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Es gibt kein Entkommen

Der Tod naht
von

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Teil 3

Der Fluchtweg glühte in einem warmen Orange, der Strafpakt hing daran fest wie immer – darauf aus dem Flüchtling seine Flucht so schwer wie möglich zu machen. Der Prinz hatte schon verschiedene Möglichkeiten ausgetestet, vieles kombiniert und bemerkt, wie schwer etwas war – oder wie einfach. Manche Pakte gestalteten kaum einen Unterschied zum normalen Vorgang.

Dem Strafpakt wurde jedoch etwas Neues hinzugefügt …

 

 

Gewaltsamer Tod – das war die neue Herausforderung, die Zagreus sich bereits vorgestellt hatte nach der Feierlichkeit. Nicht, dass der komplette Strafpakt auf irgendeine Weise zu einfach wäre. Die extremen Maßnahmen konnten schon eine wahnsinnig große Herausforderung sein, der Kampf mit seinem Vater, wenn dieser wirklich alles gab, machte ihn auf den gesamten Fluchtweg fertig. Immerhin musste er von Anfang an darüber nachdenken, wie er vorging, um einen Gewinn hervorzubringen – und eine erfolgreiche Flucht. Sein Vater hätte ihn einfach viel besser aufhalten können, er hatte ihm jedes Entkommen einfach gemacht, bevor er diesen Weg eingegangen war.

 

Nun würde er eine ganz andere Option in Angriff nehmen, dafür würde er alles andere beim Alten lassen. Mit einem Schmunzeln drehte er sich um, besah sich die aufgereihten Waffen darüber nachdenkend, welche davon er dieses Mal wählen würde. Die Wahl war schließlich einfach.

Die stygische Klinge lag leicht in seiner Hand, das Licht wurde im roten Metall gespiegelt. Er hatte über viele Jahrzehnte hinweg mit diesem Schwert trainiert, Achilles hatte ihm viele Tricks beigebracht und davon hatten ihm einige schon bei dem ein oder anderen Kampf geholfen. Sie war ihm so vertraut wie keine andere Waffe. Leichtfüßig ging er zu all seinen Andenken, der kleine Hein von Thanatos hing immer an seiner Kleidung, zwischendurch hatte er zwar auch durchaus andere Gefährten gewählt, aber am Ende war es doch immer Hein, der langfristig bei ihm verharrte.

Das kleine Plüschtier weckte Erinnerungen an ihre Kindheit, die Wärme hinterließen und dafür sorgten, dass er sich nicht schlecht fühlte, weil er den sanften Tod von der Arbeit ablenkte.

Seine Gedanken drehten sich zumindest für den Moment jedoch um seine Andenken. Mittlerweile war es gar nicht mehr so einfach, das perfekte Andenken zu finden.

 

Seine Blicke streiften über all die Andenken, bis er schließlich die Finger nach der funkelnden Feder ausstreckte. Die Geschwindigkeit, welche er durch diese erlangte, hatte ihm schon häufig geholfen. Zagreus war allgemein für seine zügigen Bewegungen bekannt, er war flink und agil, ein Vorteil, den er vor einigen Gegnern hatte.

Manchmal musste man solche Vorteile nutzen – er konnte gerade nur erahnen, wie wichtig jeder Vorteil war, Achilles hatte ihn vor der Gefahr gewappnet, dass Thanatos Schwestern eine Herausforderung sein könnten, die schmerzhaft enden konnte.

 

Normalerweise nutzte er gerne jede Chance, um an Skelly zu trainieren, aber er spürte bereits die Aufregung bis zu seinen Fingerkuppen kribbeln. Also ging er schnurstracks mit dem Schwert in der Hand zum Portal, das ihn rausbringen würde.

Zur Arbeit!

 

„Was soll schon Schlimmes passieren?“, sprach er zu sich selbst, bevor er durch das Leuchten des Tors ging.

 

Der Aufprall war eine Gewohnheitssache, er landete auf einem Knie, stützte sich mit einer Faust ab, hörte das Knallen um sich herum und das Ping, welches eine Mitteilung vom Olymp ankündigte. Mittlerweile kannte Zagreus jede austretende Energie, konnte an der Farbe allein oder dem Geruch schon fest machen, welcher Verwandte zu ihm sprach. Er kannte den süßlichen Geruch von Nektar, den Dionysos verströmte, genauso gut kannte er Ares, der einen Geruch hinterließ, als würde direkt neben ihm etwas brennen. Jeder Gott hatte etwas Einzigartiges an sich, Geruch, Farbe, emotionale Ströme – Zagreus hatte gelernt, aus ihnen zu lesen. Nicht, dass es wirklich von Nöten war, aber er fühlte sich besser damit, all solche Dinge zu wissen.

 

Er brauchte dieses Mal nicht die Augen zu öffnen, ein rosiger Duft lag leicht in der Luft, genauso wie das Gefühl eines Kribbelns in den Adern. Was er sah, war rosa – Aphrodite.

 

„In Hades' Namen – ich nehme die Gabe an!“

 

„Oh kleiner Gott, zu gern wüsste ich jedes noch so kleine Detail darüber, wie es bei der Inkarnation des Todes und dir aussieht, aber auch ohne deine liebliche Stimme zu hören – ich fühle, dass es bei euch großartig läuft!“

 

Seine Verwandten wussten immer ein wenig zu viel, doch Zagreus war daran gewöhnt und wenn es ihm möglich wäre, ein Gespräch zu führen, so würde er Aphrodite vielleicht auch darauf antworten. Doch für den Moment war er vielmehr an der Auswahl interessierte. Rosa Lichter umgaben ihn wie einen Strudel und er griff mit einer Hand gerade aus, packte hinein und bekam seine gewünschte Gabe zu greifen.

Es war immer ein kleiner Anfang, doch genau deshalb war es so wichtig, was er auswählte. Sein Spurt würde Gegner schwächen – Zagreus verwendete seinen Spurt so oft es nur ging.

Der Spurt, der ihn an zahlreichen elenden Strolchen und Flegel vorbeibrachte, die er mit seiner stygischen Klinge vernichtete und in Rauch aufsteigen ließ. Er verschwendete keinen Gedanken an die Toten, die zu ihren Zeiten als Menschen allerlei an Vergehen verrichtet hatten.

 

Der Kodex von Achilles verriet alles darüber.

 

Seine schnellen Bewegungen halfen ihm dabei, den Angriffen von Flegeln zu entgehen, er wich den Bomben von den elenden Plagen aus, die wie Vasen durch die Gegend hüpften und einfach nur nervig waren.

 

Zagreus rannte durch die zahlreichen Scharmützel, sammelte Münzen und Nektar ein, hier und da etwas Finsternis. Er war über jede Begegnung mit einem Verwandten froh, – manchmal konnte es schwierig werden, wenn er nur wenig Hilfe bekam, gerade wenn er bei Meg ankam oder später auch bei Lernie landete. Ganz zu schweigen von Theseus und Asterios.

Er war ein weiteres Mal bei Aphrodite vorbeigekommen und konnte seinen Angriff noch mal verstärken sowie ihm die Fähigkeit geben, seine Gegner zu schwächen. Ares hatte sich auch gezeigt und ihm ein paar Sachen angeboten, um vor allem durch Tartaros erst einmal leicht zu kommen, hat er sich für seinen Beistand entschieden, der auch im Kampf gegen seinen Vater immer eine große Hilfe war.

 

Er war vielleicht nicht großartig ausgerüstet, aber er hatte ein wenig Hilfe und im Notfall auch noch den kleinen Hein, durch den er Thanatos um Hilfe bitten konnte.

 

Ein Großteil seiner Aufmerksamkeit lag auf jede Art von Erneuerung. Er suchte nach Scharmützel, die anders aussahen, als ihm bisher bekannt waren, sah sich nach Gegnern um, die er nicht kannte. Doch nichts dergleichen – im Strafpakt hatte auch nichts darübergestanden, wann ihn der gewaltsame Tod einholen würde. Vielleicht in Tartaros, eventuell musste er auch ins Elysion kommen, immerhin fielen dort viele aufgrund von hoher Gewalt.

Er landete bei Charon, der ihm wie eh und je zu überteuerten Preisen ein paar Sachen anbot. Zagreus überdachte ein paar der Angebote, nahm sich etwas zu Essen und versuchte wie eh und je ein Gespräch mit dem Fährmann aufzubauen.

 

„Hey Charon, Kumpel, – hast du etwas über den gewaltsamen Tod gehört, mir wurde angekündigt, er würde irgendwo auf mich warten, aber bislang blieb es aus.“

 

„Nrrrrrnnnhhhh, hhheeeeehhhhh ...“

 

Zagreus nickte leicht, – auch wenn er keine Ahnung davon hatte, was ihm Charon erzählen wollte ... wenn er das überhaupt wollte. Der Fährmann war für Zagreus wie ein Buch mit sieben Siegeln, aber nicht nur für ihn. Achilles schien es ähnlich zu ergehen.

Aufgrund dessen, dass ihr Gespräch eher einseitig verlaufen würde, verabschiedete sich der Prinz recht schnell wieder, um den nächsten Raum zu betreten. Die Säulen und Alektos Gestalt verrieten recht schnell, worum es hier ging.

 

„Rotblut!“, die unangenehme Stimme von Megs Schwester dröhnte laut durch den ganzen Raum. „Da bist du ja endlich – ich habe angefangen mich zu langweilen!“ Sie trug das gleiche verrückte Grinsen wie eh und je, man erkannte deutlich die scharfen Zähne, genauso wie ihr direkter Blick aus rot-leuchtenden Augen, die glühten, wenn sie richtig in Rage verfiel.

 

„Alekto, ich komme doch immer wieder gerne zu dir“, seine Höflichkeit würde nichts bringen, ganz egal wie er sie anwandte.

 

„Dann friss jetzt das!“

 

Der Kampf mit Alekto wurde zwar von Mal zu Mal einfacher, aber es war stets eine Herausforderung. Zagreus musste sich schnell von A nach B bewegen, hatte damit zu tun den roten Federn auszuweichen, die wie Glassplitter auf ihn geworfen wurden. Er nutzte jede Chance, der Erinye nahezukommen, er schwang seine stygische Klinge und rammte sie in den Körper, traf Arme und Beine, den schmalen Körper. Er ließ den Boden in einer roten Flut beben, wenn er seine Klinge nach unten schlug. Das Gefühl von diesem Kampf war befriedigend, berauschend. Sein Blut kochte auch dann, wenn er von etwas getroffen wurde.

Seine Füße trugen ihn flink über den Boden, wenn rote Glut von oben herabstürzte oder riesige Sägeblätter auf ihn zugedreht kamen, um ihn in zwei Teile zu zerhäckseln.

 

Am Ende war es Ares' Beistand, der ihm dabei half, Alekto zu besiegen, ein spitzer Strahl, der Styx durchbohrte ihren Körper, bevor er sie flach zu Boden fallen und in sich versinken ließ.

 

„Sie wird es mir hoffentlich nicht übelnehmen“, ächzte er auf, er betrachtete die auftauchende Finsternis und die grünen Juwelen, die beide nützlich für ihn waren.

Er sammelte sie auf, fühlte die Kraft, die durch seinen Körper fuhr, weil die Finsternis seine Kräfte wieder anhob. Ein tiefes Durchatmen später war er in einem der Zwischenräume, wo er nochmal etwas von einem Brunnen trinken und seine Andenken auswechseln konnte. Nach einer Pause von wenigen Momenten zog er in den nächsten Ort.

 

Die Hitze war unerträglich und doch war sie überall, er erkannte die dampfende Lava und den fließenden Phlegethon, aus dem er so manche Lavaschnecke geangelt hatte. Asphodel war der größte Ort der Unterwelt, aber er war auch der, den Zagreus am meisten hasste. Zu warm, zu viele Bomben, – zu viele Köpfe einer Hydra.

Mit altbekannter Geschwindigkeit raste er durch die Scharmützel, vernichtete Knochenharker, Knalltänzer und Drachen auf seinem Weg, reiste auf dem Todeskahn mit Leersteinen, die alles um sich herum schützten, und Wellenmacher, die durch den Schutz viel länger durchhielten als erlaubt sein sollte. Flüche tanzten über die Lippen des Prinzen, genauso leicht wie er Witze riss, wenn er etwas in Sekundenschnelle erledigt hatte. Wenn er eine Gorgone sah, dachte er kurz an Dusa und seiner unhöflichen Frage, ob sie jemals einen Körper besessen hätte.

Schweiß rann an seinem Körper entlang, erinnerten ihn daran, vielleicht doch mal an andere Kleidung zu denken. Doch sein Gewand passte so perfekt zu ihm, wie es die stygische Klinge tat.

 

„Hast du mich vermisst Lernie?“, Zagreus schenkte der mehrköpfigen Knochen-Hydra ein Grinsen.

 

Das Wesen brüllte ihm entgegen, ihre Hörner ein leuchtendes Violett, bevor sie ihren Kopf mehrere Male zu Boden knallte, um Felsen von oben herunterfallen und den Boden erbeben lassen zu können.

Zagreus geriet nicht einmal mehr ins Schwanken, schnell bewegte er sich über die bebenden Steine, warf Blitzebälle seines Onkels Zeus auf das Wesen, bevor er mit dem Schwert zuschlug. Immer wieder musste er dem gefräßigen Maul ausweichen, das nach ihm schnappte, mühte sich damit ab, den Flammenpfeilen auszuweichen, die ihn anzielten und musste immer wieder das Flammenmeer um sich herum beobachten. Weitere Knochen-Köpfe stiegen empor und schrien ihn von allen Seiten an, begannen ebenfalls damit Pfeile auf ihn zu speien.

Umso mehr Köpfe es wurden, umso schwieriger wurde es auch, alles im Auge zu behalten. Ares' Beistand half ihm auch hierbei gut weiter, weil er mehrere Köpfe erledigen konnte, ohne allzu großen Schaden dafür ab zu bekommen.

Schließlich explodierte die Hydra ein weiteres Mal mit einem Zischen und ließ den Raum bis auf Zagreus leer zurück. Er hielt sich nicht lange auf, seine Beine trugen ihn zum nächsten Boot, das zum Zwischenraum der Etappen der Unterwelt führte.

 

Elysion stand noch an, dort wo die Wahrscheinlichkeit am höchsten schien, Thans Schwestern zu begegnen, von denen er bislang weder etwas gehört noch gesehen hatte. Das würde zumindest bedeuten, dass er diesmal nicht auf Theseus treffen würde. Der Typ und sein sinnloses, abgehobenes Geschwafel – der Prinz verstand nicht, wie Asterios sich das tagein, tagaus antun konnte. Ihm taten auch all die heldenhaften Seelen leid, die unter dem Recken litten.

Oder darunter, wie der König mit seinem goldenen mazedonischen Streitwagen durch die Gegend rollte und dabei lachte wie ein Irrer. Zagreus wusste manchmal nicht, ob er nicht doch eher stehen bleiben und lachen sollte, anstatt zu kämpfen. Theseus mit dieser lächerlichen, goldenen Maske von Daidalos geschaffen und Asterios in dieser goldenen Rüstung, die selbst den erhabenen Minotaurus absurd aussehen ließ. Asterios war sich zumindest dieser Absurdität bewusst, aber Theseus? Der trug das ganze Zeug voller Stolz und ließ sich von nichts verunsichern, was der Prinz darüber sagte.

 

Trotzdem war Zagreus der Meinung, dass Theseus nach all den Malen, die er gegen ihn verloren hatte, nicht mehr Elysions Recke sein sollte. Nicht das Zagreus es werden wollte, aber es ging ums Prinzip.

 

Auch dieses Mal verbrachte er nur einige Momente damit, sich zu erholen und seine Gaben anzupassen. Er machte nicht oft Pause, er brauchte diese auch so gut wie nie. Nur nach einem größeren Kampf nahm er sich gerne mal ein paar Minuten Zeit, bevor er sich ins nächste Getümmel stürzte.

Das jetzige Getümmel bestand aus blauen Wesen, die ihn mit Speeren angriffen oder Schildern abwehrte und schon oft seine Geduld überstrapaziert hatten, weil eine einmalige Vernichtung oft nicht genügte. Die Seelen der ehemaligen Helden wurden zu kleinen, fliegenden Wesen, die er dann erneut töten musste, – sonst fing es wieder von vorne an. Hinzukamen noch kleine Streitwägen, die bei der kleinsten Berührung explodierten und riesigen Schmetterlingsbällen, die kleine Schmetterlinge losschickten, um ihn anzugreifen.

 

Natürlich war Elysion großartig, es war angenehm kühl, die Farben verströmten etwas Edles ... Und es gab keine Bomben. Zagreus glaubte, wenn er ein Mensch und Held wäre, würde er gerne hier sein.

Auf seinem Weg weiter nach oben, traf er auf Achilles und Patroklos, ließ sich etwas über ihre Zeit als Menschen erzählen und verließ sie mit einem glücklichen Lächeln auf den Zügen. Er war froh darüber, dass er sich bei all seinen Freunden eingemischt hatte, dadurch waren sie so glücklich und er konnte sich für sie mitfreuen.

Doch sein Weg führte ihn weiter durch die Scharmützel, durch die freie Aussicht von waberndem Nebel im Freien und im Kampf durch all die heroischen Seelen und nervigen Streitwägen in Groß und Klein. Ihm wurde fast etwas zu kalt in der ganzen Zeit, die er oben war, der Schweiß kühlte ab und wäre er ein Mensch, würde er wohl krank werden können.

Und daran sterben. Wie so manch ein Schatten, dem er im Haus seines Vaters begegnet war.

 

Er konnte schon ein Scharmützel vorher deutlich das Jubeln der wartenden Zuschauer auf den Kampf hören. Seinem Kampf. Es war immer wie in einem Stadion, wenn er gegen Theseus und Asterios kämpfen musste, ob die Keres auch darauf standen? Vermutlich wollten sie ihren ersten Kampf gegeneinander ordentlich feiern.

Vorsorglich deckte sich Zagreus mit Waren von Charon ein, nahm eine Gabe mehr mit, als er vielleicht normal tun würde, bevor er sich mutig ins Stadion wagte und ... enttäuscht wurde.

 

„Unser größter Feind ist zurückgekehrt, Asterios, um uns erneut um den Titel des Recken herauszufordern!“

 

Er war wirklich sehr enttäuscht.

 

„Wie oft denn noch – dein dämlicher Titel interessiert mich überhaupt nicht!“, erwiderte Zagreus in einer wiederholenden Phrase, die es hier jedes Mal zu geben schien. Sein Blick fiel auf Asterios, fast ein wenig traurig darüber, dass die goldene Rüstung fehlte. Der Anblick war immer sehr amüsant.

 

„Ohhhh du dämonischer Lügner wirst niemanden von uns täuschen können, also berei-!“

 

„Jaja, Moment mal – ich dachte, ich treffe hier auf die Keres? Von ihnen gehört? Sind sie hier irgendwo? Asterios?“, der Prinz warf fragende Blicke in die Richtung des Minotaurus.

 

„Wir beide wissen nicht, wovon du da sprichst, Dämon! Jetzt hebe deine Waffe und kämpfe!“

 

Wo waren die Keres dann? Sie würden doch nicht mit seinem Vater zusammenarbeiten – also, ganz direkt. Hades würde niemals das Schlachtfeld gegen ihn teilen, oder?

Er würde seinen Gedanken nachhängen, doch der Ansturm des Minotaurus ließ ihn gegen eine der Säulen krachen, bis er auf den Knien zu Boden fiel und unter Ächzen nach Luft schnappte. Bevor er ein weiteres Mal getroffen werden konnte, spurtete er zur Seite!

Der Kampf gegen die beiden war immer einer der Schwierigsten, von allen Seiten konnte etwas passieren und meistens passierte auch wirklich was. Theseus quasselte gefühlt die ganze Zeit durch, Asterios raste mit großer Geschwindigkeit auf ihn zu oder sprang mit seiner riesigen, beidseitigen Axt direkt auf ihn zu.

 

„Warum können sie sich nicht einfach für eine Seite entscheiden!?“, fluchte Zagreus in den Kampf hinein, als Theseus die Götter um Hilfe bat – und eine Antwort seitens Zeus erhielt. Blitze schlugen von oben herab und Zagreus hatte noch mehr damit zu tun, auszuweichen und seine Angriffe besser zu zielen. Es war ein wildes Hin und Her, er sprang von Stelle zur Stelle, schwang sein Schwert in Asterios Richtung oder gegen Theseus Schild, er wurde abgewehrt und gegen Säulen und Wände gestoßen, musste häufig versuchen, hinterrücks anzugreifen, um Treffer zu erzielen. Pure Glücksgefühle durchströmten ihn, als Asterios in einem blau-weißen Licht erlag und seine große, mächtige Gestalt verblasste.

Zagreus konnte sich komplett auf Theseus konzentrieren und darauf die Nervensäge eines Königs endlich ein weiteres Mal loszuwerden.

 

Sein Name wurde von der Menge gebrüllt, als er den Recken von Elysium ein weiteres Mal besiegte. Vielleicht badete der Prinz für einen Moment in dem Jubeln der Schatten und Seelen, bevor er weiter ging, um sich eine erneute Pause zu gönnen. In seinen Gedanken drehte es sich nur um den Strafpakt und weitere Möglichkeiten für Kerasia und Kaleria aufzutauchen. Immerhin kam jetzt nicht mehr viel und Zagreus konnte sich nicht vorstellen, dass sie in einem der Räume zwischen dem Ungeziefer auftauchen würden. Vielleicht gab es auch ein Problem mit dem Strafpakt, vielleicht waren Thans Schwestern auch noch nicht vorbereitet genug – oder noch zu ausgelaugt von der Festlichkeit?

Zagreus schüttelte die Gedanken ab, um sich auf die nächsten Räume zu konzentrieren. Er musste den Satyr-Sacke für Kerberos besorgen.

Zumindest war dies sein Plan, bis er im altbekannten Gang auftauchte und jede Spur des großen, dreiköpfigen Hundes fehlte.

 

Na gut, es gab große, rote Haarbüschel.

 

„Kerberos? Wo bist du denn mein Junge?!“, rief Zagreus die Stirn gerunzelt.

 

Auch von Charon und dessen Laden fehlte jede Spur, er war alleine. Die kleinen Nebenräume, in denen normalerweise das Ungeziefer lauerte, waren abgetrennt von einer Wand, von der Zagreus sicher war, dass sie normalerweise nicht da war. Nun, eventuell hatte sein Vater auch mal Lust darauf gehabt umzuräumen und zu renovieren, nachdem er Zagreus dabei beobachtet hatte, wie er ... Na ja, alles in ihrem Haus renovieren ließ?

Doch sobald die große Tür nach draußen sich nicht öffnen ließ, hatte er wirklich eine Ahnung, was hier vor sich ging. Er brauchte sich nur umzudrehen, um diese bestätigt zu fühlen.

 

„Kerasia. Kaleria“, sprach er die beiden an. „Ihr habt mich ganz schön warten lassen.“

 

Zagreus hatte eine kleine Vorstellung ihrer Begegnung hier gehabt, ein paar Witze, etwas Lachen, verspieltes Kichern ... Doch er bekam nichts davon. Eine finstere Aura umgab die Zwillinge – wortwörtlich – und sie wirkten nicht halb so entspannt wie zum Fest. Der Prinz bekam eine Gänsehaut.

 

„Verstehe, eisernes Schweigen als Taktik? Nun, mir ist alles lieber als The-“

 

Er hatte noch nie so einen Schmerz empfunden wie in diesem Moment, als ein langer Speer seinen Oberkörper durchbohrte, bis er auf der anderen Seite wieder hervorsah. Zagreus wurde kurz schwarz vor Augen und er fiel nach hinten gegen die große Tür, als der Speer zurückgezogen wurde. Ächzend hielt er sich die durchstochene Stelle, er fühlte das Blut, der Schmerz ebbte ab.

Diesmal aufmerksamer, duckte sich der Prinz weg, als eine erneute Waffe auf ihn zukam, nur um direkt von Dolchen ebenfalls angegriffen zu werden. Es war ein Spurten und Ducken, um sich von der Tür und den Zwillingen lösen zu können. Viel Japsen und Ächzen später hatte Zagreus keinen lustigen Spruch mehr auf den Lippen und um Blut im Körper leichter, schaffte er es, wieder etwas Abstand aufzubringen.

Es könnte eine Zauberei sein, eine optische Täuschung oder sonst was, doch die Türen waren komplett verschwunden, es gab nur noch den langen Gang, den Zagreus schon tausende Male überquert hatte. Nun etwas kampfbereiter, zog er sein Schwert und hielt es fester in der Hand.

 

„Na schön, dann ohne ein Geplänkel“, murmelte er zu sich.

 

Es war Finsternis, die sich ihn holte, sie war um ihn herum und aus ihr heraus stachen Dolche und Speere, Zagreus wusste nie wo etwas herkommen und ihn treffen könnte. Er wusste nicht, wohin er zielen sollte, wie ein Kind schlug er erbärmlich um sich. Manchmal fühlte er Widerstand, hatte vermutlich etwas getroffen, doch genauso schnell war es verschwunden. Manchmal ertönte doch ein leises Kichern und Flüstern, während er mehrere Male versuchte zu blinzeln, um die Finsternis loszuwerden, doch nichts davon half auch nur kurzfristig. Die zischenden Schreie um ihn herum besagten zumindest das Ares' Beistand irgendwas traf – die Finsternis besagte einfach, dass sie nicht genug trafen.

Er fühlte eine Schwere in seinen Gliedern und einen Schmerz, der sich langsam ausbreitete, als würde Gift sich in ihm breitmachen, – doch welches Gift sollte so etwas bewirken können!?

Es war kein klarer Gedanke, sondern vielmehr ein Instinkt, der seine freie Hand zu etwas Weichem führte. Der kleine Hein passte perfekt in seine Hand.

 

„Than!?“, rief er ins Nichts der Finsternis.

 

„Ich bin da, Zag!“

 

Es fehlte das Antlitz des sanften Todes, das ihn jederzeit beruhigen würde. Er hörte das Schwingen der Sense, er hörte das Zischen und die warnenden Rufe, dass Thanatos sich nicht einmischen sollte, etwas das vermutlich jeder sagte. Doch dann löste sich die Finsternis um ihn herum auf.

Zagreus bemerkte erst, als sich Arme um ihn legten, dass Blut aus allen Poren floss und der Tod dabei war, ihn zu holen.

 

„Ich bringe dich nach Hause.“

 

„Than...?“

 

Zagreus brach zusammen, normalerweise empfand er an dieser Stelle, wie er durch den Styx trieb, doch zu diesem Zeitpunkt stellte er nichts außer einer Kühle fest und wie die Dunkelheit sich erneut um ihn breitmachte.

Ganz entfernt erinnerte all das, was er fühlte, an sein erstes Mal auf der Oberfläche. Der Schnee überall, die Kälte um sich herum – der Wind. Es war ein Gedanke am Rande, den er an Demeter und der Schneepracht verschwendete, gleichzeitig wie die Frage, ob dieser jemals schmelzen würde ...

 

 

Der Prinz verbrachte mit dem Älter werden immer weniger Zeit in seinem eigenen Gemach. Schlaf war nicht mehr in großen Mengen notwendig, alle um ihn herum wuchsen mit ihm und begannen früh ihrer vorgesehenen Arbeit nachzugehen.

Dennoch sah das Gemach so schön und bequem aus wie nie zuvor. Eine Tatsache, die gerade jetzt besonders hilfreich sein dürfte.

 

 

„Uuuuurgh“, Zagreus stöhnte schmerzerfüllt auf. Sein ganzer Körper fühlte sich an wie durchbohrt, als hätte er überall Löcher im Körper. Trotz der steifen Gefühle in seinen Knochen richtete er sich auf. Nur eine kühle Hand hielt ihn auf halben Weg auf. Gelb-leuchtende Augen trafen seine und Zagreus entspannte sich abrupt wieder. „Than...“

 

„Leg dich wieder hin, Zag. Du brauchst eine Pause.“

 

„Pause?“, grunzte der Prinz, unzufrieden und noch etwas verwirrt, dennoch ließ er sich zurück ins Bett drücken. In die weiche Matratze und den federnden Kissen.

 

„Ja eine Pause, Kerasia und Kaleria sind ... sehr hart an die Sache ran gegangen.“

 

Prompt kehrte die Erinnerung an den Kampf zurück. Zagreus begann zu lachen, trotz der Schmerzen in Lunge und Bauch. „Oh man – die haben mich echt drangekriegt, was? Deine Schwestern ... Oh wow!“, quasselte er drauf los, Schmerzen waren vergänglich und bekannt hinzukommend auch. „Die haben mich echt fertig gemacht. Ich fühle die Hälfte meines Körpers nicht mehr!“

 

„Darüber solltest du wirklich nicht lachen, Zag!“, Thanatos wirkte so eisern wie eh und je, aber vor allem auch etwas beruhigt.

 

„Du bist gekommen. Als ich dich gerufen habe.“

 

„Ich bin schon da gewesen, bevor du rufen konntest“, erwiderte der sanfte Tod. „Ich wollte deinen Kampf miterleben, ich hätte nur nicht erwartet, dass es so ... extrem enden würde.“

 

Zagreus hob die Achseln mit völlig unwissender Miene: „Ich weiß nicht einmal, was ... passiert ist. Mein ganzer Körper fühlt sich einfach durchbohrt an.“

 

„Er war es auch. Meine Schwestern haben ziemlich auf dich eingestochen. Du hast Glück, dass deine Verletzungen so schnell verheilen, aber du wirst dich noch ein paar Stunden oder vielleicht sogar einen Tag noch sehr schwach fühlen.“

 

„Gerade fühlt es sich so an, als würde ich mich das restliche Jahr so schwach fühlen“, gluckste Zagreus. „Ich hatte schon lange keinen Kampf mehr, bei dem ich so unterlegen war. Was haben deine Schwestern gemacht? Ich hatte einfach gar keine Orientierung mehr. Alles war wie im Reich von Chaos, nur noch extremer als dort!“

 

„Sie nutzen spezielle Nervengifte, die könnten dafür gesorgt haben“, verriet Thanatos. „Du wirktest wie damals als Kind, – als du mit deinem Holzschwert um dich geschwungen hast.“

 

„Ich wirkte also lächerlich – sehr gut, deine Schwestern haben sich sicherlich amüsiert.“

 

Der sanfte Tod bemühte sich um eine regungslose Maske, aber Zagreus konnte ganz genau sehen, dass er dem zustimmen würde, wenn er es tun würde.

 

„Wie auch immer ... Es wird ein nächstes Mal geben und dann mache ich sie fertig! Vielleicht hat Charon ja eine Gasmaske oder dergleichen“, meinte der Prinz frohen Mutes. „Aber heute mache ich lieber eine Pause. Ich lag schon lange nicht mehr in meinem Bett, um zu ruhen.“

 

„Vielleicht solltest du das häufiger machen.“

 

„Vielleicht solltest du häufiger vorbeikommen, dann würde ich sicherlich auch häufiger hier sein“, schlug Zag mit einem Grinsen vor. Thanatos stand mittlerweile neben seinem Bett und er hatte bereits im Kopf, dass der sanfte Tod wieder an die Arbeit gehen sollte. Doch er wäre ja nicht der Prinz, wenn er nicht seine derzeitige Situation ausnutzen würde. Die Finger seiner rechten Hand griffen nach dunkler Tracht, wissend, dass Thanatos so nicht einfach gehen würde. „Bleibst du bei mir, während ich mich erhole?“

 

„Wirklich Zagreus?“

 

„Ich bin sicher, ich würde mich schneller erholen, wenn du bei mir bleiben würdest“, Zagreus streckte das Kinn raus, er zupfte etwas fester an dem glatten Stoff. „Komm schon, die Menschen können mal etwas warten. Lass ihnen einen Tag mehr Zeit ... oder nur ein paar Stunden und lege dich zu mir.“

Ein schweres Seufzen, doch Thanatos stellte seine Sense vorsichtig ab – der Prinz zählte dies als einen persönlichen Sieg. Unter leisem Ächzen schob er sich etwas weg, machte Thanatos Platz und war schon ein wenig begeistert davon, dass der sanfte Tod nun bei ihm im Bett lag, für mehr als dem Austausch von Leidenschaft und Zärtlichkeiten. Ohne zu zögern schwang der Prinz einen Arm und ein Bein über den Körper seines Kindheitsfreundes, drückte sein Gesicht an Thans Wange und schloss die Augen.

„Ich fühle mich schon viel besser“, behauptete Zag, schmunzelte, als er das Schnauben hörte.

 

„Du bist schrecklich, mein Prinz.“ Trotzdem legte Thanatos einen Arm um den Körper von Zag, diese Pause alles andere als gewohnt aber... er würde sie vielleicht hinausziehen. „Ich denke die Menschen können ein paar Stunden oder einen Tag warten. Früher oder später hole ich sie alle.“

 

„Ja, denn ... Der Tod naht, sagst du doch immer?“

 

„Es gibt kein Entkommen.“



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