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Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht

von

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Vergangenheit – 31. Dezember – Unsere Eltern warnten uns als Kinder immer davor, mit Fremden mitzugehen und wieso glauben wir, es als Erwachsene besser zu wissen?

 

 

Sein Atem riecht nach Sake und er ist alles andere als nüchtern, als er aus der kleinen Bar stolpert. Aber sein Griff, mit dem er das junge Mädchen – wie heißt sie doch gleich? Ach ja, Nori - hinter sich herzerrt, ist fest und sicher. Es ist Silvesterabend und er hat vor, das gebührend zu feiern.

„Du bist eigentlich gar nicht mein Typ.“

Doch entgegen seiner Worte drückt er seine Begleitung an die Mauer und zwingt ihr einen Kuß auf. Den sie zuerst nur widerwillig entgegnet, doch dann taut sie auf und gewährt seiner forschenden Zunge Einlaß. Aus ihrer Kehle löst sich ein merkwürdiges Geräusch. Es klingt wie ein unterdrücktes Kichern.

Sie hat schönes kastanienrotes Haar und ist auch sonst ziemlich hübsch. Und scheu. Aber sie hat sich an ihn herangemacht, also hat er keine Gewissensbisse, mit ihr in dieser kleinen Hintergasse herum zu machen. Gierig fasst er ihr an die Brust, verflucht ihren dicken Kimono, unter dem er gar nichts spürt. Er schnauft einmal in ihren Kuß hinein und zwingt seine rechte Hand dann unter den weichen Stoff.

Plötzlich erstarrt er. Seine Augen weiten sich und er zieht ruckartig seinen Kopf zurück.

„Was...?“ ungläubig starrt er sie an, starrt in dieses Gesicht, das ihm plötzlich vage bekannt vorkommt und in diese dunklen Augen, deren Ausdruck sich jetzt verändert hat.

Alles Naive, Unschuldige ist aus ihnen verschwunden und hat einer berechnenden Kälte Platz gemacht, die ihn an die Augen eines Raubtiers erinnert.

Erst verspätet erreicht ihn der Schmerz.

Dumpf, aber dafür umso endgültiger.

Verdutzt senkt er den Blick, ohne wirklich zu begreifen, was er da sieht.

Sie kichert jetzt ganz offen und es ist ein Ton, bei dem alles in ihm erfriert.

Langsam, aber sehr nachdrücklich, stößt sie das Wakazashi tiefer, bis zum Heft in seinen Unterleib und zieht es dann mit einem kräftigen Ruck nach oben. Sie gibt ihm einen Stoß und zieht die Klinge aus ihm heraus, während er zurücktaumelt.

Einen Herzschlag lang steht er einfach nur da und sieht fassungslos zu, wie sein Blut seinen weißen Uniformmantel rot färbt und wie seine Gedärme aus ihm heraus und zu Boden fallen.

Und dann zieht sie sich die Perücke vom Kopf und er erinnert sich.

„Ich habe nichts Falsches getan.“

Es sind seine letzten Worte und selbst im Angesicht des Todes fühlt er sich absolut im Recht.

 

 

 

Er ist der erste in dieser Nacht, aber nicht der Letzte. Und schon gar nicht der Allererste, aber die beiden, die seit gestern Nacht tot in ihrem Bett liegen, zählen nicht. Die waren nur Aufwärmübungen.

Zwei Stunden später, in einem Love Hotel, liegt ein weiterer Mimawarigumi-Offizier auf einem Bett, nackt wie am Tage seiner Geburt und mehr als bereit, um das Jahr auf die – seiner Meinung nach – beste Art und Weise zu verabschieden, bevor er am frühen Morgen wieder zu seiner Frau und den Kindern zurückkehren muß.

Mit gierigen Augen beobachtet er die junge Frau vor sich, wie sie aufreizend langsam ihren goldbestickten Kimono ihre Schultern hinuntergleiten lässt.

Es sind perfekte, elegante Schultern, die in zwei perfekte Oberarme übergehen. Und unter dem immer tiefer rutschendem Soff sind die perfekten Ansätze von zwei perfekten Brüsten zu erkennen.

Im Hintergrund hört er die Toilettenspülung und er weiß, sein Kumpel wird gleich zu ihnen stoßen. Ungeduldig, denn er will sich das Vergnügen, der erste zu sein, nicht nehmen lassen, winkt er sie zu sich.

„Komm her, Nori-chan. Du musst dich nicht ausziehen. Ich komme auch so an das heran, was ich haben will.“

Sie lächelt, und es ist ein Lächeln zum Dahinschmelzen.

Graziös wie eine Katze klettert sie zu ihm aufs Bett, kniet sich über ihn und reckt sich dann, um die Haarnadeln aus ihrer Hochsteckfrisur zu lösen. Er leckt sich nur gierig über die Lippen, während sich sein Blick auf diesem Schwanenhals festsaugt. Seine Hände beginnen mit seiner Männlichkeit um die Wette zu zucken, begierig, sich um diese zerbrechliche Kehle zu legen und zuzudrücken.

Er steht auf Würgespiele.

Seine Frau hasst es, und daher macht es mit ihr einfach keinen Spaß.

Doch plötzlich verändert sich der Ausdruck in Nori-chans hellbraunen Augen. Ihr Lächeln verspricht immer noch den Himmel auf Erden, aber ihre Augen werden wie die eines Raubtieres. Aber bevor sein alkoholvernebeltes einen Verdacht schöpfen kann, zieht sie zwei Wakazashi aus ihrem Dutt und treibt sie ihm links und rechts in den Hals.

Dabei rutscht ihr die Perücke vom Kopf und als er in den letzten Augenblicken seines Lebens in dieses so vertraute Gesicht blickt, weiß er nicht, was schlimmer ist: diese Ungerechtigkeit oder das Wissen, ausgerechnet von diesem Weibsbild gemeuchelt zu werden.

 

 

 

„Habt ihr etwa schon angefangen?“ Grunzend taumelt der junge Offizier aus dem kleinen Waschraum. Er ist groß und hochgewachsen, der Stolz seiner Familie, aber im Moment ist er einfach nur betrunken und verdammt erregt.

Er sieht seinen Kumpel auf dem Bett liegen und runzelt unwillig die Stirn.

„Eh? Wo ist sie hin?“

Plötzlich spürt er einen Stich in der Nierengegend. Instinktiv fasst er nach hinten und starrt dann verdutzt auf das Blut an seinen Fingern.

„Ha?“ Irritiert dreht er sich um und blinzelt angestrengt.

Am Rande seines Blickfeldes wird es schwarz und er spürt, wie etwas warm seinen Rücken hinunterläuft, doch er bringt es nicht mit einer tödlichen Verletzung in Verbindung.

Lange, sehr, sehr lange, starrt er auf die Gestalt vor sich, sieht das blutige Kurzschwert und begreift es dennoch noch nicht.

„Du?“ meint er plötzlich. Und dann hellt sich seine Miene auf. „Du bist doch die vom Video. Sweetheart. Endlich habe ich dich gefunden. Komm in meine Arme.“

Auf unsicheren Beinen torkelt er auf sie zu. Zwei zartgliedrige, erstaunlich starke Hände zucken vor und stoßen ihm zwei schmale Klingen durch beide Augen ins Gehirn. Das Letzte, was er in diesem Leben sieht, ist ein silbernes Armkettchen mit einem Anhänger, auf dem das Zeichen des Wassermannes eingraviert ist.

„Shinjimae.“



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