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In die Arme des Bösen

Wichtelgeschichte für Sturmdrache
von

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Chapter Four

Kyojuro war gut Zuhause angekommen. Dies war nur normal, wenn man eben bedachte, dass es sein Zuhause war. Es waren nur wenige Tage vergangen – drei, um ganz genau zu sein. Drei Tage, in denen er seinen Vater nur ein Mal kurz gesehen hatte, als dieser sich torkelnd auf den Weg gemacht hatte, um neuen Sake zu kaufen.

Ohne irgendeiner Reaktion auf ihn.

Es war im Grunde nicht unerwartet oder überraschend gewesen. Irgendwann müsste sich Kyojuro seinen Vater stellen, eine Konversation suchen – auch wenn von müssen wohl nicht gesprochen werden sollte. Immerhin könnte er dieser Ignoranz ebenfalls mit Ignoranz begegnen.

 

Doch Ignoranz war in den seltensten Fällen eine wirksame Reaktion, um Probleme aus der Welt zu schaffen. Auch wenn ihm natürlich bewusst war, dass sich sein Verhältnis zu seinem Vater nicht plötzlich verändern würde. Es hielt ihn jedoch nicht davon ab, es immer und immer wieder auszuprobieren.

 

Obwohl er mittlerweile das Training wieder aufgenommen hatte, bemerkte er mehr als deutlich, dass sein Körper noch nicht wirklich bereit war. Ein paar Schlagübungen genügten, um Schmerzen zu verursachen. Von der Erschöpfung, die ihn jedes Mal ergriff, mal ganz zu schweigen.

Wann immer er sich für das Training entschied, war Senjuro in der Nähe. Jedes Mal unterbrach er seine derzeitige Arbeit – sei es der Abwasch, das Kochen oder sonstige Aufgaben, um das Haus so zu erhalten, wie es der Fall war.

Immer wieder begegnete er den besorgten Blicken, auch wenn sein kleiner Bruder gleichzeitig versuchte, ihn in den Himmel zu loben und jede mickrige Verbesserung anzuerkennen und anzusprechen.

 

Es erinnerte Kyojuro an sich selbst, wie er dasselbe stets für Senjuro getan hatte.

 

Kyojuro war ja auch froh über jede Verbesserung, immerhin war ihm klar gewesen, dass er nicht von heute auf morgen wieder topfit wäre und genauso weitermachen könnte wie zuvor. Nun, vielleicht hatte es einen Hoffnungsschimmer gehabt, dass genau dies der Fall wäre, aber rein rational ... es war immer schon abwegig gewesen.

Genau deshalb musste er umso mehr trainieren und Zeit da hineinsetzen. Doch die Abende sollte er dennoch mit mehr Ruhe verbringen. Immerhin sollte Senjuro genug Schlaf bekommen und nicht ständig in Sorge um ihn sein.

 

Hinzukommend benötigte er weiterhin mehr Pausen und auch wenn es sich langsam normalisierte, schlief er nach wie vor auch mehr.

 

Er liebte es zu trainieren und er liebte es auch stets, Zeit mit seinem kleinen Bruder zu verbringen, dennoch empfand er diese ruhigen Abende als sehr erleichternd. Kyojuro war einfach alleine für sich und wenn er nicht direkt schlafen musste, konnte er auch andere Dinge machen. Meistens belief es sich dabei darauf, Briefe zu schreiben.

Häufig waren es Antworten für seine Freunde innerhalb der Hashiras, mit denen er versuchte im Kontakt zu bleiben.

Aber seitdem es ihm wieder gut genug ging, um Briefe zu schreiben, hatte er auch wieder angefangen einer ganz besonderen Person zu schreiben.
 

Doch ehe er weiter, im weichen Kerzenlicht, das sein Zimmer erhellte, seinen Brief schreiben konnte, konnte er etwas wahrnehmen.

Sein Magen schien sich zu verdrehen, weil sein Körper reagierte, bevor ... irgendwas anderes reagieren konnte. Er drehte den Kopf, sah sich in seinem Zimmer ganz genau um, bis er an den Türen hängen blieb, die zum Garten hinausführen würden, welchen Senjuro so schön wie möglich gestaltete.

Vielleicht sollte er im Zimmer bleiben, aber wenn dort draußen jemand war, wäre er durch eine mickrige Tür nicht gesichert. Außerdem könnte es eine Person sein, die Hilfe benötigte.

Sein Magen sagte was anderes dazu.

 

Kyojuro griff nach seinem Katana, welches er hier glücklicherweise in Griffnähe bereitstehen hatte. Damit fühlte er sich schon einmal sicherer. Dennoch benötigte er seinen Gehstock, nach den Anstrengungen des Tages, um die Tür zu erreichen und aufzuschieben.

Der Gartenbereich lag in der Dunkelheit, nur ein wenig beleuchtet durch den Mond, der darauf hinab schien. Es war genug, um den Großteil zu erkennen, auch als er auf die Engawa trat und das Holz komplett unter seinen nackten Fußsohlen fühlen konnte. Auf den ersten Blick war nichts zu erkennen, aber das unangenehme Gefühl in seiner Magengegend blieb bestehen.

 

Dann nahm er etwas wahr.

Er zog instinktiv sein Katana hervor, um es in einer schnellen Abwehrhaltung vor sich zu ziehen, während er sich in die Richtung drehte, aus welcher er ein Geräusch wahrzunehmen glaubte.

Eine Faust knallte ungebremst auf die Klinge. Statt nur etwas zurück zu stolpern aufgrund des heftigen Aufeinandertreffens, konnte er sein Gewicht nicht halten. Kyojuro verzog das Gesicht, als er hart auf der Engawa aufkam. Er hielt sein Katana weiterhin fest vor sich, während sein Gehstock ebenso zu Boden gefallen war.

 

„So schwach ...“

 

Als Kyojuro hochsah, traf er auf glühende Augen. Er würde zwar gerne sagen, dass er überrascht war, aber tief im Inneren war er es nicht wirklich.

 

„Was tust du hier?“, knurrte Kyojuro.

 

„Ich wollte kämpfen! Aber du bist immer noch so schwach, dass du dich nicht einmal auf den Beinen halten konntest!“

 

Kyojuro kniff die Augen zusammen, vielleicht ein wenig beleidigt davon, dass Akaza es so deutlich aussprach: „Ich habe erst vor wenigen Tagen beim Training wieder aufgenommen.“ Es war vermutlich eine sinnlose Aussage. Akaza würde niemals verstehen, dass ein Mensch mehr Zeit bräuchte.

 

„Wärst du nicht so ein Sturkopf, bräuchtest du nicht noch mehr Zeit“, verdrehte der Dämon die Augen.
 

Er machte zumindest keine weiteren Anstalten ihn anzugreifen, Kyojuro behielt das Katana dennoch weiterhin fest in der Hand, um reagieren zu können. Damit fühlte er sich eindeutig wohler als ... im Krankenbett.

Was vielleicht doch kein Traum gewesen war, sondern komplett real. Darüber sollte er lieber nicht länger nachdenken.

 

Ein Zucken durchfuhr seine Muskeln, als Akaza seine Hand nach ihm ausstreckte. Ehe er dessen Absicht erkannte, schlug er sein Katana bereits in dessen Unterarm, schaffte es jedoch nicht dieses abzutrennen.

Akaza zuckte mit keiner Wimper, als würde er diesen Angriff gar nicht bemerken.

 

„Lass mich dir hoch helfen.“

 

„Ich brauche deine Hilfe nicht“, schnaubte Kyojuro sofort.

 

Er zog das Katana zwar zurück, fischte mit seiner zweiten Hand jedoch nach seinem Gehstock, um sich demonstrativ von Akazas gereichter Hand abzuwenden, und stattdessen zum Rand der Engawa zu rutschen, wo es dann nicht so schwer war, wieder aufzustehen.

 

„Dein Kampfgeist ist immer noch so wundervoll. Ganz egal wie verletzt und unfähig zum Kämpfen du bist. Er ist groß und absolut unkontrolliert“, schwärmte Akaza, welcher energisch von der Engawa sprang, um viel zu dicht vor ihm aufzutauchen. Dieses Mal fing der Dämon sein Katana ab, als er es schwang. „Aber nicht nur du. Ich kann einen weiteren Kampfgeist hier sehen. Nur nicht ansatzweise so beeindruckend wie deiner, Kyojuro~. Er scheint getrübt und schwächer zu sein, vielleicht war er einst wie der deine.“

 

Auch wenn er daran glaubte das Dämonen logen, musste er direkt an seinen Vater denken. Daran, wie eindrucksvoll und stark er früher gewesen war, bevor seine Mutter gestorben war. Akaza musste über ihn reden, doch er sah keinen Anlass diese Annahme zu bestätigten oder auszusprechen.

 

„Aber es gibt hier auch ein Flämmchen. Vermutlich könnte ich es auspusten, ohne mich bemühen zu müssen. Ich bin so froh darüber, dass dein Kampfgeist sich nicht so stark verändert hat.“

 

„Verschwinde von hier!“, forderte er den Dämon auf.

 

„Huh? Wie unhöflich“, erwiderte Akaza, fast schon beleidigt – was eindeutig geschauspielert sein musste. „Ich komme dich besuchen und du willst mich gleich wieder loswerden.“

 

„Du hast versucht, mich anzugreifen!“

 

„Dein Kampfgeist hat mich in Rage versetzt!“, grinste der Dämon. „Aber ich hätte dich nicht erneut verletzt, wenn du zu langsam gewesen wärst. Aber das warst du ja nicht. Deine Reflexe sind immer noch ganz wundervoll!“

 

Diese Kombination von Beleidigungen aus der Vergangenheit und dann wieder Komplimenten für jede Kleinigkeit, verunsicherte Kyojuro. Vielleicht war es die absolute Begeisterung, die Akaza an den Tag legte.
 

Oder dass dieser ihm auf die Pelle rückte.

 

„Als Dämon könntest du es so weit bringen“, redete Akaza weiter, er senkte seine Augenlider zur Hälfte, nach wie vor ohne zurückzuweichen, während er weiterhin Kyojuros Katana festhielt und daran hinderte, erneut zuzuschlagen. „Wir könnten einfach ewig kämpfen und würden sicherlich schnell zu den Stärksten werden.“

 

Upper Moon Three. Akaza war nicht der stärkste Dämon. Er kam nicht direkt nach Kibutsuji. Es gab noch zwei weitere Dämonen, die über ihn standen und demnach noch mächtiger waren. Vielleicht auch nur, weil sie nicht so gesprächig waren, wie Akaza es war.

 

„Ich habe kein Interesse daran ein Dämon zu werden, dass sagte ich bereits oft genug!“

 

„Ja, das hast du“, summte Akaza, während er seine freie Hand nun auf die von Kyojuro legte, welcher immer noch seinen Gehstock festhielt. „Aber ich kann hartnäckig sein ... du wirst schon noch die Vorteile daran erkennen, wenn du ein Dämon werden würdest. Deine Verletzungen würden sofort heilen ... merkst du nicht schon jetzt den Unterschied?“

 

„Was?“

 

Entsetzt sah Kyojuro den Dämon an, er hatte das Gefühl sein Herz klopfte immer schnell und schneller gegen seinen Brustkorb. Natürlich erinnerte er sich an seinen Traum, welcher offenbar doch kein Traum war. Irgendwie war ihm das ja bewusst gewesen, aber er hatte es doch versucht zu verdrängen. Unterstützt davon, dass er sich nicht verändert hatte – es gab keinen Grund sich den Kopf über etwas zu zerbrechen.

 

„Ah, stell dich nicht dumm, Kyojuro“, Akaza beugte sich noch mehr vor, sodass er jetzt auch dessen Atem an seinem Gesicht spürte. Prompt vermied er es, mit der Nase zu atmen, denn wie sollte der Atem eines Dämons riechen, wenn nicht nach Tod und Verderben? „Du warst so schwer verletzt. Dein Überleben? Das war wie ein Wunder für mich, da lasse ich doch nicht zu, dass du alles Weitere nicht überstehst.“

Die kühlen Finger schlichen sich unter den weiten Ärmeln von Kyojuros Yukata an dem einen Arm und sorgten direkt für eine Gänsehaut bei ihm.

„Und ich will ja keine Jahre darauf warten, wieder mit dir kämpfen zu können. Ich habe deinem Körper nur ... ein wenig auf die Sprünge geholfen.“

 

Kyojuro versuchte seine innere Unruhe und Panik zu unterdrücken, sich nicht von ihr beherrschen zu lassen, sondern komplett rational an die Angelegenheit heranzugehen. Selbst mit den Fingern, die immer weiter seinen Ärmel hinaufschoben und Stück für Stück seiner Haut freilegte. Die Gänsehaut lag daher an Akazas kühlen Fingern, aber auch an dem allgemein abgekühlten Wetter am Abend.

 

„Aber es hilft leider nicht so sehr, wie ich es mir erhofft habe“, redete Akaza schließlich weiter. „Vermutlich auch deshalb, weil du immer so störrisch bist. Zum Glück lasse ich mich davon nicht abhalten.“

 

„Ich will dein Blut nicht“, meinte Kyojuro sofort, irgendwo zwischen seinem schneller schlagenden Herzen vor Panik und seiner unglaublich großen Moral.
 

„Natürlich nicht“, lächelte der Dämon beinahe scheinheilig. Wäre sein Aussehen allein nicht schon so dämonisch, würde Kyojuro es ihm vielleicht abkaufen. „Aber du bist mir doch wichtig, Kyojuro. Ich helfe dir nur dabei zu heilen, du wirst mir noch dankbar sein.“

 

Kyojuro fühlte sich so schwach und hilflos wie ein kleines Kind, als er versuchte sich von Akazas Händen loszureißen. Dieses Gefühl wurde nicht besser, als Akaza ihn einfach losließ. Im Grunde sagte das ja nur aus, dass der Dämon mit ihm entweder spielte oder unbesorgt war, ihn jederzeit wieder in die Mangel bekommen zu können.

Komplette Anspannung legte sich über seinen Körper, bereit in den Kampf- oder Fluchtmodus überzugehen. Aber seine Familie war da, Flucht war also keine Option.

 

„Keine Sorge, Kyojuro“, das scheinheilige Lächeln blieb nach wie vor bestehen. „Ich habe bemerkt, dass es fast unmöglich ist, dir im wachen Zustand etwas von meinem Blut zu verabreichen. Ich wende also andere Methoden an. Auch wenn ich es natürlich lieber hätte, wenn du es einfach annehmen würdest.“

 

„Wie meinst du-“, fing er an zu fragen, als ihm das Katana entrissen wurde, genauso wie sein Gehstock plötzlich seiner Hand entglitt. Nur noch die Engawa an seinen Waden gab ihm ansatzweise etwas Halt.

 

Mit geweiteten Auge versuchte er mit der Hand wieder danach zu greifen, als ihn ein dumpfer Schmerz am Hinterkopf übermannte und vor seinem Auge wurde alles plötzlich schwarz. Bevor er das Bewusstsein komplett verlor, konnte er noch wahrnehmen, wie ihn die kalten Arme des Dämons auffingen.



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