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Der Feensammler

von

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Laute Musik dröhnte in seinem Kopf und ließ seine Ohren schmerzen. Die Luft um ihn herum war stickig und stank nach Schweiß und Alkohol. Er hasste solche Umgebungen, doch Rebeka neben ihm begann sich im Takt der Musik zu bewegen, wodurch er ihr einen ermahnenden Blick zuwarf.

„Vergiss bitte nicht, dass wir hier wegen dem Fall sind und nicht aus Vergnügen.“ Er schlängelte sich durch die Massen direkt auf die Theke zu und ignorierte dabei die leichten Empörungen, wenn er mal einen Gast ein wenig grober zur Seite schob. Schließlich ging es hier um das Leben von vielen Kindern. Er konnte sich jetzt nicht mit Höflichkeiten und ähnlichen aufhalten. Jede Sekunde zählte und er wollte diese Spur verfolgen solange sie noch heiß war.

„Hallo, wir würden gerne den Manager des Ladens sprechen.“ Er zuckte noch während des Satzes seine Marke und hielt sie dem Barkeeper, ein junger Mann mit einem bunten, kurzen Iro, der gerade ein Glas befüllte und dann dem Kunden über die Theke reichte und das Geld entgegen nahm, unter die Nase.

„Der steht vor ihnen. Was gibt es denn?“ Er gab das Wechselgeld zurück und der Gast verschwand nach einem skeptischen Blick auf die Beamten wieder in der Masse. „Hat einer meiner Kunden was ausgefressen? Die letzten Nächte waren doch ruhig. Wir haben schon lange keine Beschwerden mehr bekommen. Daher glaube ich, dass es bestimmt ein Irrtum ist.“

„Es geht nicht um Sie oder um einen Ihrer Kunden. Wir verfolgen eine Spur wegen der vermissten Kinder. Scheinbar wurde vor etwa drei Tagen ein Kind auf der Straße vor Ihrem Laden entführt. Wir hatten daher gehofft, dass Sie vielleicht eine Überwachungskamera haben und wir diese Bilder sichten könnten.“ Ruhig steckte John die Marke wieder weg, wodurch ihn der Barkeeper von oben bis unten musterte und dann kurz lächelte.

„Ja, wir haben eine Kamera und sie zeichnet auch auf. Reagiert in erster Linie auf Bewegung. Kommen Sie morgen wieder, dann können wir das Material in Ruhe anschauen. Mein Barkeeper ist heute krank und daher kann ich hier nicht weg, aber wenn Sie morgen gegen zwölf hier sind, dann kann ich Sie reinlassen.“ Erneut kam ein Gast und bestellte etwas. Mit geübten Griffen bereitete er den Drink zu und überreichte ihn im Austausch gegen Geld.

John besah sich diesen Menschen auch, doch sie waren alle nicht älter als der Kerl hinter der Theke. Ähnlich gekleidet und bei der Musik, die hier lief, wunderte ihn das Publikum immer weniger. Einer von vielen Punks mit Lederjacke und zerschlissener Kleidung.

Schließlich nickte er dem Inhaber zu. „Ist in Ordnung. Danke für Ihre Zeit. Wir sehen uns morgen.“ Er hob zum Abschied noch einmal seine Hand und deutete Rebeka dann ihm nach draußen zu folgen, nachdem sie schon damit begonnen hatte sich unter die tanzenden Leute zu mischen. Mochte sie solche Musik wirklich oder war das eine Taktik von ihr? Er verstand das nicht.

„Und? Haben sie eine Kamera?“ Kaum fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss verschwand auch der Lärm und John hoffte, dass das Klingeln in seinen Ohren nicht allzu lange anhalten würde. „Ja, sie haben eine. Morgen Mittag können wir das Material sichten. Hoffentlich können wir darauf etwas sehen.“

„Ich habe mich auch ein wenig umgehört. Aber niemand kannte den Kleinen oder hat ihn gesehen. Also der Laden war vermutlich wirklich geschlossen, als er entführt wurde.“ Sie zuckte mit den Schultern und John musterte sie von der Seite. „Das verwundert mich jetzt nicht. Warum sollte das Kind solange unterwegs sein bis diese Disko aufmacht? Das ist totaler Schwachsinn. Du wolltest nur tanzen. Gib es halt zu.“

„Ja, vielleicht wollte ich Spaß haben. Aber das ist ja nicht verwerflich, oder?“

„Doch, Beka! Hier geht es um das Leben von zwölf Kindern! Da ist es total hirnrissig, wenn man sich von Musik und Tanz von einer möglichen Spur ablenken lässt. Wir sind im Dienst und nicht auf irgendeinem Rave oder wie das Zeug heißt! Ich will diese Kinder finden und entweder du hilfst mir oder du suchst dir einen anderen Kollegen, mit dem du Spaßhaben kannst!“

Er konnte direkt sehen, wie seine Worte scharf wurden und etwas in ihr zerschnitten. Langsam, aber doch so schnell, dass er es nicht mehr aufhalten konnte und er biss sich schließlich auf die Unterlippe, bevor er sich dann  mit einem Knurren abwandte.

„Wir sehen uns dann morgen um zwölf wieder hier. Gute Nacht, Beka.“ Er ging einfach weg. Ließ ihr keine Möglichkeit mehr irgendwie zu reagieren und verfluchte sich selbst, dass er diese Sätze aussprach. Er stand schon seit so vielen Tagen unter Strom, dass es für ihm normal wurde und jetzt war er plötzlich explodiert. Ohne Vorwarnung und vor dem falschen Menschen, aber er wollte sich nicht entschuldigen. Sie nahm es zu sehr auf die leichte Schulter und mit dieser Einstellung konnte er jetzt gerade nicht umgehen.

So stieg er in sein Auto und fuhr nach Hause, um zumindest noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen und sich für den morgigen Tag vorzubereiten. Auf diesen Bändern musste irgendetwas zu sehen sein und dann würde es endlich vorwärts gehen.

Die restliche Nacht war schlaflos für John und so stand er schon gegen halb zwölf vor dem Gebäude und hatte seine sechste Tasse Kaffee in der Hand. Er nahm einen tiefen Schluck, doch auch sie war nicht in der Lage die dunklen Augenringe zu vertreiben oder gar den Impuls zu gähnendauerhaft zu unterdrücken.

Ich komme heute nicht. Soll woanders helfen. Er drehte sein Smartphone in der Hand, als er erneut die Nachricht von Rebeka las. Er wusste den wahren Grund und dennoch konnte er auch jetzt nicht über seinen Schatten springen. Darum kam nur ein kurzes Okayaus seinen Fingern und er schob das Telefon wieder in seine Hosentasche, bevor er den Becher mit einem Zug leerte und in den nächsten Mülleimer warf.

Unruhig sah er erneut auf seine Uhr. Noch fünfzehn Minuten dann würde sein Termin sein. Er hätte ihn drängen sollen, dass sie sich eher trafen. Schließlich zählte doch jede Sekunde, um die Chance hoch zu halten, dass sie die Kinder noch lebend fanden.

Die Zeiger schienen sich in Zeitlupe zu bewegen und egal wie oft er auf das Ziffernblatt sah, sie schienen kaum merklich weiter gewandert zu sein. „Geht das Teil überhaupt noch oder ist sie stehen geblieben?“, murmelte er leise und schüttelte seinen Arm, bevor er dann an der Uhr lauschte. Doch dort war es. Das leise Ticken des immer weiter wandernden Zeigers. Sie lief, nur für ihn viel zu langsam.

Unruhig lief er vor dem Gebäude auf und ab. Sah in die dunklen Fenster und begann sogar zeitweise die Bäume der kleinen Allee zu zählen, die sich von beiden Seiten wegbewegte. Alle Häuser schienen unbewohnt zu sein. Nur diese eine Diskothek. Ein perfekter Ort für ein etwas lauteres Geschäft und für ein Verbrechen am helllichten Tag.

„Da sind Sie ja endlich!“ John rannte auf den Diskothekenbesitzer zu, als dieser mit seinem Auto am Straßenrand anhielt und ausstieg. „Ja, aber ein wenig Schlaf brauch ich halt auch. Hab den Laden erst gegen fünf Uhr zugemacht. An sich habe ich noch nicht einmal gefrühstückt.“

Der Punk kramte in seinen Hosentaschen und holte den Schlüssel heraus, um das Lokal zu öffnen und dann zielstrebig durch den zwielichtigen Raum zu gehen und eine weitere Tür neben der Theke zu öffnen und John hinein zu bitten. Immer noch hing der Geruch der Party in der Luft und John erblickte einige Gläser und Flaschen, die noch am Boden herum standen.

„Ich mach immer erst sauber bevor ich aufsperre. Also, ja, das ist der Saustall der gestrigen Party. Aber das sollte Sie nicht interessieren. Was sie wissen wollen, finden wir hier.“ Er schaltete das Licht ein und man sah auf einen Monitor, der den Platz vor dem Lokal darstellte. Dort stand das Auto des Inhabers. Ein kleiner blauer Zweitürer.

„So, welches Datum brauchen Sie nun?“ Ruhig nahm der junge Mann am Tisch Platz auf dem ein kleiner Laptop stand und startete ihn. „Vor fünf Tagen bitte. Wir suchen diesen kleinen Jungen.“ John legte das Foto des vermissten Kindes auf den Tisch und kurz sah der Buntschopf darauf. „Hm... Kinder... traurige Sache. Was ist mit ihm?“

„Er ist verschwunden. Wie viele andere auch und die Hunde haben auf der anderen Straßenseite die Spur verloren. Wahrscheinlich ist er dort in ein Fahrzeug gestiegen.“

„Na, dann hoffen wir mal, dass wir etwas finden. Verbrechen an Kindern geht ja mal gar nicht.“

„Kein Verbrechen ist in Ordnung.“ Mit wenigen Klicken öffnete der Inhaber einen Ordner und suchte dann nach dem passenden Datum. „Haben wir auch eine ungefähr Uhrzeit?“

„Alles nach zwei Uhr Nachmittag ist möglich.“

„Na, dann wird es interessant.“ Ruhig spulte er zu dem passenden Moment und dort sahen sie nichts. Nur immer wieder einzelne Fahrzeuge vorbeifahren. Sie ließen das Bild schneller laufen und plötzlich ab drei Uhr parkte ein weißer Lieferwagen direkt vor der Kamera. Man sah nichts mehr von der anderen Straßenseite.

„Shit!“, fluchte John, als die Zeit verging und sich nichts rührte. Kurz schien das Fahrzeug mal zu wackeln, doch das könnte auch der Wind gewesen sein, denn dann verging erneut fast eine halbe Stunde bevor er dann wegfuhr. Kein Nummernschild. Nichts auffälliges. Nur ein weißer Lieferwagen, wie er fast an jeder Ecke zu finden war.

„Ah, jetzt fällt es mir wieder ein. Der Wagen gehört zu uns. Da haben wir gerade die Getränkevorräte aufgefüllt.“ Kurz lachte der Punk auf und John sah ihn geschockt an, wodurch der Laut in seiner Kehle hängen blieb. „Aber den Jungen habe ich nicht gesehen, Mann.“

Ein Schnauben glitt über Johns Lippen. Als hätte er wirklich mit einer anderen Antwort gerechnet. Schließlich war es doch immer dasselbe. Sie hörten nichts. Sie sahen nichts. Es geschah nichts um sie herum. Keiner wollte Ärger und alle anderen waren den Meisten egal.

„Wobei... ich habe ein schwarzes Auto auf der anderen Seite parken sehen. Es war irgendwann plötzlich da und dann als wir mit dem Ausladen und Einräumen nach einer Stunde fertig waren, war es schon wieder weg.“

„Lass mich raten. Sie haben sich nicht zufälligerweise das Nummernschild gemerkt?“

„Nein, warum sollte ich es mir merken? Es war von hier und das war auch schon alles, was hängen geblieben ist. Vielleicht wäre mehr hängen geblieben, wenn es aus einem anderen Landkreis gekommen wäre. Aber so... ich merk mir doch nicht jedes Nummernschild, das vor meiner Tür steht. Sorry, Mann.“ Der Punk schaltete den Laptop aus und drehte sich zu John um, wodurch dieser ein wenig enttäuscht die Lippen zusammenpresste.

„Na ja, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Wenn Sie also keine weitere Fragen haben, dann würde ich mir jetzt ein Frühstück organisieren.“ Ruhig stand der Besitzer auf und schloss den Deckel des Laptops, bevor er dann in Richtung Ausgang ging.

„Nein, nein. Sie haben mir schon ein wenig geholfen. Ich würde heute Abend meine Kollegen vielleicht vorbeischicken, um das Videomaterial zu holen. Vielleicht finden die noch etwas.“ John folgte dem jungen Mann und auf der Straße verabschiedeten sie sich mit einem kurzen Handschlag.

„Sollten Sie sich doch noch an etwas erinnern, dann können Sie mich jederzeit anrufen und ich danke Ihnen für ihre Kooperation.“ Der Punk nickte nur kurz und dann trennten sie sich. Es war weniger als sich John erhofft hatte, doch wenigstens hatte er wieder einen weiteren Hinweis. Vielleicht führte dieser ihn doch noch ein Stück näher zu dem Täter. Hoffentlich lebten die Kinder noch...



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