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Vampire Kiss

Vermouth x Jodie, (Curaçao x Kir)
von

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Als die junge Frau langsam aufwachte, fühlte sie sich immer noch ganz erschlagen. Nicht nur, dass es bereits spät gewesen war, als sie endlich aus dem Keller gekommen waren, die Ereignisse hatten sich auch weiterhin überschlagen.

Jodie gähnte hinter vorgehaltener Hand, drehte sich auf den Rücken und streckte sich. Ihr schwirrte immer noch der Kopf. Als sie gestern endlich zurück im Wohnzimmer der Daywalkerin gewesen war und versucht hatte noch etwas zu schlafen, hatte sie noch ewig wachgelegen und ihren Gedanken nachgehangen.
 

~~~ Flashback~~~

Nachdem sie gestern aus dem Keller zurück waren und die Bar im Erdgeschoss betreten hatten, hatte es eine weitere Konfrontation gegeben.

Sie hatten die japanischen Gäste größtenteils in der Bar sitzend wiedergefunden und Chris hatte es sich nicht nehmen lassen, Gin ohne Umschweife zur Rede zu stellen. Zwar hatte sie nicht angeprangert, was er mit der armen Rena angestellt hatte, doch sie hatte sich sehr wohl über das beschädigte Gebäude beschwert und die erst unkontrolliert angreifende B-Klasse Vampirin, als Anschlag auf ihr Leben bezeichnet. Außerdem hatte sie die versuchte Sachbeschädigung ihres Eigentums verurteilt. Jodie hatte erst verstanden, was die Schauspielerin damit meinte, als sie sie direkt angesehen hatte. Beinahe wäre ihr gestern das Gesicht entgleist, doch dann hatte sie sich daran erinnert, dass ein Großteil der hier anwesenden Vampire immer noch davon ausging, dass sie das Dienstmädchen der Schauspielerin war. Und ein Mensch hatte in diesem Haus aktuell ungefähr den gleichen Stellenwert wie eine Sache.

Chris hatte einen kurzen Kampf mit der B-Klasse Vampirin beschrieben und behauptet, dass Curaçao und Bourbon der ganzen Sache schnell ein Ende gesetzt hätten. Derzeit war es einfach besser, wenn alle Nicht-Eingeweihten glaubten, dass Kir es nicht lebend aus dem Keller geschafft hätte. Es war nur zu ihrer Sicherheit, immerhin war es so leichter für die Brünette, tatsächlich für zwei Monate unterzutauchen, bis die Gefahr hoffentlich gebannt war.

Als die amerikanischen Barbesucher von dem Vorfall und der Tatsache erfahren hatten, dass auch die stellvertretende Anführerin in Gefahr geraten war, hatte sich rasch größter Unmut in der Bar ausgebreitet.

Die Bilder hatten sich in Jodies Gedächtnis gebrannt. Als Chris eine Erklärung von Gin gefordert hatte, war Rei ihr keinen Zentimeter von der Seite gewichen, die Augen stahlblau, die Körperhaltung drohend angespannt. Ohne, dass jemand sie darum gebeten hätte, hatten sich zwei weitere Männer aus der Menge erhoben und sich zu der Schauspielerin gesellt, wobei sie die gleiche drohende Haltung den Besuchern gegenüber an den Tag gelegt hatten. Calvados und Irish, wie Bourbon ihr später erklärt hatte. Auch sie waren keine besonders großen Fans der derzeitigen Gäste.

Doch damit war es noch nicht vorbei gewesen. Gins Reaktion hatte wohl alle überrascht.

Der Silberhaarige war gänzlich ruhig geblieben und hatte erklärt, dass er zwar sein menschliches Eigentum für dessen Fehlverhalten bestraft, die Entsorgung jedoch in Chiantis Hände gelegt habe. Allein für diese Wortwahl hätte Jodie ihm am liebsten die Augen ausgekratzt, doch sie wusste, dass sie sich zusammenreißen musste.

Auf Vermouths provokante Frage hin, wer von ihnen wohl die eigenen Leute nicht im Griff hätte, hatte der japanische Vampirfürst seine Mitstreiterin zu sich gewunken und eine brauchbare Erklärung für ihr Verhalten gefordert. … die sie nicht hatte.

Der Schlag war genau so heftig wie unerwartet ausgefallen und hatte die Vampirin vollkommen kalt erwischt. Chianti hatte einen Moment gebraucht, um sich mit ungläubigem Gesicht wieder vom Boden aufzurappeln.

» Du tust was man dir sagt und handelst nicht wieder auf eigene Faust. Die Daywalkerin wird mir schon bald nützlicher sein, als du es je sein könntest. Du kennst die Konsequenzen für weitere Dummheiten.« Das waren Gins kalte Worte an seine Untergebene gewesen.

Noch nie hatte Jodie gesehen, dass sich eine solche Panik auf Chiantis Gesichtszüge legen konnte.

Sie hatte der Schauspielerin erst einen hasserfüllten Blick zugeworfen, dann jedoch - vermutlich aus Angst um ihr Leben - um Verzeihung gebeten.

Damit war die Sache vorerst abgehakt gewesen und ein brüchiger Frieden hatte sich wieder eingestellt. Jodie war noch vollkommen durch den Wind, als Chris Calvados damit beauftragt hatte, die Jägerin zurück ins Wohnzimmer zu bringen, während sie selbst sich auf den Weg zum Boss gemacht hatte, wobei sie ein Stück weit von Bourbon begleitet worden war.

~~~Flashback Ende ~~~
 

Jodie blinzelte sich zurück ins Hier und Jetzt, schlug die Decke zurück und stand vom Sofa auf.

Ein Blick auf die Wanduhr sagte ihr, dass es ohnehin höchste Zeit war um aufzustehen.

Sie gähnte erneut und schlurfte schließlich in Richtung Badezimmer.

Immer noch musste sie ständig an die Erlebnisse gestern denken. Sie war fassungslos darüber, mit einer welchen Gleichgültigkeit und Kälte Gin seine Untergebene bestraft und ihr gedroht hatte. Er hätte kein Problem damit einen Mitstreiter, der aus der Reihe tanzte, zu töten, das war nur noch einmal überdeutlich klar geworden.

Während sie unter die Dusche stieg, wanderten ihre Gedanken weiter zu Curaçao und Rena. Ob die Silberhaarige es geschafft hatte, ihre Freundin ein wenig zu beruhigen?

Sternenstaubs ehemalige Jägerin tat ihr so leid. Dieser Dreckskerl von japanischem Vampirfürsten hatte auf einen Schlag ihr gesamtes Leben zerstört und sie dazu verdammt, Jahrhunderte als das zu verbringen, was sie am meisten hasste. Sie wollte sich lieber gar nicht vorstellen, wie schlimm diese Tatsache für Rena sein musste.

Immerhin hatte Chris sie in der Amerikanischen Vampirgesellschaft aufgenommen und die Brünette konnte nun ohne Probleme bei Curaçao bleiben, doch trotzdem würde sie die Tatsache kaum ausblenden können, dass sie nicht länger menschlich war.

Und dann noch der Keller... Jodie graute es bei dem Gedanken daran. Sie stellte das Wasser kälter, als sie daran dachte, wie viele unschuldige Personen noch in den Verschlägen saßen und in der Bar den Tod finden würden. Sie wollte diese Leute retten und zwar auf der Stelle.

Zwar hatte Chris ihr erklärt, dass sie bereits unauffällig versuchte, die Anzahl der gefangenen Menschen nach und nach zu begrenzen, doch sie konnte dabei nicht zu auffällig vorgehen und die Personen, die den Vampiren bereits in die Fänge gegangen waren, würden dieses Haus auch nicht mehr lebend verlassen.

Jodie wusste nicht, wie sie es bitte schaffen sollte, einfach zuzusehen und nichts zu tun. Vermutlich würde sie die Füße einmal mehr nicht stillhalten können...
 

Sie zwang sich die Erinnerungen an den Horrorkeller bei Seite zu drängen, doch sofort wurde sie mit dem nächsten Thema konfrontiert. Die Schauspielerin selbst, den Kuss und wie weich ihre Lippen waren. Wieder begann ihr Magen zu kribbeln.

Die Blondine stellte das Wasser noch etwas kälter und rieb sich die Schläfen.

"Du bist doch vollkommen verrückt...", murrte sie zu sich selbst. Und das musste sie wirklich sein.

Wo kam dieses Gefühl her und vor allem so plötzlich? Waren das immer noch Nachwirkungen von dem intensiven Blickkontakt, der sie vor dem Biss in eine Art Trance versetzt hatte? Aber das konnte doch eigentlich gar nicht, oder? Das letzte Mal hatte der Effekt immerhin auch nicht lange vorgehalten und war vor allen Dingen nicht so stark gewesen.

Doch irgendetwas war diesmal anders gewesen. Gänzlich anders. Und seitdem war nichts mehr wie vorher, auch wenn Jodie nicht genau benennen konnte, wie das passiert war.

Sie verließ die Dusche, trocknete sich ab und schlüpfte in die geliehene Kleidung, die Chris ihr gestern Abend noch herausgelegt hatte. Schließlich stellte sie sich vor den Spiegel und betrachtete sich einen Moment darin. Sie sah genau so müde, blass und erschlagen aus, wie sie sich derzeit auch fühlte. Die junge Frau seufzte und wollte sich schon wegdrehen, als ihr im Spiegel auf einmal etwas auffiel.

Eh? Was war das da in ihrem Auge? … oder täuschte sie sich nur? Sie setzte die Brille, die sie vor dem Duschen abgelegt hatte, wieder auf und sah die Welt schlagartig klarer. Doch nun war sie sich auch ganz sicher, dass sie sich ihre Entdeckung eben nicht eingebildet hatte.

Jodie zog die Stirn kraus und rückte mit dem Gesicht näher in Richtung Spiegel. Skeptisch musterte sie ihr linkes Auge. Mit der Pupille war alles in Ordnung,... doch was war das da für ein Fleck? Sie sah noch einmal genauer hin, aber ja, ganz eindeutig. Auf der eigentlich meeresblauen Iris fand sie einen winzigen grünen Flecken. Und sie war sich sehr sicher, dass der gestern noch nicht dort gewesen war. Aber was? Wie war das denn passiert? Wo kam diese plötzliche Veränderung her? Ihr war keine Krankheit bekannt, bei der sich praktisch über Nacht solche winzigen Verfärbungen in den Augen bildeten.

Über Nacht? Irgendetwas ließ sie stutzen. Halt Moment... als sie Chianti gestern auf dem Flur begegnet war, hatte die Vampirin ihre Augen bereits so seltsam gemustert und sich schließlich königlich über etwas amüsiert. War der Fleck am Ende zu diesem Zeitpunkt schon dort gewesen?

Sie schüttelte den Kopf und beschloss, später Chris zu fragen, ob diese sich einen Reim darauf machen konnte. Aber warum sollte sie? Die Frau war zwar hochintelligent, aber sie war Schauspielerin, keine Augenärztin. Vielleicht wäre ein Besuch beim Augenarzt nicht mal das Dümmste. Was, wenn dieser Fleck gefährlich war?
 

Die Blondine hörte, wie die Wohnzimmertür geöffnet wurde. Da sie sich inzwischen umgezogen hatte, trat sie aus dem Badezimmer und begab sich zurück in den Wohnraum.

Chris und Rei hatten das Zimmer betreten. Beide trugen bereits Straßenschuhe und Winterkleidung.

Beim Anblick der Jägerin zog Vermouth eine Augenbraue hoch. "Du bist ja noch gar nicht fertig, Kätzchen. Wir müssen gleich los zum Set. Heute finden die Dreharbeiten etwas weiter außerhalb statt. Und überhaupt, wie siehst du aus?"

"Du hättest mir gestern auch sagen können, dass wir heute früher los müssen, dann hätte ich mir einen Wecker gestellt.", murrte die junge Frau vor sich hin. "Wieso bist du überhaupt schon angezogen? Musst du nicht auch noch ins Bad?"

Die Schauspielerin schmunzelte amüsiert. "Dummes Ding, da war ich doch schon längst. Ich bin mehrfach durchs Wohnzimmer spaziert und habe auch schon geduscht, aber du hast noch auf dem Sofa gelegen und geschlafen wie ein Stein."

Chris schob Jodie vor sich her und drückte die Jüngere zurück aufs Sofa. "Ehrlich, dich könnten die Einbrecher problemlos wegtragen, wenn du erstmal schläfst."

"Einbrecher? Welcher Einbrecher wäre so blöd, in ein verdammtes Vampirnest einzubrechen?", konterte Jodie.

Bourbon lachte im Hintergrund leise. "Auch wieder wahr."

Derweil hatte die Schauspielerin einen Make-Up Koffer aus dem Bad geholt und diesen vor Jodie auf den Tisch gestellt. Sie setzte sich neben sie aufs Sofa und klappte den Koffer auf.

"Raufasertapete hat mehr Farbe als du. So kann ich dich unmöglich mitnehmen.", stellte sie mit skeptischem Blick fest.

"Wann lernst du endlich, dass ich nicht dein Schminkkopf bin?" Genervt verdrehte Jodie die Augen, wehrte sich jedoch nicht weiter dagegen, dass die andere Blondine damit begann sie zu schminken. Chris tat das nicht zum ersten Mal und inzwischen hatte die Jüngere es aufgegeben zu protestieren. Zumal das Ergebnis sich am Ende jedes Mal wirklich sehen lassen konnte.

"Warum siehst du eigentlich so aus, als ob du auch das Haus verlassen wolltest? Es ist draußen immerhin schon hell.", wandte sie sich an Bourbon und schob ihre Brille hoch.

Wie unglaublich natürlich sie mit diesen Vampiren inzwischen umging...und das als Jägerin Mondnebels. Jodie versuchte sich damit zu trösten, dass es sich nur um einige wenige Exemplare handelte, bei denen sie eine Ausnahme machte.

"Die Fensterscheiben von meinem Auto haben eine spezielle Beschichtung, dank der ich auch am Tag damit fahren kann. Da Chris Curaçao gestern ihr Auto geliehen hat, fahre ich euch gleich zur Arbeit.", erklärte er.

"Ah, so ist das."

"Hey, jetzt hör auf ständig zu blinzeln.", tadelte die Schauspielerin die Jüngere derweil.

Jodie hielt still, zwang sich nicht zu blinzeln und blickte stattdessen geradeaus und somit ganz genau in das Gesicht der anderen Blondine, welche derweil schnell und konzentriert damit beschäftigt war sie zu schminken. Bald schon hätte sie die gerade aus dem Bett gefallene Vampirjägerin wieder in ihre Vorzeigeassistentin verwandelt.

Während Chris sich um ihr Augenmake-Up kümmerte, überkam Jodie wieder dieses merkwürdige Gefühl. Die Ältere war ihrem Gesicht derzeit so nah und zerbrach sich vermutlich noch nicht einmal den Kopf darüber.

Da sie derzeit eh nichts besseres zu tun hatte und stillhalten musste, betrachtete sie für einen Moment die smaragdgrünen Augen ihres Gegenübers genauer... und stutzte. Es war ihr im ersten Augenblick gar nicht aufgefallen, aber da war er: ein winziger blauer Fleck in der ansonsten grünen Iris. Eh? Chris also auch? Was hatte das bloß zu bedeuten?

Noch ehe sie die Schauspielerin darauf ansprechen konnte, hatte diese sich wieder dem Make-Up Koffer zugewandt.
 

Am Set angekommen, war Jodie froh, die Fahrt überlebt zu haben.

Die Fahrt neulich, in Curaçaos Auto, war aufgrund der begrenzten Sitzplätze unbequem gewesen und der Fahrstil der Silberhaarigen hatte sich als äußerst fraglich entpuppt, doch verglichen mit Rei... Jodie hätte sich sofort Curaçao zurück ans Steuer gewünscht. Oder aber das Vermouth das Auto fuhr. Oder zur Not auch sie selbst!

Die heutigen Dreharbeiten hatte das Filmteam an den Orchard Beach geführt. Im Sommer sicherlich ein schöner Ort um zu filmen, im späten Herbst jedoch... Jodie verfluchte jede Sekunde des Filmtags. Sie saß unter einem provisorisch aufgebauten Pavillon, in einer Art Strandkorb und fror erbärmlich. Die Wolldecke, die sie sich über die Beine gelegt hatte, half da auch nicht mehr wirklich.

Die Schauspieler und das Kamerateam konnten sich wenigstens etwas bewegen, für sie selbst hingegen gab es aktuell jedoch wenig zu tun.

Während sie von ihrem Platz aus beobachtete, wie mehrere Schauspieler den Strand entlangliefen und so taten, als würden sie von etwas verfolgt, was erst später mit der Hilfe von Computertechnik in den Film eingefügt werden würde, streckte Yukiko sich neben ihr und vergrub sich noch etwas mehr unter der Wolldecke. Die Zähne der Schauspielerin klapperten vor Kälte.

"Einerseits bin ich froh, in der Szene gerade nicht gebraucht zu werden, da es nur wieder Muskelkater geben würde, wenn ich die ganze Zeit über durch den Sand rennen müsste, andererseits würde mir durch ein bisschen Bewegung vielleicht wieder wärmer. Ich spüre meine Zehen schon gar nicht mehr."

"Und ich spüre meinen ganzen Körper schon gar nicht mehr.", grummelte Jodie vor sich hin.

Es war angenehm, dass die brünette Schauspielerin neben ihr indirekt auch ein wenig ihre rechte Seite wärmte, doch alles in allem hatte sie die Nase voll davon in der Kälte herumzusitzen.

Eine kalte Briese fegte über den Strand hinweg und leider auch unter den Pavillon.

"Sieh dir die Anderen an. Obwohl sie die Szene jetzt schon mehrfach wiederholen mussten, sehen sie nicht so aus, als wäre ihnen sehr viel wärmer.", merkte die Blondine schließlich noch an.

Sie betrachtete die Schauspieler und das Filmteam, welche kurz innegehalten hatten und sich noch einmal absprachen. Dabei fiel ihr auf, dass Chris und eine ihrer Kolleginnen so aussahen, als wären sie vom ganzen Hin- und Herrennen einem Herzinfarkt nahe. Jodie schmunzelte schief.

"Wie gefällt dir der Job als Assistentin eigentlich? Chris hat das noch nie jemandem angeboten, aber ihr zwei scheint euch wirklich zu verstehen.", fragend blickte Yukiko die Jüngere an und zog die Wolldecke etwas mehr zu sich.

Jodie blinzelte und überlegte kurz, wie sie darauf antworten sollte. Es war immerhin nicht so, als wäre sie tatsächlich die Assistentin der Schauspielerin. Hätte sie Yukiko erzählt, was hier wirklich gespielt wurde, die Brünette hätte sie entweder für vollkommen verrückt erklärt, oder wäre vom Glauben abgefallen.

"Naja, wo fange ich am besten an? Chris ist speziell, aber wem erzähle ich das? Du bist immerhin gut mit ihr befreundet. Sie hat ihre Launen und hält mich auf Trab, aber alles in allem ist sie ein entspannter Boss und legt mir gegenüber weniger Starallüren an den Tag, als ich geglaubt hätte."

Klang das jetzt glaubhaft? Jodie hoffte es.

Neben ihr lachte Yukiko leise. "Es stimmt schon, sie ist manchmal etwas schwierig, aber man ist gut damit beraten, ihre Launen nicht all zu ernst zu nehmen. Sie meint es eigentlich gar nicht so."

Beinahe hätte Jodie gelacht. Ihren Schauspielerkollegen gegenüber war die Blondine vielleicht umgänglich und sie selbst wusste auch, dass sie sich Chris gegenüber erstaunlicherweise viel mehr erlauben durfte als manch anderer, doch Yukiko ahnte nicht, dass die meisten Leute durchaus besser damit beraten waren, die Launen der Daywalkerin ernstzunehmen. Als stellvertretende Anführerin der amerikanischen Vampirgesellschaft, trat Chris meist doch ganz anders auf, als die Brünette es sich vorstellen konnte.

Während das Filmteam im Hintergrund scheinbar beschlossen hatte eine Frühstückspause einzulegen, beobachtete Yukiko plötzlich etwas und blickte neugierig und skeptisch zugleich drein.

"Hey, sieh mal, ich glaube diese Leute da wollen zu uns. Wer das wohl ist?"

Eigentlich hatte Jodie Hunger und hätte weder etwas gegen ein Frühstück, noch gegen eine heiße Tasse Kaffee gehabt, doch als sie dem Blick der Schauspielerin folgte und die Personen, die sich dem Pavillon näherten erkannte, verging ihr der Appetit schlagartig. Ihr Herz machte einen Satz und Adrenalin jagte durch ihren ganzen Körper.
 

"FBI.", stellte ihr Vorgesetzter sich dem Regisseur und den Schauspielern, die sich inzwischen unter dem Pavillon versammelt hatten, vor und zeigte seine Dienstmarke. "James Black und das hier sind meine Kollegen Akai und Camel. Wir stören nur ungern, aber wir haben in einer Ermittlung ein paar Fragen an eine ihrer Schauspielerinnen. Mit ihrer Zeugenaussage könnte sie uns womöglich weiterhelfen."

Während überraschtes Murmeln innerhalb des Filmteams ausbrach, befreite Jodie sich von der Wolldecke und stand von ihrem Platz auf. Akais durchdringend grüner Blick lag auf ihr. In seinen Augen konnte sie etwas vorwurfsvolles und gleichzeitig fragendes lesen.

Verdammt, Mondnebel! Sie hatte ihren Kameraden doch geschrieben, dass sie sich heute Nachmittag melden würde. Das sie jetzt hier auftauchten, war ganz und gar nicht gut!

"Ms Vineyard? Wenn Sie kurz Zeit für uns hätten.", sprach Black die Blondine nun ganz direkt an.

Überraschte Blicke ihrer Kollegen trafen die Schauspielerin. Diese blickte nicht minder verwirrt in die Runde, während sie sich in Richtung der drei Agenten begab. "Ich weiß zwar nicht genau was hier los ist, aber wenn ich helfen kann...?"

Jodie musste ihr lassen, dass sie ihre Rolle wieder einmal nahezu perfekt spielte. Die anderen Schauspieler kauften der Blondine die Ahnungslosigkeit ab, da war sie sich ganz sicher.

Chris hatte eine Mimik aufgesetzt, die einen in der Tat denken lassen konnte, dass sie keine Ahnung hatte was hier los war, lediglich die Tatsache, dass jedes bisschen Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war, verriet ihre Nervosität. Zumindest hatte Jodie es gleich bemerkt. Ob die ungeschulten Blicke der anderen Anwesenden auch darüber stolpern würden, wagte sie jedoch stark zu bezweifeln.

Rasch gesellte sie sich zu ihren Kameraden und der Schauspielerin. Ohne zu zögern hakte sie sich bei der anderen Blondine unter. Jetzt konnte sie spüren, wie angespannt Chris eigentlich war.

Kein Wunder, wenn man bedachte, dass sie sich gerade drei Mitgliedern Mondnebels gegenübersah, wovon einer sie vor ein paar Tagen noch übel zugerichtet hatte.

Jodie drückte sich enger an ihre Seite und zog die Ältere ein paar Schritte mit sich und in Richtung ihrer Kameraden. "Ich sollte vielleicht auch mitkommen. Ich denke, dass Sie an meiner Zeugenaussage auch interessiert sein dürften.", schauspielerte sie vor den anderen Anwesenden.

"Ist das so? Dann darf ich Sie ebenfalls bitten uns kurz zu begleiten, Ms.", spielte Black das Spielchen mit.

Gemeinsam mit ihren drei Kollegen und der Daywalkerin, nahm Jodie Kurs auf den Parkplatz in der Nähe des Strandabschnitts. Ihr Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust. Ihre Gedanken rasten.

Nein! Nein! Nein! Das war ganz schlechtes Timing! Ganz und gar nicht gut. Sie hatte sich auf die Konfrontation mit Mondnebel gar nicht vernünftig vorbereiten können. Und schlimmer noch, sie hatte das Gespräch mit ihren Kameraden ursprünglich allein führen wollen. Nun war Chris mit in die ganze Sache geraten. Als Daywalkerin und erst recht nach ihrer Flucht vor ein paar Tagen, war die Blondine in höchster Gefahr, so viel dürfte allen Anwesenden klar sein.
 

Die kleine Gruppe lief über den Parkplatz, bis sie außer Hör- und Sichtweite der Filmcrew war, welche am Strand geblieben war.

James nahm Kurs auf einen unscheinbaren, weißen Kastenwagen, während Camel und Akai die beiden Frauen fast schon skeptisch im Auge behielten. Bis sie den Wagen erreicht hatten, sprach niemand ein Wort. Schließlich schloss der Vorgesetzte der Jäger das Auto auf. Andre öffnete die hintere Tür des Autos und trat bei Seite.

Im vorderen Teil des Kastenwagens gab es Platz für den Fahrer und zwei Beifahrer, der hintere Teil des Autos wurde derzeit nicht als Lagerfläche genutzt, sondern war mit zwei Bänken ausgestattet worden, welche jeweils längs an die beiden Außenwände geschoben worden waren. Ein wenig erinnerte die eigentliche Lagerfläche an einen improvisierten Verhörraum.

Zwar hatte die Schauspielerin die Aufforderung ins Auto zu steigen, durchaus verstanden, dennoch zog sie es vor den unausgesprochenen Befehl vorerst zu ignorieren.

Vor dem Fahrzeug blieb die Daywalkerin stehen, die Arme vor der Brust verschränkt.

"So schnell sieht man sich also wieder, was?" Ihre Stimme klang selbstbewusst und triefte nur so vor Ironie. Jodie wusste jedoch, dass die gelassene Art der Älteren nicht mehr als eine Maske war.

Chris war nervös, hatte höchst wahrscheinlich Angst vor den Vampirjägern, doch sie zeigte es nicht.

"Lasst mich raten: ihr habt den Weg hier her durch Insiderinformationen gefunden?"

Die Art und Weise, wie sie das Wort Insiderinformationen betonte, machte Jodie schlagartig klar, wem Chris die Schuld für diese Begegnung in die Schuhe schob.

"Nein, diesmal nicht.", ergriff Camel das Wort. "Es brauchte keiner Insiderinformationen, lediglich ein wenig persönliche Recherche, um das Projekt, an dem du derzeit arbeitest und den heutigen Standort des Sets, zu ermitteln, Vampirin."

"Steigt in den Wagen.", sprach Akai noch einmal das Offensichtliche aus, weshalb sie hier eigentlich vor der geöffneten Fahrzeugtür standen. "Beide."

Black war bereits ins Fahrzeuginnere geschlüpft und hatte auf einer der beiden Bänke platzgenommen.

Die ältere Blondine zögerte. Jodie konnte es verstehen, fühlte sie sich aktuell doch selbst nicht gerade wohl und das, obwohl es sich bei den drei Agenten um Kollegen und gute Freunde von ihr handelte. Schließlich war sie es, die der Schauspielerin die Hände auf die Schultern legte und sie sanft aber bestimmt in Richtung Fahrzeug schob.

Letztlich kletterte Chris in den Kastenwagen und nahm auf der Bank gegenüber von Black Platz, wobei sie den Platz in der Ecke vorzog. Die Jägerin setzte sich neben sie, konnte sie sich doch bereits denken, dass ihr dies lieber sein würde.

Erneut war die junge Frau erstaunt darüber, wie selbstverständlich sie sich inzwischen um die Daywalkerin sorgte. Bis vor kurzem hatte sie noch ganz anders gedacht, doch gerade hätte sie die Andere am liebsten aus der Gefahrenzone gebracht.

Auch Akai und Camel betraten das Fahrzeug. Während Shuichi sich neben James Black setzte, entschied Andre sich für den noch freien Platz neben Jodie.

Chris beobachtete die Jäger aufmerksam, schwieg jedoch. Sie wusste, wie aussichtslos ihre derzeitige Lage war. Zu versuchen zu fliehen, würde keinen Sinn machen. Selbst bevor sie in das Auto gestiegen war, wäre jeder Fluchtversuch auf dem Parkplatz zum Scheitern verurteilt gewesen.
 

Akai war es, der das Schweigen brach und sich Jodie zuwandte. "Erklär uns was hier los ist. Erpresst sie dich mit irgendetwas, oder was hat dich dazu bewegt, sie neulich zu befreien und gemeinsam mit dem Biest das Weite zu suchen?"

Natürlich brannte ihren Kameraden diese Frage auf den Lippen. Sie konnte es ihnen ansehen und sie konnte es verstehen, wäre es Jodie doch nicht anders ergangen, hätte sie sich in der Situation befunden, wie Mondnebels andere Mitglieder derzeit.

Für einige Sekunden ruhte ihr Blick auf James und Shuichi. Andre neben sich ignorierte die Blondine nur deshalb, weil er in einem so ungünstigen Winkel neben ihr saß, dass er sich fast gänzlich außerhalb ihres Blickfeldes befand.

Sie überlegte, wie sie antworten sollte, würde von ihren Worten doch der Verlauf dieses Gesprächs abhängen und damit gleichzeitig auch das Schicksal der Daywalkerin und der Deal, den Chris mit Mondnebel schließen wollte. Letztlich entschied Jodie sich für die Wahrheit. "Nein, sie erpresst mich nicht. Ich habe sie neulich aus freiem Willen befreit.", gestand sie.

Die Blicke ihrer Kameraden ruhten ungläubig auf ihr.

"Wieso hast du das getan?" Fassungslos schüttelte James den Kopf. "Diese Frau verfügt mit ziemlicher Sicherheit nicht nur über Informationen, die für Mondnebel Gold wert sind, sie ist eine Vampirin und hat dich zudem erst neulich noch entführt. ...Aber wem erzähle ich das?"

"Das weiß ich doch alles. Trotzdem, ich würde es jeder Zeit wieder tun. Ursprünglich wollte ich euch alles bei dem Treffen gestern erklären-", begann Jodie, wurde jedoch von Shuichi unterbrochen.

"Du hast das Treffen abgesagt.", erinnerte er sie.

"Weil es einen Notfall gab, um den wir uns kümmern mussten."

"Einen Notfall, um den IHR euch kümmern musstet?", wiederholte Andre neben ihr.

"Das-", begann die Blondine, wurde jedoch erneut unterbrochen. Diesmal war es Chris, die ihr eine Hand auf den Oberarm legte.

"Das ist etwas Hausinternes und hat sie nicht zu interessieren.", erinnerte die Schauspielerin ihre Sitznachbarin.

"Du..., nein, wir sind derzeit nicht unbedingt in der Situation für so etwas, meinst du nicht auch?" Jodie verdrehte leicht die Augen. "Lass mich das regeln, sonst provoziert ihr euch nur wieder gegenseitig und dieses Gespräch ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt."

Die Schauspielerin warf ihr einen wenig freundlichen Blick zu, doch Jodie ignorierte sie gekonnt.

"Es erstaunt mich, wie vertraut du dich mit dieser Vampirin gibst." Akais Stimme hatte einen skeptischen, beinahe anklagenden Unterton. Auch in seinen grünen Augen stand das Missfallen nur all zu deutlich geschrieben.

"Zurück zum Thema.", mischte James sich ein. "Du wolltest uns gerade erklären, was hier eigentlich gespielt wird und was dich dazu bewegt hat, Vineyard neulich zur Flucht zu verhelfen."

"Du bist doch weiterhin auf Mondnebels Seite, oder etwa nicht?", ergriff Andre neben ihr das Wort.

"Natürlich bin ich das!", stellte Jodie sofort klar. "Idiot...", murrte sie hinterher. So etwas überhaupt zu fragen! Wobei die Frage vielleicht fast schon berechtigt war. Ohne ihre Motive zu kennen, musste ihr Handeln für ihre Kameraden immerhin schwer nachzuvollziehen sein.

"Es gibt zwei Gründe, warum ich ihr aus der Zelle geholfen habe, wenn ihr es genau wissen wollt.", begann die Jägerin mit ihrer Erklärung.

"Ihr habt sicherlich alle die Videos der Überwachungskamera gesehen, oder nicht?" Der Blick der Blondine wurde missfallender und blieb an Mondnebels Trumpfkarte hängen. "Oh, ich vergaß, du musstest dir die Aufnahmen gar nicht erst ansehen, du wusstest auch so schon ganz gut was los war."

Jodie verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Mimik spiegelte Ärger und Unglauben wieder.

"Ihr habt mich nicht in den Keller gelassen und ich hatte nur einen Teil von dem Gespräch im Büro neulich aufgeschnappt. Folglich habe ich heimlich die Überwachungskamera geprüft und bin fast vom Glauben abgefallen. Ist das wirklich dein Ernst, Shu? Ja, vielleicht ist eine Vampirin unsere Feindin, aber wie konntet Aaron und du so etwas nur tun?! Ich meine, als Daywalkerin fehlt ihr die Stärke der normalen Vampire. Sie saß eh schon in der Zelle und ihr zwei hattet nichts besseres zu tun, als sie halb totzuschlagen, nur weil sie euch vielleicht ein wenig provoziert hat?!"

Die Stimme der Jägerin war mit jedem Wort lauter und aufbrausender geworden.

"Dein übertriebener Gerechtigkeitssinn also, ja? Du hattest Mitleid mit einer Vampirin?", spottete der Dunkelhaarige unbeeindruckt. Jodie vermutete, dass er damit sein Unwohlsein überspielen wollte, rieb sie ihm doch gerade sein extrem unehrenhaftes Verhalten unter die Nase.

"Nur weil sie eine Vampirin ist, heißt das nicht, dass wir deshalb zu Monstern werden dürften. Wir sind Mitglieder Mondnebels. Es macht uns wohl kaum zu etwas besserem, wenn wir wehrlose Gefangene zusammenschlagen."

Akai wollte etwas darauf erwidern, doch James legte ihm die Hand auf die Schulter und mischte sich ein. Seine Stimme klang ruhig und bedächtig. "Es stimmt schon, dass die Dinge ziemlich aus dem Ruder gelaufen sind. Das ist etwas, das sich nachträglich nicht mehr ändern lässt, auf das wir allerdings auch nicht stolz sein sollten."

Chris schnaubte abfällig. Entweder, da es ihr nicht gefiel, an dieses Desaster erinnert zu werden, oder aber da sie die Worte Blacks für nichts als Heuchelei hielt.

"Wir sind Vampirjäger. Unsere Munition tötet im Normalfall schnell und ohne unnötige Qualen. Gefangenen gegenüber sollten wir uns ebenfalls nicht unmenschlich verhalten, sondern sie mit Respekt behandeln.", sprach Black weiter. Kurz ruhte sein Blick auf der Daywalkerin, dann sah er Jodie wieder an. "Aber die Tatsache, dass zwei unserer Kameraden etwas getan haben, was sie nicht hätten tun sollen, rechtfertigt trotzdem noch nicht, dass du die Gefangene befreit hast."

Langsam nickte die Blondine. "Das ist richtig. Aber ein anderer Punkt rechtfertigt es sehr wohl. Ihr habt vielleicht keine Informationen von ihr erhalten, wir haben allerdings miteinander geredet."

"Es gefällt mir nicht, dass hier alle so reden, als wäre ich nicht anwesend.", machte Chris auf sich aufmerksam und blickte wenig freundlich in die Runde.

Zwar steckte sie derweil wirklich in Schwierigkeiten, dennoch gab sie sich genau so selbstbewusst, wie sie es sonst auch tat. Die Schauspielerin wollte keine Schwäche zeigen, das war Jodie klar. Vielleicht half ihr ihr hoher Rang innerhalb der Vampirgesellschaft auch ein wenig dabei die Nerven zu behalten. Sie würde mit Sicherheit eine gute nächste Anführerin werden. Für einen kurzen Moment machte sich bei diesem Gedanken ein warmes Gefühl in Jodies Magengegend breit, welches sie jedoch rasch bei Seite schob, als sie sich dessen bewusst wurde.

"Wenn das ganze wieder in einer Gefängniszelle endet, dann gibt es weder Informationen, noch einen Deal.", stellte Amerikas Nummer Zwei an die Gruppe gewandt klar.

"Deal?", hakte Camel verwirrt nach.

"Ein Deal mit einem Vampir? Worum auch immer es hier geht-" Akais Stimme klang kalt.

Black hob eine Hand um für Ruhe zu sorgen. "Hören wir doch zuerst einmal zu, um zu verstehen, was hier eigentlich los ist.", verlangte er.

Jodie war ihrem Vorgesetzten in diesem Moment für seine besonnene Art dankbar.

Erneut warf sie ihrer Sitznachbarin einen mahnenden Blick zu. "Wie schon gesagt, lass mich das erklären. Zwei Personen hier sind rein zufällig nämlich wie Feuer und Wasser und ich würde gerne verhindern, dass das hier in einer Katastrophe endet." Sie blickte erst Chris, dann Shuichi vielsagend an.

"Tsk!" Die Schauspielerin warf sich eine verirrte Strähne zurück über die Schulter und wandte fast schon schnippisch den Kopf. Jodie, die die Launen der Älteren bereits kannte, schmunzelte lediglich schief, während Andre eher irritiert dreinblickte. James sah so aus, als wäre er interessiert daran endlich zu verstehen, was hier eigentlich gespielt wurde, während Akais Blick kühl und unergründlich blieb.

Jodie seufzte, atmete einmal tief ein und aus und ergriff schließlich das Wort, als sie sich sicher war, dass sie die Aufmerksamkeit ihrer Kameraden hatte. "Also, es geht um Folgendes..."

Und damit begann sie die Situation im Groben und schließlich ausführlicher den angestrebten Deal und dessen Vorteile für beide Seiten zu erläutern.
 

Als die junge Frau ihre Erklärungen beendet hatte, herrschte für einen Moment Schweigen. Jodie ließ ihren Kameraden die Zeit um das, was sie ihnen da erzählt hatte, einigermaßen zu verarbeiten.

Schließlich blickte sie die drei Jäger fragend an. Chris, die neben ihr saß, hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Zwar beobachtete sie die anderen Anwesenden ebenfalls aufmerksam, doch wirkte sie noch ein wenig eingeschnappt.

Andres Blick wanderte zu seinen Kollegen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er seine Meinung über den angestrebten Deal nicht unbedingt zuerst mitteilen wollte.

"Eine Vampirin, die einen Deal mit Mondnebel anstrebt.", Akai war der Erste, der das Schweigen brach. "Das hast du ihr nicht wirklich geglaubt, oder Jodie? Hat sie dich mit diesem Gerede eingelullt und dich dazu gebracht sie freizulassen?"

Ungläubig starrte die Blondine ihren Kameraden an. Sie konnte durchaus verstehen, dass er skeptisch bezüglich des Deals war, doch dass er sie gleichzeitig als naives, naturblondes Ding hinstellte, ließ sie köcheln. "Behandle mich nicht als wäre ich dumm!", brauste sie auf. "Ich weiß, wie sich dieser Deal im ersten Moment anhört, aber das ist nicht nur leeres Gerede."

"Ach nein? Und was lässt dich annehmen, dass sie auch nur ein Wort von dem, was sie dir gesagt hat, ernst gemeint hat?"

"Nun, wir haben uns in den letzten Tagen bereits einige leerstehende Objekte angesehen, in welchen Blutspendeeinrichtungen eröffnet werden könnten.", erklärte Jodie ihm. "Du hast keine Ahnung, wie voll ihr Terminkalender eigentlich ist. Warum sollte Chris sich Immobilien ansehen, wenn diese Besichtigungstermine nicht mehr als Zeitverschwendung wären?"

Mondnebels Trumpfkarte schüttelte den Kopf und atmete hörbar aus. "Vielleicht um Mondnebel aufs Glatteis zu führen? Wenn du mich fragst, dann ist das nicht mehr als eine Finte."

"Vampire die auf Blutkonserven umsteigen, ist das denn überhaupt möglich?" Black sah die Daywalkerin abwartend an. Diese nickte.

"Ja, natürlich ist es das. Ob wir das Blut nun aus einem lebenden Wirt zapfen, oder aber es aus einem Beutel in ein Glas umfüllen, macht keinen Unterschied."

"Wenn du Blutkonserven ins Auge gefasst hast, warum steigt ihr dann nicht gleich auf Tierblut um? Eine Bestellung bei einer Metzgerei, oder einem örtlichen Schlachthof, erscheint mir wesentlich weniger aufwändig.", gab James zu bedenken.

Die Blondine warf ihm einen Blick zu, fast so, als hätte sie Mitleid mit den Dummen. "Glaubst du wirklich es wäre so einfach, Jäger? Tierblut ist nicht gleich Menschenblut. Unsere Körper können es nicht als Nahrung verwerten."

"Jodie, hast du etwa schon vergessen, was diese Frau uns angetan hat, als man uns in diese Bar gebracht hat? Warum sollte eine so skrupellose und grausame Person ernsthaft an einem friedlicheren Zusammenleben von Mensch und Vampir interessiert sein?", mischte sich nun auch Andre in das Gespräch ein.

Natürlich erinnerte Jodie sich nur zu gut daran, dass sie neulich beinahe beide als Mitternachtsdrinks für diese Monster geendet wären. Sie konnte das Misstrauen ihrer Kollegen nur zu gut verstehen, dennoch war sie sich inzwischen sicher, dass es der Schauspielerin ernst mit dem Deal war.

"Natürlich kann ich mich noch daran erinnern, Andre." Die Blondine massierte sich kurz die Schläfen. "Ich sage ja auch nicht, dass du vergessen sollst, was passiert ist, oder das du sie mögen sollst, aber-"

"Sie wird unsere Hilfe zum Jahreswechsel hin gerne annehmen, um noch mehr Einfluss innerhalb der Vampirgesellschaft zu erlangen, aber sobald wir ihr die Unannehmlichkeiten aus dem Weg geräumt haben, wird sie sich nicht mehr an den sogenannten Deal erinnern können." Camel schüttelte den Kopf.

"Das weißt du nicht, solange wir es nicht ausprobiert haben. Mal ganz davon abgesehen, dass ich Chris glaube, was würde Mondnebel verlieren, wenn wir ihr helfen? Wir wären in der Lage, Amerikas aktuellen Vampirfürsten zu stürzen und auszuschalten. Das ist so oder so ein großer Gewinn.", hielt Jodie dagegen.

"Es könnte sich auch ganz einfach nur um eine Falle handeln, die es den Vampiren leicht macht Mondnebel erhebliche Verluste zuzufügen.", mischte Akai sich wieder in das Gespräch ein.

"Ich kann durchaus verstehen, dass ihr Zweifel an meiner Motivation habt.", ergriff Chris das Wort.

"Ich habe keine weiße Weste, das ist mir klar. Ich habe nie behauptet, eine von den Guten zu sein, oder die Änderungen aus reiner Nächstenliebe anzustreben." Die Schauspielerin blickte an Jodie vorbei und sah Camel an. "Wenn du dich noch so gut an deinen Aufenthalt in der Bar erinnerst, dann wirst du mitbekommen haben, dass ich mich damals auf den kleinen Deal mit dem Kätzchen hier eingelassen habe, weil es mir vorteilhaft erschien."

Während Jodie schon gar nicht mehr über ihren Spitznamen stolperte, verfinsterten Shuichis und Andres Blicke sich schlagartig. Chris ignorierte diese Tatsache jedoch gekonnt und redete unbeeindruckt weiter: "Ich bin eine Person, die sehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist, das ist schon wahr. Wenn es gelingt, den aktuellen Anführer zu stürzen und den Ring weiterhin im Besitz der amerikanischen Vampirgesellschaft zu belassen, erspart mir das nicht nur eine Menge Ärger, es ist in der Tat vorteilhaft für mich. Aber ab diesem Moment den Deal vergessen? Nein, wieso sollte ich? Ihr überseht, dass der Deal nicht nur den Vorteil der Machtübernahme bedeutet."

"Ach nein? Was genau meinst du damit, Vampirin?", hakte James nach.

"Die Tatsache, dass Vampirjäger es sich zur Aufgabe gemacht haben und zu erledigen, ist extrem unpraktisch für uns Vampire. Bis dahin könnt ihr mir doch folgen, oder? Wir müssen ständig auf der Hut sein, niemandem von euch in die Arme zu laufen, auch wenn ich damit nicht sage, dass wir wehrlos wären. Allerdings würde es das Leben für beide Seiten angenehmer machen, wenn es zukünftig keinen Grund mehr geben würde Jagt auf uns zu machen. Ihr schützt die Bevölkerung, wir haben euch Jäger nicht mehr ständig im Nacken."

"Das alles nur, damit du zukünftig deine Ruhe hast? Widerlich." Akai warf der Daywalkerin einen kalten Blick zu.

"Praktisch scheint mir der treffendere Begriff zu sein, mein Lieber.", höhnte Chris.

Jodie seufzte leise. Es war nicht das Schlechteste, dass die andere Blondine gar nicht erst versuchte, sich als Mutter Theresa auszugeben und ihre Beweggründe lieber auf Eigennutz stützte, um den Jägern begreiflich zu machen, dass sie auch später noch zu ihrem Wort stehen würde. Auch wenn das vielleicht merkwürdig klang.

Einerseits gefiel ihr diese skrupellose Seite der Schauspielerin selbst ganz und gar nicht, andererseits... nachdem Jodie sie inzwischen besser kennengelernt hatte, flüsterte eine innere Stimme ihr, dass Chris nicht immer so schlimm war, wie sie tat. Was nicht heißen sollte, dass diese Frau ungefährlich war, aber trotzdem, wenn sie über die Daywalkerin nachdachte, die sie bis vor kurzem gedanklich selbst noch als Biest bezeichnet hatte, war da plötzlich dieses warme Gefühl...

Jodie schüttelte den Kopf. Nein, ihre persönlichen Gefühle konnte sie auch zu einem späteren Zeitpunkt hinterfragen. Was zählte war, dass sie es schafften, ihre Kameraden davon zu überzeugen dem Deal zuzustimmen.

"Mag schon sein, dass ihre Gründe zum Großteil selbstsüchtig und moralisch fragwürdig sind, aber wir dürfen das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Wenn Chris sich an den Deal hält, nein, wenn beide Seiten sich an den Deal halten, dann würde das zukünftig jährlich so viele Menschenleben retten. Wir sind doch alle Vampirjäger geworden, weil wir die Bevölkerung schützen wollen. Wie könnten wir den Deal da ablehnen? Jedes Menschenleben, dass gefährdet würde, nur weil wir zu stolz waren diesen Schritt zu gehen, wäre eins zu viel. So verrückt diese Zusammenarbeit auch klingt, sie könnte Gold wert sein, Jungs. Und wenn die Vampire sich nicht an ihr Wort halten sollten, dann haben wir es wenigstens versucht."

Nachdenklich betrachtete ihr Vorgesetzter sie und zupfte abwesend an seinem Bart herum. Auch Camel und Akai schwiegen für einen Moment.

Schließlich stand James von der Bank auf, auf der er bis eben noch gesessen hatte.

"Ich kann schon verstehen, was du meinst, Jodie.", begann er. "Aber das ist eine Entscheidung, die ich nicht alleine treffen möchte. Ich schlage vor, wir drei besprechen uns vor dem Wagen. Du und Vineyard, ihr wartet hier."
 

Nachdem die drei Männer den Wagen verlassen hatten, schnappte nur einen Moment später bereits die Verriegelung des Autos zu.

Jodie zog eine Augenbraue hoch und sah auf. "Die haben uns eingeschlossen? Ernsthaft?"

Chris wirkte wenig überrascht. "Was hast du denn gedacht, Kätzchen? Dich hätten sie vielleicht nicht eingeschlossen, aber wahrscheinlich befürchten sie, dass ich binnen ein paar Minuten zu Fuß von hier verschwinden könnte."

"Zu Fuß? Das ist doch unlogisch. Wir sind hier mitten in der Pampa und du müsstest auf dem Parkplatz an ihnen vorbei. Außerdem haben sie deine Kollegen glauben lassen, dass das FBI deine Zeugenaussage bräuchte. Würdest du jetzt verschwinden, würde dich das verdächtig machen."

Die Schauspielerin verdrehte kurz die Augen. "Das brauchst du mir nicht zu erklären. Mir ist das vollkommen klar, aber deine Kollegen scheinen es für ein wirkliches Risiko zu halten, dass ich abhauen könnte."

Für einige Augenblicke herrschte Schweigen. Beide Frauen dachten über die Situation nach, in der sie sich aktuell befanden. Während Jodie nicht wirklich in Gefahr schwebte, steckte Chris aktuell in echten Schwierigkeiten.

"Mussten die drei sich unbedingt als FBI Agenten ausgeben? Ich will nicht wissen, was die anderen Schauspieler und das Filmteam sich jetzt denken.", murrte die geringfügig ältere Blondine vor sich hin.

"Das ist aktuell deine größte Sorge?", hakte Jodie nach und warf ihrer Sitznachbarin einen schrägen Blick zu. "Im Übrigen ist es noch nicht mal eine Lüge. Mondnebel ist in der Tat ans FBI angedockt. Eine Spezialeinheit, wenn du es so willst. Die große Mehrheit der Bevölkerung würde uns immerhin für verrückt erklären, würden wir öffentlich machen, dass wir Vampire jagen."

Die Ältere gab einen belustigten Laut von sich. "Gar nicht mal so unwahrscheinlich.", stimmte sie Jodie zu, ehe sie sie mit mildem Interesse musterte. "Das bedeutet aber gleichzeitig auch, dass du wirklich eine echte FBI Agentin bist, Kleine?"

Die junge Frau versuchte den erneuten Spitznamen zu überhören und nickte stattdessen. "Genau so ist es.", bestätigte sie, ehe sie das Thema wechselte. "Dein Gehör ist besser als meins. Kannst du hören, was meine Kameraden gerade besprechen?"

Einen Moment lang lauschte Chris, dann schüttelte sie jedoch den Kopf. "Negativ. Deine Kollegen scheinen mein Gehör nicht vergessen zu haben und sind dementsprechend weit vom Auto weg."

Erneut herrschte kurzes Schweigen, welches von der Schauspielerin gebrochen wurde. "Du kannst deine Kollegen besser einschätzen. Was denkst du, wie es jetzt weitergehen wird?"

Jodie dachte über die Frage nach, ehe sie zu einer Antwort ansetzte. "Nun... genau kann ich es dir auch nicht sagen. Uns bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten. James ist eine sehr besonnene Person. Ich glaube, er wird wirklich über den Deal nachdenken. Shu ist auch alles andere als auf den Kopf gefallen, aber er wird deutlich schwerer zu überzeugen sein. Um ehrlich zu sein, bereitet er mir derweil die größten Sorgen."

Ohne es wirklich zu realisieren, lehnte Jodie sich ein Stück näher in die Richtung ihrer Gesprächspartnerin, sodass ihre Oberarme sich berührten. Chris kommentierte die Geste nicht, rückte jedoch auch nicht auf Abstand. Die Daywalkerin hätte niemals zugegeben, dass die Nähe der Jüngeren sie in der aktuellen Situation ein wenig beruhigte.
 

Schließlich kehrten die drei Agenten zum Fahrzeug zurück. Die Schauspielerin hatte die Schritte als Erste gehört. Kurze Zeit später wurde der Wagen entriegelt.

Das Licht, welches durch die nun offene Tür ins Wageninnere fiel, blendete schon fast.

Während die Jäger zurück ins Auto kletterten, rückten die beiden Blondinen wieder ein wenig mehr auf Abstand.

Nachdem die Mitglieder Mondnebels wieder ihre ursprünglichen Plätze eingenommen hatten, ruhten Jodies und Chris Blicke auf Black, da wohl niemand aus Akais finsterer Mimik schließen konnte, zu welchem Schluss die drei Männer gekommen waren.

"Also? Wie habt ihr euch entschieden?", hakte Jodie schließlich ganz direkt nach.

James blickte die beiden Blondinen für einige Augenblicke lang schweigend und nachdenklich an, ehe er das Wort ergriff. Die Spannung im Raum war derweil fast greifbar.

"Nun, wir haben die Pros und Contras sorgfältig abgewägt. Das Angebot ist immerhin äußerst risikoreich." Er nickte bedächtig "Dennoch hast du schon Recht, Jodie. Die Menschenleben, die durch einen solchen Deal zukünftig gerettet werden können, sind es wert, es auf einen Versuch ankommen zu lassen."

Die junge Frau blinzelte. Sie brauchte einen Moment, bis sie wirklich realisierte, das sie sich auch nicht verhört hatte. Von einer Sekunde zur anderen fiel ihr eine gefühlt tonnenschwere Last von den Schultern. "Ihr stimmt einem Deal also zu?", hakte sie sicherheitshalber noch einmal nach.

"Wir lassen uns auf das Experiment unter einer Bedingung ein.", ergriff Shuichi nun das Wort und wandte sich schließlich direkt an die Daywalkerin. "Du bist nicht gerade die vertrauenswürdigste Person, Vampirin. Also wirst du Mondnebel noch beweisen müssen, dass es dir ernst ist."

Chris, die den Worten der Jäger zwar aufmerksam gelauscht hatte, der man jedoch nicht angesehen hatte, was aktuell in ihr vorging, zog nun eine Augenbraue hoch. "Ach ja? Und wie genau soll ich das anstellen?"

"Amerikas derzeitiger Vampirfürst ist wie ein großes Phantom. Du bist die Einzige, die er in seine Nähe lässt. Folglich wirst du uns beweisen, dass dir etwas an dem Deal gelegen ist, indem du ihn mit einer versteckten Kamera filmst und Mondnebel das Videomaterial übergibst.", mischte Camel sich nun ein.

Chris wirkte für einen Moment wirklich überrascht, fing sich jedoch schnell wieder. "Ich soll die Identität des Bosses enthüllen, indem ich ihn filme? Und wie habt ihr euch das vorgestellt? Ich kann ihm schlecht eine Blumenvase, mit einer Kamera darin, auf den Tisch stellen.", kam es sarkastisch von ihr. "Der derzeitige Anführer ist ein Urvampir. Er mag zwar in keiner besonders guten Verfassung sein, aber seinen Augen und Ohren entgeht so schnell trotzdem nichts. Wenn ich auffliege, ist der ganze Plan zum Scheitern verurteilt."

"Würde er eine, als Ohrring getarnte, Minikamera bemerken? Ein lautloses Modell, das weder verdächtig blinkt, noch Ähnlichkeiten mit einer Kameralinse hat?", wollte Black wissen.

Chris dachte über die Frage nach. "Nun, das kommt ganz darauf an, wie gut ihr die Tarnung umgesetzt habt." Sie hielt Mondnebels Anführer auffordernd die Hand entgegen. "Ich sehe sie mir mal an.", entschied sie.

Akai mischte sich von seinem Platz neben Black aus ein. "Wir haben die Kamera derzeit nicht dabei. Ich werde sie dir Morgen aushändigen, Daywalkerin."

Angesprochene blickte ihn wenig erfreut an. "Denk nicht mal daran, den zweiten Tag in Folge hier am Set aufzutauchen. Das FBI, das neuerdings regelmäßig auf der Matte steht? Was sollen meine Kollegen sich denken?"

Der Agent winkte lediglich ab. "Die Übergabe findet nachmittags in der Innenstadt statt. Du begibst dich allein zum Treffpunkt, den ich dir kurz vorher mitteilen werde."

Chris schmunzelte, wirkte jedoch trotz allem wenig freundlich. "Keine Sorge, ich werde meine Bodyguards bei Tageslicht nicht mitbringen. Sehen wir mal, wie wir dich in meinem Terminkalender unterbringen können."

"Nicht ich werde mich nach dir richten, du richtest deinen Zeitplan nach mir.", stellte Mondnebels Trumpfkarte klar.

"So, werde ich das? Da kann ich mich wohl richtig glücklich schätzen, dass nicht jeder meiner Fans so kompromisslos ist, was?", höhnte die Schauspielerin.

"Ich werde mit zu dem Treffen kommen.", mischte Jodie sich in das Gespräch ein und ließ den Blick zwischen Shuichi und Chris hin und her wandern. "Ihr wechselt ein paar Sätze und seid schon wieder kurz davor euch die Augen auszukratzen. Nicht auszudenken, wie ein Gespräch unter vier Augen in der Stadt laufen würde." Ihre Stimme hatte etwas tadelndes.

James Black, der der Blondine wohl insgeheim zustimmen musste, lachte leise.
 

"Da das jetzt geklärt ist, solltest du bis zum Jahreswechsel wieder zu Mondnebel zurückkehren, Jodie.", wechselte James schließlich das Thema.

Überrascht blinzelte die junge Frau ihren Vorgesetzten an. Einerseits machte es durchaus Sinn, bis zur Zeit der Entscheidungsschlacht wieder ganz normal zur Arbeit zu gehen, andererseits...

"Das halte ich für keine besonders gute Idee.", widersprach sie also.

"Ach nein?" Nun war James es, der die Blondine fragend anblickte.

"Das Filmteam hält die Kleine für meine Assistentin, im Anwesen ist sie so etwas wie mein menschlicher Schatten. Besonders bei den anderen Vampiren würde es Fragen aufwerfen, wenn sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt wäre.", ergriff Chris das Wort.

"Genau so ist es. Dieses Problem haben wir neulich schon beredet und sind zu dem Schluss gekommen, dass ich das Spielchen in der Zeit bis zum Jahreswechsel noch mitspiele. Inzwischen sind es immerhin keine zwei Monate mehr." erklärte Jodie und ergänzte zwinkernd: "Außerdem ist es für Mondnebel nicht das Schlechteste, ein Mitglied aus den eigenen Reihen ins Vampiranwesen einzuschleusen, oder etwa nicht?"

"Nun, aus dem Blickwinkel habe ich es noch gar nicht betrachtet.", gab Black zu.

"Die Sache gefällt mir nicht.", gab Akai zu bedenken.

"Mir auch nicht.", stimmte Camel ihm sofort zu. "Du bist in diesem verdammten Anwesen nicht sicher, Jodie."

"Es ist nicht so, dass ich den Vampiren vertrauen würde.", begann die Blondine. Und es stimmte. Den meisten der dort Anwesenden vertraute sie wirklich nicht, war sie derzeit doch nur sicher, weil sie unter dem Schutz der zweiten Anführerin stand. Besonders die derzeitigen Gäste des Hauses waren ein Problem. "Aber solange ich in Chris Nähe bleibe, oder aber bei ihren Bodyguards, sollte es in Ordnung sein."

Die Schauspielerin nickte den Jägern zu. "Es ist, wie das Kätzchen es sagt. Meine Leute und ich passen schon auf sie auf."

Andre wirkte alles andere als überzeugt. "Ach ja? Sie soll in diesem Haus sicher sein?", hakte er nach. "Und wo kommen dann die Spuren an Jodies Hals her? Für mich sieht das stark nach Zahnabdrücken aus." Von seinem Platz aus, hatte Camel die Bissspuren am Hals seiner Kameradin als Erster bemerkt.

Die beiden anderen Jäger blickten alarmiert auf. Akais Blick verfinsterte sich merklich, als er die Schauspielerin ansah.

"Die Spuren an ihrem Hals? Nun, das-", begann die Daywalkerin mit einem unbeeindruckten Schmunzeln auf den Lippen, wobei sie den anderen Anwesenden einen kurzen Blick auf die beiden scharfen Vampirfänge gewährte.

"Die Bissspuren haben nichts zu bedeuten.", mischte die Jägerin sich nun selbst ein. "Mich hat nicht einfach irgendjemand angefallen, ich habe ihr erlaubt mich zu beißen, um sich zu heilen.", stellte sie klar und sah kurz zu der Schauspielerin neben sich. "Zum einen hätte ich sie sonst neulich kaum aus Mondnebels Keller bekommen, nachdem gewisse Personen nichts besseres zu tun hatten, als eine Gefangene beinahe krankenhausreif zu schlagen." Bei diesen Worten funkelte sie die Trumpfkarte der Jäger angesäuert an. Akai wandte murrend den Blick ab. "Zum anderen gab es gestern einen kleinen Zwischenfall und es wäre mehr als ungünstig gewesen, hätten die japanischen Vampire gesehen, dass Amerikas Nummer Zwei Federn gelassen hat."

Als sie an den Biss gestern Abend dachte und daran, wie dieser überraschend ausgeartet war, begann ihr Magen zu kribbeln. Verwirrt bemühte Jodie sich, dieses Gefühl bei Seite zu schieben.

"Einen Zwischenfall, bei dem eine ranghohe Vampirin verletzt wurde?", hakte James nach.

"Ja, leicht.", bestätigte Chris kurzangebunden.

"Wenn die zweite Anführerin schon nicht sicher ist, wie ist dann Jodies Sicherheit gewährleistet?", gab Akai zu bedenken.

"Weil die ganze Sache sich bereits geklärt hat. Solange sie sich in unserem Haus, in meiner Nähe aufhält, wird ihr nichts passieren.", stellte Chris noch einmal entschieden klar.

"Mir ist weiterhin nicht wohl dabei.", ergriff Camel das Wort, der sich nach wie vor Sorgen um seine Kameradin machte.

"Meine Entscheidung steht. Ich bleibe in den nächsten Wochen im Anwesen und spiele meine Rolle. Das ist vorteilhaft für Mondnebel und verhindert, das unser Plan auffliegt.", entschied Jodie.

"Wenn du dir einmal etwas in den Kopf gesetzt hast, bist du schwer davon abzubringen.", räumte Black mit einem schiefen Schmunzeln ein.
 

Nachdem das geklärt war, blickte die Schauspielerin demonstrativ auf die schmale Armbanduhr an ihrem Handgelenk. "Gibt es noch etwas anderes zu klären?", wollte sie wissen. "Da Jodie mich morgen Nachmittag in die Stadt begleitet, brauchst du meine Nummer nicht." Sie blickte in Akais Richtung.

"Ich werde mir die Kamera morgen ansehen und entscheiden, ob eure kleine Spionageaktion damit durchführbar ist, oder nicht." Sie deutete auf die Uhr an ihrem Handgelenk. "Wenn vorerst alles gesagt ist, sollte ich langsam zurück zum Set. Der Drehtag ist noch nicht vorbei und meine Kollegen werden sich bereits wundern, was es hier so lange zu bereden gibt."

Kurz hielt Jodie die Luft an. Zwar sparte sie es sich, ihre Sitznachbarin für deren direkte Art zu tadeln, doch eigentlich war Chris aktuell nicht in der Position zu bestimmen, ob und wann dieses Gespräch beendet war.

Camels und Akais Blicken nach zu urteilen, dachten ihre beiden Kameraden das gleiche.

Black hingegen ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Er überlegte kurz und nickte dann.

"Nun gut, belassen wir es vorerst dabei. Mondnebel wird dir morgen die Kamera aushändigen, dann sehen wir weiter."

Auf die Worte seines Vorgesetzten hin, war Camel der Erste, der sich schließlich zögerlich von seinem Platz erhob und wieder aus dem Transporter kletterte, saß er immerhin genau neben der Tür.

Akai folgte ihm. Nach Mondnebels Trumpfkarte stieg die Schauspielerin aus dem Wagen, wobei sie die beiden Jäger gut im Auge behielt. Auf dem Parkplatz angekommen, warf sie sich eine verirrte Haarsträhne zurück über die Schulter.

Nach Chris erhob Jodie sich von ihrem Sitzplatz und machte sich daran das Fahrzeug zu verlassen.

Auch Black hinter ihr war bereits aufgestanden und folgte ihr, schaffte es dann jedoch über seine eigenen Füße zu stolpern.

Der Agent geriet ins Straucheln und stieß versehentlich gegen die Blondine, welche nun ihrerseits aus dem Gleichgewicht geriet und mit einem erschrockenen Laut nach vorne fiel.

Sowohl die beiden Vampirjäger, als auch die Daywalkerin, welche bereits neben dem Auto auf dem Parkplatz standen, sahen das Unglück kommen.

Ganz automatisch machte Shuichi einen raschen Schritt nach vorne, um seine Kollegin aufzufangen, doch Chris kam ihm zuvor. Beherzt griff die Blondine nach der strauchelnden Jägerin. Mit der Nase stieß Jodie gegen das Schlüsselbein der Schauspielerin und beide Frauen taumelten noch einen Schritt zurück, doch schließlich hielt Chris sie sicher und drückte sie leicht an sich.

Nachdem sie realisiert hatte, dass sie nicht den Asphalt küssen würde, sank Jodies Adrenalinpegel wieder. An Stelle des vorherigen Schreckens rückte ein warmes Gefühl und es lag nicht an dem Beinahe-Sturz, das das Herz der Jägerin ein wenig schneller schlug.

Schließlich stellte sie sich wieder gerade hin und die andere Blondine ließ sie ganz automatisch wieder los.

"Danke, Chris.", atmete Jodie auf, ehe sie bemerkte, dass die Vampirin die Augen wütend verengt hatte und irgendetwas hinter Jodie fixierte.

Die junge Frau folgte dem Blick der Anderen und blickte geradewegs zu Black. Ihr Vorgesetzter hatte es noch geschafft den Rand der Fahrzeugtür zu fassen zu kriegen und hatte somit das Gleichgewicht wiedergefunden.

Jetzt erst realisierte Jodie, dass der wütende Blick der Schauspielerin James galt. Weil er sie versehentlich gerempelt hatte? Die junge Frau spürte, das ihre Wangen sich schlagartig wärmer anfühlten.

Im ersten Moment wirkte James selbst noch etwas durch den Wind und erschrocken, dann hatte er sich wieder gefangen und blickte Jodie an. "Entschuldige bitte, Jodie. Das war keine Absicht. Ich bin über meine eigenen Füße gestolpert."

Die Blondine wandte sich ihrem Vorgesetzten nun wieder ganz zu, musterte ihn kurz und schmunzelte schließlich amüsiert. "Schon gut, ist ja nochmal gutgegangen.", winkte sie ab, ehe sie auf Blacks rechten Schuh deutete. "Dein Schnürsenkel ist offen. Vermutlich hat es daran gelegen."
 

Nachdem sie sich von den drei Mitgliedern Mondnebels verabschiedet hatten, machten die beiden Frauen sich wieder auf den Weg in Richtung Strand. Jodie konnte es noch kaum fassen.

Es sah ganz so aus, als würde der Deal wirklich zu Stande kommen. Und das Gespräch war einigermaßen friedlich verlaufen. Man hatte Chris sogar wieder gehen lassen.

Vor ein paar Tagen noch, hätte Jodie diese Tatsache nicht besonders erfreulich gefunden, doch nun fiel ihr eine Last von den Schultern.

Neben ihr atmete Chris auf. Zwar zeigte die Andere es nicht so offensichtlich, doch Jodie konnte sich vorstellen, wie gestresst sie gewesen sein musste.

"Wieder eine Hürde genommen.", stellte Jodie fest, während sie den Pfad in Richtung Strand einschlug. Eine kalte Windböe fegte über sie hinweg und ließ sie frösteln.

"Sieht ganz so aus." Neben ihr zündete Chris sich eine Zigarette an. "Hoffen wir nur, dass wir damit unser Glück nicht bereits ausgeschöpft haben."

Die Jägerin warf ihr einen tadelnden Blick zu. "So negativ solltest du lieber erst gar nicht denken."

"Denken wir lieber darüber nach, was wir den anderen gleich erzählen.", gab Chris zu bedenken und blies eine kleine Wolke Zigarettenrauch aus.

"Als ob du ein Problem damit hättest, dir irgendetwas aus den Fingern zu saugen und fließend in eine Rolle zu schlüpfen."

"Nun, ich lasse mir etwas einfallen.", murrte die Schauspielerin vor sich hin, fröstelte und kuschelte sich ein wenig mehr in ihren Schal.

Derweil machte Jodies Magen mit einem Knurren auf sich aufmerksam, was ihr einen belustigten Blick einbrachte. "Was denn? Ich wollte gerade frühstücken, als meine Kollegen aufgetaucht sind.", grummelte sie.

"Ich bin mir sicher, die anderen haben dir noch Kaffee und etwas zu Essen übrig gelassen.", amüsierte Chris sich.

Kaum, dass die beiden Frauen das restliche Filmteam erreicht hatten, wurden sie in der Tat auch schon von den neugierigen Kollegen der Schauspielerin umringt und mit Fragen gelöchert. Jodie hatte das Gefühl, als wären sie von jetzt auf gleich in eine andere Welt eingetaucht, kaum das sie das Set erreicht hatten. Mondnebel und die Vampire rückten vorerst in den Hintergrund.

Wie sie es sich bereits gedacht hatte, fiel es Chris in der Tat nicht schwer, sich ohne jede Vorbereitung eine stimmige Geschichte auszudenken, um den anderen eine Erklärung zu liefern, warum um Himmels Willen das FBI so plötzlich aufgetaucht war. Jodie beschloss, dass sie einfach mitspielen, aber am besten der Daywalkerin den größten Teil der Erklärungen überlassen sollte.

Derweil nahm sie dankbar eine Tasse Kaffee entgegen, die einer der anderen Assistenten ihr reichte.

Das Gespräch mit Mondnebel hatten sie vielleicht gemeistert, doch der eigentliche Plan konnte damit erst wirklich starten. Nun, später konnte er das. Erst einmal galt es den Drehtag und die eisigen Temperaturen zu überstehen.



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