Lautes Vogelgezwitscher und ein kitzelndes Gefühl an seinem Bauch weckten Matt am nächsten Morgen in dem fremden und durch die Tatsache, dass er in den letzten Wochen mehr Zeit darin als in seinem eigenen verbracht hatte, doch so vertrautem Bett.
Ja, er hatte absolut nichts, was einem diszipliniertem Verhalten auch nur ähnelte, gestand er sich leicht frustriert ein - aber HEY, wer bitte konnte Taichis großen, braunen und dazu noch bettelnd schauenden Augen widerstehen..?
"Na endlich bist du wach", warmer Atem traf Yamatos Nacken und Geraschel von Stoff erklang hinter ihm. "Ich dachte schon ich müsste bis zum Mittag im Bett bleiben", beschwerte sich Tais Stimme hinter ihm belustigt. "Du liegst nämlich auf meinem Arm."
"Es hat dich ja auch keiner gebeten dich in der nacht an mich festzuklammern, als würde dein Leben davon abhängen", entgegnete Yamato seelenruhig und drehte sich gähnend zu seinem grinsendem Freund um, der die Gelegenheit nutzte seinen Arm unter ihm hervor zu ziehen.
"Mein Leben HAT davon abgehangen!", protestierte der andere Junge halbernst.
"Wie das? Wärst du sonst vom Kissen unters Bett gezerrt und dort zerfleischt worden?", fragte Matt belustigt und räkelte sich verschlafen in den Laken.
"Ganz genau."
"Ich glaub du hast gestern deine Medizin gegen die Hallus nicht genommen .."
Der brünette Junge lachte auf und zeigte seine weißen Zähne. "Du bist total bescheuert Yama!", verkündete er breit lächelnd, "Ich wollte kuscheln, aber du kapierst sowas natürlich mal wieder nicht."
Yamato verzog das Gesicht.
"Was denn?", amüsiert beobachtete Taichi die Mimik seines Freundes.
"Wir sind doch keine Weiber - und Männer **kuscheln** nicht, merk dir das mal endlich!"
"Warum nicht?"
"Frag nicht so blöd!"
"Sonst was?"
"Sonst beiß ich dir die Nase ab!"
Prustend brach Tai in Lachen aus. "Ok, das war jetzt mal sehr männlich Matt."
"Besser als hier mit - mit KUSCHELN anzukommen, wie so 'ne verklemmte 5-Klässlerin!", mitlerweile rot im Gesicht schubste er den anderen Jungen kurzerhand aus dem schmalen Bett und beanspruchte die ganze Decke für sich, indem er sich wieder bequem einrollte und keine Anstalten machte Platz zu machen.
Tai jedoch ließ sich durch den unsanften Sturz nicht weiter stören, sondern hockte sich immer noch lachend auf den Teppich vor seinem Bett. "Du bist noch verklemmter als alle 5-Klässlerinen zusammen!"
"Ich bin NICHT verklemmt. Nur weil du es immer noch nicht geschafft hast mich flachzulegen, heißt noch lange nicht, dass ich verklemmt bin!", entrüstete sich Matt. "Wir haben immer noch nicht die Frage ausdiskutiert, wer oben ist."
"Na, ich natürlich", verwirrt sah Tai seinen Freund an. "Ist doch klar."
"Eben nicht, du Horst."
Einen Augenblick schwieg Tai.
"Willst du oben sein?"
"Ja. Nein! ARGH!", frustriert drehte Matt dem verdutzen Tai den Rücken zu.
"Ja was denn jetzt??"
"Lass mich schlafen!"
"Was ist das denn für ne beschissene Antwort?!", murrte Taichi.
Eine Weile schwiegen beide Jungen, bis ein trotziges "Ich will Sex!!" von Tai erklang.
"Besorg's dir selber", entgegnete sein Freund dazu nur ungerührt und ließ sich auch nicht durch die leidenden Geräusche seines Freundes beirren.
Als ob etwas eingefallen wäre, drehte sich Matt plötzlich wieder zu seinem Freund um und stütze sich mit einem Ellbogen an der Matratze ab. "Wo ist eigentlich mein versprochenes Frühstück? Ich bin immer noch sauer wegen dem Motorrad!"
"Macht Kari", antwortete Tai grimmig. "Die is' übrigens auch sauer, dass du mich nicht endlich 'ranlässt. Sie braucht schließlich eine Inspiration für ihren seltsamen Yaoi Doujinshi .. "
"Was bitte geht deine kleine Schwester unser Sexleben an!?"
"Wir haben doch eh keins!"
"Es geht um's Prinzip, verdammt!"
"Boah, Scheiße, Matt!!", aufgebracht sprang der größere Junge auf und schnappte sich wütend seine Kleidung von einer Stuhllehne. "Du kannst einen echt wahnsinnig machen!"
"Soll ich jetzt Mitleid haben, oder was?"
Tai antwortete nicht, zog sich nur hastig an, warf Matt noch einen wütenden Blick zu und rauschte aus seinem Zimmer, wobei er im Eingang fast Kari über den Haufen rannte, die mit einem vollbeladenen Tablett vor ihrer Tür stand.
"Tai - was?", vollkommen verwirrt starrte das Mädchen ihrem Bruder hinterher, wie er polternd die Treppen runtersprang und mit einem lauten Schlagen der Tür aus dem Haus verschwand. Kurz darauf ertönte noch ein heulendes Motorengeräusch vor dem Fenster und entfernte sich dann schnell wieder, um dem Wochenendmorgen seine Ruhe wieder zu geben.
"Wo will er hin?"
"Weg."
"Das seh ich auch! Wieso will er weg und - hey!!"
"Weil er ein verdammter Idiot ist", murmelte Yamato wütend, schlang die Beine aus dem Bett und fing ebenfalls an, sich anzuziehen.
Seine Morgenmüdigkeit war plötzlich wie weggeblasen und war einem unangenehm, beklemmenden Gefühl in der Brust gewichen, wie wenn man nach tagelangem Büffeln für eine Arbeit zweifelsfrei weiß, eine 5 geschrieben zu haben.
"DU wirst hier nicht auch noch einfach so abhauen, Yamato Ishida!", plötzlich stand eine bitterböse guckende und mit einer Hand ein großes Frühstückstablett balancierende Kari direkt vor ihm. "Ich habe mir nicht umsonst die Mühe mit dem Essen gemacht, damit das mal klar ist!"
Schon wollte Matt zu einer möglichst diplomatischen Antwort ansetzten, doch seine Einwände wurden einfach durch einen weiteren Redeschwall des Mädchens erstickt.
"Spar dir den Atem, Matt - du wirst jetzt alles schön brav aufessen und das nächste Mal zweimal überlegen, bevor du so einen Vielfrass wie Tai wegjagst, wenn ich so viel Essen extra für euch beide gemacht hab!"
"Ich hab ihn nicht weggejagt", murrte Yamato schlecht gelaunt, nahm sich jedoch eine Schüssel Misosuppe, wohl wissen, dass man Kari am frühen Morgen nicht verärgern sollte.
Die 14-jährige verdrehte die Augen. "Stimmt, weggeeckelt trifft's besser."
Matt schnaubte.
Was hatte die auch für 'ne Ahnung.
Das Mädchen klappte die Beine des Holztabletts auf und stellte den so entstandenen kleinen Tisch vor Matt, um sich danach neben ihn zu hocken und sich ebenfalls eine Schüssel zu nehmen.
"Meine Güte, koch ich gut", stellte sie nach einigen Schlücken geniesserisch fest, "und ihr Banausen wisst das noch nicht einmal zu schätzen. Eine Schande ist das."
"Du hörst dich an wie meine Grossmutter."
"Ich mag deine Grossmutter", grinste Kari.
Unwillkürlich verzogen sich nun auch Yamatos Mundwinkel zu einem leichten Lächeln, während er weiter die, zugegeben wirklich leckere Suppe schlürfte.
"Was war denn los?", fragte Kari nach einigen Momenten angenehmen Schweigens und stellte ihre nun leere Schüssel auf dem Tablett ab, um sich stattdessen eine Sushirolle zu nehmen. "Was hat Tai gemacht?"
"Nichts", seufzte Yamato und lehnte sich mit dem Rücken an Tais Bett. Frustriert starrte er hinauf zur hellen Zimmerdecke, um sich ein paar Augenblicke später abrupt aufzurichten.
"Sorry, aber ich muss jetzt wirklich gehen. Aber das Essen schmeckt wirklich super, Kari, Tai ist ein Idiot, dass er sich das entgehen lässt", der blonde Junge lächelte schwach in Karis enttäuschtes Gesicht. "Ich muss jetzt los. Echt."
Das Mädchen seufzte und stand nun ebenfalls auf um Matt zur Zimmertür zu begleiten.
"Na ja .. sag Tai, dass er ein Idiot ist", murmelte Matt noch beim Rausgehen, bevor er in die schon am frühen Morgen herrschende sengende Hitze kam. Dieser Juli-Tag versprach genauso unerträglich heiss zu werden, wie die vorherigen es schon waren.
Matt seufzte auf und sah hinauf in den klaren Sommerhimmel, dessen intensives Blau von keiner einzigen Wolke durchbrochen wurde.
Na toll. Und jetzt war Tai auch noch angepisst und konnte ihn von diesem beschissenem Wetter nicht ablenken.
tbc