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The Power Of Love

von

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Prolog:

"Wie lange noch?"

"Zwei Jahre, vielleicht sogar drei."

"Jetzt weiß ich, warum man euch

'Götter in weiß' nennt," sage ich zu

meinem Arzt, der traurig mit dem

Kopf nickt und meinte:

"Wenn Sie nicht an Wunder glauben,

sollten Sie sich damit abfinden...und

das Beste daraus machen."
 

°~~~°~~~°~~~°~~~°~~~°~~~°~~~°~~~°
 

Draußen vor der Praxis, atmete ich tief durch. Der warme Sommerwind streichelte mich, als sollte es ein Trost sein! Träumte ich? Saß ich noch vor fünf Minuten meinem Arzt gegenüber, der mir eröffnete, dass ich nur noch kurze Zeit zu leben hatte? Viel zu wenig Zeit die Kinder aufwachsen zu sehen, meine krieselnde Ehe zu kitten, meinen kranken Vater zu pflegen und die Weltreise zu machen, die ich mir schon so lange wünschte.

Das herrliche Vogelgezwitscher um mich herum kam mir vor wie eine richtige Verschwendung. 'Hört auf zu jubelieren, es gibt keinen einzigen Grund', wollte ich den Vögel am liebsten zurufen.

Auf dem Weg nach Hause überschlugen sich meine Gedanken. Wie sollte ich es meinem Mann sagen?

'Sirius, ich sterbe bald. Entschuldige bitte, ich habe nur noch zwei bis drei Jahre zu leben, es ist wirklich keine Absicht.'

Ich dachte wehmütig an meine große Liebe zurück. Ja, als wir vor den Traualtar traten, uns in Gottes Angesicht in guten wie in schlechten Zeiten Treue und Liebe schworen, da war unsere Welt noch in Ordnung. Wie schnellebig ist die Zeit, wie sehr veränderte sich in unserer Ehe das herrliche Gefühl. Schon ein Jahr, nachdem wir die Zwillinge eines verunglückten Ehepaars aufgenommen hatten, war der Alltag mit seinen täglichen, halbherzigen Streitereien bei uns eingezogen. Oft fragte ich mich, ob ich nicht nur eine Illusion geheiratet hatte.

Wie seltsam: Ich fürchtete mich davor, Sirius von der Diagnose zu erzählen. Ich hatte Angst vor seiner Unbeherrschtheit.

Als ich dann die Haustür aufschloß, hörte ich die Kleinen fröhlich lachen. Sie spielten unbekümmert 'Verstecken', während ich doch wußte, das es für mich kein Verstecken vor dem Tod geben würde. Ich blieb einen Augenblick im Eingang stehen, um mich zu sammeln. Die Fröhlichkeit der Kinder schnitt mir ins Herz.

"Wo bleibst du denn?" Mein Mann sah mich vorwurfsvoll an. "Ich habe Zahnschmerzen und du verplemerst irgendwo deine Zeit."

Ununterbrochen rauschten seine Worte an mir vorbei, und ich hatte wieder einmal das Gefühl, eine Fremde auf einem anderen Planeten zu sein. Wie banal.

"Ich werde sterben," warf ich in den Wortschall ein.

Sirius sah mich verständnislos und gereizt an.

"Ach, wie toll. Stell dir vor, ich auch", antwortete er patzig.

"Nein, du hast mich nicht richtig verstanden. Ich komme gerade vom Arzt. Meine Befunde sind da: Es ist Krebs." Leise seufze ich hinzu:"Mir bleiben nur noch zwei oder drei Jahre." Die Tränen, die ich bei der Eröffnung des Befundes so gern geweint hätte, liefen mir jetzt unaufhaltsam über das Gesicht.

Hatte ich von meinem Ehemann Trost erwartet? Hoffte ich, das er mich wortlos in den Arm nehmen und mir über mein Haar steichen würde? Wie lächerlich, ich kannte ihn doch.

Sirius setzte sich auf die Treppe und heulte wie ein Kind. Ich fühlte dabei sehr genau, das er dabei in seiner ganzen Hilflosigkeit um sich und nicht um mich weinte.

"Du kannst mich doch nicht mit den Kindern alleine lassen", schluchzte er, "was soll ich denn mit ihnen und dem großen Haus machen?"

Als hätte ich mir mein Schicksal ausgesucht!

Ich war es, der ihn beruhigend in den Arm nahm. Ich gab ihm die Worte, die ich so sehr von ihm gebraucht hätte. Vor einer Stunde war mein Todesurteil verkündet worden, und er heulte Rotz und Wasser - aber nicht um mich!

"Das Leben geht weiter", hörte ich mich zu meiner eigenen Verwunderung sagen, "es finden sich Antworten, die wir jetzt noch nicht kennen." Als würde ich zu mir selbst sprechen, setzte ich hinzu: "Die Zeit hat eigene Gesetzte." Mit diesen Worten fand ich meine innere Ruhe wieder.

Nein, ich würde nicht bis zu meinem Ende durchhängen. Ich nahm mir vor, jeden Tag bewußt zu leben, und vor jeden Moment, der mir blieb, dankbar zu sein.

Mein Mann sah es anscheinend völlig anders. Für ihn war ich schon tot. Immer länger blieb er Abends weg. Aus den Abendstunden wurden schließlich ganze Nächte. Wohin er ging? Das weiß ich nicht. Wir hatten nur noch begrenzte Zeit. Warum teilte er sie nicht mit mir? Wie markaber schien es mir, mit dem Tod vor Augen noch das Gefühl von Eifersucht zu empfinden!
 

Eines Tages, nachdem ich mich wieder eine ganze Nacht lang ohne ihn, unruhig im Bett herumgewelzt hatte, stellte ich ihn zur Rede.

"Ich habe mir mein Leben anders vorgestellt", antwortete Sirius kühl, "ich möchte einen gesunden Partner und keinen todkranken."

Damit war alles gesagt. Während ich früher meine Augen vor dem wahren Charakter meines Mannes verschlossen hatte, sah ich nun ganz klar. Die Schwäche, der Egoismus, die Erbarmungslosigkeit; erst in extremen Situationen zeigt der Mensch sein echtes Gesicht. Wie seltsam: Ich war nicht einmal wirklich enttäuscht. Sirius tat mir leid, nicht mehr und nicht weniger. Ich bedauerte ihn.

Von ihm durfte ich also keine, nicht die kleinste Hilfe erwarten. Nachdem ich dies erkannt hatte, suchte ich neue Wege, um nicht völlig in Depressionen zu versinken. Ich fand an einer Hochschule einen Kursus 'Sterben lernen, um leben zu lernen'. Kurzentschlossen besuchte ich die Gruppe.
 

Am ersten Abend, als ich hinging, war ich etwas aufgeregt. Würden mir die Leute meine Krankheit ansehen? Dieser Gedanke war Schwachsinn. Es steht keinem auf der Stirn geschrieben, wie lange sein Leben noch läuft. Alle waren sehr nett, und es herrschte, trotz dieser komplizierten Thematik, eine entspannte Atmosphäre. Ich will es kurz machen.

Bereits am ersten Abend verliebte ich mich. Lucius saß neben mir. Mit seinen blauen Augen, dem klugen und guten Gesicht zog er mich sofort magisch an. Bereits beim zweiten Treffen redeten wir ununterbrochen und zogen uns eine Verwarnung des Leiters zu, beim dritten Mal 'schwänzten' wir zusammen. Heimlich stahlen wir uns nach draußen, duckten uns kichernd hinter einem Auto, als der Kursleiter an uns vorbeihastete.
 

"Hähnchen, Pommes und ein schönes, kaltes Bier", ich bekam bei der Bestellung einen Lachanfall. Gemütliches Kerzenlicht vergoldete die enge Schülerkneipe. Jazzmusik liess längst vergangene Zeiten aufleben. Die jungen Leuten um uns herum beachteten Lucius und mich nicht. Sie hatten genug mit sich selbst zu tun und fanden es nicht seltsam, das mitten zwischen ihnen ein gleichgeschlechtliches Paar saß, das der Generation ihrer Eltern angehörte. Und wir? Ehrlich, ich hatte ein Gefühl, das sich kaum beschreibe lässt. Lag es daran, das wir etwas 'Verbotenes' traten und in einer gemütlichen Bar saßen, anstatt im Kursus zu sein? Unsinn, es war noch viel mehr: Als verheirateter Mann stand ich völlig in Flammen. Durfte ich solche Gefühle entwickeln und ein Begehren in mir fühlen, die Sehnsucht nach einem Menschen, einem Körper, einer Seele? Hatte ich ein Recht darauf? Ich schob meine Zweifel sofort wieder beiseite. Ich war schließlich schon tot; mein Mann behandelte mich jedenfalls so. Und warum sollte ich mich gegen dieses starke Lebensgefühl, das mich wie nie durchströhmte, wehren? Ich nahm keinem etwas weg, ich betrog zuvor niemanden.

Sirius hatte mich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, das erstreckte sich auch auf unsere sexuelle Beziehung. Er wollte seine Potenz wohl an keinem ' Todgeweihten' verschwenden. Wie absurd, wir müssen schließlich früher oder später alle sterben!

Dies alles ging mir in dieser verrauchten Kneipe durch den Kopf. Als Lucius zärtlich meine Hand streichelte, schossen mir Tränen in die Augen. Zum Glück machte er den Qualm der Zigaretten dafür verantwortlich. Ich liess ihn in dem Glauben und wollte nur eins:

den Moment geniessen!
 

Von nun an schwänzten wir regelmäßig den Kurs und trafen uns in dem verschwiegenen kleinen Lokal. Lucius erzählte mir aus seinem Leben. Er war seit fünf Jahren geschieden. Seine Frau hatte ihn verlassen, weil sich rausstellte, dass er nach einem Unfall keine Kinder mehr zeugen konnte. "Auf meinen Vorschlag, Kinder zu adoptieren, ging sie nicht ein. Sie wollte mehrere 'eigene' Nachkommen. Einen Sohn haben wir."

Ich konnte seine Enttäuschung über diese Einstellung gut verstehen. Mein Blick schweifte gedankenverloren nach draußen. Oh Schreck, wen entdeckte ich da draußen im Schummerlicht der Laterne? Der Mantel ähnelte dem meines Mannes, seine Statur ebenfalls, kurzum: Es war mein Mann! Da knutschte er seine Begleiterin ab, eine ordinär aufgemachte Person, die so aussah, als würde sie dem 'anderen Gewerbe' angehören. Dabei hatte er mir in die Hand versprochen, bei den fünfjährigen Zwillingen zu bleiben, bis ich zurück war! Gut, auch ich saß hier. Doch einmal die Woche drei Stunden, die ich nur für mich hatte, ist das etwa zuviel? Mein Mann hingegen kam nur noch nach Hause, um zu essen und seine schmutzige Wäsche abzugeben. Für die Kinder interessierte er ishc nicht mehr. Seit er von meiner Krankheit wußte, lehnte er sich richtig ab.

Überstürzt brach ich auf und hastete mit Lucius an dem Paar vorbei. Sirius hob den Kopf und erkannte mich. "Severus, ich dachte du bist bei deinem Kursus", rief er erstaunt. "Und wolltest du nicht auf die Kinder aufpassen?" entgegnete ich bitter.

"Stell dich doch bloß nicht so an! Sie sind doch schon groß", antwortete Sirius in seinem unverbindlichen Tonfall, den ich nur zu gut kannte. Doch vor seiner Freundin riß er sich zusammen, sonst wäre er schon längst explodiert.

"Oh nein, du täuschst dich. Mit 5 Jahren ist man noch nicht erwachsen." Ich beherrschte mich mit Mühe. "Es kann doch so viel Unvorhergesehenes passieren."

Die aufgetakelte Frau an der Seite meines Ehemannes bemerkte kichernd: "Zum Beispiel könnten die Gören schon mal einen Joint probieren, was?"

"Ich finde, Sie sollten sich aus dieser Angelegenheit raushalten", bemerkte ich scharf.

Von der mußte ich mir doch so ein lächerliches Gerede nicht anhören!

Sichtlich angetrunken lallte Sirius: "Natürlich, Herzallerliebster. Wir werden uns alle heraushalten. Solange du lebst, versteht sich." Mit diesen Worten zog er seine Freundin weiter.
 

Schweigend eilten Lucius und ich zu den Kindern. Mein Gefühl hatte sich nicht getäuscht. Samuel guckte einen Gruselfilm, während Cecilia weinend in der Ecke saß.

Als beide im Bett waren, ging ich zu dem Mann, der mein Herz im Sturm erobert hatte. Liebevoll sah er mich an. "Bitte setz dich zu mir. Hab doch Vertrauen und erzähl mir alles."

Lucius nahm mich fest in den Arm. "Du hast dir diesen Kursus nicht zufällig ausgesucht?" Und ich schilderte ihm alles. Meine Krebserkrankung, die kalte Ehe mit dem verständnislosen Partner, die Hoffnungslosigkeit, die Sorge um die Zukunft der Zwillinge, die so verwirrend erwachten Gefühle für ihn, ich liess nichts aus. Als ich endete, spürte ich eine tiefe Angst in mir. Wie würde Lucius reagieren? Würde mein Geständnis das 'Aus' für uns bedeuten? Es war unglaublich was ich jetzt hörte: "Bitte, verbringe jeden Tag mit mir. Wir müssen gemeinsam akzeptieren, das unser Leben von begrenzter Dauer ist." Leise fügte er hinzu: "Wenn uns das Schicksal früh trennt, können wir es nicht ändern. Doch die Liebe, die wirkliche Liebe, zeigt uns den richtigen Weg." Lucius Worte berührten mein Herz, meine Seele. Am nächten Morgen ging ich mit den Zwillingen. Ich zog zu Lucius.
 

Inzwischen sind Sirius und ich geschieden. Ich glaube, es ist ihm ganz Recht so. Er war auch völlig damit einverstanden, dass ich das alleinige Sorgerecht für die Kinder wollte. So wurde er mich und die Zwillinge elegant los. Ich überliess ihm dafür den Alleinerlös des Hauses. Ja, ein toller Tausch!

Dies alles ist fast drei Jahre her und ich lebe immer noch. Cecilia und Samuel lieben Lucius, als wäre er ihr wirklicher Vater. Wir haben beschlossen, nächsten Monat zu heiraten. Auch damit Lucius die Zwillinge offiziell adoptieren kann. So ist ihre Zukunft an der Seite dieses wunderbaren Manes gesichert.

Mein Tumor hat sich bisher nicht vergrößert. Vielleicht habe ich durch die Kraft der Liebe ein neues Gottvertrauen gefunden.

Ja, ich glaube an Antworten, die wir vorher nicht alle kennen.

Die Zeit hat eigene Gesetze.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2005-07-22T14:27:43+00:00 22.07.2005 16:27
Hey Schatzimaus!

Auch dies hat mir richtg gut gefallen. Der Anfang mit den Göttern in weiß war geil. Wie kamst du denn auf so was..

Knuddel dich feste
Mehr haben wollen.
*liebguck*
Kira*


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