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Search & Rescue

Halloween-Geschichte
von

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Der Plan

Endlich war Cyans Fuß verbunden, auch wenn der Schmerz noch immer gegen die Haut ihres Fußes pochte.

„Hier“, meinte Heath und gab ihr eine Schmerztablette. „Das ist nicht viel, aber …“ Er zuckte mit den Schultern. „Nun, ich nehme an besser als nichts.“ Damit stand er auf und ging zu der Spüle. Er stellte das Wasser an und wartete eine ganze Weile, ehe er ein Glas mit Wasser füllte und damit zu Cyan zurückkehrte.

„Danke“, murmelte sie. Damit nahm sie das Glas und spülte die Tablette herunter.

„Vielleicht solltest du ein wenig schlafen.“ Heath schenkte ihr einen mitleidigen Blick. „Du siehst sehr blass aus.“

„Ja.“ Sie glaubte nicht, dass sie schlafen konnte. Noch immer saß ihr der Schock in den Gliedern. Das Monster. Der tote Junge, der in Einzelteilen verstreut lag. Allein der Gedanke daran ließ die Übelkeit in ihr hochkommen. Dinge, die sie dort draußen nicht klar gesehen hatte, waren in ihren Erinnerungen auf einmal nur zu deutlich. Da hatten Knochen aus dem Arm des Jungen hervorgesehen. Knochen, weiß, wie gebleichte Koralle. Warum war das der erste Vergleich, der ihr in den Sinn kam?

Und dieses Monster. Es hatte Zähne gehabt, lang und spitz … Es machte keinen Sinn für ein reales Tier. Nein, viel eher hatte es ausgesehen, wie etwas, das einem Horrorfilm entstiegen war.

Wenn sie die Augen schloss, konnte sie es vor sich sehen.

Ob wohl auch andere Leute, die in den Parks verschwunden waren, von so einem Monster geschnappt worden waren? Sie kannte die Geschichten von den 411. Natürlich kannte sie sie. Jeder im Team hatte davon gehört. Bisher hatte sie diese Geschichten für albern gehalten. Klar verschwanden Leute in den Nationalparks, aber genau so verschwanden Leute auch in Städten und Dörfern und auf hoher See. Statistisch gesehen stachen die Parks nicht heraus auf die Menge von Leuten betrachtet, die sie besuchten.

Sie versuchte die Erinnerung an das Monster zu vertreiben. Ihr war tatsächlich schwummerig zu Mute. Schlag klang nach einer guten Idee, wenn sie es nur schaffte, die Angst zu vertreiben. Was, wenn das Monster ihnen hierher folgte? War es ein Jäger? Doch es war so riesig gewesen, dass es sie, hätte es sie jagen wollen, wohl problemlos geschnappt hätte.

Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Heath, der sich erneut in den Schränken umsah, und offenbar schließlich ein paar Vorräte fand. Vorrangig Dosenfutter und trockene Sachen, wie Instantnudeln. Für letztere entschied sich Heath und setzte Wasser im bei der Spüle stehenden Wasserkocher auf.

„Magst du vielleicht mein Koch sein?“, fragte Cyan und brachte damit Heath dazu, sich zu ihr umzudrehen.

„Schläfst du nicht?“

„Nicht, solange da draußen dieses Ding ist“, erwiderte sie, auch wenn sie sich nicht aufsetzte.

Für einen Moment sah es so aus, als wollte Heath etwas erwidern. Am Ende jedoch nickte er nur. „Ich kann dir eine Packung Ramen mitmachen.“

„Danke.“ Denn jetzt, wo sie darüber nachdachte, knurrte ihr Magen.

Während das Wasser zu brodeln begann, riss Heath die Packungen auf, fischte zwei Schüsseln aus dem Kabinett unter der Spüle und füllte die trockenen Nudeln hinein. Er war gerade dabei, Wasser über diese zu gießen, als draußen ein Laut erklang, der Cyan das Blut in den Adern gefrieren ließ: Dasselbe Kreischen wie zuvor im Nebel.

Ihr Magen zog sich zusammen. Beinahe hätte sie sich übergeben. Das musste dieses Monster sein. Ja, das war es. Es gab keine andere Möglichkeit.

Heath hielt in seiner Bewegung inne und sah sich zu ihr um. In seinem blassen Gesicht zeichnete sich ab, dass er dasselbe dachte, wie sie. Wortlos stellte er den Wasserkocher ab und ging zu einem der Schränke hinüber. Dort schaute er was nach, ehe er sich einem Regal an der Wand zuwandte und einen kleinen Schlüssel hinauszog.

Cyan verstand bereits, bevor er das Jagdgewehr hervorholte.

„Glaubst du, dieses Ding findet uns hier?“, fragte sie.

„Ich weiß es nicht“, erwiderte er. „Aber wenn …“ Er holte Munition aus dem Kabinett hervor.

Wenn das nur dieses Monster aufhalten würde …

Für einen Moment stand Heath einfach nur da, das Gewehr in der Hand. Dann ging er zur Tür und schaute in den Wald hinaus, offenbar darauf bedacht, das Monster zu sehen. Doch von dem seltsamen Kreischen her, war es noch ein ganzes Stück entfernt.

Er blieb für einige Sekunden an der Tür, ehe er es noch einmal mit dem Funkgerät versuchte: „Team 04 an Zentrale. Team 04 an Zentrale.“ Rauschen.

Cyan streckte ihren Arm nach ihrem Rucksack aus, an dem noch ihr einfaches Funkgerät befestigt war, doch als sie den Knopf drückte, war auch da nur Rauschen. „Team 04 an Zentrale“, sagte sie mit zittriger Stimme.

Nichts.

Langsam kam sie nicht umher: Irgendwas übernatürliches musste dafür verantwortlich sein, dass die Funkgeräte ausgefallen waren. Es war anders einfach nicht zu erklären. Was auch immer dieses Monster war: Es gehörte nicht in diese Welt und seine pure Anwesenheit sorgte dafür, dass die Regeln nicht mehr funktionierten, wie sie es sollten.

Sie saß auf dem Bett, während Heath es noch einmal probierte: „Team 04 an Zentrale.“

„Was machen wir jetzt?“, fragte sie kleinlaut. Denn eine Sache stand fest: Laufen konnte sie nicht. Sie saß hier in der Falle.

Heath drehte sich zu ihr um. Sein Gesicht war blass. Dann aber atmete er tief durch und ging zurück zu den Schüsseln. „Wir sollten erst einmal etwas essen. Dann … Dann schauen wir weiter.“

Dabei war der einzige Weg ziemlich klar.

Heath goss den Rest des Wassers über die Nudeln und bedeckte sie dann mit Tellern, ehe er wieder das Gewehr nahm und zur Tür ging.

Mittlerweile wurde es draußen dunkel, was alles noch schlimmer machte.

Cyan saß auf dem Bett. Dann fiel ihr etwas anderes ein. Etwas, das eigentlich hätte offensichtlich sein sollen, auch wenn sie gleichzeitig nicht daran glaubte, dass es funktionierte. Wieder zog sie den Rucksack zu sich hinüber und wühlte durch die Taschen, bis sie ihr Handy fand.

Sie holte es hervor und schaute mit angehaltenem Atem darauf. Doch es war, wie sie befürchtet hatte: Kein Empfang.

„Verdammt“, flüsterte sie.

Heath schaute sich zu ihr um. Dann ging er zur Spüle und brachte eine der Schüsseln zu ihr. „Hau erst einmal rein. Du kannst das gebrauchen.“

„Danke“, murmelte Cyan, auch wenn sie keinen Appetit verspürte.

Sie ließ sich auch Gabel und Löffel bringen, da es hier offenbar keine Stäbchen gab. Trotz der Appetitlosigkeit, begann sie zu Essen. Ihr Körper konnte die Energie wahrscheinlich wirklich gebrauchen.

„Was machen wir jetzt?“, fragte sie.

Heath schwieg. Er nahm nach einigem Zögern die andere Schüssel, um ebenfalls zu essen. „Was können wir tun?“

Cyan hasste, was ihr im Kopf herumschwirrte. Aus so vielen Gründen. Dennoch erschien es als einzige sinnvolle Lösung: „Du könntest Hilfe holen gehen.“

„Und dich allein lassen?“, erwiderte er.

„Ich weiß nicht, was schlimmer ist“, entgegnete sie, „hier allein sein oder allein da draußen.“

Heath schwieg, aß etwas und schluckte.

„Wir sind nicht mehr als drei Meilen von der Zentrale entfernt“, meinte sie. „Du könntest in zwei, drei Stunden da sein. Wenn wir gemeinsam hier ausharren … was bringt das?“

„Ich kann dich beschützen.“

„Wenn dieses Ding sich überhaupt verletzen lässt. Ich meine …“ Es war nun einmal kein reales Tier. Es war ein Monster.

Wieder verfiel Heath in Schweigen. Er wusste genau so gut, wie sie, dass es die schnellste und sicherste Möglichkeit war, Hilfe hierher zu bekommen. Dennoch gefiel es ihm eindeutig nicht. Dabei war das Buddy-System eigentlich genau für solche Fälle gedacht: Man ging zu zweit, damit, wenn einem etwas passierte, der andere Hilfe holen konnte.

Schließlich seufzte er. „Okay. Aber das Gewehr behältst du hier.“

„Bist du sicher?“

„Ich kann laufen und ein Messer benutzen, du …“ Er schaute zu ihrem Fuß.

Auch, wenn es Cyan nicht gefiel, ihn so gehen zu lassen, nickte sie. Zugegebenermaßen, fühlte sie sich im Gedanken an die Waffe etwas wohler.



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