Black Shot V
Black Shot V
Musik: No doubt - Hella god
Er stand am Strand und betrachtete die Wellen, die sich im Sonnenuntergang am Horizont wie flüssiges Feuer in Gold brachen. Aus Gold wurde Kupfer, wurde Blut, bis die Lichtquelle versiegte. Es war jedes Mal beeindruckend, wie sich die Sonne wandelte. Oder änderten sich einfach seine Sinneswahrnehmungen?
Langsam krempelte er die Hose ein Stück hoch und lief bis zu den Knöcheln ins Wasser. Sanft brachen sich die Wellen an seinen Füßen, umschmeichelten und streichelten seine haut, während die letzten Lichtstrahlen sein Gesicht wärmten. Sie hießen ihn willkommen in ihrer Welt.
Stück für Stück schritt er weiter ins kühle Nass, spürte den weichen Sand und die rauen Muscheln unter seinen Füßen, schloss die Augen. Oh, wie er es liebte, hier zu sein. Ganz allein in einer sternenklaren Nacht. Ohne Stress, Kummer und Leid. Er wollte einfach nur hier sein, einfach nur seinen Gedanken nachhängen, frei denken, wie er denken wollte.
In der Gesellschaft seiner Freunde oder seiner Familie war ihm das nicht möglich, verabscheuten sie doch alle seine Ideale und verletzten sie ihn damit immer wieder, wenn er sich nicht in Acht nahm. Warum? Warum, fragte er sich jedes Mal wieder, konnten sie es einfach nicht akzeptieren, dass er anders war? Dass er nun einmal nicht in ihre Welt passte! - Oder gar in diese Welt.
Verschwand er vielleicht deshalb, sobald sich die Sonne am Zenit brach und die ersten Boten der Nacht auftauchten, wie um ihn zu rufen?
Weil er nicht zu ihnen passte... ?
Weil er sein Leben auf seine Art führen wollte... ?
Weil er weiter als sie dachte... ?
Weil er anders war...!?
Bitter verzogen sich seine Lippen zu einem der seltenen Lächeln. Seine Füße fühlten sich taub an, so taub und kalt wie sein Herz seit Jahren war, war auch das Meer noch einsam und kalt. Niemand war hier, solange nicht der Sommer, die quälende Hitze brachte. Niemand... nur er.
Heißt es nicht, dass Meerjungfrauen und Nixen in den sieben Weltmeeren lebten, weil sie Angst vor ihren Gefühlen hatten? Weil sie einmal verletzt worden waren, flohen sie in die Ozeane, das ihr Herz erkalten und vergessen ließ?
Langsam ließ er seinen Blick über die Wellen schweifen. Das sanfte Rauschen beruhigte ihn, ließ ihn alles vergessen, was ihn bedrückte... Sollte er dem Stummen ruf folgen? Den klängen der Sirenen?
Er watete weiter ins Wasser bis er zu schwimmen begann. Würde ihn jemand vermissen, wenn er jetzt einfach dem Mondschein folgte und seine Seele befreite? Immer weiter schwamm er hinaus, immer schwerer wurden seine Glieder und immer kälter sein Herz. Vielleicht ein oder zwei, wenn sie nicht mehr an ihm nörgeln konnten. Doch das war ihm egal... auf diese freute er sich nicht, wenn er morgens aufwachte. Auf jene wartete er nicht, wenn er einsam in seinem Bett lag.
Weiter schwamm er den Horizont entgegen, wurde verschluckt von den Armen des Neptuns, begrüßt von den schönen Wesen der Unterwasserwelt.
Sein Herz wurde kalt.