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Sturz ins Begrabene Meer

von

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Titel: Sturz ins Begrabene Meer

Autor: Drakea

Thema: Dragon Age Inquisition

Genre: Gen, One Shot

Altersfreigabe: ab 12 Jahren / PG-13

Wörter: 4.516

Entstanden: Sommer 2020

Disclaimer: Die Figuren, Handlungsorte, usw. sind nur geliehen und alle Rechte bleiben bei ihren Erschaffern. Geld wird mit dieser Geschichte nicht verdient.
 


 

Schritt um Schritt wich Trevelyan vor dem angreifenden Sha-Brytol zurück. Als Magier war er im Nahkampf alles andere als im Vorteil und hoffte den Zwerg so lange auf Abstand zu halten, bis einer seiner Gefährten ihm zu Hilfe kam.

Der Inquisitor ließ seinen Stab durch die Luft wirbeln und die kanalisierte Energie schoss auf den Angreifer. Doch der Sha-Brytol zeigte sich unbeeindruckt und verfolgte Trevelyan über den dunklen Stein im Inneren der Höhle.

Während Trevelyan einen Zauber beschwor, schwang der Hammer seines Gegners immer dichter an ihm vorbei. Mit einem Hechtsprung konnte Trevelyan einem Treffer entgehen, aber er musste gleichzeitig seine Beschwörung aufgeben, um sich in Sicherheit zu bringen.

Auf ein Neues konzentrierte er sich und formte die Magie mit seinen Gedanken. Mit einer fließenden Vorwärtsbewegung seiner Arme, entlud sich aus dem Nichts heraus ein Blitz auf dem Beschützer der Sha-Brytol. Langsam schüttelte der Zwerg die Benommenheit von sich ab und umfasste den langstieligen Griff seines Hammers fester. Wütend knurrend stapfte er Trevelyan entgegen und holte weit aus.

Zu seinem Schrecken bemerkte Trevelyan, dass er den Rand der Steinformation erreicht hatte. Als er einen Blick über seine Schulter warf, sah er wie unter ihm das unruhige Wasser gegen die dunkle Felswand schlug.

Ein Sprung ins Wasser ist kein Ausweg, dachte sich der Inquisitor. Als sie diesen Bereich der Höhle betreten hatten, waren sich Solas und er einig gewesen, dass sie sich tunlichst von dem Wasser fernhalten sollten. Seine bläuliche Farbe ließ erahnen, dass es mit Lyrium durchsetzt war. Auch wenn die Konzentration gering sein mochte, konnte ein Kontakt damit immer noch schlimme Folgen mit sich bringen.

Der Sha-Brytol schwang seinen Hammer und Trevelyan versuchte nach links auszuweichen. Noch während er sich zur Seite bewegte, traf ihn der Schlag im unteren Rücken. Vor Schmerzen krümmte sich Trevelyan zusammen und ließ seinen Stab fallen. Der zweite Schlag traf ihn von links und brachte ihn aus der Balance. Er merkte, wie er mit einem Fuß den Halt verlor und über die Klippe stürzte. Sein Schrei vermischte sich mit dem Lärm der Kämpfe und ging in der riesigen Höhle unter.

Hart schlug der Inquisitor auf dem Wasser auf und sank. Er spürte wie ihn seine Rüstung in die Tiefe zog. Mit vor Schmerzen zusammengebissenen Zähnen begann Trevelyan sich mit hastigen Schwimmzügen an die Oberfläche zu arbeiten. Als er sie durchstieß, atmete er hektisch ein und aus. In dem kalten Wasser hatte er das Gefühl, dass sich trotz seiner Bemühungen, seine Lungen nicht mit Luft füllen wollten.
 

"Nimm das, du kleiner Hosenscheißer!", schrie Sera, als sie den letzten Sha-Brytol mit einem Pfeil niederstreckte.

Neben ihr steckte der Eiserne Bulle seine Axt weg. Er nickte selbstzufrieden, als er auf die besiegten Feinde hinabblickte. Zwar waren die Zwerge nicht einmal halb so groß wie er, aber Bulle musste zugeben, dass sie harte Gegner waren.

"Geht es allen gut?", fragte er und sah sich nach seinen Gefährten um. Rund um ihn herum gaben ihm die beiden Elfen und die Zwergin Valta positive Rückmeldungen. Nur Trevelyan sah er nicht und der Eiserne Bulle rief nach ihm, "Boss?"

"Scheiße, wo ist er", fluchte Sera und rannte zu einigen leblosen Sha-Brytol. Ängstlich zog sie die Körper auf Seite und hoffte, dass kein Mensch unter ihnen begraben war.

"Dort drüben habe ich noch vor kurzem seine Sturmmagie gesehen", erinnerte sich Solas und ging zu diesem Punkt an der Klippe. Valta folgte ihm und die Absätze ihrer schweren Stiefel gaben mit jedem Schritt ein metallisches Geräusch von sich.

"Seht nur", rief sie und hielt Trevelyans Stab in die Höhe. "Er muss ihn verloren haben."

Sera fluchte erneut, während sie auf Valta zueilte. Bulle folgte ihr und überholte sie auf den letzten Metern. Bei der Zwergin angekommen sah er sich suchend nach Trevelyan um.

"Dort unten ist er!" Solas deutete mit ausgestrecktem Arm auf eine Gestalt, die versuchte in dem unruhigen Wasser die Steilwand zu erreichen.

"Wir müssen ihn da rausholen. Sofort", sagte Solas eindringlich, während Bulle über die Kante starrte und kurz darauf eine Möglichkeit fand einigermaßen sicher hinabzusteigen.

"Versucht Euch von dem Wasser fern zu halten. Eine kurze Berührung sollte Euch nicht schädigen, aber man kann nie wissen."

Vielen Dank für die aufmunternden Worte, dachte Bulle und kraxelte auf einem schmalen Sims, der in die Tiefe führte, an der Felswand entlang. Hinter sich hörte er wie Sera ihm folgte und dabei wahrscheinlich deutlich weniger Probleme hatte als er.

Sie ist auch nur eine zierliche Elfin, deren Füße weniger Platz brauchen als meine, ging es dem Qunari Söldner durch den Kopf, als sich unter seinem Stiefel ein Steinchen löste und über die steilen Felsen auf das Wasser zurollte.
 

Jeder Zug mit den Armen und Schlag mit den Beinen schmerzte Trevelyan. Sobald der Schmerz zu groß wurde und seine Bewegungen langsamer, spülte eine Welle über ihn hinweg und drückte ihn zurück die Tiefe. Das war der Augenblick in dem der Magier jedes Mal neue Kraft schöpfte und sich zurück an die Oberfläche kämpfte. Unter keinen Umständen wollte er hier sterben.

Schließlich war das nur eine Mutprobe. Eine Herausforderung seiner älteren Geschwister, um zu sehen wer von ihnen wagemutig und ausdauernd war.

Wellen schlugen plötzlich über ihm zusammen und überrascht schluckte Trevelyan ein weiteres Mal Wasser.

Während er das seltsam schmeckende Wasser wieder aus hustete, bemerkte er Bewegungen am Ufer.

Sein Vater und seine Geschwister standen dort, winkten und riefen ihn. Automatisch wollte er den Gruß erwidern, doch erneut wusch das Wasser über ihn hinweg und er brauchte beide Arme, um nicht unterzugehen. Über das Getöse der brechenden Wellen hörte Trevelyan ihre Worte. Sie forderten ihn auf ans Ufer zu kommen.

Trevelyan warf sich in die Wellen und mühte sich gegen die Strömung ab, die fortwährend gegen ihn arbeitete. Langsam, aber stetig näherte er sich seiner Familie, die immer aufgeregter wurden. Durcheinander riefen sie ihm zu, dass er es bald geschafft habe und nicht den Mut verlieren solle.

Bestärkt durch den Zuspruch, mobilisierte Trevelyan seine letzten Kraftreserven und war erleichtert, als seine Finger gegen den rauen Stein der Klippe stießen.

"Hier", hörte er seinen Vater sagen und bemerkte seine große Hand, die sich zu ihm hinunter streckte. Trevelyan ergriff sie und war beruhigt, als sich die starken Finger um seine Hand schlossen. Mit einem kräftigen Ruck wurde er aus dem Wasser und auf einen breiten Absatz gezogen.

Erschöpft ließ sich Trevelyan auf die Knie sinken und atmete mehrmals tief durch. Als er der Meinung war, dass er sich genug ausgeruht hatte, stemmte er sich in die Höhe. Neben ihm stand seine Schwester und er grinste sie selbstzufrieden an.

"Das hast du nicht erwartet!"
 

"Was ist mit ihm?", fragte Sera entsetzt. Der Inquisitor stand zwischen dem Eisernem Bullen und ihr und benahm sich nicht, wie der Mann, den sie kannten.

"Boss?", der Bulle legte ihm die Hand auf die Schulter und der Inquisitor sah sofort ehrfurchtsvoll zu ihm auf.

"Das wird das Wasser sein", tat Solas seine Meinung kund. Er war ihnen doch noch gefolgt. "Scheinbar hat er Wahnvorstellungen und verwechselt uns mit seiner Familie."

"Scheiße", fluchte Sera und Trevelyan kicherte wie ein kleiner Junge. "Scheiß Lyrium-Zwerge. Scheiß Wasser. Scheiß Höhle."

"Wir sollten diesen Vorsprung verlassen und oben ein Lager aufschlagen", schlug Solas vor und drehte sich um.

"Besser wärs, wenn wir gleich verschwinden würden", brummte Sera.

"Trevelyan muss sich ausruhen", erklärte Solas der Elfin. "Wenn es ihm besser geht, können wir immer noch darüber debattieren, ob wir weiter zu dem Titanen vordringen oder umkehren."

Ohne auf eine Antwort zu warten, begann Solas mit dem Aufstieg. Sera streckte ihm die Zunge raus und verdrehte die Augen, als sie sich zu Bulle umdrehte.

"Geht vor", sagte Bulle. "Danach kommt der Boss und ich bilde den Schluss. Falls der Boss stürzt, kann ich ihn auffangen. Aber Ihr solltet ihn an die Hand nehmen. Ich traue ihm in seiner jetzigen Verfassung nicht über den Weg."

"Von mir aus." Sera zuckte mit den Schultern und hielt dem Inquisitor die Hand hin. "Kommt, lasst uns gehen."

Misstrauisch betrachtete Trevelyan ihre Hand und machte keine Anstalt sie zu ergreifen.

"Ich bin alt genug, um alleine zu gehen!"

"Seid Ihr nicht", antwortete Sera genervt und griff sich Trevelyans Hand. "Ihr benehmt Euch wie ein fünfjähriger."

"Ich bin", begann der Inquisitor, doch Seras kräftiger Zug an seinem Arm, ließ ihn verstummen und er folgte ihr auf den schmalen Pfad, der an der Steilwand entlang nach oben führte.

Der Eiserne Bulle folgte ihnen und strengte sich doppelt an, da er auf den Inquisitor und seine eigenen Schritte achten musste. Der Weg hatte sich zu seinem Leidwesen nicht auf wundersame Weise verbreitert.

Nach einander kamen sie auf dem Felsplateau an. Trevelyan befreite sich aus Seras Griff und sank erneut zu Boden. Keuchend rang er nach Atem.

"Ich muss mich kurz ausruhen." Seine Stimme war rau, erinnerte aber an sein normales Ich.

Valta hatte die Gruppe stumm beobachtete und drehte sich nun Solas zu. Mit dem Stab, der dem Inquisitor als Waffe diente, deutete sie auf eine Felswand. "Dort hinten habe ich eine Höhle entdeckt, in der wir rasten können."

"Ich danke Euch." Der Elfenmagier kniete neben Trevelyan nieder und legte ihm eine Hand auf den Rücken. "Haltet Ihr noch einige Minuten durch?"

Trevelyan rang sich ein Nicken ab und gestützt von Solas folgten sie Valta. Auf dem Weg starrten der Eiserne Bulle und Sera in jede finstere Ecke und drehte sich immer wieder um. Sie wollten sichergehen, dass sie keine Sha-Brytol aus dem Hinterhalt angriffen.

Die Zwergin führte die Gruppe an der Höhlenwand entlang in einen Tunnel hinein, der sich so passend an das natürliche Gewölbe anschloss, dass es schien, als ob er von Hand angelegt worden sei.

"Seht nur", flüsterte Valta und blieb vor einer Wand stehen, auf der grüne Schriftzeichen in den Stein gegraben waren. Ehrfurchtsvoll fuhren ihre Finger über die Vertiefungen und sie blendete ihre Gefährten aus.

"Dort drüben können wir ein Lager aufschlagen, das sich im Falle des Falles gut verteidigen lässt", informierte sie der Eiserne Bulle, dessen geübter Blick sofort die Vorteile des Standorts erfasste.

Während Sera und Solas die Bettrollen aus ihrem Gepäck holten, sammelte Bulle einige Steine ein, die ihr Lagerfeuer einfassen sollten. Etwas Abseits saß Trevelyan und starrte vor sich hin.
 

Verliere ich den Verstand, fragte sich Trevelyan. Er konnte sich noch sehr lebhaft an seinen Kampf mit dem Bewahrer der Sha-Brytol erinnern und er spürte überdeutlich die Körperstellen, die der Hammer getroffen hatte. Der folgende Sturz war ihm auch im Gedächtnis geblieben, doch die Ereignisse danach waren verschwommen und ergaben keinen Sinn für ihn. Trevelyan war sich sicher, dass er seine Familie gesehen hatte, doch das konnte nicht sein. Sie müssten alle in Ostwick sein und auf keinen Fall unter der Erde. Und doch hatte es reell gewirkt.

Unbewusst begann Trevelyan sich über die Arme zu streichen und zog die Beine an seinen Körper.
 

"Solas", der Bulle stand neben dem aufgeschichteten Holz, das sie für solche Gelegenheiten mitgebracht hatten, "Könnt Ihr bitte das Feuer entzünden?"

"Natürlich." Mit einer knappen Handbewegung des Magiers, entbrannte ein Feuer in der Mitte ihres kleinen Camps.

Gemeinsam drehte sie sich zu dem Inquisitor um, dem anzusehen war, dass er fror.

"Boss, Ihr solltet Euch am Feuer aufwärmen", schlug der Bulle vor und ging auf Trevelyan zu, um ihm auf die Füße zu helfen.

"Und Ihr solltet Eure Kleidung wechseln." Solas befürchtete, dass sich die Wolle mit dem Lyrium versetzten Wasser vollgesogen hatte und negativ auf den Inquisitor einwirken würde.

Wie als ob er es heraufbeschworen hätte, verklärten sich Trevelyans Augen und er wich vor dem Eisernen Bullen zurück.

"Bitte nicht", flehte der Inquisitor und sah diesmal ängstlich zu dem Qunari auf.
 

Panik stieg in Trevelyan auf, als sich der Templer zu ihm hinab beugte. Er hatte einen Moment nicht aufgepasst und war in den Mann hineingerannt. Während der Krieger aufrecht stehen blieb und das Gesicht verzog, war Trevelyan auf dem Boden gelandet.

Der Unfall an sich machte ihm keine Angst. Solche Dinge passierten immer wieder in den teilweise schmalen Korridoren, wenn jemand in Eile war. Doch war er an einen der Templer geraten, die Freude daran hatten, ihre Position gegenüber den unbedarften Schülern auszunutzen. Und mit diesem Mann war er bereits einmal aneinandergeraten. Damals hatte der Templer Trevelyan versprochen, dass er das nächste Mal eine gerechte Strafe erhalten werde.

Einige der älteren Novizen hatten Trevelyan anschließend über verschiedene Strafen aufgeklärt. Eine davon war, dass der Schüler ohne weitere Verwarnung dem Ritual der Besänftigung unterzogen wurde. Und erst vor wenigen Tagen war einer seiner Bekannten besänftigt worden. Der Schock darüber saß noch tief in seinen Knochen.
 

"Was machen wir mit ihm?", fragte Bulle und beugte sich über den Inquisitor, der am ganzen Körper zitterte und verängstigt zwischen ihm und Solas hin und her sah.

"Ich werde besser aufpassen", stammelte Trevelyan, "Ich verspreche es!"

"Er muss damit aufhören", erklang Seras schrille und besorgte Stimme.

Nachdenklich beobachtete Solas den Inquisitor. Aller Wahrscheinlichkeit nach war dieses Verhalten eine Folge seines Sturzes in das Begrabene Meer, da Trevelyan in keiner vorherigen Situation Zeichen des Wahnsinns gezeigt hatte.

Sie könnten warten, bis sich das Lyrium in seinem Körper abgebaut hatte, falls dies überhaupt bei einem Magier der Fall sein würde. Oder sie konnten ihn absichtlich noch einmal Lyrium aussetzen und darauf hoffen, dass er anschließend wieder der Alte sein würde.

"Sera", sagte Solas, als sein Entschluss feststand, "Bitte bringt mir den blauen Trank aus meiner Tasche."

"Blauer Trank", wiederholte sie langsam, als würden Alarmglocken in ihrem Kopf erklingen. Doch kurz darauf hörte man, wie Sera lautstark den Inhalt der Umhängetasche durchstöberte.

"Ihr wollt ihm Lyrium geben? In seinem Zustand?" Der Eiserne Bulle sah alles andere als glücklich aus.

"Fällt Euch eine bessere Lösung ein?", fragte Solas barsch und der Qunari schüttelte den Kopf.

"Er ist nicht Herr seiner Sinne. Was ist, wenn er im Nichts auf einen Dämon trifft, der von ihm Besitz ergreift?", wandte Bulle berechtigt ein.

Diese Möglichkeit bestand und Solas hatte das Risiko bedacht.

"Das geht nicht", fuhr Sera dazwischen und drückte Solas die Flasche in die Hand. "Er ist der Inquisitor. Er kann nicht besessen werden."

Diese simple Aussage war Sera als Begründung genug und sie sah herausfordernd ihre beiden Begleiter an, ob sie etwas gegenteiliges Behaupten wollten.

"Ich glaube auch nicht, dass so etwas passieren wird. Der Inquisitor kann sehr gut auf sich selbst aufpassen. Und er muss nicht zwangsläufig auf einen Dämon treffen."

Der Eiserne Bulle knurrte und drehte sich zu dem eingeschüchterten Magier zu seinen Füßen. "Ich halte ihn fest und Ihr flößt ihm das Zeug ein."

"Einverstanden." Solas entkorkte den Trank, während der Bulle hinter Trevelyan trat und seine mächtigen Hände auf die Schultern des Menschen legte.

"Nein!", schrie Trevelyan und wollte aufstehen. Bulle übte mehr Druck aus und hielt den Inquisitor an seinem Platz.

"Das ist nur zu Eurem Besten, Boss", flüsterte er und spürte wie sich der Inquisitor versteifte.

"Lügner", schrie Trevelyan und erstarrte, als Solas dicht vor ihm auftauchte.

Ohne Zeit zu verlieren setzte Solas dem Inquisitor den Lyriumtrank an die Lippen. Der Elf sah das Grauen in Trevelyans Augen, das gleich darauf verschwand und seine Augen den Fokus verloren.

"Geht ihm hinterher", verlangte der Eiserne Bulle und starrte Solas an.

Regungslos blickte Solas zurück und kniff die Augen zusammen, bevor er den Kopf schüttelte.

"Das kann ich nicht", log er mit der Gewissheit, dass die anderen ihm nicht auf die Schliche kommen würden. "Auch wenn ich jetzt das Nichts betrete, wird der Inquisitor an einem anderen Ort sein."

"Dann sucht ihn." Sera kniete sich zu ihnen. Beunruhigt ruhten ihre Augen auf Trevelyan.

"Das geht nicht", wiederholte sich Solas. "Das Nichts ist zu groß, zu komplex, als dass man dort jemanden gezielt suchen kann. Wir können nur abwarten."
 

"Könnt Ihr nicht schlafen?"

Trevelyan sah auf und erhob sich fast gleichzeitig aus seinem Stuhl. Oberverzauberin Lydia stand in der Tür zu seinem Zimmer und lächelte wohlwollend. Obwohl schon einige Jahre seit seiner Läuterung vergangen waren, spürte Trevelyan, dass ihn Lydia immer noch als ihren Schützling betrachtete.

"Nein, ich gehe noch einmal meine Unterlagen über die Schule des Inferno durch", erklärte er und raschelte mit den Papieren, die vor ihm ausgebreitet lagen.

"Kann ich Euch dabei unterstützen?", fragte Lydia und betrat das Zimmer.

"Wenn Ihr Zeit habt", setzte Trevelyan an, doch er sprach nicht weiter, als sich die Oberverzauberin einen Stuhl nahm und zu seinem Schreibtisch trug.

"Würde ich Euch meine Hilfe anbieten, wenn ich keine Zeit hätte?", fragte Lydia und setzte sich ihm gegenüber hin.

"Nein", antwortete Trevelyan mit dünner Stimme, da er sich wie ein Novize fühlte, der gerügt wurde. Langsam setzte auch er sich wieder.

"An welcher Stelle kommt Ihr nicht weiter?" Lydia beugte sich über den Tisch und überflog den Text. "Die Theorie dürfte kein Problem darstellen, da sie sich nicht großartig von den anderen Schulen unterscheidet."

"Das ist nicht das Problem", bestätigte Trevelyan und reichte ihr ein aufgeschlagenes Buch, das neben ihm gelegen hatte. "Ich habe Schwierigkeiten die Magie zu formen. In dem Buch steht, dass man ein Brennen oder zumindest eine Wärme in sich spürt, wenn die Magie durch einen fließt und man einen Feuerzauber beschwört. Bei Sturmmagie fühle ich immer das Kribbeln auf der Haut, aber wenn ich das Blitzfeuer beschwöre, spüre ich nichts."

Schweigend betrachtete Lydia eingehend ihren ehemaligen Schüler, bis sie den Kopf schräg legte.

"Seid Ihr auch wirklich um einen Erfolg bemüht?", forschte die Oberverzauberin nach. "Wollt Ihr tatsächlich einen Zauber aus der Schule des Infernos anwenden? Es ist eine mächtige Schule und kann den Verzauberten schreckliche Verletzungen zufügen. Schon andere Magier vor Euch haben sich durch verborgene und unausgesprochene Ängste den Zugang zu dieser Schule verbaut."

Mit großen Augen starrte Trevelyan seine Mentorin an. Bis zu diesem Tag hatte er noch nie an die Konsequenzen dieser Zauber gedacht, da er nicht davon ausgegangen war, sie einzusetzen. Vielleicht gegen wilde Tiere, aber selbst das war unwahrscheinlich. Normalerweise brach kein Magier ohne die Begleitung eines Templers in die Natur auf.

"Nein?" Lydias Blick wanderte zu Trevelyans linker Hand. "Warum möchtet Ihr überhaupt diesen Weg einschlagen? Eure jetzigen Fähigkeiten übersteigen das Potenzial aller Schulen. Woher habt Ihr diese Macht?"

Trevelyan hob seine Hand und sah seine Linke verwundert an. Ein Riss klaffte in der Handfläche und verströmte grünes Licht.

"Ich weiß es nicht", gestand der Magier verwirrt. Er konnte sich nicht erinnern, woher diese Wunde kam oder wann er sie erhalten hatte. Er wusste nur, dass sie ihn nicht ängstigte.

Und warum hatte er dem Zirkel nicht davon berichtet?

Während er auf seine Handfläche starrte, erschienen die Bilder von unbekannten Freunden, einer riesigen Höhle und des Lyriumtranks vor seinem inneren Auge. Mit den Bildern kam auch das Wissen.

"Ihr seid tot!", sprudelte es aus Trevelyan hervor. Er schloss seine Hand, als ob er so den Anker vor der Gefahr schützen könnte und schob seinen Stuhl zurück.

"Seid Ihr ein Geist oder Dämon?" Trevelyan sprang auf und stellte sich hinter den Stuhl, um noch mehr Abstand zwischen sich und dem Geschöpf des Nichts zu bringen. Denn dort musste er sich befinden, nachdem Solas ihm den Lyriumtrank eingeflößt hatte.

"Ein Geist", antwortete diese Lydia zögerlich und mit einem fragenden Unterton, während sie verletzt aussah. "Ich will Euch nichts Böses. Ich war nur neugierig und wollte wissen wer und was Ihr seid."

Kann ich ihr glauben, fragte sich Trevelyan und sammelte Energie in seinem Körper. Mit einem Überraschungsangriff könnte er dieses Wesen mit wenigen Zaubern vernichten. Auf der anderen Seite hatte ihm Solas immer wieder erklärt, dass die meisten Geister im Nichts friedlich waren. Was würde Solas davon halten, wenn er grundlos diesen Geist vernichten würde?

Er wäre enttäuscht, wusste Trevelyan und entspannte sich. Das Wesen hatte ihm bis zu diesen Zeitpunkt nichts getan. Nicht einmal belogen. Wenn er dem Geist genauso freundlich gegenüber war, könnte er ihm vielleicht einen Weg zurück in die Realität zeigen.

"Ich bin nur ein Mensch, der mit einem elfischen Artefakt in Berührung kam. Das Mal", Trevelyan machte einen Schritt auf sie zu, streckte seine Hand aus und zeigte dem Geist die Handfläche seiner Linken, "ist das Resultat daraus. Ich weiß nicht, was genau es ist oder kann. Ich weiß nur, dass es mit den Rissen im Schleier und dem Nichts in Zusammenhang steht."

Lydia beugte sich über die dargebotene Hand und sah sich das Mal genau an.

"Könnt Ihr mir sagen, was der Anker tatsächlich ist?", fragte Trevelyan, der sich bewusst war, wie abstrus diese Situation war. Er fragte einen Geist, in Gestalt seiner toten Mentorin um Hilfe, so wie er Lydia immer um Rat gefragt hatte.

"Darf ich ihn berühren?" Lydias Stimme war leise, als sie ihre Frage stellte und bereits die Hand hob.

Dem Magier überkam der Reflex seine Hand zurückzuziehen, doch er hielt sie offen. "Ja."

Vorsichtig berührte der Geist das Mal und zu Trevelyans Überraschung geschah nichts. Das Mal öffnete keinen Riss im Schleier, noch emittieren es mehr Licht. Nicht einmal das ununterbrochene Kribbeln in seiner Hand wurde stärker.

"Nichts", stellte auch der Geist fest und wirkte enttäuscht. "Ich kann Euch nicht sagen, was es ist. Doch ist es ein Leuchtfeuer, das jeder Geist sieht und anlockt."

"Dann werden noch mehr Geister kommen?", fragte Trevelyan alarmiert.

"Wenn Ihr lange genug im Nichts bleibt, werden mehr Geister, aber auch Dämonen zu Euch kommen." Der Geist zog seine Hand zurück und stand auf. "Darum solltet Ihr jetzt gehen."

Mit einer Handbewegung des Wesens, in Gestalt der toten Oberverzauberin, verdunkelte sich erst der Raum und anschließend die Möbel und der Körper Lydias.

Trevelyan sah nichts mehr, spürte aber, wie eine Last von ihm genommen wurde. Unbekümmert merkte er, dass er viele Gedanken nicht mehr zu Ende dachte und ging in einen Zustand der sorgenlosen Gleichgültigkeit über.
 

"Ich glaube, er ist eingeschlafen", bemerkte Solas, der an der Seite des Inquisitors wachte.

"Und woher wollt Ihr das Wissen?", fragte Sera mit gerunzelter Stirn. "Er sieht genauso aus, als Ihr meintet, er wäre im Nichts."

"Der Boss wirkt friedlicher." Mit einem tiefen Seufzen löste der Eiserne Bulle seinen Griff um den Schaft seiner Axt. Er hatte Trevelyan die ganze Zeit genau beobachtet und bei dem ersten Zeichen einer Besessenheit, wäre er eingeschritten, auch wenn dies bedeutet hätte, den Inquisitor zu töten.

"Ja." Solas ließ sich zurücksinken und seine Züge entspannten sich. Auch er hatte im Stillen befürchtet, dass Trevelyans unfreiwillige Reise ins Nichts, schlimme Folgen haben könnte. "Sein Puls hat sich beruhigt und seine Verkrampfungen haben sich gelöst."

"Das ist alles?" Sera klang ungläubig. "Und was ist, wenn Ihr Euch irrt?"

"Dann Gnaden uns die Götter", flüsterte Solas. Wenn der Inquisitor einen Pakt mit einem Dämon eingegangen war, würde das mit aller Wahrscheinlichkeit den Sieg für Corypheus bedeuten. Ohne Trevelyan, oder vielmehr ohne den Anker, war ihre Niederlage unausweichlich.

Ähnliche Gedanken waren auch den anderen Gruppenmitgliedern durch den Kopf gegangen. Sera war bleich geworden und der Eiserne Bulle schwieg.

"Anstatt euch eine dunkle Zukunft auszumalen, solltet ihr warten bis der Inquisitor aufwacht und sehen, wie es ihm geht", empfahl Valta, die mit ihnen am Feuer saß und ihre Begleiter beobachtet hatte. "Sollte er tatsächlich von einem Dämon in Besitz genommen sein, kann man dann immer noch eine Lösung finden."

"Eigentlich sollte man immer vorher einen Plan ausarbeiten und nur in Notfällen improvisieren", warf der Eiserne Bulle ein. "Aber in diesem Fall habt Ihr Recht. Alles deutet darauf hin, dass es dem Boss gut geht."

Der Reihe nach wünschten sie sich einen erholsamen Schlaf und legten sie sich hin. Nur Sera blieb am knisternden Feuer sitzen, da sie die erste Wache übernommen hatte. Als sie sicher war, dass ihre Gefährten schliefen, schlich sie an Trevelyans Seite und kniete sich neben ihn.

"Wehe, wenn Ihr morgen nicht wieder in Ordnung seid", knurrte sie und stieß den Inquisitor mit ihrem Zeigefinger an. Auf die ungewohnte Berührung hin, zuckte Trevelyan zusammen und Sera war glücklich über diese Reaktion. Sie war ausgesprochen menschlich.
 

Das erste was Trevelyan spürte, als er aufwachte, waren Schmerzen. Stöhnend presste er sich die Hände gegen die Stirn und hoffte, dass sie vergehen würden, wenn er noch einmal einschlafen konnte. Doch als er merkte, dass er nicht in seinem Bett lag, sondern auf felsigem Boden, wusste er, dass er nur die Wahl hatte aufzustehen. Auf Expeditionen gab es den Luxus des langen Schlafens nicht.

Als er sich langsam aufsetzte, sah er, dass alle seine Begleiter bereits wach waren. Sera saß am Feuer und rührte in dem eisernen Topf herum. Neben ihr saß der Eiserne Bulle und wetze die Schneide seiner Axt. Vor einer Felswand standen Valta und Solas und unterhielten sich leise. Dass sie ihn dabei genauestens beobachteten, war dem Inquisitor bewusst.

Habe ich verschlafen, fragte sich Trevelyan und fuhr sich durch die Haare.

"Morgen", murmelte er und sah, wie sich daraufhin ein breites Lächeln auf Seras Gesicht ausbreitete.

"Guten Morgen", erwiderte sie fröhlich.

An ihrer Seite legte Bulle den Wetzstein auf den Boden. "Morgen, Boss."

Solas kam herbei und beugte sich zu Trevelyan herab.

"Wie geht es Euch?", fragte er und ignorierte die Formalitäten einer Begrüßung.

"Mein Körper bring mich um", sagte Trevelyan und fragte sich, warum sich Bulles Gesichtszüge verhärteten. Derweil nahm der Qunari seine Axt in die Hand. Reflexartig drehte sich der Inquisitor um und spähte in den Gang, aber er konnte keine Sha-Brytol sehen. Der Schmerz in seinem Körper, brachte ihn dazu zusammen zucken. Ein gequältes Stöhnen konnte er unterdrücken.

"Und sonst? Wisst Ihr wo Ihr seid? Könnt Ihr Euch an gestern erinnern?", fragte Solas und Trevelyan drehte sich zu seinem Freund.

Was soll das, ging es ihm durch den Kopf.

"Wie es aussieht sind wir immer noch unter der Erde und schlagen uns mit den Sha-Brytol rum", antwortete Trevelyan trocken.

Aus Solas nicht vorhandener Reaktion schloss er, dass dies nicht die Antwort war, die der Elf hören wollte.

"Wir sind weiter in die Tiefe hinabgestiegen und auf eine große Gruppe der Sha-Brytol gestoßen. Wir haben gegen sie gekämpft. Einer hat mich verfolgt und mit seinem Hammer getroffen", gab Trevelyan wieder und wusste nun woher seine Schmerzen stammten. "Ich bin in das Wasser gestürzt."

Er wusste noch, dass das Wasser bitter kalt war und er versucht hatte sich über Wasser zu halten. Doch danach waren seine Gedanken das reinste Chaos. "Ich weiß nicht, wie ich ans Ufer gekommen bin oder was sonst noch passiert ist."

"An gar nichts?", fragte Solas mit Nachdruck.

"Nur an Bruchstücken von Träumen", räumte der Inquisitor ein und schob die verschwommenen Gedanken, an seine Familie und die Anfangszeit im Zirkel, zur Seite. Deutlicher konnte er sich an seinen Traum über seine Mentorin erinnern, bis ihn die Erkenntnis traf. "Ihr habt mich ins Nichts geschickt."

"Ja, das habe ich", bestätigte Solas. "Habt Ihr einen Dämon getroffen?"

Warum, wollte Trevelyan fragen, aber die bohrenden Blicke seiner Gefährten hielten ihn davon ab. "Nein. Da war nur ein Geist, mit dem Ihr Euch prächtig verstanden hättet."

Endlich wusste Trevelyan, warum Sera und Bulle die letzten Minuten so angespannt gewesen waren. Sie beide verabscheuten Geister und Dämonen. Und es war naheliegend, dass sie befürchtet hatten, dass er von einem besessen sei.

"Es geht ihm gut", sagte Solas zu ihren Begleitern, die erleichtert aufatmeten. Sera machte sogar einen kleinen Luftsprung und brachte den Inquisitor damit zum Lachen.

"Wollt Ihr einen Heiltrank?", fragte Solas und sah wieder Trevelyan an.

"Ja", antwortete er und merkte, wie sich ein weiteres Gefühl in ihm regte, "und etwas zu Essen."



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