Männerabend
Männerabend
Es sollte ein wundervoll gemütlicher Männerabend werden. Fern ab jedweder Sorgen, fern ab von Arbeit oder anderen Verpflichtungen, fern ab jeglicher Verantwortung. Nur Kid, Law, Killer und Penguin.
Nach all den Strapazen, die die vier die letzten Wochen so durchgestanden haben - durchgeknallte Patienten, Personalmangel, überdrehte Kunden, uneinsichtige Fahrzeugbesitzer und ähnliche Katastrophen - hatten sie sich diesen freien Abend doch mehr als verdient.
Killer und Penguin haben für reichlich Essen und spannende DVDs gesorgt, Kid und Law für die Getränke UND sie haben ihre Wohnung bereit gestellt - was auch bedeutete, dass die beiden hinterher sauber machen müssten. Somit waren Arbeitsaufwand und Kosten wieder ausgeglichen.
Kid begutachtete gerade noch einmal ihre Männerhöhle, ein zufriedenes Grinsen dabei auf seinen roten Lippen. Das 4m x 2m Sofa war zur Gänze ausgeklappt, die Schonbezüge über gespannt, das Wohnzimmer war penibel gereinigt worden - eigentlich die komplette Wohnung, Law hatte darauf bestanden - und die Getränke waren kühl gestellt.
Wie auf's Stichwort klingelte es nun auch schon an der Tür. Killer und Penguin waren absolut pünktlich. Kid war nichts anderes von seinem besten Freund gewohnt. Und auch Law schmunzelte wissend zur Tür.
Freudig und ganz nach Männermanier wurde sich begrüßt: Komplexe Abfolgen von Handschlägen, ein Boxen gegen die Schulter, Kid wuschelte Killer durch die Haare - weil er wusste, dass den Blonden nichts mehr störte und er ihn einfach zu gern ärgerte - und Law versuchte ein paar Male, Penguin seine Kappe zu klauen - mit minderem Erfolg.
Danach verteilte sich das Vierergespann flugs auf dem Sofa: Kid, der seinen Arm besitzergreifend um Law legte auf der linken Seite, Killer ganz am rechten Rand, Penguin halb auf ihm liegend. Zwischen den beiden Parteien ein Aufgebot an Leckereien, Knabberzeugs und Süßkram, an den Seiten die jeweils bevorzugten Getränke. Auf Gläser, Tassen oder Teller wurde verzichtet. Echte Männer trinken aus Flaschen und Dosenbier und essen mit den Fingern!
Kid startete den ersten Film - eine actionreiche Komödie, bei der jeder auf seine Kosten kam - und ihr gemütlicher Männerabend konnte beginnen.
Aber nach nur 20 Minuten klingelte überraschend Penguin sein Handy. Genervt fischte er es umständlich aus seiner Hosentasche, denn er wollte ungern die bequeme Position aufgeben. Ein Blick aufs Display ließ ihn frustriert aufstöhnen.
"Was willst du Shachi?" knurrte er ins Telefon.
Kid pausierte derweil den Film - ein Gespräch zwischen Penguin und Shachi hatte oft einen höheren Unterhaltungswert als jede Komödie - und verfolgte zusammen mit Law und Killer gebannt das Gespräch.
"Ja natürlich sind wir alle vier hier - wo sollten wir denn sonst sein? Dieser Abend war bereits seit Wochen geplant - SEIT WOCHEN!!!" unterstrich Penguin den letzten Teil des Satzes mit dem Anheben seiner Lautstärke.
Aus dem Hörer klangen unverständliche Sätze aber sie hörten sich sehr euphorisch an - Shachi eben.
"Was soll das heißen, wir sollen unseren Männerabend in deine Wohnung verlegen?" Penguin zog misstrauisch eine Augenbraue nach oben. "Schön für dich, wenn du eine Verabredung hast - was bringt uns das? Aha. Sturmfrei. Ja, ne, schon klar. Haben wir hier auch..."
Quängelnde Laute, Schluchzer und ein langgezogenes "Peeeeeeeeeeeng~" drangen aus dem Telefon. Shachis Schmollmund war geradezu sichtbar für alle Anwesenden.
Doch Penguins Geduld war heute rar gesät im Bezug auf seinen energiegeladenen Kumpel. "Ok, Shachi - ich frage dich nur ein Mal! - was willst du wirklich?"
Aufgeregtes Gebrabbel, freudiges Jauchzen und andere jubelnd-fröhliche Geräusche schmetterten den Jungs entgegen, während Penguin sein Handy bereits auf Sicherheitsabstand 20 Zentimeter vom Ohr entfernt hielt.
"Ist ja schon gut! Ja. Ja, ich frag mal, was die anderen davon halten..." der Kappenträger hielt den Hörer noch weiter von sich weg und guckte ernst in die Runde. "Shachi fragt, ob wir Babysitten könnten. Das Monster schläft wohl selig und wir könnten tun und lassen, was wir wollen, da es eh nicht vor 8 Uhr aufwachen wird. Aber es soll halt jemand da sein. Und er hat sich ja soooo auf seine Verabredung gefreut und... bitte erschießt mich einfach."
"Ich hasse Kinder!" kam es prompt von Kid, der direkt danach mehr oder weniger liebevoll von Law in die Wange gezwickt wurde.
"Ach komm schon, mein Großer - was soll schon passieren? Das Monsterchen schläft doch. Stell dich nicht so an."
"Ich hätte auch kein Problem damit. Ich fang schon mal an, alles einzupacken. Kid, hilf mir mal." meinte Killer nur und sprang bereits vom Sofa - sehr zu Penguins Leidwesen.
"Shachi? Ja, wir kommen. Gib uns eine Stunde, dann sind wir da..." Kid riss Penguin das Telefon aus der Hand.
"Quatsch nicht, Peng, wir brauchen keine 20 Minuten. Ich schwör dir, Brillenschlange, wenn die Rotznase auch nur einen Mucks macht, bring ich dich persönlich unter die Erde!" keifte er Shachi entgegen, der nur ein jauchzendes "Jippiiiiieeeeeh" von sich gab und dann auflegte.
Noch während der Autofahrt bekam Penguin ein Bild auf sein Handy geschickt mit der Überschrift: "Das ist Tony". Auf dem Bild war ein friedlich schlafendes Baby in grau-braunen Bärchen-Strampler, die winzigen Händchen locker neben dem Gesicht abgelegt, welches zum Großteil von dem weißen Schnuller bedeckt wurde.
"Ein süßes Monsterchen." kommentierte Killer, der mit dem Kopf an Penguins Schulter lehnte.
"Was ist das eigentlich für ein Baby?" fragte nun Law dezent interessiert.
"Shachis Geschwisterchen oder sowas in der Art. Keine Ahnung. Genau weiß ich das auch nicht, weil ich immer auf Durchzug stell, wenn er anfängt von der Stinkbombe zu erzählen." dann warf Penguin einen misstrauischen Blick zu seinem Freund. "Sagtest du gerade 'süß'?"
"Ja."
"Bist du wahnsinnig!? Das klingt fast so, als würdest du ein Eigenes wollen! Vergiss es! Kira, ich warne dich, das steht nicht zur Diskussion!"
"Ehekrieg? Jetzt schon?" witzelte Law und auch Kid grinste fies, behielt seinen Kommentar aber für sich, da er sich auf den Verkehr konzentrieren musste.
19 Minuten und 53 Sekunden brauchten die Vier bis zu Shachis Wohnung. Aber Kid ist auch gefahren, wie der letzte Henker.
"Hey, da seid ihr ja endlich. Das ist ja soooooooo lieb von euch, dass ihr freiwillig auf das kleine Monster aufpassen wollt." freute Shachi sich.
"Freiwillig..." knurrten Kid und Penguin, wurden aber im selben Moment mit überaus freundlichen Gesten ihres jeweiligen Partners sofort zum Schweigen gebracht.
"Also, erzähl doch mal, wessen Baby ist das nun genau? Deine Eltern leben doch gar nicht hier, das kann also unmöglich ein Geschwisterchen sein." versuchte Killer nun die Wogen zu glätten und schob allesamt in die kleine Wohnung.
"Nein, nein. Tony ist das Kind der Nichte von der Cousine dritten Grades des Schwagers meiner Stieftante. Ich habe nur angeboten, das Wochenende den Babysitter zu spielen."
"Also sind die beiden genau genommen nicht einmal blutsverwandt!" zischte Penguin empört, kassierte von Killer aber nur einen tadelnden Blick.
Dann klingelte es an der Tür und Shachi sprang wie ein Flummi völlig aufgedreht durch den Flur.
"Ich wünsch euch viel Spaß, bis dann. Weckt das Monster nicht. Tschüüüüüüüß" damit verschwand das Energiebündel und die Vier konnten nichts weiter tun, als durch das Küchenfenster dem ungleichen Paar hinterher zu sehen. Eine vollbusige Frau, mit schulterlangen schwarzen Haaren, gekleidet in einen engen kurzen Rock mit knappem Oberteil im Westernstyle und Cowboyhut hakte sich gerade bei dem kleineren Shachi ein, schenkte ihm ein charmantes Lächeln und zog ihn mit sich um die nächste Ecke.
"Das kann die doch nie und nimmer ernst meinen mit diesem abgedrehten Zwerg." empörte Kid sich.
"Warum nicht? Immerhin scheint er sie zum Lachen zu bringen. Das ist schon die halbe Miete, mein Lieber." Law bedachte seine zweite Hälfte mit einem gewissen Blick, bei dem es den Hünen eiskalt den Rücken herunter lief. Jetzt bloß nichts Falsches sagen - am besten gar nichts sagen!
"Lasst uns einfach da weiter machen, wo wir vorhin aufgehört haben. Kann uns doch egal sein, ob sie es ernst meint oder nicht, Hauptsache Shachi hat seinen Spaß." meint Penguin mit einem seichten Lächeln. Ja, er gönnte seinem besten Freund diese Verabredung. Ob und wie lange es hielt, spielte dabei keine Rolle, denn Shachi hielt sich nie lange mit so anstrengenden und unnützen Dingen wie Liebeskummer auf.
Kurze Zeit später hatten sie es sich auf der kleinen Couch im Wohnzimmer bequem gemacht und starteten den Film zum zweiten Mal an diesem Abend.
"Herrlich, diese Ruhe..." flötete Penguin, kuschelte sich noch etwas näher an Killer und wartete darauf, dass Kid den Film endlich zum Laufen bekam. Eigentlich waren Technik und Kid beste Freunde aber Shachis alter DVD-Player hielt anscheinend nicht sehr viel von Freundschaft.
"Lass dir ruhig Zeit, Kid. Ich ess derweil die Reisbällchen allein." Laws fieses Grinsen ließ auch Penguin und Killer lachen. Nur der Rotschopf fand das irgendwie so gar nicht lustig.
"Lass mir gefälligst was übrig!" brüllte er lautstark, was alle Anwesenden kurz zusammen fahren ließ.
Und dann...
"Scht, haltet mal eben die Klappe, Jungs - habt ihr das auch gehört?" Penguin war aufgeschreckt und lauschte angespannt.
Killer sah ihn nur fragend an. "Was gehört?"
In dem Moment erklang ein merkwürdiges Geräusch, dumpf, kaum hörbar, aber Penguin war sich ganz sicher.
"Sag mir bitte nicht..." begann Law zischend und warf einen anschuldigenden Blick zu Kid.
Dann ertönte das Geräusch ein weiteres Mal, dieses Mal lauter.
"Klingt, als würde ein Hund winseln oder so." meinte Killer gelassen.
"Kira, du Vollhorst, das ist kein Hund, sondern das Baby! Kid hat mit seinem Gemotze das Monster geweckt!" blaffte Penguin nun. Jetzt war es ohnehin zu spät.
"Na und? Warten wir einfach, bis es wieder eingeschlafen ist." schulterzuckend lehnte Killer sich zurück und angelte nach seiner Cola, während er gleichzeitig Penguin wieder zu sich heran zog.
Eine Weile verhielten die Vier sich ganz ruhig aber das wehklagende Geräusch eines sterbenden Zwergpinschers wollte patu nicht leiser werden. Im Gegenteil. Die Sirene drehte weiter auf!
"Ich halt's nicht mehr aus!" genervt sprang Kid vom Sofa und verpasste Law damit einen Freiflug Richtung Teppichkante, der beinahe an Kids Schulter eingeschlafen wäre. "Ich geh dem Satansbraten jetzt das Maul stopfen! Und wenn es mit seiner eigenen Windel ist!" damit verschwand der Hüne in dem Zimmer mit dem Bärchen an der Tür.
Kurz darauf wurde es still. Verdächtig still.
Nur damit der Quälgeist einen Augenblick später mit seinem ohrenbetäubendem Geschrei weiter machen konnte.
Penguin hielt sich die Ohren zu. "KIIIIID! Was zum Geier hast du angerichtet?!?" fluchte er lautstark.
"Gar nichts! Das Monster hat erst aufgehört, als ich ins Zimmer bin und fing dann urplötzlich wieder an - das ist doch nicht meine Schuld!" keifte Angesprochener aus dem Kinderzimmer heraus.
Killer stand unterdessen seelenruhig auf und spazierte zu den beiden schreienden Monstern ins Zimmer. "Vielleicht gefällt ihm deine Visage nicht." meinte er dann trocken, was seinen besten Kumpel nur noch mehr in Rage versetzte.
"Dann mach's besser!" damit drückte er dem Blonden das weinende Bündel in die Arme, dass seinen neuen Spielgefährten einen Augenblick lang musterte.
"Ich weiß gar nicht, was du hast, ist doch ganz süß -..."
"Buwääääääääääääähääähähhhäää!" unterbrach das kleine Bündel den Blonden, der es vor Schreck beinahe fallen gelassen hätte.
Killer rannte mit dem Schreihals ins Wohnzimmer und reichte es eilig an Penguin weiter.
"Und was soll ICH jetzt damit?" protestierte der Kappenträger sofort.
"Beruhige es! Irgendwie!" kam die Anweisung synchron von Kid und Killer.
Genervt verdrehte Penguin die Augen. Dann nahm er seine Kappe ab und stülpte sie dem Baby über. Sofort wurde es still.
"Hat es... geklappt?" vorsichtig lugte Kid über Penguins Schulter.
Unter der Kappe erklang ein glucksendes Geräusch und als diese gelüftet wurde, kam ein lachender Sonnenschein zum Vorschein.
"Süß der kleine Fratz." kam Killer sofort wieder ins Schwärmen.
"Kannst ihn ja mit nach hause nehmen - aber ich zieh dann aus!" Penguin zog eine beleidigte Schnute, woraufhin er von dem Blonden einen Kuss aufgedrückt bekam.
Das Spiel mit der Kappe funktionierte aber lediglich fünf Minuten, dann meckerte der kleine Schreihals direkt wieder los in voller Lautstärke.
Penguin warf seinem Freund einen vernichtenden Blick zu, der sich gerade wieder ein ganzes Stück zurück zog. "Findest du den Nervzwerg immer noch süß?"
"Mach was!" kam es wieder aus der Ecke, in die Kid und der Blonde sich verzogen hatten.
"Woher soll ich denn wissen, was ich machen muss?" rief der Kappenträger leicht verzweifelt, während er sich seine Kopfbedeckung wieder aufsetzte.
Es war schließlich Law, der sich den Schreihals schnappte und mit ins Kinderzimmer schleppte. Wortlos.
Fragend sahen die anderen Drei sich an und folgten ihm dann mit einem gewissen Sicherheitsabstand.
Der Chirurg hatte das Monsterchen auf der Wickelkommode geparkt, Puder, Feuchttücher und eine frische Windel bereit gelegt und befreite es nun aus seinem Strampler, um ihm die Windel zu wechseln.
"Euer Spielgefährte hat einfach nur die Hosen voll. Das riecht man doch drei Meilen gegen den Wind. Amateure..." doch als Law schließlich die volle Windel öffnete, wurde er kreidebleich und schreckte einen halben Meter zurück. "Das... das... Wie sagtest du noch mal, hieß das Baby?" kam es voller Entsetzen von dem sonst so gefassten Arzt.
"Tony. Wieso?" antwortete Penguin und kam nun einen Schritt näher, neugierig, was seinen alten Freund so in Panik versetzte. Und dann erstarrte auch er. "Aber das... das..." aber mehr brachte auch er nicht zustande.
Völlig entnervt trat nun Kid zwischen die beiden zur Salzsäule erstarrten Freunde. Ungläubig musterte er das Monsterchen, nur um dann breit zu grinsen. Er hob es hoch, lachte dabei so dreckig, wie selten und präsentierte nun auch Killer, was die anderen beiden so aus der Fassung gebracht hatte. "Guck mal, unser Monsterchen ist ein MÄDCHEN!"
Stolz wie Oskar wirbelte Kid mit dem kleinen Wesen durch's Zimmer, ließ sich im Anschluss von Law sogar erklären, wie man das Baby richtig wickelte und wieder anzog. Sein Grinsen blieb dabei wie festgetackert auf seinem Gesicht.
"Sagte er nicht, er hasst Kinder?" flüsterte Penguin zu Killer und Law.
"Das stimmt ja auch. Aber er hat sich schon immer eine kleine Schwester gewünscht." erwiderte der Blonde. Die anderen Beiden sahen ihn mit stummer Faszination an. Dann Kid, der gerade allen Ernstes mit der Kleinen spielte und sie betuddelte.
"Ich dachte immer, Tony wäre ein Jungenname." kam es nun ungläubig von Law, der seinen Augen anscheinend immer noch nicht trauen wollte.
"Nein, nicht nur. Es ist ungewöhnlich, aber Tony ist ebenso ein Mädchenname." erklärte der Kappenträger.
"Ist sie nicht toll? Ich find sie toll! Und wie herzlich sie lachen kann - guckt doch mal!" freute Kid sich. Man könnte meinen, er mutierte gerade selbst zu einem kleinen Kind.
"Ja. Ganz toll. Und jetzt pack sie wieder in ihr Bett. Wir wollten doch noch den Film weiter gucken." murrte Penguin.
Als wolle man ihn seines kostbarsten Besitzes berauben, drückte der Hüne das kleine, vor Freude quietschende Wesen an sich, knurrte besitzergreifend in die Runde und setzte einen bitterbösen Blick auf. "Shachis Player funktioniert doch ohnehin nicht. Was ist schon dabei, wenn wir uns kurz mit ihr beschäftigen?"
"Eustass-ya - Leg. Das. Baby. Weg. Sofort!" Der dominante Ton in Laws Stimme duldete keine Wiederworte, doch Kid zog nur einen Schmollmund.
"Nein!" Dabei regte er sich sonst immer so künstlich auf, wenn Law ihn so nannte.
"Kid, das ist ein lebendiges Geschöpf und kein Spielzeug - du machst es noch kaputt." versuchte es nun Killer, doch der Schwarzhaarige bedachte ihn sofort mit einem irritierten Blick.
"Da kann man nix kaputt machen, hast du eine Ahnung, wie robust diese kleinen Körper sind?"
"Danke, Trafalgar! Jetzt gibt er den Quälgeist nie wieder her!" schimpfte Killer auf den Arzt, während er wild gestikulierend seine Hände zu seinem besten Freund ausstreckte.
Diese Runde ging dann wohl eindeutig an den Teufel mit seinem neuen Spielzeug.
Doch etwa eine Stunde später, in der Law, Penguin und Killer Skat spielten, während Kid anscheinend dabei war, sich Hals über Kopf in das Baby zu verlieben, wurde die Idylle durch ein unerträgliches Wimmern zerstört. Panisch rannte der Rotschopf mit Tony zu den anderen. "Sie weint, aber die Windel ist trocken - was mach ich denn jetzt?"
"Sie ins Bett legen." kam es nüchtern von Killer, der seinen Blick nicht von seinem Blatt nahm.
"Dich aus dem Fenster stürzen..." war Penguins zynischer Kommentar.
"Ihr ein Fläschchen fertig machen." kam die einzig konstruktive Antwort von Law.
Sofort war Kid Feuer und Flamme. Er rannte in das Zimmer, wühlte durch alle Schränke und kam dann knurrend wieder heraus. "Da ist nichts."
"Hast du auch richtig geguckt?" Der Blonde analysierte noch immer sein Blatt.
"Klar! Ach egal, ich geb ihr einfach was hier von..." Der Rotschopf griff nach Penguins Flasche mit Limonade.
"BIST DU VON ALLEN GUTEN GEISTERN VERLASSEN?!" blaffte seine bessere Hälfte, entriss ihm Flasche und Kind und ging in die Küche.
"Ach, aber du weißt, was sie braucht, ja?" Beleidigt stapfte er dem Schwarzhaarigen hinterher, der in der Küche bereits ein Fläschchen und Milchpulver gefunden hatte.
"Ja, ich weiß es ganz genau." Er träufelte einen Tropfen der Milch auf sein Handgelenk und nickte kurz - die Temperatur stimmte - , dann hielt er das Fläschchen der immer noch bitterlich weinenden Tony hin und sofort wurde das grässliche Geräusch durch eiliges Saugen ersetzt.
"Steht dir. Kannst du so tragen." schmunzelte Killer, als Law mit der Kleinen und dem Fläschchen auf dem Arm zurück ins Wohnzimmer kam.
"Halt die Klappe!"
"Meinst du, sie wird dann endlich wieder schlafen?" fragte Penguin hoffnungsvoll.
Law zuckte nur mit den Schultern. "Für gewöhnlich schlafen die kleinen Nervensägen nach ihrer Mahlzeit wieder ein."
"Sag mal, Law, warum weißt du so viel über Babys?" wandte Kid sich nun ehrlich interessiert an seinen Freund.
"Wenn man ein halbes Jahr während der Ausbildungszeit auf der Gynäkologie verbringt, lernt man so Einiges..." brummte Angesprochener unzufrieden, ungern an jene Zeit zurück denkend.
Nach der Mahlzeit und einem ordentlichen Bäuerchen schien es wirklich so, dass Tony wieder die Augen zu fielen. Also brachten Kid und Law das kleine Monster ins Bett. Penguin und Killer grinsten sich nur amüsiert an, als das Dreiergespann im Kinderzimmer verschwand.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, da schlichen sie auch schon wieder hinaus, allerdings trat der Rotschopf auf einen laut quietschendes Spielzeug... und weckte damit den Schreihals wieder auf.
"Na großartig! Was hast du jetzt wieder angestellt?" schimpfte der junge Arzt auf seinen Freund, der sich sofort zu seiner vollen Größe aufbaute.
"Ich hab überhaupt nichts gemacht! Was kann ich denn bitte dafür, wenn hier so ein Müll herum liegt?"
"Dann hättest du den 'Müll' vielleicht besser wieder wegräumen sollen, nachdem du mit ihr gespielt hattest! Das macht man nämlich so - man räumt hinterher auf!"
Killer und Penguin sahen sich kurz an.
"Das scheint ein tiefgründigeres Gespräch zu werden..." mutmaßte der Blonde und sein Freund nickte nur bestätigend.
Allerdings schrie Tony mittlerweile so laut, dass sie selbst die beiden Streithähne übertönte. Und so raffte Penguin sich auf, quetschte sich an Kid und Law vorbei ins Kinderzimmer und nahm das Monsterchen auf den Arm.
"Sch, ist ja gut. Weißt du, die beiden Idioten können gar nichts dafür. So sind sie nun einmal. Wenn sie sich nicht anschreien können, wissen sie einfach nicht, wie sie sonst ihre Liebe zueinander zeigen sollen. Das machen einige Erwachsene so."
Natürlich hatten die zwei ihn genau gehört und fuhren zu ihm herum. Jedoch stellte sich ihnen Killer in den Weg.
"Wenn ihr euch jetzt nicht beherrscht, wird das Monster nie Ruhe geben!" mahnte er die Beiden.
Nur widerwillig setzten sie sich zurück auf die Couch - einige Zentimeter Abstand zueinander.
Nachdem der Kappenträger eine gute halbe Stunde mit Tony auf dem Arm wippend durch die Wohnung gelaufen war, aber sie noch immer keinerlei Anstalten machte, ihre Augen wieder zu schließen, ließ er sich völlig erschöpft zwischen den anderen auf das Sofa fallen. "Ich kann nicht mehr! Warum will sie nicht schlafen?"
"Vielleicht bist du zu energisch?" mutmaßte Killer, der daraufhin sofort das kleine Bündel aufgedrückt bekam.
"Dann mach's besser!" schnauzte ihn sein Freund an und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. "Es hätte ein so toller Abend werden können..."
Kid werkelte an dem DVD-Player umher. "Vielleicht schläft sie ja bei einem schlechten Film wieder ein?" und bekam das Teil tatsächlich endlich zum Laufen. "Hah! Na bitte. Bin ich genial oder bin ich genial?" Anschließend durchstöberte er die Auswahl an Filmen. "Hey, wie wäre es mit 'Sleepy Hollow'? Schlafende Schlucht - klingt doch gut oder?" Sofort flog ihm eine Chipstüte an den Kopf.
"Spinnst du, Kid! Das ist ein Horrorfilm!" klärte Penguin ihn auf, doch bei dem Hünen führte es lediglich dazu, dass seine Mundwinkel nach oben schnellten.
"Also der perfekte Film." und schwupp schluckte der Player die DVD und Kid warf sich mit der Fernbedienung zurück auf's Sofa, zog Law besitzergreifend an sich, als wäre zuvor nie etwas gewesen und startete den Film.
Tony juchzte und streckte ihre kleinen Ärmchen in Richtung des Rotschopfes aus.
"Hier, ich glaub, sie will zu dir." überreichte Killer seinem besten Kumpel nun das Baby.
Penguin grinste fies, verkniff sich aber seinen Kommentar, zog den Schirm seiner Kappe nur etwas tiefer und döste vor sich hin. Der Film interessierte ihn nicht sonderlich und ihr Männerabend war ohnehin gelaufen, da konnte er genau so gut die Augen zu machen. Auch Killer streckte sich ausgiebig und machte es sich auf dem alten Sofa so bequem wie möglich - eine Hand hinter seinem Kopf verschränkt, die andere über Penguin liegend. Immerhin war es mittlerweile fast 2 Uhr in der Früh. Da durfte man sich etwas Ruhe gönnen.
Kid und Law bespaßten derweil das aufgeweckte, fröhlich quietschende Mädchen, welches nicht die leisesten Anzeichen von Müdigkeit aufzeigte. Dass sie eigentlich einen Film nebenbei zu laufen hatten, blendeten sie dabei geschickt aus.
Es war kurz nach fünf, als Shachi leise die Wohnungstür aufschloss und in den Flur spähte. Alles war ruhig. Nur ein leises Dudeln des Fernsehers war zu vernehmen. Geschwind huschte er in die Küche und hielt kurz inne. Neben den zwei leeren, benutzten Fläschchen, war die Packung mit dem Milchpulver offen und umgekippt. Das feine, hellgelbe Pulver war in der kompletten Küche verteilt und überall konnte man große Fußabdrücke und winzige Händchen sehen. Anscheinend hatte Tony ganze Arbeit geleistet. Shachi grinste bis über beide Ohren - das sah seinem 'Schwesterchen' ähnlich. Anscheinend hatte sie die Jungs ziemlich auf Trab gehalten.
So geräuschlos wie das eben ging durch einen Flur voller Kinderspielzeug, steuerte er das Kinderzimmer an - und fuhr auch hier kurz zusammen. Die kreuz und quer liegenden Spielsachen wären ja halb so schlimm, würden sich nicht auch randvolle Windeln und eine leere Feuchttücherbox befinden, deren Inhalt akribisch genau über das gesamte Zimmer verteilt wurde. Der junge Mann lehnte sich kurz gegen den Türrahmen und massierte sich den Nasenrücken. Wie sollte er nur dieses Chaos wieder beseitigen, bevor seine Stieftante in zwei Stunden hier aufschlagen würde? Er konnte ja schlecht alles unter den Teppich kehren - oder? Kurz versuchte er eben diesen anzuheben, bemerkte allerdings, dass man den Teppich allem Anschein nach irgendwie an den Boden getackert hatte. Na ja gut, wenn nicht unter den Teppich kehren, dann vielleicht einfach alles in einen Schrank stopfen. Das machte er andauernd so, wenn er keine Lust hatte zum Aufräumen.
Aber vorher einen schnellen Blick auf das Monsterchen in seinem Bettchen wer-... Shachi sprang fast an die Decke. WO WAR TONY?!?
Er krabbelte unter das Bettchen, er suchte in den Schränken und in der Wickelkommode - aber nirgends war das Scheißerchen zu finden. Sie wird doch nicht aus der Wohnung gekrabbelt sein? Oder schlimmer noch: In SEIN Zimmer!?
Panisch rannte er aus dem Kinderzimmer, stolperte über eines der Spielsachen und flog über die Sofalehne. Wie ein nasser Sack blieb er hängen und stieß scharf die Luft aus - der Flug war nicht von schlechten Eltern.
Als sein Blickfeld sich langsam wieder schärfte, musste er dann breit schmunzeln. Auf dem viel zu kleinen Sofa lagen vier erwachsene Männer, eingerollt und übereinander gestapelt, wie Plüschdecken und in der Mitte des Haufens lag Tony - friedlich schlafend an Kids Daumen nuckelnd, während sie mit einer Hand Laws kleinen Finger hielt und mit der anderen Penguins Kappe und eine von Killers Haarsträhnen.
"Das nenn ich 'Die Jungs im Griff haben!' hehe." kicherte er belustigt.
Auch wenn sie später alle mächtige Rückenschmerzen haben würden. Kid lag mit dem Rücken zur Wand ans äußerste Ende des Sofas gequetscht, seinen Arm besitzergreifend um Law gelegt, der in Löffelchenstellung vor ihm lag. Beide hatten je eine Hand in Tonys Richtung ausgestreckt. Killer und Penguin lagen im rechten Winkel zu den anderen beiden an die Sofalehne gelehnt, die Köpfe zu dem Monsterchen geneigt. Penguins einer Arm lag unter dem kleinen Köpfchen, der andere um seinen Partner geschlungen, während dieser es ihm fast gleich tat - nur das seine eine Hand auf dem Bauch des friedlich schlafenden Quälgeistes ruhte.
Shachi zückte sein Handy, um diesen Moment für die Ewigkeit festzuhalten. Wenn er gewusst hätte, wie gut die Fünf miteinander auskommen, er hätte sie schon früher überredet, auf Tony aufzupassen.
Natürlich musste er das Foto auch an seine neue Freundin schicken. Keine Minute später bekam er auch schon eine Antwort, die nur unterstrich, was er bereits felsenfest zu wissen glaubte: "Sieht nach einem gelungenen Männerabend mit viel Spaß aus."
