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Das Fest des Lichts

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Spielt nach Niraikanai. Fye und Kurogane sind ein Paar. Komplett anzeigen

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„Ooooh, guckt mal da! Und da! Und da!“

Mokona drehte sich auf Kuroganes Kopf so aufgeregt hin und her, während sie die ganzen neuen Entdeckungen machte, dass sein Kopf recht unsanft mitgerissen wurde.

„Hey, geht’s noch?! Noch ein Hüpfer und es hat sich ein für alle Mal ausgehüpft!!“ Der Ninja wollte mit einer Hand nach dem magischen Wesen auf seinem Haupt schlagen – doch Mokona brachte sich schnell auf Fyes Kopf in Sicherheit, sodass Kurogane sich selbst schlug.

„GRRRRRRROOOOOAAAAR!!!“

„Immer mit der Ruhe, Kuro-tan“, ermahnte Fye ihn unangemessen fröhlich grinsend (natürlich amüsierte ihn der Umstand, dass der Andere sich selbst geschlagen hatte, über alle Maßen). „Die Leute gucken schon.“

Das Quartett war vor einer guten Stunde erst in dieser Welt gelandet. Von weitem hatten sie diese Stadt erblicken können und sich daher umgehend dorthin aufgemacht. Es war eine schöne Stadt, dicht bebaut zwar, doch die kleinen Häuser, teils gemauert, teils mit Fachwerk, waren so hübsch anzusehen, dass man nicht das Gefühl hatte, erdrückt zu werden. Die Straßen waren gepflastert und alles sah außerordentlich sauber aus. Mehr noch: Die Stadtbewohner schienen fleißig dabei zu sein, ihre kleine Stadt herzurichten. Überall hingen sie schmückende Ornamente und Girlanden an den Fassaden auf und in die Schaufenster hingen sie bunt bemalte Laternen. Selbst um die Straßenlaternen drapierte man Girlanden. Es war ein wenig kühl an der frischen Luft, die Menschen trugen Schals und Mützen zu ihrer warm aussehenden Kleidung.

Es war ein glücklicher Zufall, dass die Reisenden zuvor auf einem Wiederbesuch in Shade Country gewesen waren. Mit der Kleidung von dort stachen sie auch hier nicht heraus. Selbst Mokona wurde keine große Beachtung geschenkt, weswegen sie herumhüpfen durfte, wie sie wollte.

„Was die Leute hier wohl machen?“, fragte das Wollknäuel und sprang von Fyes Kopf in dessen Arme, wo es sich sofort einkuschelte. Die Luft war doch ein wenig zu kühl für Mokonas Geschmack.

„Es sieht so aus, als würden sie ein Fest oder etwas in der Art vorbereiten, findet ihr nicht?“ Fyes heiterer Blick wanderte zu Kurogane, der nur brummelnd mit den Schultern zuckte und dann zu Shaolan, der dem Boden unter seinen Füßen mehr Beachtung schenkte als den Begleitern um ihn herum. Der Anblick von Shaolans hängendem Kopf war mittlerweile ein gewohntes Bild geworden, aber es war keins, an das Fye sich gewöhnen wollte. Der offensichtlich Trübsal blasende Junge versetzte seiner eigentlich guten Laune einen heftigen Dämpfer. Normalerweise erkundete Shaolan gerne und eifrig neue Welten, doch in letzter Zeit verfiel er zunehmend der Lethargie.

Seit den Ereignissen in Niraikanai war viel passiert – und gleichzeitig viel zu wenig.

Sie waren in einigen Welten ein zweites Mal gewesen, was per se nicht schlecht war, denn dort kannten sie sich aus, man kannte sie und sie mussten nicht viel befürchten, aber dies bedeutete auch, dass sie dort keine Hinweise fanden, die ihnen in Bezug auf die anderen Kinder helfen würden. 'Shaolan' und 'Sakura' zurückzubringen war der Sinn ihrer Reise (lag der Grund doch traurigerweise in dem Fluch Fei Wans), aber keiner von ihnen wusste genau, wonach sie eigentlich suchen sollten.

Ausgelöschte Existenzen wiederbringen: Wie machte man das? War dies überhaupt möglich?

Dies waren keine Fragen, die Fye oder Kurogane laut stellen wollten, denn sie standen gar nicht zur Debatte. Sie mussten die Kinder wiederbringen, das war alles, was zählte.

Der Großteil der neuen Welten, in denen sie zuletzt gewesen waren, hatte nicht viel getan, um ihnen Mut oder Hoffnung zu geben. Ganz oft waren es karge Welten gewesen, in denen sie auch nach längerer Suche keinen einzigen Menschen hatten finden können. Und selbst wenn sie in einer Dimension gelandet waren, in der es Menschen gegeben hatte, so hatten sie auch da nichts gefunden, was ihnen irgendwie hätte weiterhelfen können. Die länger und länger werdende Durststrecke zermürbte Shaolan zusehends. Vor Shade Country waren sie in einer Steppe gelandet, die sie – wie alle Welten dieser Art vorher – nach irgendetwas oder irgendwem abgesucht hatten. Nach einiger Zeit hatte Shaolan sich mit Tränen in den Augen zu ihnen umgedreht und mit brüchiger Stimme gesagt:

„Hier ist nichts. Hier ist absolut nichts.“

Das Bild hatte sich in Fyes Herz eingebrannt und schmerzte nach wie vor. In Shade Country selber hatte Shaolan sich zurückgezogen und nach eigenen Worten „einfach nur schlafen“ wollen. Nach zwei Tagen, in denen der Junge sich in einem dunklen Zimmer unter der Bettdecke verkrochen hatte, war daraufhin Kurogane der Kragen geplatzt und er hatte ihn mit Gewalt nach draußen zerren wollen – was wiederum zum bisher heftigsten Streit, den die beiden je gehabt hatten, geführt hatte.

„Lass mich bitte einfach in Ruhe!“

Und inwiefern bringt dich das weiter?“

„ … Das weiß ich nicht.“

Dann hör auf, dich zu verkriechen!“

Das tue ich nicht! Ich weiß nur nicht weiter! Ich weiß gar nichts mehr!“

Red keinen Unsinn, du weißt schließlich, was du zu tun hast!“

Was weißt du schon?! Du musst nicht hier sein! Du kannst gehen, wohin du willst und vor allem bleiben, wo auch immer du willst! Aber ich, ich kann nirgends bleiben! Und ich weiß nicht einmal, wo ich hingehen muss!“

An diesem Punkt hatte Mokona traurig „Hört bitte auf“ gewinselt, sodass die beiden schnaubend auseinandergegangen waren. Fye hatte dem Schlagabtausch sehr hilflos beigewohnt. Es passierte nicht selten, dass er mit Kurogane aneinandergeriet, aber Shaolan? Der behielt eigentlich immer die Ruhe und war bisher noch gegenüber keinem von ihnen ausfallend geworden. Der Magier war ihm in sein Zimmer nachgegangen, wo er den Jungen weinend auf dem Bett sitzend vorgefunden hatte.

Bitte“, hatte Shaolan elendig klingend hervorgebracht, „bitte lass mich einfach allein. Bitte.“

Sein Gesichtsausdruck hatte Fye verraten, was los war. Es war ein Gefühl, dass er selbst nur zu gut kannte und mit dem er dennoch nicht umzugehen wusste.

Hoffnungslosigkeit.

Nichts als pure Hoffnungslosigkeit.

Er will in Ruhe gelassen werden, also lassen wir ihn in Ruhe“, hatte Kurogane ihm später unter vier Augen gesagt. Fye war empört über diesen Vorschlag gewesen. Sie konnten ihn doch nicht allein lassen, hatte er dem Schwarzhaarigen entrüstet erwidert.

Magier, hab ich gesagt, dass wir ihn allein lassen? Wir lassen ihn in Ruhe. Für eine Weile. Im Moment kannst du nichts sagen oder tun, um ihm zu helfen. Deswegen: Lass ihn in Ruhe.“

Fye war nach wie vor nicht glücklich mit dieser Vorgehensweise. Sie waren mit Shaolan auf einem dermaßen guten Weg gewesen. Er hatte begonnen, sich ihnen anzuvertrauen. Sie hatten sogar begonnen, sich wie eine Familie zu fühle-

Er brach seinen eigenen Gedanken ab. Vielleicht war es auch nur ihm so vorgekommen. Vielleicht wollte nur er, dass es sich mit Shaolan so anfühlte wie mit 'Shaolan' und 'Sakura.' Er versuchte nicht, ihr schmerzliches Fehlen durch ihn zu ersetzen, aber für Außenstehende sah es sicherlich so aus. Vielleicht drängte er den Jungen damit in eine Rolle, die dieser überhaupt nicht ausfüllen wollte. Vielleicht dachte Shaolan, dass er als eine Art Ersatz herhalten sollte. Vielleicht, ja, vielleicht hatte er ihm deswegen gesagt, er sollte ihn allein lassen. War er mit schuld an dieser Situation?

Nur scheinbar unbemerkt biss Fye sich auf die Lippen. Wenn es Shaolan lieber war, dass er auf Abstand zu ihm ging, dann würde er diesem Wunsch nachkommen. Auch wenn es ihm das Herz zerriss.

„Fye?“, fiepste Mokona bekümmert und sah aus seinen Armen zu ihm hoch.

Entgegen seines besseren Wissens lachte er. „Es ist mächtig kalt hier, oder? Also, suchen wir uns zuerst einmal eine Bleibe!“

 

Es war leicht, eines der kleinen Häuser zu mieten. Fye hatte auf dem großen Platz mitten in der Stadt, wo die Stadtbewohner besonders viele Girlanden anbrachten, einfach jemanden angesprochen und gefragt, an wen man sich wenden müsste, wenn man auf der Suche nach einer Unterkunft wäre. Derjenige, den er angesprochen hatte, kannte jemanden, der jemanden kannte und in Nullkommanichts waren sie zu einem leerstehenden Häuschen inmitten einer sich von der Hauptstraße abzweigenden, putzigen Gasse geführt worden.

Nun konnten sie für die nächste Zeit einen geräumigen Wohnraum mit Küche und einem Bad im Erdgeschoss sowie zwei Schlafzimmern darüber ihr Eigen nennen. Die Innenräume und das Mobiliar waren alle sehr schlicht und aus Holz gefertigt, doch es gab fließendes Wasser und Elektrizität. Beim Anblick der voll ausgestatteten Küche hatte Fye kurz große Augen bekommen, doch er zügelte sich auf der Stelle wieder. So wie die Stimmung momentan war, war es nicht der richtige Zeitpunkt für exzessive Koch-und Backgelage. Er musste alles einfach halten, damit er sich an den auferlegten Abstand halten konnte.

Ihre Vermieterin, die ihnen alles im Haus gezeigt hatte, machte sich zur Tür auf, um wieder zu gehen. Da Kurogane damit beschäftigt war, Mokona (die durch den offenen Kamin gehopst war und nun im ganzen Haus Asche verteilte) einzufangen und Shaolan mit abgewandtem Gesicht geistesabwesend eine Wand anstarrte, verabschiedete nur Fye die freundliche Dame.

„Vielen Dank für die schnelle Vermittlung“, sagte er ihr an der Tür.

Sie winkte ab. „Nicht doch. So kurz vor dem Fest kann man ja niemanden auf der Straße stehen lassen.“

„Ah, ein Fest?“ Er wurde hellhörig. „Wir hatten uns schon über die geschmückten Fassaden und alles gewundert. Was ist das denn für ein Fest?“

Verwundert blickte die Frau ihn an. „Von wie weit weg kommen Sie doch gleich?“

„Von weit, weit weg.“

„Allerdings. Wie kann es sonst sein, dass Sie noch nie vom Fest des Lichts gehört haben?“

 

„Fest des Lichts?“ Kurogane sah zu Fye, während er Mokona mit einer Hand in die Spüle drückte und Wasser über sie laufen ließ.

„Ja. Sie feiern wohl, dass vor Hunderten von Jahren das Licht in ihre Welt gebracht wurde.“

„Ist das so ein Legendenkram oder gab es in dieser Welt vorher wirklich kein Licht?“

Der Magier zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Sie sagte nur, dass früher eine ewige Dunkelheit herrschte und dann das Licht erschien und die Dunkelheit vertrieb. Und das feiern sie seitdem.“

„Legendenkram also. Eine Welt ohne Licht kann doch gar nicht existieren, oder?“

„Nein, eigentlich nicht.“

Beide blickten aus dem Augenwinkel zu Shaolan, der ihnen offenbar zugehört hatte und nun wie ertappt zusammenzuckte und sich von neuem abwandte.

„Huuui! Mokona mag Feste! Wir feiern dann auch, ja? Ja?“ Mokona plantschte im Wasser und genoss ihre Dusche sichtlich (sie spritzte dabei auch Kurogane nass und man konnte nicht genau sagen, was davon sie mehr genoss).

„Wir wissen doch praktisch nichts über dieses Fest. Da lässt es sich doch auch nur schwer feiern“, entgegnete Fye seltsam zurückhaltend und erntete dafür einen verdutzten Blick seitens des anderen Mannes.

„Mokona und Shaolan finden alles Nötige heraus und dann gibt es ein Fest, ja? Ja?“ Das magische Wesen hüpfte aus der Spüle, schüttelte sich trocken (wer dabei den Großteil der Tropfen abbekam, stand außer Frage) und sprang unter Kuroganes „Verdammter Klops!“-Rufen zu dem entfernt stehenden Jungen. Erwartungsvoll schaute es zu ihm hoch.

Eine kurze Stille legte sich über alle, bis Fye Mokona vom Boden wegschnappte.

„Shaolan hat viel zu tun, das weißt du doch. Sei nicht egoistisch. Er will sicher erst seine üblichen Recherchen machen.“

Ein Hauch von Verwirrung glitt über das Gesicht des Brünetten, nachdem der Magier dies gesagt hatte. Seine üblichen Recherchen meinte seine Nachforschungen bezüglich des Wiederbringens ausgelöschter Existenzen. Durch die lange Flaute in der letzten Zeit hatte er schon eine Weile nichts in Erfahrung bringen können.

„Du kannst gerne die örtliche Bibliothek aufsuchen“, fuhr Fye fort. „Wir kümmern uns in der Zwischenzeit um etwas zu essen.“

„Ah … ja … in Ordnung.“ Shaolan wirkte ein wenig verloren, wie er so dastand, verwirrt zu dem Blonden blickte und sich erst einige Sekunden später in Bewegung setzte.

„Dann gibt es kein Fest?“, hörte er Mokona noch enttäuscht wimmern, bevor er die Tür aufmachte.

„Nein. Und jetzt lass es bitte gut sein.“ Nach Fyes knapper Antwort verließ Shaolan das Haus.

 

Es war schwer, diesem Fest aus dem Weg zu gehen. Fye und Kurogane hatten auf der Hauptstraße schnell ein großes Lebensmittelgeschäft gefunden und auch dieses war im Innenraum mit allerlei Girlanden und glitzernden Ornamenten geschmückt. Mokona sollte in ihrem Häuschen auf Shaolan warten.

„Guten Tag, die Herren“, begrüßte ein Mitarbeiter des Geschäfts die zwei, als sie eintraten. „Beachten Sie bitte unsere Sonderpreise für alle Waren, die sie für das Festmahl brauchen und vergessen Sie nicht unsere geänderten Öffnungszeiten.“

„Geänderte Öffnungszeiten?“, hakte Fye nach und grinste verlegen, als der Mitarbeiter auf ein Schild zeigte. Keine Chance, das zu lesen.

„Oh, wir haben beide unsere Brillen vergessen“, log er entschuldigend lächelnd. „Hätten Sie die Güte, uns das vorzulesen?“

„Huh? Oh, selbstverständlich.“ Der Angestellte blickte ein wenig verwundert drein, kam der Bitte aber unverzüglich nach. „Morgen schließen wir bereits um vier Uhr am Nachmittag. Und über die restlichen Feiertage haben wir gänzlich geschlossen.“

„Dann beginnt das Fest schon morgen?“

Der Mitarbeiter stutzte und nickte schließlich. „Ja. So wie jedes Jahr. Am morgigen Abend feiern wir doch die Wiederkehr des Lichts.“

„Ah, ja, natürlich!“ Fye schlug sich mit einer Hand gegen die Stirn. „Ich habe wohl nicht nur meine Brille vergessen. Wo bin ich nur mit meinen Gedanken?“

„Brauchen Sie auch Hilfe bei Ihrem Einkauf?“

„Nicht doch, das schaffen wir alleine.“ Er lachte, bedankte sich und schob sich mitsamt seinem Begleiter an dem verdatterten Angestellten vorbei in den Laden.

Der Magier musste schmunzeln, als er Kuroganes hochgezogene Augenbraue bemerkte. „Stört dich etwas, Kuro-rin?“

„Wir haben beide unsere Brillen vergessen, ja?“

„Dir würde eine Brille bestimmt gut stehen. Dann würdest du endlich mal klug aussehen.“

Kurogane wollte mürrisch den Kopf schütteln, als ihm die Beleidigung auffiel. „Was soll denn heißen, dann würde ich endlich mal klug aussehen??“

„Oje, siehst du? Mit Brille hättest du dafür nicht so lange gebraucht, Kuro-Köpfchen.“

„Ich reiß dir gleich dein 'Köpfchen' ab!!“

„He he.“ Schelmisch grinsend blieb Fye vor einem Regal stehen, in dem es etwas gab, von dem er hoffte, dass es abgepackter Reis war, und begutachtete die Packungen. Ihm entging nicht, dass er währenddessen ebenso gemustert wurde. „Das ist leider nicht der Blick, mit dem du mich in Gedanken ausziehst. Also, was soll die kritische Miene?“

Rot anlaufend zuckte der Ninja ein wenig zusammen, fand allerdings rasch die Contenance wieder. „Jetzt benimmst du dich wieder normal.“

„Aha? Gut zu wissen.“ Als würde es ihn nicht weiter interessieren, ging er nicht darauf ein, was der Andere gesagt hatte und legte stattdessen zuerst eine der Packungen in den Korb, den er am Eingang bekommen hatte, ehe er sich zum gegenüberliegenden Regal umdrehte und inspizierte, was es dort gab. Er kannte Kurogane lange genug, um zu wissen, dass dies nicht ausreichte, um einer Diskussion aus dem Weg zu gehen.

Du willst dieses Fest nicht feiern? Du fragst nicht einmal nach, wie genau man es feiert und reagierst nicht auf das Wort 'Festmahl'? Was ist los?“

„Nichts“, entgegnete er knapp und unterkühlter, als er es beabsichtigt hatte.

„Nichts, am Arsch.“ Kuroganes Tonfall wurde schnell grantiger. „In dem ganzen Laden hier hängen Plakate mit Bildern von diesem Fest. Leute sitzen fröhlich grinsend um einen üppig gedeckten Tisch oder hocken, irgendwas aus Tassen schlürfend, vor einem Kamin, während im Hintergrund irgendwas Glitzerndes baumelt. Und du siehst auffallend absichtlich an all diesen Plakaten vorbei. Wieso stürzt du dich nicht auf diesen ganzen Krempel, Magier? Wieso liegst du mir mit diesem Fest nicht längst in den Ohren? Wieso sagst du dem Wollknäuel sogar, es würde kein Fest geben?“

Die Augen nur scheinbar streng auf die Waren im Regal vor sich gerichtet, haderte Fye sichtlich einen langen Moment lang. „Ehrliche Antwort?“, fragte er schließlich mit ein wenig bebender Stimme.

„Für alles andere müsstest du wieder um deinen Kopf bangen“, antwortete Kurogane ruhig.

Der Blonde lachte gequält. „Ein fröhliches Fest, ein aufwändiges Essen, eine glitzernde Dekoration …. Wären die Kinder hier, wäre das kein Problem, im Gegenteil, dann würde ich mich darauf stürzen. Aber … aber Shaolan ist hier und es geht ihm im Moment nicht gut. Darauf sollten wir Rücksicht nehmen.“ Er sah aus dem Augenwinkel zu Kurogane, der hörbar ein- und ausatmete.

„Das nennst du eine ehrliche Antwort?“

Fye deutete ein Kopfschütteln an. „Tut mir leid. Lass uns einfach etwas Essbares besorgen, ja? Mir ist nicht nach einer öffentlichen Auseinandersetzung.“

 

Besorgt schaute Mokona während des Essens zwischen allen anderen hin und her. Was auch immer Fye aus den Zutaten gezaubert hatte, schmeckte wie Reis mit Gemüse und Hühnchen – und es schmeckte fantastisch. Nur, dass das niemand sagte, so wie überhaupt niemand überhaupt etwas sagte.

Shaolan hatte nur sehr kurz und knapp berichtet, dass er Probleme mit der Schrift hatte und somit noch nichts in Erfahrung gebracht hatte. Außerdem war auch ihm gesagt worden, dass die Bibliothek morgen früher schloss. Als er in der Bibliothek nach Legenden oder Berichten über außergewöhnliche Ereignisse gefragt hatte, war man ihm immer wieder mit der Geschichte über das Fest des Lichts gekommen. Dankend hatte er abgelehnt, dazu Näheres zu hören. Er wollte sich voll und ganz auf das konzentrieren, weswegen er ja eigentlich unterwegs war. Dies jedoch erzählte er seinen Gefährten nicht.

Seit er in Shade Country die Nerven verloren hatte, war die Stimmung schrecklich seltsam geworden. Er hatte in seiner anhaltenden Frustration furchtbare Dinge zu Kurogane gesagt und seitdem sagte Kurogane nicht mehr als nötig zu ihm. Zudem ging Fye seitdem zunehmend auf Abstand zu ihm. Wer konnte es ihm verdenken? Es war nur natürlich, dass Fye zu Kurogane hielt. Mit dem, was er dem Ninja an den Kopf geworfen hatte, musste er auch den Magier gegen sich aufgebracht haben. Dies erklärte auch, warum Fye keinerlei Interesse daran zeigte, dieses Fest feiern zu wollen. Die Ausrede, dass er ein Fest, das er nicht kennen würde, nicht feiern wollte, war einfach zu durchschauen, denn nie zuvor hatte dies den Blondschopf von so etwas abgehalten. Shaolan hatte es damals alles durch sein anderes Ich gesehen:

Jede üppige, stimmungsvolle Party, jede ausgelassene, fröhliche Feier zusammen mit 'Shaolan' und 'Sakura.' Es waren die beiden, die fehlten, um ein Fest zu begehen. Es waren die beiden, die Fye wahrscheinlich lieber hier haben wollte als ihn. Shaolan konnte sich lebhaft vorstellen, was Fye tun würde, wenn sie hier wären. Er würde selber alles über dieses Fest in Erfahrung bringen, es mit ihnen zusammen vorbereiten und dabei keine Gelegenheit auslassen, Kurogane mit irgendetwas zu ärgern. Stattdessen herrschte nur eisige Stille.

Vielleicht war der Magier enttäuscht, dass sie noch nicht mehr Fortschritte gemacht hatten, vielleicht war er enttäuscht von ihm, dass er, der kein adäquater Ersatz für die beiden schmerzlich Vermissten war, es noch nicht geschafft hatte, sie zurückzubringen.

Die Erkenntnis jagte ihm einen stechenden Schmerz direkt durch sein Herz.

Vielleicht war Fye ihn und die länger und länger werdende Reise, zu der er die beiden anderen quasi gezwungen hatte, schlichtweg leid.

„Shaolan?“, fiepste Mokona in seine düsteren Gedanken hinein und der Junge bemerkte, dass er eine gefühlte Ewigkeit seinen halbvollen Teller nur angestarrt hatte, ohne davon zu essen.

„Du musst nicht aufessen, wenn du nicht magst“, sagte Fye, der schon mit dem Abräumen begonnen hatte, und für Shaolan klang es noch kühler, noch distanzierter als zuvor. Jetzt dachte er vermutlich noch, dass ihm das Essen nicht geschmeckt hatte. Er wollte ihm sagen, dass dem nicht so war, doch in seinem Kopf formte sich kein vollständiger, kohärenter Satz.

„Nein“, erwiderte Shaolan daher lediglich und erschrak innerlich. Hätte er sich noch irgendwie schlimmer ausdrücken können? „Ich mache den Abwasch“, schob er deswegen hastig hinterher, doch er erntete ein umgehendes Kopfschütteln von dem Blonden.

„Du bist sicher müde. Geh ins Bett. Kuro-sama darf mir beim Abwasch helfen.“

„Ich darf?“, brummelte Kurogane missmutig.

„Nicht vielen wird so eine Ehre zuteil“, scherzte Fye und Shaolan wünschte sich, er könnte einfach bei ihnen bleiben und mit ihnen lachen, aber er hatte das Gefühl, durch sein Verhalten dieses Privileg verwirkt zu haben.

Unschlüssig blieb er noch einige Sekunden sitzen, ehe er mit hängendem Kopf aufstand. „Gute Nacht“, sagte er ihnen ohne aufzusehen, bevor er den Wohnraum in Richtung seines Schlafzimmers verließ.

Nicht lange, nachdem er sich hingelegt hatte und im Dunkeln die Decke über sich anstarrte, kroch Mokona zu ihm und kuschelte sich an ihn.

„Mokona will helfen, wenn Shaolan so traurig ist“, flüsterte sie ungewohnt leise und das Angebot rührte den Jungen zutiefst, aber es gab nichts, was Mokona bei dem, was er verbockt hatte, tun konnte. Schon seit dem Streit in Shade Country zermarterte Shaolan sich das Hirn, wie er sich angemessen entschuldigen sollte. Doch so angespannt wie die Lage war, schienen keine Worte auszureichen.

 

Mokona auf seinem Kopf balancierend, schlappte Shaolan am nächsten Morgen schlaftrunken die Treppe zum Wohnraum hinab. Er hatte noch lange wach gelegen, war aber irgendwann doch endlich eingeschlafen. Umso wacher wurde er in diesem Augenblick, als er die Uhr neben der Haustür erblickte und begriff, dass er verschlafen hatte. Er hatte heute einen frühen Start hinlegen wollen, da die Bibliothek ja bereits am Nachmittag zumachte.

Und nun war es schon nach zehn.

Wie in den letzten Tagen auch wurde Fye schlagartig angespannter, als er ihn erblickte. Hielt er es wirklich nur noch so schlecht mit ihm aus?

Die beiden Erwachsenen hatten bereits gefrühstückt, nur zwei Teller und Tassen für Shaolan und Mokona standen mit verschiedenen Sorten Brot und einer Schale mit klein geschnittenem Obst noch auf dem Tisch.

„Guten Morgen“, begrüßte Fye sie. „Ich habe keine Ahnung, was das für ein Tee ist, den wir gestern gekauft haben, aber er schmeckt ganz gut. Soll ich euch eine neue Kanne machen?“

„Ah ...“, begann Shaolan unsicher, „ich muss zur Bibliothek, sie macht in ein paar Stunden zu und-“ Sein Magen protestierte gegen sein Gestammel mit einem lauten Grummeln.

Kurogane, der anscheinend den Kamin inspizierte, drehte sich stöhnend zu dem Jungen um. „Wenn man Hunger hat und vor einem ein Tisch voll mit Essen steht – dann ist es klüger, dass man etwas isst.“

„Zwing ihn nicht“, beeilte sich Fye zu erwidern. „Wenn ihm das Essen nicht schmeckt, besorge ich ihm etwas anderes.“

„Er hat es doch noch gar nicht probiert.“

„Das ist seine Sache, ob er es probieren will oder nicht.“

Perplex guckte Shaolan zwischen ihnen hin und her. Was war nun? Schaffte er es jetzt auch noch, die beiden zu entzweien?

„Shaolan“, warf Mokona ermunternd ein, „essen wir etwas? Ja?“

Der Junge nickte nur, ließ sich am Tisch nieder und legte schweigend etwas vom Essen sowohl auf seinen Teller als auch auf Mokonas.

„Mokona hätte gern etwas von dem Tee. Der riecht super lecker!“, rief das Wollknäuel munter aus und Fye machte sich lächelnd daran, eine neue Kanne zu kochen. Er hatte sie gerade aufgeschüttet, als es an der Tür klopfte.

Eine frische Brise wehte in den Raum, als der Magier die Haustür öffnete. Die Vermieterin stand dort, wünschte allen einen guten Morgen und entschuldigte sich für die Störung.

„Gibt es ein Problem?“, fragte Fye und die Frau winkte lächelnd ab.

„Nein, ich dachte nur … wo Sie ja gerade erst hergezogen sind und sicherlich mit tausend anderen Dingen beschäftigt sind …. Sie haben keine Dekoration für das Fest, oder?“

„Oh, nein, in der Tat nicht. Wir-“ Fye unterbrach sich selbst. Er wollte nicht sagen „Wir machen auch nicht mit“; wie klang das denn?

„Habe ich mir gedacht“, entgegnete die Frau freundlich und zog etwas aus der Tasche, die sie dabei hatte. Es war eine dieser Girlanden, die überall hingen. „Bitte nehmen Sie die und machen Sie sie draußen fest. Das wäre doch sonst traurig, wenn Sie gar keine Dekoration hätten. Besonders für den Jungen. Die Kinder lieben so etwas doch schließlich. Wir Erwachsene natürlich auch!“ Sie lachte. „Konnten Sie denn sonst schon alles besorgen? Die Geschenke füreinander und den Festtagskuchen?“

„Geschenke?“ Mokona machte wortwörtlich große Augen und stellte ihre Lauscher hochkant auf.

„Es gibt einen besonderen Kuchen für dieses Fest?“ Fye hätte beinahe ebenso große Augen bekommen, wenn er sich nicht erinnert hätte, sich zu bremsen.

„Ja, den gibt es doch nach dem Festessen. Oje, haben Sie noch keinen? Die Fertigen werden im Geschäft bestimmt schon ausverkauft sein.“

Als würde Fye sich mit fertigem Kuchen zufriedengeben, dachte Shaolan und freute sich über den ersten heiteren Gedanken, den er seit Tagen gehabt hatte. Seine aufkommende Leichtigkeit wurde im Handumdrehen wieder erstickt.

„Wir … haben es nicht so mit Kuchen“, hörte er Fye sagen und augenblicklich warf er daraufhin Kurogane einen fragenden, fast schockierten Blick zu.

Kurogane seufzte und fuhr sich mit einer Hand über die Schläfen.

Die Girlande dankend entgegennehmend, verabschiedete der Magier die Frau wieder und kehrte zu den anderen zurück.

„Kuro-Faulpelz, es gibt Arbeit für dich.“ Er wedelte mit der Girlande. „Es wäre unhöflich, wenn wir sie nicht am Haus befestigen würden.“

Kuroganes Augen nahmen für einen flüchtigen Moment Shaolan ins Visier, der dies zwar bemerkte, aber nicht weiter darauf reagierte. Dann seufzte er erneut.

„Klops, mach dich nützlich und hilf mir beim Anbringen von dem Ding.“

„Oh ja!“, freute Mokona sich, während Shaolan stillschweigend zu Ende frühstückte und im Anschluss daran zur Bibliothek aufbrach.

 

Es war bereits nach Mittag, als Shaolan in der auf der Hauptstraße gelegenen Bibliothek ankam. Leicht ratlos durchkämmte er weiter die Regale, um eine Sprache zu finden, die er lesen konnte. Es schien ein ziemlich sinnloses Unterfangen zu sein. Es gab Bücher in anderen Sprachen, aber auch diese waren unleserlich für ihn. War es klüger aufzugeben und weiterzureisen?

Shaolan biss sich auf die Unterlippe. Dann würde er die anderen erneut enttäuschen und sie so rasch hintereinander in eine neue Welt jagen müssen. Er hatte Angst, ihnen das zu sagen. So wie die Stimmung im Moment war, würden sie eventuell noch böser auf ihn werden als sie es eh schon waren. Seit Niraikanai hatte er auf ein weiteres kleines Zeichen, einen weiteren schwachen Hoffnungsschimmer gehofft, der ihm zeigen würde, dass ihre Unternehmung nicht sinnlos war, sondern dass seine Eltern noch irgendwo existierten und zu ihnen zurückkehren konnten.

Nur ein kleines Zeichen.

Ein kleines Zeichen, das ihm neuen Mut schenken würde.

Das Getrappel kleiner Füße und gedämpfte Stimmen ließen ihn aufhorchen. Er folgte den Geräuschen und sah, dass am Ende des von Regalen gesäumten Gangs, in dem er stand, eine Art Freifläche war. Eine Mitarbeiterin der Bibliothek saß inmitten von gut drei Dutzend aufgeregter, gespannter Kinder, die sich auf dem Boden niedergelassen hatten. Die Frau schlug ein Buch auf und alle Kinder verstummten und blickten mit erwartungsfrohen Augen zu ihr.

„Vor vielen, vielen Jahren“, las sie aus dem Buch vor, „zu einer Zeit lange, lange vor der unseren, da kam plötzlich die Dunkelheit über die Welt. Sie hüllte alles in ein tiefes Schwarz ein, am Himmel leuchtete kein einziges Licht mehr. Kein Stern, kein Mond und vor allem keine Sonne mehr. Sämtliches Licht hatte die Welt verlassen. Es wurde kalt, bitterlich kalt. Nichts wärmte die Menschen mehr, keine Sonnenstrahlen fielen mehr zur Erde und nährten die Pflanzen. Und so gingen die Pflanzen ein. Viele Tiere verwirrt von der Nacht, die nicht mehr endete, starben. Und über die Menschen kam eine große, tiefe Angst.

Sie weinten und sie verzweifelten, doch sie gaben ihre Hoffnung nicht auf. Sie glaubten daran, dass der Himmel ihnen das Licht wiederbringen würde. Also beteten sie zum Himmel und der Himmel erhörte sie. Er schickte jemanden hinab, der die Dunkelheit hinwegnahm. Kaum war sie besiegt, riss das Schwarz auf und helle Sonnenstrahlen brachen hindurch. Das Licht war in die Welt zurückgekehrt. Und die Menschen schworen, auf ewig gut zu sein, um das Licht zu bewahren.“

Die Angestellte klappte das Buch zu und die Kinder fingen an zu applaudieren und zu jubeln. Sie umarmten sich gegenseitig und auch die Mitarbeiter der Bibliothek und die Eltern, die dabei waren, wünschten sich ein frohes Fest des Lichts. Inmitten dieser Ausgelassenheit bemerkte niemand den versteckt im Schatten zweier Regale stehenden Jungen, dem bei der Geschichte die Tränen in die Augen getreten waren.

Geschichten dieser Art waren ihm schon oft begegnet.

Eine Feder erschien in einer Welt, sorgte dort für Leid oder Heil und verschwand, wenn sie von ihnen oder von 'Shaolan' eingesammelt worden war.

Nur -

In dieser Welt waren sie zuvor nie gewesen.

Sein anderes Ich, sein Vater, er musste hier gewesen sein und die Feder, die die Dunkelheit gebracht hatte, mitgenommen haben.

Sein Vater.

Sein Vater war hier gewesen. Er war der Grund für das Fest des Lichts.

Mit einem nicht enden wollenden Strom aus Tränen in seinem Gesicht rannte Shaolan aus dem Gebäude und lehnte sich lautstark schluchzend gegen eine Säule, die das Vordach stützte. Er zitterte am ganzen Körper und hatte das Gefühl, dass seine Beine ihn nicht länger trugen, sodass er langsam hinunterrutschte, bis er auf dem Boden hockte. Inzwischen war es Nachmittag geworden und auf der Straße kaum noch etwas los. Die Leute bereiteten sich auf das Fest vor.

 

„Hm?“ Mokona, auf Kuroganes Kopf sitzend, stutzte plötzlich auf das Heftigste. Dann zog sie den Ninja mit ihren kleinen Pfötchen aufgeregt an den Haaren. „Schnell, schnell, da ist jemand ganz doll traurig und ich glaube, es ist Shaolan!“

„Auauauau! Schon verstanden, aber hör auf, mir die Haare auszureißen, du magischer Riesenfloh!“

Sie waren eigentlich unterwegs, um noch ein paar Besorgungen zu machen, bevor die Geschäfte für die nächsten Tage schlossen. Kurogane beeilte sich, in die Richtung zu laufen, die Mokona ihm anzeigte. Was er am Ziel vorfand, begeisterte ihn wenig. Der Bengel saß zusammengekauert hinter einer Säule vor dieser Bibliothek und heulte sich die Augen aus. Hörbar ausatmend ging er zu ihm hin.

„Hey, was ist? Und bevor du auch nur auf die Idee kommst, die Unarten von jemand anderem zu übernehmen: Ich will nichts hören außer der Wahrheit.“

 

Shaolan fuhr erschrocken zusammen, als eine tiefe, aber betont ruhige Stimme ihn ansprach. Sein Kopf, den er zuvor zwischen seinen Armen vergraben gehabt hatte, schnellte empor und enthüllte seine tränennassen Augen. Kurogane stand vor ihm. Während der großgewachsene Mann die Tasche, die er in der rechten Hand trug und die Holzscheite enthielt, auf dem Boden abstellte, hopste Mokona mit betrübter Miene neben Shaolan und tätschelte behutsam mit einer Pfote seinen Arm.

„Kurogane-san?“, brachte der Junge mühsam hervor und schalt sich selbst dafür, wie brüchig seine Stimme klang, während er gleichzeitig fahrig die Tränen aus seinem verheulten Gesicht zu wischen versuchte.

„Das beantwortet nicht meine Frage.“ Seufzend hockte sich auch der Ninja hinunter. „Verdammt, Bengel, sprich freiwillig mit mir. Wenn ich es aus dir herausprügeln muss, verstimmt das den Magier.“

Shaolan sah ihn einen langen Moment lang erwägend an, bevor er sich vorsichtig umblickte, um sicherzugehen, dass niemand in ihrer Nähe war.

„Ich ...“ Er räusperte sich, um seine Stimme wieder zu festigen, „ich habe in der Bibliothek zufällig die Geschichte vom Ursprung des Festes mitangehört. Ich vermute, eine Feder hatte diese Welt in Dunkelheit getaucht und das Licht ist zurückgekehrt, als die Feder … eingesammelt worden ist.“

Kurogane stockte bei dieser Erklärung kurz. „Eingesammelt?“ Sie waren vorher noch nie hier gewesen, das hieß … oh, verdammt. „Du meinst, der andere Bengel war hier und hat sie an sich genommen?“

Der Junge nickte zaghaft und biss sich von neuem auf die Lippen, weil seine Augen sich wieder mit Tränen füllten.

Nach einem kurzen Augenblick der Stille zuckte Kurogane mit den Achseln. „Und? Die Federngeschichte ist vom Tisch, richtig? War doch gut, dass er sie mitgenommen hat. Wo ist das Problem?“

„Kuro-Grobian ist so grob“, bekrittelte Mokona. „Er versteht das Problem gar nicht.“

„Wenn du alles besser weißt, Klops, dann erklär du mir das Problem“, gab der Kritisierte unbeeindruckt zurück. Wie erwartet legte Mokonas Stirn sich in tiefe Falten.

„Shaolan ist traurig. Das ist das Problem.“

„Das ist offensichtlich nicht hilfreich!“

„Ich habe keinen der beiden bisher zurückbringen können“, sagte Shaolan plötzlich leise in die Diskussion zwischen Ninja und Wollknäuel hinein. „Weder 'Shaolan', noch 'Sakura.' Ich wünschte, wir wären längst weiter, dass wir wenigstens einen Anhaltspunkt hätten. Wenigstens … etwas, irgendetwas! Irgendetwas, das uns sagt, dass dies kein hoffnungsloses Unterfangen ist!“ Seine Stimme wurde lauter. „Aber wir irren nur umher und dann behandle ich euch, die ihr mir doch helfen wollt, auch noch so schlecht! Ihr habt jedes Recht, wütend auf mich zu sein und mich zurückzulassen!“

Erst baff, dann zunehmend baffer blickte Kurogane seinen Schützling während dessen Rede an. „Was …? Moment, warte. Ganz langsam ein Punkt nach dem anderen. Dass du zwischendurch den Mut verlierst, ist völlig verständlich. Aber du hast doch nicht wirklich vor, aufzugeben, oder?“

Shaolan bemühte sich, seine Tränen hinunterzuschlucken. „Ich weiß es nicht ...“

„Okay, wenn du es nicht weißt ...“ Kurogane holte tief Luft. „Dann weiß ich es für dich. Du gibst nicht auf. Weil du niemand bist, der aufgibt. Du denkst gerade, dass es hoffnungslos scheint, vielleicht hast du auch Angst, dass es tatsächlich hoffnungslos sein könnte, aber ich sehe doch in deinen Augen, dass du noch nicht aufgeben willst.“

Große braune Augen starrten ihn nun ungläubig und sprachlos an.

„Ah!“, machte Mokona plötzlich und wirkte mit einem Mal wieder viel freudiger. „Das ist wie die Geschichte vom Fest! Wenn man die Hoffnung verliert, ist es so, als wäre alles gaaaanz dunkel. Doch dann kommt aus dem Nichts ein Hoffnungsschimmer und alles wird wieder ganz hell und ganz klar! So ist es doch, oder, Shaolan?“

Die großen ungläubigen Augen landeten auf der ermutigend lächelnden Kreatur.

„Ein Hoffnungsschimmer ...“

„Ja!“, freute Mokona sich weiter. „So wie du jetzt gehört hast, dass der andere Shaolan hier gewesen ist! Wir sind bestimmt hier, damit du neuen Mut erhältst!“

Der Junge hielt inne. Hatte Mokona vielleicht in der Tat Recht? Er hatte sich ein Zeichen gewünscht und dann diese Geschichte gehört …. Waren das seine Eltern, die auf diese Weise zu ihm sprachen? Hatten sie die Reise in diese Welt gelenkt, damit er neue Kraft schöpfen konnte? Damit … Licht in die Dunkelheit gebracht wurde?

„Das sind die Augen, die ich meine.“ Ein flüchtiges Lächeln huschte über Kuroganes Gesicht. „So, das bringt uns jetzt zum nächsten Punkt: Wer ist wütend auf dich und will dich zurücklassen?“

Shaolans sich langsam bessernde Laune bekam einen erneuten Knick. Beschämt wich sein Blick nun dem des Anderen aus. „Ich … es … es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe … in Shade Country. Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich gesagt habe und … und wenn ich könnte, würde ich alles zurücknehmen.“

„Häh?“

Kuroganes saloppe Reaktion ließ den Brünetten wieder zu ihm blicken.

„Ach das“, fuhr der Ninja fort. „Dein kleiner Ausraster. Fühlst du dich deswegen etwa schlecht? Der Magier und ich wären beunruhigt, wenn du niemals ausrasten würdest. In deiner Situation wäre es mehr als ungesund alles immer nur herunterzuschlucken.“ Er bemerkte Shaolans verdattertes Gesicht und hob fragend eine Augenbraue.

„Äh, ah, ich … bist du dir sicher, dass Fye-san das genauso sieht? Ich glaube, er ist nämlich sehr wohl wütend auf mich.“

„Der Magier? Wieso?“

Aufgekratzt suchte der Jüngere nach den richtigen Worten. „Er verhält sich so distanziert mir gegenüber und ich dachte, er … er hätte mich vielleicht … na ja … über. Er will ja nicht einmal dieses Fest feiern … meinetwegen. Weil ich nicht der andere Shaolan bin und auch die andere Sakura nicht ersetzen kann.“

Er kassierte einen perplexen Blick, bevor Kurogane sich mit einer Hand durchs Gesicht fuhr. „Oh. Nein. Nein. Warum versteht ihr immer alles falsch? Ich habe dem Magier gesagt, wir sollten dich eine Weile in Ruhe lassen, bis du dich wieder abgeregt hast. Du solltest Luft und Platz kriegen, um dich wieder zu sammeln.

Mir ist allerdings aufgefallen, dass der dämliche Trottel das auch falsch verstanden hat. In seinem verzweigten Irrgarten von Hirn muss das, was ich gesagt habe, irgendwie zu der Annahme geworden sein, er würde dich bedrängen. Der Idiot konnte letzte Nacht nicht schlafen und hat in dem eiskalten Wohnzimmer herumgelungert. Als wäre ich nicht schon wütend genug gewesen, weil er ernsthaft geglaubt hat, ich würde es nicht merken, wenn er aufsteht, hat er dann noch eine Ewigkeit gebraucht, um damit rauszurücken, was ihn wachhält.

Er hat Sorge, du würdest denken, er würde dich als Ersatz für die beiden anderen sehen. Das kommt übrigens davon, wenn man immer alles für sich behält. Bei euch zwei Meistern der Herumdruckserei fühle ich mich klar in der Unterzahl.“

„Fye-san dachte, er würde mir das Gefühl geben, nur ein Ersatz zu sein und ich fühlte mich schuldig, weil ich die anderen nicht ersetzen kann …?“ Shaolan blieb vor Erstaunen der Mund offenstehen.

„Natürlich geht es ihm – und auch mir – da wie dir. Es wäre alles leichter, wenn die Kinder hier wären. Das sind sie aber noch nicht. Du bist hier und das ist gut, denn wi- der Magier hängt an dir, kämpft aber noch damit, wie er das ausdrücken soll. Macht das unter euch aus. Ich habe Besseres zu tun, als in eiskalten Zimmern zu diskutieren. Und wenn der blonde Schwachkopf noch eine Nacht in dieser Kältekammer verbringen will, ist es mir auch egal.“

Beinahe automatisch fiel Shaolans Blick auf die Tasche mit den Holzscheiten. Unwillkürlich musste er lächeln. Weder Kurogane noch Fye waren wütend auf ihn. Tatsächlich waren sie besorgt um ihn und obwohl er natürlich nicht wollte, dass sie sich Sorgen machten, erfüllte es ihn mit einem warmen, herzlichen Gefühl. Mokona sprang in seine Arme und er legte sie sogleich um die jetzt wieder fröhliche Kreatur.

„Dann können wir ja doch noch feiern, ja?“, fragte sie erwartungsvoll. „Fye ist die ganze Zeit so bedrückt, weil er versucht das Fest zu ignorieren, dabei würde er es bestimmt gerne feiern.“

Die Blicke der beiden anderen landeten erst auf Mokona, dann aufeinander.

„Will er es ignorieren, damit ich mich nicht bedrängt fühle?“, hakte Shaolan beklommen nach.

„In seinem wirren Kopf macht das wohl Sinn“, antwortete Kurogane und weckte damit Shaolans Lebensgeister.

„Wir müssen sofort alles für dieses Fest besorgen!“ Der Junge sprang schnell auf – zu schnell für seine durch das Hocken auf dem Boden eingeschlafenen Füße. Geistesgegenwärtig hielt der Schwarzhaarige ihn (und die beinahe mit umgekippte Mokona) fest.

„In weniger als einer Stunde machen alle Geschäfte zu“, entgegnete er unaufgeregt und ohne ihn loszulassen. „Das könnte schwierig werden.“

„Wir müssen es dennoch versuchen!“

Das Lächeln kehrte zurück auf das Gesicht des Ninjas, als er den Eifer in der Miene und der Stimme des Kleineren vernahm.

Noch während sie so dort standen, strömten die glückselig wirkenden Kinder, an den Händen ihrer gleichermaßen frohen Eltern, aus der Bibliothek hinaus und wünschten ihnen ein frohes Fest.

 

Fye stand etwas verloren im Wohnraum ihrer aktuellen Behausung. Es war mittlerweile schon weit nach vier Uhr. Da er die gesamte letzte Nacht nicht geschlafen hatte, hatte Kurogane ihn mit Nachdruck ins Bett geschickt, nachdem sie die Girlande draußen angebracht hatten. Vor wenigen Minuten war er aufgewacht und direkt verwundert gewesen, wieso es so leise um ihn herum war.

Wo waren die anderen?

Vielleicht war etwas mit Shaolan, war sein erster Gedanke und dieser beunruhigte ihn auf der Stelle. Shaolan hatte zur Bibliothek gewollt, dann musste er zuerst da nachsehen. Mit schnellen Schritten eilte er daher zur Tür – die just in diesem Augenblick von außen aufgemacht wurde.

„Was ist passiert?“, begrüßte der Magier angespannt die drei, die ins Haus kamen. Dass Kurogane und Shaolan mehrere Taschen bei sich trugen, registrierte er nur nebenbei.

„Du solltest doch schlafen“, meckerte Kurogane missmutig.

„Habe ich. Was ist passiert?“

„Alles ist wieder gut!“ Mokona guckte oben aus einer der Taschen, die Shaolan trug und hopste von dort in Fyes Arme.

„Wieder?“ Fahrige blaue Augen musterten den brünetten Jungen von oben bis unten. Fye stutzte, als er ein schwaches und entschuldigendes Lächeln in dessen Gesicht ausmachte.

„Fye-san … es tut mir-“ Shaolan brach ab. Es fühlte sich nicht richtig an, sich zu entschuldigen. „Ich … ich danke dir für deine Fürsorge. Du bist so rücksichtsvoll und ich hätte mich besser mitteilen sollen.“

„Nicht nur nur du“, grummelte es im Hintergrund, während Fye fragend von einem zum anderen schaute.

„Ich weiß, dass du nichts falsch gemacht hast, Shaolan-kun. Ich weiß aber nicht, was jetzt los ist.“

„Kurogane-san und ich hatten ein langes Gespräch, in dem wir einige Missverständnisse klären konnten. Und wenn es dir recht ist, würden wir gerne zusammen das Fest des Lichts begehen.“

Von diesem Vorschlag überrumpelt, schlug Fye eine Hand vor den Mund. „Nur wenn es dir wirklich recht ist, Shaolan-kun.“

Der Junge nickte und bevor er sich versah, hatte Fye Mokona Kurogane zugeworfen und ihn in die Arme geschlossen. Über seine eigene Tat erschrocken, ließ er ihn genauso schnell wieder los.

„Entschuldige, es ist nur … du wirkst, als ginge es dir wieder besser und das macht mich unheimlich glücklich.“

Shaolan stutzte und biss sich auf die Lippen (er wollte nicht schon wieder anfangen zu weinen, wenn seine Tränen dieses Mal auch einen anderen Grund hatten). „Es tut mir leid, dass ich dir Sorgen bereitet habe. Ich hatte Angst gehabt, du wärst mich leid.“

„Wie kommst du auf so einen Unsinn?!“

„Fehlende Kommunikation“, grummelte es wieder im Hintergrund und Mokona übernahm die Erklärung:

„Keiner kann irgendwen ersetzen, aber das muss auch gar keiner, weil wir doch alle froh sind, einander zu haben, nicht wahr?“

Braune und blaue Augen trafen aufeinander und Fye schloss den Jungen erneut in die Arme – dieses Mal ruhiger und bedeutend länger.

„Ja. Das ist wahr. Wenn du wieder einmal das Gefühl hast, nicht weiterzuwissen, Shaolan-kun, dann komm zu uns. Wir werden bei dir bleiben, so wie du bei uns bleiben kannst.“

Ein leises Schluchzen war zu hören und Fye spürte, wie sich die Finger des Anderen zaghaft in seine Sachen krallten.

Mokona hüpfte zu Shaolan und kuschelte sich von dort an den Magier. „Du musst mitmachen!“, rief sie in Richtung Kuroganes.

„Wüsste nicht, dass ich das müsste“, brummelte dieser und wuschelte im Vorbeigehen über Shaolans Kopf. Dann blieb er mit Blick auf die Haustüre verdutzt stehen. „Häh? Was ist denn das?“

Die anderen gingen auseinander und drehten sich dorthin, wohin Kurogane schaute. Inzwischen war es draußen dunkel geworden und ein sanftes Licht schien draußen zu scheinen. Mehrere Lichter, wie sie bemerkten, als sie zu den Fenstern blickten.

Neugierig öffnete Shaolan die Haustüre und blieb verblüfft im Eingang stehen. Mit großen, staunenden Augen sah er sich mit Mokona zusammen um, während die beiden Erwachsenen hinter ihn traten und gleichermaßen erstaunt im Türrahmen stehenblieben. Die Girlande an ihrem Haus, die Girlanden an den Nachbarhäusern, an den Straßenlaternen, alle – sie leuchteten in einem hellen, warmen Licht und ließen die ganze Stadt erstrahlen.

Es war ein wunderschöner Anblick.

 

Zum Glück hatte Shaolan dem Verkäufer im Geschäft genauestens zugehört. Dieser hatte ihnen nicht nur geholfen, die Zutaten für den Kuchen im Eiltempo zusammenzusuchen, sondern ihnen auch erklärt, wie dieser gemacht wurde. Kuroganes sehr grobe Angaben („Irgendwas abwiegen und sieben und … wie das halt so geht“) waren überraschenderweise nicht sehr hilfreich gewesen.

Sehr spät am Abend und nach einem wahnsinnig leckeren und aufwändigen Kuchen als Hauptmahlzeit saß die Gruppe vor ihrem brennenden Kamin und erfreute sich an den Lichtern, die durch die Fenster hineinschienen.

„Magie ist das nicht“, sagte Fye in die wohlige Stille hinein, „aber elektrisch sind sie auch nicht. Interessant, oder?“

„Vielleicht ist das eine so hochentwickelte Technologie, dass die Girlanden keinen Strom benötigen und per Fernschaltung gesteuert werden“, überlegte Shaolan laut.

„Mokona findet sie magisch.“

„Sie sehen schön aus, könnt ihr es nicht einfach dabei belassen?“

„Natürlich ist unser Kuro-sama wieder ganz der Pragmatiker.“ Amüsiert schüttelte Fye den Kopf.

„Ah, Kurogane!“ Mokona schien plötzlich etwas siedend heiß einzufallen. „Du hast das Geschenk vergessen!“

„Geschenk?“ Fragend sah der Blondschopf zu Mokona, die schon dabei war, zu den im Eingangsbereich abgelegten Taschen zu hopsen.

„Die Vermieterin hatte davon gesprochen, dass Geschenke zu diesem Fest gehören“, sagte Shaolan und richtete sich interessiert auf. Ihre Zeit hatte nur dafür gereicht, die Zutaten für den Kuchen und noch ein paar Lebensmittel zu besorgen; an Geschenke hatten sie gar nicht mehr gedacht. Oder … doch? Er warf Kurogane einen verstohlenen Blick zu.

„Wollknäuel, shht!“ Der Ninja machte mit einer Hand eine Geste, die Mokona signalisieren sollte, still zu sein, aber das magische Wesen übersah diese. Es tauchte in eine der Taschen ab und wibbelte darin hin und her, als würde es etwas suchen.

„Bevor wir Shaolan getroffen haben“, ertönte gedämpft Mokonas Stimme aus der Tasche, „hast du doch extra nach einem Geschenk für-“

„Klops, Ruhe jetzt, sonst spieß ich dich an einem Ast auf und röste dich über dem Kamin!“

„Da!“ Die Drohung wunderbar leichtfertig ignorierend, krabbelte Mokona wieder aus der Tasche. Sogleich tapste sie zu Fye und hielt ihm ein kleines, zugeschnürtes Samtsäckchen hin.

Verdattert zeigte der Magier mit einem Finger auf sich selbst. „Für mich?“

„Für Fye!“, trällerte die Kreatur freudestrahlend.

Mit einem wachsenden Grinsen im Gesicht schaute Fye zu dem jetzt schmollenden Schwarzhaarigen. Es war so offensichtlich, dass es ihm unangenehm war, dass Shaolan dabei war, wenn er zu solch romantischen Gesten ausholte. Trotzdem zuckte er nun mit den Schultern, als würde er so sein Einverständnis geben.

„Na schön, dann wollen wir mal sehen, was das hier ist.“ Bedächtig zog Fye die Schnüre auseinander und kippte das Säckchen, sodass der Inhalt ihm in die Hand fiel. Baff hielt er inne, als er sein Geschenk erblickte.

An einem schmalen Lederband war ein Anhänger befestigt, der Ähnlichkeit mit einem Aquamarin besaß und um den Stein rankten sich kunstvoll ineinander verschlungene Knoten aus einem silbernen Material.

„Ist das eine Kette?“, fragte Shaolan, ohne zu dicht an Fye heranzurücken. Obwohl er sich das prächtig gearbeitete Schmuckstück näher ansehen wollte, ahnte er, dass es Kurogane wahrscheinlich lieber gewesen wäre, dem Blonden das Geschenk allein zu überreichen.

„Kuro-pon … sie ist … wunderschön.“

Nur fast unbemerkt zuckte der Ninja zusammen, lief ein wenig rosé an und winkte bemüht nonchalant ab. „Ist nichts Besonderes.“

„Die Verkäuferin hat gesagt, die Knoten symbolisieren ewige Liebe!“, zirpte Mokona unschuldig dazwischen.

Das Rosé wurde binnen einer Sekunde dunkelrot.

„Klops, ich hab dir gesagt, das bleibt unter uns! Jetzt reicht's! Wenn man aussieht wie ein Marshmallow, dann wird man auch wie ein Marshmallow geröstet!“

Lachend hüpfte Mokona mit großen Sprüngen davon, während Kurogane hinter ihr herjagte.

Mit einem gerührten Lächeln betrachtete Fye die Kette in seinen Händen. „Shaolan-kun, leg sie mir um, ja?“

„Ja, sofort!“ Vorsichtig nahm der Junge sie an sich, legte sie um den Hals des Älteren und schloss den Verschluss in dessen Nacken.

„Und? Steht sie mir?“, fragte er, den tobenden Ninja und das quietschende Wollknäuel um sich herum ausblendend.

„Sie ist wie für dich gemacht.“

Fye strahlte von Ohr zu Ohr. Dann mischte sich ein Hauch Verlegenheit in seine glückliche Miene. „Wir haben leider überhaupt kein Geschenk für dich.“

Shaolan stutzte und schüttelte sanft den Kopf.

„Oh, doch. Das habt ihr.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wollte eine Weihnachts-/Feiertags-FF für Tsubasa Chronicle schreiben, ohne sie in unserer Welt landen zu lassen. Da lag die Erfindung eines eigenen Feiertags nahe (wenn es natürlich auch offensichtliche Anleihen bei real existierenden Feiertagen gibt). Ich hatte nur mit einer groben Idee angefangen und bin sehr froh damit, wie sich die Geschichte während des Schreibens entwickelt hat. Ich hoffe sehr, dass sie euch auch gefallen hat! Bei dem Anhänger, den Kurogane hier Fye schenkt, hatte ich übrigens die irischen/keltischen Knotensymbole im Sinn.
Wer gerne noch einmal etwas Längeres zu TC von mir lesen will, muss sich nur noch ein bisschen gedulden, denn ich habe da etwas in der Mache. Ich wünsche euch allen schon einmal ein frohes Fest und bedanke mich ganz herzlich fürs Lesen! Komplett anzeigen

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