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Liebe ist nur der Anfang vom Chaos

von

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Repressed Love

Ihr Weg führte sie zurück in die Zivilisation. Auf dem Weg herunter vom Berg waren sie an noch weiteren, zerstörten Gebäuden vorbeigekommen, sogar an einem winzigen See, aus dem Masten herausragten und in dem noch heute ein Auto versunken sein sollte. Der Berg war zu dem Zeitpunkt des Ausbruchs deutlich mehr bewohnt gewesen als man heute noch davon sah. Doch für Sakuma war das, was noch als stille Zeugen dort lag – zerstört, verwahrlost und einsam – genug. Es hatte ihm längst gehörig auf die Stimmung gedrückt und so war er dankbar über den Anblick von intakten, bewohnten Gebäuden, funktionstüchtigen Autos und heilen Straßen.

Bei ihrer zwanghaften Pause auf der Wiese neben dem Kiosk – sie mussten warten, bis der Bus kam, der sie zurück nach Toyako Onsen brachte – planten sie den Rest des Tages. Zumindest einen großen Teil davon. Wo sie sich am Ende das Feuerwerk anschauen würden, ließen sie erst einmal offen, doch für den Moment würden sie noch ein wenig Zeit im Ort verbringen, durch die wenigen Geschäfte bummeln oder einfach die Umgebung erkunden. Sakuma kam das sehr gelegen, wollte er sowieso noch ein paar Mitbringsel besorgen. Sein Handy verriet ihm auch schnell, wo er als erstes einen Stopp machen würde.

 

Gemeinsam fuhren sie zurück nach Toyako Onsen, doch dort angekommen trennten sich ihre Wege vorerst. Sie hatten einfach unterschiedliche Interessen und als Kidou sah, dass man in dem Süßwarengeschäft, das Sakuma dringend besuchen wollte, keinen anständigen Kaffee ausschenkte, zog es ihn ebenso weiter wie Fudou, der nicht einmal sagte, was er in dem Ort unternehmen würde. Endou und Gouenji hatten sich längst verabschiedet, weil sie an den See wollten und so blieben Genda und er zurück.

Nichts würde ihn so schnell von der Vitrine mit den ganzen Törtchen und Kuchen wegkriegen.

 

„Willst du erst nach ein paar Mitbringseln gucken oder Kuchen essen?“, fragte Genda ihn und lächelte sanft, so als hätte er ihm seine Kuchengier angesehen. Sabberte er? Nein, zum Glück nicht – das verriet ihm ein hektischer Griff an den Mund. Auch Genda schien die Geste nicht zu entgehen und für den Moment herrschte peinliches Schweigen zwischen ihnen.

„Starr nicht...!“, nörgelte Sakuma beschämt, immer noch die Finger vor den Mund haltend. Dann ging er an dem Torwart vorbei und sah sich erst einmal die verschiedenen Verpackungen an. Für seine Eltern würde er auf jeden Fall etwas mitbringen und wenn es sein Geldbeutel zuließ auch für seine ehemaligen Teikoku-Freunde. Seit ihrer Trennung durch den Schulwechsel hatte es Sakuma immerhin geschafft, wieder mehr Kontakt zu ihnen aufzubauen. Auch wenn es schwierig war, sich häufig genug zu sehen. Es hatte sich einfach viel verändert und nun hatten sie alle unterschiedliche Aufgaben, die ihre Aufmerksamkeit forderten.

Obendrein musste Sakuma ständig aufpassen, dass Fudou keine Zeit alleine mit Kidou verbrachte. Allein jetzt schon war er etwas nervös. Wer wusste schon, ob sie nicht doch längst zusammen durch den Ort spazierten oder ob Fudou ihn verfolgte.

 

Er musste sich beruhigen. Am helllichten Tag würde schon nichts passieren. Wer würde schon auf offener Straße, wo einen jeder sah, einen anderen Kerl küssen? Oder sogar andere Dinge tun?

Kidou war also sicher, das musste sich Sakuma einreden. Und dafür, dass Fudou auch nachts nichts mit Kidou anstellen konnte, hatte er gesorgt, auch wenn das hieß, dass sie ihn selbst an der Backe hatten.

 

Er brauchte den Kuchen jetzt wirklich...

 

Nur wenig später hatten sie an den Tischen des anliegenden Cafébereichs Platz genommen. Um sie herum fiel Sakuma auf, dass viele dort ein ausgiebiges Mittagessen zu sich nahmen. Überraschend, hatte er doch geglaubt, es gäbe nur süße Speisen. Es sah alles sehr lecker aus, was er erblickte, doch herzhaft hatten sie schließlich schon gegessen und so war er sehr zufrieden mit seinem Stück Erdbeertorte.

„So gut!“, schwärmte er. Genda schmunzelte und probierte von seinem Kuchen, ohne ihn zu fragen. Das hatte sich jetzt wohl durchgesetzt. Kurz zog Sakuma eine Schnute, was Genda herzlich wenig zu beeindrucken schien. Ohne ein Wort schob der Torwart ein Stück seines eigenen Kuchens auf die Gabel und hielt es ihm hin.

Sakuma stutzte. Er war schockiert. Sprachlos. Und sein Herz fing an zu rasen.

„Das... entschuldigt überhaupt nichts...“, murmelte er kleinlaut und nahm ihm die Gabel aus der Hand. Den Teufel würde er tun, als dass er ihm jetzt den Kuchen aus der Hand fressen würde...

Vor allem nicht, wenn alle um sie herum sie angucken würden.

 

„Und?“

 

„Und was?“

 

„Wie schmeckt er?“

 

„Ganz okay... denk ich...“

 

Genda lachte leise, nahm seine Gabel zurück und aß weiter als wäre nichts gewesen. Wie konnte er dabei noch so cool bleiben? War er der einzige, der sich hier in die Situation hineinsteigerte? Ihm täte ein bisschen Coolness auch nicht schlecht, dann würde er nicht wegen jeder Albernheit rot werden. Sein Herz wäre sicher auch dankbar.

Seitdem Genda ihm gesagt hatte, dass er Gefühle für ihn hatte, war für Sakuma nichts mehr wie vorher. Er musste vorher völlig blind gewesen sein für die ganzen Andeutungen, doch jetzt interpretierte er in jede Aktion irgendeine Absicht. Und es versetzte ihn in unfassbare Scham. Allein deswegen wollte er Genda aus dem Weg gehen. Das hatte verblüffend gut geklappt, dank der Ferien, doch seitdem sie hier waren, gab es viel zu viele Momente, in denen sie allein waren. Und schon fühlte er sich unwohl auf eine Art, die er nicht zu interpretieren wusste.

Eigentlich dachte er, er fühlte sich unwohl, weil er Gendas Gefühle nicht erwiderte. Doch er fürchtete, dass das Unwohlsein ganz anderer Natur war.

 

„Wenn du weiter so auf meine Brust starrst, ess ich deinen Kuchen noch komplett“, merkte Genda neckisch an und riss Sakuma aus seinen Gedanken. Er hob den Kopf, hatte doch gar nicht gestarrt.

 

„Ich hab nicht- Es war nur-!“, versuchte er sich direkt zu erklären, doch noch war er gar nicht richtig angekommen im Hier und Jetzt, schaute Genda konfus entgegen.

„Du warst mit deinen Gedanken ganz weit weg. Hab ich gemerkt.“

 

Sakuma nickte nicht, sagte nichts. Die Situation war sowieso längst klar. Stattdessen machte er sich eifrig über seinen Kuchen her. Nicht, weil Genda ihn sonst aß, sondern weil es ablenkte.

„Woran hast du gedacht?“

 

„Was wir Kidou mitbringen könnten.“

Natürlich war das eine Lüge, doch das Thema Kidou bot sich immer gut an, um jegliche Stimmung zu killen. Es war sowas wie sein Rettungsreifen, wenn er drohte von der Stimmung weggespült zu werden. Und meistens half es obendrein, um Genda den Wind aus den Segeln zu nehmen – jedenfalls für den Moment.

Er bereute es jedes Mal, wenn er Gendas sanfes Lächeln sterben ließ.

 

„Kidou ist nicht der große Süßschnabel“, merkte Genda an und sah zur Seite in Richtung Auslage. „Aber er würde zu einem Macaron nicht Nein sagen, denke ich.“

 

„Dann nehmen wir so eins mit. Oder besser zwei.“

 

„Wir könnten eins für jeden mitnehmen“, schlug Genda vor und genau das taten sie dann auch, als sie aufgegessen hatten. Auch wenn sich Fudou ganz sicher keinen verdient hatte und sowieso ablehnen würde, nur um dann den letzten Macaron zu essen, der für Sakuma selbst gewesen wäre.

Bevor sie rausgingen, entdeckte Sakuma jemanden mit einem Softeis. Er folgte der Person mit dem Blick und sofort suchte er hinter der Theke die zugehörige Softeis-Maschine. Die hatte er vorhin gar nicht wahrgenommen.

 

„Sakuma, nein...“

 

Sakuma, doch. Genda konnte ihn nicht davon abhalten, sich ein Softeis zu bestellen und so verließen sie zufrieden und mit einer Eistüte in der Hand das Süßwarengeschäft – jedenfalls er, Genda hatte keine.

„Du hattest doch gerade erst ein Stück Torte“, erinnerte ihn der Torwart, so als ob Sakuma das vergessen hätte. Als ob. Er hatte doch keine Amnesie oder Alzheimer.

„Na und? Das Eis ist so klein, das macht gar keinen großen Unterschied mehr. Außerdem hab ich mir das auch verdient.“

 

„So?“

 

„Diese Bergtour war anstrengend und obendrauf habt ihr mir mein Essen weggegessen“, rechtfertigte sich Sakuma und schleckte an seinem Softeis – pure, cremig-kühle Genugtuung.

 

„Ich hab mit dir geteilt.“

 

„Du ja, Fudou aber nicht.“

 

Genda seufzte hilflos, für Sakuma änderte das nichts. Er musste ja nicht mit ihm diskutieren wollen. War er seine Mutter? Er würde schon selbst einschätzen können, ob noch ein Eis reinpasste oder nicht. Manchmal durfte man sich so etwas auch erlauben.

Sie gingen die Straße zum See entlang und fanden am Ufer einen Platz im Grünen, an dem ein Gerüst aus ein paar Holzbalken zum Anlehnen einlud. Die Aussicht auf den See war nach wie vor besonders. Von dort unten ragten die Nakajima-Inseln viel beeindruckender aus dem See hervor, eigentlich war es schade, dass sie keinen Ausflug dorthin geplant hatten. Doch ihre Zeit war eben auch begrenzt, wo sie am nächsten Tag schon wieder abreisen würden. Sie hätten an diesem idyllischen Ort Wochen verbringen können, es gab noch so viel mehr zu sehen. Sakuma hätte nichts dagegen gehabt, sein Sparschwein allerdings schon. Und er musste noch für die Schule lernen, die bald wieder anfangen würde.

 

Sakuma schwieg, Genda schwieg – vielleicht war er auch in Gedanken versunken. Vielleicht war er auch immer noch ein wenig angefressen wegen Kidou. Sakuma konnte es nicht sagen. Wie auch? Gedankenlesen war nichts, was in seiner Macht lag und er war auch noch lange nicht so ein guter Taktiker wie Kidou, der genau wissen würde, was in seinem Gegenüber vorging, nur, um daraus einen Vorteil für sein Spiel zu ziehen.

Er war nur ein Stürmer. Ohne viel Schnickschnack.

Bei dem Gedanken pressten sich seine Finger gegen das warme Holz, gegen das er lehnte. Als er plötzlich etwas an seiner Hand spürte, fuhr er erschrocken zusammen, ein kleiner Stich fuhr durch seine Fingerkuppe.

„Autsch!“

 

„Tschuldigung, das wollte ich nicht“, sagte Genda besorgt und erst jetzt merkte Sakuma, dass es die Finger des Torhüters gewesen waren, die ihn berührt hatten – es hätte wohl romantisch sein sollen. Trotzdem hätte er sicherlich die Hand weggezogen, wenn er nun so darüber nachdachte. Und wieder sah er beschämt weg.

„Nicht schlimm“, murmelte er und besah sich seinen Finger, schließlich war das eine Einladung, um Genda nicht ansehen zu müssen. „Ist nur ein Splitter.“

 

„Lass mich sehen“, forderte Genda auf sanfte, liebe Weise, doch Sakuma wollte nicht.

 

„Musst du nicht. Es ist wirklich nicht-“

Genda wollte.

Bevor Sakuma überhaupt zu Ende sprechen konnte, griff sich der Torhüter mit seinen großen Pranken seine Hand und wollte sie nicht mehr hergeben. Mit den Daumen drückte er seine Hand so auseinander, dass er seine Finger gut betrachten konnte, fand den Splitter schließlich auch und befreite ihn von dem lästigen Ding.

Konnte es noch peinlicher werden? Sakuma fühlte sich längst wie eine Tomate und hoffte inständig, dass sein Kopf nicht genau so aussah.

„Danke...“, murmelte er irgendwie hervor, starrte förmlich auf seine Hand und traute seinen eigenen Augen nicht, als sich Gendas Gesicht in sein Blickfeld drängte. Das Gefühl von Gendas Lippen auf seiner Fingerkuppe war überraschend zart – so als würde es gar nicht wirklich passieren, kaum spürbar. Doch er sah genau, dass es passierte.

 

„Jetzt heilt es besser“, verkündete Genda leise, ein wenig rau in der Stimme und es klang fast so als würde sie auf halbem Wege versagen.

 

„Verstört nicht die Leute!“, tönte es angewidert aus gar nicht allzu weiter Ferne. Diese Stimme erkannte Sakuma aus tausenden... Er hätte gar nicht hinsehen müssen, tat es trotzdem.

„Alter, dein Gesicht sieht so scheiße aus, Sakuma“, spöttelte Fudou und lachte.

 

„Dann guck halt weg!“, zeterte Sakuma zurück und entriss Genda seine Hand. „Hättest auch gar nicht herkommen müssen!“

 

„Glaub mir, ich hätte mir diesen Anblick auch unglaublich gerne erspart. Konnte ja nicht ahnen, dass der Kerl da seine Eier finden würde.“

 

„Du schuldest mir was“, merkte Genda Richtung Fudou an, doch der tat es nur mit einem Schulterzucken ab.

„Wie sieht's aus? Wollen wir weitergehen?“

Sakuma nickte als Antwort. Es gab keinen Grund mehr an diesem verfluchten Ort zu bleiben und so ging er mit Genda weiter die Promenade entlang und Fudou beschloss dreisterweise ihnen zu folgen. Und trotzdem war Sakuma – so wütend er noch immer sein mochte – irgendwie froh darüber. In Fudous Nähe würde Genda nicht nochmal etwas probieren, das ihn aus der Bahn werfen könnte.

 

***

 

Sie fanden Endou und Gouenji auf einer kleinen Wiese am Fluss, wo sie mit ein paar kleinen Kindern Fußball spielten. Natürlich. Es war Endou, da wunderte es Sakuma nicht, dass er es keinen Tag ohne einen Ball in der Hand aushalten würde. Dass sie keinen dabeihatten, lag auch nur daran, dass man mit einem Fußball eben nicht wandern ging. Zum Glück für den Torwart hatten die einheimischen Kinder – vielleicht machten sie auch nur Urlaub, Sakuma wusste es nicht – einen parat.

 

Irgendwann stieß Kidou ebenfalls zu ihnen und sie waren wieder vollzählig. Letztlich wurde es Zeit aufzubrechen und so stiegen sie auf ihre Fahrräder und radelten den Weg zurück zu ihrem Urlaubshäuschen. Sie hatten beschlossen dort zu essen, da sie noch so viele Vorräte hatten, die weg mussten. Später würden sie zum Feuerwerk wieder zurückkehren, weil der Anlegeort von Toyako Onsen einfach die beste Sicht darauf bot. Außerdem konnten sie es am Vortag schon von ihrem Haus aus bewundern.

Sakuma war es egal, ob sie meinten, am Abend nochmal im Dunkeln hin- und zurückfahren zu wollen. Es spielte sowieso keine Rolle, von wo sie das Feuerwerk bewunderten. Allein, dass es ein Feuerwerk gab, reichte, um ihn in Angst und Schrecken zu versetzen. Am Vortag war er noch davongekommen, hatte sich an die Gruppe geklammert. So war es Genda nicht möglich gewesen, mit ihm allein zu sein.

Allein der Gedanke machte ihm Angst. Er fürchtete, es könnte genauso enden wie an Umi no Hi. Schon damals hatte Genda versucht, ihn zu küssen und er hatte gerade noch seine Hände schützend vor seinem Mund verbarrikadieren können. Nach wie vor war Sakuma überfordert mit der Situation, er hatte sich in dem letzten Monat so viele Gedanken gemacht. Was wäre gewesen, wenn – so fingen all diese Gedanken an, die seinen Kopf in ein verrücktes Gebilde aus Fantasien verwandelt hatte.

Er fürchtete sich nach wie vor vor dem Was.

 

Wie schon am Vorabend half Genda Gouenji beim Kochen, Fudou lag faul auf dem Sofa herum, Kidou las in einem Buch und Endou war Joggen – brauchte der wirklich nie eine Pause?

Er selbst fühlte sich etwas nutzlos, wollte eigentlich nicht genau so faul auf dem Sofa herumsitzen und Fernsehen gucken, während sich Gouenji und Genda bemühten, ihnen etwas zu Kochen. Andererseits war der Platz an der Küchenzeile sehr begrenzt, wenn er nicht gerade vor dem Waschbecken stehen wollte. Das wäre genau so wenig hilfreich.

 

Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Fudou ihn dauernd anguckte... Als er den Blick wieder von Genda und Gouenji nahm und zu besagtem Kerl sah, fühlte er sich bestätigt. Wortlos guckte der ihn an, starrte. Was war jetzt wieder?

Es versetzte Sakuma gleichzeitig in Verunsicherung – Vielleicht hatte er ja irgendwo was? - und nervte ihn ungemein. Wann würde Fudou endlich aufhören, ihn immer zu provozieren? Wenn er ihm Kidou überlassen würde? Nie im Leben.

 

„Der Fernseher ist da vorne“, merkte Sakuma an, riss sich zusammen. Natürlich brachte es nichts.

 

„Und?“

 

„Könntest du bitte dahin sehen?“

 

„Nö.“

 

Sakuma musste sich wirklich zusammenreißen, nicht wieder zu zanken. Er versuchte es wirklich, wusste ja, dass es den anderen auf die Nerven ging. Ihm ging es auch auf die Nerven. Der Einzige, der scheinbar Spaß daran hatte, war Fudou selbst – auch wenn er gerade nicht so aussah.

Bevor die Situation also wieder einmal eskalierte, stand er auf und ging zum Flur, um in seine Schuhe zu schlüpfen.

„Du weißt, was ich will, Sakuma. Hör endlich auf, dich quer zu stellen“, sagte Fudou ihm noch mit genervtem Ton nach, bevor er das Haus verließ. Ohne einen weiteren trotzigen Ton.

 

Wieder einmal zog es ihn nach draußen an den See, dessen Wasser so klar wie Glas war. Er konnte jeden einzelnen Stein am Grund sehen, jede einzelne Unterwasserpflanze. Sakuma schlüpfte aus Schuhen und Socken und krempelte sich die Hose bis über die Knie, stieg dann vorsichtig in das klare Nass. Es half ihm, sich wieder zu entspannen, allzu bald beruhigte er sich wieder.

 

Sakuma blieb noch am See, bis das Essen fertig war und er reingerufen wurde. Endou war längst zurück, hatte gebadet und so konnten sie ohne weitere Verzögerungen direkt essen. Mussten sie auch, wenn sie rechtzeitig zum Feuerwerk wieder in Toyako Onsen sein wollten.

 

***

 

Als sie an der Promenade ankamen und die Fahrräder abstellten, waren schon viele Leute dort. Nur wenige Stellen an den Geländern zum See waren noch nicht besetzt, keine Bank war mehr frei. Es war schon dunkel und die wenigen Laternen erhellten den Weg einigermaßen gut. Wer konnte, hatte sich eine Decke mitgenommen, um auf den Grasflächen zu sitzen und das Feuerwerk von dort aus zu beobachten.

Sie konnten offensichtlich nicht, keiner von ihnen hatte daran gedacht, eine Decke mitzunehmen. Auf ihre Jacken setzen war bei den Temperaturen nicht drin, denn obwohl es tagsüber noch warm gewesen war, war es nun so ohne Sonne ein wenig frisch geworden.

 

Sakuma machte es allerdings nichts aus, sich einen Platz hinter den Leuten am Geländer zu sichern, schließlich konnte man von da aus sicher besser schauen, als wenn allzu viele Personen und Köpfe im Blickfeld standen.

„Nicht mehr lange, dann geht es los“, verkündete Kidou nach einem Blick auf sein Handy und als Sakuma selbst nach seinem kramen wollte, bemerkte er eine kleine Tüte in seiner Tasche. Da war ja noch was!

 

„Genda und ich hatten euch noch was mitgebracht“, erklärte Sakuma, als er die durchsichtige Tüte mit den Macarons aus der Tasche zog. „Irgendwie hab ich sie darin vergessen.“

Bei all dem Trubel mit Genda und Fudou war das aber auch kein Wunder. Und solange er sie noch gefunden hat, bevor sie wieder in Inazuma Town waren.

 

„Was ist das denn?“, fragte Endou irritiert. Hatte er wirklich noch nie ein Macaron gesehen oder probiert?

 

„Es ist ein kleines französisches Gebäck, das es in allen möglichen Geschmacksvariationen gibt“, erklärte Kidou und Endou schaute interessiert auf die Tüte.

„Yuuka liebt sie, weil sie so bunt sind.“

 

„Kidou, für dich hab ich einen mit Cappucchino-Geschmack ausgesucht.“

 

„Danke, das ist eine gute Wahl.“

 

Sakuma lächelte, weil er Kidous Geschmack getroffen hatte und sah zu den anderen, nachdem er ihm besagten Macaron rausgefischt hatte.

„Ansonsten haben wir noch Vanille, Erdbeere, Schokolade, Pistazie und Zitrone.“

 

„Keine Banane“, brummelte Fudou, während er die Macarons mehr desinteressiert begutachtete. Sakuma zuckte hilflos mit den Schultern.

„Sie hatten nur diese Sorten...“

Fudou fischte sich wortlos scheinbar einfach irgendeinen raus, der sich als Pistazie herausstellte.

 

„Danke, Sakuma, Genda!“, sagte Endou mit breitem Grinsen, als er sich ebenfalls einen nahm und auch Gouenji nickte dankbar. Während der Stürmer sachte von seinem Macaron abbiss und es genoss, verschwand Endous mit einem Haps im Mund und ließ seine Gesichtszüge entgleisen.

„Sauer!!!“

 

„Nun wissen wir alle, welches Macaron Endou hatte“, kam es von Kidou und alle lachten, nicht nur über den Spruch, sondern auch über Endous Reaktion.

„Ich dachte, ich hätte Vanille genommen“, erklärte Endou verlegen grinsend, kratzte sich am Kopf.

Nur Millisekunden später zerbarst die erste Rakete in roter Pracht über den Nakajima-Inseln.

 

„Es geht los!“, rief ein kleines Mädchen aufgeregt. „Mama, Papa, guckt!“

 

Während Sakuma dem Feuerwerk zuschaute, fischte er ein Macaron aus der Tüte und reichte es an Genda weiter, bevor er selbst seins aß. Feuerwerk und Macarons – eine gute Mischung, wie er fand. Das könnten sie ab jetzt gerne öfter so machen. Er genoss den Moment in vollen Zügen. Solange er hier bei den anderen bleiben würde, gäbe es auch nichts zu befürchten.

 

„Das Feuerwerk ist toll!“, sprach Endou begeistert, während eine Rakete nach der anderen explodierte und ein buntes Bild an den Nachthimmel zauberte.

„Ja“, stimmte Gouenji ihm mit einem Lächeln zu.

 

„Es ist sogar noch besser, wenn man es mit seinen Freunden ansieht“, schwärmte Endou. „Lasst uns noch viele Feuerwerke gemeinsam anschauen!“

 

Gouenji und Kidou sahen zu dem Torwart und nickten ihm mit einem Lächeln zu, als würden sie sich ewige Freundschaft schwören. Und so kitschig es klang, Sakuma glaubte ihnen das sogar sofort. Er hatte gesehen, wie Gouenji und Endou Kidou verändert hatten. Hatte gesehen, wie anhänglich er mittlerweile war, wenn es um die zwei ging. Es tat ein bisschen weh, das zuzugeben, aber nach all den Jahren würden er und Genda vermutlich nie so wichtig für ihn sein, wie es die zwei nun waren.

Wehmütig wendete er den Blick von den dreien ab, sah wieder hoch zu den bunten Feuerkwerksblumen, stockte, als ihn eine Hand an der Brust nach hinten stolpern ließ. Sein Mund wurde zugedrückt und jegliches überraschtes Geräusch ging unter dem Lärm zerberstender Raketen unter.

Mit geweiteten Augen sah er nach hinten zu der großen Gestalt, stolperte herum und fand sich zwischen zwei starken Armen wieder. Er konnte nur Umrisse sehen aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse, doch die Haare, die Statur, der Geruch. Sakuma wusste, dass er sich in den Klauen eines Raubtiers befand – Entkommen ausgeschlossen. Er schluckte, krallte sich in Gendas Hoodie, während dessen Hand zärtlich über seine Wange strich. Auch wenn er sein Gesicht nahezu gar nicht erkennen konnte, wusste er, dass Genda ihn ansah. Sein Daumen strich über seine Lippen, als müsste er sie im Dunkeln erst einmal ausfindig machen.

Sakuma begann zu zittern.

 

Er spürte Gendas Lippen zärtlich auf seinen – viel liebevoller und zurückhaltender als Sakuma das von seinem ersten Kuss kannte. Traurig, dass er den schon verloren hatte... Sein Krallen wurde fester, während sich sein Herzschlag beschleunigte und sich der Geschmack von Schokolade mit jedem weiteren langsamen Kuss an seinem Mund ausbreitete.

Er konnte nicht mehr davonrennen, dafür sorgte Genda, würde auch weiterhin dafür sorgen nach diesem Kuss. Sakuma wehrte sich nicht. Küsste zurück, erst noch vorsichtig, kaum spürbar, bis er sich vollends fallen ließ. Angespannt war er immer noch, doch seine Finger konnte er aus dem dicken Baumwollstoff lösen. Seine Hände fanden einen neuen Platz in Gendas Nacken, wo sich eine Hand in dessen Haaren vergrub.

 

Die Sorge, die ihn all die Zeit zurückgehalten hatte, war vorerst vergessen. Wenn er mit Genda zusammen wäre, hätte er kein Recht mehr Fudou von Kidou fern zu halten. Er würde einen anderen Weg finden, um seinen Freund vor Fudous Griffeln zu bewahren.

 

In diesem Moment zählten nur der Geschmack von Erdbeerschokolade und ein Paar starker Arme, das ihn immer auffangen würde, egal was käme.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Schangia
2018-10-08T23:39:48+00:00 09.10.2018 01:39
Ganz ehrlich, ein bisschen mehr chill würde Sakuma echt gut tun, der verreckt sonst noch an 'nem Kreislaufkollaps XDDD

"Er bereute es jedes Mal, wenn er Gendas sanftes Lächeln sterben ließ."
AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHH TTATT
Mein Herz eh, warum...! ;________;

"'Sakuma, nein...' Sakuma, doch." & "'Musst du nicht. Es ist wirklich nicht-' Genda wollte."
Und erneut herzhaft gelacht. Das ist aber auch beides einfach so herrlich bildlich, dass es nicht anders geht.

"'Jetzt heilt es besser', verkündete Genda leise, ein wenig rau in der Stimme und es klang fast so als würde sie auf halbem Wege versagen."
noch mehr AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH
so viel AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHHHHH
Alter, Poldi, halt dich zurück mit den feels X"DDDDDDDDD <3
Und ganz ehrlich; ich liebe dich, Fudou, aber du hast den Moment gekillt XDDD The again, wenn er es nicht getan hätte, dann sicher Sakuma, also ist's auch egal 8"D

"Glaub mir, ich hätte mir diesen Anblick auch unglaublich gerne erspart. Konnte ja nicht ahnen, dass der Kerl da seine Eier finden würde."
Bless ma boy. Ich wiederhole mich, aber was soll ich jetzt noch 'nen Hehl draus machen XDDDDD

Und AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHHHHHHH DAS ENDE TTATT
Tausend Dank für die Fanfic! ♥ Ich hatte schon wieder die schlimmsten Befürchtungen nach den letzten Wichtelaktionen, aber diesmal bin ich wirklich, wirklich zufrieden <33
Antwort von:  Aphrodi
09.10.2018 23:17
Ich merke schon, das Kapitel war der Overkill XD So viele AAAAHHHHHHHHHS weil so viele Feels XD Für die ich übrigens überhaupt nichts kann. Ich bin einfach Master of Kitsch, King of Romance und Hope Smasher in einem XD Und Sakuma ist eine Tsundere. Das sollte als Erklärung für alles reichen XD
Momente erschaffen und sie dann zerstören, das ist mein größtes Hobby, hahahahahahahahahahaha XD
Vermutlich hätte Sakuma den Moment übrigens sonst wirklich gekillt. Aber dieses Mal bot sich Fudou an. Und hey, er hat dir einen guten Moment damit beschert XD

Ich habe übrigens schon vor dem Schreiben der FF geahnt, dass Genda endlich seinen Kuss bekommt. Zwei Jahre hat es jetzt gedauert. 2 Lange Jahre hat Sakuma ihn durch meine Feder hingehalten (nicht in-time, aber vor zwei Jahren hab ich angefangen damit XD) und als die Idee mit dem Ausflug kam, dachte ich...Mist. Ich glaube, Genda geht dieses Mal glücklich nach Hause. Mist! XDDDDDDDDD
Natürlich war das für Genda gut. Ich hatte nur ein bisschen bedenken, wie ich das vor die Schulfest-FF angesiedelt bekomme.
Und zum Glück heißt ein Kuss ja nicht, dass das Liebeschaos vorbei ist. Selbst als Paar kann man noch....Chaos haben û__u Sonst müsste ich meinen Job als Hope Smasher ja nun an den Nagel hängen.
Irgendwann kommt Gouenji vielleicht auch mal so weit bei Endou - falls uns Natsumi und der Canon bis dahin nicht einholen. Und Fudou..... Nein, keine FF darüber, wie um Fudou alles Pärchen herumlaufen XD
Ich weiß zwar nicht, was bei den letzten Wichtelaktionen passiert ist, aber ich bin froh, dass ich helfen konnte und du dieses Mal zumindest keine Enttäuschung bekommen hast. Sowas kommt ja leider...doch ab und zu vor *hust*
Wenns nicht beim Wichteln weitergeht (sehr unwahrscheinlich immerhin so schnell nochmal auf dich zu treffen), dann ja vllt bei der Writing_League XD


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