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Die Qual der Wahl

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Wie immer gilt: Wem Rechtschreib-, Zeichensetzungs- oder Grammatikfehler auffallen, darf mir das gerne mitteilen :) Komplett anzeigen

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Die Qual der Wahl

„Deine Entscheidung, Champ.“ Luzifer lächelt maliziös und Sam würde sich am liebsten in einer Ecke zusammenrollen und darauf warten, dass dieser Albtraum endlich zu Ende geht oder ihm jemand zur Hilfe eilt. Aber es ist kein Albtraum. Er verdankt sein Leben tatsächlich Luzifer. Und Hilfe wird erst recht nicht kommen. Dean und Cas halten ihn schließlich für tot.

Sam ist speiübel. Seine Beine zittern und er spürt, wie sich seine Atemfrequenz erhöht. Er weiß, wie das hier enden wird. Luzifer gibt ihm eine Wahl. Er wird zu dessen bevorzugten Vorschlag Nein sagen. Luzifer wird im Gegenzug die Vampire auf ihn los lassen. Er wird sterben. Blutig und qualvoll, wie Luzifer es mag. Wenn Sam denkt, dass er es endlich überstanden hat, wenn er sich sicher ist, nicht nachgegeben zu haben und mit seinem Tod über den Teufel triumphiert zu haben, wird Luzifer ihn mit einem simplen Fingerschnipsen wieder zurückholen und das Spielchen wird von vorne beginnen.

Vielleicht wird Luzifer Sams Körper beim nächsten Mal nicht vollständig wiederherstellen, wenn er ihn zurück ins Leben zwingt.

Vielleicht wird er ihn blutende Wunden und Schmerzen zurückbehalten lassen, die einerseits eine sanfte Mahnung darstellen, Sam andererseits aber auch daran erinnern sollen, wer wirklich die Kontrolle über seinen Körper und die gesamte Situation hat.

Vielleicht wird Luzifer sich dann auch etwas mehr Zeit nehmen, wird geduldig abwarten, bis die Vampire Sam attackiert haben, nur um sie dann wieder etwas zurückzuhalten, ehe er sie Sam doch ganz aussaugen lässt, damit Sam den Schmerz und die Ungewissheit auch richtig fühlen kann.

Vielleicht wird Luzifer auch selbst Hand anlegen, um dem Ganzen eine etwas persönlichere Note zu geben und um ihn die Wichtigkeit seines Anliegens spüren zu lassen.

Fest steht, dass er es so lange machen wird, bis Sam schließlich einknicken und Luzifer das geben wird, was er will. Er ist ihm wieder einmal auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

 

Schwarze Punkte beginnen vor Sams Augen zu tanzen, als er sich das Szenario ausmalt. Gott steh ihm bei, aber er wird es nicht dazu kommen lassen. Es gab eine Zeit, in der es getan hätte, einfach um zu sehen, wie sein Widerstand Luzifer bis aufs Blut reizt. Um das störende Staubkorn auf der Linse zu sein oder das Haar in der Suppe. Eine penetrante kleine Fliege, die keine Chance gegen ein so viel stärkeres Wesen hat, die es aber fertig bringt, eine lästige Ablenkung zu sein und die ihrem Verfolger so lange durch die Finger witscht, bis ein Schlag sie schließlich doch zu Boden streckt.

Diese Person ist er nicht mehr. Manche würden sagen, dass er nach all der Zeit im Käfig mit Luzifer tatsächlich gebrochen ist und vielleicht stimmt das auch. Teilweise zumindest. Vielleicht ist er zu oft in Stücke gerissen und nur notdürftig wieder zusammengesetzt worden, sodass essentielle Teile von ihm auf der Strecke geblieben sind. Gerade jetzt fühlt er sich zum Beispiel nicht besonders clever und vorausschauend, sondern verängstigt und resigniert, obwohl es eigentlich eine pragmatische Entscheidung ist, die er trifft. Sam hat gelernt, dass es keinen Sinn macht, sich in aussichtslose Kämpfe zu begeben, wenn es für einen mehr zu verlieren als zu gewinnen gibt. Und im Moment steht für ihn zu viel auf dem Spiel. Viel zu viel. Dean. Mom. Jack. Cas. Rowena. Gabriel. Der Riss. Michaels bevorstehende Invasion. Wenn es eins nicht gibt, was er hat, dann ist es Zeit. Aber das heißt nicht, dass er die Wahl gerne trifft. Nicht nach allem, was er schon mitgemacht hat. Nicht, wenn es um Luzifer geht.

Scham steigt in Sam auf. Obwohl er rational weiß, dass das die erfolgversprechendste Taktik ist, fühlt es sich trotzdem wie eine Niederlage an. Es fühlt sich wie aufgeben an. Es fühlt sich falsch an. Es fühlt sich wie ein Verrat an. Jede Faser seines Körpers sträubt sich dagegen. Dean würde nie-

Oh Gott, was wird Dean nur sagen? Er wird Luzifer direkt zu ihm führen. Zu ihnen allen. Zu Dean, zu Jack, zu Mom und zu Cas. Er wird sie alle in Gefahr bringen. Oh Gott, oh Gott!

Nur am Rande nimmt er wahr, dass er viel zu hektisch nach Luft ringt und sich sein Sichtfeld immer weiter verengt.

„Ach Sam“, seufzt Luzifer neben ihm glücklich auf. „Wenn ich nur gewusst hätte, dass ich dir nach all der Zeit immer noch den Atem rauben kann. Ich fühle mich so geschmeichelt. Wirklich.“

„Sei still!“, will er rufen. „Halt einfach die Klappe!“ Aber Sam hat nicht genügend Luft, um irgendetwas zu sagen. Keuchend krallt er seine kurz geschnittenen Fingernägel in seine Handinnenflächen und beugt sich gleichzeitig zitternd nach vorne. Ihm ist schwindlig. Und schlecht. Kontrolle. Er muss die Kontrolle über sich zurückgewinnnen.

Neues, heißes Blut fließt über seine Finger und tropft langsam zu Boden, während Sam sich bemüht, kontrollierter zu atmen und sich auf den scharfen Schmerz in seinen Händen konzentriert. Es funktioniert. Zwar langsam, aber es funktioniert. Sein Puls hämmert noch immer. Er ist schweißgebadet und nicht wirklich sicher, wie er es geschafft hat, sich auf seinen Beinen zu halten, aber das Heulen und Fauchen der Vampire außerhalb der Barriere, das er bisher nur am Rande wahrgenommen hat, weil sein dröhnender Herzschlag alles überlagert hat, wird abrupt lauter, so als hätte jemand urplötzlich den Lautstärkeregler am Radio nach oben geschoben. Gut, seine Sinne normalisieren sich langsam wieder. Luzifer schnalzt abschätzig mit der Zunge und Sams Körper spannt sich unweigerlich, einer Bogensehne gleich, an.

„Also das war jetzt aber wirklich keine besonders gute Idee, Sam“, sagt Luzifer mit einem tadelnden Unterton und deutet auf die frischen Blutspuren, die Sams Hände zieren. „Du reizt sie so doch bloß. Und wer weiß, ob ich sie dann noch zurückhalten kann.“ Wie aufs Stichwort macht der Vampir an der Spitze der Energiebarriere einen kleinen Schritt nach vorne und fletscht triumphierend seine Zähne, als er sich einige Zentimeter in Sams Richtung schieben kann.

„Nicht meine Schuld, wenn du unter Performaneceproblemen leidest“, quetscht Sam mühsam hervor und Luzifer zieht milde beeindruckt eine Augenbraue nach oben, ehe er Sam ein zutiefst unheilvolles Lächeln schenkt.

„Ich kann dir gerne eine kleine Kostprobe meiner Potenz geben“, meint er sanft und bei der implizierten Drohung rinnt Sam ein eisiger Schauer über den Rücken. Alles, nur das nicht!

„Ich verzichte“, würgt er heiser hervor und hofft, dass es nicht so schrecklich zittrig klingt, wie er sich gerade fühlt. Er hat noch immer das Gefühl, Luzifers eiskalte Gnade in seiner ausgedörrten Kehle schmecken zu können und Sam kann sich nur mühsam davon abhalten, angewidert auszuspucken. Nur nicht noch mehr Schwäche zeigen, sagt er sich. Bloß nicht noch mehr Angriffsfläche bieten. Um seine bebenden Hände zu verbergen, bückt Sam sich nach seinem Rucksack und der Taschenlampe, die er irgendwann zu Boden fallen gelassen haben muss. Seine dreckverkrusteten Haare fallen ihm dabei ins Gesicht und er weiß nicht, ob er froh sein soll, dass Luzifer dadurch kurz aus seinem Blickfeld verschwindet oder ob es ihn nicht vielmehr beunruhigen sollte, den Teufel nicht mehr sehen zu können. Fröstelnd - ob von Luzifers Anwesenheit herrührend, eine Folge seines generellen Blutverlustes oder doch der Umgebungstemperatur geschuldet, ist ihm dabei selbst nicht ganz klar - schultert Sam seine Tasche, umklammert schraubstockartig die Taschenlampe und dreht den geifernden Vampiren entschlossen den Rücken zu. Luzifer lächelt zufrieden.

„Gute Wahl, Sammy.“ Er deutet einladend nach vorne. „Ladies first.“

Wieder eines seiner Spielchen. Angespannt wendet Sam Luzifer den Rücken zu und spürt, wie sich beinahe sofort ein unangenehmes Prickeln in seiner Nackengegend einstellt. Stoisch versucht er das Gefühl der Verwundbarkeit auszublenden und sich stattdessen auf den Lichtstrahl seiner Taschenlampe zu konzentrieren und nicht darauf, dass ihm wider einmal der Teufel über die Schulter schaut.



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