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Der Mann am Fenster

nach dem Lied von PUR
von

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Es war kalt und stürmisch, eigentlich noch gar nicht die Zeit, dass es dunkel wird, aber die Dämmerung schien sich schon über die Stadt zu legen. Ich war froh, soeben die Tür des Mehrfamilienhauses, in dem meine Wohnung lag, hinter mir zu schließen und das nasskalte Wetter auszupsperren. Regen war nicht gefallen, trotzdem hatte ich vorsichtshalber meinen Regensschirm herausgeholt gehabt, aber jetzt konnte ich ihn unbenutzt wieder wegstecken. Langsam und leise stieg ich die hallenden Stufen hinauf zu meiner Wohnung im 2. Stock. Ich musste immer leise sein, denn die Stufen waren wirklich sehr laut und ein Mieterpaar hatte kleine Kinder.

Schließlich hatte ich meine eigene Haustür erreicht, schloss sie auf und trat ein. Mir kam das übliche Chaos einer Junggesellenwohnung entgegen, aber ich stand zu meiner Schlampigkeit. Eigentlich wollte ich auch gar keine Freundin, mein Job, Schriftsteller, war zu zeitraubend.

Ich ließ meine Tasche mit den Unterlagen, die ich vorhin zum Verlag hatte bringen müssen, in einer Ecke auf dem Flur fallen, ging in die Küche und machte mir erstmal was zu essen. Mit dem Brot in der Hand stapfte ich über einen fast nicht mehr sichtbaren Boden in mein Arbeitszimmer. Wie immer ging mein Blick aus totaler Gewohnheit zum Fenster im Haus gegenüber, aber er war nicht dort.
 

\\Der alte Mann am Fenster gegenüber

ist nicht mehr da, jetzt ist das Zimmer leer.

Ganz unwillkürlich geht mein Blick hinüber,

daß ich ihn sah, wie lang ist das jetzt her.//
 

Mit einem traurigen Seufzer ließ ich mich auf meinen Stuhl sinken und nahm einen meiner angekauten Bleistifte. Doch aufs Schreiben konnte ich mich nicht konzentrieren, der Stift wanderte unruhig in meinen Händen hin und her und wurde zu einem Spielzeug statt zu einem Werkzeug. Mein Blick aber ging daran vorbei, oder eher hindurch.

Meine Gedanken machten sich selbstständig und schweiften ab in die Routine, die noch vor ein paar Tagen vorhanden gewesen war. Erneut ging mein Blick au dem Fenster auf das Haus gegenüber. Aber das Fenster blieb schwarz wie es zuvor war.

So plötzlich...., dachte ich.

Zu plötzlich....

Plötzlich war er fort. Es hatte gedauert, bis ich realisiert hatte, dass er nie mehr wiederkommt...

Heute morgen erst, da hatten sie ihn abgeholt, früh morgens, um die Zeit, wo man normal erst aufsteht. Ich hatte am Fenster gestanden und zugesehen, wie sie ihn hinaus trugen. Die ganze Zeit stand ich nur da und sah zu. Sah zu, wie er fortgefahren wurde, wie seine Wohnung inspiziert wurde, wie man sie leer räumte. Ich stand nur am Fenster und sah zu, bis ich los musste, zu meinem Termin mit dem Verlag.
 

\\Zwei steingraue, teilnahmslose Gestalten

trugen ihn heute Morgen aus dem Haus.

Der Verwalter fing gleich an zu verwalten,

und jemand räumte seine Möbel raus.

Der Mann am Fenster.//
 

Mir fiel auf, dass ich schon wieder am Fenster stand.

Meine Gedanken waren so weit abgeschweift, dass ich es nicht bemerkt hatte und im gleichen Augenblick, wie ich mir dem bewusst wurde, schwemmten mich die Erinnerungen bereits wieder fort, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte...

Es war unvorstellbar, dass er nicht da war. Es war immer so gewesen. Es schien, als wäre mein bester Freund gegangen. Ich kannte den Mann nicht, hab nie mit ihm gesprochen, ihn nie persöhnlich getroffen. Er war zu alt, um seine Wohnung zu verlassen. Einmal war ich drüben gewesen und hatte ihm einen Kuchen vor die Tür gestellt, weil ich mich nicht traute, ihn zu treffen. Als er ihn aß, saß er mir gegenüber am Fenster und ich sah zu. Er hatte sich sehr gefreut.

Ein trauriges Lächeln bei dem Gedanken an sein glückliches Gesicht stahl sich über meine Lippen.

Er war immer da gewesen, wenn ich heim kam und die paar Male, die er fort war, beim Arzt oder so, hab ich an meinem Fenster auf ihn gewartet. Wir waren wie beste Freunde, jeder schien auf seine Art etwas über den anderen zu wissen. Selbst wenn es dunkel un Nacht wurde, wenn er mich am Fenster sah, war er da und ging nicht schlafen. Unsere Sprache schien nur aus Gedanken und Mimik zu bestehen. Aber wir haben uns immer verstanden....
 

\\Wir waren einander wie enge Vertraute,

er, der vom Sessel auf die Straße sah.

Ich, der am Schreibtisch auf dem Bleistift kaute,

wenn einer kam - der Andere war schon da.

Und wenn die Nacht sich auf die Dächer legte,

nur dort und hier ein helles Fenster blieb,

er, der sich schlaflos in der Stube regte,

und ich, der bis zum Morgengrauen schrieb.

Der Mann am Fenster.//
 

Doch nun ist er fort und nie wird es mehr so sein...

Mein Blick haftete auf dem Fenster, an dem er immer saß, dass ich erst verspätet den großen Lieferwagen registrierte, der unten auf der Strasse hielt. Mit zusammengezogenen Augenbrauen nahm ich ihn etwas genauer unter die Lupe und sah, wie ein junges Päärchen ausstieg. Natürlich fragte ich mich, was sie hier wollten. Als sie begannen, den Möbelwagen zu entladen und die Dinge ins Haus gegenüber zu tragen, war mir es mir klar.

Die Wohnung hatte eine neuen Besitzer.

Meine Hände spielten immer noch mit dem Bleistift, aber mein Blick war auf die geschäftigen Aktivitäten der Beiden gerichtet. So schnell war er also von allen anderen vergessen worden....

Als sie das Zimmer einräumten, wo er immer gewesen war, bemerkten sie mich und lächelten freundlich. Auch meine Mundwinkel zogen sich zu einem freundlichen Erwidern ihres Grußes nach oben. Vielleicht würde ich mich doch mit ihnen anfreunden können....
 

\\Vorm Haus steht ein verbeulter Lieferwagen,

zwei junge Leute haben ihn gebracht.

Und Möbel und Kartons hinauf getragen,

sie malen und tapezieren die halbe Nacht

durchs offene Fenster dringt Musik herüber,

die beiden lächelten mir zu vorhin.

Und langsam werde ich mir klar darüber,

daß ich für sie ab heut' der Mann am Fenster bin.

Der Mann am Fenster.//



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lasmalwen
2005-04-14T19:32:35+00:00 14.04.2005 21:32
hey kati
*knuddel*
*grad mal gelesen hat*
ist echt gut geschrieben. wunder mich, das du noch keine kommis hast.
wie gesagt, der schreibstil gefällt mir sehr gut.

Deine Jenny alias Sal ^-^

PS: *freu+ endlich mal erste!!!!


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