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Die Geflügelte Schlange - Erkenntnis (Ein Fragment)

* * make love, not war * * - Teil 3
von

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1. Begegnung

Kapitel 1 gehört zeitlich in die Nacht, die in DGS-Aufstieg, Kap.7 (Die Beförderung) anfängt.
 

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Die eilige Rückreise aus Harna forderte ihren Tribut. Sira schmerzte der ganze Rücken und die Beine, die Verspannung zog auch schon in ihre Schultern und Arme. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr länger auf dem Pferd sitzen zu können, trotzdem hielt sie sich weiterhin aufrecht und sehnte die nächtliche Rast herbei. Vor dem Nachtessen mußte die Zofe sie auf jeden Fall massieren, und vielleicht noch einmal vor der Nachtruhe. Wie bequem war dagegen die Hinreise in der Sänfte gewesen, doch nun wußte Sira, daß sie damit wertvolle Zeit verschenkt hatten.
 

Am Horizont waren endlich die Palmen der Oase zu erkennen, also gab Sira ihrem Pferd die Sporen und ihre Begleiter mußten sich anstrengen, mit ihr Schritt zu halten. "Prinzessin, schont Euer Pferd! Weiter als bis zur Schädeloase reisen wir heute ohnehin nicht mehr!" rief der Hauptmann der Wachen ihr nach, doch nun, so kurz vor dem Ziel dieses Tages, trieb sie das Tier noch weiter an, bis sie die einzelnen Steine der Einfassung des Brunnens am Rande der Oase erkennen konnte. Erst da erlaubte sie ihrer treuen Stute, den Schritt zu verlangsamen und jetzt erreichten sie auch die Wachen. Ihre Zofe und die übrigen Diener auf ihren schlechteren Pferden waren mit einigen wenigen Wachen nun weit hinter ihnen, gerade noch am Horizont erkennbar.
 

"Das... war... sehr... unvorsichtig", bemerkte der Hauptmann mühsam beherrscht. "Diese... Gegend... wimmelt... von... Banditen."
 

"Ach, doch sicher nichts, womit ihr und eure Männer nicht fertig würdet, Hauptmann." Sira war froh, daß der Schleier ihr Grinsen versteckte. Der Blick in das zornesrote Gesicht des gepanzerten Hauptmanns ließ sie die schmerzenden Muskeln fast ertragen. Wie schön er mit seinem Ärger kämpfte und sie wohl zu gern ausgeschimpft hätte. Doch natürlich war ihm klar, daß er sich nicht in einer dazu geeigneten Position befand. Und er hatte ja auch recht, es war unvorsichtig gewesen, ihre kleine Karavane so auseinander zu ziehen. Schließlich wußte sie ja ebenfalls, daß der ordnende Einfluß ihres Vaters hier in der Wüste bisher versagte.
 

Endlich erreichten sie die Oase und langsam trudelten nun auch die anderen Wachen und die ersten Diener ein, die sofort begannen, die Tiere zu versorgen, Zelte für die Übernachtung aufzustellen, im Zentrum des Lagers ein Feuer zu machen und Essen zuzubereiten. "Prinzessin, darf ich euch dabei behilflich sein, abzusteigen, damit euer Pferd versorgt werden kann?" fragte ihre Zofe.
 

Sira schüttelte den Kopf. Sie würde heute abend wahrscheinlich keinen Schritt mehr ohne Hilfe gehen können. "Ich werde bis zu meinem Zelt reiten, dann dürft ihr mir gerne behilflich sein."
 

Wenig später lag sie auf einem weichen Polster, während die Zofe das Massageöl erwärmte und dann begann, Siras Rücken zu massieren. Das parfümierte Öl entwickelten in den Händen der Zofe und auf ihrer eigenen Haut einen Wohlgeruch, der Sira an die Empfangshalle von Harna erinnerte - und damit an den Spruch des Orakelpriesters, nachdem die Traumdeuter sich lange über ihren Traum beraten hatten. Doch wo sollte sie zwei Sonnen unter einem nachtschwarzen Himmel finden um die ihrem Vater drohende Gefahr abzuwenden, noch dazu bevor in drei Tagen der geplante Feldzug begann? Sobald der Morgen dämmerte, mußten sie weiter. Dann würden sie am kommenden Abend Hannai erreichen und sie konnte ihrem Vater den Spruch des Orakelpriesters überbringen und ihn bitten, mit dem Abmarschbefehl für die Truppen zu warten, bis er sich mit dem Hohepriester über die Angelegenheit beraten hatte.
 

Der süße Duft und die sanfte Lockerung ihrer schmerzenden Muskeln durch die entspannende Massage sorgten dafür, daß Sira schläfrig wurde. Sie ließ bereitwillig die Augenlider sinken und merkte noch, wie die Zofe ihr ein seidenes Tuch über Beine und Rücken legte, dann sank sie in friedlichen Schlummer.
 

*
 

Unsanft wurde Sira geweckt. Rücksichtslos zupackende Hände umfassten ihre Handgelenke und bevor sie es richtig merkte, waren ihre Hände auf dem Rücken gefesselt, sie geknebelt, fest in ihre seidene Decke gewickelt und ein unangenehm riechender Mann trug sie bäuchlings über der Schulter, als sei sie ein zusammengerollter, allerhöchstens mittelgroßer Teppich. Sira versuchte sich zu befreien, aber weder Beine noch Arme konnte sie bewegen. Um sich herum hörte sie Schreie und Kampfeslärm, aber es gelang ihr auch kaum, ihren Kopf zu heben, sie erkannte nur den zerfransten, braunen Mantelsaum und die mit einfachen Sandalen beschuhten Füße ihres Entführers im schwindenden Tageslicht. Der Mann warf sie auf einen Pferderücken, so daß die Sattelhörner sich in Siras noch immer schmerzende Seite drückten und sie unwillkührlich aufstöhnte. Erstaunlicherweise zog der Mann sie nun ein Stück von den Sattelhörnern fort zum Hals des Tieres, das leise schnaubte. Er stopfte auch irgend ein Polster zwischen ihre Seite und die Sattelhörner, bevor er sich auf das Pferd schwang. Anscheinend wollte er sichergehen, daß seine Gefangene keine Beschädigungen erhielt.
 

Die Pferdedecke, über der sie nun lag, roch zwar nach Tier, aber weit besser als der Mantel des Entführers, das war zumindest eine Verbesserung. Doch dann galoppierte das Tier los und Sira wurde von dem Schaukeln ganz schwindelig. Wieder versuchte sie, Arme oder Beine zu bewegen, doch der Seidenstoff war fest um sie gewickelt, nein, die Beine konnte sie ein kleines Stück bewegen. Und als sie die Hände nicht auseinander sondern gegeneinander bewegte, merkte sie, wie die Verschnürung des Seiles um ihre Handgelenke sich etwas lockerte.
 

"Laß das sein, mein Täubchen", sagte da der Entführer fast fürsorglich und umfaßte durch die Seide ihre Handgelenke, so daß jede weitere Bewegung der Hände unmöglich wurde. Die durch den Stoff sickernde Wärme seiner Hand war ausgesprochen widerwärtig, und Sira biß die Zähne zusammen, um ihrem Ärger nicht laut Luft zu machen. In ihrer momentanen Situation würde es ihr sicher nicht helfen, sich als Tochter des Königs von Hannai zu erkennen zu geben. Die Banditenbanden, die die Karavanenstraßen im nördlichen Teil der Wüste unsicher machten, waren Gesetzlose und Stammeslose, die sich der Obrigkeit von Hannai durch nichts verpflichtet sahen.
 

Das Pferd galoppierte plötzlich noch schneller, Sira sah, wie der Schweiß an seiner Brust herunterlief, plötzlich verschwand die Hand des Banditen von ihren Handgelenken, sein Bein bewegte sich, als drehe er sich im Sattel um.
 

"Prinzessin, entwindet euch ihm", rief eine Männerstimme, die Sira nicht zuordnen konnte, aber sie brauchte diese Aufforderung gar nicht, um weiter zu versuchen, sich der Handfesseln zu entledigen. Zugleich bewegte sie auch die Beine und merkte, wie sich die Stoffumwickelungen langsam lösten. Wenn sie jetzt noch die Hand aus der Seilschlinge herausziehen konnte, ja, es war geschafft, doch ihr Oberkörper war zu fest in die Seide eingewickelt, um sich weiter zu befreien. Sie versuchte, sich aufzubäumen um vielleicht so vom Pferderücken zu rutschen, aber sicher würde der Bandit ihre Bemühungen gleich wieder unterbinden. Der Lumpen, mit dem Siras Seite gegen die Sattelhörner abgepolstern worden war, rutschte allerdings an ihrem Gesicht vorbei zu Boden, und die Bewegung des Tieres drückte sie wieder schmerzhaft gegen den Sattel.
 

Das Pferd ihres Retters war jetzt so nahe, daß seine Flanke ihr Ohr streifte, sie hörte das Klirren von Waffen. Noch einmal aufbäumen, da rutschte sie wirklich mit den Füßen voran vom Pferd ihres Entführers. Und die Götter sorgten dafür, daß sie vergleichsweise sanft in den Sand fiel und nur ein paar Schritt weit rollte. Auch die Verschnürung in die eigene Seidendecke hatte sich dadurch gelockert, Sira konnte sich ganz befreien. Mit zitternden Armen gelang es ihr schließlich, die Decke wie einen Mantel um die unbekleideten Schultern ziehen.
 

Dort lief das Pferd ihres Entführers, reiterlos, der Bandit in dem ausgeblichenen Mantel und dem schmuddeligen Kopftuch erwehrte sich der Angriffe eines schwarz gekleideten Oshey, in dessen Nähe ein ebenso schwarzer, stolzer Rappe von einem Huf auf den anderen tänzelte. Immer wieder konnte der Bandit die lange Klinge des anderen parieren, doch der Oshey setzte jedes Mal wieder nach und in der Dämmerung glaubte Sira, seine dunkel geschminkten Augen wie Bernsteine leuchten zu sehen, annähernd von der Farbe der untergehenden Sonne. Die zwei Sonnen unter dem nachtschwarzen Himmel! Dieser Mann mußte ihres Vaters Rettung sein.
 

Sira rappelte sich mühsam auf, bedeckte auch so gut es ging ihr Haar mit der Decke, um der Schicklichkeit genüge zu tun und näherte sich mit zögernden Schritten ihrer so unendlich schweren Beine vorsichtig den beiden Kämpfenden. Da, der Oshey stach mit seinem langen Schwert zu und der Bandit ließ endlich von ihm ab und brach getroffen zusammen, sein Blut spritzte auf und sickerte dann in den Sand. Er zuckte noch ein paar Mal, bis der Oshey ihm mit einem Hieb den Kopf abtrennte. Ein Gefühl der Befriedigung durchströmte Sira bei diesem Anblick. Da lag nun ihr Entführer, aus diesem Leben befördert durch den von den Göttern verheißenen Retter.
 

Groß war er, sehr groß, dieser Oshey, der nun mit einer sehr geläufig aussehenden Bewegung das Blut von seiner Klinge schlug und das Schwert dann in die lackierte Scheide gleiten ließ. Er sah Sira aus seinen bernsteinfarbenen Augen entgegen, trat näher und verneigte er sich in der osheytypischen Weise mit vor der Brust gekreuzten Armen. "Mein Name ist Hermil Tashrany, werte Prinzessin, bitte verfügt über mich." Dieser Mann war doch kein Geist! Er konnte nicht jener Hermil Tashrany sein, der vor Jahrhunderten Hannai eroberte und die Dynastie von Tashranykönigen begründete, denen ihr eigener Großvater ein Ende bereitet hatte. "Darf ich euch zurück zur Oase geleiten, Prinzessin?" fragte er dann, als Sira vor Überraschung noch immer schwieg und streckte ihr seinen Arm entgegen.
 

"Ich wäre euch sehr dankbar", brachte sie heraus, doch ihre Beine versagten nun den Dienst. Anstatt sie den einen Schritt nach vorne zu tragen, sackten sie einfach unter ihr weg.
 

Sogleich war der Oshey, Hermil Tashrany, bei ihr und hob sie vorsichtig auf seine Arme. Wie wunderbar er duftete, als habe er sich eben mit einem parfümierten Öl gesalbt. Wahrscheinlich viel zu vertraut ließ sie den Kopf an seine Schulter sinken, aber er sagte nicht und trug sie zu seinem Pferd, setzte sie seitlich auf seinen Sattel und führte das Tier am Zügel zunächst zu dem in einiger Entfernung wartenden Pferd des Banditen und mit diesem am Zügel dann den Weg zurück zur Schädeloase, den der Bandit mit Sira genommen hatte.
 

Der Mann schwieg auf dem Weg und Sira war zu überwältigt von der Fügung, als daß sie dieser Situation angemessene Worte hätte finden können. Also schwieg auch sie, doch den Blick konnte sie von ihm nicht lassen. Bis auf seine ungewöhnliche Augenfarbe sah er mit seiner stolzen Haltung, den geschminkten Augenlidern, seinem schwarzen Vollbart und den unter seinem Kopftuch herausschauenden schwarzen Locken genau so aus wie andere Oshey, die sie schon gesehen hatte, allerdings schien er noch recht jung zu sein, zumindest nicht viel älter als sie selbst. Bernsteinfarben wie die eines Falken waren seine Augen, nach den Schriften das Zeichen des Blutes der Unirdischen. Mit dem Segen der Götter, der demnach auf ihm liegen mußte, würde es ihm sicher ein Leichtes sein, ihren Vater vor der drohenden Gefahr zu retten.
 

*
 

Viel zu rasch war ihre Zweisamkeit beendet, denn sie erreichten die Oase. Den Wachen sah man die Spuren des vorangegangenen Kampfes gegen die Banditen noch deutlich an, einige der Manner lagen auch in blutgetränkten Gewändern tot auf dem Boden. Die toten Banditen schienen jedoch in der Überzahl zu sein. Siras Hauptmann war nur leicht verletzt, er eilte nun heran, wohl um sich zu vergewissern, daß es ihr gut ging. Und da standen auch drei andere Oshey am großen Feuer. Anders als ihr Retter hatten sie zu ihren langen Schwertern auch Jagdbögen bei sich, einer trug dazu einen zahmen Falken auf der behandschuhten Hand.
 

"Ich hoffe, ihr seid wohlauf, Prinzessin", begrüßte der Hauptmann Sira. "Die Jagdgesellschaft des Prinzen Tashrany war so freundlich, uns gegen die Banditen zu helfen. Habt Dank, Prinz, daß ihr unsere Prinzessin gerettet habt", wandte er sich dann mit einer angedeuteten Verbeugung an Hermil Tashrany. Er war also sogar aus dem Fürstenhaus seines Stammes. "Bitte sagt, wie wir euch für eure Dienste danken können."
 

Doch Hermil Tashrany schüttelte den Kopf. "Ich habe nicht mehr als meine Pflicht als Oshey getan, meine Belohnung werden dereinst die Gärten der Freude sein." Mit einer etwas steifen Verbeugung gesellte er sich dann zu den drei anderen Oshey.
 

Mit schweren Armen winkte Sira den Hauptmann näher heran, auch wenn sie viel lieber wieder dem Oshey-Prinzen in die Arme gesunken wäre. "Bitte tragt mich in mein Zelt, ich kann kein Glied mehr bewegen." Und als er sie vom Rücken des Osheypferdes gehoben hatte, beeilte sie sich noch, ihm mitzuteilen: "Der Prinz ist der Mann, der in Harna zur Rettung meines Vaters verheißen wurde, Hauptmann. Bittet ihn und seine Jagdgefährten doch in meinem Namen, uns bis Hannai zu begleiten." Der Hauptmann nickte. "Das werde ich tun, Prinzessin."
 

"Und morgen geht es in aller Frühe weiter", befahl sie, als der Hauptmann sie schon im Eingangsbereich ihres Zeltes absetzte.
 

Die Zofe hatte das Zelt inzwischen wieder aufgeräumt. Als sie Sira auf ihr weiches Lager half, war jedoch zu erkennen, daß sie bei dem Überfall wohl einen Schlag an den Kopf abbekommen hatte, denn ihr linkes Auge begann zuzuschwellen. Das hinderte sie jedoch glücklicherweise nicht daran, Sira eine weitere wohltuende Massage angedeihen zu lassen.
 

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