Zum Inhalt der Seite

Die Legende vom Mädchen vom Mond der Illusionen ( LMMI )

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nach Hardware-Schwierigkeiten gleich noch der nächste Teil!
 

Der letzte Wächter Teil 6
 

Schreiend liefen die Kinder an ihr vorbei. Eines stieß sie an, so dass sie fast die Stufen zum Markt heruntergefallen wäre. "Hey, ihr Gören! Was fällt euch ein! Könnt ihr nicht aufpassen? Ach verdammt."

Mit einem Seufzen setzte Merle sich auf die Treppe und ließ ihren Blick über den Platz streifen. Es war früh am Morgen, und die Sonne lugte gerade durch einen kleinen Spalt in den Wolken. Ein kühler Wind wehte über Fanelia und brachte den erdigen Geruch des Waldes mit sich.

>Wo bist du, mein Van?< dachte Merle und setzte sich traurig auf die Stufen. Sie waren einfach alle weggeflogen, ohne ihr etwas zu sagen. >Warum hat er das getan?< fragte sie sich und holte das Medaillon hervor, das Van vor ein paar Tagen gefunden hatte.

Er war damals durch die Trümmer gestapft um seinen üblichen schweren Gedanken nachhängen zu können. Merle war ihm gefolgt. Sie wollte nicht, dass er traurig war. Es zerriss ihr das Herz, ihn so zu sehen, traurig, den Kopf gesenkt und den Trümmerteilen einen frustrierten Tritt gebend. >Es ist einfach zuviel für ihn. Nie gönnt er sich eine Pause.<

Dann hatte auf einmal etwas sein Interesse geweckt. Er hatte sich gebückt und etwas Verdrecktes aufgehoben. Er hatte es betrachtet, und dann war er plötzlich in Tränen ausgebrochen.

Merle hatte nicht glauben können, was sie sah. Selbst sie hatte ihren Van nur ganz selten weinen gesehen. Schon als kleines Kind hatte er seine Gefühle versteckt, zumindest solange er nicht mit seiner Familie und nur ihr zusammen war. Merle zählte sich selbst dazu, schließlich war sie außer Vargas die einzige, die noch geblieben war, nachdem Vans Mutter auf der Suche nach ihrem verschundenen Sohn ebenfalls verschwunden war. Van hatte sie aufgenommen, ein kleines Katzenmädchen, das versucht hatte, in seinem Palast etwas zu stehlen.

Merle war zu Van gegangen um ihn zu trösten. Er hatte nicht gehört, wie sie gekommen war, und war unter ihrer Berührung zusammengefahren. Dann hatte er sich zu Merles Überraschung an ihr festgeklammert und hemmungslos geheult. Der Grund wurde ihr klar, als sie sah, was er aufgehoben hatte.

Das Medaillon war verschmutzt, und das Silber angelaufen, aber das Bild in seinem Inneren war noch sauber. Nun konnte sie seine Tränen verstehen. Das Medaillon musste einmal jemandem aus dem Palast gehört haben, vielleicht einem Berater von Vans Vater. Es zeigte die königliche Familie- Van mit seinem Bruder und seinen Eltern, glücklich zusammen. Bei dem Angriff der Zaibacher war Van nichts geblieben, nicht das kleinste Erinnerungsstück. Und nun fand er das hier in den Trümmern. Es war wirklich kein Wunder, dass es ihn so hart getroffen hatte.

Van hatte Merle das Medaillon gegeben. Er hielt es anscheinend nicht aus, es selbst zu behalten, aber wollte es auch nicht wegwerfen. Sie konnte gut nachempfinden, was er fühlte. Sie hatte es mühsam geputzt und nun glitzerte das Silber wieder in der Morgensonne.

Sie merkte, wie sich jemand über sie beugte. "Hübsch. Zeig mal her." Sagte dieser jemand und entriss ihr das Medaillon. Zornbebend fuhr Merle herum und riss die Augen auf. Vor ihr stand doch tatsächlich ein Katzenjunge! Dabei hatte sie gedacht, dass sie die letzte ihres Volkes war. Sein Fell war leicht heller als ihres und die Streifen ergaben ein etwas anderes Muster und er schien etwa so alt wie sie zu sein.

Er hielt das Medaillon hoch in das Licht und betrachtete es eingehend. Dann grinste er Merle an. "Wirklich hübsch. Danke." Mit einem Satz sprang er die Treppen hinunter und lief auf allen vieren davon. Endlich erwachte Merle aus ihrer Starre. "He! Moment mal. Bleib stehen, du Dieb!" Sie rannte hinter ihm her. "Du sollst stehen bleiben!"

Doch der Katzenjunge lachte nur und streckte ihr über die Schulter die Zunge raus. "Fang mich doch, lahme Ente!" Lachend sprang er über einen Korb mit Äpfeln, den Merle prompt umstieß.

"He, Kommt sofort zurück! Ihr seid wohl verrückt!" rief die erboste Marktfrau ihnen hinterher, aber selbst wenn Merle es mitbekommen hätte, wäre es ihr egal gewesen. Dieses Drecksstück von einem Dieb hatte das Medaillon gestohlen, das ihr Van ihr gegeben hatte, und er würde teuer dafür bezahlen müssen!

Der Dieb rannte zwischen zwei überladenen Marktständen hindurch und rannte in eine kleine Gasse. Sie sah gerade noch, wie er um eine Ecke bog. Die Jagd ging weiter, Merle ihm immer dicht auf den Fersen, doch ohne ihn einzuholen. Langsam kamen sie in den Teil Fanelias, der noch immer in Ruinen lag. >Ich werde noch verrückt. Der Kerl ist schnell wie ein Wiesel.<

Dann stand sie plötzlich allein auf einer Kreuzung. Erschrocken schaute sie sich um, voll Panik bei dem Gedanken, ihn verloren zu haben. Dann stahl sich ein sardonisches Grinsen auf ihr Gesicht. Sie hatte die Spitze seines Schwanzes in den Ruinen links von ihr gesehen. Vorsichtig schlich sie heran, trat durch die leere Tür und blickte suchend umher.

"Hier oben!" Sie sprang herum und starrte auf diesen Kerl, der da mit einem breiten Grinsen auf sie herabsah. "Du bist ziemlich schnell. Ich musste mich direkt anstrengen. Hier, fang!" Er warf ihr etwas zu, und Merle starrte verblüfft auf das Medaillon in ihren Händen. Mit einem eleganten Sprung landete der Junge vor ihr und meinte bedauernd "Tut mir leid, dass ich dich so durch die Straßen gehetzt habe, aber ich musste dich allein erwischen" "Häh?"

Jetzt verstand Merle gar nichts mehr. Er hielt ihr ein kleines Stück Papier hin. "Die Nachricht ist für dich. Von einem gewissen Van. Sagt dir Name etwas?" fragte er scheinheilig. "Ich kann die Botschaft aber auch wegschmeißen, wenn du sie nicht haben willst." Mit einem Aufschrei riss sie ihm den Papierfetzen aus der Hand, blickte ihn dann aber misstrauisch an.

"Woher soll ich wissen, dass sie wirklich von Van ist? Du machst dich doch bloß lustig über mich!" Mit gespielter Entrüstung, in der aber auch ein Hach Ernsthaftigkeit lag, beteuerte er "Soweit ich weiß, ist sie tatsächlich von ihm. Ich habe sie mit einer Brieftaube erhalten. Aber die Absender lügen nicht, und irren tun sich nur sehr selten. Wie dem auch sei, ich habe meine Aufgabe erfüllt. Mach damit, was du willst." Er drehte um und rannte auf allen vieren davon, Merle blickte ihm unschlüssig hinterher.

Unschlüssig setzte sie sich auf einen Haufen bröckelnder Ziegelsteine und schaute auf den Zettel in ihrer Hand. Dann öffnete sie ihn zögerlich. >Das ist Vans Handschrift! Bin ich froh, dass Vargas mich gezwungen hat, mit ihm lesen zu lernen.<
 

Hallo Merle!

Es tut mir leid, dass wir einfach so verschwunden sind, aber du hast so fest geschlafen, dass wir dich nicht wecken wollten. Ich habe die gefunden, die ich gesucht habe, aber das hat mehr Fragen aufgeworfen, als es gelöst hat. Ich werde jemanden treffen, der sie mir vielleicht beantworten kann. Ich weiß nicht, wann ich dir wieder eine Nachricht schreiben kann, es kann also sein, dass du eine Weile auf weitere Nachrichten warten musst. Es ist übrigens etwas unglaubliches passiert. Hitomi ist hier. Ich konnte es kaum glauben, dass sie ausgerechnet hier ist. Jedenfalls hatte sie die Vision einer Gefahr. Wir werden versuchen sie zu lösen. Mach dir keine Sorgen. Wir schaffen das schon.

Dein Van
 

"WIR! WIR schaffen das schon! Das ist doch nicht auszuhalten! Diese verdammte Hitomi, immer muss sie sich einmischen!" schrie Merle und tobte herum. Sie wirbelte soviel Staub auf, dass sie keine Luft mehr bekam und sich niesend auf den Boden hocken musste. Aus der Entfernung wunderte sich der Katzenjunge über ihre heftige Reaktion und schlich dann von dannen.
 

"Wir sind bald da." Sagte Flöte, und Hitomi schreckte aus ihren Gedanken. Sie hatte schon eine ganze Weile verwundert die Eule angeblickt, die vor einigen Stunden angeflogen und auf Keels Schulter gelandet war. Niemand war verwundert gewesen. "Wir sind Partner." Hatte er lediglich zur Erklärung gesagt, ohne näher darauf einzugehen. Die Eule hatte die ganze Zeit dagesessen und geschlafen, und Keel schien sie nicht mal richtig wahrzunehmen. Trotzdem hatte Hitomi bei ihr irgendwie ein merkwürdiges Gefühl.

"Halt!" Die Anspannung in Flötes Stimme machte ihre Gruppe ziemlich munter. "Da ist jemand vor uns." "Kannst du feststellen, wer und wie viele?" fragte Keel alarmiert und rückte sein Schwert zurecht. Das kleine Mädchen schloss die Augen und Hitomi hatte das Gefühl, als ob ihr Geist sie verlassen hätte, so steif saß sie da. Dann entspannte sie sich wieder.

"Das sieht nicht gut aus. Es sind ungefähr ein Dutzend- und sie suchen anscheinend nach dem selben wie wir. "Das ist unmöglich!" rief Eliandra erschrocken. Außer dir und mir weiß doch keiner, wohin wir wollen." "Anscheinend doch. Sie suchen jedenfalls nach einer Höhle."

"Das kannst du von hier aus feststellen?" fragte Van verwundert. "Natürlich." "Wie?" Flöte lächelte ihn schalkhaft an "Dazu bist du noch zu jung. Nein, im Ernst, ich kann es nicht erklären. Es geht einfach."

Bevor das Gespräch zu sehr ausarten konnte, fragte der praktische Keel "Was machen wir jetzt?" Flöte zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Sie müssen weg." Eliandra ließ einen tiefen Seufzer vernehmen. "Mit anderen Worten: Wir kämpfen." "Sieht so aus, aber erst werden wir ein bisschen spionieren. Keel, das ist dein Fachgebiet."

Keel lachte das erste fröhliche Lachen, das Hitomi von ihm gehört hatte. "Wi de Lady wünscht. Der olle Keel wird's schon maachen." Er machte die Andeutung einer Verbeugung und scheuchte die Eule mit einer Handbewegung von seiner Schulter. "Wach auf, Dari. Es gibt Arbeit."

Die Eule flog empört über diese rüde Behandlung ein paar Runden um seinen Kopf und setzte sich dann wieder auf seine Schulter. >Die Eule hat ja auch einen Namen, genau wie sein Pferd. Dieser Keel ist wirklich seltsam. Irgendwie..... irgenwie glaube ich, das er mehr ist, als es den Anschein hat. Die Eule scheint ihn wirklich zu verstehen. Meinte er das mit Partner?<

Flöte hatte die Umgebung gemustert und sagte im Befehlston "Dort vorne ist ein gutes Versteck. Die Büsche werden unsere Pferde verdecken, und weiter vorn gibt es Felsen, hinter denen wir uns verstecken können. Sie sind in der Schlucht dahinter, darum können wir sie noch nicht sehen. Wir werden uns dort einrichten, während Keel seiner Aufgabe nachgeht."

Nachdem sie die Pferde versteckt hatten, postierten sie sich bei der Gruppe Felsen, die ihnen hervorragenden Sichtschutz boten. Sie konnten einen Großteil der engen Schlucht einsehen, von unten aber nur durch Zufall entdeckt werden. Während die Felswände links und rechts von ihnen steil aufstiegen, war ein paar hundert Meter vor ihnen ein senkrechter Abhang.

"Die Höhle, zu der wir wollen, liegt fast direkt unter uns. Aber die Kerle können noch lange suchen, sie werden den Eingang nie entdecken. Sie stehen wahrscheinlich direkt davor und wissen es nicht." Flöte blickte höchst zufrieden auf die Männer, die sich gerade zu einer Pause um ihr Feuer versammelt hatten. "Ah, da ist Keel." Hitomi konnte nichts sehen, und sie fragte flüsternd "Wo?" Ebenso leise antwortete Flöte "Dort, neben dem Busch." Nach kurzer Zeit sah sie ihn. "Aber werden sie ihn nicht sehen, wenn er so nah ist?" Diesmal antwortete Van ihr "Nein, vor ihm ist eine kleine Erhebung im Boden. Solange niemand von ihnen näher kommt, ist er völlig sicher, und kann sie belauschen."

Nach einer Weile sahen sie, wie Keel vorsichtig von den Männern wegkroch. Doch er schaffte es nicht mehr rechtzeitig. Die Männer hatten offenbar ihre Pause beendet und undeutlich hörten sie die Befehle von einem von ihnen, der den Rest zur Arbeit antrieb. Van griff nach seinem Schwert und wollte aufspringen, aber Taro hielt ihn fest. "Was soll das? Willst du uns verraten?" "Aber sie werden ihn entdecken!" Taro schüttelte missbilligend den Kopf. "Unsinn. Warte es ab."

Wie um seine Worte zu bestätigen, flog plötzlich Keels Eule auf die Männer zu, und griff einen von ihnen an. Dieser versuchte sich zu wehren, und schlug verzweifelt nach dem Vogel, hieb aber jedes Mal daneben. Seine Kameraden sahen ihm lachend dabei zu, und Keel gelangte ungesehen aus ihrer Reichweite. Dari brach ihren Angriff ab, und flog in einem weiten Bogen davon. Sie traf gleichzeitig mit Keel ein, der ihr lobend mit einem Finger durch ihr Gefieder fuhr, was ihr anscheinend sehr gefiel.

"Also, erzähl mal." Fragte Taro ungeduldig. "Hätte schlimmer sein können." Meinte er. "Sie sind zwar bewaffnet, aber anscheinend allesamt unerfahren. Und es sind Zaibacher, elf.

Anscheinend gehören sie einer Art Rebellengruppe an, die ihren Ursprung in einer geheimen Festung der Zaibacher hat, die den Krieg unerkannt überstanden hat. Jedenfalls ist einer von ihnen überzeugt, dass es hier eine Höhle mit einer Geheimwaffe geben soll. Er hat wohl mal bei Dornkirk gearbeitet, und nach seinem Tod in seinen Aufzeichnungen etwas gefunden."

"Dann ist es das, was wir holen, eine Waffe?" fragte Hitomi überrascht und verärgert. Flöte verneinte "Das, was wir brauchen, kann zwar als Waffe eingesetzt werden, hätte ihnen aber nichts genützt. Nein, ich sage nichts darüber" kam sie der nächsten Frage voraus "Die Überraschung möchte ich mir nicht verderben."

Sie zogen sich zu ihren Pferden zurück, nur Keel blieb auf Beobachtungsposten. "Was meint ihr" fragte Taro "Wie gehen wir vor?" Eliandra antwortete "Es hat keinen Zweck, am Tag anzugreifen, warten wir bis zur Nacht." Sie waren dabei, einen Plan auszuarbeiten, als Keel angestürzt kam. "Sie haben anscheinend etwas gefunden. Sie wollen einen Felsen zur Seite schieben, aber ich kann nicht sehen, welchen, es muss direkt unter meinem Posten sein.

Flöte fing an zu fluchen und Hitomi staunte über ihren Wortschatz. Nachdem sie sich beruhigt hatte, sagte sie mit grimmigem Gesicht "Das darf nicht passieren. Sie lösen sonst eine Falle aus und die Höhle stürzt ein. Dann brauchen wir Wochen, um alles weg zu räumen." "Tja, dann bleibt wohl nur der Frontalangriff." Taro zog sein Schwert und betrachtete es prüfend.

"Nein." Sagte Flöte "ich habe einen besseren Vorschlag." "Dann lass ihn mal hören." Forderte Eliandra sie auf "Ich hasse es, wenn ich diesen Hitzkopf zusammen flicken muss." Sagte sie mit einer Geste auf Taro. "Er ist ein unglaublich undankbarer Patient." "Und du eine unglaublich grobe Heilerin." "Genug." Ermahnte Flöte die beiden. "Hört zu. Als ich die Anwesenheit der Männer gespürt habe, habe ich Akoth Bescheid gegeben. Er ist gleich hier. Er wird einen Ablenkungsangriff starten."

Thana, die die ganze Zeit ruhig gewesen war keuchte, und Hitomi sah, wie sich ihre Hände verkrampften. "Du musst nicht zusehen, Thana. Du brauchst auch nicht kämpfen. Die Männer schaffen das allein, wenn Akoth ihnen hilft." Eliandra atmete hörbar auf "Da bin ich aber froh. Ich hatte schon gedacht, ich muss auch kämpfen." Taro legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter "Schon gut, wir schaffen das." Geistesabwesend lehnte sich Eliandra an ihn, und Hitomi fragte sich zum ersten Mal, ob zwischen den beiden mehr war, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.
 

Sie waren, bis auf Thana, die bei den Pferden geblieben war, wieder zu ihren Felsen geklettert. Erst hatte Hitomi bei ihr bleiben wollen, aber dann hatte sie den Gedanken nicht ausgehalten, nicht zu wissen, was passierte, vor allem, was mit Van passierte. "Sie scheinen noch alle da zu sein." Sagte Keel nach einer raschen Zählung. "Gut, dann bringt euch jetzt in Stellung." Sagte Flöte "Ich gebe Akoth Bescheid, er ist in fünf Minuten da." Sie schloss die Augen und übersandte ihm ihre Botschaft. "Wie machst du das?" fragte Hitomi sie leise, als sie die Augen wieder öffnete "Weiß ich nicht. Es geht einfach. Ich denke an ihn, sage, was ich ihm sagen will, und das wars." Sie schaute nach unten, und nickte zufrieden. "Da sind sie. Dann ist ja alles bereit."

Es war ein schneller Kampf. Akoth rauschte heran, und griff zwei der Männer an, die er gegen einen Felsen schleuderte, und sie außer Gefecht setzte. Hitomi drehte sich um, und auch Eliandra und Flöte schauten weg. Die restlichen Männer versuchten, sich dem Drachen entgegen zu stellen, aber in diesem Moment brachen Keel, Taro und Van aus den Büschen und fegten über sie hinweg. Eine Minute später war es vorüber. Zu ihrem Glück hatten die Männer eingesehen, dass sie keine Chance hatten, und sich ergeben, so dass niemand getötet wurde. Sie wurden gefangen genommen und gefesselt, und Akoth flog auf eine Felsnadel in der Nähe. Auch er kämpfte nicht gerne.

Sowie der Kampf vorbei war, rannte Eliandra nach unten, Hitomi und Flöte folgten ihr. Als die beiden ankamen, beugte sich Eliandra schon über einen der verletzten Zaibacher, doch plötzlich fragte sie mit gefährlicher Ruhe. "Keel, wie viele hast du gezählt?" "Elf." "Hier sind aber nur zehn." "Verdammt! Sucht ihn!" rief Taro, über seine Unachtsamkeit schimpfend.

Alle blickten sich suchend um, aber es war Thana, die ihn entdeckte. Sie kam gerade den felsigen Weg herunter, als sie ihn nur zwanzig Meter von sich entfernt entdeckte. Sie schrie auf, und alle fuhren zu ihr herum. "Es ist der Anführer." rief Keel. "Typisch." Der Zaibacher drehte sich um, sein Gesicht eine Grimasse der Wut. Er holte ein Messer und warf es mit der Kraft der Wut auf die am nächsten stehende Person.

Das Messer flog in einem leichten Bogen auf Thana zu, und Hitomi konnte deutlich sehen, wie sich ihre Augen vor Schreck weiteten. Die Zeit schien immer langsamer zu werden, ein Augenblick wurde zu einem ganzen Jahr, und das Messer flog nun wie durch zähflüssigen Sirup. Thanas ohnehin blasses Gesicht wurde weiß wie Schnee, und Angst schrie in Hitomi auf >Nein! Bitte nicht!< Dann schlich sich ein Schatten in ihr Blickfeld, irrsinnig schnell in dieser nun fast erstarrten Welt, und mit einem hässlichen Geräusch fuhr das Messer in Akoths Hals.

"Neeeiiiiiiiiinnnnn!" gellte Flötes Schrei in ihren Ohren, ob er noch Thana galt, oder schon dem Drachen, konnte sie nicht feststellen. Dann stolperte sie plötzlich vorwärts, und die Zeit lief wieder normal.

Thana klappte zusammen und fing an zu weinen, Hitomi stolperte zu ihr, Flöte rief "Akoth!" und Taro und Van rannten hinter dem Zaibacher her. Eliandra ließ keinen Laut von sich hören und lief an Keel vorbei auf den verwundeten Drachen zu, der einen Bogen geflogen war, und jetzt eine Bruchlandung hinlegte. Er plumpste auf den Boden, überschlug sich um ein Haar, und blieb dann röchelnd liegen. Das Messer steckte in seinem Hals und violettes Blut floss aus dieser Wunde.

Flöte umarmte seinen Kopf und streichelte seine Nase mit ihren kleinen Händen, während Eliandra sich die Wunde ansah. "Er wird es überstehen." Meinte sie schließlich. "Aber er hat verdammtes Glück gehabt. Hätte das Messer nur ein paar Zentimeter tiefer getroffen, hätte es die Halsschlagader durchtrennt."

Bei diesen Worten wand sich Thana aus Hitomis Umarmung, die versucht hatte, sie zu beruhigen. Eine seltsame Entschlossenheit stand in ihren Augen, und eine Frage schimmerte dahinter. Langsam, als ob sie gegen einen Sturm lief, ging sie zu Akoth und stellte sich vor ihm hin. Der Drache sah sie mit einem fragenden Blick an, und mühsam brachte sie ihre Frage heraus.

"Warum?" "Warum hast du mich gerettet?" Dann schrie sie plötzlich und die Worte sprudelten aus ihr heraus. "War es wegen meinen Eltern? Meinst du, das macht es wieder gut? Oder" fügte sie gehässig hinzu "Oder hast du nicht daran gedacht, wen du rettest." Sie starrte ihm in die Augen, und langsam wankte ihr Blick vor der Ruhe in den Drachenaugen. "Nein." Sprach schließlich seine Stimme in ihren Köpfen. "Ich habe nicht daran gedacht, wer du bist. Ich habe einfach nur jemanden beschützt, dessen Zeit noch nicht abgelaufen war."

Thana stand noch eine Weile zitternd da, und der Kampf in ihrem Inneren tobte. Schließlich konnte sie nicht mehr stehen und fiel vor dem Drachen auf die Knie. Sie sah ihn an, und langsam hob sie einen Arm. Ihre Hand bebte, als sie sich dem Drachen näherte, und schließlich legte sie ihre Fingerspitzen auf seine Nüstern. All ihre Wut und ihr Hass schienen durch diese Berührung davon zu fließen, und ein Schatten, der seit Tagen auf ihr gelegen hatte, löste sich in Nichts auf. Flöte nahm Thanas Hand behutsam und sah ihr in die Augen. Langsam nickte Thana und umarmte das kleine Mädchen.

"Sie haben ihn." Sagte Keel plötzlich und zeigte auf Taro und Van, die den Zaibacher vor sich her trieben. Flöte stand auf und ging ihnen entgegen, eine tödliche Ruhe ausstrahlend. Der Zaibacher funkelte sie nur böse an. Taro stieß ihn zu Boden, und fragte ihn nach seinem Namen. "Aus mir bekommt ihr nichts heraus!" rief er und spuckte ihn an. Taro wischte sich unbeeindruckt die Spucke vom Gesicht und meinte fast mitleidig "Du solltest besser auf unsere Fragen antworten. Weißt du, wenn du uns nicht von Nutzen bist, überlassen wir dich Flöte. Du hast gerade versucht ihre beste Freundin zu ermorden. Sie wird ziemlich wütend sein." Sagte er und zeigte auf sie. "Na und?" Der Mann lachte hämisch "Ein kleines Mädchen! Soll sie mich kitzeln, oder was?" Taro schüttelte den Kopf "Ts, ts. Ein Verrückter."

Eliandra seufzte überlaut und holte demonstrativ ihr Verbandszeug wieder hervor, das sie gerade erst weggepackt hatte, und Flöte ging langsam auf den Gefangenen zu.

>Nanu? Was war das?< wunderte sich Hitomi >Nein, das habe ich mir nur eingebildet.< Doch dann sah sie wieder das Flackern in dem Smaragd in Flötes Stirnreif. Erst war es kaum zu sehen, doch dann wurde es heller und heller. Schließlich strahlte das Licht in einem eisigen, hellblauen Ton und Flöte hob langsam ihre Hände, die jetzt auch zu leuchten begannen.

Der Zaibacher sah sie an und Hitomi konnte geradezu sehen, wie die Angst in ihm hochstieg. Flöte trat einen Schritt auf ihn zu, der Mann versuchte aufzustehen, aber Taro hielt ihn am Boden. "Ein kleines Mädchen, ja? Wollen doch mal sehen, was ich so alles kann." Ihr Tonfall triefte vor Sadismus und dem Zaibacher fielen fast die Augen aus, als kleine Blitze zwischen ihren Fingern hin und her zu springen begannen.

>Das können sie doch nicht machen! Das hat selbst er nicht verdient, was immer sie auch mit ihm anstellen will. Wie kann sie bloß so grausam sein?< dachte sich Hitomi, und machte Anstalten, Flöte zu hindern, aber Keel, der unbemerkt hinter sie getreten war, hielt sie fest und flüsterte ihr zu "Keine Sorge, das ist nur Show. Wir foltern niemanden, jedenfalls nicht wirklich. Angst ist viel effektiver. Taros Bedauern und dass Eliandra ihre Heilsachen wieder herausholt, die Blitze- das gehört alles dazu, wie bei einem Theaterstück."

Das Stück erreichte nun seinen Höhepunkt. Die Blitze umwaberten Flöte nun wie in einem Tornado, und der Zaibacher wand sich schreiend in den starken Armen Taros. Dieser hatte Van mit einer Geste zurück gehalten, und ihm anscheinend schon gesagt, dass es nur Angstmache war, trotzdem stand Van äußerst unruhig da. "Nein, nein! Sagt ihr, sie soll aufhören! Ich sage alles! Bitte!" Flöte ließ die Arme sinken und das Gewitter um sie herum ließ nach. Schließlich stand sie da, ein kleines Mädchen, bei dem man nichts Ungewöhnliches vermutet hätte.

"Schaff ihn hier weg, Taro. Ich will nichts mit ihm zu tun haben." Taro riss den wimmernden Gefangenen hoch. "Du hast sie gehört. Und wenn du mir nicht alles sagst, was ich hören will..." Er ließ den Satz unvollendet und ging mit dem stolpernden Zaibacher weg.

"Gute Show." Eliandra packte wieder alles ein und sagte zu Akoth "Was aber nichts an der Tatsache ändert, das unser Messerfänger hier so schnell nicht mehr fliegen kann. Die Wunde würde aufgehen." "Macht nichts." Flöte rief Van und Keel heran. "Was ist?" "Van, du wirst einen Brief an deinen Freund schreiben. Wir brauchen ein Luftschiff." Sie deutete auf Akoth "Er kann nicht mehr fliegen." Van schaute ungläubig auf Akoth "Allen wird etwas dagegen haben, einen Drachen an Bord zu nehmen." "Das ist dein Problem. Ich habe keine Lust, zu warten, bis die Wunde verheilt ist. Die Gefangenen müssen auch weggebracht werden. Und unsere andere Fracht möchte ich auch nicht gerade auf den Pferden transportieren. Ich kann dir eine Wegbeschreibung geben."

Keel schaute sie fragend an "Unsere andere Fracht?" "Ja. Ruf Dari." Doch die Eule kam schon angeflogen und setzte sich auf Keels Schulter, die Augen fragend auf Flöte gerichtet. "Oh! Du hast voraus gedacht." "Spotte nicht so. Es gibt ja schließlich sonst keine Postboten hier." "Dari wird den Brief überbringen." Erklärte Eliandra Van und drückte ihm das Schreibzeug in die Hand. "Aber sie spielt ungern den Boten, also halte dich kurz. Je leichter, desto höher stehst du in ihrer Gunst- oder besser gesagt- desto weniger tief."

Van zog sich an eine abgelegene Stelle zurück und Hitomi folgte ihm. "Der Kampf scheint ihnen gar nichts ausgemacht zu haben. Sie albern schon wieder herum, und das nach dem mit dem Zaibacher" "Nein, Hitomi." Sagte Van und breitete das Papier auf einem Felsen aus.

Hitomi half ihm und hielt es fest. "Du irrst dich. Das Herumalbern- damit verdecken sie nur ihre Angst und den Schrecken. Das ist bei allen Soldaten so. Ich kenne es. Wer jeden Tag den Tod fürchten muss, muss damit auf seine Art fertig werden. Sie verspotten den Tod und das Leben. Andere erwähnen den Tod nicht. Bei jedem ist es anders. Wer es nicht schafft, damit fertig zu werden, wird verrückt. So einfach ist das."

Hitomi dachte an die rüde Begrüßung, die sie erhalten hatte, als sie das erste Mal in Allens Crusador aufgewacht war. Die Besatzung hatte über sie und Allen gespottet, dass ihr das Blut in den Kopf gestiegen war. "Ich glaube, du hast recht. Aber du hast nicht gespottet. Niemals. Was hat dir geholfen?" Van blickte sie an, sein Blick aber ging durch sie durch. "Rache. Ich wollte Rache. Für Vargas, Fanelia..." Plötzlich sah er sie an, und unter seinem starren Blick zuckte Hitomi zurück. "Ich wollte einfach nur Rache."

Plötzlich wurde sein Blick weich, fast verträumt und er lächelte "Aber dann hat mir jemand gesagt, das Rache nur weiteren Tod bringt. Ich habe es lange nicht verstanden, Hitomi. Ich dachte, du würdest einfach nicht verstehen, wie ich mich fühlte, alle tot... Aber du hattest Recht. Krieg bringt nur neuen Krieg." Er schaute zu den Gefangenen, die fest verschnürt dasaßen. "Ich hoffe, wir können diesmal den Krieg verhindern." Hitomi schaute ihn überrascht an. >Er hat sich sehr verändert. Es macht mich traurig, ihn so besorgt zu sehen.<

"Bist du fertig? Dann gebe ich dir jetzt die Wegbeschreibung." Schreckte Flöte die beiden auf. "Ja ich bin fertig." Nach der Anweisung des kleinen Mädchens beschrieb er Allen den Weg. Hitomi ging zu Thana, die noch immer vor Akoth saß und ihn anstarrte.

"Thana?" Rief Taro. Sie schaute hoch "Der Zaibacher möchte nur mit dir reden." Unschlüssig stand sie auf. "Vielleicht möchte er sich bei dir entschuldigen?" mutmaßte Hitomi. Thana lachte gezwungen. "Das glaube ich nicht. Aber ich finde es nie heraus, wenn ich nicht hingehe, oder?" Sie stand auf und ging an der verblüfften Hitomi vorbei, die ihr überrascht nachsah. Neugierig geworden folgte sie ihr. Auch Van, der die Botschaft fertig geschrieben und Keel gegeben hatte, kam neugierig näher.

"Also, was willst du?" fragte Thana mit gezwungener Ruhe. "Mich entschuldigen. Ich hätte das Messer nicht auf dich werfen sollen." Er blickte sie bittend an, aber etwas stimmte nicht. "Pass auf, Thana!" wollte Hitomi sagen, aber es war bereits zu spät. Keel hatte Dali die Botschaft umgebunden, und nun flog die Eule davon, nur einen Meter über ihren Köpfen. Die kurze Ablenkung ausnutzend, sprang der Zaibacher hoch, Hitomi hörte ein Ratschen, etwas blitzte auf, und schon hielt der Zaibacher ein verstecktes Messer an Thanas Kehle. Taro und Van zogen ihre Schwerter.

"Wenn du sie nicht sofort loslässt, ist das dein Tod!" drohte Taro und kam einen Schritt näher. Der Zaibacher zog sich zurück, das Messer an Thanas Hals. Schritt für Schritt näherten sie sich dem Abgrund. "Kommt mir nicht zu nahe, oder sie stirbt!" "Du stirbst, wenn du sie nicht sofort loslässt!" antwortete Taro. "Nein, er stirbt auch so!" erklang Flötes Stimme direkt neben Hitomi. Sie schaute geschockt auf das kleine Mädchen, das merkwürdig unbeeindruckt den Zaibacher anblickte. Flöte wechselte einen Blick mit Thana. Die beiden nickten sich zu, und Hitomi hatte das Gefühl, dass sie etwas Bedeutsames verpasst hätte. Dann bekräftigte Flöte ihr Urteil noch einmal.

"Du bist tot, was immer auch passiert. Jetzt geht es nur noch um die Art deines Todes." Wieder flammte der Stein an ihrer Stirn auf, und der Zaibacher wich noch weiter zurück. Mit einem leisen Poltern lösten sich ein paar Steine, als er am Rand des Abgrunds war.

"Wie du meinst." Seine Stimme klang hämisch, und beginnender Wahnsinn glitzerte in seinen Augen. "Dann sterbe ich, aber nicht allein!" Er trat einen Schritt zurück und riss Thana mit in den Abgrund. "Thana!" >Das kann doch nicht sein! Sie kann doch nicht sterben!< Hitomi rannte zum Abgrund. Bevor sie da war, sprang bereits Van hinunter, um Thana zu retten. Hitomi schaute nach unten. Durch ihren Schwung wäre sie fast selbst hinabgefallen, doch Taro hielt sie fest. "Willst du auch noch hinterher springen, oder was?" Fragte er sie wütend und riss dann die Augen auf.

"Das gibt's doch nicht!" Auch Hitomi konnte nicht fassen, was sie sah. Im Fallen hatte sich Thana befreien können und nun flog sie mit großen, weißen Flügeln neben Van, der sie vollkommen überrascht umkreiste. Der Zaibacher hatte im Fallen geschrieen. Nun schlug er an die Felswand, die im unteren Teil des Tals nicht mehr senkrecht war, sondern in steilem Winkel einen V-förmigen Einschnitt bildete. Er schlug, einmal, zweimal, dreimal auf, jedes Mal schrie er vor Schmerz, und schließlich schlug er lautlos unten auf. Hitomi wandte sich von dem grausigen Schauspiel ab und versuchte, den Brechreiz zu unterdrücken.

Taro lachte grausam, "Darum hast du ihn also in den Abgrund getrieben, Flöte! Du wolltest, dass er springt!" "Nein, ich wollte nur, dass er Thana freilässt. Das erschien mir der beste Weg. Ich habe ja gesagt, es geht nur um die Art seines Todes. Er hat sich für die schmerzhafte Art entschieden, und ich kann nicht sagen, dass ich das sonderlich bedauere. Ich habe ihm eine Chance gegeben, die hat er nicht genutzt."

"Du bist grausam!" warf Hitomi, der immer noch schwindlig war, dem kleinen Mädchen vor. "Mag sein." Antwortete sie "Aber wir müssen eine Welt retten. Wenn es nur um dich und Van ginge, würde ich euch die Art überlassen, in der wir vorgehen. Aber es geht hier um Gaia, und ich werde nichts aufs Spiel setzten, weil ein paar Fanatiker unbedingt einen neuen Krieg wollen. Wer sich in den Weg stellt, wird zur Seite geräumt. Auf welche Art, entscheidet dieser jemand selbst durch seine Taten."

In diesem Moment flogen Van und Thana wieder aus der Schlucht, und landeten vor ihnen. Ihre Flügel verschwanden und sie beide blickten sich an, als ob sie sich zum ersten Mal sehen. "Du bist auch vom Drachengottvolk!" brach es zeitgleich aus den beiden heraus. Thana fragte Flöte gekrängt "Warum hast du mir nichts gesagt? Du wusstest doch davon, oder?" Flöte schaute sie verwirrt an "Thana Liebes, ich habe gedacht, du wüsstest es. Ehrlich gesagt, bist du die einzige von uns allen hier, die es nicht weiß."

Überrascht bemerkte Hitomi, dass Thana rot wurde "Dann liegt es wohl an mir, oder?" "Allerdings. Du weißt doch, dass er der König von Fanelia ist, oder?" "Ja, auch wenn ich zugeben muss, dass zuerst nicht gedacht habe, dass er dieser Van ist." "Welches war die erst Prophezeiung, die du lernen musstest?" "Die von Escaflowne... Oh! Ich bin wirklich dumm."

Das sonst blasse Mädchen wurde nun knallrot. "Schön, das du es einsiehst. Habe ich nicht immer gesagt, jede Prophezeiung hat ihren wahren Kern? Du wusstest, Escaflowne kann nur von jemandem aus dem Drachengottvolk gesteuert werden. Van konnte ihn steuern. Der Rest ist Erstklässler-Logik."

Plötzlich rastete etwas in Hitomi ein. Etwas, vorüber sie lange gerätselt hatte wurde nun glasklar und sie rief es ohne Nachzudenken. "Deshalb hast du gesagt, Akoth wäre am Tod deiner Eltern schuld, obwohl die Dorfbewohner sie getötet haben! Sie wussten, dass deine Eltern vom Drachengottvolk sind, und haben sie deswegen getötet, als das Dorf von Drachen verwüstet wurde."

Ihr wurde bewusst, was sie gesagt hatte, und verlegen entschuldigte sie sich. "Tut mir leid, ich wollte dir nicht..." Aber Thana wischte ihre Entschuldigung mit einer Handbewegung zur Seite "Ist schon gut. Du hast Recht. Aber ich würde lieber nicht darüber reden." Etwas anderes fiel Hitomi ein. >Darum hat Van das Gefühl gehabt, sie zu kennen. Sie kommt aus seinem Volk. Sie sind die letzten beiden. Die letzten...< Sie warf einen Blick auf Van, der Thana immer noch völlig überwältigt anstarrte. Thana grinste ihn an "Bin ich so schön, dass du deine Augen nicht von mir nehmen kannst?" fragte sie belustigt und ganz entgegen der Art, die sie bis jetzt gezeigt hatte. Van zuckte zusammen und brachte kein Wort heraus.

Schließlich lachten beide, und alle fielen in ihr Gelächter ein. Nur Hitomi war still. Bitterkeit stieg in ihr auf >Dann ist wohl klar, wie das endet. Die letzten beiden. Wie konnte ich auch nur auf die Idee kommen, dass Van und ich vielleicht...<

"Ich glaube, es wird Zeit, uns zu sagen, warum wir hier sind." Sagte Keel mit einem auffordernden Blick an Flöte und riss Hitomi aus ihren Gedanken. "Du hast recht, es wird Zeit. Wir werden eine Weile brauchen. Kommt mit!" forderte Flöte sie auf, und führte sie an das Ende des schmalen Tals. Der Felsen vor ihnen bildete einen Überhang, der sich über einen Felsen wölbte, der doppelt so groß wie Hitomi war.

"Das ist der Eingang zu der Höhle, in der das ist, was wir suchen." "Hinter diesem Felsen?" fragte Van bestürzt "Wie sollen wir den denn zur Seite schieben?" "Gar nicht. Das mache ich." Flöte schaute ihn belustigt an. "Ich habe ihn dorthin gerollt, also muss ich ihn auch wieder wegschaffen."

"Du? Wie denn?" "So." meinte Flöte, trat an den Felsen und schloss die Augen. Der Stein in ihrem Stirnreif glühte auf, und ihr Gesichtchen verzog sich vor Anstrengung. Das Licht wurde so grell, dass sie die Augen fast schließen mussten und nur noch durch einen schmalen Schlitz sehen konnten. Dann knirschte es, und der tonnenschwere Fels rollte scheinbar mühelos zur Seite, und gab einen Höhleneingang frei.

"Ich bin beeindruckt." Meinte Taro trocken. "Dann wollen wir uns das Ganze mal anschauen." "Nein!" sagte Flöte entschlossen, und Taros Augenbrauen wanderten fast bis zum Haaransatz. "Was soll das heißen, nein?" "Das heißt, dass nur ich, Thana, Van und Hitomi reingehen werden. Der Rest bleibt draußen." "Dann ist Hitomi die dritte?" fragte Keel zweifelnd "Das soll gehen?" Flöte nickte "Sie schafft es."

Hitomi hatte ihre Überraschung überwunden und fragte "Wozu bin ich die dritte? Und wieso soll ich es nicht schaffen?" Doch Flöte schüttelte den Kopf. "Ich erkläre es euch dreien drinnen. Es ist einfacher, wenn man davor steht. Kommt!" forderte sie ihre Auserwählten auf und betrat die Höhle. Zögernd folgten sie ihr, während die anderen sich auf das Warten einrichteten.

Nach ein paar Schritten griff Flöte in eine unscheinbare Ritze in der Höhlenwand, und holte eine Fackel samt Feuerstein heraus. Sie zündete sie an und legte den Feuerstein wieder weg. "Es ist nicht sehr weit." An einigen Stellen verzweigte sich die Höhle, aber Flöte führte sie ohne zu Zögern mal in diese, mal in jene Richtung. Tatsächlich kamen sie schon zwei Minuten später in einen größeren Raum.

Flöte entzündete die Fackeln, die in den Wänden steckten. Während dessen betrachteten ihre Schützlinge erstaunt was sie im heller werdenden Licht sahen. Der Raum war anscheinend natürlich entstanden, wies aber an einigen Stellen Spuren von Bearbeitung auf. In der Mitte befand eine Art Podest, etwa einen Meter hoch, mit drei merkwürdigen Vertiefungen. Das erstaunlichste aber war die Tür dahinter. Aus Bronze mit eisernen Verzierungen stand sie scheinbar unverrückbar da.

"Was ist hinter dieser Tür?" Fragte Thana. "Das was wir suchen. Stellt euch im Halbkreis um den Altar." Wies Flöte die drei an. "Wir müssen die Tür erst öffnen." >Also kein Podest, sondern ein Altar, aber was soll das?< wunderte sich Hitomi. Trotzdem tat sie, was Flöte gesagt hatte, Thana links von ihr, und Van rechts, den Blick zur Tür. Flöte stellte sich auf die andere Seite. "Diese Vertiefungen sind für die Torsteine gedacht. Sie sind der Schlüssel für diese Tür. Van, leg deinen in die Vertiefung." Kommandierte sie.

Van sah Hitomi zögernd an, schließlich war es ja eigentlich ihr Anhänger. Dann legte er ihn vorsichtig auf den Alter. Der Stein passte genau in die Vertiefung vor ihm und der Anhänger leuchtete kurz auf. "Das Herz des Kämpfers." Sagte Flöte feierlich, und Hitomi hatte das Gefühl, das sie eine religiöse Zeremonie abhielt. "Thana." sagte Flöte, und nahm den Stirnreif ab, den sie trug. "Mein Torstein wird dein Schlüssel sein."

Thana legte verwirrt Flötes Reif in die Vertiefung vor ihr. Auch er leuchtete auf und Flöte sagte "Das verborgene Licht." Dann wandte sie sich an Hitomi "Auch du brauchst einen Torstein als Schlüssel." Van schaute auf den Altar. "Aber ihrer liegt doch schon hier." "Nein, das ist deiner. Wir brauchen einen anderen." "Aber sie hat keinen. Und du auch nicht mehr, oder?" Bevor Flöte antworten konnte, fiel Hitomi etwas ein.

"Doch, ich habe einen. Akoth hat ihn mir gegeben. Er ist in meiner Tasche. Ich hole ihn." Sie wollte sich schon umdrehen, aber Flöte hielt sie auf. "Nicht nötig." Sie holte den Armreif heraus, den Hitomi von Akoth erhalten hatte. "Ich war so frei, ihn mir mal kurz auszuleihen." Sie lachte "Was meinst du, wie geschockt ich war, als Akoth mir sagte, dass er den Torstein weggegeben hat. Aber als er sagte, dass du es warst, habe ich es als Bestätigung meiner Entscheidung angesehen, dich als die dritte zu nehmen. Es kann nämlich nicht jeder die Kräfte kontrollieren. Die Wächter haben dies alles erschaffen, aber es gibt keine Wächter mehr. Das Drachengottvolk kommt ihnen am nächsten. Deshalb Thana und Van. Fehlt noch einer. Sie sind die letzten ihres Volkes, da bin ich mir ziemlich sicher. Wer soll also der dritte sein? Hitomi wurde vom wilden Tor erwählt, außerdem fließt auch in ihr das Blut des Drachengottvolkes."

"In mir?" fragte sie überrascht. "Ja, aber das ist nichts besonderes. Wahrscheinlich hat jeder auf dem Mond der Illusionen irgendwann einen Atlanter als Vorfahren, sie sind schließlich nicht alle gestorben. Die Überleben haben sich mit den einfachen Menschen der anderen Kontinente vermischt. Das führte aber dazu, dass ihr Blut irgendwann so vermischt war, dass die Eigenschaften der Atlanter verschwanden. Sie verloren zum Beispiel ihre Flügel." >Aber vorher konnten sie fliegen. Ist das der Grund dafür, dass es überall auf der Welt Legenden von geflügelten Wesen gibt?<

"In Hitomi ist dieses Blut aber überraschend stark. Das wird auch einer der Gründe sein, wieso das Tor sie ausgewählt hat." Flöte gab Hitomi den dritten Torstein. "Leg ihn hinein." Hitomi atmete tief ein, und tat dann, was Flöte gesagt hatte. Auch ihr Torstein glühte kurz auf.

"Die vergessene Kraft." Erklang Flötes Stimme. Des Glühen ihres Torsteines erlosch, doch dann leuchteten alle drei hell auf. "Der Krieger, das Licht, und die Kraft sind vereint." Rief Flöte laut, die Arme erhoben und nach oben schauend.

"Die Gegenwart bittet die Vergangenheit, ihre Schätze freizugeben, auf dass die Zukunft gerettet wird." Das Licht der Torsteine wurde immer heller, ihr Gleißen schmerzte in den Augen, und dann hatte Hitomi das Gefühl, durch Raum und Zeit geschleudert zu werden. Dunkelheit umgab sie und endlose Stille.
 

>Wo bin ich?< "Van? Thana? Flöte? Wo seid ihr?" Stille. Das einzige Geräusch, das sie hörte, war das Schlagen ihres Herzens. Dann, langsam, als ob es sich nicht traute, erschien vor ihr ein Licht. Sie starrte es an, es wurde heller und heller. Sie spürte einen Sog, der sie unaufhaltsam darauf zu zerrte. Plötzlich sprang das Licht näher und hüllte sie ein. Vor Schreck schrie Hitomi auf- und spürte festen Boden unter ihren Händen.
 

Ungläubig betrachtete Hitomi den Rasen unter ihren Fingern, dann stand sie zögernd auf. Ihr stockte der Atem, als sie sah wo sie war. "Hitomi!" Sie drehte sich um. Neben ihr stand Van gerade auf, und hinter ihm lag Thana, die jetzt anfing, sich zu bewegen. "Van, Thana! Seid ihr in Ordnung." "Ich glaube schon." Sagte Van und half Thana hoch, die noch unsicher stehen blieb. Dann riss sie die Augen auf. "Wo sind wir?" fragte sie, und Hitomi antwortete "In Atlantis."

Über ihnen wölbte sich der riesige Baum, und in der Stadt unter ihnen liefen oder flogen die Leute kreuz und quer, jeder schien irgendein Ziel zu haben, und es gab anscheinend niemanden, der sich für die überraschenden Besucher interessierte. Doch das war ein Irrtum. "Willkommen in Atlantis." Sagte eine Frauenstimme hinter ihnen, die Hitomi bekannt vorkam. Sie drehte sich zu der Stimme um und sah zwei Frauen, die gerade die lange Treppe heraufkamen, und nun die Ebene vor ihnen betraten.

>Aber das ist doch Varie, Vans Mutter!< Und zur Bestätigung rief auch jemand vollkommen geschockt "Mutter!" Doch dann merkte Hitomi, dass es gar nicht Van war, der gerufen hatte. Er stand genauso verwundert da wie Hitomi, und schaute auf Thana, die die Frau neben seiner Mutter anstarrte.

Tränen rannen aus ihren Augen, und dann lief sie los. "Nicht Thana!" sagte die Frau noch, und machte eine abwehrende Geste, doch Thana lief weiter- und durch ihre Mutter hindurch.

"Ach Kind." Sagte sie traurig. "Ich bin doch tot. Wie also könntest du mich berühren? Das hier ist nur ein Traum, eine Vision. Nichts hier ist wirklich real, auch wenn es reale Auswirkungen hat."

"Du verwirrst sie nur." Tadelte Varie ihre Begleiterin. "Wir haben nicht viel Zeit, und sie sollten einen klaren Kopf behalten." Die Frau nickte ergeben und traurig gab sie Varie Recht.

"Es tut mir leid, Thana, aber wir werden keine Zeit für uns haben, so sehr ich mir das auch wünsche." Varie blickte jetzt Van an, und um ihre Mundwinkel spielte ein geheimnisvolles Lächeln. "Van, darf ich dir Karillia vorstellen, meine Schwester."

"Schwester?" Van war bleich wie Kreide. "Du hast mir nie gesagt, dass du eine Schw... Moment mal." Karillia lachte mit silberheller Stimme, die klarmachte, woher Thana ihre Stimme hatte. "ja, ich bin die Schwester deiner Mutter, und das bedeutet, ich bin deine Tante. Und meine Tochter ist deine Cousine." Van und Thana blickten sich mal wieder vollkommen überrascht an.

Schließlich lachte Thana "Darum hatte ich das Gefühl, dich zu kennen." "Du auch?" "Ja. Seit ich dich zum ersten mal sah." "Zum zweiten Mal." Sagte ihre Mutter. "Ihr seid euch schon einmal begegnet. Allerdings warst du da kaum ein Jahr alt, und Varie lag noch von der Geburt geschwächt im Bett." Van fragte seine Mutter "Warum hast du mir nie etwas erzählt?"

Varie schaute traurig über die weißen, in der Sonne blitzenden Häuser von Atlanis. "Das durfte ich nicht. Der Prophezeiung nach, würde jemand aus dem Drachengottvolk Gaia retten- zusammen mit dem Mädchen vom Mond der Illusionen" sie lächelte Hitomi an "der verlassenen Heimat des Drachengottvolkes. Wenn ihr voneinander gewusst hättet, hättet ihr euch gegenseitig in Gefahr gebracht." Karillia wurde unruhig "Wir müssen los." Varie nickte "Der Weg ist ziemlich lang. Wir werden fliegen." Sanft lächelte sie Hitomi an. "Das hier ist ein Traum. Hier kannst auch du fliegen. Stell dir einfach vor, du hättest Flügel. Es ist eigentlich ganz leicht." >Eigentlich ganz leicht. Wenn man damit geboren wird!< dachte sich Hitomi, tat aber, was Varie gesagt hatte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich.

Plötzlich spürte sie Van, Thana, Varie und Karillia, spürte all die anderen, und auf einmal ging es wie von selbst. Ein Ruck, und es war geschehen. "Na also, ich wusste, dass du es schaffst." "Es war ganz leicht." wunderte sich Hitomi. "Habe ich dir doch gesagt." Varie reichte ihr die Hand "Komm. Folge mir." Sie zog Hitomi zum Rand des Plateaus. Hitomi musste schluckte, als sie nach unten sah. Der Boden schien unendlich weit entfernt zu sein, und wenn sie aufschlug... Plötzlich spürte sie, wie jemand nach ihren Händen fasste.

"Und los." Sagte Van, und er und Thana, jeder eine Hand Hitomis haltend, ließen sich in die Tiefe fallen. Erschrocken schrie Hitomi auf, doch dann spürte sie einen Ruck und flog. "Tut uns leid." Sagte Van "aber du hättest sonst noch ewig so gestanden." "Und deshalb musstet ihr mir einen solchen Schreck einjagen?" Thana lachte vergnügt "Schreck hin oder her- ist es nicht ein herrliches Gefühl?"

Das war es in der Tat. Sie konnte den Wind spüren, die leiseste Strömung, und der Boden huschte unter ihr hin. "Kommt!" rief Varie ihnen zu, die mit ihrer Schwester über ihnen flog. "Wir haben noch einiges vor. Fliegt uns einfach nach."

Sie flogen über weiße Häuser, breite Straßen, schmale Gassen, Kanäle und kunstvolle Brücken. Dann landeten sie vor einem seltsamen Gebäude, mit drei Toren. "Gute Landung." Lobte Thana Hitomi. "Aber was sollen wir hier, Mutter?" Karillia deutete auf die Tore "Ihr müsst dort hindurch gehen. Es ist eine letzte Prüfung. Mehr kann ich euch nicht sagen. Ich weiß nicht, worin die Prüfung besteht. Ihr werdet selbst entscheiden, was eure Prüfung sein wird." Hitomi fragte überrascht, und an die Schule denkend "Wir selbst? Aber das ist doch keine Prüfung mehr. Da wählt man doch nur, was man kann." "Nein." Meinte Varie "Ihr könnt nicht bewusst auswählen. Euer Unterbewusstsein wird die Prüfung auswählen. Nur eine Sache: es sind immer Prüfungen, die Antworten aus euch selbst heraus erfordern. Die Lösung ist tief in euch, und die Prüfung besteht darin, sie zu finden, mehr über euch selbst heraus zu finden. Bleibt euch selbst gegenüber ehrlich, dann kann nichts passieren. Und jetzt geht. Van, mein Sohn." Er hob die Hände, als ob er sie umarmen wollte, stoppte dann aber, als er an Thanas Versuch dachte. Varie legte behutsam ihre Hände in die seinen, Millimeter voneinander entfernt.

"Van, vergiss nicht, du bist jetzt der König von Fanelia. Dein Volk braucht dich. Deine alte Familie ist tot, aber du hast eine neue. Es gibt viele Menschen, die dir vertrauen, und denen du vertrauen kannst. Schöpfe Kraft aus ihnen und gib ihnen Kraft. Eurem vereinten Willen kann nichts wiederstehen." Dann drehte sie sich zu Hitomi "Auch dein Weg ist noch nicht zu Ende. Viel liegt noch vor dir. Ich wünsche dir viel Glück. Und pass gut auf meinen kleinen Jungen auf." Sagte sie lächelnd. "Äh, ja. Ist gut." Stammelte Hitomi.

Auch Karillia hatte ihrer Tochter noch etwas zu sagen. "Thana, es tut mir leid, dass wir dich verlassen haben." "Aber dafür könnt ihr doch nichts!" "Nein, aber es tut uns trotzdem leid. Vater und ich hätten gerne noch mehr Zeit mit dir verbracht, aber das Schicksal hat es anders gewollt. Wir werden uns wahrscheinlich nie mehr sehen, auch nicht so wie hier. Jetzt geh, und vergiss niemals, dass wir dich lieben."

Sie drehte sich um, damit Thana ihre Mutter nicht mit Tränen in den Augen in Erinnerung behielt, und die drei gingen bedrückt durch die Tore, hinter denen eine unbekannte Prüfung auf sie wartete, die sie sich selbst stellen würden.
 

Die Tür fiel ins Schloss, und Hitomi stand vor einer Treppe, die nach unten in das nur spärlich von Fackeln beleuchtete Dunkle führte. Sie atmete tief durch und stieg die Stufen hinab.
 

Der Gang schien endlos zu sein. Die Gemauerten Wände reichten, soweit Van sehen konnte. Er erinnerte sich, dass die Zeit drängte, und begann den Gang entlang zu laufen.
 

Thana schaute sich verwundert um. Der Fels war an den Wänden grau, und die Decke war überall dort geschwärzt, wo kleine Lampen an den Holzbalken hingen. Irgendwie sah es wie eine Miene aus. Der Weg gabelte sich in zwei Richtungen, und schwach konnte sie im rechten Gang eine weitere Gabelung erkennen. Mit der Hoffnung, dass es dort nicht so sein würde, wählte sie den linken Weg.
 

Nach vielen hunderten Stufen, hinauf und hinab, endete die Treppe endlich vor einer Tür. Erschöpft lehnte sich Hitomi dagegen, doch sie gab keinen Zentimeter nach. Ohne große Hoffnung rief sie "Ich bin hier, um meine Prüfung abzulegen. Öffnet die Tür!" Zu ihrer Überraschung begann die Tür sich tatsächlich zu bewegen. Knirschend bewegte sie sich ein Stück, blieb stehen, ruckte noch einmal und blieb dann endgültig wie sie war. Hitomi quetschte sich durch den engen Spalt, und stand in einer kleinen Halle.
 

Mit lautem Sirren blieben die Pfeile in der Wand stecken. Van sprang zurück und riss sein Schwert heraus. Vorsichtig ging er weiter, auf weitere Fallen achtend. >Hoffentlich passiert den anderen nichts.< sorgte er sich.
 

Das Wasser tropfte unaufhörlich von der Decke. Der Weg hatte sich unzählige Male gegabelt. Es schien Stunden her zu sein, seit sie dieses Labyrinth betreten hatte. Sie hatte versucht, ihren Durst zu stillen, indem sie von dem tropfenden Wasser trank, aber schon beim ersten Versuch hatte sie angeekelt aufgegeben. Das Wasser war salzig und schmeckte nach Verwesung. Plötzlich stockte ihr Schritt. Sie war um eine Ecke getreten, und vor ihr schimmerte nun ein helleres Licht, als sie es jemals hier unten gesehen hatte.

Sie lief auf das Licht zu, bog um eine weitere Ecke, und stand in einer unglaublichen Höhle. Die Wände waren aus purem Kristall- wahrscheinlich Salz, entschied sie bei der Erinnerung an das Wasser. Hunderte von Gängen mündeten auf verschiedenen Ebenen in dieser Höhle und ihr schräg unten gegenüber war eine Tür aus Eisen und mit Gold und Silber beschlagen.

>Was für eine merkwürdige Höhle. Und diese vielen Gänge- führt jede Abzweigung hierhin? Aber wozu? Was soll das alles?< Sie stieg die Stufen hinab, die zum Boden der Höhle hielten und blieb vor der Tür stehen. Sie schien viel zu massiv, um sie allein zu bewegen. >Wie zum Teufel soll ich sie öffnen?< fragte sie sich. "Vielleicht kann ich dir helfen?" antwortete eine spöttische Stimme.
 

Der Raum war nicht sehr groß, etwas größer als das Klassenzimmer in ihrer Schule, die Wände aus behauenen Felssteinen. In der Mitte war ein flaches Wasserbecken, an dessen Rändern eineinhalb Meter große Säulen mit Feuerschalen obenauf standen. Auf der anderen Seite eine unscheinbare Holztür, die schon bessere Zeiten gesehen hatte. "Willkommen Mädchen. Bist du bereit für deine Prüfung?" Hitomi sah sich überrascht um, konnte den Sprecher aber nicht sehen. Er schien nicht in diesem Raum zu sein.

"Wo bist du, und wer bist du?" fragte sie in den leeren Raum. "Ich bin du." Sagte die Stimme pompös, und Hitomi hatte das Bild Vargas vor sich, der Van zum König ausrief. "Mehr oder weniger." Fügte die Stimme nach einer kleinen Pause frozzelnd hinzu. "Was soll das heißen?" fragte Hitomi und ging im Raum herum, um festzustellen, woher die Stimme kam. "Ich bin ein Teil deines Unterbewusstseins. Ich bin derjenige, der dich durch deine Prüfung leiten wird." "Und kann ich dir trauen?" fragte Hitomi misstrauisch. Die Stimme schien von nirgendwo her zu kommen, fand sie.

"Wenn du dir selbst trauen kannst..." antwortete ihr die Stimme achselzuckend. "Worin besteht die Prüfung?" "Das weiß ich nicht. Das musst du selbst herausfinden. Das gehört zur Prüfung dazu." Hitomi entschied, dass sie die Stimme nicht leiden konnte. Wenn das ihr Unterbewusstsein war- na dann gute Nacht.

"Bist du bereit, dein Leben zu riskieren und die Prüfung zu beginnen?" "Mein Leben?" fragte Hitomi überrascht. "Wenn die Prüfung erst einmal angefangen hat, ist sie erst beendet, wenn die Aufgabe gelöst ist- oder der Prüfling tot. Ein Entkommen ist unmöglich." "Tolle Aussichten." Hämisches Gelächter antwortete ihr "In der Tat. Nun, bist du bereit?" "Ich habe ja wohl keine andere Wahl. Ich sterbe, wenn ich nicht das finde, von dem Flöte meint, dass es mich rettet." "Und du glaubst ihr?"

Hitomi zögerte "Ja. Ich habe keinen Grund es nicht zu tun. Sie ist seltsam, gefühlskalt, aber nicht wirklich böse." "Das weißt du?" "Ja, das tue ich!" sagte sie entschieden. "Und jetzt lass diese verdammte Prüfung endlich beginnen!"

Brüllendes Lachen erfüllte den Raum. "Wie du willst. Mögen die Spiele beginnen!" Ein schauderhaftes Kratzen ließ Hitomi herumfahren. Die Tür, durch die sie sich mühsam herein gezwängt hatte, war verschwunden. "Ich sagte doch, es gibt keinen Weg zurück, wenn die Prüfung begonnen hat." "Und wie geht es weiter?" fragte Hitomi ärgerlich. Schweigen antwortete ihr.

"He, ich habe dich was gefragt." Unsicher sagte die Stimme "Ich weiß es nicht." "Was soll das heißen 'Du weißt es nicht'?" "Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht. Eigentlich hätte etwas passieren müssen." Hitomi wusste nicht, was sie sagen sollte. Das sollte ihr Führer sein? Das war ja lachhaft! Aber nach Lachen war ihr nicht zu Mute. "Vielleicht sollten wir ganz am Anfang anfangen. Warum bist du hier?" "Weil mein Leben mit einem Tor verbunden ist, das zerstört wird und ich sterbe, wenn ich diese Prüfung nicht bestehe. Reicht das als Antwort?"

Nach kurzem Zögern antwortete die Stimme "Anscheinend nicht. Gibt es weitere Gründe?" "Nun, Wenn das Tor aufhört zu existieren, sterbe nicht nur ich, sondern auch Van. Und Gaia wird auch schwer getroffen. Naturkatastrophen, oder so ähnlich. Ich habe das mit dem Ungleichgewicht nicht ganz verstanden." Die Stimme überlegte kurz.

"Ich glaube, wir kommen der Sache näher. Es hat etwas damit zu tun, was du gerade gesagt hast." "Aber was? Ich verstehe das nicht." "Vielleicht kann ich dir helfen?" sagte eine andere Stimme. Hitomi fuhr herum "Van!" Langsam kam er näher, doch etwas an ihm machte Hitomi Angst. "Alles in Ordnung, Van?" Er lachte schrill. "Alles in Ordnung? Natürlich." Er grinste und schrie sie dann an "Nichts ist in Ordnung!" Er zog sein Schwert und kam auf sie zu. Ängstlich wich Hitomi zurück.

"Van, was ist los mit dir?" "Mit mir? Gar nichts. Mit dir!" Er hob sein Schwert, und ließ es auf sie hinab sausen. Hitomi sprang zur Seite, und das Schwert zerfetzte den Stoff an ihrem rechten Arm. "Van, was tust du? Ich bin es!" "Ich weiß wer du bist!" Wieder schlug er zu, wieder wich sie aus. "Du bist diejenige, die nach Gaia gekommen ist, um alles zu zerstören. Als du da warst, kamen die Zaibacher, und jetzt werde ich wegen dir und diesem blöden Tor sterben. Aber dein Tod wird schneller kommen."

Er hatte sie an die Wand gedrängt. Sie duckte sich unter seinem Schlag, und sprang an ihm vorbei. Ein paar Haare segelten zu Boden. "Van, du bist verrückt." Tränen stiegen ihr in die Augen. "Du würdest so was nie sagen." "Ach ja? Kennst du mich so gut?" Er kam auf sie zu, Hitomi wich zurück spürte, dass ihre Füße nass wurden, als sie in das Wasser trat. "Ja, ich kenne dich. Vielleicht nur ein paar Wochen, aber ich weiß, dass du das nicht bist." "Und woher?" "Weil, weil............. weil ich dich liebe!" schrie sie schluchzend heraus, etwas laut aussprechend, wozu sie bisher nicht in der Lage gewesen war.

"Pah, Liebe! Du weißt doch gar nicht, was das ist." Er sprang ins Wasser. Hitomi tat noch einen Schritt, stolperte an der Kante des Wasserbeckens und landete unsanft. Van stampfte auf sie zu, und dabei fiel ihr etwas auf. Sie wischte sich die Tränen weg und starrte auf Vans Füße. Er lief durch das Wasser, aber seine Bewegungen hinterließen keine Spuren. Statt beiseite zu strömen, beruhigte sich das Wasser, das Hitomi aufgewirbelt hatte. "Du bestimmst deine Prüfung!" hallte die Stimme in ihr, und Hitomi wusste nicht, ob sie tatsächlich gesprochen hatte, oder es Einbildung war. Egal.

Hitomi stand auf und sah Van an. "Du bist nicht Van." Sagte sie entschlossen. "Du bist nicht einmal real. Du bist nur Einbildung." "Dumm von dir, wenn du das wirklich glaubst. Hitomi lächelte zuversichtlich, fast herablassend. "Das hier ist meine Prüfung. Ich habe sie bestimmt." Mit einem Mal war es völlig klar. "Nichts hier kann mir gefährlich werden, außer ich lasse es selbst zu. Komm her, du kannst mir nichts tun. Du hast die Gestalt Vans, und ich weiß, das er mir nie etwas antun würde." Die Figur lachte "Wenn du meinst...." Er holte aus, das Schwert sauste durch die Luft- und durch sie hindurch.

Die Illusion Vans starrte sie überrascht an, dann löste sie sich in einem Wirbel von Farben auf, die rasch verschwanden.

"Die Prüfung ist beendet. Du hast bestanden." Sagte die Stimme feierlich. Ein Klicken, und die hölzerne Tür öffnete sich knarrend. Hitomi ging langsam auf den Ausgang zu. Ihr Herz raste immer noch, und das verschwindende Adrenalin ließ sie erschöpft und völlig ermattet zurück. "Eine Frage noch." Bat die Stimme "Was ist? Ich habe bestanden, oder?" "Ja, aber wie?" Müde lächelte Hitomi "Ich denke, du bist ein Teil von mir?" "Das war eine Lüge, zumindest eine halbe. Ich bin eine Vorstellung von dir, wie du dir jemanden vorstellst, der dich prüft. Eine Vorstellung übrigens, die keine Vorstellung davon hat, wie du nun eigentlich die Prüfung bestanden hast." Hitomi lehnte sich an den Türrahmen. "Eigentlich war es ganz einfach. Ich habe mich selbst erkannt." "Dich selbst erkannt?" fragte die Stimme, doch Hitomi schloss die Tür, und die Stimme verstummte.
 

Endlich stand er vor einer Tür. Vorsichtig öffnete Van sie. Vor ihm war ein langer Gang mit dicken Säulen. Behutsam schlich er hinein und den Gang entlang. Am anderen Ende fand er wiederum eine Tür. Ein Schild mit kaum noch zu erkennbaren Schriftzeichen war an ihr angebracht. Mühsam entziffere Van die Zeichen im flackernden Fackellicht. 'Suchender, hinter dieser Tür liegt, was du dir erwüschst. Aber vergiss nicht: Nur wer sich selbst besiegt, kann jedem Gegner wiederstehen.'

"Was soll das denn bedeuten?" fragte sich Van. "Das bedeutet, das du sterben wirst, Eindringling." Van fuhr herum und sah sich einem Dutzend grimmiger Krieger gegenüber, die ihn ansahen wie der Jäger sein Wild. "Ich will nicht kämpfen. Ich bin hier um eine Prüfung zu bestehen." Die Männer grölten vor Vergnügen.

"Wir sind deine Prüfung. Und nun bereite dich darauf vor, zu sterben!"

Der Anführer griff an, und Van konnte seinen Schlag nur mühsam abfangen. Es entspann sich ein wilder Kampf mit Finten, Sprüngen und überraschenden Ausfällen. Mal war Van im Vorteil, mal sein Gegner. Bei einer kurzen Kampfpause bemerkte der Mann "Es ist schwer, so allein zu kämpfen, oder?" "Ich bin gut genug, um es mit euch allen aufzunehmen!" rief Van wütend, und griff erneut an.

Schließlich gelang es ihm mit einer komplizierten Schlagfolge, seinen Gegner so am Schwertarm zu verletzen, das er nicht mehr weiterkämpfen konnte. Fluchend zog der sich zurück, und zwei seiner Männer nahmen seine Stelle ein.

"Das ist ziemlich unfair." Keuchte Van. "Mag sein, aber Krieg ist niemals fair, Van Fanel. Haben dich das die Zaibacher nicht gelehrt?" Van wunderte sich, woher sie wussten, wer er war, doch dann blieb ihm keine Zeit. Er nutzte die Deckung der Säulen aus, und tötete einen seiner Gegner, als dieser stolperte, allerdings brachte ihm das eine brennende Wunde auf der Brust ein.

Mit dem anderen hatte er nicht soviel Glück. Dieser Mann stand seinem ersten Gegner in nichts nach. Dann machte er einen Fehler, und Van konnte ihn erledigen. Nach Atem ringend, aus mehreren Wunden blutend, und total erschöpft, kamen nun drei Gegner auf ihn zu.

>Verdammt! Es muss einen Weg geben! Ich muss etwas übersehen haben, meine Mutter würde mich nie in den sicheren Tod schicken.<

Er wich vor den Männern zurück, aber der Rest von ihnen versperrte ihm den Weg. >Und wenn ich diese drei besiegen sollte, werden sich vier auf mich stürzen, und danach fünf. Dabei ist sehr unwahrscheinlich, dass ich diese drei überlebe.<

Dann fiel ihm plötzlich ein, wie er als kleines Kind mit seinem Bruder gekämpft hatte. Es war eine seiner ersten Fechtstunden gewesen, er war ungestüm auf Folken losgegangen, das für ihn viel zu große Holzschwert mit beiden Händen umklammernd. Folken hatte seines gar nicht benutzt. Er war zwischen den Bäumen hin und her gesprungen, und hatte jedes Mal gelacht, wenn Vans Schläge die Borke von einem der Bäume gerissen hatten.

"Du sollst mich treffen, kleiner Bruder, nicht die Bäume." "Aber sie stehen immer im Weg!" hatte er dem Weinen nahe gesagt, und Folken hatte auf seine manchmal unausstehliche Art seine Verwunderung zur Schau gestellt. "Aber die Bäume können sich nicht bewegen, du schon. Wie können sie dir im Weg sein?" Van hatte ihn wütend angestarrt "Du stellst dich doch immer hinter sie." "Ja, das tue ich. Die Bäume sind meine Freunde. Sie haben nicht die Kraft, dir zu schaden, aber sie können mich beschützen. Welche Kraft hätte ich, wenn sie sich bewegen könnten? Welche Kraft hätte ich, wenn ich sie bitten könnte, dich zu fangen, kleiner Bruder? Du bist ein Sturkopf, und willst alles alleine machen. Aber du kannst allein noch so stark sein, und deine Gegner noch so schwach, wenn du allein gegen viele stehst, wirst du verlieren."

Sein Bruder war damals jünger gewesen als er heute, doch er besaß schon diese Art von Weisheit, die jedes seiner Worte tonnenschwer machen konnte.

Van zuckte zurück, und spürte den Luftzug des Schwertes in seinem Gesicht. "Schläfst du?" fragte eine der Gestalten hämisch und schlug erneut zu. >Ich bin nicht halb so weise wie er. Was hätte Folken in so einer Situation getan?< fragte er sich, verwundert, dass er so dachte.

Es war das erste Mal seit langer Zeit. >Wie hätte er diese Prüfung gelöst?< Dann erinnerte er sich wieder an die Worte seiner Mutter, es war als ob sie neben ihm stünde "Van, vergiss nicht, du bist jetzt der König von Fanelia. Dein Volk braucht dich. Deine alte Familie ist tot, aber du hast eine neue. Es gibt viele Menschen, die dir vertrauen, und denen du vertrauen kannst. Schöpfe Kraft aus ihnen und gib ihnen Kraft. Eurem vereinten Willen kann nichts wiederstehen." Ja, es stimmte, er hatte eine Aufgabe, und er hatte auch jemandem, der ihm helfen würde. >Wie war das? Wir entscheiden selbst über unsere Prüfung? Wenn das so ist, dann wollen wir die Bedingungen mal verändern.<

Er schloss die Augen, und konzentrierte sich, wie es Hitomi es ihm damals in Freid gezeigt hatte. Doch diesmal nicht, um Merle zu finden, sondern um seine Freunde zu rufen. Er spürte eine ungeheure Kraft, die in ihm aufbrandete, und er konnte spüren, wie sich etwas veränderte.

Er öffnete die Augen, und sah sich nicht mehr allein einer Überzahl gegenüber. Vor ihm standen Folken, Vargas, Allen, und einige andere Krieger, die bei der Schlacht um Fanelia gefallen waren. Sie griffen an. Kein Wort kam über ihre Lippen, kein Laut ertönte bei ihren Bewegungen, und die Schwerter ihrer Gegner glitten durch sie hindurch wie durch Nebel. Nach wenigen Sekunden lagen alle Gegner tot am Boden. Die Geister formierten sich zu einer Reihe und hoben grüßend das Schwert.

"Danke." Sagte Van leise, gegen eine Säule gestützt. Dann verschwanden sie in einem Rauchwirbel, und mit ihnen alle, die am Boden lagen. Kein Tropfen Blut, kein Echo eines Schreies kündete von dem wilden Kampf, der hier eben noch geherrscht hatte. Nur Vans Wunden blieben zurück. Er nahm sie als Warnung, diese Lektion nicht zu vergessen. Mühsam humpelte er zu der Tür, die sich wie von Geisterhand bewegt vor ihm öffnete. 'Nur wer sich selbst besiegt, kann jedem Gegner wiederstehen.' "Jetzt verstehe ich. Nur wer sich auch auf andere verlassen kann, kann ein Volk regieren. Das ist es, was ich nie verstanden habe. Ich wollte immer alles allein machen, mit dem Kopf durch die Wand. Danke Folken. Endlich habe ich dich verstanden."
 

"Vielleicht kann ich dir helfen?" Thana erschrak und drehte sich um. In einem der Gänge lag eine massige, dunkle Gestalt. "Wer bist du?" fragte sie "Was denn, du erkennst mich nicht? Wie seltsam." >Diese Stimme- sie ist nur in meinem Kopf, aber...< "Akoth? Bist du das?" "Natürlich, wer denn sonst?" Die Gestalt sprang herunter und landete dröhnend auf dem Boden der Höhle. "Aber du warst doch verletzt!?"

Das Lachen des Drachen dröhnte in ihrem Kopf. "Das hier ist nicht die Wirklichkeit. Hier bin ich nicht verletzt. Aber trotzdem hat alles hier Auswirkungen auf die Realität. Wenn ich hier sterbe, sterbe ich auch dort. Und wenn du hier stirbst, wird Flöte sehr, sehr traurig sein." Seine Stimme hatte zuletzt einen bedrohlichen Klang angenommen, und Thana hatte das Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

"Wie kommst du hier rein?" fragte sie misstrauisch. "Die Gänge sind doch viel zu eng für dich. An einigen Stellen konnte ich nicht einmal aufrecht gehen." "Es gibt einen anderen Eingang. Und da wir gerade beim Thema sind- die Tür hinter dir führt hier heraus. Wenn du sie öffnen kannst, hast du die Prüfung bestanden. Das Problem ist, dass sie viel zu schwer für dich ist." "Hilfst du mir?" "Alles zu seiner Zeit. Schau mal in den Gang da."

Thana kletterte die steile Treppe hinauf. Als sie oben war, sah sie vor sich am Boden ein reich verziertes Schwert liegen, mit Goldverzierung und einem Rubin am Griff. "Bring das Schwert her." Thana kam vorsichtig wieder hinab. "Und was jetzt?" "Dieses Schwert gehörte einem Ritter, der mich unbedingt töten wollte. Ich habe versucht mit ihm zu reden. Aber er wollte nicht hören. Ich musste ihn töten. Hasst du mich deswegen?" "Nein." Antwortete Thana, ohne darüber nachzudenken. "Du hattest keine andere Wahl." Der Drache nickte, und ein gefährliches Glitzern leuchtete in seinen schwarzen Augen auf.

"Aber bei dem Dorf, in dem du geboren bist, ist das selbe passiert. Ich wollte nicht kämpfen, hatte aber keine andere Wahl. Du hasst mich wegen dem Tod deiner Eltern, dabei war ich es noch nicht einmal, der sie getötet hat, sondern die Dörfler." Thana schüttelte abwehrend den Kopf "Ich hasse dich nicht. Nicht mehr." "Lügnerin!" schrie Akoth "Du hasst mich sehr wohl. Du wirst es nie vergessen, und du wirst mir nie verzeihen. Niemand kann den Tod seiner Eltern verzeihen. Nach außen gibst du das vor, vielleicht glaubst du das sogar selbst, aber in deinem Inneren hasst du mich."

Thana wand sich. "Das stimmt nicht. Ich habe dich gehasst, für eine lange Zeit, aber das ist vorbei." "Das ist Unsinn, und das weißt du." Er schnappte nach ihr und sie sprang zurück. "Was soll das?" "Ist das so schwer zu verstehen? Deine Eltern sind tot, und du wirst sie jetzt wiedersehen." Mit einem Ruck wuchtete Akoth seine riesige Masse auf, und starrte drohend auf sie hinab.

"Ich habe noch nicht alle getötet, die ich töten sollte." "Was soll das heißen?" Thana starrte voller Angst auf den geschuppten Körper des Drachen. "Dass mir befohlen wurde, für den Tod deiner Eltern zu sorgen." Eiskalt lief es Thana den Rücken hinunter. "Das ist nicht wahr!" rief sie verzweifelt. "Flöte würde niemals" "Wer redet denn von Flöte?" unterbrach Akoth sie mit ätzendem Spott. "Sie hat nichts davon gewusst. Sie ist doch nur ein Spielzeug für mich." "NEIN!" Thana riss das Schwert hoch und ließ es voller Wut auf Akoth niedersausen. Das Schwert traf ihn an der Schnauze, und mit einem Knacken brach die Panzerplatte.

Akoth zuckte zurück, und kreischend riss sich das Schwert frei, wobei es Thana um ein Haar aus der Hand gerissen wurde. Ein kleiner Tropfen Blut fiel zu Boden und hinterließ einen hässlichen Fleck auf dem Steinboden.

"Dafür wirst du büßen!" Fauchte Akoth "Dein Tod wird qualvoller sein, als der deiner Eltern." Er öffnete das Maul, und der Feuerschwall versengte Thana das lange, schwarze Haar, das der Bewegung ihres Kopfes nicht schnell genug folgte. Sie stand wieder auf, und schlug mit aller Kraft zu. Akoth, geblendet von seinem eigenen Feuer, sah sie zu spät, und Thana durchbohrte ihm den linken Flügel. Sein Schmerzensschrei stachelte sie nur noch mehr an.

Halb wahnsinnig schlug sie immer wieder auf ihn ein, und Akoth, durch die Schmerzen in seinen Bewegungen behindert, konnte ihren Schläge immer weniger ausweichen. Dann ertönte ein grauenvoller Schrei, Akoth fiel zu Boden, und blieb dann zuckend liegen. Thana stand neben ihm, das Schwert wog schwer in ihrer Hand, der Schweiß lief ihr von der Hitze des Kampfes und des Drachenfeuers in Strömen hinunter, und ihre Haare und ihre Sachen waren halb verbrannt.

Sie richtete die Spitze des Schwertes auf seinen Hals, zu der selben Stelle, an der das Messer gesteckt hatte, das der Zaibacher nach ihr geworfen, und das Akoth aufgefangen hatte. "Na los! Stich zu! Das willst du doch!" Thana zögerte "Aber warum?" fragte sie "Warum? Du hast mich doch gerettet! Wenn du mich töten wolltest, hättest du dich nur nicht einzumischen brauchen." Röchelnd antwortete der Drache "Aber so vertraut mir Flöte noch mehr. Ich wusste, dass du herkommen würdest. Hier kann sie uns nicht beobachten. Wenn du nicht zurück gekommen wärst, hätte sie sich an mich geklammert. Sie hätte mir vollkommen vertraut, und ich hätte sie benutzt, um die Tihani auszulöschen."

Die müde Stimme wurde lauter, von Hass gestärkt. "Sie sind schuld, dass die Wächterdrachen erschaffen wurden. Aber was ist das für ein Leben? Versklavt von unseren "Partnern", gejagt von allen anderen. Dein Volk ist Schuld an meinem Schicksal. Ich werde euch alle töten. Jetzt, da auch Van in meiner Nähe ist, kann ich auch ihn auslöschen. Und wenn du und Van tot sind, gibt es niemanden mehr, der mich aufhalten könnte." "Das werde ich nicht zulassen!" rief Thana, holte aus, und stach von Angst und Verzweiflung getrieben zu.

Das Schwert glitt leicht in seinen Hals, Akoth schrie auf, aber sein Schrei erstickte in einem Röcheln. Das Blut schoss aus seiner Wunde, und sein Kopf schlug auf den Boden. Der riesige Körper schüttelte sich im Todeskampf, dann erstarben seine Bewegungen, und in der Höhle herrschte Stille.

Thana schaute ungläubig auf das Schwert, dass sie immer noch in ihren Händen hielt. Zitternd lösten sich ihre Finger, und sie sank weinend zu Boden. Doch dann sprang sie auf, und schrie in das Nichts. "Was soll das? Ist das eure Prüfung? Soll ich zeigen, dass auch ich töten kann? Antwortet mir! Ich weiß, dass das nicht Akoth war, also hört auf mit diesem grausamen Spiel!" Die Wände schienen vor ihren Vorwürfen zurück zu zucken. Eine Weile war nur eine lastende Stille in der Höhle, das einzige Geräusch war Thanas Atem. Dann flimmerte Akoths Körper auf und verschwand. "Woher weißt du, dass es nicht Akoth war?" Thana fuhr herum "Flöte!" Dann schüttelte sie den Kopf "Nein, du bist nicht Flöte."

"Nein, bin ich nicht. Beantwortest du meine Frage?" Die Gestalt Flötes sah sie bittend an "Akoth hätte niemals so etwas getan." "Aber du kennst ihn doch gar nicht. Das einzige, was du über ihn weißt, ist, dass er der Schuldige an dem Tod deiner Eltern war." "Nicht der Schuldige. Nur der Verursacher. Es war nicht seine Absicht. Das habe ich nie verstehen wollen." "Trotzdem sind deine Eltern tot." Thana antwortete nicht. "Woher willst du wissen, dass er nicht so gehandelt hätte?" "Weil Flöte ihm vertraut. Und niemand kann Flöte über Jahre etwas vorspielen. Außerdem, wenn das, was er gesagt hat, tatsächlich sein Plan gewesen wäre, hätte er mich trotzdem nicht gerettet. Flöte hat ihm schon vorher bedingungslos vertraut. Er hätte sich unnötig in Gefahr gebracht. Und er ist nicht böse. Flöte hat es mir immer wieder gesagt, aber ich wollte nicht auf sie hören."

Das kleine Mädchen sah sie eine Weile schweigend an und ging dann Richtung Tür. "Komm!" forderte sie Thana auf. An der Tür angekommen hob sie ihre Hand, und die Tür öffnete sich, ohne dass sie sie berührt hätte. "Das ist der Ausgang. Geh!" "Dann habe ich die Prüfung bestanden?" fragte Thana "Ich weiß nicht." Das Mädchen sah sie unsicher an "Ich kann dir deine Frage nicht beantworten. Du hast dir deine Prüfung ausgesucht. Nur du kannst beurteilen, ob du sie bestanden hast." "Aber habe ich das?" fragte sich Thana "Ich habe eher das Gefühl, versagt zu haben." "Vielleicht heißt versagt zu haben in diesem Fall, dass du bestanden hast. Vergiss nicht, das, was hier passiert ist, hat nur Auswirkungen auf dich. Deine Aufgabe war es, dich selbst zu finden. Und manchmal kann man das nur, wenn man versagt."

Thana schluckte "Was passiert, wenn ich die Prüfung nicht bestanden habe, und trotzdem durch diese Tür gehe?" "Dann stirbst du." Sagte das Mädchen mit einem Ton, der keinen Zweifel ließ. Thana schaute zweifelnd auf das Dunkel, das hinter der Tür wallte. "Aber wenn ich hier bleibe, finde ich es nie heraus, oder?" "Nein." "Dann bleibt mir wohl keine Wahl."

Sie machte einen Schritt nach vorne, blieb noch einmal stehen und drehte sich um. "Weißt du, als ich ihm das Schwert in den Hals bohrte, habe ich mich besser gefühlt als jemals zuvor. Aber dann... dann hatte ich Mitleid. Ich hatte Mitleid mit ihm, weil er so voller Hass war, geblendet von falschen Vorstellungen." Sie drehte sich wieder um und trat entschlossen durch die Tür. Leise fügte sie hinzu "Genau wie bei mir." Die Tür fiel ins Schloss. Das Mädchen mit der Gestalt Flötes lächelte zufrieden. "Ich glaube, du hast bestanden. Viel Glück!" Dann verschwand sie, und mir ihr die Höhle aus Salzkristall, die eiserne Tür und der Irrgarten aus Gängen, den Thanas Seele als Spiegelbild ihrer selbst erschaffen hatte.
 

Stöhnend richtete Hitomi sich auf. "Was?" Ihr Blick fiel auf Flöte, die sich über Thana gebeugt hatte. Flöte warf ihr einen schnellen Blick zu und fragte "Bist du in Ordnung?" "Ja." "Gut." Jetzt sah Hitomi, dass Thanas Sachen und ihr Haar total versengt waren. "Was ist mit ihr?" rief sie erschrocken, aber Vans Stimme neben ihr beruhigte sie "Es geht ihr gut. Es ist anscheinend nicht so schlimm." Der gepresste Ton in seiner Stimme jagte Hitomi Angst ein. "Van, was ist... Oh Gott! Du bist verletzt!" Sie wollte aufstehen, aber die plötzliche Bewegung jagte gleißende Blitze durch ihren Kopf. Stöhnend setzte sie sich wieder hin. "Halb so wild, aber du solltest dich lieber nicht bewegen. Das ist kein angenehmes Gefühl." "Das kannst du laut sagen." In diesem Moment rief Flöte aufatmend "Sie kommt zu sich!"

Tatsächlich schlug Thana die Augen auf, sah Flöte und setzte sich ruckartig hin, was zur Folge hatte, dass sie bewusstlos umkippte. Doch bevor sich jemand Sorgen machen konnte, war sie wieder da, und diesmal war sie vorsichtiger. Sie öffnete die Augen, blinzelte und fragte dann "Flöte! Bist du es wirklich?" "Natürlich, wer denn sonst?" "Schon gut. Ich hatte nur Angst, dass du... Ach vergiss es."

Sie schlief ein, und Flöte fragte besorgt "Was ist denn passiert? Ihr fallt einfach um, dann passiert eine Zeit lang gar nichts, und dann fängt Hitomi an zu schreien, du kriegst auf einmal Wunden, und Thanas Haare und Sachen fangen an, sich aufzulösen." Van druckste herum, sah schließlich Hitomi an, die auch nichts sagen wollte, und meinte dann "Ich weiß nicht, was den anderen passiert ist, aber wenn es so ähnlich war, wie bei mir, möchte bestimmt keiner von uns darüber reden, jedenfalls nicht so schnell."

Hitomi nickte schwach ihre Zustimmung, und Flöte gab auf. "Wie ihr meint. Ich werde die anderen holen, ihr seht nämlich sehr geschafft aus, und sie können euch helfen." "Nein!" sagte Hitomi entschieden. "Ich bleibe nicht länger in dieser Höhle." "Und ich auch nicht. Hol dir das, was du holen wolltest, und dann raus hier. Oder hat es nicht geklappt?" Die Ruhe mit der Van diese Frage stellte, bezeugte, dass er am Ende seiner Kraft war.

"Es hat geklappt." Sagte Flöte "aber ich kann die Eier nicht tragen." "EIER?" Van und Hitomi starrten verblüfft auf das kleine Mädchen. Flöte grinste "Keine normalen. Dracheneier. Eier von Wächterdrachen, um genau zu sein. Sie werden dem wilden Tor wieder Kraft geben, und euch retten." Van stöhnte und schaute belämmert drein "Eier! Ich glaube es nicht!" "Kommt mit. Ihr werdet jeder eins tragen, und ich stütze Thana, dann kommen wir auch ohne die anderen raus." Sie ging zum Tor, öffnete es mühelos, und Hitomi und Van erkannten tatsächlich nichts als zwei riesige Eier dahinter. >Und deswegen der ganze Wirbel.< "Komm Van. Holen wir sie, und dann nichts wie raus hier."
 

"Da seid ihr ja endlich! Das hat ja Stunden gedauert!" Taro nahm Flöte die orientierungslose Thana ab. "Eliandra! Komm her! Es gibt Arbeit für dich. Was zum..." Er starrte auf Hitomi und Van, die, jeder eines der riesigen Eier in den Armen, erschöpft aus der Höhle schwankten.

"Kleine Wächterdrachen." Erklärte Flöte. Eliandra warf nur einen Blick darauf, und meinte trocken "Also doch. Dann ist es also keine Legende." "Du hast davon gewusst?" fragte Taro überrascht, und zeigte auf die Eier, die gerade vorsichtig auf den Boden gelegt wurden. Akoth schien ebenso überrascht "Woher denn? Nicht mal mir hat Flöte etwas davon gesagt." "Tut mir leid, alter Freund. Aber ich wollte nicht, dass du dir falsche Hoffnungen machst. Ich weiß doch , wie allein du dich fühlst. Aber ich war nicht sicher, ob sie tatsächlich da waren. Ich wusste auch nicht viel mehr, als die Legende, die Eliandra erwähnt hat."

"Du warst schon immer gut für Überraschungen." Unterbrach Keel das Gespräch. "Aber jetzt bin ich mal dran." Er zeigte auf einen Punkt zwischen zwei Gipfeln "Da kommt was geflogen, und ich würde sagen, es ist dieser Ritter." "Allen?" Van schaute angestrengt in die Richtung.

"Ich kann nichts genaues erkennen." Keel brummelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart "Was ist denn? Siehst du schon wieder Probleme?" fragte Flöte ärgerlich, die ihren Freund anscheinend sehr gut einschätzen konnte, denn er nickte bestätigend. "Sie wissen nichts von uns. Wenn sie ihre Freunde in diesem Zustand sehen, von einem Drachen mal ganz zu schweigen..." "Oh." Flöte runzelte die Stirn "Warum hast du das nicht eher gesagt?" warf sie ihm vor "Weil ich dachte, dass Van ihnen entgegenfliegt und sie beruhigt. Aber in seinem Zustand..."

"Ich schaffe das schon." Eliandra schnaubte ärgerlich "Und mitten in der Luft fangen deine Wunden wieder an zu bluten, und außerdem bist du so schwach, dass du kraftlos abstürzen würdest." "Ich habe wohl keine andere Wahl." Hitomi blickte besorgt von Van auf den fernen Punkt, und wieder zurück. Was Keel gesagt hatte stimmte, aber Van war wirklich nicht in der Lage zu fliegen. "Kannst du ihn nicht so verbinden, dass ihm nichts passieren kann? Und was ist mit diesem heiligen Wasser?" fragte sie die Heilerin. Eliandra schaute Van nachdenklich an "Das Wasser ist kein Allheilmittel. Er hat zu wenig Kraft, damit es wirken könnte."

"Eigentlich muss er ja nur durchhalten, bis das Flugschiff hier ist." Warf Taro ein. Eliandra schaute ihn verwirrt an, dann verdunkelte sich ihr Gesicht "Du weißt, dass ich das nicht gern mache." "Wie Van schon sagte: er hat keine andere Wahl." Eliandra seufzte "Also gut." Sie holte ihre Sachen, und Taro erklärte "Sie wird Van ein Mittel geben, das ihn für ungefähr zwei Stunden stärken wird. Aber jeder Körper hat nur begrenzte Reserven. Das Mittel setzt die Kräfte frei, die der Körper zum Leben benötigt. Wenn man genug Zeit und Ruhe hat, sich davon zu erholen, ist es gefahrlos, aber wenn man das nicht hat... Nun, wie gesagt, nutzt es die Lebenskraft."

"Wie auch immer ihr euch entscheidet..." sagte Akoth in das Schweigen "... ihr solltet euch beeilen. Sie schlüpfen bald, vielleicht sogar schon heute." Flöte wurde weiß wie eine Kalkwand. "Was sagst du da? Aber das ist viel zu früh!" Akoth schnaubte, und machte sich über sie lustig "Sie haben Jahrtausende gewartet. Meinst du nicht, dass ihre Eile verständlich ist?" Flöte klappte den Mund wieder zu und sagte drängend "Van, sie müssen vor dem Schlüpfen auf der Insel sein. Wir haben keine Wahl! Du musst dich beeilen!"
 

"Kommandant! Da vorne fliegt etwas!" Allen starrte durch das Fenster. "Das ist Van!" Erstaunen und Erleichterung klang in seiner Stimme. "Öffne die Heckklappe!" rief er Gades zu, dann rannte er von der Brücke. Er kam gerade rechtzeitig, um Van landen zu sehen. >Was ist ihm denn geschehen?< fragte er sich, als er Vans Verbände sah. "Ist alles in Ordnung mit dir? Du scheinst ziemlich schwer verletzt zu sein." Van winkte ab. "Ich habe keine Zeit. Ich erkläre es dir später. Wir müssen so schnell wie möglich landen." Er rannte zur Brücke, Allen hinterher.
 

Langsam schob sich der Crusador an den Rand der Schlucht. Die Heckklappe schlug auf dem Boden auf, und die Anker wurden in die senkrechte Wand geschossen. Van führte Allen zu der wartenden Gruppe. Ein kleines Mädchen, eine junge Frau, zwei Männer, einer davon mit einer Narbe im Gesicht- und Hitomi. Van bemerkte Allens Unbehagen, als er den Drachen sah. "Keine Sorge, er ist friedlich." Beruhigte er ihn.

Allen ging auf die seltsame Gruppe zu, und stand dann vor Hitomi. Er kniete vor ihr nieder und gab ihr einen Handkuss. >Sie sieht ziemlich geschafft und müde aus.< Verlegen wand sich Hitomi unter dem neugierigen Blick der Anwesenden. "Schön, dich wiederzusehen Hitomi." "Ich freue mich auch." Taro fing plötzlich an zu grinsen "Ein alter Charmeur, will mir scheinen. Pass auf Eli, er stiehlt dir sonst noch dein Herz." Eliandra warf ihm einen hochmütigen Blick zu "Du bist doch nur neidisch, weil du das nicht kannst."

Allen blickte verwundert auf das seltsame Paar. "Mach dir nichts draus. Sie sind so komisch." Sprach Akoths Stimme in ihren Köpfen, und Allen zuckte zusammen. "Wer?" "Der Drache." erklärte Hitomi. Er heißt Akoth." Allen stand stocksteif da und musterte den Drachen, der so anders war als alle Drachen, von denen er gehört hatte.

Energisch trat jetzt Flöte vor Allen hin und fragte ihn "Du bist der Kommandant des Luftschiffes?" Allen blinzelte. "Ja." "Dann würde ich vorschlagen, wir fangen an. Wir haben nicht viel Zeit. Komm mit." Sie drehte sich um, und ging zu Akoth, ohne sich zu vergewissern, ob Allen ihr folgte. Dieser blickte Van fragend an, erstaunt darüber, dass ihn ein kleines Mädchen herum kommandierte. Van nickte ihm beruhigend zu. Während dessen schoss Flöte weitere Befehle ab. "Keel, Taro, ihr holt die Pferde und nehmt die Eier mit. Eliandra, du kommst mit uns. Van, Hitomi, ihr geht schon an Bord. Legt euch hin, ihr seid total erschöpft."

Sie stand nun vor Akoth, der den vorsichtig näher tretenden Allen neugierig anschaute. Trotz Vans Versicherung war ihm nicht wohl in seiner Haut "Hör zu. Allen, richtig? Dieser Drache ist mein bester Freund. Du wirst uns alle dorthin bringen, wo ich es sage. Wenn du oder deine Männer versuchen Akoth etwas anzutun, kriegen sie es mit mir zu tun. Du kannst dein Grinsen ruhig zeigen." Allen stammelte ertappt "Ich wollte nicht, ich meine..." "Es ist egal, was du wolltest. Wichtig ist nur, was du tust. Ach ja, da wir gerade beim Thema sind- der Ort, an den wir wollen ist streng geheim. Wenn auch nur einer von euch ein Wort darüber verliert, wird er das bereuen."

Flötes herrischer Ton machte Allen wütend. "Ich lasse mich nicht bedrohen." "Das war auch keine Drohung, sondern ein Versprechen." Erwiderte Flöte freundlich. "Aber ich bin sicher, es wird nichts derartiges geschehen. Eliandra und ich bringen Akoth an Bord. Und du trägst Thana."

Allen wunderte sich "Thana?" Flöte deutete auf eine Stelle hinter Akoth, und Allen ging mit einigem Abstand am Kopf des Drachens vorbei. Als er das schlafende Mädchen sah, stockte ihm der Atem. >Ihre Haare sind ja total verbrannt. Und ihre Sachen sind auch angekohlt. Was ist denn hier passiert?< Flöte sah Allen finster an "Sie ist sehr erschöpft und Eliandra hat ihr ein Schlafmittel gegeben. Hörst du mir überhaupt zu?" Allen zuckte zusammen "Ja. Aber was ist mit ihr passiert?" "Lange Geschichte. Und jetzt trag sie zu deinem Flugschiff. Und behandle sie gut. Sie ist wie eine Schwester für mich."

Bei Flötes Ton lief Allen ein eisiger Schauer den Rücken herunter. Schnell tat er, was Flöte ihm aufgetragen hatte, und trug die überraschend leichte Thana vorsichtig zum Crusador.
 

"Kommandant, das gefällt mir nicht." Flüsterte Gades und machte eine Kopfbewegung auf Flöte, die auf der Brücke stand, und dem Crusador den Weg wies. "Van und Hitomi haben gesagt, wir sollen tun, was sie sagt." "Ja, aber die zwei schlafen. Und nicht nur von sich aus. Diese Eliandra hat ihnen ein Schlafmittel gegeben." Nach einer stürmischen Begrüßung von Milerna, und einer eher kühlen von Dryden hatte Eliandra darauf bestanden, dass sich die zwei sofort schlafen legten.

"Mit ihrem Wissen. Ich glaube, du siehst Gespenster. Diese Menschen sind merkwürdig, aber ich glaube nicht, dass sie uns schaden wollen." "Jetzt nach links!" kommandierte Flöte, und Gades lenkte resignierend den Crusador durch ein enges Tal. "Aber wir werden die Augen aufhalten, Gades. Sicher ist sicher." Gades nickte erleichtert.
 

Neugierig schaute Allen sich um. Diese Insel war anders, als er es erwartet hatte. Es sah fast aus, wie irgendein Dorf irgendwo in Asturia, trotzdem herrschte eine ganz andere Atmosphäre. Nach Aussage Taros war der Crusador das erste Luftschiff, dem erlaubt wurde, hier zu landen, und das auch nur wegen der besonderen Umstände. Trotzdem blieben die Menschen ruhig und taten, was Flöte ihnen befahl, was Allen noch mehr verwunderte. Sie hatte nach einer kurzen Diskussion mit Eliandra und Taro auch verboten, dass außer ihm noch jemand der Neuankömmlinge die Insel betrat. Die beiden hatten auch die Dracheneier weggebracht.

Als sie angekommen waren, war es später Nachmittag, aber jetzt war die Sonne schon fast untergegangen. Taro hatte Allen, Van, Hitomi und Thana von Crusador abgeholt, und nun gingen sie an den Ort, an dem die kleinen Drachen schlüpfen sollten. "Wir dachten, dass der alte Drachenaltar der richtige Ort ist." Er fragte Hitomi und Van "Habt ihr ihm inzwischen erklärt, warum wir das machen?" "Ein bisschen. Wir haben ja die ganze Zeit geschlafen."

"Gut. Also hört zu. Wenn ich Flöte richtig verstanden habe, wird das wilde Tor durch die Lebensenergie der Wächterdrachen gestärkt. Dazu ist es aber nötig, dass sie sich mit jemandem verbinden. Früher waren das die Auserwählten des Drachengottvolkes. Das ist heute nicht mehr möglich. Van ist mit Escaflowne verbunden, und fällt weg."

Geflissentlich erwähnte er Thana nicht, denn ihr Geheimnis sollte nur sie selbst preisgeben, und nur wenn sie das wollte. An ihre Adresse gerichtet fügte er aber hinzu "Die Drachen suchen sich ihre Partner selber. Das können nur Personen sein, die keine Angst oder Wut auf sie haben. Ich würde mich ja auch nicht an jemanden binden, der mich nicht leiden kann." "Und wie suchen sie sich ihre Partner aus?" fragte Hitomi, und Taro zuckte die Schultern "Ich weiß es nicht. Flöte meinte, dass die Auserwählten es genau spüren würden. Aber nicht einmal sie wusste, wie das funktioniert." Allen fragte nur scheinbar nebenbei "Sie weiß erstaunlich viel für ein kleines Mädchen."

Taro lächelte nichtssagend und antwortete "Ja, sie ist ein erstaunliches kleines Mädchen." Allen wurde rot, als er merkte, dass sein plumper Versuch fehlgeschlagen war. Er war sich sicher, dass zumindest Hitomi eine Erklärung wusste, aber sowohl sie als auch Van hatten ihm erklärt, nichts zu wissen. Allen war sich nicht sicher, ob Van die Wahrheit sagte, aber Hitomi war eine miserable Lügnerin. Er erinnerte sich an die Warnung in dem Buch, dass Van hierher geführt hatte. "Wer oder was auch immer die 'Leuchtenden Schatten' sind, die Begegnung mit ihnen ist gefährlich. Alle, die mit ihnen in Berührung kamen, verschwanden und tauchten, wenn überhaupt, erst Jahre später auf, oder sie kamen seltsam verändert zurück, wortkarg und ohne Erklärung für ihr Verhalten."
 

Der flackernde Schein der Fackeln fiel auf müde Gesichter. Es war schon eine ganze Zeit nach Mitternacht, aber es war noch immer nichts passiert. Van und Hitomi hatten schweigend dagesessen, neben ihnen Thana, die nicht ganz da zu sein schien. Auf eine besorgte Frage Allens hatte sie nur den Kopf geschüttelt und gesagt, dass sie über etwas nachdenken müsse. Allen war besorgt, denn das hatten auch Hitomi und Van gesagt. Diese Leute hier schienen wirklich eine seltsamen Veränderung hervorzurufen, und sie gefiel Allen nicht. Er betrachtete die Leute ringsherum. Die ganze Insel hatte sich um die Eier versammelt und wartete, aber bisher vergebens.

Dann endlich ruckte Akoths Kopf, und der Drache mit dem riesigen Verband um den Hals meldete "Es ist soweit. Ich kann es spüren. Sie wollen raus, und sie rufen." "Rufen? Ihre Partner?" fragte Flöte "Ja." Das Mädchen richtete ihre Stimme auf die Versammlung. "Wer glaubt, von ihnen erwählt worden zu sein, tritt bitte vor." Aber niemand reagierte.

Flöte blickte unwillig in die Runde, doch dann wurde sie abgelenkt. Mit lautem Knacken platzten die Schalen der Eier, und zwei schon ziemlich große Köpfe blickten in den Sternenhimmel. Innerhalb weniger Minuten hatten sich die beiden Babydrachen befreit und lagen still da. "Sie rufen immer noch." Sagte Akoth und langsam schob sich Angst in seine Stimme. Dann, plötzlich, begannen die zwei unbeholfen in eine Richtung zu tapsen. Die Menschen, die in dieser Richtung saßen, verneinten allesamt, etwas zu spüren.

"Dann werden wir sieben." Meinte Taro. "Geht zur Seite. Die Hälfte, der sie folgen, geht wieder zurück und teilt sich dann erneut auf. So können wir den Kreis wenigstens einschränken." Doch zu aller Verwunderung tapsten die kleinen Drachen weiter, obwohl niemand mehr vor ihnen stand.

"Es sind doch alle hier, oder?" fragte Flöte Eliandra." "Ja, bis auf das Baby und die drei, die schwer krank sind." Wie um ihre Worte zu bestätigen, tauchten auf einmal zwei schlanke, geschmeidige Schatten zwischen den Bäumen auf.

Allen und Van rissen die Augen auf, als die zwei aus dem Schatten in das flackernde Licht der Fackeln raten. "Das darf doch nicht wahr sein! Sie sind doch tot!" rief Allen und zog sein Schwert, aber Hitomi stoppte ihn. "Steck das Schwert weg, Allen. Sie sind nicht unsere Feinde." "Aber..." Allen schaute verblüfft auf Hitomi, die die Fäuste in die Hüften gestemmt vor ihm stand. "Ich sagte, steck das Schwert weg." Allen wusste, wann er verloren hatte. Hitomi zeigte selten Entschlossenheit, aber wenn sie diesen Ausdruck in den Augen hatte...

"Seid ihr wahnsinnig?" schrie nun Eliandra, die ihren Schock endlich überwunden hatte. "Ihr bringt euch um! Ihr könnt nicht einmal allein aufstehen, und jetzt lauft ihr hier herum!" Eria fragte abwesend "Aber wenn sie uns rufen?" und Naria unterstützte sie "Außerdem fühlen wir uns nicht schwach. Im Gegenteil. Seit sie uns rufen, fühlen wir uns stärker als jemals zuvor."

Plötzlich fing Flöte hemmungslos an zu lachen. "Was ist denn mit dir los?" Fragte Keel. "Das ist der größte Witz des Jahrhunderts." japste sie. "Verstehst du nicht? Zwei fast ausgestorbene Rassen- Katzenmenschen und Wächterdrachen- verbinden sich mit dem, was aus den zerstörten Toren der Atlanter übrig ist, um jemanden aus dem fast ausgestorbenen Drachengottvolk zu retten- Van. Ganz nebenbei retten sie damit auch jemandem vom Planeten der Atlanter, und das was die Atlanter erschaffen haben- Gaia. Denn wenn das wilde Tor aufhören würde zu existieren, würde es hier ganz schön ungemütlich- Erdebeben, Flutwellen, Dürren, was weiß ich.

Drei fast ausgelöschte Rassen retten diejenigen, die sie vernichten wollten, nämlich die Menschen, die Drachengottvolk, Katzenmenschen und Drachen nicht verstehen, und sie aus Angst auslöschen wollten. Diese Ironie ist nicht zu übertreffen! Wer immer das Universum erschaffen hatte, muss einen überwältigenden Humor haben."

Keel brummte "Darauf muss man erst mal kommen. Eine verdammt merkwürdige Art von Humor. Aber das kann wirklich kein Zufall sein. Das gibt es einfach nicht." Dann fing auch er brüllend an zu lachen, und alle starrten den griesgrämigen, stillen Begleiter Flötes ungläubig an.
 

"Van, ich habe eine Bitte an dich." Van war gerade unterwegs, um Hitomi zur Abreise zu holen, die immer noch bei Eria und Naria war, als Flöte ihn ansprach. "Was denn?" Die aufgehende Sonne blendete ihn, so dass er ihr Gesicht nicht erkennen konnte, aber Flöte klang merkwürdig traurig.

"Ich möchte, dass du Thana mitnimmst. Sie hat mir gesagt, dass ihr verwandt seid." "Du hast es gewusst, oder?" "Nicht mit Sicherheit. Aber es gab nicht viele Möglichkeiten, wer sie sonst sein sollte. Ich möchte, dass du sie mitnimmst. Ihr habt euch bestimmt eine Menge zu sagen. Außerdem wird es Zeit, dass sie von hier wegkommt. Ich werde mir eine Aufgabe für sie ausdenken, aber das hat Zeit."

"Sie kann gerne mit mir kommen. Aber das sind doch nicht alle Gründe, oder?" Flöte blieb stehen, schaute ihn an, grinste und meinte dann "Wie gut du mich schon kennst. Also darf sie?" "Wenn sie will." "Gut. Dann werde ich ihr Bescheid sagen. Ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen hat."
 

Der Crusador flog über die tief zerklüfteten Täler, meist im Schatten der mit Schnee bedeckten Berge. Van stand auf der kleinen Plattform über der Brücke und starrte voraus. Seine Gedanken wirbelten genauso wie seine schwarzen Haare, mit denen der eisige Wind sein Spiel trieb. Quietschend öffnete sich die Luke, und eine überraschte Stimme rief seinen Namen. "Van! Was machst du hier?" "Das selbe könnte ich dich fragen, Hitomi." "Ich wollte allein sein. Ich muss nachdenken." Van lächelte, und in diesem Moment verließ der Crusador den Schatten des Gebirges. Das goldene Licht der Sonne verjagte Hitomis Gänsehaut.

"Es ist schön in der Sonne, aber der Wind ist eisig." "Ja........ Hitomi?" "Was?" schreckte sie hoch. "Jetzt, wo anscheinend alles vorbei ist, wirst du wieder zurück gehen, oder?" Hitomi blickte Van an, dann die Berge, und suchte dann die Erde, die neben dem Mond schwach am Himmel zu erkennen war. "Ich weiß nicht. Ich sollte meiner Familie wirklich sagen, dass es mir gut geht. Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass das nicht das Ende war." "Du auch?" fragte Van überrascht. "Merkwürdig. Ich dachte, es wäre nur eine Einbildung von mir." Er stützte sich auf das Geländer, und machte eine alles umfassende Geste. "Ich verstehe die Welt nicht mehr, Hitomi. Erst die Geschichte mit den Zaibachern, und jetzt das. Gaia ist nicht mehr die selbe Welt, die sie früher einmal war. Alles scheint sich zu überstürzen, als ob etwas unglaublich Bedeutsames auf uns zu kommt. Dabei waren die letzten Monate ja nicht gerade Ereignislos. Die Zaibacher, mein Bruder, du. Dann diese Sache mit dem Tor."

Hitomi lachte und fragte neckend "Das ist deine Welt. Wenn du sie nicht verstehst, was soll ich denn dann erst sagen?" Van musste lachen, und schaute Hitomi dann ernst in die Augen, in denen ihre verborgene Kraft glitzerte. "Da hast du Recht. Aber ich mache mir Sorgen um die Zukunft." "Ich eigentlich nicht. Solange wir unser bestes geben, gibt es immer Hoffnung." "Hast du das in einer Vision gesehen?" "Nein, das brauche ich nicht. Flöte hat Recht. Wer immer dieses Universum erschaffen hat, hat Humor. Und niemand mit Humor kann etwas schaffen, in dem es nicht immer eine Hoffnung gibt." Van schaute sie unschlüssig an. "Hitomi, manchmal benimmst du dich wirklich eigenartig." "Und darüber regst du dich auf?" fragte sie gespielt hochmütig. "Es heißt doch, dass kein Mann eine Frau verstehen kann. Warum soll das ausgerechnet bei dir anders sein? Du verstehst ja nicht mal deine eigene Welt." "Hitomi, du bist unmöglich." "Ich weiß."
 

Epilog
 

Taro seufzte, legte den Federkiel weg, schüttelte seine Hand aus und stöhnte erleichtert. "Na, endlich fertig?" fragte Flöte spöttisch und spielte ein paar Töne. "Du hast gut reden, du musst ja keine Berichte schreiben." Das Mädchen grinste "Selbst Schuld. Hättest ja auch meinen Posten haben können!" "So verrückt bin ich nun auch wieder nicht! Ich halte mich lieber an die Gegenwart. Die Zukunft kommt schon von alleine, auch ohne Dutzende verschiedener Prophezeiungen."

Vorsichtig prüfte er, ob die Tinte trocken war. Zufrieden schloss er das Buch, das erst zu einem Drittel gefüllt war, und stand auf. "Wie viele hast du eigentlich über das hier gehabt?" "Über Hitomi? Oh, das sind eine ganze Menge. Aber du wirst noch eine Weile warten müssen. Bis sich alles erfüllt hat- oder auch nicht- dauert es noch eine Weile. Es liegen noch viele Ereignisse vor diesem Mädchen."

Wortlos nahm Taro das Buch, und öffnete den Geheimgang in seinem Zimmer. Er zündete die Kerze an, die an der Wand hing, und ging die steile Wendeltreppe hinunter, die zum größten Archiv führte, das diese Welt besaß. An der ersten Tür ging er achtlos vorbei.

Das war Eliandras Reich, die Geschichte, die bereits geschehen war. Dort lagen alle abgeschlossenen Berichte über die Geschichte Gaias, zusammen mit den Prophezeiungen, die die Wächter mit der Gabe der Voraussehung jemals zu einem bereits geschehenen Ereignis gemacht hatten. Viele waren nicht eingetroffen, denn Prophezeiungen können immer nur eine mögliche Zukunft zeigen, und so änderten sie sich von Person zu Person und im Laufe der Zeit.

Eine Etage tiefer lag sein Reich. Hier lagen all die Bücher, die noch nicht vollendet waren. Berichte von allen Tihani liefen bei ihm zusammen, wurden verglichen und schließlich zu einer detaillierten und in den allermeisten Fällen richtigen Geschichtsschreibung zusammengefügt. Wenn ein Buch gefüllt war, kam Flöte, und fügte die Prophezeiungen hinzu, die die jeweilige Sache betrafen und sich erfüllt hatten.

Dann wanderten die Bücher zu Eliandra, die sie in ihren Raum trug, und eine Kopie für die Bibliothek im Ratsgebäude anfertigte. Dann wurde das Original eingeschlossen, um für alle Zeiten sicher zu sein, und Zeugnis abzulegen über die Ereignisse der vergangenen Jahrtausende.

Taro legte seinen Band zurück an seinen Platz, und schloss die Tür. Kurz verweilte sein Blick auf einer anderen Tür, hinter der die Treppe weiterging, hinunter in Flötes Reich. Dort lagen alle Prophezeiungen über noch nicht Geschehenes oder über die Ereignisse der Gegenwart. Soweit er wusste, hatte außer Flöte noch niemand diesen Raum betreten. Das kleine, uralte Mädchen hatte dieses Archiv erschaffen, als die Wächter gestorben waren, und sie die einzige war, die sich noch an Atlantis erinnern konnte, das untergegangen war, als sie acht Jahre alt war.

Taro hatte sich oft gefragt, ob das der Auslöser dafür war, dass sie nicht mehr alterte. Aber Flöte hatte diese Frage nie beantwortet, und wahrscheinlich wusste sie es selbst nicht. Auf jeden Fall kam sie in unregelmäßigen Abständen, um neue Schriften hinzu zu fügen, die von Visionen stammten, die sie selbst hatte, oder die von anderen stammten. Niemand außer ihr wusste, was in diesen Räumen lag. Taro hatte schon oft den Verdacht gehabt, dass dort mehr war, als bei ihm und Eliandra zusammen. Das machte ihm Mut, denn das bedeutete, dass die Geschichte noch lange weiterging, und Gaia noch lange existieren konnte, auch wenn die Macht, die diese Welt erschaffen hatte, schon längst Vergangenheit war.

Er stieg die Treppe wieder hinauf, löschte die Kerze und überzeugte sich, dass der Geheimgang nicht zu sehen war. Dann fragte er Flöte "Und was machen wir jetzt?" Das kleine Mädchen zuckte mit den Schultern und meinte gönnerhaft "Abwarten. Abwarten und Milch trinken." Taro verzog das Gesicht. Im Gegensatz zu Flöte hasste er Milch wie die Pest. "Abwarten. Und auf was?" "Auf etwas, das bald geschehen müsste." "Ich wünschte, du würdest einmal in deinem Leben nicht in Rätseln sprechen, und etwas genaues sagen." "Das kann ich nicht, das weißt du doch. Die Zeit ist ein Fluss, und schon der kleinste Stein kann eine Lawine auslösen, die ihn in ein anderes Bett zwingt."

Sie kniff die Augen zusammen und sagte dann verschwörerisch "Aber eine Aussage kann ich treffen, die mit Sicherheit zutrifft." "Und die wäre?" fragte Taro hoffend "Dass du keine sichere Auskunft von mir kriegen kannst."



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Jazzy-Adachi
2004-12-24T18:02:05+00:00 24.12.2004 19:02
hi
ich habe deine ff
vor nem halben jahr oder so keine ahnung bei www.escaflowne.de gelesen und war schade das es bei eria und neria wo die drachenwächter ausgeschlüpft sind aufgehört hast jetzt sehe ich plötzlich deine story hier und freu mich weiter zu lesen
Von:  uteki-chan
2004-01-18T12:25:57+00:00 18.01.2004 13:25
klasse kap.... und soooo lang!

super!

kiss deine aqua


Zurück