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Loveless

von

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Vacation

Die letzten zwei Wochen mit Levi waren großartig. Ein besseres Wort fiel Eren nicht ein. Sie trafen sich, wie besprochen, zweimal in der Woche, meist mittwochs und einen Tag am Wochenende, und beide hatten immer wieder neue Ideen für Unternehmungen, die sie miteinander machen konnten. Mal gingen sie ins Kino, ein anderes Mal trainierten sie zusammen im Fitnessstudio oder sie trafen sich gemeinsam im Café zum Reden. Am Ende ihrer Dates landeten sie immer wieder bei Levi und verbrachten dort die Nacht zusammen.

Nachdem beide beschlossen hatten, dass sie keine anderen Sexualpartner außer den jeweils anderen haben wollten, ließen sich beide testen, damit sie in Zukunft auf die lästigen Kondome verzichten konnten.

Eren war zufrieden. All die kleinen Anzeichen, dass Levi sich so schnell nicht wieder von ihm distanzieren würde, ließen die nagenden Zweifel, die er immer noch im Hinterkopf hatte, von Tag zu Tag geringer werden, wenn auch nicht ganz verstummen.

Gedankenverloren schaute er auf sein Handy und sah, dass er eine Nachricht von Levi erhalten hatte.

„Kann dich bis zum Wochenende nicht treffen. Haben ein neues Projekt und ich bin jeden Tag bis spät abends in der Firma.“

Erens Herz versetzte dies einen Stich. Gerade dachte er noch darüber nach, wie gut es lief und nun befürchtete er schon wieder das Schlimmste.

Doch dann ging noch eine zweite Nachricht ein.

„Fahren wir das Wochenende zusammen weg?“

Eren konnte kaum glauben, was er da las. War das etwa eine Einladung für einen Kurzurlaub mit Levi? Schnell tippte er seine Antwort.

„Schade, dass es unter der Woche nicht klappt. Wo möchtest du denn hinfahren?“

Levis Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

„Hab ein kleines Ferienhaus. Bin da öfters, wenn mir die Arbeit zu stressig wird. Würde da gerne am Wochenende hin. Also, bist du dabei?“

Erens sprang vor Freunde auf. Ein ganzes Wochenende mit Levi! Auch, wenn er bis dahin erst die Woche an der Uni ohne ihn überstehen musste, so machte die Vorfreude auf das, was ihn danach erwarten würde, den Gedanken daran wieder wett.

„Klingt super! Ich komme mit! Verrätst du mir noch, wo genau es hingeht?“

Dieses Mal musste Eren etwas länger auf Levis Antwort warten.

„Kann ich dir noch nicht sagen, ist ein kleines Geheimnis. Lass dich einfach überraschen.“

 

Wie zu erwarten, zogen sich die Tage, bis zum Wochenende, hin, wie Kaugummi. Am Mittwoch Abend, als Eren mit einer Tasse Kaffee in der Küche saß, sprach Armin ihn an: „Triffst du dich heute gar nicht mit Levi?“

„Nein, wir sehen uns erst am Wochenende. Er hat gerade alle Hände voll zu tun mit einem neuen Projekt und hat daher vorher keine Zeit.“

„Schade. Eure Treffen scheinen dir wirklich gut zu tun. Eren, ich wollte mich noch entschuldigen. Als ihr eure regelmäßigen Dates vor zweieinhalb Wochen angefangen habt, war ich ihm gegenüber wirklich misstrauisch. Ich dachte, er lässt dich wieder gleich fallen. Aber anscheinend läuft es ja wirklich gut mit euch. Jedenfalls tut es mir wirklich leid, falls ich etwas Gemeines über ihn gesagt habe. Was genau macht ihr denn am Wochenende? Steht schon etwas fest?“

„Wir fahren weg. Er hat ein Ferienhaus- aber frag mich nicht wo, er sagt darüber nichts- und wollen dort ein paar Tage verbringen.“

„Was?“, kreischte Armin, „Wow! Das ist der Hammer! Ihr fahrt in den Urlaub? Das klingt, als würde es langsam ernst zwischen euch werden.“

„Ich weiß nicht, so sicher bin ich da nicht. Klar freue ich mich auf das Wochenende und die letzte Zeit mit Levi war wirklich toll, aber es klang so, als wäre Levi ohnehin öfter da und nun bietet es sich gerade an, dass ich mitkomme. Und als ich ihm vor zwei Wochen meine Gefühle gestanden habe, hat er auch nichts gesagt. Bis heute habe ich keine Antwort vom ihm dazu erhalten.“

„Oh Eren, jetzt bist du aber der, der alles negativ sieht. Dass er sich weiter mit dir trifft, obwohl er von deinen Gefühlen weiß, ist doch etwas Gutes. Das heißt, er hat kein Problem damit.“

„Kein Problem damit haben und dasselbe fühlen, sind zwei verschiedene Paar Schuhe.“, antwortete Eren seufzend und ließ seinen Kopf auf die Arme sinken, „Es stimmt, die Zeit mit ihm ist toll und er lässt mich auch näher an sich heran, was mich ungemein freut, aber unsicher bin ich noch immer, solange er sich dazu nicht äußert.“

„Vielleicht hat er ja deshalb den Urlaub geplant?“, sprach Armin nun ermutigend, „Du weißt schon... Wenn er aus sich heraus geht, dann an einem besonderen Ort mit der richtigen Stimmung.“

„Ja, kann sein, aber ich will mir da keine allzu großen Hoffnungen machen, sonst bin ich am Ende nur enttäuscht und kann die Zeit mit ihm gar nicht genießen.“

„Mikasa hat übrigens angerufen. Sie kommt in zwei Wochen zu Besuch, wenn die Weihnachtsferien beginnen.“

Eren schaute Armin erschrocken an.

„Seit wann bespricht sie so etwas mit dir und nicht mit mir?“

Armin lächelte. „Seitdem du deinen Kopf in den Wolken hast. Du bist doch die letzten Wochen entweder in der Uni, bei der Arbeit oder bei Levi. Da wollte sie wohl nicht stören.“

„Warte!“, unterbrach Eren Armin nun im skeptischen Ton, „Woher weiß sie, dass Levi und ich uns regelmäßig treffen?“

Armin guckte schuldbewusst weg. „Ich hab es ihr erzählt. Alles, was war. Du weißt doch, dass sie sauer war, dass wir ihr nichts von Jeans und deiner Trennung erzählt haben. Deswegen wollte ich, dass sie dieses mal im Bilde ist, wenn... naja.... wenn wieder etwas schief geht.“

Eren vergrub das Gesicht in den Händen. Das darf doch nicht wahr sein!

„Armin, dir ist schon klar, dass sie Levi die Hölle heiß machen wird, wenn die beiden sich treffen sollten? Vor allem, wenn sie alles weiß. Und das einzige, was ich noch weniger gebrauchen kann, als Mikase mit Wutausbrüchen, ist Levi, der sich in die Ecke gedrängt fühlt.“

„Entschuldige, Eren, darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich dachte nur, ihr beiden wart euch doch mal so nahe und jetzt habt ihr kaum noch Kontakt. Sie sollte zumindest wissen, was bei dir gerade los ist.“

„Dass wir so wenig Kontakt haben, liegt an ihr. Sie ist ja so plötzlich weggezogen und hat sich danach kaum gemeldet.“, grummelte Eren nun trotzig.

„Sie hat dir immer noch nicht gesagt, warum es so gekommen ist, hm? Wenn sie da ist, solltet ihr beiden euch aussprechen. Wird langsam Zeit.“

Eren guckte Armin fragend an, doch der drehte ihm schon den Rücken zu, um zu signalisieren, dass er nicht derjenige wäre, der Eren darüber aufklären würde.

 

Endlich war es Freitag. Levi hatte Eren wissen lassen, dass er ihn gegen 16 Uhr von zu Hause abholen würde, und so saß Eren nun auf gepackten Taschen im Flur und wartete auf das Läuten der Türklingel.

Da Eren nicht wusste, wo ihre Reise hingehen würde, hatte er Kleidung für alle Eventualitäten gepackt. Es war zwar Winter, und so bestand der Hauptteil des Gepäcks aus passenden, dicken Klamotten, doch nahm er vorsichtshalber auch Badekleidung mit. Bei jemandem, wie Levi, wusste man ja schließlich nie, auf was man sich einstellen musste.

Endlich hallte das lang ersehnte Geräusch durch die Wohnung und Eren stürmte sofort zur Tür, um sie zu öffnen.

Bevor Levi ihn begrüßte, ließ er einen skeptischen Blick über Erens Gepäck wandern.

„Hast du vor, auszuwandern?“

Eren verdrehte die Augen.

„Nein, Levi, aber du hast mir doch nicht gesagt, wo es hingeht. Da hab ich halt für alle Fälle vorgesorgt. Wenn du mir sagst, wo es hingeht und was ich brauche, kann ich aber einen Teil hier lassen.“

„Warme Kleidung und vielleicht eine Badehose. Mehr brauchst du nicht. Alles andere hab ich vor Ort.“

Eren klopfte sich innerlich auf die Schulter, dass er an Badekleidung gedacht hatte und diese nun nicht erst suchen musste.

„Okay, dann reicht es, wenn ich den Rucksack hier mitnehme.“, sagte er und mit einem Nicken deutete er auf das Gepäckstück, „Ich bringe nur eben den Rest zurück ins Zimmer.“

Levi wartete geduldig im Flur auf ihn und nach wenigen Minuten war Eren bereit zum Aufbruch.

Beide verließen die Wohnung und stiegen in Levis Auto, nachdem Eren sein Gepäck verstaut hatte.

Der Wagen setzte sich in Bewegungen und Levi steuerte den Weg zur Autobahn an. Anhand der Ausschilderungen konnte Eren erkennen, dass es in den Norden gehen würde. Das genaue Ziel würde ihm aber sicher bis zur Ankunft verborgen bleiben.

Gute zwei Stunden, in denen die beiden hauptsächlich den Stimmen aus dem Radio lauschten, vergingen, bis Levi auf die Auffahrt eines kleinen, aber gut gepflegten, Hauses einbog. Sie waren ein kleines Stück nördlich von Flensburg, nahe der dänischen Grenze. Das Haus war abgelegen und nicht weit weg vom Ostseestrand. Im Sommer musste es hier toll sein. Doch nun wirkte der Anblick ziemlich trist. Der Garten lag brach, der Himmel war grau und auch der erste Schnee, der dem ganzen vielleicht noch eine gewisse Romantik eingehaucht hätte, ließ auf sich warten.

Schnell entluden die beiden das Auto und gingen zur Haustür. Levi griff in seine Hosentasche und zog den Schlüssel heraus. Als die Tür sich öffnete, warf Eren einen langen Blick ins Innere. Das Haus war ähnlich eingerichtet, wie auch Levis Wohnung. Überall schienen Eren die selben Weiß-, Grau- und Schwarztöne entgegen, die ihm die letzten Wochen so vertraut wurden. Vom Flur aus ging eine Wendeltreppe, die in den oberen Stock des Gebäudes führte. Im unteren Bereich konnte Eren durch die geöffneten Türen die Küche, das Wohnzimmer und ein Badezimmer ausfindig machen. Zudem einen weiteren, verschlossenen Raum.

Als Levi Erens Blick bemerkte, sprach er: „Dort geht es in den Keller. Ich habe ihn umbauen lassen. Jetzt ist dort mein eigener Wellness-Bereich mit Whirlpool und Sauna. Und einen kleinen Pool gibt es auch.“

Eren traute seinen Ohren nicht. „Darf ich es mir ansehen?“

„Später, Eren. Lass und erst einmal nach oben ins Schlafzimmer und die Sachen auspacken. Danach kannst du immer noch planschen gehen. Außerdem habe ich Hunger. Ich hoffe, die Haushälterin hat es noch geschafft, den Kühlschrank zu füllen.“

Haushälterin. Whirlpool. Sauna. Eren wurde wieder einmal unmissverständlich klar, dass die beiden in völlig verschiedenen Welten lebten. Während er mit seinem Geld gerade so um die Runden kam und sich seine Wohnung und sein Auto teilte, lebte Levi in einer riesigen Eigentumswohnung, hatte ein Ferienhaus und Bedienstete. Wie sollte er so das Gefühl, dass der andere ihn in der Hand hatte, jemals abschütteln können? Und wie sollte sich Levi so jemals in ihn verlieben, wenn die Unterschiede zwischen ihnen doch so deutlich waren?

Missmutig schleppte sich Eren die Treppe hoch. Und auch hier konnte er nur staunen. Die ganze obere Etage war ein einziges, großes Schlafzimmer. An den Dachschrägen war ein großer Baldachin gespannt, der das Bett zierte, der Raum wurde durch Topfpflanzen geschmückt, in der Mitte des Raumes lag ein großer, flauschiger, weißer Teppich, der dazu einlud, es sich auf ihm gemütlich zu machen. Erst da fiel Eren der Kamin auf, der unweit des Teppichs stand. Es war kein großer Wandkamin, sondern ein kleiner, der mit Ethanol befeuert wurde. Nichts desto trotz, passte er perfekt ins Bild und sorgte für noch mehr Gemütlichkeit. Gegenüber des Kamins standen einige Kleiderschränke und Kommoden, ein großer Spiegel und eine Couch mit Kaffeetisch.

Levi trat an Eren heran. „Gefällt es dir hier?“

Eren nickte. „Es ist wunderschön.“ Levi lächelte, doch legte sich dabei eine gewisse Traurigkeit um seine Augen. „In dem Haus habe ich damals mit meiner Mutter gewohnt. Ich habe es geerbt und als ich genug Geld hatte, habe ich es umbauen lassen.“

„Levi, darf ich dich etwas fragen?“, schoss es aus Eren heraus, „Du musst nicht antworten, wenn du nicht willst.“

„Frag schon.“

„Was hast du gemacht, als deine Mutter gestorben ist? Du sagtest, du warst noch jung. Also wo hast du gelebt?“, wollte Eren ehrlich interessiert wissen.

„Zunächst war ich bei meinem Onkel. Aber das lief nicht lange gut. Wir sind uns in vielen Sachen zu ähnlich und das hat ständig zu Reibereien zwischen uns geführt. Als er mich beim Klauen erwischt hat, hat er mich vor die Tür gesetzt. Danach lebte ich ihm Heim, bis ich volljährig war. Dort habe ich auch Isabel und Farlan kennen gelernt. Wir hatten alle mehr oder weniger dasselbe durchgemacht. Vielleicht standen wir uns deswegen so nahe, wer weiß.“ Levis Miene wirkte nun melancholisch.

Es waren Aussagen, wie diese, die Eren bewusst machten, dass Levi trotz allem, was er sich erarbeitet hatte und wie gut es ihm jetzt ging, eine noch viel schwerere Zeit durchlebt hatte, als er selbst. Er war in schwierige Umstände hinein geboren, erlitt viele Verluste und seine Jugend schien nicht die Leichteste gewesen zu sein. Trotzdem war er nun erfolgreicher Geschäftsmann und lebte ein Leben, von denen die meisten nur träumten. Und genau das spornte Eren an, auch weiter an sich zu arbeiten und seine eigenen Träume zu erfüllen. Er merkte nicht, dass sich seine Hand, wie von selbst, um seinen Kettenanhänger legte, der ein stummes Versprechen seines Vaters war, dass er all dies erreichen könnte. Und mit einem Mal fand Eren es auch nicht mehr schlimm, dass es scheinbar so viele Unterschiede zwischen den beiden gab. Denn Eren würde Levi irgendwann aufholen. Es würde noch dauern, ja, aber irgendwann wäre er ihm ebenbürtig.



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