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“Hey großer Bruder”, begrüßte Takeru seinen Bruder, der ihm gerade die Wohnungstüre geöffnet hatte.
“Kleiner, schön dass du kommen konntest.” Yamato grinste den Jüngeren an und schlug ihm auf die Schulter.
Takeru erwiderte das Grinsen, hängte seine Jacke an die Garderobe und tauschte die Turnschuhe gehen Hausschuhe. Dann folgte er Yamato in das Wohnzimmer der Wohnung, die dieser zusammen mit seiner Freundin bewohnte.
“Also, was war denn so dringend, dass du meine Hilfe brauchst?”, fragte er.
Yamato sah ihn über seine Schulter an. “Warten wir noch kurz auf Tai, ja? Dann muss ich es nur einmal sagen.”
Takerus Augenbrauen hoben sich. “Dann muss es ja wirklich etwas wichtiges sein.”
Der Blick des Älteren wurde unergründlich. “Vermutlich schon”, murmelte er, sagte aber nichts weiter zu dem Thema. “Willst du was zum trinken?”, fragte er stattdessen.
“Ein Wasser wäre nicht schlecht.”
“Kommt sofort.”
Takeru lief durchs Wohnzimmer und sah die Fotos an, die Sora aufgehängt hatte. Viele davon hatte seine eigene Freundin gemacht. Und dass nicht Yamato diese an die Wand gehängt hatte, war irgendwie klar. Würde Sora nicht mit hier wohnen, dann würde es vermutlich ziemlich kahl und ungemütlich aussehen.
“Hier, dein Wasser.” Yamato stellte ein Glas auf den Couchtisch. In dem Moment klingelte es.
“Taichi scheint gar nicht so spät dran zu sein”, stellte Takeru mit einem Blick auf die Uhr fest. Keine zehn Minuten nach ihm.
Yamato grinste schief und hob seine Schultern. “Ich habe dich erst eine halbe Stunde später bestellt. Mir war klar, dass das sonst nichts wird.”
Takeru lachte auf, während sein Bruder zur Wohnungstüre ging. Ein paar Minuten später hörte man die Stimme desjenigen, auf den sie noch gewartet hatten.
“Hey T.K.”, begrüßte Taichi den Jüngeren, als er ins Wohnzimmer kam.
“Hey Tai”, erwiderte dieser die Begrüßung.
Der wand sich an den Wohnungsherren. “Als du angerufen und gemeint hast, dass es etwas wirklich dringendes und wichtiges ist, habe ich auch gleich noch etwas zu trinken mitgebracht.” Er öffnete die Tasche, die er dabei hatte und holte erst einen Sixer Bier hervor. “Etwas zu trinken. Und falls das nicht reicht und zu schwach ist …” Erneut ein Griff in die Tasche. “Dann habe ich hier auch noch etwas stärkeres.” Eine Flasche Whiskey fand ihren Platz auf den Couchtisch. “Und dann noch etwas zum knappern.” Ein paar Chipstüten und Gummibärchen folgten der Whiskeyflasche. Takeru hoffte sehr, dass diese nicht unter der Whiskeyflasche transportiert worden waren, denn dann würden sie nur noch Chipskrümel bekommen.
Yamato seufzte auf. Irgendwie war das zu erwarten gewesen. “Ich hole Schüsseln und Gläser”, murmelte er, um anschließend erneut in der Küche zu verschwinden.
“Ich brauche nichts weiter zu trinken. Mein Wasser reicht mir”, erklang die Stimme seines Bruders.
“Was heißt das denn? Wasser alleine reicht nicht aus!” Taichi hatte sich dem Jüngeren zugewandt, während Yamato alles weitere besorgte.
“Lass ihn, es ist seine Entscheidung, was er trinken will!”, richtete er an seinen besten Freund, als er zurück ins Wohnzimmer kam, wo Taichi Takeru eine Dose Bier entgegen hielt, die dieser jedoch nicht annahm.
Taichi sah seinen besten Freund an. “Hey, das ist ein Bier! Ich habe ihn nicht gezwungen, die Whiskeyflasche leer zu trinken. Nur das Bier hier.”
“Alleine seine Entscheidung!”, wiederholte Yamato.
Taichi blinzelte noch kurz, ehe er das Bier wieder auf den Tisch stellte. “Na gut, bleibt mehr für mich …”, murmelte er und griff stattdessen nach einer Chipspackung. Noch während er diese aufriss hielt Yamato ihm bereits die Schüssel entgegen.
“Also großer Bruder, was ist denn, dass du uns gerufen hast?”, fragte Takeru, lehnte sich auf dem Sofa zurück und nahm einen Schluck seines Wassers.
Yamato ließ sich auf den Sessel sinken, der ebenfalls im Wohnzimmer stand. Er kaute unruhig auf seiner Unterlippe herum.
Takeru legte seinen Kopf schief, als keine Antwort kam und auch Taichi sah fragend auf.
Yamato atmete tief ein. “Was denkt ihr dazu, wenn ich Sora einen Antrag machen würde?”
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“Glaubt ihr mir das?” Mimi fuchtelte wild mit ihren Händen herum.
Sora und Hikari wechselten einen kurzen Blick miteinander, ehe sie ihre Freundin wieder ansahen, die durch das Wohnzimmer lief und dabei bisher die Arme vor ihrem Oberkörper verschränkt gehalten hatte.
Sora zog ihre Beine unter ihren Körper, so dass sie im Schneidersitz auf dem Sofa ihrer besten Freundin saß. “Findest du es wirklich so wichtig?”, fragte sie nachdenklich. Sie hatte sich bisher noch gar nicht so viele Gedanken über dieses Thema gemacht, wie Mimi das gerade tat.
“Natürlich! Hallo? Tai und ich sind schon über fünf Jahre ein Paar und sogar die da”, ein Fingerzeig auf Hikari, die neben Sora auf dem Sofa saß und nun zusammen zuckte, “ist schon weiter als ich! Dabei ist sie jünger!”
“Naja, ich …”, fing diese an, brach ihren Satz ab und warf Sora einen hilfesuchenden Blick zu.
Diese legte ihr eine Hand auf den Unterarm, ehe sie zu Mimi sah. “Das ist was anderes, meinst du nicht auch? Takeru ist in vielen Sachen nunmal weiter als Tai …” Sora warf einen schnellen Blick zu Hikari, die ihren Kopf gesenkt hatte und versuchte ein Schmunzeln zu unterdrücken. Vermutlich war ihr Verlobter - und auch alle anderen - weiter als Taichi, in vielerlei Hinsicht. Ihr Bruder war doch noch oft sehr kindisch.
Mimi seufzte auf und ließ sich neben ihren Freundinnen auf das Sofa sinken. “Du hast ja recht”, murmelte sie. “Tai ist eben in vielen Dingen langsamer … und trotzdem …” Sie warf Hikari einen sehnsüchtigen Blick zu. “Ich hätte auch gerne das, was du hast.”
Der Jüngsten war klar, was Mimi mit ihrer Aussage meinte. Sie warf einen Blick auf ihre linke Hand, an deren Ringfinger ein silberner Ring glitzerte. Ein verliebtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Weder mit der Frage, noch damit, dass Takeru sie schon so früh fragen würde. Doch er hatte es getan. Er hatte ihr gesagt, dass es für ihn nie etwas klareres als sie und ihr gemeinsames Leben gegeben hatte. Und natürlich hatte es für sie nie eine Antwort als die eine gegeben. Sie waren beide jung gewesen und es hatte für einige seltsame Blicke gesorgt, aber schlussendlich freuten sich alle mit ihnen.
“Lass Taichi ruhig Zeit”, richtete sie dann an ihre Freundin. “Du weißt, dass mein Bruder bei manchen Sachen eben länger braucht. Er macht keine Dinge einfach so … wobei, vergiss es, das stimmt nicht. Aber bei so wichtigen, lebensverändernden Dingen braucht er seine Zeit.”
Dieses Mal war es Sora, die ihr Schmunzeln kaum unterdrücken konnte. Sie riss sich zusammen, ehe sie zu Mimi sah. “Du solltest ihn nicht unter Druck setzen, sonst wird er das niemals machen.”
Mimi runzelte ihre Stirn und sprang erneut auf. “Ich will aber nicht ewig warten, bis Tai seinen Hintern hoch bekommt. Ihr wisst doch, dass er so oft wie auf den Kopf gefallen ist!”
Sora und Hikari nickten. In diesem Fall hatte Mimi leider recht. Taichi war nicht dumm … das nicht, sonst hätte er nicht Politikwissenschaften studiert, aber bei vielen anderen, auch alltäglichen Dingen war er nicht so ganz bei der Sache … Vermutlich hatte er sich über das, worüber Mimi sich den Kopf zerbrach, noch nicht einmal Gedanken gemacht. So war er einfach nicht. Er lebte lieber in den Tag hinein, als zu planen. Daher war es ja erst recht gut, dass er Mimi an seiner Seite hatte. Und das schon seit fünf Jahren, so wie sie vorher gesagt hatte.
Die junge Frau hatte ihre Wanderung durchs Wohnzimmer wieder aufgenommen, während Sora und Hikari sie weiterhin beobachteten. Plötzlich blieb Mimi wie angewurzelt stehen. Aufgeregt drehte sie sich zu ihren Freundinnen um, in ihren Augen ein Leuchten. “Ich habe es!”, rief sie laut auf.
Die beiden anderen blinzelten verwirrt über den Stimmungsumschwung und sahen sich wieder an, ehe sie ihre Blicke zurück auf Mimi richteten.
“Was meinst du?”, fragte Sora nach.
Mimi grinste breit. “Ich warte nicht, bis Tai mich fragt, sondern ich frage ihn einfach selbst, ob er mich heiratet!”