness, minimales silly

Disclaimer: Futurama gehört Matt Groening und nicht mir. Ich leihe mir die Figuren nur aus und gebe sie hoffentlich unbeschädigt zurück. Des Weiteren verdiene ich mit dem FF-Schreiben kein Geld. Außerdem gehört mir auch South Park nicht.

Feedback: Gern gesehen^^

Kommentar: Weil Selia meine FF bis hierhin so freudig verfolgt hat und zur Zeit ziemlichen Stress hat, möchte ich ihr dieses Kapitel gerne widmen. =)

Auf dass es dir bald wieder bessergeht und du Spaß hast am Lesen!^.^
 

Walking On Sunshine
 

Phase 5: Mein Werwolf
 

Beim Blick aus dem Fenster der Bahn, konnte ich die dicken Wolken am Abendhimmel sich krümmen sehen, als wären sie selbst Lebewesen, die sich wie Amöben um ihre eigene Achse lustig hin und herformten. Es war schon fast so dunkel, dass ich nur noch ihre runden Umrisse erkennen konnte, die sich vom Himmel abhoben.

Ich stützte meine Wange seufzend in eine Hand und schloss mein müdes Auge.
 

Was hatte ich mich für einer Tortur hingegeben, seit ich diesen dummen Zettel auf dem Küchentisch gefunden hatte!

Ich hatte geflucht, hatte in meinem Ärger mein gesamtes Geschirr abgewaschen und neu in die Schränke verteilt, hatte Nibbler gebadet und mit duftendem Parfüm eingerieben, hatte ferngesehen, hatte mein Bett neu bezogen...

Und letztendlich saß ich jetzt doch in dieser Bahn in Richtung Elendsviertel, wie vor beinahe 24 Stunden. Trotzdem ich mich mir beim Abwaschen geschworen hatte, dass ich nicht noch einmal hinter Fry herrennen würde. Trotzdem ich mir gesagt hatte, dass der Idiot eben allein zurechtkommen sollte, wenn er so bockig die Drama Queen spielte.
 

Aber ich hatte nicht widerstehen können.
 

Vielleicht war der Zeitpunkt jetzt reif, mir insgeheim einzustehen, dass ich Fry nicht einfach in sein Unglück rennen lassen konnte. Das klang zwar simpel- und war auch keine neue Erkenntnis; ich trug dieses Wissen schon lange in mir herum und verbannte es bei jeder neuen Gelegenheit wieder ganz nach hinten, wenn es drohte, Überhand zu nehmen. Aber ich konnte es mir nicht eingestehen. Vielleicht für mich selbst, aber niemals vor den anderen.
 

Fry hatte es da soviel einfacher.

Er hatte sich schon länger von seiner "Ich bin ein Mann und komm immer allein zurecht"-Attitüde getrennt. Ich beneidete ihn darum, dass er öfter offen und ehrlich zugab, dass er meine Hilfe brauchte.

Aber ich...

Immerhin machte ich mich abhängig von ihm, wenn ich ihm wie eine Glucke hinterherrannte.
 

Er war Schuld daran, dass ich mich jetzt blamierte, vor aller Welt. Er war Schuld daran, dass ich wie ein Idiot durch die Stadt tingelte, zurück zu seiner `Freezies´-Kiste.

Und trotzdem konnte es einfach nicht lassen.
 

Wahrscheinlich würde er bald Drogen konsumieren, unbekehrbar süchtig, würde abmagern bis auf die Knochen, sodass seine Augen tief in ihre Höhlen sinken würden. Dann würde er diese Rosinen in sich hineinstopfen und sich an ihnen erbrechen, er würde anfangen zu stinken, seine Klamotten würden sich in Lumpen verwandeln.

Immer mehr Horrorszenarien formten sich hirngespinstig in meinem Kopf, wurden Bilder, die ich nicht mehr von meinem geistigen Auge entfernen konnte.
 

Und so stieg ich bald aus der Bahn, fühlte mich teilweise wie in einem Déja-vu und schlich die inzwischen bekannten Straßen entlang.

Es regnete inzwischen nur noch schwach. Wie ein nasser Film zog sich der Niesel über das Viertel, lag klamm auf den Häusern und auf den Kleidern der Menschen, die unterwegs waren, bildete einen dampfenden Schleier, durch den alles leicht verschwommen wirkte.
 

Vom Märchenonkel war heute nichts zu sehen. Egal, ich kannte ja den Weg. Wie winzige Flüsschen bahnten sich Rinnsale von Regenwasser zu meinen Füßen die Straßen entlang, weil soviele Abflüsse mit Dreck und Pappe verstopft waren. Alles ehemalige Kartonhäuser, nahm ich an, als ich die Straße in Richtung Kistensiedlung abbog.

Der Niesel lag in meinen Haaren, machte sie nass und strähnig und tropfte dann leicht zu Boden.
 

Es hätte mich wirklich gewundert, wenn Fry nicht dagewesen wäre.

Berechenbar wie er war, hatte er sich natürlich keinen neuen Unterschlupf gesucht; nichts Trockeneres oder Saubereres. Das ärgerte mich, weil es so wirkte, als ob er unbedingt von mir zurück ins Warme geschleppt werden wollte.

Er benahm sich wie der Protagonist einer Seifenoper. Ich beschloss, ihm ab sofort Fernsehverbot zu erteilen.
 

Der starke Regen vom Tag hatte die Pappe der Kartons so durchfeuchtet, dass sich die zu Dächern umfunktionierten Wände nach innen bogen. Einige der Bewohner hatten alte Plastikplanen darübergelegt, um das Unheil ein wenig abzuwenden. Doch da Fry erst so spät wieder zu seiner Behausung zurückgekehrt war, war diese wahrscheinlich schon lange durchgeweicht gewesen, irreparabel.
 

Als ich nähertrat, pitschten meine Stiefel Wasser beiseite.
 

Wenn er gestern schon elend ausgesehen hatte, dann würde er den Zuschauern heute, würde man ihn in eine Dokumentation über Obdachlose stecken und dramatische Geigenmusik im Hintergrund laufen lassen, die Tränen in die Augen treiben.

Aber das passte ja so gut zu seinem filmreifen Verhalten.

Ich war hin und hergerissen zwischen tiefem Mitleid und Ärger.
 

Ein düsterer, kalter Wind fegte in die Gasse hinein, schickte den staubfeinen Regen von der Seite herunter, und Fry, den ich in seinem Stammkarton liegend ausmachen konnte, hatte sich die rote Jacke halb über den Kopf gezogen. Um ganz in die Pappbehausung hineinzupassen, hatte er sich zusammengekrümmt wie ein Embryo im Mutterleib, die Beine etwas an den Körper gezogen.

Ein seltsam verklärter, dennoch schlecht gelaunter Ausdruck hatte sich in seinem Gesicht manifestiert, als ich langsam näher trat. Er starrte verträumt ins Nirgendwo der anderen Wand, so dass es aussah, als wären seine hellen Augen blind. Er hatte mich noch nicht bemerkt.
 

Ich beschloss das zu ändern.

Unverwandt beugte ich mich zu ihm herunter, dass zuerst ein Schatten meiner selbst auf sein Gesicht schlich und seine Augen sich sodann wie elektrisiert schnell auf mich richteten. Fry quiekte erschrocken auf.

"Ich weiß, dass du auf Wiederholungen stehst, aber ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass dies hier die Realität ist und kein Fernsehen!", sagte ich scharf zur Begrüßung.
 

Fry hickste vor Überraschung. Ja, er hickste tatsächlich, obwohl ich bis dato immer gedacht hatte, dass man einen Schluckauf mit einem Schreck nur wegbekommt.

"Leela!"; seine Stimme war schon wieder so überheiser. Ob das von der kalten Luft kam?

"Was machst du denn hier? Wie hast du mich gefunden?"

Ich verschränkte die Arme und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.

"Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Wie ich dich gefunden habe?!"

Ein spöttisches Lächeln konnte ich mir wirklich nicht verkneifen.

"Ich kenn dich doch, du Idiot! Als ob du so weit denken würdest, dass du dich woanders vor mir versteckst! Und wie ich sehe, lag ich mit meiner Vermutung, dass du zurück in deine tolle Residenz hier kehrst, auch gar nicht falsch!"
 

Philip setzte sich ganz langsam auf. Als die Jacke ein wenig an ihm herunterrutschte, konnte ich sehen, wie dunkle Wasserflecken sein T-Shirt durchgeweicht hatten. Was ja auch kein Wunder war- es hatte den ganzen Tag geregnet und die Straßenabflüsse waren ja alle vermistet, so dass das Wasser nicht abfließen konnte.

"Ich hab ja nicht damit gerechnet, dass du mir hinterherrennst!" , verteidigte sich Fry und ballte ganz kurz seine Hand zur Faust zusammen.

"Pass auf, was du sagst!", knurrte ich düster.

Er hatte die Wunde angerührt, so kurz, dass ich es kaum merkte, aber es tat weh. Aber ich schätzte, dass er daran gar nicht dachte.
 

"Wie konntest du nur einfach weglaufen?"

Ich kickte missmutig eine nasse Zeitung beiseite.

"Hier draußen holst du dir den Tod!"

"Tu ich gar nicht!", erwiderte er bockig.

"Ach, sei doch ruhig!"

Ich richtete mich wieder ein Stück mehr auf und tippte Frys Dach an, auf dem sich Regenwasser leicht angesammelt hatte. Ich brauchte gar nicht zu drücken, da war mein Finger schon durch die Pappe durch und leise tröpfelnd regnete es auf Fy nieder.

"Sieh dir das doch mal an!", sagte ich eindringlich und versuchte, allen Ärger aus meiner Stimme zu wischen;

"Du frierst, du bist nass bis auf die Knochen und hast nichts zu essen. Wenn du so weitermachst, hast du dir innerhalb der nächsten zwei Tage eine Blasen- und eine Lungenentzündung geholt. Und wozu das alles?"

Er saß stumm da, seine großen Augen sahen mich an, als wäre ich eine überirdische Erscheinung, der Fry ganz aufmerksam lauschen musste um die Erleuchtung zu erhalten.

"Aber", japste er angestrengt, "Du hast mich doch angeschrien heute Morgen. Ich dachte mir, wenn ich dir so auf den Zeiger gehe, gehe ich am besten wieder weg."
 

Er sah nicht mal ärgerlich aus. Da war er nur wieder, der Fry, den ich nicht mal kannte, der von gestern Abend, der mir wie ein Hündchen gefolgt war, der sich nicht beschwert hatte, der wie drei Tage Regenwetter dreingeschaut hatte.

Es war, als hätte er eine zweite Haut geöffnet, sich offenbart. So ähnlich wie eine Zwiebel, an der nur die oberste Haut rauh und allumfassend war.

Ich fühlte mich plötzlich schwach.
 

Was tat dieser Kerl nur? Wie machte er das?

Ich fuhr seit zwei Tagen Gefühlsachterbahn wegen ihm, ich stapfte durch das Feld von Emotionen, die sich abwechselten wie die Nachrichtensprecher im Fernsehen. Mit Handschlag.

Zuerst war ich wütend, dann wurde ich nachdenklich, dann wiederum traurig.

Ich hockte mich vor Fry, fuhr mir hektisch durch die Haare. Einen Moment lang hatte ich das Gefühl, alles um mich würde sich drehen.
 

"Ich versteh dich einfach nicht.", murmelte ich kapitulierend.
 

Der verdammte Regen hatte endlich aufgehört, entgültig.

Wie Bleitropfen hing die dünne Wasserschicht schwer auf mir. In meinen Haaren, auf meiner Jacke. Alles an mir war klamm. Alles an meinem Freund war klamm, selbst seine Hand, die ich vorsichtig fasste.

Klamm. Aber warm.
 

"Du warst doch sonst nie so.", sagte ich leise.

Von irgendwoher drang das hektische Uhuen einer Eule, dann klapperte etwas, was sich wie eine Mülltonne anhörte, Papier raschelte, Ratten piepsten irgendwo im Untergrund.

Wir sollten nicht hier sein. Überall, nur nicht hier, an diesem Karton, durch dessen Loch unaufhörlich Wasser tropfte. Diese Tristesse, dieses Grau, welches scheinbar überall hier war. Wie Farbe oder ein dreckiges Glas, das sich über mein Auge zu wölben schien.

"Du hast dir doch nie irgendwas einreden lassen, Fry!"

Er blinzelte.

"Wenn dich irgendwer angefahren hat, hast du entweder einen Witz gemacht oder bist wütend geworden. Aber du warst nie so! Nie hast du dir etwas so furchtbar schwer zu Herzen genommen, dass du das Handtuch geworfen hast und weggelaufen bist."
 

Ernst schaute ich Fry an, im Halbdunklen des Kartons.

"Wo ist der Philip J. Fry geblieben, den ich kenne? Warum hast du dich so sehr hängen lassen? Und warum, verdammt noch mal, willst du unbedingt hier vergammeln?"
 

Mein Gott, was war dieser Moment pathetisch!

Es hätte nur noch gefehlt, dass irgendein Kerl seinen Orgelkasten in die Gasse geschoben und gespielt hätte. Oder ein obdachloser Violinist.

Es fehlte der Sonnenschein, der unsere Silhouetten von hinten beleuchtete.

Vielleicht stimmte es doch. All die Seifenopern hatten einen wahren Kern. Sie waren nur viel besser durchdacht als ein echtes Leben. Mochte Fry das Fernsehen deswegen lieber?
 

Ich zog ihn mit Nachdruck aus dem Karton heraus. Sein Hosenboden war durchgeweicht, so dass es aussah, als hätte er sich eingemacht.
 

"Wo ist nur dein `Walking on sunshine´?"
 

Er richtete sich auf. Und mit einem Mal hatte ich das Gefühl, dass ich mich in den letzten 24 Stunden wie an ihn herangetastet hatte, als ob ich wie ein Spion die richtige Frequenz hatte herausfinden müssen.

Ich spürte, ich war nun langsam imstande, an der Oberfläche zu kratzen. Es blieb nur die Frage, an wessen Oberfläche.
 

Fry grinste ein wenig verstört;

"Heißt das, ich darf wieder zurück in dein trautes Heim?"

Seine Haare glitzerten ein wenig von der Feuchtigkeit hier draußen, das konnte ich sehen, als hinter mir auf der Straße plötzlich eine Laterne anging, flackernd, epileptisch und summend.

"Ich hab dich doch nie rausgeschmissen!"

Ich lächelte aufmunternd.
 

Dann fasste er nach meiner Hand.

Ganz freundlich, als wollte er mich beruhigen oder trösten; als wollte er mich durch diese Straßen lotsen.

Warum war er im Gegensatz zu gestern so warm?

Unsere Schuhe machten patschende Geräusche.
 

An diesem Tag gab Fry sein Kartonhaus entgültig auf.
 

~~~*~~~
 

"Verdammt, sie haben Kenny getötet!"

"Ihr Schweine, ihr!"
 

Wie durch eine wunderbare weiße Wattewand rauschte der Fernsehton zu uns herüber. Draußen hatte es wieder angefangen zu plätschern, herbstkalt und ungemütlich. Die Lichter der vorbeifliegenden Autos zerstreuten sich an den Regentropfen, die an der Fensterscheibe hingen.
 

Ich grinste müde aufgrund des Running Gag der Fernsehsendung, stützte zufrieden mein Kinn in eine Hand und umfasste mit der anderen meine warme Kaffeetasse.

Auf der anderen Seite des Küchentischs saß Fry und schaufelte die kaltgewordenen Donuts in sich hinein als gäbe es kein Morgen. Das Himbeermus klebte ihm an Kinn und Mundwinkeln fest, starrte mich schier an. Ich wunderte mich, dass Fry sich bis jetzt noch kein einziges Mal an dem Zeug verschluckt hatte.
 

Eifrig kaute er die Teig-Fruchtmus-Masse, sein Kiefer hob und senkte sich stetig, während seine Augen sich immer wieder ruhig, aber behende zwischen mir und dem Fernseher bewegten. Nein, eigentlich ruhten sie öfter auf dem Fernseher, als würden seine bunten Bilder sie magisch anziehen. Dann versteifte sich sein ganzer Ausdruck über dem Kauen in die Konzentration, mit der er "South Park" verfolgte, eine tausend Jahre alte Serie, die Fry länger kannte als alles andere auf der Welt von heute.

Ab und an musste er lachen, weil wieder irgendein Witz über den Monitor flimmerte, weil Chartman wieder mal irgendeinen Fäkalausdruck gebrauchte. Er lachte direkt in den Donut hinein, dass er Luft durch den Teig hauchte, dass seine Lippen sich tiefer in das marmeladenähnliche, klebrige Zeug gruben.

Und dann blitzten seine Augen hell auf, als würde ein Wetterleuchten durch sie hindurch zucken. Ein Wetterleuchten, wie an dem Tag, an dem man ihn gefeuert hatte.
 

"Hast du das gesehen?", frohlockte er und leckte sich mit der Zunge, die sich durch die Süßigkeit tieflila verfärbt hatte, über die Lippen. Nur kurz und flüchtig.

Ich zuckte mit den Schultern.

"Sicher. Aber was soll denn bitte daran lustig sein, wenn der Zwerg da stirbt?"

Fry schüttelte mit dem Kopf und ließ den Donut sinken.

"Nein!", sagte er mit bedeutender Geste, in der er sich den Mund mit einem Taschentuch abwischte.

"Ich kenne die Folge! Kenny ist in Wahrheit gar nicht tot, er taucht später nochmal auf und nimmt Stans Hund Sparky als Geisel, weil er so geldgeil ist und sich unbedingt ein leichtes Mädchen leisten will!"

Ich hob skeptisch die Augenbraue.

Was mein Freund sich zuweilen reinzog, konnte doch gar nicht gut tun.
 

Der Kaffee war viel zu schwach, stellte ich fest. Oder ich war einfach nur zu müde, was kein Wunder war nach diesem Tag. Ich fühlte mich wie erschossen.

Aber da saß Fry vor mir. Frisch gewaschen, wie gestern, schon wieder in meinem schwarzen T-Shirt und schon wieder in den Shorts, die für ihn eigentlich viel zu eng waren. Wenn er mir den Rücken zudrehte, weil er sich an der Spüle in der Küchenecke die Hände waschen wollte, schauten seine Pobacken oben heraus, keck und blass wie die eines Babys.

Und jedesmal, wenn er sich dann umdrehte, schaute ich ihm schnell ins Gesicht.
 

"Und Stan versucht dann mit Kyle das Lösegeld aufzutreiben.", berichtete er weiter, völlig begeistert. Er hatte die Hände gehoben, so ähnlich wie ein Politiker, der im Begriff war, los zu argumentieren. Sein Ausdruck hatte etwas Funkelndes an sich, wie tief aus dem Herzen gegriffen;

"Und dann stellt man im Laufe der Folge fest, dass Kyle für Stan echt alles tun würde...Und das Ende...das Ende..."

Er stockte plötzlich.

Wie verloren huschten seine Augen hin und her, versuchte sein Kopf, Informationen zurückzurufen, die wahrscheinlich sonstwo in den letzten tausend Jahren verloren gegangen waren.
 

Ich schaute Fry gedankenverloren ins Gesicht.
 

Und dann fiel es mir auf.

Ganz plötzlich; als hatte ich davor nur geschlafen.
 

Fry versuchte nicht wie alle anderen Kerle, die ich ständig kennenlernte (und das näher als mir zuweilen lieb war) verkrampft, irgendetwas herzumachen.

Er prahlte nicht mit sich selbst herum, er lehnte sich nicht zurück und säuselte etwas von Privatgrundstücken auf dem Merkur, von Yachten im Meer der Stille auf dem Mond. Ich konnte mir auch keinen anderen Mann, den ich kannte, vorstellen, der sich nicht beschweren würde, wenn man ihn in Frauenshorts steckte.
 

Das war es, was Fry so freundlich und zugleich harmlos erscheinen ließ.

Ich fühlte mich einfach wohl, wenn er so um mich herum war. Selbst wenn er sich mit Himbeermus bekleckerte. Selbst wenn er mir die Kurzinhalte aller Folgen dieser Serie auftischen würde.

Fry war einfach Fry.

Das machte ihn aus, sein Wesen, seine Wärme, umfasste ihn in meinem Kopf und verlieh ihm etwas ganz besonderes.

Wie das Gefühl von warmem Sonnenschein.
 

"Ich hab das Ende vergessen, Leela...!"
 

~~~*~~~
 

Man sagte bekanntlich, dass sich einige Dinge und Wesen, so wie sie in Wirklichkeit waren, niemals am Tage offenbarten. Das war vielleicht zuweilen eine übertriebene Sichtweise einiger verrückter Poeten, die seit Beginn der Existenz der Menschheit davon träumten. Wie sonst hatten sich die Mythen von Vampiren, Werwölfen und verzauberten Prinzessinnen gehalten und tausende von Jahren Kinder, Großmütter und Gschichtenerzähler beschäftigen können?
 

Aber es war wirklich so.

Nachts, wenn man sich gut in der Dunkelheit verstecken konnte, hatte man ebensogut die Möglichkeit, Seiten von sich zu zeigen, die man sonst niemals nach außen kehrte.

Und ich war mir sicher, die Ursachen dafür konnten meist so simpel sein, dass man sie gar nicht für möglich hielt.

Ursachen wie die enthemmende Macht der Müdigkeit.

Ursachen wie menschliche Nähe und Sehnsucht.

Ursachen wie Haustiere.
 

Fry hatte sich sein Kopfkissen unter den Arm geklemmt, als er in mein Schlafzimmer schlich und ganz sanft an mir ruckelte.

Es war auch das Kopfkissen, welches ich vor Schreck als Allererstes erkannte- ein großer, weißer, glotzender Fleck gleich neben mir.

Ich hatte von Werwölfen geträumt, die Donuts gefressen hatten. Berge von Donuts.

Dementsprechend erschrocken fuhr ich hoch, bereit, den Eindringling ko zu schlagen und daraufhin zu entmannen.

Doch ein erschrecktes Zucken hinter dem Kissen machte mich stutzig, der Umriss von blassen Armen und Beinen, die sich in der Dunkelheit vom Rest des Zimmers abhoben.
 

"Leela!", winselte Fry leise und ich erkannte sein Gesicht in der Finsternis.
 

"Was...?"

Mein Herzschlag kam nicht hinterher. Mein Kopf auch nicht.

Mein Erwachen, das war Fry. Zahm, mit zerstrubbeltem Haar, in der Tiefe der Nacht. Er hatte mich so plötzlich aus meiner Traumschlafphase geholt, dass sich seine Gestalt wie ein Traum in mich brannte. Seine Berührung am Ärmel meines weißen Nachthemdes war unwirklich, sie kribbelte sogar ein wenig. Ich fühlte mich total überrumpelt.

"Was willst du denn hier?", brachte ich murmelnd heraus, musste mich räuspern, weil ein Frosch in meinem Hals saß. Der Boden unter meinem Bett knarrte ächzend.
 

"Dein nettes Haustier..."

Fry ließ sich in die Hocke fallen, so dass unsere Gesichter auf gleicher Höhe waren. Wie verschwommene Flecken sahen sein Gesicht, seine Augen, seine Haare aus in der Nacht. Ich hatte schon früher gewusst, wie blass er als Rothaariger war. Aber niemals war mir das so aufgefallen. Er sah so beinahe wie ein Außerirdischer aus, ein Traum, der in die Realität gefallen war. Ich fühlte mich durch die Schlaftrunkenheit benommen.

"Was?"
 

Nun rückte Fry etwas näher;

"Nibbler hat...er hat deine Couch vollgepinkelt. Gerade, als ich auf der Toilette war."

Nur schwerlich drangen die Worte durch den Nebel meiner noch fast schlafenden Wahrnehmung. Ich fühlte mich wie in Watte gepackt, wie man sich eben fühlte, wenn man fast schlief. Diese Bettwärme, sie saß direkt in meinen Knochen und machte mich unzurechnungsfähig.

"Shit.", murmelte ich und rieb mir übers Auge.

"Ich werde ihn wohl nie komplett stubenrein bekommen... Los, komm rein!"
 

Mit einer langsamen, wackligen Geste schlug ich die feste Daunenbettdecke zurück, entblößte die Wärme und ein hellgelbes Laken, welches ich vor ewigen Zeiten mal für einen Supersonderpreis erstanden gehabt hatte.

Fry glotzte wie ein Mondauto.

"Du...du...Ich darf bei dir im Bett schlafen...?"
 

In der Finsternis vergrößerten sich seine Augen zusehends, leicht verklärt von der Müdigkeit, die ihnen innewohnte. Und irgendwo in meinem Inneren musste ich mir eingestehen, dass ich dies unter normalen Umständen nie getan hätte.

Wenn eine Frau einen Mann in ihr Bett ließ, geschahen immer nur Unglücke.
 

"Fry, ich bin hundemüde, also schwing deine vier Buchstaben hier rein. Die einzige andere Möglichkeit, wo du jetzt schlafen könntest, wäre der Fußboden..."

Ich rutschte ein Stückchen beiseite, strich mir die Haare zurück.

"Oder die Badewanne. Aber der Wasserhahn tropft."
 

Der Traum des Werwolfes hockte in der dunkelsten Ecke meines Zimmers. Ich konnte ihn schnaufen und schnüffeln hören, bereit, mich bei der nächsten Gelegenheit zu attackieren.
 

Es war ein seltsames Gefühl, als mein Freund sich neben mich schob.

Langsam, zaghaft, beinahe schüchtern, sodass ich insgeheim lächeln musste. Vorsichtig schüttelte er sein Kissen auf, legte es neben meines und deckte sich zu. Alles mit der Geschwindigkeit einer alkoholisierten Schildkröte.

Und dann war es soweit.
 

Wir lagen in einem Bett nebeneinander, zerstreut und doch abgeklärt wie ein Ehepaar.

Wundervoll.
 

"Danke, Leela."

Jetzt war Frys Stimme ganz nahe an mir dran. Leise, wispernd, wachsam.

Ich musste blinzeln.
 

Doch die Müdigkeit hatte mit der Zeit nachgelassen. Spätestens ab dem Moment, in dem ich Fry mit all seinem Selbst neben mir zu spüren begonnen hatte, hatte mein Herz kurzzeitig etwas schneller geklopft und damit sämtliche Organe aus dem Tiefschlaf gerissen.

Und hier lag er ja auch nun, mir so nahe wie vielleicht noch nie.
 

Ich konnte den Duft nach Himbeere gepaart mit einer Minzenote der Zahncreme wahrnehmen. Fry hauchte sie mir mit jedem Atemzug ungewollt entgegen, schläfrig und ruhig.

Das lullte mich ein, beruhigte mich seltsamerweise. Ich wusste nicht warum.
 

"Das ist viel, viel besser als in einem Karton zu pennen!"

Mein bester Freund seufzte wohlig, kuschelte sich noch ein wenig mehr ein- und mit einem Mal war ich nur noch zur Hälfte bedeckt.

Die blöde Zudecke war zu schmal für zwei Menschen, die in gebührend respektvoller Distanz zueinander lagen.
 

"Das war immer so saukalt und wenn man nicht aufgepasst hat, haben einen diese dämlichen Eulen angeknabbert. Oder die Ratten. Oder der Typ vom Karton nebenan, weil er dachte, dass man schon tot war."
 

Ich schüttelte den Kopf und verursachte so ein Rascheln auf meinem Kopfkissen. Mit langsamen Bewegungen zog ich die Bettdecke wieder zurück zu mir. Zentimeter für Zentimeter...

"Eine Nacht hing mir der alte Joe schon an der Wade", setzte Fry seine Schauergeschichte fort.

"Ich hab ihn nur abgekriegt mit dem Versprechen, dass ich ihm für einen Tag meinen Karton gebe. Er hatte nämlich nur eine Mikrowellenkiste, mehr als seinen Kopf hat er da nicht reinbekommen."
 

Der Werwolf hechelte.

Wenn ich mein Auge schloss und mich ganz tief einfühlte, hatte ich den Eindruck, dass mein Alptraum sich in einen großen Schäferhund verwandelt hatte. Als ob ein Stück Einsamkeit und Schuld, Furcht und Sehnsucht von ihm abgefallen war.
 

"Das wäre alles nicht passiert, wenn du dich rechtzeitig um einen neuen Job gekümmert hättest.", spulte ich meinen Text zum dritten Mal seit den letzten zwei Tagen herunter. Die Decke war wieder über mir. Nur noch meine rechte Seite lag frei, kühlte langsam aus. Ein ekelhaftes Gefühl.
 

"Ich weiß.", gab Fry leise zurück.

"Ich hab deine Frage nicht vergessen."

Er bewegte sich ganz langsam, als würde er seinerseits versuchen, sich die Decke zurückzuerobern. Ich stellte mir insgeheim die rötlichblonden Härchen seiner Arme vor, die eine Gänsehaut zu schützen versuchten. Und so begann er mir leidzutun.
 

"Aber ich weiß, dass du jemand bist, der auf solch eine wichtige Frage eine komplizierte, tolle Antwort erwartet."

Ich grunzte unwillig.

"Dabei ist die Antwort so einfach."
 

Die Decke wurde in Frieden gelassen und mit einem Mal stützte Fry sich neben mir auf, legte die Wange in die zur Schale geformte Hand und schaute mich mit seinen wasserhellen Augen durch die Dunkelheit an.

"Ich wollte einfach keinen anderen Job."
 

In diesem Moment begannen plötzlich meine Nachbarn ein Schäferstündchen. Ohne Vorwanung- und wahrscheinlich auch ohne Vorspiel. Nicht, weil das wieder mal so wunderbar klischeehaft zu diesem Augenblick passte. Auch nicht, weil wir mindestens drei Uhr hatten. Nein, wahrscheinlich waren diese notgeilen Typen einfach darauf aus, mich fertig zu machen.

Ich konnte das sanfte Wummern des Bettes an die Wand spüren. Und hören.

Fry horchte auf.

"Machen die das öfter?"
 

Schnell stützte ich mich ebenfalls auf;

"Das ist doch egal jetzt! Was soll das denn heißen, du wolltest keinen anderen Job?"

Die Wand vibrierte leicht.

"Das, was es eben heißt.", sagte Fry, noch immer irritiert von dem mitteilungsbedürftigen Lustempfinden meiner Nachbarn.

"Ich wollte einfach keinen anderen. Der Job bei Planet Express war mein Ein und Alles. Und dann haben sie ihn mir einfach weggenommen."

Er senkte leicht den Kopf, dann drehte sein Blick ab ins Leere und er ließ sein Haupt wieder in die Weichheit des Kissens sinken.
 

"Dabei war die Sache mit dem Schlüssel keine Absicht. Mir passieren nun mal solche Sachen.

Aber als der Professor mich rausgeschmissen hat, war alles mit einem Mal wie zu Ende."

Sein heiserer Ton war leise geworden. Traurig.

Es war, als würde nicht wirklich Fry sprechen. Sondern etwas tief aus ihm heraus, sein geschütztes Zwiebel-Ich.
 

"Ich saß zu Hause, hatte plötzlich keinen Job mehr, aber dafür Zeit genug, um mir alle Nachmittags-Talk Shows reinzuziehen und nachzudenken. Es ist ja nicht so, dass ich mich um den Job als Pizzajunge gerissen habe. Aber ich habe all das Drumherum dazu geliebt. Die vielen Abenteuer. Ich war ja im Prinzip ein Weltenbummler. Und ich war fast rund um die Uhr bei Leuten, die ich mag. Der Professor...Amy, Bender...bei dir..."

Ich konnte Frys Blick nicht standhalten, als er mich traf. Mit einem Mal war er viel zu verletzlich geworden für eine normale Unterhaltung zwischen Freunden. Ich wusste nicht, was ich gegen die plötzliche Verlegenheit tun sollte.

Und der Werwolf in der dunklen Ecke war zu einem Labrador geschrumpft, schnaufend, kläffend.
 

"Und du hast auch Recht, wenn du sagst, dass mich Sachen früher nie so gekümmert haben.", fuhr Philip fort. "Walking on sunshine und so. Aber das hier war was anderes."

Das Wummern gegen meine arme Wand nahm zu.

"Es war, als hätte man mir alles genommen, was in dieser Zeit wichtig war. Plötzlich stand ich wieder als der hundertprozentige Loser da, der ich im 20. Jahrhundert gewesen bin. Genau so. Und als mir das auffiel, war es wie vorbei für mich. Ich konnte nur noch dumm rumsitzen, wie paralysiert. Weil das hieß, dass alles das hier...alles, was ich in meinem Leben bisher getan habe, sinnlos gewesen war. Dass ich sinnlos war."
 

Mit einem Mal hatte ich Angst, dass dies hier nur ein Traum war. Ein irrealer, watteweicher, intensiver Traum. Ich spürte mein Herz vor Mitleid höher schlagen, wusste nicht, was ich tun, sagen oder denken sollte.

Die Gewissheit, dass mir gerade in meinem Bett mein bester Freund in Frauenshorts und schläfrig sein Herz ausschüttete, erschlug mich wie eine Gewehrkugel.

Und ich fühlte, dass ich ihn trösten wollte.

Doch ich wusste nicht, wie.
 

"Irgendwann kam dann Bender an und hat mich rausgeschmissen.", sagte Fry und räusperte sich kurz.

"Kein Wunder, wenn mit mir ein schlaffer, ungewaschener Sack rumhängen würde, würde ich ihn auch rauswerfen. Und irgendwo war mir das auch völlig egal. Ich wusste, dass ich eh nie wieder zu Planet Express dürfte. Ihr hattet mich ausgeschlossen und sicher vergessen. Kein Wunder, ich hab mich ja auch bei niemandem von euch gemeldet. Ihr habt bestimmt gedacht, ich wolle mit euch nichts mehr zu tun haben."

Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen. Wollte ihm erklären, dass ich mit dem Gedanken, ihn anzurufen, so oft gespielt hatte. Doch er redete einfach weiter.
 

"Also dachte ich mir `Auch gut, keiner von deinen Freunden will mehr was von dir. Dann musst du dir eh keinen Job suchen.´ Und so bin ich halt durch die Straßen gegammelt. Bis ich irgendwann im `Freezies´ gelandet bin. Und wärst du nicht gekommen, wär ich da auch schon verfault, nehme ich an."

Ich konnte es durch die Dunkelheit sehen. Sein versuchtes Grinsen, welches sich unnatürlich verzerrte. Zur Abwechslung schaffte er es mal nicht, einen Witz in diese traurige Geschichte zu bringen.

"Verstehst du das, Leela?"

Jetzt klang er verzweifelt;

"Ich will keinen anderen Job, kein anderes Leben. Ich will das alte wiederhaben!"
 

Just im selben Augenblick ging das dröhnende Stöhnen meiner Nachbarin los. Was das Bett anging, schien sie wie eine Furie zu sein und hatte damit, dies kund zu tun, offensichtlich auch kein Problem. Ein paar Sekunden später konnten wir das angestrengte Schnaufen ihres Freundes hören, wie ein Singsang, wie eine Fuge, die in das Jauchzen der Frau einstimmte.

Ich fühlte mich so unbehaglich.
 

Der Moment gefror.

Ich hatte meine Antwort bekommen. Ausführlich, auf einem Silbertablett männlicher Emotionen. Das war etwas, womit man sich hüten sollte zu spielen. Gerade, weil es Fry war.

Was sollte ich tun?

Ihm erzählen, dass er seit zwei Monaten in einer Depression steckte mit Symptomen, die in gewisser Weise typisch waren für Menschen, die ihren geliebten Job verloren hatten inklusive Zukunftsaussichten und Freunden? Dass man das mit drei- vier Gängen zum Psychologen und Johanneskrautkapseln wieder geregelt bekam?

Das hätte ich tun können. Es lag meiner Gewohnheit, die Dinge realistisch und vernünftig zu betrachten, auch nicht gerade fern.

Doch ich hatte Angst, meinem besten Freund damit ungeheuer weh zu tun.
 

Wir waren der umgekehrte Fall des typischen Mann-Frau-Beziehungsmodells.

Er war emotional veranlagt, er brauchte Unterstützung, musste alle drei Einsätze von mir vor Aliens, Tentakeln und sonstigem Kram gerettet werden. Er baute das Chaos und traf Bauchentscheidungen.

Er fühlte sich weich und verletzlich an in Momenten wie diesem, in denen er sich stellen musste. In denen er nicht in irgendeine Fernsehsendung flüchten konnte.
 

Ich war der Gegenpol- ich schwor auf vernunftsbezogene Entscheidungen, auf voheriges Abwägen. Ich war diejenige, die Kampfsportarten beherrschte und alle retten konnte. Meistens war ich diejenige, die Frys Chaos wieder ordnete.

Genau genommen war ich ohne Fry ebenso fehl am Platze bei Planet Express.
 

Mir fiel es wie Schuppen von den Augen.

Deswegen war mein Alltag dort so trist und grau geworden, traumlos und eintönig.

Mein Kraft war nicht mehr gefordert worden.

Ich war nicht gefordert worden.
 

Das Stöhnen meiner Nachbarn steigerte sich auf schwindelerregende Höhen. Das Weib kreischte mit der Euphorie eines Opernsoprans, dass es die Wände zum Zittern brachte. Ihr Kerl dagegen wurde immer tiefer. Es war so abartig.
 

Man hatte mich allein gelassen. Ebenso wie Fry.

Ich begriff, dass ich scheinbar jemanden brauchte, der mir die Weichheit und die Sanftheit verlieh, die ich mir allein nie zugestand.

Natürlich war ich eine Frau und leider gehörte ich auch zu denen, die vor Frust abends vor dem Fernseher mit Schokoladeneis saßen und heulten. Aber ich hatte es mir allein nie zugestanden.

Ich brauchte dafür Fry, der mir ein Taschentuch reichte und sich mit dem Eis beschmierte bis die Couch klebte. Ich brauchte Fry, der mich spät in der Nacht heimbrachte und sich mit mutigem Gesicht, wennauch mit schlotternden Beinen vor mich stellte, wenn ein Taschendieb aufkreuzte- auch wenn ich es war, die den Kerl erledigte.
 

Wir waren untypisch. Doch wir ergänzten uns.

Vielleicht wäre er gar nicht auf der Straße gelandet, wenn ich ihn nicht alleingelassen hätte.

Er brauchte mich.

Es war als würden sich Millionen neuer Synapsen in dieser Sekunde in meinem Gehirn neu verlinken, wie winzige Steckdosen. Es kribbelte überall, es kitzelte und versetzte mir Freudeschübchen, als ich durch den letzten Traumschleier stürzte und Fry sanft und langsam an mich heranzog.
 

Er brauchte mich wahrscheinlich.

Das war es, ja.

Und ich- ich brauchte ihn. Mindestens genauso sehr.
 

Jetzt schienen die zwei auf der anderen Seite der Wand in ihrem fünften Orgasmus zu hängen.

Ich überlegte, ob ich den beiden nicht besser raten sollte, mit dem Rauchen, Trinken und Rennradsport anzufangen.

Parallel zu dem Gestöhne und Gezappel auf LSD-ähnlicher Ebene, hielt ich den erstaunten Philip sanft im Arm.
 

"Es tut mir Leid.", flüsterte ich.

"Es tut mir Leid...wirklich. Ich hätte mich viel früher auf die Suche machen sollen."
 

Seine Haare...meine Hände strichen langsam über sie, tasteten sich durch sie, spürten, wie struppig und rauh und zugleich seidig sie waren. Diese unverkennbaren roten Haare.

"Nein, sag das nicht!", erwiderte er schnell, seine Stimme war durch die Nähe lauter und klarer denn je.

"Du hattest im Prinzip Recht. Von wegen Verantwortung und so. Ich bin gerade wegen aller Sturheit ein echter Idiot."

Er war so unglaublich warm.

Das faszinierte mich an Männern ohnehin ungemein. Sie schienen fast immer eine unglaubliche Wärme anzustrahlen, als würde in ihren Genen ein Bauplan für eine interne Zentralheizung ruhen.

Fry berührte meinen Rücken und jetzt war die Decke genau richtig. Jetzt lagen wir bequem.
 

Ich erspürte ihn.
 

Und lächelte.

"Ein Idiot bist du nur manchmal und das weißt du."

Süß und ruhig fühlte ich seine Atemzüge, die wohlig tief bis in den Bauch gingen.

Meine Hände hatten sich in seinen Haaren verloren, strichen immer wieder über die wuschligen Strähnen, über die Schläfen, wie massierend.

Seine hellen Augen schauten mich traumsuchend an.
 

Der Werwolf hatte sich in einen winselnden, schwänzchenwedelnden Zwergpinscher verwandelt. Ich konnte ihn spüren aus der Ecke des Zimmers, aus der er sich wimmernd erhob, in die anderen Sphären, zurück ins Alptaumland, wo er hergekommen war.

Als hätte Fry ihn für mich besiegt. Oder sich wenigstens schützend vor mich gestellt, damit ich ihn besiegen konnte.
 

"Lass es uns doch einfach versuchen...", murmelte ich, als wir aneinandergekuschelt in die zurückeroberte Stille hinauslauschten.

Die Nachbarn waren entweder eingeschlafen oder hatten vom Dauerpoppen einen Herzinfarkt erlitten. Mir war es egal, solange ich meine wohlverdiente Ruhe behielt.
 

Meine Nase berührte mit dem Rücken die meines Freundes.

"Lass uns das Dilemma rückgängig machen. Holen wir uns deinen alten Job zurück!"

"Meinst du...Ob das geht?" Ich spürte die Müdigkeit in Fry.

"Lass es uns versuchen.", Ich kuschelte meinen Kopf tief ins Kissen zurück.

"Nach all dem Mist und dem Scheißwetter in letzter Zeit könnten wir ein bisschen `Walking on sunshine´ wieder gebrauchen..."
 

Es ließ sich nichts dagegen tun.

Ich schlummerte ihm einfach so weg. Wie auf Knopfdruck.

Vielleicht lag das einfach nur an dem strapaziösen Tag. Vielleicht an dem Alptraum, den ich fast wieder vergessen hatte.
 

Oder daran, dass ich eingekuschelt neben Fry lag.
 

Irgendwo im Dämmerzustand, bevor ich entgültig abtauchte, konnte ich ihn ganz nahe an mir wahrnehmen.

Das Säuseln seines Atmens. Wenn er sich geringfügig bewegte und im Bettzeug raschelte. Wenn er die überwarmen Finger auf meinem Rücken bewegte und mich streichelte. Seinen festen Körper mit dem Kullerbauch. Seinen Kopf, so nahe neben mir, dass ich meinte, an seiner statt zu träumen. Ich spürte auch, wie sein Körper auf meinen reagierte, ein leichter Druck, der eindeutig einzuordnen war.

Doch es machte mir nichts.

Ich fühlte mich zu wohl, ich war zu weit abgetrieben von dieser Wirklichkeit, in der man an Sex auch nur denken konnte.
 

Ich schwebte geradezu durch die Nacht.
 

Das allerletzte, was ich wahrnahm, war der Geschmack von Minze mit einem flüchtigen Hauch von Himbeermus auf meinen Lippen. Leicht, kurz und voller Traumfetzen.

Ich war mir sicher...Fry schlief in dem Moment längst.
 

Was geschah, wenn ein Schlafender eine Schlafende küsste..?
 

To be continued...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Selia
2005-09-17T17:41:01+00:00 17.09.2005 19:41
Oh Gott, ist das schön *_* Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Na am besten vorne XD *hust* Okay, also hab Tausend Dank für die Widmung zunächst einmal *verbeug* *dich mit Sternchenaugen anschau* darüber habe ich mich total gefreut und als ich vorhin gesehen habe, dass dieses Kapitel oben ist, wollte ich's sofort lesen, musste aber leider vorher noch einen Verwandtenbesuch hinter mich bringen. Jedenfalls hab ich mich dann direkt ans Lesen gemacht, als ich zurück gekommen bin =D
Irgendwo war es ja wirklich naheliegend, dass Fry zurück in seinen luxeriösen Karton kriecht XD was braucht Mann mehr zum Überleben? Na Scherz beiseite, ich fand's gut, dass Leela sich ein zweites Mal dazu überwunden hat, ihn aufzuspüren und wie ein Hündchen mit nach Hause zu nehmen. Wenn man hinter Leuten herläuft, kommt man sich in einem gewissen Maße ja auch blöde vor und will sich nicht blamieren =/ Aber es ist schön so allmählich in dem Kapitel miterlebt zu haben, wie Fry mehr und mehr Einblick in sich gewähren lässt und auch Leela Worte & Taten folgen lässt, die sie auf bestimmte Art "schutzlos" machen. Versteht man überhaupt, was ich gerade zu sagen versuche? Ähm... ich hoffe doch mal ^^* *sich so schlecht ausdrücken kann* Und hey, die beiden gucken South Park *yeah* hach, fand ich das geil *lol* Zumal ich mir automatisch Kenny vorstellen musste, der Sparky aus niedrigen Gründen entführt und dann permanent einen Hund an der Wade kleben hat, der diese berüchtigten Fickbewegungen macht XD Im Grunde wär das auch schon wieder eine Fic für sich wert *hust hust!* Und genauso wie Stan und Kyle in der Glotze alles füreinander tun, spielt es sich ja dann auch im "realen Leben" im Falle von Leela und Fry ab :)
Fry kann ja noch von Glück reden, dass Leelas Haustierliebling nicht auf die Couch gepisst hat, während er auch noch drauf geschlafen hat *g* wäre sonst sicherlich nicht so angenehm gewesen XD aber die alleinige Vorstellung von Fry in dieser Shorts und dann mit dem Kissen direkt vor Leelas Bett ^.^ total niedlich! Einerseits war diese ganze Szene so süß und andererseits auch sehr komisch durch die lautstarken Nachbarn *fg*. Mich würde das ja völlig aus der Bahn werfen, wenn ich da gerade mit jemanden versuche halbwegs ernsthaft ein Gespräch zwischen Schlaf und Deckenziepen zu führen und nebenan kreischen sich die Leute die Seele aus dem Leib >.> mein Beileid für die beiden.
Um zurück zur Sache zu kommen: ich find's gut, dass Fry endlich erklärt hat, wie seine Situation konkret zustande gekommen ist. Abwegig ist es ja leider keinesfalls und dann diese Umarmung *-* Nicht zu vergessen dieses Ende!! Hach, Tsumi, das ist einfach nur wundervoll! Ehrlich, ich bin schon sehr gespannt, wie das nächste Kapitel wird und ob die beiden tatsächlich Fry seinen alten Job wieder beschaffen können. Immerhin wollen wir ja alle nicht, dass er sich selbst auch als totalen Verlierer sieht, unzufrieden ohne Ende ist und womöglich wieder im Karton landet. Apropos...! Ich glaube, ich kann nie wieder ohne zu lachen an irgendwelchen Obdachlosen vorbeilaufen und du bist schuld daran, dass ich in ihren Augen immer das nach Fleisch und Blut lächzende Funkeln sehe, mit dem sie sich am liebsten in menschliche Waden beißen würden *ggg*.

*Selia*


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