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Erbe des alten Drachen

von

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Dauerregen

1 - Dauerregen

Es wollte nicht aufhören zu regnen. Seit der Schneeschmelze, die immerhin schon seit 2 Wochen zu Ende war, hatte es die nicht mehr geschafft, die Wolkendecke zu durchbrechen. Ein ungewöhnliches Ereignis war das aber nicht (der Maßstab für Ungewöhnliches lag in dieser Gegend ohnehin sehr hoch). Praktisch mit dem Beginn des Frühlings an dem Rande des Gebirges fing eine gut 3 Wochen lange Zeit an, in der kein Tag verging in dem es nicht regnete.

Durch den Regen lief eilig eine Gestalt, die sich der Tatsache bewusst war, erneut zu spät zu kommen. Zu spät zu der Schmiede, in der sie ausgebildet wurde. Die Standpauke mit den üblichen Sätzen seines Meisters waren sicher.

"In solchen Zeiten können wir uns keine Faulenzer erlauben, Eldfell! Der Feind steht praktisch vor unserer Tür, jederzeit bereit diesen kleinen freien Landstrich zu unterwerfen. Dann dürfen wir Galotta die Füße küssen und ihn bitten, ihn noch ein paar weitere zu geben!"

Diesen Satz kannte die Gestalt schon auswendig. Unrecht hatte er dennoch nicht: Der Feind stand tatsächlich sehr nahe (von seinem Wohnhaus konnte man das Feindesland bis zu seiner Kapitale überblicken, sofern die Sichtverhältnisse es zuließen); und ihr Herrscher, ein verblendeter Magier Namens Galotta, könnte jederzeit den Angriffsbefehl geben und den Rest des verbliebenen Tobriens erobern.

Sein Meister konnte andererseits in Sachen Standpauken manchen Praios-Priester übertreffen und heute sollte es wohl wieder soweit sein.

Endlich erreichte er den Ort. Vor einigen Jahren war dies noch ein Weiler ohne jegliche Bedeutung und Namen. Als der Sturm der Dämonenhorden in Tobrien wütete konnte eine große Zahl an Menschen in den Norden fliehen, zu dem Teil des Landes, das nicht erobert werden konnte, aber lange nicht sicher ist.

Die Flüchtlingswelle hatte aus dem kleinen Weiler nun eine kleinere Stadt gemacht und ihr den Namen Laudenbrueck gegeben, benannt nach dem kleinen Fluss, der an dem Ort vorbeiführte. 2 Tempel wurden gebaut und eine Schmiede errichtet, bei der Eldfell nun in die Lehre ging. Er mochte diese Arbeit nicht; sie war hart, schweißtreibend und in einer heißen und stickigen Luft beheimatet, doch bei dem heutigen Wetter war der Ort dann doch ganz willkommen. Er wollte nie Schmied werden, aber man hielt ihn fähig für diese Arbeit und wenn jederzeit eine Invasion des selbsternannten Dämonenkaisers Galotta drohte brauchte man jeden fähige Kraft um diese aufhalten zu können. Die Schmiede in der Eldfell arbeitete stellte nur Waffen her, daher war sie für die Front nicht unwichtig.

Eldfell betrat schließlich die Schmiede in Erwartung eines Donnerwetters. Sein Meister hatte nämlich eine sehr laute Stimme und seine Wutausbrüche konnte man fast durch die ganze Ortschaft hören, wobei der laut prasselnde Regen die Stimme wohl gut übertönen würde. Doch im Schmiederaum sollte es vorerst still bleiben. Eldfells Meister befand sich nämlich nicht im Raum, aber das Schmiedefeuer brannte, also konnte er nicht allzuweit weg oder krank sein (auch wenn Eldfell den Eindruck hatte das sein Meister selbst bei einer Schlafkrankheit sich nicht von der Arbeit ablassen würde). Auch die anderen 3 Helfer, die hier ihren Beitrag leisteten waren nicht anwesend. Eldfell schnaufte kurz erleichtert, immerhin war ihm eine kurze Gnadenfrist gewährt, er hoffte sogar ein wenig dass sein Meister Eldfells Verspätung nicht bemerkt hatte.

Eldfell zog seinen völlig durchnässten Mantel und seine Kapuze aus und legte die beiden Kleidungsstücke an einen Ort, wo sie trocknen konnten - bei den warmen Bedingungen sollte dies nicht allzulange dauern.

"Eldfell!" ertönte eine laute, rauhe Stimme hinter dem Gerufenen, mit dem Donnerwetter in erwartender Haltung. Sein hochgewachsener, und muskulöser Meister hatte sich fast lautlos in den Schmiederaum begeben.

Gleich kommts, dachte Eldfell, doch seine große Befürchtung sollte sich als unbegründet herausstellen.

"Los, sattel die beiden Pferde, wir müssen einiges an Ausrüstung zur Front bringen. Die Schwerter, die in den letzten Wochen angefertigt wurden", sagte Eldfells Meister in überraschend ruhigem Ton. "Dass du heute zu spät bist übersehe ich mal, heute hättest du ohnehin nichts gelernt."

Was ist denn mit dem los? "Ich mach mich gleich daran, Meister, aber warum holen sich die Soldaten ihre Schwerter nicht selbst ab? Und wo sind eigentlich die anderen?"

"Der Rest ist schon voraus mit den anderen Waffen. Außerdem können die Leute dort niemanden entbehren, das war zumindest deren Aussage. Ich habe auch keine große Lust den Boten zu spielen, aber einer muss es ja tun. Nun mach' schon, stell' keine Fragen mehr, sattel die Pferde. Ich packe die Sachen zusammen."

Eldfell ging ohne ein weiteres Wort in den Stall. Der Gedanke, stundenlang in dem strömenden Dauerregen eine schwere Last zu transportieren gefiel ihm ganz und gar nicht. Er sah seine Erkältung schon als beschlossene Sache. Da war ihm die schweißtreibende Arbeit in der heißen Schmiede hundertmal lieber. Der Stall bot schon einen Vorgeschmack auf das Wetter, dem Eldfell die nächsten Stunden begleiten sollte. Durch mehrere große Löcher im Holzdach regnete es durch und durchnässten den Boden, das Stroh und einige mit Eisenabfällen gefüllten Kiste. Die Löcher waren vor 2 Tagen noch nicht hier. In der Nacht zum gestrigen Tag hatte der sturzbetrunkene Schreiber des Vogtes das Dach des Stalles bestiegen und ihn mit einer Spitzhacke durchlöchert. Er machte immer solche destruktiven Aktionen, wenn sein wöchentliches Trinkgelage stattfand (immer dann, wenn er seinen Lohn ausgezahlt bekam). Es verwunderte jeden, dass er immer noch nicht für seine Taten bestraft wurde. Zumindest forderte man seine Entlassung aus dem Dienst, dass er den Ort endlich verlassen soll.

Der Vogt lehnte aber trotzdem ab. Offiziell mit der Begründung, dass er trotz seiner Eskapaden gute Dienste leistete, aber eigentlich wusste jeder warum er wirklich nicht gehen sollte: Der Vogt selbst konnte weder lesen noch schreiben.

Eldfell sattelte die Pferde, die sich heute merkwürdig unruhig verhielten. Es war eigentlich jedesmal so, wenn sich Eldfell einem Tier näherte: es zeigte eine seltsame Reaktion ihm gegenüber. Nicht abweisend, es war eher ein Verhalten, das man devot und unterwürfig nennen könnte. Eldfell konnte sich das nie wirklich erklären, warum die Tiere sich so seltsam verhalten.

Die beiden Pferde waren gerade fertig gesattelt, als der Schmiedemeister mit den Waffen den Stall betrat und die Pferde damit belud.

"Na dann mal los. Beeilen wir uns, dann kommen wir zurück bevor es dunkel wird", sagte er und ritt nach draußen. Eldfell bezweifelte, dass er noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurückkommen würde. Irgendwas wird schon wieder dazwischen kommen. Er zog seinen Mantel, der kaum Zeit zum trocknen hatte, wieder an und folgte seinem Meister auf die von Regen aufgeweichte Straße.

Der Regen hatte nicht nachgelassen, schien sogar stärker als vorhin zu fallen. Aber das war nicht das einzige Problem. Eldfell hatte schon seit dem frühen Morgen ein seltsames Gefühl, das sich mit der Zeit noch steigern sollte. Eigentlich hatte er ständig ein ungutes Gefühl, schließlich war der Feind immer sehr nahe und wer weiß ob nicht irgendwann mal der große Schlag kommt. Das ungute Gefühl.... war vielleicht ein Dämon in der Nähe? Es wäre nicht das erste mal, dass ein Dämon aus dem Feindesland sich in die nördliche Richtung "verirren" würde, er selbst hat schon einer dieser "Irrläufer" gesehen und erlebt. Eine große, aufrecht gehende Säbelzahnkatze, mit rot-violettem Fell, die in Laudenbrueck Amok lief. Sie tötete 2 unschuldige Menschen und er wäre wohl der dritte geworden, hätte der Dämon, der unter dem Namen Zant bekannt ist wie Eldfell später erfuhr, nicht urplötzlich das Interesse an ihm verloren.

Es war ihm unerklärlich, wie das sein konnte. Der Dämon hatte sich schlicht desinteressiert umgedreht und wollte den Ort wieder verlassen, wurde aber kurzerhand von einem Geweihten exorziert.

Der Geweihte erzählte ihm schließlich, dass Dämonen nicht klar denken, sondern nur chaotisch handeln, die nächste Aktion solch einer niederhöllischen Bestie könne man keinesfalls vorhersehen, besonders wenn sie nicht von Zauberkundigen beherrscht werden. Das einzige Ziel was sie dann besitzen sei die Vernichtung der Ordnung und die Verbreitung des Chaos.

Eldfell und sein Meister hatten den Ort verlassen, als sich das schlechte Gefühl noch verstärkte. Irgendwie glaubte er Laudenbrueck nicht mehr wieder zu sehen. Er griff kurz nach seinem Anhänger, einem kleinen sechszackigen Eisenstern. Er vermittelte jedesmal ein gutes Gefühl wenn er es umklammerte. Der Sternenanhänger war neben einer kleinen Flöte, die keinen Ton von sich gab, das Einzige was Eldfell von seinem Vater hatte.

Eldfells Mutter hatte, als sie noch durch den Kontinent zog, ein kurzes Verhältnis mit einem tulamidischen Geschichtenerzähler gehabt, der ihrer Aussage nach "eine aussergewöhnliche Ausstrahlung" hatte. Leider beendete sein Tod dieses Verhältnis und hinterließ ausser dem Stern, der Flöte und seinem Schwert eben seinen Sohn. Eldfell war also halber Tulamide (sprach aber kein Wort dieser Sprache). Seine Mutter hatte ihm diese Gegenstände gegeben, als er 10 Jahre alt war. Das Schwert übergab sie ihm 5 Jahre später, vor einem Monat. Kämpfen konnte er nicht wirklich gut, nur die normalen Handgriffe beherrschte er. Gegen einen erprobten Kämpfer hätte er wohl null Chancen.

Seit er das Schwert, ein wertvolles Tuzakmesser, bekommen hatte trug er es die ganze zeit bei sich. Auch heute war es nicht anders. Falls also sein ungutes Gefühl sich in irgendeiner Weise bestätigen sollte, hätte er etwas, womit er sich verteidigen konnte.

Wenn auch nicht allzu gut.

Die Minuten vergingen. Eldfells Meister ritt mit langsamen Schritten voran, so langsam das eine rechtzeitige Rückkehr praktisch ausgeschlossen war, als ob es ein Vergnügen für ihn muss, durch den strömenden Regen zu reiten. Vielleicht war das auch nur eine Strafe für das Zuspätkommen. Wenigstens waren sie aber schneller als ein Fußgänger, der bei dem schlammigen und rutschigen Boden sicherlich ein oder mehrere Male ausgerutscht und hingefallen wäre. Solch ein Anblick hätte Eldfell sicher für eine kurze Zeit aufgeheitert, aber nichts war ihm jetzt lieber an einem trockenen Ort zu sein. Der Regen wollte einfach nicht aufhören.

Zu allem Übel sollte jetzt auch noch Nebel aufziehen. Fast unbemerkt wurde die Sicht immer trüber. Hoffentlich nur eine tiefhängende Wolke. Eine Hoffnung, die Eldfell vorerst begraben musste. Der Nebel hatte seinem ungutes Gefühl noch einen zusätzlichen Schub verpasst. Irgendjemand verfolgt mich doch.

Die Straße lief inzwischen einem steilen Hang entlang. Die schlechte Sicht machte es unmöglich bis zum Fluss zu sehen, der unterhalb der Straße entlang verlief und zu dieser Zeit über die Ufer getreten war. Die steile Felswand, der schmale Weg, das Gefühl von etwas Unbekanntem verfolgt zu werden, der Nebel und das schlechte Wetter. Alles zusammen gaben einen wirklich schlechten Tag den Eldfell lieber im Bett verbracht hätte. Irgendetwas hätte ihm einfallen sollen heute nicht zur Schmiede zu gehen. Wie lange sie jetzt schon unterwegs waren wusste Eldfell nicht mehr, aber er befürchtete, dass nicht mal eine Stunde vergangen war. Also stand noch ein langer Ritt bevor.

An einer Stelle, wo die Felswand eine Stelle so weit überdeckte, das der Platz ansatzweise vom Regen verschont wurde machte Eldfells Meister Halt.

"Hier machen wir kurz Pause", sagte er. Seine Worte wurden fast vom Geräusch des Regens übertönt. Wenigstens etwas, dachte Eldfell. "Wir haben jetzt etwa die Hälfte der Strecke hinter uns", sagte er noch hinzu und packte einen Beutel mit Proviant aus seinem Rucksack. Schon die Hälfte? Der Weg schien kürzer zu sein als Eldfell dachte, wenn jetzt schon die Hälfte des Weges zurückgelegt wurde. So kam eine Rückkehr vor Einbruch der Dunkelheit vielleicht doch noch in Frage, wobei er auch nicht nachgefragt hatte, wie weit es eigentlich bis zu dem Ort ist, wo er hinritt.

Die kurze, kaum erholende Vesper war beendet und die Reise durch den Regen ging weiter. Eigentlich wollte er seinem Meister sagen, dass er sich verfolgt glaubt. Der hätte ihn aber mit "so ein Unsinn" oder ähnlichen Worten zurückgewiesen, obwohl es in dieser Region eigentlich verständlich sein müsste, sich verfolgt oder bedroht zu fühlen.

Der steile Felshang machte nun langsam einem etwas flacherem, von Gras und Kraut bedecktem Abhang Platz. Zumindest eine kleine Angstlinderung. Leider sollte sich wieder alles zum schlechten Wenden. Der Nebel trübte die Sicht nun so sehr, dass Eldfell seinen Meister nur noch schemenhaft erkennen konnte und immer schwächer zu erkennen war. Dabei ritt er nur wenige Schritt hinter ihm her. Schließlich hatte er ihn komplett aus dem Blickfeld verloren. Er musste ihn aufholen und ritt ein wenig schneller.

Keine Spur von ihm. Eldfell hatte ihn verloren und die Rufe nach ihm wurden von dem Regen übertönt. Verdammt, das hat noch gefehlt!, dachte er. Zumindest er kann sich und mich doch vor Gegnern schützen. Es sollte nicht sein. Er kann nicht verschwunden sein, ich werde ihn sicher bei den Soldaten wiedertreffen. Zusätzlich beunruhigt setzte Eldfell seinen Weg fort. Nur ein Sturz den Hang hinunter kamen für das Verschwinden seines Meisters in Frage. Aber das hätte Eldfell sicherlich mitbekommen. So laut konnte der Regen nicht sein, einen Schrei eines Mannes und vor allem das Wiehern eines Pferdes zu übertönen.

Eldfell beschloss nun etwas schneller zu reiten. Er wollte endlich diese blöden Schwerter abliefern und schnellstmöglich wieder zurück nach Hause. Seine erhöhte Geschwindigkeit erhöhte zwar auch das Risiko eines Sturzes, aber er ging es ohne weiteres ein. Und tatsächlich sollte wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer leuchten, als der Nebel sich wieder ein wenig zurückzog. Zwar nicht vollständig, aber immerhin so weit, dass man noch ein paar Schritt weiter sehen konnte als bis zum Kopf des Pferdes. Aber der kurze Hoffnungsschimmer war wieder vorbei, obwohl der Nebel nicht wieder dichter wurde.

Jetzt war das böse Gefühl richtig stark. Nein, das war schon fast Gewissheit. Hier war etwas. Eldfell bekam es mit der Angst zu tun. Sollte ein Dämon in seiner Nähe sein? Eine Konfrontation mit einem wäre wohl sein Ende. Er ritt noch schneller. Nur raus hier, raus aus diesem Nebel, der so dicht war dass man keine 10 Schritt weit sehen konnte, nur raus. In der Verzweiflung wäre er schließlich fast in einen Sturzbach geraten, der sich vor ihm bildete und den Weg abschnitt. Das Pferd bäumte sich auf, und Eldfell hatte große Mühe, sein Reittier wieder beruhigen zu können. Er war in eine Sackgasse geraten... und ein bedrohliches Donnern von oben ertönte. Gerade wollte er schon einige Schritte zurücklaufen als das Donnern sich erst in einigen wenigen Steinen und Rinnsälen und schließlich in der Form einer gewaltigen Schlammlawine präsentierte, die den Hang hinunterschnellte. Und Eldfell war mittendrin. Der Schlamm und der rutschige Boden ließen Eldfell kaum eine Chance, sofort wurde er mitsamt Pferd zu Boden gerissen und musste nun fürchten, weiter ins Tal gespült zu werden. Doch irgendwie konnte er sich noch festhalten und auf einen kleinen Fels retten, an dem das Schlammwasser vorbeifloss.

Sein Pferd hatte dabei weniger Glück. Es hatte keine Chance und alles was Eldfell noch sah, war ein Schemen eines Pferdes, das wiehernd den Abhang hinunterfiel und irgendwann weder zu sehen noch zu hören war. Auch die mit viel Schweiß und Anstrengung hergestellten Waffen waren verloren und bewegten sich in Richtung Fluss. Aber dass der rettende Fels und damit auch Eldfell nicht lange verschont bleiben würden war klar und der Abstand zum rettenden Ufer vergrößerte sich zusehends, schon jetzt bestand keine Chance mehr dieses zu erreichen.

Das war es dann wohl, dachte er. Doch kurz bevor auch der Fels, auf den Eldfell Halt fand auch noch nachgab, stoppte die Lawine innerhalb weniger Sekunden, als wäre sie niemals dagewesen. Auch der Sturzbach, der vorhin den Weg abschnitt, schwächte ab und war wenige Augenblicke später war nicht mehr aufzufinden. Das Leben sollte noch ein wenig weitergehen.

"Das war... ein Wunder"... sagte Eldfell leise zu sich selbst, im Gedanken daran gleich ein dankendes Stoßgebet an die Götter zu senden. Doch dieses Vorhaben wurde von einer Stimme unterbrochen.

"Nein, das war kein Wunder der Götter, mein Junge. Das war Magie, einfach nur mein Wirken". Eldfell drehte sich zu dem Ursprungsort der Stimme. Sie stammte von einem Mann, von dem nur die Silhouette im Nebel zu sehen war.

Schon ein wenig seltsam wie er meine leisen Worte hören konnte, dachte Eldfell. Er war sicher 10-15 Schritt entfernt und der Regen machte weiterhin einen nicht unerheblichen Lärm.

"Vielen Dank für die Rettung werter Herr Magier", rief Eldfell laut und verbeugte sich bei diesen Worten.

"Oh, keine Ursache, junger Freund", antwortete der Magier, der keine Anstalten machte auch nur einen Schritt näher zu kommen. "Aber verstehe diese Aktion von mir bitte nicht falsch. Der Zauber hatte leider ein wenig zu früh zu Wirken aufgehört."

Was hatte er da eben gesagt? War er vielleicht der Grund, warum Eldfell die ganze Zeit solch ein mieses Gefühl hatte? Besonders die Aussage des letzten Satzes deutete er so, dass der Magier nicht für das Ende, sondern für die Entstehung der Schlammlawine verantwortlich war.

"Ich muss zugeben, ich war schon besser", sagte der Unbekannte. "Dann muss ich eben wieder zu der weniger subtilen Methode zurückgreifen." Es war klar: der Zauberer wollte Eldfell tatsächlich töten, aber warum? Als Versuchsobjekt oder als willkürliches Opfer zu dienen? Eine Bedrohung für die schwarzen Lande konnte er keinesfalls sein. Aber die Willkür der Herrschenden im Feindesland war bekannt und berüchtigt. Dennoch konnte er in dieser Situation zumindest versuchen zu fliehen - und ließ dem Gedanken schnell Taten folgen und rannte in die entgegengesetzte Richtung des Magiers, nur weit weg von dem unheimlichen Mann.

"So nicht, Junge!" rief der Magier hinterher. "Azzitai! Halte ihn auf, aber töte ihn nicht!"

Azzitai... das Wort klang sehr schlecht. Und was er danach hörte klang auch schlecht. Wie eine Feuer, das durch eine plötzliche Stichflamme entfachte. Ein feuriges Leuchten bemerkte er hinter sich; das was ihm folgte musste zweifellos ein Dämon sein und es war schneller als er. Eldfell spürte immer mehr eine Hitze hinter sich, je näher das Biest kam und schließlich kam auch noch Pech dazu, als Eldfell auf dem schlammigen Boden ausrutschte und hinfiel. Jetzt konnte er die ganze Scheußlichkeit des Wesens betrachten, das ihn erreicht hatte und sich ihm in den Weg stellte. Ein mannsgroßer, aufrecht gehender, von roten und gelben Flammen umgebener schwarzer Salamander, eine Art Krone aus Hörnern trug und Eldfell mit seinem fürchterlich angsteinflößenden Augen anstarrte. Die unerträgliche Hitze, die selbst den Boden um das Wesen herum verbrennen konnte, und der penetrante Schwefelgeruch, den es ausstrahlte ließen jeden Gedanken an Flucht schon im Keim ersticken. Das Feuer, das ihn umgab erreichte nicht mal der Regen. Zu früh verdampfte dieser, bevor er den Körper des Dämons erreichte.

"Wag es ja nicht, dich zu rühren, Mensch!", sprach der Dämon mit einer Stimme, die an ein prasselndes Feuer erinnerte, in das man gerade trockenes Holz hineingeworfen hatte. Wegrennen? Rühren? Dazu hatte Eldfell viel zu viel Angst.

"Gut gemacht, Azzitai. Der läuft nicht mehr weg". Der Magier hatte den Ort des Geschehens inzwischen erreicht.

"Eigentlich könnte ja der Azzitai dich innerhalb eines Wimpernschlages in einen kleinen Haufen Asche verwandeln, aber ich übernehme dies doch lieber selbst. Außerdem brauche ich ja ein Beweisstück für deinen Tod"; noch während diese Worte des Magiers fielen überwand Eldfell seine Angst, stand auf und rannte halsbrecherisch den Abhang hinunter, der an dieser Stelle nicht mehr ganz so steil war wie an der Stelle, wo die Schlammlawine ins Tal donnerte. Dennoch, ein unglücklicher Schritt gefolgt von einem Sturz könnte hier ebenso das Ende bedeuten, aber das spielte sowieso keine Rolle - ob der Tod nun vom Dämon, dem Magier oder eben einem Sturz verursacht wird war in dem Moment egal, aber hier bestand noch wenigstens eine kleine Überlebenschance.

Der Azzitai und der Magier sahen nur kurz verwundert hinterher.

"Beweg dich gefälligst, du elendig dummer Haufen, fang ihn wieder ein! Hast du vielleicht eine Ahnung was mit mir passiert, wenn er entkommt und ich mit leeren Händen zurückkomme!" fluchte der Magier und folgte mit dem Dämon dem Schmiedelehrling.

Der Azzitai hatte kaum Mühe, den rutschigen Abhang hinunterzusteigen, auch wenn die Feuchtigkeit des Bodens und schließlich auch der Regen dem Dämon allmählich zusetzte und die Kraft raubte; lange könnte er nicht mehr in dieser Welt verbleiben.

Der Magier dagegen war höchst verwundert, wie sein Opfer es überhaupt schaffen konnte, sich aus der Situation zu befreien, bisher war jeder von dem Anblick des Dämons wie paralysiert. Offensichtlich hatte sein Auftraggeber sich nicht geirrt, was sein Opfer anging... und er hatte Mühe mit seinem Dämon und Eldfell schrittzuhalten. Auch für ihn macht der Boden keine Ausnahme. Wenn er sich weiter entfernen würde, könnte er die Kontrolle über seinen Dämon verlieren, notfalls müsste er also wieder gebannt werden, aber dann wäre die Chance, sein Opfer zu fassen, ziemlich niedrig.

Der Dämon kam Eldfell immer näher und der Verfolgte sah sich fast schon wieder dem schrecklichen Anblick des Dämons gegenüber, schließlich folgte der unvermeidliche Fehltritt, der Eldfell seinen Halt verlieren ließ und nun den Abhang runterrutschte. Nur wenige Sekunden dauerte der Sturz, dann verließ Eldfell die Nebelbank und er konnte sehen dass er direkt auf den Fluss Tizam zusteuerte, der wie erwartet durch die starken Regenfälle über die Ufer getreten war. Nur ein einzelner frei stehender Baum, an den sich Eldfell festhalten konnte, verhinderte den Fall ins Wasser. Doch war dem Schmiedelehrling klar, dass sein Tod erneut um einige Augenblicke hinausgezögert wurde.

Vielleicht hätte ich mich in den Fluss fallen sollen, dachte er und sah schon die flammende Aura des Dämons auf sich zu kommen.

Der Azzitai war trotz des schnellen Falles seines Verfolgten schnell hinterhergekommen und auch schon aus der Nebelbank gekommen. Nur der Magier war noch nicht zu sehen. Doch der Azzitai war bereits erheblich geschwächt. Der Regen hatte seine Kraft stark schwinden lassen, daher versuchte der sich zu beeilen, Eldfell zu erreichen. Eldfell bemerkte es, der Dämon ist nicht mehr so stark wie vorher, vielleicht könnte er versuchen ihn irgendwie in den Fluß fallen zu lassen, vielleicht könnte man ihn übertölpeln. Er ließ seinen Halt los und rutschte langsam den Hang hinunter, bis er das Ufer des Tizam erreichte, der durch sein Hochwasser schlammig geworden war und auch an Schnelligkeit zugenommen hatte. Wer hier reinfällt konnte sich einem Tod durch Ertrinken sicher sein.

Der Azzitai zögerte nun, Eldfell zu folgen. Zwar waren seine Schritte trotz seiner vorherigen Schnelligkeit sehr sicher, aber in die Nähe des reißenden Wassers wagte er sich nur ungern. Da er aber wusste, dass er höchstens nur noch eine Minute hatte, bevor der Regen ihn vollends entkräften und in die Niederhöllen zurückwerfen würde, ging er schnell in Richtung des Schmiedelehrlings. Er musste ihn in Bedrängnis bringen, aber keinesfalls ihn töten, geschweige denn entkommen lassen, bevor der Magier den Ort des Geschehens erreicht.

Eldfell überkam wieder die Angst und er wusste nicht, wie er seinen Feind täuschen konnte, der Sprung in die Fluten wäre wohl die letzte, aber sicher nicht die schlechteste Wahl, die ihm noch blieb. Oder ein Kampf.

Er hatte noch sein Schwert bei sich. Die Chancen auf einen Sieg in dieser Konfrontation waren aber denkbar schlecht. Dennoch zog er dieses und richtete es gegen den Dämon. "Kampflos wirst du mich nicht kriegen, Bestie!", sagte er leise und mit deutlicher Angst und Zweifel in der Stimme.

"Zwecklos, Kleiner!" ertönte eine Stimme von hinten. Der Magier hatte nun endlich aufholen können. Leicht erschöpft und ebenfalls mehrmals beinahe abgestürzt, aber sichtlich erleichtert trat er langsam an Eldfell heran. "Glaubst du wirklich, dein Schwert kann meinem Azzitai auch nur einen Kratzer zufügen? Das ist naives Wunschdenken. Dein Schwert wird nach dem ersten Schlag schmelzen, falls du überhaupt treffen solltest", sagte er.

Was der Magier aber nicht sofort bemerkte war, dass sein dämonischer Helfer durchaus beeindruckt war. Dies bemerkte der bedrängte Schmiedelehrling und ging einen kleinen Schritt auf den Dämon zu. Dieser rührte sich nicht von der Stelle.

"Interessant", sagte der Magier. "Du bist mutig, aber auch ziemlich dumm. Aber was soll's, versuche es ruhig. Erteile ihm eine tödliche Lektion, Azzitai! Aber lass etwas von ihm übrig!" Mit einem leisen Lachen der Vorfreude auf einen einseitigen Kampf zu eigenen Gunsten beschloß der Magier diesem nun zuzusehen. Warum sollte sein dämonischer Diener nicht die ganze Drecksarbeit erledigen wenn er schon mal hier war?

Doch der Dämon zögerte, den Jungen anzugreifen der ängstlich ein Schwert auf ihn gerichtet hatte. Als ob die Kraftverhältnisse anders lagen, als die menschliche Fraktion an diesem Ort vermutete.

"Was ist los, du blödes Ding! Ich hab gesagt, dass du ihn vernichten sollst. Lässt du dich etwa von seiner Pose beeindrucken?" schnaubte der Magier, der sichtlich überrascht über das Verhalten seines dämonischen Dieners war. Sollte sein Auftraggeber tatsächlich recht haben, was diesen Eldfell anging?

Den Schmiedemeister auszuschalten war ein Kinderspiel. Zwei Zauber, und er fiel den Abhang hinunter, ohne dass Eldfell es bemerkt hatte. Eine Illusion täuschte den Weg vor, wo in Wirklichkeit der Abhang verborgen lag. Der zweite Zauber sorgte dafür, dass der Sturz ohne Geräusche von Statten ging. Da hatte der natürlich aufkommende Nebel eine exzellente Gelegenheit geboten, durch das plötzliche und unbemerkte Verschwinden sein Opfer zusätzlich zu demoralisieren.

Man hatte dem Magier gesagt, eine sofortige direkte Konfrontation könne zum Problem werden. Worte die er wohl besser ernst genommen hätte, auch was das Opfer selbst anging. Er sah den Dämon und den Schmiedelehrling immer noch regungslos gegenüberstehen. Noch schlimmer: der Dämon begann zurückzuweichen.

"Das kann doch nicht wahr sein! Du lässt dich von einem Halbwüchsigen mit einem Stück Eisen in die Enge treiben. Na warte!", der Magier machte ein paar Bewegungen mit der Hand und sprach dabei einige für Eldfell unverständliche Worte, so dass der Dämon, der gerade noch vor ihm stand kurz aufleuchtete und schließlich zerfiel. Kochend vor Wut hatte der Magier ihn entschworen.

"Also muss ich es doch selbst erledigen. Ich lasse mich allerdings nicht durch ein Stück Metall aufhalten, mein Junge!", sagte der Magier und fuchtelte erneut mit seinen Händen rum.

Das werde ich nicht zulassen, dachte Eldfell und rannte verzweifelt, wütend und mit einem nie dagewesenen Gefühl der Stärke auf den Magier zu. Allerdings kam er nicht so weit, denn der Magier hatte seinen Spruch rechtzeitig beenden können. Eldfell war nicht mehr in der Lage sich zu bewegen.

"Du hast ganz schön an meinen Kräften und Nerven gezerrt, Kleiner. Aber jetzt ist schluss!" sagte der Magier. "Tlalucs Odem", rief er schließlich und aus seinem Mund kam eine giftgrüne Wolke auf Eldfell rausgeschossen.

Seltsamerweise aber umging der Zauber sein Ziel, kehrte um und traf den total überraschten Magier mit vollem Umfang. Entsetzt fing dieser an zu Röcheln, zu husten, zu würgen, zu versuchen nach Luft zu ringen, sich zu übergeben; ein wahrhaft grausiger Anblick zu sehen, wie der Magier langsam aber sicher sein Leben durch seinen eigenen Zauber aushauchte. Ein letztes verzweifeltes Ringen nach Luft und der Magier kippte tot nach vorne und rutschte in die Fluten des Tizam, wo er von dem Wellen weggerissen wurde und unterging.

Was war denn jetzt los? dachte Eldfell, der sicherlich genau so überrascht über den Ausgang der Konfrontation war. Dann hörte auch der Lähmungszauber auf zu wirken.. Eldfell stand am Ufer des Flusses in verschmutzter und teilweise zerrissener Kleidung und immer noch voller Angst, die aber langsam abklang. Er hatte überlebt, viele Gedanken schossen ihm nun durch den Kopf. Warum reagierte der Dämon so zögerlich und zurückhaltend? Wieso wurde der Zauber zurückgeworfen? Wenn ja, warum sprang der Lähmungszauber nicht zurück?

Fragen, die erst einmal ohne Antwort bleiben mussten. Er musste erst mal sich darum kümmern wieder nach oben und in das Lager des Heeres zu kommen, zumindest einen seiner Bekannten aus der Schmiede treffen und ihm alles zu erzählen. Falls diese nicht auch noch in eine Falle tappten. Aber das Wichtigste war, dass er überlebt hatte. Auch wenn er sich trotzdem nicht sicher sein konnte, möglicherweise war der Magier nicht der einzige Gegner, der es auf Eldfell abgesehen hatte. Ein Gedanke, der Schaudern auslöste. Noch mehr schwarze Magier und möglicherweise sogar noch schlimmere Dämonen!

Nach einer guten Stunde und mehreren -glimpflich verlaufenen- Ausrutschern erreichte Eldfell wieder den verschlammten Weg.

Das Wetter hatte sich endlich gebessert, es fiel kein Regen mehr und die Wolkendecke machte erste Anzeichen nach vielen Tagen erstmals wieder den blauen Himmel und die Sonne freizugeben. Auch der Nebel hatte sich größtenteils aufgelöst. Es war fast wie eine parallele zu den gerade geschehenen Ereignissen.

Eldfell setzte nach kurzer Überlegung, ob er nicht vielleicht umkehren sollte, den Weg zum Heerlager fort, auch wenn natürlich nicht sicher war, dass er dort hineinkommen würde. Sein Zustand war alles andere als ein solcher, um ohne Probleme dort hineingelassen zu werden. Verdreckte und zerschlissene Kleidung, nur ein paar Kupfermünzen in der Tasche und Pferd mitsamt Ladung den Abhang hinuntergestürzt. Man würde ihn als Landstreicher bezeichnen. Aber seine Hoffnung ruhte auf diejenigen, die bereits vorgegangen waren.

Hinter ihm konnte er Hufgetrappel hören. Hoffentlich ein Mensch ohne böse Absichten, dachte Eldfell. Es war jemand, der Eldfell bekannt war: Sein Meister.

"Meister...ihr?" Eldfell konnte kaum glauben, dass er seinen Meister vor sich stehen hatte.

"Da bist du ja endlich, du kleiner Idiot. Ich habe dich überall gesucht. Das schaffst auch nur du, dich hier zu verirren. Und wo ist das Pferd abgeblieben?" schnauzte er seinen Schüler in einem mächtig unfreundlichem Ton an.

Eldfell erzählte war passiert war und bekam nur ein paar ungläubige Blicke als Antwort.

Er befürchtete nun den größten Ärger seines ganzen Lebens. Den Verlust könnte er in 10 Jahren nicht ersetzen, wenn ihn sein Meister dazu verdonnern sollte. Eine nicht unwahrscheinliche, weil nicht erste Strafe solcher Art.

Doch Eldfells Meister machte nur eine Geste, die signalisierte, dass er auf das Pferd steigen solle. Vielleicht glaubte er die ganze Geschichte ja doch, schließlich erbrachte die Nähe zum Feind einen gewissen Glaubwürdigkeitsbonus, was Schwarzmagier und Dämonen anging. Aber glücklich über dieses Ereignis war er sicher nicht. Vielleicht nur darüber, dass sein Schüler diesen Angriff überlebt hatte. So etwas ließ er sich aber niemals anmerken.

Eldfell zögerte kurz auf das Pferd zu steigen und kurz darauf sah er auch warum: er bemerkte, dass die Kleidung seines Meisters nicht eine Spur von Nässe zeigte, die der Regen eigentlich hätte hinterlassen sollen. Sie war knochentrocken.

Das ist nicht mein Meister, dachte Eldfell und blieb stehen. Seine Hand bewegte sich langsam in Richtung Schwert.

"Was ist den Kleiner? Stimmt was nicht?" fragte Eldfells Gegenüber.

"Allerdings", antwortete Eldfell. "Erzählt mir nicht, dass eure Kleidung so schnell trocknen konnte. Außerdem hat mich mein Meister noch nie "Kleiner" genannt. Ihr kennt doch meinen richtigen Namen, oder etwa nicht?"

Nach diesen Worten stieg der vermeintliche Schmied vom Pferd ab. "Hm, du hast völlig recht, Kleiner. Aber niemand konnte damit rechnen, dass du überlebst."

Die Befürchtungen erwiesen sich damit als wahr. Eldfell zog sofort sein Schwert und richtete es gegen den Mann, der das Aussehen des Schmiedemeisters imitierte.

Dieser seufzte kurz. "Ich sollte mich eigentlich im Lager eurer Verteidigungskräfte umsehen und spionieren. Eine Begegnung mit dir konnte ich nicht erahnen."

"Sag mir verflucht noch mal wer du bist! Du verdammter, du machst gemeinsame Sache mit den Dämonenhorden!" rief Eldfell.

"Ganz recht. Aber ich bin nicht dein Meister, man nennt mich Quitslinga, ich diene dem prächtigen Kind-Kaiser Amazeroth. Dein Meister; tja der dürfte wohl seit kurzer Zeit den Grund des Tizam bedecken oder noch tot in ihm rumtreiben. Er hätte sich ja wehren können... Zumindest sein Pferd hat das ganze überraschend gut überstanden wie du sehen kannst."

Diese Worte weckten den Zorn in Eldfell und dieser stieg fast ins unermessliche, aber auch die Angst - wieder sah er sich einem Dämon gegenüber und er hatte keine Ahnung, was dieser für Fähigkeiten hatte, ausser die Gestalt anderer Leute anzunehmen. Diesem zum trotz rannte er auf den Dämon zu, um ihn anzugreifen.

"Tut mir leid, Kleiner. Ich bin eine Nummer zu groß für dich."

Denn irgendwie bekam Eldfell den Drang, stehenzubleiben und das Schwert wieder wegzupacken, er wollte dies nicht, aber es schien ihm nicht möglich zu sein es zu verhindern.

Der Dämon beeinflusst mich mit seiner Magie, dachte Eldfell, er zwingt mich zu völliger Schutzlosigkeit, damit er mich mit einem Streich töten kann. Der Quitslinga stieg vom Pferd und langsam, ja fast genüsslich und voller Freude kam er auf ihn zu. Eldfell starrte nur noch vor sich hin, völlig teilnahms- und regungslos, ohne dies zu wollen, aber mit dem Gefühl es tun zu müssen, keine andere Wahl zu haben. Die Lage war bedrohlicher als je zuvor.

Lass es nicht zu, Eldfell! Wie eine innere Stimme ertönten diese Worte. Worte, die stärker schienen als der Zauber des Quitslinga. Wer immer diese Worte sprach und wie, er konnte wieder klar denken.

Doch es war zu spät, der Dämon packte Eldfell am Hals mit einer ungeheuren Kraft. Der Griff war so hart, dass sich Eldfell nicht mehr rühren konnte. In nur wenigen Augenblicken fingen die Sinne zu schwinden an.

Kämpfe!

Wieder ertönte diese innere Stimme. Wieder erlebte Eldfell einen Schub an Willenskraft. Diesmal deutlich stärker als der Quitslinga, der plötzlich von seinem Opfer abließ, als hätte er einen glühend heißen Gegenstand berührt. Ein schneller, kräftiger Hieb mit dem Schwert folgte unmittelbar darauf, der den Dämon voll traf und durch die Wucht zu Boden geworfen wurde. Ein Moment gemeinsamer Überraschung folgte. Das Schwert fühlte sich an, als hätte es Eldfell schon seit mehreren Jahre zu führen gewusst.

Sichtlich angeschlagen stand der Dämon wieder auf. Eine große Wunde klaffte auf dessen Brust, die sich langsam von selbst wieder schloss.

"Gut, Kleiner, aber nicht gut genug", sagte Eldfells Gegenüber. Seine Haut färbten sich nun in ein seltsames Blau, seine Arme verwandelten sich in bizarre Tentakel, seine Gesichtszüge verzerrten sich auf eine widerwärtige Fratze. Ein weiteres Mal ließ Eldfell ein Schwerthieb auf den Quitslinga los. Der hatte nun keine Probleme die Attacke abzuwehren.

"Tut mir leid, Kleiner, aber ich lass mich nicht zweimal von deinem Trick überlisten", sagte der in eine groteske Gestalt verwandelte Quitslinga und schlug ihn mit seinem Tentakel das Schwert aus der Hand. Der andere Tentakel öffnete ein Maul und biss Eldfell in die linke Schulter.

Jetzt ist es wohl aus, dachte Eldfell.

Jetzt habe ich dich, dachte der Quitslinga.

Doch dann geschah etwas, mit dem Beide nicht rechneten.

Das Schwert leuchtete auf und bewegte sich in Eldfells Hand zurück; sein Kontrahent ließ ihn los und wich zurück. Ohne groß nachzudenken schlug Eldfell wieder mit seinem Schwert zu, diesmal aber war der Angriff stärker als die beiden male zuvor und er war stärker als der Schutzzauber des Quitslinga, der durch den Schlag ein weiteres Mal zu Boden geworfen wurde. Diesmal aber stand er nicht mehr auf, sondern begann sich langsam aufzulösen und verschwand schließlich. Eldfell hatte seinen Gegner geschlagen und diesmal schien es endgültig zu sein.

"Was für ein Tag", sagte er erleichtert zu sich selbst und es war ein Tag, den er wohl sein ganzes Leben lang nicht vergessen würde. Jedenfalls glaubte er dies zu dem Zeitpunkt. Den Eisenstern hatte er so einiges zu verdanken, allein die Tatsache, dass er damit 2 Dämonen und 1 Magier besiegen konnte. Niemals hätte Eldfell sich zu träumen gewagt solche Fähigkeiten zu besitzen, auch wenn sie möglicherweise nur durch das Schwert ermöglicht wurden. Das Ding war sicherlich geweiht, vielleicht auch magisch, aber das spielte in diesem Augenblick keine Rolle.

Gedankenverloren stieg er auf das Pferd, dass sich einige Meter von dem Ort des Kampfes entfernt hatte (aber erstaunlich ruhig blieb) und machte sich auf den Weg zurück nach Hause. Aber da war noch ein großes Problem. Eldfells Schulter schmerzte fürchterlich. Dort wo der Tentakel des Quitslinga sich festbiss hatte sich eine üble Wunde gebildet, die zwar nicht stark blutete, aber keinesfalls unbehandelt bleiben sollte. Schließlich hatte die Wunde ein Dämon verursacht und wer weiß, welche Folgeschäden solch ein Biss verursachen kann. Vielleicht Vergiftungen oder eine üble Krankheit. Jetzt musste ein kundiger Heiler her, und zwar so schnell wie möglich! Ein letzter Versuch noch weiter zu gehen war schließlich zum Scheitern verurteilt. Der Schmerz wurde innerhalb der Minuten nach dem Kampf immer stärker und ließ Eldfell schließlich bewußtlos vom Pferd fallen.

Suche die, die dir beistehen werden!

Diese Worte waren es, die Eldfell noch mal kurz wachen werden ließen, aber dann umfing ihn endgültige Dunkelheit.
 

... und Langsam senkte sich die Sonne und die Nacht brach über den Kontinent hinein.
 

Am Rande eines hohen Gebirges, in einem für die Region untypisch aussehendem Schloß saß ein schwarzhaariger junger Mann mit roten Augen und sprach zu einem jungen Untergebenen: "Mir gefällt diese Situation nicht, kurz vor unserem Ziel. Geh und kundschafte diese Gegend aus, wir brauchen einen Weg wieder zurückzukommen!"
 

Hoch im Norden in der Nähe einer kleinen Siedlung, wo die Sonne im Sommer nicht mehr untergeht, verfütterte ein berüchtigter Schwarzmagier seine Essensreste an einen Hund. "Ja, friss nur, du gierige dreckige Töle! Bald wird es soviel zu fressen geben, das du dich daran totfressen kannst! Und ganz besonders wird dir der schmecken, dem ich das ganze hier zu verdanken habe!"
 

In einem tiefen Wald irrte ein kleiner Junge umher. Sein sinistres Gemüt voller Kälte ließ jedes Geräusch in der Umgebung verstummen.
 

An einer rauhen Küste stand ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren. Gekleidet wie eine Kriegerin und mit eleganten Waffen ausgestattet blickte sie sorgenvoll zum Ozean hinaus, von dem ein steifer, frischer Wind wehte.
 

In den Gassen einer südländisch anmutenden Stadt streifte eine unheimliche Gestalt umher. "Ich weiß zwar nicht, wo ich hier bin, aber es macht einen höchst interessanten Eindruck". Nach diesen Worten leckte er sich seine Lippen mit seiner unheimlich langen Zunge.
 

Und auf einem Schloßberg in einer einst stolzen Stadt saß ein Drache, halb verrottet, aber irgendwie noch am Leben und erwachte aus einem langen Schlaf. Seine Träume gefielen ihm immer mehr....
 

Noch ein paar Erklärungen:
 

Tobrien: Ein Herzogtum im Osten des Mittelreiches, dem größten Staat Aventuriens. Es wurde durch die Invasion eines feindlichen Heeres unter dem berüchtigten Magier Borbarad (der inzwischen besiegt wurde) fast vollständig erobert.
 

Galotta: Vollständig Gaius Cordovan Eslam Galotta, ehemaliger Hofmagier des Kaisers des Mittelreiches. Nach einer Intrige verstoßen schloß er sich dunklen Mächten an und wurde einer der größten Gefolgsmänner Borbarads. Nach dessen Fall übernahm er die Herrschaft über ein Teil des eroberten Gebietes und übt nun eine Terrorherrschaft aus.

Den Titel Dämonenkaiser hat er sich selbst verliehen.
 

Praios: Mächtigster der zwölf Götter. Er ist der Gott der Sonne der Herrschaft und des Gesetzes. Seine Priester sind gleichstark geachtet wie andernorts gefürchtet und hohe Würdenträger.
 

Tuzakmesser: Ein Schwert, das irdisch mit einem japanischen Katana vergleichbar ist.
 

Quitslinga: Ein gestaltenwandelnder Dämon. Der Dämon ist zwar sehr intelligent, weiß aber natürlich nichts über die Vergangenheit des Imitierten (es sei denn man erzählt ihm davon). Er hat seine wahre Gestalt bisher noch nie jemanden gezeigt (falls er überhaupt eine hat).
 

Amazeroth: Ein Erzdämon, der Täuschung, Wahnsinn und verbotenes Wissen (ja, das kann manchmal sehr gefährlich sein) repräsentiert. Gilt als einer der mächtigsten der Erzdämonen.
 

Änderungen in dem Text können noch vorkommen.

Tipps, Verbesserungsvorschläge und anderes dieser Art sind natürlich herzlich wilkommen.



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