Kapitel 9
Fragend schaute der Telepath auf seinen eigentlichen Erzfeind, bevor dieser überhaupt registrierte, wer vor ihm stand. Danach konnte er noch beobachten, wie der Weiß erschrocken aufsprang und in Kampfposition ging. Amüsiert lächelnd blickte Schuldig auf sein Gegenüber und machte eine abfallende Handbewegung. "Keine Angst, ich tu dir schon nichts." Trotzdem blieb Ken in seiner Position und schaute dem Schwarz fragend ins Gesicht. "Woher soll ich das wissen?" Der Orangehaarige hatte seine Frage schon in seinem Gedächtnis entdeckt und war darauf vorbereitet gewesen. Doch wie konnte er Sibirian klarmachen, dass er wirklich nur nach Nagi suchte und nichts Böses im Sinn hatte. Nun ja... im Augenblick jedenfalls nicht.
"Also, du hast mir noch nicht auf meine Frage geantwortet. Weißt du wo er hin ist?" "Wo wer hin ist?" Innerlich schlug sich Schuldig vor den Kopf. War dieses Kätzchen so blöd, oder stellte es sich so? Es lag doch auf der Hand, dass er nach Nagi fragte, oder nicht? Immerhin hatte er dessen Gedanken aufgefangen und somit herausbekommen, dass sein kleiner Freund bei Weiß war und nicht heraus konnte. Zumindest hatte er das so interpretiert, da er nur traurige und ängstliche Gefühle erhalten hatte. Er machte sich ehrlich Sorgen um ihn, da er nur zu gut wusste, wie sein Leader ihn behandelte. Mehr als einmal hatte er die gequälten Schreie des Jungen in der Nacht gehört, nachdem er wieder einmal bei Crawford war und ihm dieser einer seiner ,Lektionen', wie er es nannte, erteilt hatte. Doch so gern er auch seinem Freund helfen wollte, er konnte nicht. Es war ihm verboten worden. Früher hatte er sich einmal mit dem Orakel angelegt, doch das hatte er bitter bereut. Ganze drei Monate hatte er mit geprellten oder gebrochenen Rippen im Krankenhaus gelegen. An die ganzen blauen Flecken und Prellungen wollte er sich gar nicht mehr erinnern.
"Ich meine Prodigy. Wen sonst. Er war doch gestern bei dir, oder nicht?", erwiderte Schuldig trotz allem gelassen und lehnte sich an einem Baum an. Jetzt hatte er einiges auf eine Karte gesetzt. Sollte er sich doch getäuscht haben, so wusste der Braunhaarige jetzt, dass ihnen ein Teammitglied abging und sie so schwächer waren. "Woher soll ich das wissen? Er gehört in dein Team. Außerdem bist du doch der Telepath, oder irre ich mich da?" Jetzt musste er alles tun, um nicht einen Kampf anzufangen. "Hör zu, ich will nicht kämpfen. Ich will lediglich eine Antwort und werde dann wieder abhauen. Wir können das Ganze natürlich auch auf die schmerzhafte Variante machen, bei der ich ohne Rücksicht auf Verluste in deinen Erinnerungen herumsuche, bis ich eine passable Antwort gefunden hab, klar?" Er machte eine kurze Pause. "Das könnte eventuell zu ewig bleibenden Gehirnschäden führen. Die meisten haben sich nach so einer Tortur umgebracht, nur damit du verstehst, wie ernst ich es meine.", fügte er noch hinzu.
Gedanklich hoffte er auf einen Erfolg. Er war selbst auf die Suche gegangen und hatte Crawford nichts gesagt. Er wusste, dass es Nagi nicht sonderlich viel bringen würde zurückzukommen, aber so war er sich sicher, dass es ihm gut ging und er nicht in Gefahr war. Er hatte keine Ahnung, was mit dem Jungen passieren würde, nachdem was er mit Crawford angestellt hatte. Doch innerlich bewunderte er ihn für seine Tat. Wo er jetzt wohl war?
"Wieso sollte ich dir überhaupt etwas sagen?" Langsam wurde der Deutsche ungeduldig. Verstand dieser Idiot denn überhaupt nichts? Anscheinend war es so, sonst würde er nicht die ganze Zeit so blöd fragen. Oder er wollte absolut nichts sagen. Natürlich, er könnte versuchen Nagi auf telepathische Weise zu rufen, doch der Junge war einer der wenigen, die es schafften Blockaden ihm gegenüber zu errichten. Das erschwerte die Sache ungemein. Gut, dann würde er wohl Klartext reden müssen. Auch wenn ihm diese Variante nicht besonders behagte.
"Hör zu, Nagi ist abgehauen und ich habe keine Ahnung wo er ist, geschweige denn, was er tut oder wie es ihm geht. Ich tu das zwar sehr ungern, aber ich bitte dich, mir zu helfen. Wenn Nagi etwas zustößt hat das schreckliche Folgen für uns alle. Nicht nur für Schwarz, sondern auch für Weiß. Hast du verstanden?" Nach diesen Worten wartete Schuldig gespannt auf eine Antwort. "Außerdem willst du doch genauso wenig wie ich, dass ihm etwas passiert, oder?"
Hoffentlich hatte er jetzt das Richtige getan. Auch wenn er es nicht gerne zugab, aber wenn es um Nagi ging, war er sich schon sehr oft unsicher gewesen. Er hatte immer versucht den Kleinen zu beschützen und sah in ihm einen kleinen Bruder oder so etwas in der Art. Zumindest hatte er ihn sehr gerne. Als Kumpel und Bruder verstand sich.
"Ich weiß es nicht. Er war heute Früh noch bei mir. Als ich vorhin geschaut habe, war er weg. Keine Ahnung wo er hin ist.", sagte Ken kleinlaut, als er sah, wie besorgt der Deutsche um den 15- jährigen war. "Aber was ist mit ihm passiert? Er war... total verstört. Und er hatte überall blaue Flecken, Kratzer und Prellungen? Was hast du mit ihm gemacht?" Jetzt schrie der Fußballer schon fast. Schuldig trat einen Schritt zurück, vergaß dabei aber den Baum, stolperte und fiel in das Gras. Er hatte nicht mit einem solchen Wutausbruch der andren Seite gerechnet.
"Glaub mir, dass willst du nicht wissen...", antwortete er deshalb ausweichend. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass Ken ihn packen und aufzerren würde. ,Der Gute scheint sich ja wirklich Sorgen um Nagi zu machen.', überlegte er in Gedanken. ,Ob man das eventuell ausnutzen kann?' Dennoch befreite er sich bevor er gewürgt werden konnte. "Ich habe doch gesagt, dass ich keinen Streit will. Meine Güte bist du stur. Ich hab dir doch schon gesagt, dass du das nicht wissen willst." Doch damit besänftigte er den Weiß nicht, sondern stachelte ihn noch viel mehr an. "Doch ich will es wissen. Sag es mir.", knurrte dieser und packte den Telepathen ein weiteres Mal.
"Okay, ich sag es dir ja. Lass uns was trinken gehen.", murmelte dieser und holte tief Atem als er endlich losgelassen wurde.
Kapitel 9 Ende
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Sorry, das es diesmal kürzer ausgefallen ist als sonst ^_-
Aber ich habs erst heute geschrieben... na ja und ich hatte nicht sonderlich viel Zeit dafür.
kamiu
